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glauben & denken heute - Martin Bucer Seminar

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Evangelikale sind Vorkämpfergegen Sklaverei und UnterdrückungeditorialLiebe Freunde,die Evangelikalen sind nach der römisch-katholischenKirche die größteBewegung der Christenheit. Weltweitrechnen sich etwa 460 MillionenChristen den theologisch Konservativenzu, die meisten davon sind Mitgliederprotestantischer Volks- undFreikirchen. In den letzten Monatenberichteten deutsche Medien meist kritischüber die Evangelikalen. idea hatbekannte Persönlichkeiten in Deutschlandgebeten, aus ihrer Sicht die Vielfaltevangelikaler Theologie und Frömmigkeitzu beschreiben. Prof. Dr. ThomasSchirrmacher, Rektor des evangelikalen<strong>Martin</strong> <strong>Bucer</strong> <strong>Seminar</strong>s, wehrt sichgegen ein einseitiges Bild der evangelikalenEthik in der Öffentlichkeit.Als der Grünen-Politiker VolkerBeck im Januar 2008 im DeutschenBundestag eine „Kleine Anfrage“ gegenden evangelikalen Jugendkongress„Christival“ startete, konnte man denEindruck gewinnen, Evangelikaleseien vor allem gegen Abtreibung undgelebte Homosexualität.Verdienstkreuz abgelehntUnd tatsächlich: Schon 1988 lehnteetwa der damalige Präses der pietistischenDachorganisation GnadauerVerband, Kurt Heimbucher, das Bundesverdienstkreuzmit Hinweis auf diemassenhaften, vom Staat gefördertenAbtreibungen ab. Außerdem waren dieEvangelikalen zu allen Zeiten Gegnerder ausgelebten Homosexualität. Istaber mit der Ausrichtung pro Familieund Kinder und gegen außerehelicheSexualität aller Art tatsächlich schonerfasst, was die Ethik der fast 460Millionen Evangelikalen weltweit ausmacht?Die Wirklichkeit sieht andersaus. Ein solch einseitiges Bild der Evangelikalenübersieht, dass es die Evangelikalenwaren, die die erste große Bewegunggegen die Sklaverei in Englandund den USA hervorbrachten, ja, dassder Begriff „evangelicals“ in Englandsogar erstmals in diesem Zusammenhangverwendet wurde. Evangelikalekämpften weltweit an vorderster Frontgegen Rassismus, zum Beispiel in Indien,und das schon zu einer Zeit, alsdie meisten Kirchen noch nach Kastengetrennt das Abendmahl feierten.Gegen Apartheid & GewaltDie Kritik an der evangelikalen Bewegungübersieht, dass sich ein konservativerevangelikaler Theologe wie PeterBeyerhaus oder eine Jugendbewegungwie die „Offensive Junger Christen“(OJC) in den 1970er und 1980er Jahrenmassiv gegen die Apartheid inSüdafrika einsetzten, wenn auch unterAblehnung gewalttätiger Formen desUmsturzes. Die Evangelische Allianzals größtes Sammelbecken der Evangelikalenforderte im 19. Jahrhundertals erste große religiöse Bewegungweltweit das Recht auf Religionsfreiheitein – lange vor den Großkirchen.Dabei sandten sie Delegationen ebensoan den türkischen Sultan und denrussischen Zar wie auch an die eigenenLandesherren.Als Volksverräter verschrienDer Begründer der „WestdeutschenEvangelischen Allianz“ und „Vaterder Gemeinschaftsbewegung“, TheodorChristlieb, zog seit 1878 weltweitgegen den verheerenden sogenanntenindobritischen Opiumhandel zwischenIndien und China zu Felde, bis hin vor7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 3


Prof. Dr. Dr. Thomas Schirrmacherdas britische Parlament. Weiß man auch, dass Christlieb1871 während des Deutsch-Französischen Kriegesspektakulär deutsche und französische Christen sichumarmen ließ und für Frieden plädierte, was zu Hauseals Volksverrat verschrien wurde? Ahnt man, dassdie Evangelikalen immer schon und bis <strong>heute</strong> demStaat bei allem Respekt recht kritisch gegenüberstandenund stehen – nicht erst, seitdem Abtreibung,Pornografie und Homosexualität freigegeben wurden?Erklärt die Karikatur, warum der UNO-Generalsekretärkürzlich die „Micha-Initiative“ der WeltweitenEvangelischen Allianz in New York lobte, weil sie zuden massivsten Unterstützern des UN-Programmszur Halbierung der Armut gehört und weltweit enormeKräfte gegen Armut mobilisiert – von gigantischenund respektierten evangelikalen Hilfswerkenwie „World Vision“ einmal abgesehen?Was Ethik bedeutetEthik ist für Evangelikale – in guter Tradition desPietismus und der Erweckungsbewegungen, aberauch reformierter und charismatischer Aufbruchsbewegungen– zunächst einmal „Heiligung“. Ethikbedeutet zuallererst, dass Gott in Christus jedemSünder vergibt und jeder ein neues Leben beginnenkann. Ethik bei den Evangelikalen bedeutet auch,dass jeder Christ sündigt und deswegen täglich umdie Heiligung ringen muss, die er nicht aus sich selbst,sondern nur in der Kraft des Heiligen Geistes lebenkann. Deswegen beginnt evangelikale Ethik immermit der Selbstkritik, dass auch Christen falsch <strong>denken</strong>und handeln und dass nur Gott daran etwas ändernkann.Die Verbindung von Ethik und Heiligung zeigt sichtreffend in der Glaubensbasis der Deutschen EvangelischenAllianz von 1972. Sie bekennt sich „zur göttlichenInspiration der Heiligen Schrift, ihrer völligenZuverlässigkeit und höchsten Autorität in allen Fragendes Glaubens“. Sie führt diesen Satz aber weiter,indem sie ergänzt: „... und der Lebensführung“. DasVerhältnis zur Bibel, die uns Christus bezeugt, wirddamit auf die persönliche Lebensführung zugespitzt,wie es bereits in der Kernstelle 2. Timotheus 3,16–17der Fall ist. Weiter bekennt sich die Glaubensbasis„zum Werk des Heiligen Geistes, welcher Bekehrungund Wiedergeburt des Menschen bewirkt, im Gläubigenwohnt und ihn zur Heiligung befähigt“. Deshalb:Ethisches Handeln ist für Evangelikale der Ausdruckihrer christlichen Existenz, ist „Leben in derHeiligung“ durch das gnädige Handeln Gottes undseines Geistes.Der Glaube an Christusverändert das LebenNeben der persönlichen Ethik zeigt sich die Sozialethikder Evangelikalen vor allem bei den ThemenEhe und Familie sowie in der Kinder- und Jugendarbeit.Von dort aus werden auch die anderen Felderbestimmt. Armutsbekämpfung ist deswegen fürEvangelikale auch immer Bekämpfung von Familienarmutund der Vernachlässigung von Frauen undKindern – zu offensichtlich fordert die Bibel den Einsatzdafür. Das freikirchliche Element macht sich inder Betonung des freien Wahlrechts der christlichenKinder für Taufe und Gemeindemitgliedschaft bemerkbar,einer Voraussetzung für Religionsfreiheit.Es prägt auch die Gleichberechtigung der Laien, dieschon früh dazu führte, dass bei Evangelikalen Frauenals Missionarinnen und Sozialreformer aktiv wurdenund Einheimische früher als in anderen westlichenMissionsarbeiten zu Kirchenleitern aufsteigen konnten.Die evangelikale Bewegung speist sich ebensoaus dem Pazifismus täuferischer Kirchen wie aus dereher staatstragenden Theologie reformierter Kirchen.Ein tragendes Element evangelikaler Sozialethik wirdgerne übersehen: der Glaube daran, dass Bekehrungund Erweckung enorme Veränderungskräfte freisetzen.Die weltweite Arbeit unter Alkoholikern (z. B.das „Blaue Kreuz“), Drogenabhängigen (z. B. „TeenChallenge“) oder aber auch Gefangenen (z. B. das„Schwarze Kreuz“, die „Gefährdetenhilfen“ und „PrisonFellowship International“, die der für „Watergate“verurteilte Nixonberater Charles Colson nach seinerFreilassung begann) macht deutlich, dass aus jedemSaulus – ein Mörder – ein Paulus werden kann.Es gibt Rechts-, aberauch LinksevangelikaleDie evangelikale Bewegung wird aus vielen Wurzelngespeist und hat <strong>heute</strong> eine enorme Bandbreite.Der Grund dafür liegt darin, dass das Priestertumaller Gläubigen und die Zurückhaltung gegenzentralistische kirchliche Strukturen ein grundlegendesElement der Evangelikalen ist. Die beidenUS-Präsidenten Jimmy Carter (Baptist) und GeorgeW. Bush (Methodist) waren persönlich von evangelikalenErweckungserlebnissen geprägt, doch ihrePolitik konnte gegensätzlicher nicht sein. Der JournalistTill Stoldt hat kürzlich in der Tageszeitung„Die Welt“ darauf hingewiesen, dass es nicht nurdie „Rechtsevangelikalen“ gibt, sondern ebenso die„Linksevangelikalen“, die sich etwa gegen Militär undGroßindustrie einsetzen. Das spiegelt die weltweite4 7 8 6 @ ü


EditorialSituation wider, stehen doch bedeutenden staatstragendenevangelikalen Ethikern wie Wayne Grudem,Ken Gnanakan, P. Netha oder Mario Aviles bedeutende„evangelikale Befreiungstheologen“ wie RonSider, RenÈ Padilla oder Samuel Escobar gegenüber.Das gilt ähnlich auch für Deutschland: Der führendeevangelikale Evangelist Ulrich Parzany wurde alsLeiter des „linksevangelikalen“ Weigle-Hauses in Essendurch den „Geistlichen Doppelbeschluss“ gegenden NATO-Doppelbeschluss der Stationierung vonMittelstreckenraketen in Deutschland bekannt. AndereEvangelikale waren dagegen ganz auf der Linieder Regierung und forderten damals die Aufrüstung.Auch dies zeigt die Vielfalt der Bewegung: Für vieleEvangelikale sind christliche Privatschulen oder garHausschulen unverzichtbar, andere Evangelikale setzensich massiv für eine christliche Präsenz an staatlichenSchulen ein.Die Stärke der EvangelikalenDie ethische Stärke der weltweiten evangelikalen Bewegungist ihre Verbundenheit mit der Basis. Sie hateine starke Mobilisierungskraft, die von persönlichenBeziehungen ausgeht. Sie ist äußerst aktiv, so sehr,dass die intellektuelle Reflexion darüber bisweilenhinten ansteht.... und die SchwächenEs gibt aber auch Schwächen. So gibt es zu wenigDiskussionen untereinander – erst seit zwei Jahrentreffen sich etwa Ethiker, die an evangelikalen Ausbildungsstättenim deutschsprachigen Europa lehren,zum jährlichen Austausch am „Institut für Ethik& Werte“ in Gießen. Gerade angesichts der großenkonfessionellen Bandbreite unter den Evangelikalenwäre es angesagt, dass nicht jeder so tut, als wenn erallein die Bibel richtig liest, sondern ein offenes undehrliches Gespräch stattfindet. Mit Ausnahme derUSA wird noch kaum in echte Forschung investiert.Evangelikale Denkfabriken wie das „InternationaleInstitut für Religionsfreiheit“ (Bonn) oder das „Institutfür Lebens- und Familienwissenschaft“ (Bonn)sind sämtlich jüngsten Datums. Noch immer gibt eszu viele Evangelikale, die jegliches gesellschaftlichesEngagement ablehnen. Auch die Lehre vom „Wohlstandsevangelium“– vor allem in den USA – hatverheerende Auswirkungen auf ethische Fragen wieArmutsbekämpfung oder den Umgang mit Krisen.Auch gelingt es erst in jüngster Zeit wieder, was dieEvangelische Allianz im 19. Jahrhundert prägte: internationalchristliche Ethik mitzugestalten, etwa durchdie „Micha-Initiative“ der Weltweiten EvangelischenAllianz oder durch die Erarbeitung eines Ethikkodexesfür Mission und Menschenrechte, gemeinsammit dem Weltkirchenrat und dem Vatikan.Publizistische OffensivenAuch publizistisch gibt es noch viel zu tun. Im HänsslerVerlag erscheint die Buchserie „kurz und bündig“mit gesellschaftlichen Themen wie „Die neue Unterschicht“,„Klimawandel“, „Die Scharia“, „MultikulturelleGesellschaft“ und „Ess-Störungen“. Im GießenerBrunnen-Verlag wurden die ersten Bände einer Reihe„Ethik & Werte“ veröffentlicht. Ethische Handbücheraus der Feder von Georg Huntemann, KlausBockmühl, Horst Afflerbach und Helmut Burkhardtsind zu erwähnen, doch es sind noch viel zu wenige.Zudem gibt es noch eine ganze Reihe Themen, beidenen Nachholbedarf besteht, etwa im Bereich dermedizinischen Ethik, der Sterbebegleitung oder desreligiösen Machtmissbrauches.Das Fazit: Evangelikalesind stark auf sozialem GebietZusammengefasst: Evangelikale Ethik erschöpft sichnicht in Fragen der Abtreibung und der Homosexualität.Im Gegenteil: Gerade auf dem sozialen Gebiethaben die Evangelikalen in ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeitzu allen Zeiten großen Einsatz gezeigt.Der Glaube an Christus ist bei ihnen untrennbar mitdem „richtigen Handeln“ verbunden. Was fehlt sindkritische Reflektion und intellektuelle Durchdringungder Ethik. Ansätze sind aber gemacht. So kannman hoffen, dass in Zukunft das ethische Anliegender Evangelikalen differenzierter auch in den Mediendargestellt wird.7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 5


