Falsch verbunden - RZ User
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Strukturen und Bräuche: das Innenleben von Verbindungen<br />
12<br />
das Band mit den Farben der Verbindung<br />
alle Mitglieder der Gemeinschaft<br />
umschlingt. Gleichzeitig<br />
ist das Tragen von Farben äußeres<br />
Zeichen der Zusammengehörigkeit<br />
innerhalb der Verbindungen.<br />
Es ist Ausdruck des Bekenntnisses<br />
zu deren Grundsätzen und<br />
Idealen und dient gleichzeitig der<br />
Abgrenzung von anderen Verbindungen<br />
und Nichtkorporierten.<br />
Diese äußerliche (Selbst-) Hervorhebung<br />
der Korporierten unterstreicht<br />
auch deren elitäres Selbstverständnis<br />
gegenüber den anderen<br />
Studierenden.<br />
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
war das Tragen der Farben<br />
und des Vollwichses (so nennt man<br />
die komplette "Uniform" eines Korporierten:<br />
mit Schärpe, Mütze,<br />
Mantel, Hosen, Stiefeln, Handschuhen<br />
und in einigen Fällen auch einem<br />
Schläger) mit bestimmten<br />
Verhaltensregeln kombiniert: den<br />
Burschen war es untersagt, in der<br />
3. Klasse Eisenbahn zu fahren, einen<br />
Regenschirm zu tragen oder<br />
Motorrad zu fahren.<br />
Mit der Zeit nahm die Lust der Burschen,<br />
in voller Couleur aufzutreten,<br />
allerdings immer weiter ab.<br />
Heute werden die Farben hauptsächlich<br />
hinter geschlossener Tür<br />
getragen. Also dann, wenn die Korporierten<br />
unter sich sind, und in ihren<br />
bunten Kostümen nicht den<br />
Spott der Öffentlichkeit fürchten<br />
müssen. Gelegentlich<br />
sind bei öffentlichen<br />
Anlässen, wie<br />
Vorstellungen<br />
in der Hamburgischen<br />
Staatsoper,<br />
Korporierte<br />
zu sehen. Vor<br />
200 Jahren<br />
mögen Korporierte<br />
in ihrem<br />
Wichs<br />
nämlich vielleicht<br />
noch<br />
imposant auf<br />
ihre Mitmenschengewirkt<br />
haben,<br />
heute haben<br />
sie die nicht<br />
ganz unberechtigteBefürchtung,<br />
sich in ihren Kostümen vor ihren<br />
nichtkorporierten KommilitonInnen<br />
doch eher der Lächerlichkeit<br />
preiszugeben.<br />
An Hamburgs Hochschulen<br />
kann man farbentragende Korporierte<br />
im Vollwichs in der Öffentlichkeit<br />
in erster Linie bei<br />
der Begrüßung der StudienanfängerInnen<br />
oder teilweise<br />
auch bei den Vorführungen der<br />
"Feuerzangenbowle" im Uni-Kino<br />
(Audimax) beobachten.<br />
3.5. Das Keilen: Anwerbung<br />
von Nachwuchs<br />
Wie wird man<br />
eigentlich Mitglied<br />
in einer<br />
Verbindung?<br />
Wenn potentielleNeumitglieder<br />
(nicht<br />
aus eigenem<br />
Antrieb oder<br />
Empfehlung<br />
anderer Korporierter<br />
zur<br />
Verbindung<br />
finden, bemühen<br />
sich die<br />
Korporationen,<br />
neue Mit-<br />
glieder aktiv zu werben. Diese<br />
offensive Form der Mitgliederwerbung<br />
wird "keilen" genannt<br />
und kann auf unterschiedliche<br />
Art und Weise ablaufen.<br />
So postieren sich Burschenschafter<br />
häufig zu Semesterbeginn<br />
an den Orten, an denen<br />
sie potentielle "Spefüxe" vermuten<br />
(häufig im WiWi-Bunker,<br />
in den Jura-Gebäuden oder<br />
auch bei der Erstsemesterbegrüßung<br />
im Audimax) und<br />
sprechen gezielt Personen an,<br />
von denen sie glauben, dass sie<br />
zu einer Mitgliedschaft in ihrer<br />
Verbindung überredet werden<br />
können oder auch zu ihrer Verbindung<br />
passen.<br />
Ein anderer Weg des Keilens<br />
sind Wohnungsannoncen in<br />
Zeitungen (nach dem Motto:<br />
"billiger Wohnraum in attraktiver<br />
Lage an männliche Studenten<br />
zu vermieten"), wobei meistens<br />
erst einmal verheimlicht<br />
wird, dass es sich um Wohnraum<br />
in einem Verbindungshaus<br />
handelt. Und nicht zuletzt<br />
werden Kontakte auch häufig<br />
durch Partys hergestellt, die<br />
zahlreiche Verbindungen insbesondere<br />
zum Semesteranfang<br />
veranstalten.<br />
Bei der Anwerbung von Nachwuchs<br />
verwenden Verbindungen<br />
häufig professionelle Marketing-Konzepte,<br />
die in Keilseminaren<br />
eingeübt werden. Das<br />
Amt für Nachwuchsarbeit eines<br />
großen Dachverbandes riet für<br />
die Mitgliederwerbung u.a. folgendes:<br />
"Weiblichen Einfluss