Johann Klauke und Johann Hüser aus Hüsten ... - Adh-mueschede
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Ein Müscheder schreibt als<br />
preußischer Soldat 1848 <strong>aus</strong><br />
Luxemburg<br />
In meiner Familie wird ein Brief mit folgendem<br />
Wortlaut im Original aufbewahrt, den Wilhelm Voss - ein<br />
Verwandter meiner Vorfahren mütterlicherseits an seinen<br />
Bruder Theodor Voss, den Hoferben von Voss-Hof, am<br />
1. April 1848 schrieb (die Schreibweise des Originals<br />
wurde übernommen):<br />
"Werthester Bruder. Mit verw<strong>und</strong>erung <strong>und</strong> unverhoft<br />
habe ich am 20. verg. Monats Deinen Brief erhalten,<br />
woran ich gar keinen Gedanken hatte, weil ich bereits in<br />
18 Monat nichts von Dir gesehen noch gehört hatte, <strong>und</strong><br />
dachte ich wäre von Dir ganz vergessen gewesen. Lieber<br />
Bruder Theodor Du schreibst mir, mein letzter Brief den<br />
Du von mir erhalten hättest wäre zu angreifend <strong>und</strong> zu<br />
bedrohend gewesen, aber ich dachte dabei an keine<br />
Bedrohung sondern ich schrieb Dir bloß die Wahrheit.<br />
Doch davon abgesehen, Du schreibst mir nemlich Du<br />
wolltest Deinerseits allen Zwietracht zurücknehmen u.<br />
ich habe wenigstens gegen Dich noch keine Zwietracht<br />
gehegt <strong>und</strong> wenn Du der Meinung gewesen bist, so hast<br />
Du Dich geirrt, <strong>und</strong> auch ich nehme meinerseits allen<br />
Zwietracht zurück.<br />
Lieber Bruder Du schreibst mir daß Du noch immer<br />
ein Bruderherz gegen mich hättest <strong>und</strong> Du kannst mir<br />
glauben, auch ich habe es gegen Dich; Wenn ich bedenke,<br />
daß wir drei Brüder so weit voneinander getrennt<br />
sind, <strong>und</strong> bei den bevorstehenden Gefahren, die uns von<br />
allen Seiten bedrohen, im Leben nicht wiedersehen, so<br />
stehen meine Gedanken stille. Lieber Bruder, ich muß<br />
Dir auch schreiben, daß hier seit 4 Wochen große Unruhen<br />
entstanden sind, welche zuerst von Frankreich<br />
<strong>und</strong> Italien herrührt. Die Franzosen haben ihren König<br />
abgesetzt <strong>und</strong> dadurch ist der rechte Aufruhr entstanden,<br />
weil sie immer Freihand haben wollen, <strong>und</strong> da wier<br />
nahe an der Grenze liegen so mußten wir uns von der<br />
Zeit jeden Augenblick bereit halten. Wir müßen immer<br />
zum Ausmarsch fertig sein. Täglich tragen wir 30 Stück<br />
scharfe Patronen in der Tasche <strong>und</strong> ziehen mit denselben<br />
auf Wache. Die Wachen sind alle verdoppelt <strong>und</strong> die<br />
großen Wachgeschütze sind bei h<strong>und</strong>erten geladen auf<br />
den eußersten Festungswerken aufgepflanzt. Die großen<br />
Zugbrücken sind jede Nacht vor den Thoren aufgezogen<br />
<strong>und</strong> die Thore werden des Abens um 6 Uhr geschlossen<br />
bis des Morgens um 7 Uhr: Die Kriegsreserve sind alle<br />
eingetreten, die Hälfte der Manschaften liegt auf den<br />
Außenwerken in den Blockhäusern. Auch in der Stadt<br />
selbst ist ein furchtbarer Aufruhr gewesen 3 Tage, wo<br />
sich die Bürger bei T<strong>aus</strong>enden sammelten <strong>und</strong> fast alles<br />
verheert haben alle waren so voll das keiner dadurch<br />
gehen ohne Gefahr seines Lebens, alle großen Kaufmannsladen<br />
wurden eingeschlagen <strong>und</strong> mit Steinen die<br />
Fenster <strong>und</strong> Thuren eingeworfen Keiner war mehr sicher<br />