Prof. Dr. Dr. J. W. MontgomeryDer christliche Glaube hat GründeIn diesem Aufsatz untersuche ich dieVerlässlichkeit der Dokumente und dieZuverlässigkeit der neutestamentlichenZeugen im Bezug auf die zentralen Erklärungen,nämlich dass Gott in Jesus Christusgesprochen hat und dass die Bibeleine transzendentale Grundlage für dieErkenntnis und die Würde des Menschenbietet.Der mögliche Wert offenbarterMenschenrechteDie Unmenschlichkeit des Menschengegenüber dem Menschenschreit nach der Art von uneingeschränkterVerurteilung, die nureine Philosophie unveräußerlicherRechte bieten kann. UnveräußerlicheRechte wiederum können nicht aufden Treibsand menschlicher Meinungoder gesellschaftlicher Wertegebaut werden. Die religiöse Theoriedes Naturrechts spiegelt die gemeinsameÜberzeugung von Menschenguten Willens wider, dass absoluteMaßstäbe für ethisches Verhaltenexistieren. Der Inhalt dieser Maßstäbebleibt jedoch schwer zu fassen.Perrott verschärft die Problematikbeträchtlich, wenn er schreibt:Traditionell wurden zwei Arten vonAntworten gegeben auf die Frage,wie man die Quelle und den Inhaltder Regeln des Naturrechts bestimmt.(Manchmal, wie bei Aquinas, wurdenbeide Arten von Antworten in einerTheorie vereinigt). Man sagt, wirseien in der Lage, zu entdecken, wasdie Prinzipien des Naturrechts sind,weil sie entweder Bekundungen dessenseien, was Gott von uns fordert, unddessen, was er entsprechend in unsgebildet hat, oder alternativ Prinzipien,die als notwendig zu erkennen,uns unser gewöhnlicher menschlicherVerstand, wenn ihm die Gelegenheitgegeben wird, zwingt.Von diesen beiden fällt für den Verfasserdie erste Art von Antwort als logischbefriedigender ins Auge. Natürlichwird sie für den, der zum Nicht-religiösenneigt, praktisch unakzeptabelund für manche Atheisten absolut unverständlichsein. Aber wenn wir einfacheinmal davon ausgehen, dass dieVoraussetzung „Gott existiert“ sinnvollist, dass Gott tatsächlich existiert, unddass er uns über seine Wünsche für unsinformiert hat, dann würde es keinebesondere logische Schwierigkeit bereiten,seine Anweisungen als höchstspezifisch, wenigstens in einigen Bereichen,zu betrachten. 1Auf ziemlich genau die gleiche Weiseerklärt Shestack:Wenn erst der Sprung zu <strong>glauben</strong> gemachtwurde, dann kann Religion derattraktivste der theoretischen Ansätzesein. Wenn menschliche Wesen nichtals in Gottes Bilde angesehen werden,dann können ihre Grundrechtedurchaus ihre metaphysische Daseinsberechtigungverlieren. Das Konzeptvon menschlichen Wesen, die im BildeGottes geschaffen wurden, stattetMänner und Frauen mit einem Wertund einer Würde aus, aus der auf logischeWeise die Komponenten einesumfassenden Systems von Menschenrechtenfließen. 2Sowohl Perrott als auch Shestacksind Rechtsgelehrte, nicht Theologen,und sie gehen diesen spannendenEinsichten nicht weiternach. Perrott vertritt die Auffassung:„Die Einwände gegen diesenAnsatz … bringen Fragen vonTheologie und Religionsphilosophieauf, nicht solche von Rechtsphilosophieoder allgemeiner Logik, und zudiesem Punkt wird hier nicht mehrgesagt.“6 7 8 6 @ ü


Der christliche Glaube hat GründeDer Glaubenssprung kannein Fall ins Leere seinWir gestehen bereitwillig zu, dass existentielle,blinde „Glaubenssprünge“oft selbstmörderische Sprünge seinkönnen und sind, für die es per definitionemkeine Kriterien für Wahrheitgibt, bevor der Sprung gemacht wurde.Aber was ist, wenn die Wahrheit einesOffenbarungsanspruchs nicht voneinem nicht verifizierbaren, subjektivistischenGlaubenssprung abhängt? Wasist, wenn ein Anspruch auf offenbarteWahrheit nicht „Fragen von Theologieund Religionsphilosophie aufbringt“– nicht auf eine Art von esoterischer,fideistischer Methode aufbaut, die nurdenen verfügbar ist, die schon „wahreGläubige“ sind –, sondern gerade aufdie Art vernunftmäßig zu <strong>denken</strong>, dieim Gesetz zum Ausdruck kommt, umFragen von Gegebenheiten zu entscheiden?Das Christentum beschreiteteinen anderen WegDer historische christliche Anspruchunterscheidet sich qualitativ von denAnsprüchen aller anderen Religionenin dem erkenntnistheoretischen Punkt,nämlich der Frage der Überprüfbarkeit.Östliche Glaubensrichtungen undder Islam, um Beispiele zu nehmen, dieuns aus den vorangegangenen Kapitelnschon bekannt sind, fordern den unentschiedenenSucher dazu auf, ihreWahrheit experimentell zu entdecken:Die Glaubenserfahrung wird selbstbestätigendsein. Unglücklicherweise isteine subjektive Glaubenserfahrung, wieder analytische Philosoph Kai Nielsenund andere drastisch gezeigt haben,logisch betrachtet nicht in der Lage,„Reden über Gott zu bestätigen“ – dieangenommenen absoluten ethischenWerte und Menschenrechtsprinzipien,über die der besagte Gott redet, eingeschlossen.3 Das Christentum auf deranderen Seite erklärt, dass die Wahrheitseiner absoluten Ansprüche vollund ganz auf gewissen historischenTatsachen beruht, die für gewöhnlicheUntersuchungen offen sind. Diese Tatsachenbeziehen sich im Wesentlichenauf den Menschen Jesus, seine Selbstvorstellungals Gott in menschlichemFleisch und seine Auferstehung vonden Toten als Beweis seiner Gottheit.Paulus auf dem AeropagAuf diese Weise bot der rabbinischeRechtsgelehrte, christliche Konvertitund Apostel, Paulus von Tarsus, seinEvangelium stoischen Philosophen inAthen als die historisch verifizierbareErfüllung von Naturreligion und Traditiondes Naturrechts mit deren vagemund unzureichend definiertemInhalt an.Einige Philosophen aber, Epikureer undStoiker, stritten mit ihm [Paulus inAthen]. Und einige von ihnen sprachen:Was will dieser Schwätzer sagen? Andereaber: Es sieht so aus, als wolle er fremdeGötter verkündigen. Er hatte ihnennämlich das Evangelium von Jesus undvon der Auferstehung verkündigt. Sienahmen ihn aber mit und führten ihnauf den Areopag und sprachen: Könnenwir erfahren, was das für eine neue Lehreist, die du lehrst? … Paulus aber standmitten auf dem Areopag und sprach: IhrMänner von Athen, ich sehe, dass ihrdie Götter in allen Stücken sehr verehrt.Ich bin umhergegangen und habe eureHeiligtümer angesehen und fand einenAltar, auf dem stand geschrieben: Demunbekannten Gott. Nun verkündige icheuch, was ihr unwissend verehrt … Zwarhat Gott über die Zeit der Unwissenheithinweggesehen; nun aber, gebietet er denMenschen, dass alle an allen Enden Bußetun. Denn er hat einen Tag festgesetzt,an dem er den Erdkreis richten will mitGerechtigkeit durch einen Mann, den erdazu bestimmt hat, und hat jedermannden Glauben angeboten, indem er ihnvon den Toten auferweckt hat. 4An einem Punkt in seiner Rede bekräftigtPaulus, dass menschliches Lebendas Produkt göttlicher Schöpfung ist,„wie auch einige Dichter bei euch [denStoikern] gesagt haben“. Er macht dadurchklar, dass das klassische Denkenüber das Naturrecht so weit, wie esging, richtig war, obwohl es keinesfallsweit genug ging. 5 Seine Vollendungkonnte in Jesus gefunden werden, demMann, den Gott bestimmte, und seingöttlicher Charakter war nachweisbardurch seine Auferstehung von den Toten.Warum juristischeArgumentation?Ich habe an anderem Ort diesen Falldargelegt, indem ich standardmäßige,anerkannte Techniken historischerAnalyse verwendet habe. 6 Hier werdenwir, passend zu dem juristischenCharakter des internationalen undvergleichenden Rechts der Menschenrechte,juristische Argumentation unddas Beweisrecht gebrauchen. Der Vorteileines juristischen Ansatzes liegt inder Schwierigkeit, dass man ihn nichteinfach über Bord werfen kann: JuristischeMaßstäbe für Beweisführungentwickeln sich zu einem wesentlichenMittel, die hartnäckigsten Streitfragenin der Gesellschaft zu lösen (die Klärungvon Streitfragen durch Selbsthilfe– die einzige Alternative zur Rechtsprechung– wird jede Gesellschaft zerreißen).Man kann daher die juristischeArgumentation nicht so einfach wegwerfen,nur weil ihre Anwendung auf7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 7


Prof. Dr. Dr. J. W. Montgomerydas Christentum in einem Urteil fürden christlichen Glauben und seinenAnsatz für Menschenrechte resultiert! 7Zeugnisse für den Wert desjuristischen Beweises in derSchlichtung letztgültigerBehauptungenEs ist bedeutsam, dass es sowohl in derPhilosophie als auch in der TheologieInitiativen gibt, Argumentationen imjuristischen Stil einzuführen. StephenToulmin, Professor für Philosophie inLeeds und einer der führenden analytischenPhilosophen unserer Zeit, führteinen wahren Ruf zu den Waffen vor:Um die Macht alter Modelle und Analogienzu brechen, können wir uns selbstein neues beschaffen. Logik ist interessiertan der Stichhaltigkeit der Behauptungen,die wir aufstellen – an der Soliditätder Grundlage, die wir erzeugen, um siezu stützen, der Festigkeit des Rückhaltes,den wir ihnen geben – oder, um dieMetapher zu wechseln, an der Art vonFall, den wir zur Verteidigung unsererBehauptungen präsentieren. Die juristischeAnalogie, die in dieser letzten Art,diesen Punkt darzustellen, enthalten ist,kann ausnahmsweise eine wirkliche Hilfesein. So lasst uns Psychologie, Soziologie,Technologie und Mathematik vergessen,die Echos von Baustatik und Collage inden Wörtern „Grundlage“ und „Rückhalt“ignorieren und die Disziplin derJurisprudenz als unser Modell nehmen.Logik (so können wir sagen) ist verallgemeinerteJurisprudenz. Argumentekönnen mit Gerichtsverfahren verglichenwerden, und die Behauptungen, die wiraufstellen und für die wir im außerjuristischenKontext argumentieren, mitBehauptungen, die vor Gericht gemachtwerden, während die Fälle, die wir präsentieren,um jede Art von Behauptungzu stützen, miteinander verglichen werdenkönnen. 8Mortimer Adler wendet am Ende seinersorgfältigen Diskussion der Frage nachGottes Existenz nicht das traditionellephilosophische Ideal cartesianischerabsoluter Gewissheit an, sondern diejuristischen Maßstäbe von überwiegendemBeweis und Beweis der keinenRaum für vernünftige Zweifel lässt:Wenn ich nicht mehr sagen kann, alsdass die überwiegende Menge von Argumentenden Glauben bevorzugt, dassGott existiert, dann kann ich trotzdemsagen, dass ich vernünftige Gründe fürdiesen Glauben aufgestellt habe ...Ich bin überzeugt, dass Gott existiert,entweder weil kein Raum für vernünftigeZweifel bleibt oder durch den überwiegendenBeweis, der diese Schlussfolgerungden Gründen gegen sie vorzieht.Ich bin daher bereit, diese Untersuchungmit der Aussage abzuschließen, dass ichvernünftige Gründe dafür habe, die ExistenzGottes zu bekräftigen. 9Und von der juristischen Seite erkenntJerome Hall die Möglichkeit an, zentraleFragen von Religion und Ethikdurch das differenzierte Instrumentjuristischer Argumentation zu schlichten.Juristische Regeln der Beweisführung sindReflektionen des „natürlichen Verstands“,und sie können auf mehrere Weise in denDialog eintreten, zum Beispiel um dieGültigkeit theologischer Argumente fürdie Existenz Gottes zu überprüfen undum säkulare Glaubensinhalte, selbst solche,an denen ohne vernünftigen Zweifelfestgehalten wird, von einem Glauben zuunterscheiden, der so fest ist (Hiobs), dasser auch den leichtesten Schatten einesZweifels ausschließt und selbst angesichtseiner Beweislage bestehen bleibt, die aufvernunftgemäßer Grundlage deutlich imWiderspruch dazu steht. Auf diese undandere Weisen schließt sich die Rationalitätdes Beweisrechts bei der Verhandlungeines Problems beim Stellen sachdienlicherFragen über Glauben an denphilosophischen Rationalismus an. 10Die vier SchlüsselfragenWas sind nun in Bezug auf unsereDiskussion die „sachdienlichen Fragenüber den Glauben“? Vier umfassendeFragen müssen beantwortet werden: (1)Sind die historischen Aufzeichnungenüber Jesus solide genug, um sich aufsie zu verlassen? (2) Ist das Zeugnis indiesen Aufzeichnungen bezüglich seinesLebens und Dienstes ausreichendverlässlich, um zu wissen, was er vonsich selbst behauptete? (3) Belegen dieBerichte von seiner Auferstehung vonden Toten, die als Beweis für seine göttlichenAnsprüche dargeboten werden,tatsächlich diese Ansprüche? (4) FallsJesu Gottheit auf die vorangehendeArt erwiesen wird, drückt er damiteinen göttlichen Bestätigungsstempelauf die Bibel und macht dadurchihre die Menschenwürde betreffendenÄußerungen apodiktisch gewiss? Wirwollen sehen, wie juristische Argumentationhilft, jede dieser Schlüsselfragenzu beantworten.(1) Die Frage der DokumenteGrundlegend für jede Bestimmung derStichhaltigkeit christlicher Behauptungenist die Frage nach der Verlässlichkeitder sachdienlichen historischenDokumente. Die Dokumente,um die es geht, sind nicht (wenigstensnicht für Otto Normalverbraucher)Josephus, Tacitus, Plinius der Jüngereoder andere heidnische Bezüge auf Jesus,obwohl diese natürlich existieren.Solche Bezüge sind bestenfalls sekundär,da keiner dieser Autoren direktenKontakt mit Jesus oder mit seinen Jüngernhatte. Die Dokumente, von denendie Argumente für das Christentum8 7 8 6 @ ü


