Thomas Schirrmacherschaft, in der die Familie wieder imMittelpunkt stehen soll, habe sich Wirtschaftund Gesellschaft um sie herum<strong>zu</strong> gruppieren.Andererseits wirkte die ganze Diskussionwie auf einem anderen Stern.Sie hatte weitgehend mit der Realitätnicht viel <strong>zu</strong> tun, da man konsequentdie eigentlichen Ursachen, die <strong>zu</strong>mZusammenbruch der Familie geführthaben, ignorierte, nämlich die Werte.Selbst Kardinal Lehmann kam inseiner Ansprache und seinen DiskussionsbeiträgenThemen wie Paragraph218, Pornographie, freizügige Sexualität,Scheidung, Familienfeindlichkeitder Arbeits- und Karrierebedingungen,Verunglimpfung des ‚Nur-Hausfrau-Seins‘ und der Ehe nicht einmal nahe– für einen katholischen Bischof einebeachtliche Leistung! Hätte da nurKardinal Meisner aus Köln gestanden!Und die anderen Teilnehmer standenLehmann in nichts nach, von den evangelikalenStimmen abgesehen.Wie kann man etwa die Tatsache, dasswir derzeit erhebliche Teile der nächstenGeneration im Mutterleib töten,nur völlig ausblenden! Immer wiederkam <strong>zu</strong>r Sprache, dass Frauen keine<strong>zu</strong>verlässigen Partner mehr fänden unddies der Hauptgrund für den Verzichtauf Kindern sei, wie neuere Untersuchungenimmer wieder zeigten. Wiekann man dabei die Frage der Sexualitätvöllig ausblenden, obwohl nach wievor sexuelle Untreue der führendeScheidungsgrund ist, selbst bei Hollywoodschauspielern?Man hatte das Empfinden, als wenndie Wesen, für deren Erhalt man sicheinsetzte, irgendwie auf dem Marssind und ihre Vermehrung sich theoretischenÜberlegungen verdankt, nichtbiologischen, kulturellen und ethischenRealitäten.Kann man aber eine Wende in derFamilienpolitik erreichen, ohne überdie Gründe <strong>zu</strong> sprechen, die die Familiein Misskredit gebracht haben? Kannman Familie fördern, wenn es oberstesGebot ist, niemandem auf die Zehen<strong>zu</strong> treten, auch wenn er letztlich derFamilie schadet? Ist jungen Menschengeholfen, wenn man ihnen Mut <strong>zu</strong>rFamilie macht, aber bloß nichts vondem anspricht, was Familie gefährdet?Gibt es denn überhaupt Familieohne Werte und Ethik? Meines Erachtenshilft man so jungen Menschen,die sich derzeit entscheiden müssen,nicht weiter. Meine Erfahrung zeigtmir immer wieder, dass sie sich wünschen,dass wieder Klartext gesprochenwird und man das Übel an der Wurzelerfasst.12MBS Texte 73
Anmerkungen<strong>Kompliment</strong> <strong>zu</strong> <strong>25</strong> <strong>Jahren</strong> Komplementarität ...1Jochen Bölsche. „Pfusch am Kind“. Der Spiegel20/2002: 96-116, S. 104; vgl. auch „Ende derKuschelpädagogik“. Der Spiegel Nr. 22/2002:58-64.Über den AutorÜber den AutorDr. mult. Thomas Schirrmacher promovierte in Theologie(1985), in Kulturanthropologie (1989) und in Ethik (1996)und erhielt 1997 eine Ehrenpromotion. Er ist Rektor des<strong>Martin</strong> <strong>Bucer</strong> <strong>Seminar</strong>s, einer theologischen Hochschule fürBerufstätige mit Studienzentren in Bonn, Hamburg, Berlin,Zürich, Innsbruck, Prag, Zlin und Istanbul, und Direktor desInstituts für Lebens- und Familienwissenschaften in Bonn. Erhat eine Professur für Systematische Theologie (Dogmatik,Ethik, Apologetik) und für Missions- und Religionswissenschaft am WhitefieldTheological <strong>Seminar</strong>y (USA) inne, sowie weitere Lehraufträge an in- und ausländischenHochschulen wie der Freien Theologischen Akademie in Gießenund der Staatlichen Universität Oradea (Rumänien). Er ist Geschäftsführer desArbeitskreises für Religionsfreiheit der Deutschen und der ÖsterreichischenEvangelischen Allianz und Mitglied der Kommission für Religionsfreiheit derWeltweiten Evangelischen Allianz und Verfasser und Herausgeber von 74 Büchern,darunter eine sechsbändige „Ethik“. Er ist mit der IslamwissenschaftlerinDr. Christine Schirrmacher verheiratet und Vater eines Sohnes (14) und einerTochter (11).Pro mundis 13