in seinem eigenen H<strong>aus</strong>e, wen ihnen nicht die Soldaten<br />
zu Hilfe gekommen wären.<br />
Ich schließe mein wenige Schreiben welches ich mir<br />
der großten Gesuntheit gethan habe, <strong>und</strong> ich hoffe es<br />
wird auch Dir bei guter Ges<strong>und</strong>heit antreffen <strong>und</strong> bitte<br />
zugleich um baldige Antwort. Auch Matias Linneborn ist<br />
hier wieder eingetroffen welches mir eine große Freude<br />
war, <strong>und</strong> schreibe mir doch ob die andere Reserfe schon<br />
eingefordert sind. Viele Grüße von Deinem stets aufrichtig<br />
liebenden Bruder an Dich Deine Frau <strong>und</strong> Kinder<br />
besonders an Klein Lisettchen Wilhelm Voss"<br />
Wilhelm Voss war am 4. Juni1824 als Sohn des Bauern<br />
Joh. Wilh. Voss vom Voss-Hof gegenüber dem heutigen<br />
H<strong>aus</strong> Hörster geboren worden. Neben der Militärzeit in<br />
Luxemburg, von welcher der bis heute erhaltene Brief<br />
Zeugnis gibt, ist von ihm zu berichten, daß er 1851<br />
Sophie Schulte gt. Kötter, die Erbin des Hofes Kötter,<br />
heiratete <strong>und</strong> sich seitdem Voss-Kötter nannte. Das zu<br />
diesem Hof gehörende, in der ersten Hälfte des 19.<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts erbaute Fachwerkh<strong>aus</strong> wurde 1953 wegen<br />
Baufälligkeit abgerissen, nachdem es von der Gemeinde<br />
seit vor dem zweiten Weltkrieg als Bockstation genutzt<br />
worden war. Es befand sich an der Stelle des heutigen<br />
H<strong>aus</strong>es Werner Herbst sen.; auch das von dessen Sohn<br />
Kl<strong>aus</strong> mit seiner Familie bewohnte hübsch restaurierte<br />
Fachwerkh<strong>aus</strong> Krakeloh 56 gehörte zur Hofstelle.<br />
Wilhelm Voss fiel später auch die Rolle des Hauptmanns<br />
der Hubertus-Bruderschaft zu, zu deren erstem<br />
Hauptmann anlässlich der 1850 erfolgten Neugründung<br />
sein Bruder Theodor gewählt wurde. Wie dieser verfügte<br />
Wilhelm offensichtlich über eine für die damalige Zeit<br />
nicht alltägliche Bildung, worauf nicht nur die "flotte"<br />
<strong>und</strong> lesbare Handschrift, sondern auch die für die damaligen<br />
Verhältnisse zweifellos fehlerfreie Kenntnis<br />
der hochdeutschen Schriftsprache schließen lässt. Beleg<br />
für die vorhandene Bildung der Brüder Voss ist neben<br />
dem Brief <strong>aus</strong> Luxemburg auch die umfangreiche handschriftlich<br />
verfasste Erklärung zur Wiederbegründung<br />
der Hubertus-Bruderschaft, deren Schreiber nach Meinung<br />
der Verfasser der Müscheder Chronik von 1989<br />
Theodor Voss ist. Ihre Wahl in dieses Amt zeigt, dass<br />
ein Schützen-Hauptmann damals gewissen Ansprüchen<br />
gerecht werden mußte.<br />
Wilhelm Voss bezieht sich auf den letzten Brief<br />
seines Bruders <strong>und</strong> bemüht sich, hierin enthaltene<br />
Missverständ nisse <strong>aus</strong>zuräumen. Wir wissen nicht, über<br />
welches Problem die beiden Brnder sich <strong>aus</strong>get<strong>aus</strong>cht<br />
hatten; vielleicht hat es sich um Erbschaftsangelegenheiten<br />
gehandelt.<br />
Der geschichtliche Hintergr<strong>und</strong> seines Dienstes im<br />
Großherzogtum ist mir <strong>aus</strong> der Familie her<strong>aus</strong> nicht<br />
überliefert. Zum besseren Verständnis des hiermit meines<br />
Wissens erstmalig einer breiteren Öffentlichkeit<br />
zugänglich gemachten Briefes habe ich mich bemüht,<br />
den geschichtlichen Hintergr<strong>und</strong> der preußischen Militär-