Der christliche Glaube hat Gründeabhängen, sind die Schriften des NeuenTestaments; denn sie beanspruchen,von Augenzeugen oder von nahen Mitarbeiternvon Augenzeugen geschriebenworden zu sein (tatsächlich war ihrUrsprung in apostolischen Kreisen daswesentliche Kriterium dafür, sie in dasNeue Testament aufzunehmen).NT-Dokumente alstaugliche BeweismittelWie gut sind diese Aufzeichnungendes Neuen Testaments? Sie erfüllenauf schöne Weise den Bedarf desHistorikers an Verlässlichkeit in derÜberlieferung (ihre Texte sind von derZeit ihrer Niederschrift bis in unsereTage akkurat überliefert worden),interner Verlässlichkeit (sie beanspruchen,als Dokumente Primärquellenzu sein, und das hört sich wahr an)und externer Verlässlichkeit (ihre Verfasserschaftund ihre Abfassungsdatenwerden gestützt durch solche solidenäußeren Zeugnisse, wie das des AutorsPapias aus dem frühen zweitenJahrhundert, einem Schüler des EvangelistenJohannes. Ihm wurde vonJohannes berichtet, dass die erstendrei Evangelien tatsächlich von ihrentraditionell überlieferten Verfasserngeschrieben wurden). 11 Simon Greenleafvon Harvard, die größte Autoritätdes 19. Jahrhunderts im Beweisrechtin der Welt des Bürgerlichen Rechts,wandte auf diese Aufzeichnungen die„Antike-Dokumente“-Regel an: AntikeDokumente werden als tauglichesBeweismittel angenommen, wenn sie„redlich in der äußeren Aufmachung“sind (d. h. sie bieten keinen innerenBeweis für Manipulation) und in „annehmbarerAufbewahrung“ erhaltenwurden (d. h. ihre Konservierung warvereinbar mit ihrem Inhalt). Er ziehtden Schluss, dass die Tauglichkeit derDokumente des Neuen Testamentsvon jedem Gerichtshof bestätigt werdenwürde. 12Fälschungen könnenden Test der Zeit nicht bestehenDie Spekulation, die Evangelienberichteseien ungefähr dreihundert Jahrenach den Ereignissen, die in ihnenbeschrieben werden, als „Fälschungen“verfasst worden (ein Standpunkt, derunnötigerweise von Professor Trevor-Roper vorgebracht wurde), wurdevon Justizminister Hailsham, derhochrangigsten juristischen KoryphäeEnglands, mit einer treffenden Anwalts-Illustrationverworfen.[Was] das Argument ungültig macht,ist eine Tatsache über Fälschungen allerArt, die ich selbst im Verlauf eines Prozesseslernte, an dem ich teilnahm. Inihm stand die Echtheit eines Gemäldesin Frage, von dem behauptet wurde, dasses von Modigliani gemalt und unterschriebensei. Dieses Gemälde wurde alsErgebnis meiner Beweisführung durchRöntgenbeweis als Fälschung erwiesen.Aber im Verlauf meiner Untersuchungenwurde mir von meinem Fachberater einebeachtliche Bibliographie zur Verfügunggestellt betreffs des Wesens von Fälschungenaller Art und wie man sie aufdeckenkann. Es gab ein Argument, das vondem Verfasser eines dieser Bücher vorgetragenwurde, das von direktem Belangfür das Thema ist, das ich hier diskutiere.Obwohl oft Fälschungen gemachtwerden können, die Zeitgenossen desFälschers verwirren oder tatsächlich betrügen,können die Fachleute oder sogardie Nichtfachleute einer späteren Zeit sieausnahmslos aufdecken, seien sie betrügerischgemacht oder nicht, weil der Fälscherunbedingt stilistisches oder anderesMaterial einfügt, das für Zeitgenossennicht offensichtlich ist, weil sie Zeitgenossensind, das aber späteren Beobachternvon einer Meile Entfernung auffällt,weil sie die Maßstäbe oder die Materialienoder die Stile eines nachfolgendenZeitalters mit denen des Verfassers, dessenWerk gefälscht wurde, vergleichen. 13Um Jesus rauszuschmeißen,musst du zuerst Tiberius CaesarausrangierenWas den Skeptizismus der so genanntenBibelkritik (oder Redaktionskritik)in der liberalen theologischenTradition betrifft, so stammt er voneiner überholten Methodik (<strong>heute</strong> fastallgemein von Altphilologen und Literaturwissenschaftlernund von Spezialistenin vergleichenden Studien desNahen Ostens ausrangiert) und vonungerechtfertigten philosophischenGrundvoraussetzungen (wie etwa Voreingenommenheitgegenüber Übernatürlichemsowie Voreingenommenheitzugunsten religiöser Evolution). 14 A.N. Sherwin-White, ein Experte in RömischemRecht, entgegnet solchen Kritikernin seinen Sarum-Vorlesungenvon 1960–61 an der Universität London:Es ist erstaunlich, dass zwar das Vertrauenin die griechisch-römischen Historikergewachsen ist, das Studium derEvangelienerzählungen im 20. Jahrhundert,das von nicht weniger vielversprechendemMaterial ausgeht, jedocheine düstere Wendung genommen hatin der Entwicklung der Formkritik, sodass die fortgeschritteneren Vertreter vonihr offensichtlich – so weit ein Amateurdie Materie verstehen kann – die Behauptungaufrechterhalten, dass der historischeChristus nicht zu erkennen istund die Geschichte seiner Mission nichtgeschrieben werden kann. Das erscheintsehr merkwürdig, wenn man damit denFall des am besten bekannten ZeitgenossenChristi, der wie Christus einegut dokumentierte Figur ist, vergleicht,nämlich Tiberius Caesar. Die Geschichteseiner Herrschaft ist bekannt aus vierQuellen, den Annalen des Tacitus undder Biographie durch Sueton, geschrie-7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 9


Prof. Dr. Dr. J. W. Montgomeryben ungefähr achtzig oder neunzig Jahrespäter, dem kurzen zeitgenössischen Berichtvon Velletus Paterculus und derGeschichtsschreibung aus dem drittenJahrhundert von Cassius Dio. Diesewidersprechen einander auf die wildestmögliche Weise, sowohl in wichtigenAngelegenheiten politischer Handlungenoder Motive als auch in spezifischen Einzelheitenund unwichtigeren Ereignissen.Jeder würde eingestehen, dass Tacitus diebeste aller Quellen ist, und doch würdekein ernsthafter moderner Historiker dieMehrzahl der Behauptungen von Tacitusüber die Motive von Tiberius fürbare Münze nehmen. Das steht jedochnicht der Überzeugung im Weg, dass dasMaterial von Tacitus gebraucht werdenkann, um eine Geschichte des Tiberiuszu schreiben. 15Autobiographischer ExkursDie Schlussfolgerung ist unausweichlich:Wenn man die Dokumente desNeuen Testaments mit allgemein akzeptiertensäkularen Schriften derAntike vergleicht, dann ist das NeueTestament mehr als gerechtfertigt.Als ich vor einigen Jahren mit PhilosophieprofessorAvrum Stroll von derUniversität von British Columbia überdiesen Punkt debattierte, 16 antworteteer: „Ok, ich werde meine Kenntnis derklassischen Welt hinauswerfen.“ Daraufhinrief der Vorsitzende der klassischenFakultät: „Mein Gott, Avrum,mach das nicht!“(2) Die Frage der ZeugnisseWenn, wie wir gesehen haben, die Aufzeichnungendes Neuen Testaments solidehistorische Dokumente sind, wiegut ist dann ihr Zeugnis über Jesus?Das ist eine Frage großer Wichtigkeit,weil die Berichte uns deutlich erzählen,dass Jesus behauptete, nichts wenigerzu sein als Gott im Fleisch, derauf die Erde kam, um Gottes Willenfür den Menschen zu offenbaren unddie Menschheit von ihrer Sünde zuretten. Außerdem zeichnet dasselbeZeugnis akribisch die ErscheinungenJesu nach der Auferstehung auf. EineEntscheidung über seine Verlässlichkeitwird sich also direkt auf unseredritte Hauptfrage, die Historizität derAuferstehung Jesu, auswirken.In einem Gerichtsverfahren wirdeine zulässige Zeugenaussage als wahrangesehen, wenn sie nicht angefochtenoder auf andere Weise in Zweifel gezogenwird. Das stimmt überein mit demgewöhnlichen Leben, wo nur der Paranoikersich an eine Sache mit der Voreingenommenheitmacht, dass jederlügt (man denke an den Cousin Elmo,der davon überzeugt ist, von Albanernverfolgt zu werden). Die Beweislastliegt dann bei denen, die zeigen wollen,dass das Zeugnis des Neuen Testamentsüber Jesus nicht glaubwürdigist. Wir wollen das Evangelienzeugnisüber Jesus unter das juristische Mikroskoplegen, um zu sehen, ob seine Verlässlichkeitangefochten werden kann.Wir wenden hier eine Konstruktionzum Angriff gegen Meineid an,die als „die feinste Arbeit zu diesemThema“ 17 bezeichnet worden ist. Mc-Closkey und Schoenberg bieten einenvierfachen Test zum Aufdecken vonMeineid, wozu eine Bestimmung voninneren und äußeren Mängeln im Zeugenselbst auf der einen Seite und imZeugnis selbst auf der anderen Seite gehört.18 Wir können ihr Schema in dieForm eines Schaubilds (vgl. Abbildung5) übertragen.Innerer Mangel bei den Zeugen?(a) Innere Mängel beim Zeugen selbstbeziehen sich auf irgendein persönlichesMerkmal oder auf die vergangeneGeschichte und haben das Bestrebenzu zeigen, dass der „Zeuge schon ansich nicht vertrauenswürdig, unseriösund unzuverlässig“ ist. Waren dieapostolischen Zeugen über Jesus Personen,denen man nicht glaubt, weilsie „nicht die Art von Personen waren,denen man trauen kann“? Waren sievorbestraft oder gibt es Grund anzunehmen,dass sie krankhafte Lügnerwaren? Wenn ja, dann ist ihre simpleWortwörtlichkeit und Direktheit fastschmerzhaft. Sie scheinen einzigartigarmselige Kandidaten für einen JamesBond-Krimi zu sein oder dafür, fürdie Besetzung einer Rolle in „Spionund Gegenspion“ gewählt zu werden.Aber vielleicht sind sie „Mythomane“,Menschen, die nicht zwischen Tatsacheund Phantasie unterscheiden können?Sie selbst erklären genau das Gegenteil:„wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln(griech.: mythoi, ‚’) gefolgt“, so schreibensie, „wir euch kundgetan haben dieKraft und das Kommen unseres HerrnJesus Christus; sondern wir haben seineHerrlichkeit selber gesehen“. 19(a)Im Zeugenselbst(b)Innere DefekteÄußere Defekte(c)Im Zeugnisselbst(d)Abbildung 5: Eine Konstruktion, um MeineidaufzudeckenÄußere Motive zur Verfälschung(b) Litten aber die apostolischen Zeugenan äußeren Mängeln, das heißt an„zur Verfälschung“?Nicht alle, die einen Meineid leisten,haben vorher unmoralische Handlungenoder Verbrechen begangen. Häufig werdengesetzestreue Bürger, deren Vergangenheitohne Schandfleck ist, Meineidbegehen, nicht weil sie schon an sich unwürdigsind, sondern weil irgendein besonderergegenwärtiger Grund sie dazuzwingt, das im Prozess vor Gericht zutun. Das Motiv wird dann zum gemeinsamenNenner. Es gibt ein Motiv für je-10 7 8 6 @ ü


