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Über das VerstehenEin kleiner lyrischer EssayWenn wir verstehen wollen, müssen wir uns einlassen, müssen zuhören, hinhören,unvoreingenommen sein, mit unverstelltem Blick, neugierig,frei von Vorstellungen und vorgefassten Meinungen,weil wir nur so bereit sein werden, das zu sehen, was ist.Wenn wir wirklich verstehen wollen, brauchen wir Mut,den Mut, Bekanntes loszulassen, Fremdes wahrzunehmen, neue Wege zu gehen, Neuland zu betreten.Wenn wir verstehen wollen, müssen wir stark sein,stark genug, um das Neue, das Unbekannte aushalten zu können.Wenn wir verstehen wollen, müssen wir achtsam sein,dürfen uns nicht aus lauter Geltungssucht ein vorschnelles Urteil bildenund aus Überheblichkeit bewusstseinslos Phrasen herunterbeten.Wenn wir verstehen wollen, müssen wir weise sein,weise genug, um zu wissen, dass wir nichts wissen.Wir müssen wissen, dass das, was wir wissen, provisorisch ist,und nur ein Tropfen, gemessen an dem Ozean unseres Nichtwissens.Wir brauchen Mut und Stärke, um unsere Unwissenheit aushalten zu können.Wenn wir verstehen wollen, müssen wir uns gewahr sein, dass die Welt jenseits unseres Horizontes unermesslichgroß ist und dass das, was wir mit unserem kleinen Geist zu erfassen vermögen, im Vergleich zum Ganzen allenfallsdie Größe einer Erbse hat,und uns dennoch stetig und aufrichtig bemühen, weiter hinaus zu schauen.Wenn wir verstehen wollen, müssen wir demütig sein.Wir dürfen nicht dem Irrglauben verfallen sein,wir seien dem zu Verstehenden überlegen.Es braucht Mut, innere Stärke und Weisheit, diese Ebenbürtigkeit aushalten zu können.Wer das zu Verstehende nicht als gleichwürdig zu sich selbst anerkennt, wird es niemals verstehen lernen.Wenn wir verstehen wollen, dürfen wir uns nicht vormachen, etwas verstanden zu haben, das wir in Wirklichkeitnicht verstanden haben,denn dann machen wir uns allenfalls ein Bild.Ein Bild aber entspricht dem, was wir bereits in uns tragen und nicht dem, was es zu verstehen gilt.Dann werden wir in die Irre gehen und das vermeintlich Verstandene, das falsche Bild, mit uns nehmen,wie die schlechte Kopie eines Kunstwerkes,werden es in einem Fach unserer Vorstellung ablegen,in das es nicht hineingehört.Wenn wir wirklich verstanden haben, machen wir uns keine fachgerechten Bilder mehrund brauchen keine Fächer für die Bilder in uns.Denn was man zu verstehen gelernt hat, fürchtet man nicht mehr,dann braucht es nicht mehr die Flucht in ein blind übernommenes Wissen,kein ängstliches Verschanzen hinter einem hermetisch abgeschlossenen Denksystem,welches trügerisch Halt und Sicherheit verspricht.Wenn wir wirklich gelernt haben, von innen her, aus uns selbst heraus zu verstehen,dann können wir wahrhaftig helfen, dann können wir wahrhaftig heilen.Dann können wir selbstständig auf unseren eigenen Füßen stehenund selbstbewusst aus unserem eigenen inneren Wissen schöpfen.Wer heilen will, muss verstehen lernen,und verstehen lernen heißt lieben lernen.Denn nur die Liebe, nichts als die Liebe heilt wirklich.Regina Seehausen<strong>Klinke</strong> 4

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