Der christliche Glaube hat Gründeden Akt von Meineid. Die zweite wichtigeArt, auf die der, der das Kreuzverhördurchführt, versuchen kann Meineidaufzudecken, ist daher, das besondereMotiv einzugrenzen, das den Zeugenveranlasst, Meineid zu begehen. 20Sicherlich würde kein vernünftigerMensch argumentieren, dass die apostolischenZeugen über Jesus für einenGeldvorteil oder als Ergebnis gesellschaftlichenDrucks gelogen hätten.Ganz im Gegenteil: Sie verloren aufgrundihrer Hingabe an Jesus die Möglichkeitsowohl weltlichen Wohlstandals auch gesellschaftliche Akzeptanzunter ihren jüdischen Freunden zuerlangen. 21 Könnte gerade die Zuneigungzu Jesus und die Bindung an ihnals Motiv für Fälschung dienen? Nichtwenn wir uns daran erinnern, dass ihrHerr sie ausdrücklich lehrte, dass dasLügen vom Teufel sei. 22Innere Mängel im Zeugnis?(c) Wenn wir uns nun zum Zeugnisselbst wenden, dann müssen wirfragen, ob die Schriften des NeuenTestaments innerlich ungereimt oderwidersprüchlich sind. Sicherlich lieferndie vier Evangelien keine identischen,wörtlich gleichen Berichte der Worteund Taten Jesu. Aber gerade wenn siedas täten, würde allein diese Tatsachesie höchst verdächtig machen, dennes würde auf betrügerische Absprachehindeuten. 23 Die Evangelienberichtebetrachten das Leben und den DienstJesu aus vier verschiedenen Perspektiven– genauso wie wahrhaftige Zeugenzu demselben Unfall verschiedene, abersich ergänzende Berichte über das Ereignisdarbringen werden. Wenn derEinwand erhoben wird, dass dieselbeBegebenheit oder Perikope manchmalzu verschiedenen Zeitpunkten oderOrten in Jesu Dienst gefunden wird,abhängig davon, welches Evangeliumman zu Rate zieht, dann ist die einfacheAntwort, dass kein einzelnes Evangeliumden vollständigen Bericht des dreijährigenDienstes Jesu enthält und dasauch niemals beabsichtigte. 24 Und Jesuspredigte (wie jeder Prediger) sicherlichdie gleiche Botschaft an verschiedeneGruppen und zu verschiedenen Zeiten.Und nehmen wir an, er trieb die Geldwechslerzweimal aus dem Tempel: Istes nicht im Licht seiner Aktivitätenund Prinzipien sonderbar, dass er sienur zweimal austrieb? (Wir würden esjeden Samstag – Sabbat – Abend erwartethaben.) Beobachten Sie auch aufwelch ehrliche und unschmeichelhafteArt die Gruppe der Apostel sich selbstin diesen Aufzeichnungen darstellt.Markus, der Gefährte des Petrus, beschreibtPetrus als einen, der chronischins Fettnäpfchen tritt; und die Apostelim Allgemeinen werden dargestellt (inJesu eigenen Worten) als „zu trägenHerzens, all dem zu <strong>glauben</strong>, was diePropheten geredet haben“! 25 Um denAusdruck des Übersetzers des NeuenTestamentes, J. B. Phillips, zu verwenden,haben die Berichte des NeuenTestaments den „Klang von Wahrheit“.26Äußere Mängel im Zeugnis?(d) Wie steht es schließlich mit äußerenMängeln im Zeugnis, d. h. Unstimmigkeitenzwischen den Aufzeichnungendes Neuen Testaments und dem, waswir von den Fakten der Archäologieoder außerbiblischer historischer Berichtewissen? Das Neue Testamentist weit entfernt davon, die Berührungmit der säkularen Geschichte zu vermeiden.Es ist vielmehr übervoll vonausdrücklichen Bezügen auf säkulareberühmte Persönlichkeiten, Orte undEreignisse. Anders als typisch sakraleLiteratur, Mythen und Märchen („wareinmal … “) beginnt die Evangelienerzählungmit „ging ein Gebot ausvom Kaiser Augustus, dass alle Weltsich schätzen ließe“. 27 Typisch für dieBerichte des Neuen Testaments sindAbschnitte wie der Folgende:Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft desKaisers Tiberius, als Pontius PilatusStatthalter in Judäa war und HerodesLandesfürst von Galiläa und sein BruderPhilippus Landesfürst von Ituräa undder Landschaft Trachonitis und LysaniasLandesfürst von Abilene, als Hannas undKaiphas Hohepriester waren, da geschahdas Wort Gottes zu Johannes, dem Sohndes Zacharias, in der Wüste. Und er kamin die ganze Gegend um den Jordan undpredigte die Taufe der Buße zur Vergebungder Sünden. 28Die moderne archäologische Forschunghat immer wieder die Verlässlichkeitvon Geographie, Chronologie und allgemeinerGeschichte des Neuen Testamentsbestätigt. 29 Um nur ein einzigestreffendes Beispiel herauszunehmen:Nach dem Aufstieg der liberalen Bibelkritikwurden Zweifel an der Historizitätvon Pontius Pilatus zum Ausdruckgebracht, weil er selbst von heidnischenHistorikern nur in Verbindung mitJesu Tod erwähnt wird. Dann kam1961 die Entdeckung in Cäsaräa dernun berühmten „Pilatus-Inschrift“, dieeindeutig zeigt, dass, wie üblich, dieSchreiber des Neuen Testaments präziserGeschichtsschreibung verpflichtetwaren.Bei keinem der vier Elemente derMcCloskey-Schoenberg-Konstruktionzum Angriff gegen Meineid könnendaher die Zeugen des Neuen Testamentin Frage gestellt werden.Die Komplexität von BetrugAußerdem sollte man erkennen (und„Nichtanwälte“ erkennen das selten),wie schwierig es ist, erfolgreich in wirkungsvollemLügen oder Verdrehungder Tatsachen zu sein, wenn jemandein Kreuzverhör durchführt. RichardGivens stellt in seinem Standardwerk7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 11


Prof. Dr. Dr. J. W. Montgomery„Advocacy“ aus der Serie McGraw-HillTrial Practice (Prozesspraxis) graphischgewöhnliche, wahrheitsgemäße Kommunikationdar und stellt ihr danndie ungeheure Vertracktheit betrügerischerKommunikation gegenüber(Abbildung 6A und 6B). 30Erfolgreiches Lügen erfordert ungeheureGeschicklichkeit und EnergieAchten Sie darauf, dass der Zeuge,der betrügt, sozusagen mindestensmit drei Bällen gleichzeitig jonglierenmuss, während er ständig die Chance,entdeckt zu werden, einschätzt: Ermuss sicher sein, dass er nichts sagt,was dem widerspricht, was der, der ihnverhört,weiß; er muss eine konsequenteLüge erzählen („Lügner brauchen eingutes Gedächtnis“); und er muss dafürSorge tragen, dass nichts, was er sagt,durch widersprechende äußere Tatsachenwiderlegt werden kann. Was Givenssagen will, ist, dass erfolgreicherBetrug schrecklich schwierig ist; denndie psychische Belastung und die Energie,die dafür aufgewendet wird, eszu versuchen, machen den Betrüger inhohem Maße verwundbar.Je größer der Abweichungswinkel zwischendiesen verschiedenen Bildern ist,desto verwirrender ist das Problem unddesto mehr „höhere Mathematik“ mussgeleistet werden, um zu versuchen, direkteKonflikte zwischen diesen Elementenzu vermeiden. Je größer der Winkeldes Betruges, der angewendet wird, destogrößer ist die Komplexität und desto niedrigerdie Effektivität dieser inneren mentalenOperationen. Wenn das bewusstgeschieht, so ordnen wir es dem Lügenzu. Ist es unbewusst, dann schieben wires auf die „Befangenheit“ des Zeugen.Wenn jemand lügt oder stark befangenist, dann ist es nicht genug, einfach jedegeistige Spur auszubaggern, die es vondem Ereignis gibt und zu versuchen, sieals Antwort auf eine Frage auszudrücken.Stattdessen müssen alle der verschiedenenerwähnten Elemente abgewägt,eine Entscheidung über den besten Ansatzgetroffen und eine Erwiderung ausgeklügeltwerden, von der man erwartenkann, dass sie am überzeugendsten ist.Und dann muss man sich bemühen,diese Kommunikation in den Verstandder Zuhörerschaft abzufeuern.Die Person mit einem großen Abweichungswinkelzwischen dem, was erzähltwird, und dem Eindruck, der zuvermitteln versucht wird, befindet sichdaher im fast hilflosen Nachteil, besonderswenn sie auf einen Durchführendendes Kreuzverhörs trifft, der das Dilemmaversteht.Wenn die Zuhörerschaft sowohl denDuchführenden des Kreuzverhörs alsauch ein Gericht einschließt, dann wirddie Anzahl von Elementen, die zu erwägensind, sogar noch größer. Die mentaleGymnastik, die erforderlich ist, wächst imgeometrischen Verhältnis zu der Anzahlvon Elementen, die involviert sind. 31Warum die Gruppe der Apostel nichtdie „Große Lüge“ übergestülpt habenkannGanz abgesehen von der Frage, ob dieZeugen Jesu im Neuen Testament diegeeignete Art von Leuten waren, umsich in einem solchen Betrug zu engagieren(und wir haben schon, indemwir sie auf mögliche innere und äußereMängel geprüft haben, gesehen, dasssie es nicht waren): Hätten sie einensolchen massiven Betrug versucht, wärensie damit davongekommen? Zugegebenermaßenwurden sie niemals inden wörtlichen Zeugenstand gerufen,aber sie konzentrierten sich in ihremPredigen auf die Zuhörerschaft der Synagogeund unterstellten so ihr Zeugnisder Barmherzigkeit der feindlichenjüdischen Leiterschaft, die sehr engenKontakt mit dem Dienst Jesu gehabthatte und entscheidend daran beteiligtgewesen war, ihn zu beenden.Feindliche Zeugen als De-Facto-Durchführende des KreuzverhörsSolch eine Zuhörerschaft genügt in hohemMaße Givens’ Beschreibung von„sowohl Durchführender des Kreuzverhörsals auch Gericht“: Sie hatten dieMittel, das Motiv und die Gelegenheit,das apostolische Zeugnis als ungenauund betrügerisch bloßzustellen, wennEreignisErinnerungPortion, die zurWeitergabe gewählt wirdSymboleInterpretationdurch den ZuhörerSchaubild 6A: Der mentale Prozess in „“ –d. h. Warheitsgetreuer – Kommunikationes denn so gewesen wäre. Und die Tatsache,dass sie das nicht taten, kannwirklich nur auf Grund dessen erklärtwerden, dass sie es nicht konnten. Esscheint zum Beispiel unvorstellbar,dass die jüdische religiöse Leiterschaft,mit ihrer tiefgründigen Kenntnis desAlten Testaments, untätig herumgesessenhätte, als die Apostel verkündigten,dass Jesu Leben und Dienst Dutzendeäußerst spezifischer Prophezeiungendes Alten Testaments erfüllt habe (Geburtin Bethlehem, Jungfrauengeburt,Flucht nach Ägypten, triumphaler Einzug,von einem Gefährten für 30 Silberstückeverkauft usw.), wenn das12 7 8 6 @ ü


Der christliche Glaube hat GründeVergleich mit Glauben oderWissen des VerhörersSchaubild 6B: Der lügende ZeugeEreignisUrsprüngliche ErinnerungEinstellung, um dem Zieldes Zeugen zu dienenVergleich mit vorhergehendenAussagen des ZeugenAbschätzen der Chance,entdeckt zu werdenEntscheidung, mit der ursprünglichenGeschichteweiterzumachen oder siezu revidierenAuswahl der beabsichtigtenKommunikationSymboleInterpretationdurch den ZuhörerVergleich für offensichtliche,beweisbare Diskrepanzennicht wahr gewesen wäre. Professor F.F. Bruce von der Universität Manchesterunterstreicht diesen grundlegendenPunkt bezüglich der Beweiskraft dergegnerischen Zeugen im apostolischenZeitalter:Es waren nicht nur freundliche Augenzeugen,mit denen die frühen Predigerrechnen mussten. Es gab andere, die wenigergut gesonnen waren, die auch mitden Haupttatsachen des Dienstes undTodes Jesu vertraut waren. Die Jüngerkonnten es sich nicht leisten, Ungenauigkeitenzu riskieren (ganz zu schweigenvon absichtlicher Manipulation der Tatsachen),was sofort von denen offengelegtworden wäre, die nur allzu froh gewesenwären, das tun zu können. Ganz imGegenteil: Einer der starken Punkte inder ursprünglichen apostolischen Predigtist der selbstbewusste Appell an das Wissender Zuhörer. Sie sagten nicht nur:„Wir sind Zeugen dieser Dinge“, sondernauch: „Wie ihr selbst wisst“ (Apg. 2,22).Hätte irgendwie die Tendenz bestanden,in irgendeiner Hinsicht von den Faktenabzuweichen, so hätte die möglicheGegenwart gegnerischer Zeugen in derZuhörerschaft als ein weiteres Korrektivgedient. 32Ist da irgendjemand geisteskrank?Wir verschwenden keine Zeit mit derMöglichkeit, dass die Jünger an verrücktenWahnvorstellungen litten.Zum Ersten deshalb, weil das Gesetzvon der Gesundheit eines Menschenausgeht, und die Berichte enthaltenkeinen Hinweis darauf, dass die Jüngeretwas anderes waren. Zum Zweiten,weil der Punkt, den ProfessorBruce in Bezug auf die gegnerischenZeugen betont hat, sich mit gleicherWucht auf die Andeutung von Geisteskrankheitanwenden lässt: Hätteirgendetwas, selbst Wahnzustand, dieJünger veranlasst, die Biographie Jesuzu verfälschen, dann hätten die gegnerischenZeugen das mit Sicherheitgegen sie verwendet.Die Sache mit dem HörensagenDie praktische Gleichsetzung vongegnerischen Zeugen mit einem formalenKreuzverhör ist eine weitreichendeAntwort auf den gelegentlichgeäußerten Einwand, das apostolischeZeugnis über Jesus würde bei einemmodernen Gerichtsverfahren als vom„örensagen“ abgelehnt, d. h. als Aussagevon außerhalb des Gerichtsverfahrens,die dargeboten wird, um die Wahrheitihrer Inhalte zu beweisen. Wir wollengleich zu Anfang das ernsthafteste Problemmit dem Hörensagen nennen:Sein Urheber ist nicht vor Gericht undkann daher nicht einem Kreuzverhörunterzogen werden. Selbst wenn alsodas neutestamentliche Zeugnis überJesus technisch gesehen unter die Axtder Hörensagen-Regel fällt, reduzierendie gegnerischen Zeugen als praktischDurchführende des Kreuzverhörs dasProblem auf ein Minimum.Zum Zweiten existiert die Hörensagen-Regelim angloamerikanischenBürgerlichen Recht (eine solche Regelist nicht Teil der Tradition kontinentalenZivilrechts) besonders als eintechnischer Kunstgriff, um Geschworenevor Beweisen aus zweiter Hand zuschützen. Im Gefolge der praktischenAbschaffung der zivilen Geschworenenin England hat das Gesetz zum Beweisim Zivilrecht von 1968 im Endeffektdie Hörensagen-Regel aus den Zivilverfahreneliminiert – von der Voraussetzungausgehend, dass Richtervermutlich selbst Zeugnisse aus zweiterHand auf ihren wahren Wert hinüberprüfen können. 33 In den Vereini-7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 13


Prof. Dr. Dr. J. W. Montgomerygten Staaten und in englischen Strafverfahrenhaben die Ausnahmen derHörensagen-Regel fast die Regel verschluckt,und eine dieser Ausnahmenist die „Antike-Dokumente“-Regel (aufdie ich mich weiter oben bezog), durchdie Dokumente des Neuen Testamentstatsächlich als taugliche Beweismittelangenommen werden würden.Um das klarzustellen: Das Prinzip,das der Hörensagen-Regel zugrundeliegt, bleibt unverzichtbar, nämlichdass ein Zeuge aufgrund „seines eigenenWissens oder seiner eigenen Beobachtung“Zeugnis ablegen sollte,nicht auf der Grundlage von dem, waszu ihm indirekt von anderen gekommenist. Und die Schreiber des NeuenTestaments sagen uns andauernd, dasssie darlegen, „wir gehört haben, was wirgesehen haben mit unsern Augen, waswir betrachtet haben und unsre Händebetastet haben, vom Wort des Lebens“(1Joh 1,1).Eine Herausforderung an die LeserDie Zusammenfassung des Zeugnisbefundsfür das Leben und den DienstJesu sowie für seine Behauptungenüber sich selbst stellt eine andauerndeHerausforderung für den ernsthaftenWahrheitssucher dar.Alles, was das Christentum bezüglich diesesThemas von den Menschen fordert, ist,dass sie mit sich selbst übereinstimmen,dass sie mit diesen Beweisen so umgehensollen, wie sie mit den Beweisen für andereDinge umgehen würden und dass siedie handelnden Personen und die Zeugenprüfen und beurteilen sollen, so wiesie es mit ihren Mitmenschen tun, wenndiese vor menschlichen Gerichten übermenschliche Angelegenheiten Zeugenaussagenmachen. Lasst die Zeugen mit sichselbst verglichen werden, mit anderenund mit Tatsachen und Umständen inder Umgebung. Und lasst ihr Zeugnis,so wie das in einem Gerichtsverfahrengegeben wäre, von der Gegenseite überprüftwerden und lasst den Zeugen dabeieinem strengen Kreuzverhör unterzogenwerden. Das Ergebnis, so glaube ich zuversichtlich,wird eine Überzeugung ohneZweifel an seiner Integrität, seiner Tauglichkeitund seiner Wahrhaftigkeit sein.Im Verlauf einer solchen Überprüfungwird bei jedem Schritt, den wir weitergehen,ein ungeplantes Zusammentreffenvon Tatsachen zunehmen, die Wahrscheinlichkeitder Aufrichtigkeit des Zeugenund der Realität des Geschehens, daser erzählt, wird zunehmen, bis es für allepraktischen Zwecke den Wert und dieKraft des schlüssigen Beweises gewinnt. 34(3) Die Frage der AuferstehungIm Herz des apostolischen Zeugnissesund der apostolischen Verkündigungliegt die behauptete Auferstehung JesuChristi von den Toten. Während seinesDienstes präsentierte Jesus seinebevorstehende Auferstehung als denentscheidenden Beweis seiner Behauptung,Gott zu sein. 35 Hat die Auferstehungwirklich stattgefunden? 36Zeugenaussagen, nicht Metaphysik,sind der SchlüsselDer erste Punkt, den wir erwägenmüssen, ist, dass die Berichte von derAuferstehung und von detailliertenErscheinungen nach der Auferstehungüber einen Zeitraum von vierzig Tagen37 eben alle in den Dokumentendes Neuen Testaments enthaltensind, deren historische Verlässlichkeitwir bestätigt haben, und dass sie vondenselben apostolischen Zeugen bezeugtwerden, deren Aufrichtigkeitwir gerade festgestellt haben. Eine abrupteKehrtwendung zu machen undnun diese Dokumente und Zeugenfür unglaubwürdig zu erklären, weilsie behaupten, dass Jesus von den Totenauferstand, würde bedeuten, einesorgfältige historische Untersuchungdurch eine zweifelhafte Metaphysik(„Auferstehungen von den Toten sindkosmisch unmöglich“ – und wie kannman in einem relativistischen EinsteinischenUniversum gerade das behaupten?)zu ersetzen. Wir dürfen nicht denFehler des Philosophen David Humeaus dem achtzehnten Jahrhundert machen,der dachte, er könne Plackereiin der Beweisbewertung vermeiden,indem er deduktiv von der grundlosenPrämisse, „dass eine feste und nichtänderbare Erfahrung die Naturgesetzenachgewiesen hat“, ausging und zu derSchlussfolgerung (gänzlich ein Zirkelschluss)kam: „Es muss eine einheitlicheErfahrung geben, die gegen jedeswunderhafte Ereignis spricht“, und dass„ein toter Mensch zum Leben kommt,ist in keinem Zeitalter und in keinemLand je beobachtet worden“. 38Der fehlende LeichnamZweitens sollten wir über die Beweiskraftdes „fehlenden Leichnams“ nach<strong>denken</strong>,eines Arguments von FrankMorison 39 , der sich durch die Untersuchungder Beweislage der AuferstehungJesu zum Christentum bekehrte.Morison macht geltend: Wenn Jesusnicht auferstand, dann muss jemandden Leichnam gestohlen haben. Dieeinzigen Menschen aber, die beteiligtwaren, waren die römischen Autoritäten,die jüdischen religiösen Führerund die Jünger Jesu. Die römischenAutoritäten und die jüdischen religiösenFührer würden sicherlich nichtden Leichnam weggenommen haben;denn das zu tun, wäre gegen ihre eigenenInteressen gewesen (für die Römer:Palästina ruhig zu halten; für dieJuden: ihren religiösen Einfluss zu erhalten).40 Und die Jünger hätten kaumden Leichnam gestohlen und wärendann für das, von dem sie wussten,dass es nicht wahr war, gestorben. Es14 7 8 6 @ ü


Der christliche Glaube hat Gründefolgt also durch Ausschlussverfahren:Jesus ist von den Toten auferstanden,genauso wie es die Berichte aus ersterHand erklären.Wir haben keine Voreingenommenheitzugunsten biologischer WunderIch habe an anderem Ort gezeigt, dassder Versuch Antony Flews, der Wirkungdieses Arguments zu entgehen,nicht erfolgreich ist. 41 Wenn Flew sagt,dass die Christen ganz einfach ein biologischesWunder (die Auferstehung)einem psychologischen Wunder (dassdie Jünger für etwas sterben, von demsie wissen, dass es falsch ist) vorziehen,dann geht er vollständig am Wesentlichenvorbei. Die Frage ist nicht einemetaphysische Präferenz; es geht vielmehrum die Beweislage der Zeugenaussagen.Für die Unterstützung desBildes von psychologisch anormalenJüngern gibt es keinen Beweis, wohingegenungeheuer kräftiges Zeugenmaterialdahingehend vorliegt, dass Jesuskörperlich von den Toten auferstand.Aber wir sind nicht verrückt nachwilden SpekulationenWährend der letzten Jahre sind nocherfinderischere Versuche, die Auferstehungwegzuerklären, aufgetreten.Schoenfields Passover Plot („Passah-Verschwörung“) argumentiert, dassJesus seine eigene Kreuzigung herbeiführte.Er betäubte sich mit Drogen,um im Grab gerade so lange zuüberleben, um die verwirrten Jüngerdavon zu überzeugen, dass er auferstandensei. 42 (Zu untersuchen wäre:Wie stimmt das überein mit Jesu eigenenmoralischen Lehren? Und lässtes uns nicht zurück mit genau demgleichen Problem, nämlich was letztlichmit dem Leichnam geschah?) VonDäniken – der sich zum Schreiben vonPseudowissenschaftlichem wandte, alser in der Schweiz eine Gefängnisstrafefür Unterschlagung, Betrug und Urkundenfälschungabsaß 43 – „erklärt“die Auferstehung, indem er nahelegt,dass sie das Produkt einer nahen Begegnungder dritten Art gewesen sei:Jesus war eine Art Marsmensch, derschlau in den Anzug „Jesus“ verkleidetwar und ein paar Tricks kannte, darunterauch, wie man so erscheint, als seiman von den Toten auferstanden.Juristisches Argumentieren arbeitetmit WahrscheinlichkeitenSind solche Hypothesen nicht möglich?Zweifelsohne ist in unserem ungewissenUniversum alles möglich (wie ein Philosophbemerkte), außer Zahnpasta zurückin die Tube zu quetschen. Aberjuristisches Argumentieren arbeitet mitWahrscheinlichkeiten, nicht mit Möglichkeiten:überwiegender Beweis beiden meisten Zivilklagen, Beweis derkeinen Raum für vernünftige (nichtfür überhaupt keine) Zweifel lässt inStrafrechtsfällen. 44 Die Regeln für gerichtlicheBeweisführung vor Bundesgerichtenin den USA (Federal Rulesof Evidence) definieren sachdienlicheBeweise als „Beweis mit der Tendenz,die Existenz irgendeiner Tatsache, dievon Belang für die Bestimmung derHandlung ist, wahrscheinlicher oderweniger wahrscheinlich zu machen, alssie es ohne den Beweis wäre“ 45 . StellenSie sich vor, die Geschworenen kämenzu dem Urteil „unschuldig“, weil esimmer möglich ist, dass unsichtbareMarsbewohner, nicht der Angeklagte,für das Verbrechen verantwortlichwaren! Richter in den VereinigtenStaaten unterweisen die Geschworenensorgfältig, nur auf die Beweise indem Fall zu achten und dementsprechenddas Urteil zu fällen. Ein Urteilauf schuldig in einem Strafrechtsfallsollte nur dann gefällt werden, wenndie Geschworenen keine andere vernünftigeErklärung des Verbrechens(d. h. eine Erklärung entsprechend derBeweislage) finden kann als die, dassder Angeklagte es getan hat. Der Umgangstonund der Wert von Diskussionenüber die Auferstehung Jesu würdebeträchtlich angehoben werden, wennauch dabei ebenso gründliches Denkenangewandt würde.Wahrscheinlichkeit ist die einzigzu rechtfertigende Grundlage fürdas sachliche Treffen von Entscheidungen,selbst wenn es um Lebenund Tod gehtKönnen wir letzte Fragen (die GottheitJesu, unsere Hingabe an ihn für Zeitund Ewigkeit) auf bloße Wahrscheinlichkeitengründen? Die analytischenPhilosophen haben gezeigt, dass wirkeine andere Wahl haben: Lediglichformale („analytische“) Wahrheiten(beispielsweise die Grundvoraussetzungendeduktiver Logik und reinerMathematik) können absolut bewiesenwerden – und die Absolutheit hierbeiergibt sich aus der Natur der Definitionenihrer axiomatischen Grundlagenwie etwa in der euklidischen Geometrie.Alle Tatsachen („synthetische“ Aussagen)sind auf Bestätigung anhand vonWahrscheinlichkeiten beschränkt. Dasmacht uns jedoch im täglichen Lebennicht bewegungsunfähig. Wir setzenunser Leben trotzdem jeden Tag aufder Grundlage von Wahrscheinlichkeitsurteilen(Überqueren der Sraße,Verzehr von verpackten Lebensmittelnund Medikamenten, Fliegen inFlugzeugen usw.) Risiken aus. Unddas Gesetz in jedem Land verteilt Eigentumneu und nimmt die Freiheit(oder sogar das Leben) weg durch Urteileund richterliche Entscheidungen,die in der Prüfung von Beweisen undin auf Wahrscheinlichkeit gegründetenMaßstäben für den Beweis wurzeln.7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 15


Prof. Dr. Dr. J. W. MontgomeryWie gewichtig müssen Beweise sein,um eine Auferstehung nachzuweisen?Das Thema hier ist aber ein Wunder:eine Auferstehung. Wie viele Beweisesollte ein vernünftiger Menschen verlangen,um solche eine Tatsache zubegründen? Können Beweise jemalsrechtfertigen, dies zu akzeptieren?Thomas Sherlock, Hauptpastor derTemple Church (die sich im Besitzvon zweien der vier englischen Gildenfür Gerichtsanwälte, der HonourableSocieties for the Inner and the MiddleTemple, befindet) und Bischof vonLondon, beantwortete diese Fragen imachtzehnten Jahrhundert gut:Nehmen wir an, Sie haben gesehen, wieein Mann öffentlich hingerichtet undsein Leichnam später von dem Scharfrichterverwundet, weggetragen und indas Grab gelegt wurde. Nehmen wiran, ihnen wurde später erzählt, dass derMann wieder zum Leben gekommen sei:Was würden Sie in diesem Fall vermuten?Nicht, dass der Mann niemals totwar; denn das haben Sie selbst gesehen.Aber sie würden anzweifeln, ob er jetztlebt. Doch würden Sie sagen: „DieserFall schließt jegliches menschliches Zeugnisaus“, oder: „Menschen können dasnicht feststellen, ob jemand mit dem sievertraulichen Umgang hatten, lebt odernicht“. Auf welcher Grundlage könntenSie das sagen? Ein Mann, der aus demGrab aufersteht, ist ein Objekt der Sinneund kann genauso den Beweis dafürbringen, dass er lebt, wie das irgendeinanderer Mensch auf der Welt kann.Eine Auferstehung also als eine Tatsacheanzusehen, die durch Beweise bewiesenwird, ist ein klarer Fall. Das verlangtkeine größere Fähigkeit bei den Zeugen,als dass sie in der Lage sein müssen, zwischeneinem toten Mann und einem lebendigenMann zu unterscheiden. Unddas ist ein Punkt, an dem sich jeder lebendeMensch, so glaube ich, ein Urteilzutraut. 46Was nötig ist: Genug Beweise um (A)Tod und (B) Leben zu zeigenBischof Sherlock liegt sicherlich darinrichtig, dass eine Auferstehungnicht prinzipiell eine unüberwindlicheSchwierigkeit für die Beweisfindungdarstellt. Was die Wahrnehmung betrifft(und nur darüber müssen wir unszu Beweiszwecken Gedanken machen),kann eine Auferstehung als Tod gefolgtvon Leben betrachtet werden.T. dann L.Normalerweise ist die Reihenfolge umgekehrt,nämlich so:L. dann T.Wir sind wohlvertraut mit der Wahrnehmungder konstituierenden Faktoren(auch wenn wir nicht das „Geheimnis“des Lebens verstehen undnicht, warum der Tod eintreten muss).Und wir haben keine Schwierigkeitendamit, Beweiskriterien aufzustellen,um eine Person in die eine oder dieandere Kategorie zu stellen. So ist dasEssen von Fisch 47 ausreichend, um denEssenden zu den Lebenden zu zählen,und eine Kreuzigung ist genug, umden Gekreuzigten unter die Toten zurechnen. In Jesu Fall ist die Reihenfolgeumgekehrt, aber das hat keineerkenntnistheoretische Bedeutung fürdie Gewichtung der Beweise, die erforderlichsind, um Tod oder Lebenfestzustellen. Und falls Jesus an PunktA tot und an Punkt B wieder lebendigwar, dann hat eine Auferstehung stattgefunden– und das spricht für sichselbst (res ipsa loquitur). 48Wirft aber nicht die Unzuverlässigkeitvon Augenzeugen einen Zweifelauf ein Ereignis, dass so außergewöhnlichist wie die Auferstehung?Psychologen wie Loftus haben aufwirkliche Gefahren bei den Aussagenvon Augenzeugen verwiesen. 49 Nichtsdestowenigerbleiben sie, wie wir schongesehen haben, die Ecksteine juristischerBeweisführung. Was die Verlässlichkeitvon Identifizierungen vonBekannten (genau darum geht es beider Identifizierung von Jesus durch dieJünger nach der Auferstehung) betrifft,so stimmen Experten zu diesem Themadarin überein, dass gilt: „Je besser einZeuge mit einer Person bekannt ist,desto wahrscheinlicher ist es, dass dieIdentifizierung des Zeugen genau ist“,und: „da, wo ein Augenzeuge auftritt,stellt die größte Herausforderung andie Überzeugunskraft des Anwalts derVersuch dar, ohne Unterstützung einerExpertenaussage für die Unzuverlässigkeitder Identifierung eines vorher Bekanntendurch einen nicht angeklagtenAugenzeugen zu argumentieren“. 50Und genau das haben wir in dem augenblicklichenFall: Jünger wie Thomasliefern „Identifizierung von nichtangeklagten Augenzeugen“ des auferstandenenJesus, mit dem sie für denunmittelbar vorangegangen Zeitraumvon drei Jahren äußerst innig bekanntwaren. 51 Keines Anwalts „Überzeugunskraft“wird gegenüber diesem Beweisvon Identifizierung etwas ausrichten.Henry, Nash, Gerstner, Sproul,Geisler und Rat über Tatsachen undInterpretationenSchließlich mag der folgende Einwandvorgebracht werden: Selbst wenn wirvon der Auferstehung Jesu ausgehen– ist diese Tatsache allein genug, seineGottheit und die Wahrheit seinerAnsprüche festzustellen? Die theologischenVertreter einer voraussetzungsbewusstenApologetik, Carl F. H. Henryund Ronald H. Nash, sagen uns, dasses keine sich selbst interpretierendenTatsachen gebe 52 , und die CalvinistenJohn Gerstner und R. C. Sproul ebensowie der evangelikale Neo-ThomistNorman L. Geisler bestehen darauf,dass eine unabhängige theologische16 7 8 6 @ ü


Der christliche Glaube hat GründeStruktur errichtet werden müsse, umder Auferstehung Jesu irgendeinentheologischen Sinn zu verleihen. 53 Ichwiderspreche dem grundlegend. Selbst„Ratte“ – berühmt für ihre führendeRolle in Kenneth Grahames The Windin the Willows, jedoch kaum eine vollendeteErkenntnistheoretikerin – gerätin Verzweiflung über ihren Gefährten,weil der nicht erkennt, dass sich Tatsachenselbst interpretieren können:„Meinst Du etwa“, schrie die erregteRatte, „dass dieser Türvorleger Dir überhauptnichts sagt“?„Wirklich, Ratte“, sagte der Maulwurfziemlich launisch, „ich denke, wir habengenug gehabt von diesem Unsinn.Wer hat jemals gehört, dass ein Türvorlegerirgendjemandem irgendetwas sagt?Sie tun das einfach nicht. Sie sind nichtvon dieser Art. Türvorleger kennen ihrenPlatz.“„Jetzt schau mal her, Du – Du dickköpfigesBiest“, erwiderte die Ratte wirklichverärgert, „das muss aufhören, aberscharre – scharre und kratze und grabeund jage herum, besonders an den Hängender Hügel, wenn Du <strong>heute</strong> Nachttrocken und warm schlafen willst, dennes ist unsere letzte Chance!“Historische Tatsachen könnenselbstinterpretierend seinAnderswo habe ich im Detail argumentiert,dass Tatsachen – historische undandere – „in sich selbst zureichendeKriterien bieten, um unter verschiedenenInterpretationen von ihnen zuwählen“ 54 . Der Philosoph Paul Feinberghat diese Tatsache mit unerbittlicherLogik verteidigt:Wollen wir ein Beispiel aus der jüngstenVergangenheit ansehen. Es kann festgestelltwerden, dass ungefähr 6 MillionenJuden unter deutscher Herrschaftim Zweiten Weltkrieg starben. Wollenwir zwei sich gegenseitig ausschließendeInterpretationen vorschlagen: Erstenskönnen diese Ereignisse als die Aktioneneines verrückten Mannes interpretiertwerden, der wahnhaft antisemitischwar. Die Todesfälle waren Morde,Gräueltaten. Zweitens könnte behauptetwerden, dass Hitler in Wirklichkeit dieJuden liebte. Er hatte einen tiefen undbeständigen Glauben an den Himmelund das Leben nach dem Tod. NachdemHitler die jüdische Geschichte überdachthatte, entschied er, dass die Juden genugverfolgt worden waren, und aufgrundseiner Liebe zu ihnen, versuchte er, ihnenzu helfen, in die ewige Glückseligkeiteinzutreten. Wenn zwischen Ereignissenund ihrer Interpretation keine Notwendigkeitbesteht, dann gibt es keinen Weg,um zu bestimmen, welche Bedeutungkorrekt ist. Wir würden niemals gerechtfertigtin unserer Behauptung, dass jemand,der die zweite Ansicht teilt, falschliegt. Das ist sowohl widerlich als auchabsurd. Es muss eine empirische Notwendigkeitgeben, die ein Ereignis oder eineTatsache mit ihrer korrekten Interpretationverbindet. 55Ebenso juristische TatsachenDarüber hinaus erinnere ich den Leserdaran, dass das Wesen juristischerArgumentation selbst (Urteile, die aufder Grundlage von Erkenntnissen überTatsachen gefällt werden) auf der Fähigkeitvon Tatsachen, für sich selbstzu sprechen, beruht. Als nur eine Illustrationnehmen Sie den maßgeblichenFall Williams gegen North Carolina(der „zweite Williams-Fall“) vor demHöchsten Gerichtshof, der für die Thesesteht, dass eine Scheidung, die lediglichdurch die Zustellung der Scheidungsurkundenund ohne persönlicheAnwesenheit des Ehepaares in einemStaat vollzogen wurde, nur dann auchdurch einen anderen Staat voll anerkanntwerden muss, wenn die Parteienin dem Staat, der die Scheidung ausgesprochenhat, einen echten Wohnsitzerworben haben. Im Verlauf seinerStellungnahme erklärte das Gericht:Die Kläger, Langzeiteinwohner vonNorth Carolina, kamen nach Nevada,wo sie in einem Autohof für vorübergehendeBewohner blieben, sobald dasGesetz von Nevada es zuließ, die jeweiligenScheidungen einreichten, einanderheirateten, sobald die Scheidungen durchwaren, und umgehend zurückkehrten,um in North Carolina zu leben. Eskann nicht mit vernünftigen Gründenbehauptet werden, dass eine Reihe vonSchlussfolgerungen und nicht die anderebezüglich des Erwerbs von neuen Wohnsitzen[sic] durch die Kläger in Nevadavon den Umständen ihrer Scheidungenin Nevada abgeleitet werden könne. 56Zwei Gründe dafür, die Gottheitdes auferstandenen Jesus zu akzeptierenGeisler hat mich sehr falsch interpretiert,wenn er sagt, dass ich „die Auferstehungfür so etwas Bizarres undEigentümliches [halte], dass nur eineübernatürliche Erklärung sie angemessenerklären wird“ 57 . Nach meinerSicht gibt es zwei zwingende Gründeanzunehmen, dass die AuferstehungJesu seine Gottheit beinhaltet. Keinerdavon ist jedoch eine „Eigentümlichkeit“an sich. Erstens gilt: „DiesesWunder geht am wirkungsvollsten mitdem grundlegendsten Bereich der allgemeinenBedürfnisse des Menschenum, nämlich mit der Unterwerfungdes Todes“ 58 – eine Wahrheit, die imGesetz anerkannt wird durch die Ausnahmeder „Aussage einer sterbendenPerson“ zur Hörensagen-Regel (sogardie Erklärung des Mordopfers ohnereligiösen Glauben ist zulässig im Beweisverfahrenauf Grundlage dessen,dass jemand mit besonders großerWahrscheinlichkeit die Wahrheit sagt,wenn er sich dessen bewusst ist, dassdieses schrecklichste aller existentiellen7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 17


Prof. Dr. Dr. J. W. MontgomeryEreignisse unmittelbar bevorsteht). 59Wenn Tod tatsächlich so bedeutsamist, dann bedeutet, „nicht denjenigenanzubeten, der Dir die Gabe des ewigenLebens gibt, hoffnungslos falschzu deuten, was die Gabe Dir über denGeber erzählt“ 60 .Zum Zweiten gibt es logisch betrachtetnur zwei mögliche Arten vonErklärungen oder Interpretationen derTatsache der Auferstehung: diejenige,die von der Person gegeben wurde, dieauferstand, oder die, die von jemandanderem gegeben wurde. Sicherlichgilt: Wenn nur Jesus wirklich auferstandenist, dann ist er in einer weitbesseren Position (eigentlich in dereinzigen Position!), das zu interpretierenoder zu erklären. Bis zum Beispielvon Däniken von den Toden aufersteht,werde ich Jesu Bericht über das,was passiert ist, vorziehen. Und Jesussagte, dass sein wundersamer Dienstdadurch erklärbar ist, dass er Gott inmenschlicher Form war: „Ich und derVater sind eins“, „wer mich sieht, dersieht den Vater“. 61 Theismus wird danndie geeignete Schlussfolgerung ausder Auferstehung Jesu, wie er selbstsie erklärte – nicht eine vorangehendemetaphysische Hürde, über die manspringen muss, um zu einer geeignetenhistorischen und beweiserheblichenInterpretation dieses Ereignisses zu gelangen.Jesus stempelt seine göttlicheBestätigung auf die BibelDie Gottheit Jesu selbst gibt uns eineGrundlage für Menschenwürde, durchdie Tatsache, dass der Gott des Universumssich dafür entschied, sichin menschliches Gewand zu kleiden.Und die Lehren Jesu an sich, dieGottes Lehren sind, stellen einen unfehlbarenFührer zu Menschenrechtenund -pflichten dar. Aber Jesus tut sogarnoch mehr als das. Durch seinedirekten Aussagen bezüglich des AltenTestaments als göttliche Offenbarung 62und dadurch, dass er es konsequent alsvertrauenswürdig und als göttliche Autoritätin jeder Hinsicht zitiert, 63 legtJesus auf es sein (d. h. Gottes) imprimatur.Indem er seinen Aposteln einebesondere Gabe des Heiligen Geistesgab, damit sie sich unfehlbar daranerinnerten, was er sie gelehrt hatte, 64und damit sie dadurch indirekt auchdie Apostolizität in anderen anerkennenkonnten, stempelte er vorgreifenddie zukünftigen Schriften von Aposteln(die ursprünglichen zwölf Apostelminus Judas Ischarioth und plusPaulus, der als Apostel zu den Heideneingepfropft wurde) 65 und Schriftenvon ihren Gefährten (Markus, Lukasusw.), deren Genauigkeit zu verifizierendie Apostel in der Lage waren, mit derBestätigung als göttliche Offenbarung.Als Ergebnis wird die gesamte Bibel –Altes und Neues Testament – eine irrtumsfreieQuelle absoluter Prinzipien,von der eine offenbarungsgemäße Philosophieder Menschenrechte abgeleitetwerden kann. 66Zwei Einwände dagegen, diebiblische Autorität von einemgöttlichen Jesus abzuleitenZwei Einwände können gegen dasArgument, dass ich gerade eingeführthabe, erhoben werden: Warum solltedie bloße Tatsache, dass Gott etwassagt, dessen Wahrheit garantieren?und: Was ist, wenn der fleischgewordeneChristus so sehr auf die menschlichenIdeen seiner Zeit begrenzt war,dass sein Bestätigungsstempel auf derBibel keine Garantie für ihre absoluteGenauigkeit darstellt?Die Unsinnigkeit eineslügenden GottesDas erste dieser Argumente wird inDescartes’ Diskussion über Gott als einmögliches „böses Genie“, einen kosmischenLügner, widergespiegelt. Aberwenn er das wäre, dann wäre er eingöttlicher und daher perfekter Lügner,so dass es unmöglich für Sie wäre, ihndabei zu erwischen. Kurz gesagt: Erwäre besser als Lügner als Sie als Detektiv.Die bloße Idee von Gott als Lügnerist also bedeutungslos – eine prinzipiellanalytisch nicht verifizierbare Vorstellung.Wenn Sie dem fleischgewordenenGott begegnen, dann haben Sie keineandere Wahl, als ihm hinsichtlich desWeges der Rettung, der Glaubwürdigkeitder ganzen Bibel und hinsichtlichder Menschenrechte zu vertrauen.Die Absurdität eineskenotischen ChristusDer Gedanke, dass Jesus auf menschlicheund fehlbare Ideen begrenzt war(die sogenannte Kenotische Theorie 67der liberalen Theologie) bricht ebenfallsunter seinem eigenen Gewichtzusammen. Nach der kenotischen Argumentationentschied sich entwederJesus dafür, seine Aussagen den fehlbarenIdeen seiner Zeit anzupassen (indiesem Fall wäre er ein Opportunist,der im Geiste Lenins einen der grundlegendstenaller moralischen Irrtümerbeging, nämlich zu erlauben, dass derZweck die Mittel heiligt); 68 oder erkonnte im Prozess der Fleischwerdungselbst Selbstbegrenzung nicht vermeiden(in diesem Fall ist die Fleischwerdungvon wenig oder gar keinem Wertfür uns, denn es gibt keine Garantiedafür, dass sie irgendetwas Entscheidendesoffenbart). Und bemerkenSie, dass, falls eine solch zweifelhafteFleischwerdung absoluten Weizen mitkulturell relativer Spreu vermischt hätte,wir kein ausreichendes Kriterium18 7 8 6 @ ü


Der christliche Glaube hat Gründehaben würden, beides zu trennen, so dassder „absolute“ Teil uns nichts Gutes gebenwürde! Um das Bedürfnis der Menschennach unwiderlegbaren Prinzipiender Menschenwürde zu befriedigen, darfein fleischgewordener Gott nicht mit gespaltenerZunge reden. Im Licht der Unmenschlichkeitdes Menschen gegen denMenschen ist das Letzte, was wir brauchen,eine zusätzliche, fehlbare Meinung,selbst wenn sie in göttliches Gewand verkleidetist.Nun zu den biblischenMenschenrechtenMit der biblischen Offenbarung habenChristen eine solide erkenntnistheoretischeGrundlage. Weil Gott nicht stottert,sondern durch sein Wort verstehbarspricht, gibt es solide Gründe, Jesus Christusfest zu vertrauen.Dieser Artikel ist eine deutsche Übersetzungvon Wolfgang Häde des sechsten Kapitels„A Revelational Solution“ aus dem BuchHuman Rights and Human Dignity (ProbeMinistries International, 1986) von JohnWarwick Montgomery.Prof. Dr. Dr.J. W. Montgomery ...ist emeritierter Professor für Jura undGeisteswissenschaften der Universitätvon Bedfordshire (England), ‚Distinguished‘Professor für Apologetik undchristliches Denken am Patrick HenryCollege (Virginia, USA) und Direktorder Internationalen Akademie fürApologetik, Evangelisation und Menschenrechtein Straßburg (Frankreich).Sein Spezialgebiet im Bereich Jura istdie internationale und vergleichendeRechtswissenschaft der Menschenrechte.Er vertritt Fälle auf dem Gebiet derReligionsfreiheit vor dem EuropäischenGerichtshof für Menschenrechte, arbeitetam Internationalen Institut für Religionsfreiheitmit und ist Verfasser vonrund 50 Büchern.Anmerkungen1Perrot, „The Logic of Fundamental Rights“, S. 12.2Shestack, „The Jurisprudence of HumanRights“, S. 76–77.3Kai Nielsen, „Can Faith Validate God-Talk“,in: New Theology No. 1, hrsg. v. <strong>Martin</strong> E. Martyund Dean G. Peerman (New York: Macmillan,1964), besonders S. 147; C. B. <strong>Martin</strong>, „AReligious Way of Knowing“, in: New Essays inPhilosophical Theology, hrsg. v. Antony Flew undAlasdair MacIntyte (London: SCM, 1955), S.76–95; Frederick Ferré, Language, Logic and God(New York: Harper, 1961), S. 94–104.4Apg 17,18–19.22–23.30–31– Der verstorbeneklassische Gelehrte E. M. Blaiklock von derUniversität Auckland in Neuseeland bemerkte beiden jährlichen Wheaton College Graduate SchoolVorlesungen, 21.–22. Oktober 1964 zu dem Themader Aeropagrede des Paulus, dass Paulus die Epikuräer(„die Sadduzäer der Griechen“) ignorierte,zweifellos aufgrund der intellektuellen Unehrlichkeit,in die ihre Bewegung gefallen war, und sich aufdie Stoiker konzentrierte, die weiterhin eine hoheMeinung vom Naturrecht hatten.5In Apg 17,28 zitierte Paulus Cleanthes (330 v.Chr.), Hymne an Zeus 5. und / oder Aratus (270v. Chr.), Phoenom 5., vgl. J. B. Lightfoots Aufsatz„St. Paul and Seneca“ in seinem: St. Paul’s Epistle tothe Philippians, Neudruck (Grand Rapids: Zondervan,1953); F. W. Farrar, Seekers after God (London:Mcmillan, 1906); N. B. Stonehouse, Paul before theAeropagus, and other New Testament Studies (GrandRapids: Eerdmans, 1957); B. Gärtner, The AeropagusSpeech and Natural Revelation (Lund, 1955); J. Sevenster,Paul and Seneca (Leiden: Brill, 1961).6John Warwick Montgomery, „Jesus Christ and History“,in seinem: Where is History Going?, S. 37–74.7Vgl. John Warwick Montgomery, „Legal Reasoningand Christian Apologetics“, in seinem: Law Abovethe Law, S. 84–90, und John Warwick Montgomery,Law & Gospel. A Study in Jurisprudence (Oak Park,Ill.: Christian Legal Society, 1978), S. 34–37.8Stephen F. Toulmin, The Uses of Argument (Cambridge:Cambridge University Press, 1958), S. 7.9Mortimer J. Adler, How To Think About God (NewYork: Macmillan, 1980), S. 150.10Jerome Hall, „Religion, Law and Ethics – A Callfor Dialogue“, Hastings Law Journal 29 (Juli 1978),S. 1273. Wir sind nicht überzeugt davon, dass derGlaube Hiobs ganz so fest – oder so irrational – war,wie Hall nahelegt; aber der Bezug auf Hiob ist injedem Fall nur eine Nebenbemerkung (obiter dictum)!11Montgomery, „Jesus Christ and History“, S. 37–74; F. F. Bruce, The New Testament Documents: AreThey Reliable?, 5. rev. Aufl. (London: InterVarsity,1960); John Warwick Montgomery, „The FourthGospel Yesterday and Today“, in seinem: Suicide ofChristian Theology, S. 428–465. Zu den außerbiblischenBelegen vgl. C. R. Haines, Heathen Contactwith Christianity During Its First Century and a Half:Being All References to Christianity Recorded in PaganWritings During That Period (Cambridge, England:Deighton, Bell, 1923), und Gary R. Habermas, AncientEvidence for the Life of Jesus (Nashville: ThomasNelson, 1984).12Simon Greenleaf, The Testimony of the Evangelists,Examined by the Rules of Evidence Administered inCourts of Justice, Nachdruck in: Montgomery, TheLaw above the Law, S. 91ff.13Lord Hailsham, The Door Wherein I Went (London:Collins, 1975), S. 32–33; der theologische undapologetische Anteil der Autobiographie Lord Hailshamsist photolithographisch reproduziert wordenin: Simon Greenleaf, Law Review 4 (1984–85), S.1–67 mit einer redaktionellen Einleitung von JohnWarwick Montgomery.14C. S. Lewis, „Modern Theology and Biblical Criticism“,in seinem: Christian Reflections, hrsg. v.Walter Hooper (Grand Rapids: Eerdmans, 1967), S.152–166; Gerhard Maier, The End of the Historical-Critical Method, übers. v. E. W. Leverenz und R.F. Norden (St. Louis: Concordia, 1977); vgl auchJohn Warwick Montgomery, „Why Has God IncarnateSuddenly Become Mythical“, in: Perspectiveson Evangelical Theology, hrsg. v. Kenneth S. Kantzerund Stanley N. Gundry (Grand Rapids: Baker,1979), S. 57–65.15A. N. Sherwin-White, Roman Society and RomanLaw in the New Testament (Oxford: Carendon,1963), S. 187.16Meine Vorlesungen und die von Professor Strollsind veröffentlicht in: Montgomery, Where is HistoryGoing?, S. 37–74 und 207–221.17Alan Saltzman, Criminal Law: „How to ExposePerjury Through Cross-Examination“, Los AngelesDaily Journal, 4. November 1982.18Patrick I. McCloskey und Ronald I. Schoenberg,Criminal Law Advocacy, Bd. 5 (New York: MatthewBender, 1984), Abs. 12.01[b].192Petr 1,16. In den Versen 17–18 stellt Petrus ausdrücklichfest, dass er bei Jesus war, als dieser verwandeltwurde (Mt 17,2; Mk 9,2; Lk 9,29).20McCloskey und Schoenberg, Criminal Law Advocacy,Bd. 5, Abs. 12.03.21Ein Argument, das schon im vierten Jahrhundertdurch den Historiker Eusebius von Cäsaräa gemachtund von solchen klassischen Apologeten wie Hugo7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 19


Prof. Dr. Dr. J. W. MontgomeryGrotius („dem Vater des Völkerrechts“) in seinemWerk The Truth of the Christian Religion, übers. v.John Clarke, Neuherausgabe (London: WilliamBaynes, 1825), Buch 2, Abschn. 6 („The resurrectionof Christ proved from credible testimony“), S.85–88 wiederholt wird. Dieser Abschnitt von Grotius’Werk ist photolithographisch nachgedruckt in:Jurisprudence: A Book of Readings, hrsg. v. Montgomery,S. 327–330.22Joh 8,44 u. a.23„Menschen sehen einfach Dinge nicht auf identischeWeise, wenn ihre Stellungen und ihre Chancenzur Beobachtung verschieden sind. [Wenn dasso ist,] dann ist die Sache ein abgekartetes Spiel“ –F. Lee Bailey und Henry B. Rothblatt, Fundamentalsof Criminal Advocacy (Rochester, N. Y.: LawyersCo-operative Publishing Co, San Francisco, Bancroft-Whitney,1974), Abs. 500, S. 420.24Joh 20,30–31; 21,35. Vgl. Edmund H. Bennett(verstorbener Dekan der Juristischen Fakultät derUniversität von Boston), The Four Gospels from aLawyer‘s Standpoint (Boston: Houghton, Mifflin,1899), photolithographisch nachgedruckt mit einerredaktionellen Einführung von John WarwickMontgomery, in: Simon Greenleaf Law Review I(1981–82).25Lk 24,25.26J. B. Phillips, Ring of Truth: A Translator’s Testimony(New York: Macmillan, 1967).27Vgl. John Warwick Montgomery, Myth, Allegoryand Gospel (Minneapolis: Bethany, 1974), S. 11–31.116–18.28Lk 3,1–3.29Vgl. z. B. F. M. Blaiklock, The Archaeology of theNew Testament (Grand Rapids: Zondervan, 1970)und Edwin M. Yamauchi, The Stones and the Scriptures,Neudruck (Grand Rapids: Baker, 1981).30Richard A. Givens, Advocacy (New York: Mc-Graw-Hill, 1980), S. 13–14.31Ebd., S. 12.32Bruce, The New Testament Documents: Are TheyReliable?, S. 45–46.33Peter Murphy, A Practical Approach to Evidence(London: Financial Training, 1982), S. 123–124.Vgl. George B. Johnston, „The Development ofCivil Trial by Jury in England and the United States“,Simon Greenleaf Law Review 4, 1984–85, S.69–92.34Greenleaf, Testimony of the Evangelists, S. 132–433.35Mt 12,38–40; 16,4; Lk 11,29; Joh 2,18–22.36D. h. fand die Auferstehung in der gewöhnlichenGeschichte statt? Wir behandeln hier nicht die nichtverifizierbaren Einfälle von „Hypergeschichte“ oder„Supergeschichte“ (wie in der Gedankenwelt vonKarl Barth und gewisser seiner neoorthodoxenNachfolger) oder die „existentiellen“ Auferstehungen(Rudolf Bultmann und die Post-Bultmannianer).Ich habe an anderem Ort diese modernen theologischenVersuche, auf zwei Hochzeiten zu tanzen,diskutiert: Montgomery, „Karl Barth and ContemporaryTheology of History“, in seinem: Where IsHistory Going?, S. 100–117, vgl. S. 225–239 („Faith,History and the Resurrection“) und Montgomery,„Luther‘s Hermeneutic vs. the New Hermeneutic“,in seinem: In Defense of <strong>Martin</strong> Luther (Milwaukee:Northwestern, 1970), S. 40–85.37Betreffs des historischen und beweiserheblichenWertes dieser Erscheinungen vgl. Merrill Tenney,The Reality of the Resurrection (New York: Harper,1963); Josh McDowell, The Resurrection Factor (SanBernardino, Kalifornien: Here’s Life, 1981); RichardRiss, The Evidence for the Resurrection of Jesus Christ(Minneapolis: Bethany, 1977) und Sir Norman Anderson,The Evidence for the Resurrection.38David Hume, Enquiry Concerning Human Understanding,Abs. 10 („Of Miracles“). Zur Kritikvgl. C. S. Lewis, Miracles (New York: Macmillan,1947), besonders Kapitel 8 und 13, und Montgomery,The Shape of the Past, S. 289–293.39Frank Morison [Albert Henry Ross], Who Movedthe Stone?, Neuauflage (London: Faber & Faber,1944).40Vgl. Mt 27,62–66.41John Warwick Montgomery, „Science, Theologyand the Miraculous“, in seinem: Faith Founded onFact, S. 43–73, bes. S. 54.42Vgl. Edwin M. Yamouchi, „Passover Plot or EasterTriumph? A Critical Review of H. Schoenfield‘s RecentTheory“, in: Christianity for the Tough Minded,hrsg. v. John Warwick Montgomery (Minneapolis:Bethany, 1973), S. 261–271.43Von Däniken hatte „das Geld [über $130.000]durch Falschangaben über seine finanzielle Situationund Fälschung der Buchführung des Hotels,um als solvent zu erscheinen, erhalten. Ein Gerichtspsychiateruntersuchte von Däniken und fandheraus, dass er ein Prestigesucher, ein Lügner undein unstabiler und krimineller Psychopath mit einemhysterischen Charakter, aber vollkommen verantwortlichfür seine Taten, sei“ – Richard R. Lingeman,„Erich von Daniken‘s Genesis“, New YorkTimes Book Review, 31. März 1974, S. 6.44Argumentieren mit Wahrscheinlichkeit ist praktischallgemeingültig im Gesetz: Das funktioniertim Bürgerlichen Gesetz und in anderen Gesetzessystemender Jurisprudenz sowie ohne Unterschiedin „zivilisierten“ und „primitiven“ Rechtssystemen.Vgl. Montgomery, Law & Gospel, S. 35–36.45Fed. R. Evid. 401. Diese Definition wurde abgeleitetvon Professor Thayer‘s klassischem Werk PreliminaryTreatise on Evidence, 1898.46Thomas Sherlock, The Tryal of the Witnessesfor the Resurrection of Jesus (London: J. Robert,1729), S. 62. Sherlocks Buch ist photolithographischreproduziert in: Jurisprudence: A Book of Readings,hrsg. v. Montgomery, und der zitierte Absatzerscheint auf S. 400.47Vgl. Lk 24,36–43.48Ich habe den Beweis durch res ipsa loquitur fürdie Auferstehung in meinem Law & Gospel, S. 35angewandt. [Dieser lateinische Ausdruck steht füreinen Beweisgrundsatz im angelsächsischen Recht,Anm. d. Übers.]49Elizabeth F. Loftus, Eyewitness Testimony (Cambridge:Harward University Press, 1979); vgl. ihrenpopulär geschrieben Artikel zu diesem Thema in:Psychology Today 18:2, Februar 1984, S. 22–26.50Edward B. Arnolds, William K. Carroll, MelvinB. Lewis und Michael P. Seng, Eyewitness Testimony:Strategies and Tactics (New York: McGraw Hill,1984), S. 400–401. Vgl. auch die unschätzbare Arbeitvon Scots Advocate Marcus Stone, Proof ofFact in Criminal Trials (Edinburgh: W. Green,1984), an versch. Orten.51Joh 20,19–28.52Carl F. H. Henry, God, Revelation and Authority(Waco, Tex.: Word, 1976), Bd. 1, S. 220–223;230–238; 256–263; Bd. 2, S. 313–334, Ronald H.Nash, „The Use and Abuse of History in ChristianApologetics“, Christian Scholar’s Review 1:3 (Frühling1971), S. 217–226; Ronald H. Nash, ChristianFaith and Historical Understanding (Grand Rapids:Zondervan; Dallas: Probe, 1984). Ich habe auf CarlHenry geantwortet in meinem Buch: Faith Foundedon Fact, S. xvii–xxv. Paul D. Feinberg schrieb einevernichtende Kritik über Nashs Artikel im ChristianScholar‘s Review in der nächsten Ausgabe dieserZeitschrift: „History: Public or Private? A Defenseof John Warwick Montgomery‘s Philosophy ofHistory“. Christian Scholar’s Review 1:4 (Sommer1971), S. 325–331; sie ist nachgedruckt in meinemShape of the Past, S. 375–382. Nashs Buch ChristianFaith and Historical Understanding (das leider inkeiner Weise von Feinbergs Einsichten profitiert zuhaben scheint) wurde kritisch rezensiert von FrancisJ. Beckwith: „Does Evidence Matter?“ SimonGreenleaf Law Review 4, 1984–85, S. 231–235.53R. C. Sproul, John Gerstner und Arthur Lindsley,Classical Apologetics (Grand Rapid: Zondervan,1984). Norman L. Geisler, Miracles and ModernThought, mit einer Antwort von R. C. Sproul (Dallas:Probe, 1982).54John Warwick Montgomery, „Gordon Clark‘sHistorical Philosophy“, in: Montgomery, Where IsHistory Going?, besonders S. 164.55Feinberg, „History: Public or Private?“ in: Montgomery,The Shape of the Past, S. 379.56Williams v. North Carolina, 325 U.S. 226, 65 Sup.Ct. 1092, 157 A.L.P. 1366 (Unterstreichung vomVerfasser).57Geisler, Miracles and Modern Thought, S. 66.Bemerkenswerterweise scheint Geisler überhauptnicht vertraut zu sein mit der detaillierten Behandlungdieser Frage in meinem Buch Faith Founded onFact, S. 43–73 – obwohl mein Buch vier Jahre vorseinem veröffentlicht wurde.58Ebd., S. 261.59Vgl. zum Beispiel State v. Elliott, 45 Iowa 486.60Montgomery, Faith Founded on Fact, S. 61.61Joh 10,30; 14,8–9; vgl. Mk 2,5–7; 14,61–64.62Vgl. Mt 4,4; 5,17–19; Joh 5,39; 10,35.63Vgl. Mt 12,38–42; 19,3–6; 24,37–39; Lk 24,25–27.20 7 8 6 @ ü


Der christliche Glaube hat GründeAnzeige64Joh 14,26; 16,12–15. Der Schweizer Theologe OscarCullmann hat sehr das apostolische Gedächtnisals die inspirierte Verknüpfung zwischen demDienst Jesu und den Schriften des Neuen Testamentsherausgestellt.65Apg 1,21–26; 9,26–27; Gal 2,11–13; 2Petr 3,15–16.66Vgl. God’s Inerrant Word: An International Symposiumon the Trustworthiness of Scripture, hrsg. v.John Warwick Montgomery (Minneapolis: Bethany,1974); John Warwick Montgomery, Crisis inLutheran Theology, 2. Aufl. (Minneapolis, Bethany,1973), 2 Bde.; Montgomery; The Shape of the Past,S. 138–145.67Vom griechischen Substantiv kenosis, dessenVerbform (= „sich selbst entleeren / sich selbst vonVorrechten entkleiden“) auf Christus in Phil 2,6–8angewandt wird. Die biblische Lehre von der Fleischwerdunghat jedoch keine Ähnlichkeit mit der liberalentheologischen Idee von Jesu Fehlbarkeit. Typischerweiseentwickelten theologische Liberale dieTheorie, um ihren Kuchen (einen göttlichen Jesus) zuhaben und auch aufzuessen (gleichzeitige Ablehnungder konservativen Sicht Jesu von biblischer Autorität).Vgl. Montgomery, Crisis in Lutheran Theology,1:91–93. Es ist vielleicht wert, bemerkt zu werden,dass der bekannte Abschnitt in den Evangelien, indem Jesus sagt, er kenne nicht die Stunde seines zweitenKommens (Mk 13,32), keine Bestätigung der KenotischenTheorie ist, denn (1) geht es hier nur umdas Wissen über einen einzelnen eschatologischenPunkt und (2) zeigt die Tatsache, dass Jesus an diesemPunkt das Wissen abstreitet, dass er sich auchin seinem Zustand der Fleischwerdung der Grenzenseines Wissens vollständig bewusst war. Und weil erdie Kontrolle über sein Wissen hatte, hätte er nichtabsichtlich oder unabsichtlich falsche oder irreleitendeInformationen gegeben, wenn er Zusicherungenmachte (z. B. über die Verlässlichkeit der Bibel).68Montgomery, Marxist Approach to Human Rights:Analysis & Critique, S. 51–53 und 138–141. DasPrinzip des „der Zweck heiligt die Mittel“ ist ebensozentral in Fletchers Situationsethik; siehe dazu: JosephFletcher und John Warwick Montgomery, SituationEthics – True or False: A Dialogue Between JosephFletcher and John Warwick Montgomery (Minneapolis:Bethany, Dimension Books, 1972), besonders S.25–26 und 31–35.Aus der Vortragsreihein ChemnitzEinladungzum DiskursHauptsache gesund!Einladung zum DiskursSamstag, 12.06.2010,19.30 Uhr in „Das Tietz“,Moritzstraße 20,09111 ChemnitzForum Glaubenund DenkenHauptsachegesund!Medikamente, Gentherapie undwas uns sonst noch heil machtReferent:Peter Imming(Professor für Pharmazeutische Chemie)Epheser 4,12info@bucer.de… damit die Heiligenzugerüstet werden zum Werk des Dienstes …Struktur<strong>Martin</strong> <strong>Bucer</strong> <strong>Seminar</strong>9 selbständige Studienzentren in 5 Ländernmit einheimischen Trägervereinen5 übergreifende InstituteRektor: Prof. Dr. Thomas SchirrmacherDekane: Thomas Kinker, Th.D. (USA);Titus Vogt, lic. theol.Mission durch ForschungInternationales Institut für Religionsfreiheit(Partner: Weltweite Ev. Allianz)Studienprogramm mit Schwerpunkt Islamzusammen mit dem Institut für IslamfragenInstitut für Lebens- und FamilienwissenschaftInstitut für Notfallseelsorge,Sterbebegleitung und TrauerseelsorgeInstitut für SeelsorgeausbildungBonn x Innsbruck x Istanbul x Prag x Zürich7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 21


Francis A. SchaefferDas Geheimnis der Kraftund der Freude am Herrn– Die Notwendigkeit von Reinheit und Liebe im christlichen LebenWas ist das Geheimnis der Kraft? Wennwir <strong>heute</strong> das Christentum betrachten– und zwar wahres, bibeltreues Christentum– müssen wir von der Tatsachebetroffen sein, dass die beständigeKraft, die in bestimmten Perioden derVergangenheit da war, nicht mehr gegenwärtigist. Dasselbe trifft auch fürdie Freude am Herrn zu. In unsererZeit gestaltet sich das Leben so: WährendChristen zwar viele Dinge tun,um dem Herrn zu dienen, ist dennochan unseren Gesichtern und Unterhaltungenabzulesen, dass nur wenige sichwirklich an ihm freuen.Diese Mängel scheinen sowohl aufuns als einzelne Christen zuzutreffenals auch auf die christlichen Organisationen,zu denen wir gehören. DieDinge, die nötig sind, um diese Mängelzu überwinden, sind für uns als einzelneChristen dieselben wie für unsereOrganisationen.Zu Beginn, lasst uns ein Dreieckzeichnen. Wir schreiben an die Spitzedes Dreiecks die zwei Wörter „Kraft“und „Freude“, und an das linke Eckdes Dreiecks schreiben wir das Wort„Reinheit“ (Abb. 1).Zu allererst stellen wir fest, dass dieBibel in ihrer Forderung nach persönlicherReinheit eindeutig ist. Es kannweder Kraft noch Freude am Herrngeben ohne solche Reinheit. EinigeChristen scheinen zu <strong>denken</strong>, dass,wenn wir von persönlicher Reinheitsprechen, wir nur darüber reden, einpaar Vergnügungen und Gewohnheitenaufzugeben. Was für eine armseligeSicht von Reinheit! Sich umdiese Dinge zu kümmern, ist in derTat wichtig, aber es ist nur das ABC.Wir können frei von bestimmten hinderlichenGewohnheiten und Vergnügungensein und dennoch fern vonwahrer persönlicher Reinheit.Wenn wir betrachten, was die Bibelüber Reinheit lehrt, dann finden wirheraus, dass es überhaupt nicht um äußerlicheAngelegenheiten geht, sondernum innere. Die Zehn Gebote handelnnicht einfach von rein äußerlichen Angelegenheiten,sondern sie beschäftigensich mit der inneren Ausrichtung desHerzens. Wir können jedes der ZehnGebote innerlich brechen, ohne jeglicheäußere Handlung. Dies zeigt sicham klarsten an der Tatsache, dass sichdas letzte Gebot „Du sollst nicht begehren“vollständig auf die innerlicheGesinnung bezieht und überhauptnicht auf äußere Dinge. Handlungenresultieren aus unserer inneren Haltungder Begierde gegenüber, die Begierdeselbst ist aber eine innere Angelegenheit.Dieses zehnte Gebot ist das,welches uns am meisten durchdringt.Es ist die negative Seite des positivenGebots von Christus, alle Menschenzu lieben wie uns selbst. Wir könneneine begehrende Haltung haben, indem wir nach etwas verlangen, waswir nicht haben, und wir können eineebenso begehrende Haltung haben,wenn wir uns entschließen, an Besitzoder Einfluss, den wir haben, festzu-22 7 8 6 @ ü


Das Geheimnis der Kraft und der Freude am Herrnhalten. Gibt es einen einfachen Test,den ich anwenden kann, um herauszufinden,ob ich begehre? Ja, den gibtes. Ich frage mich selbst: Wenn dieseroder jener, der mehr Besitz oder Einflusshat als ich, diesen verlieren würde,hätte ich dann innerlich Gefallen daran?Oder wenn dieser oder jener, derweniger Besitz und Einfluss hat als ich,immer mehr davon bekommt, wäre ichdann innerlich unglücklich? Wenn dasder Fall wäre, hätte ich begehrt. WennBegierde in meinem Leben gegenwärtigist, dann bin ich innerlich nicht imReinen; und in dem Maß, indem esbei mir innerlich nicht stimmt, besitzeich auch keine persönliche Reinheit.Ist persönliche Reinheit nun einfachzu erreichen? Die Antwort ist: Nein!Denn der Kampf richtet sich strikt gegendas Fleisch.Lasst uns aber daran <strong>denken</strong>, dasswahre Reinheit mehr ist als nur ein negativerAspekt unseres innersten Ichs.Wahre persönliche Reinheit ist nichteinfach etwas Negatives. Ich soll meinenNächsten lieben wie mich selbst.Wahre Reinheit basiert auf Liebe undführt zur Liebe. Wahre Reinheit undLiebe gehören zusammen.Dieses Wort „Liebe“ schreiben wirnun auf die rechte Seite des Dreiecks(Abb. 2).Aber die biblische Darstellung vonReinheit beinhaltet mehr als persönlicheReinheit. Wir sehen, dass dasWort Gottes lehrt, dass es nicht nurdie Reinheit einer Person gibt, sondernauch die Reinheit des äußeren Leibesder Gläubigen, der Gemeinde. Mosehat dies geboten, und von dem Buchder Richter ab finden wir die anhaltendeund wiederholte Darstellungdessen, was passiert, wenn der äußereLeib des Gottesvolkes Gottes Gebot,rein zu bleiben, vergessen hat. Wenndas geschah, drangen eine ganze Reihevon Dingen ein, die bald die Kraft desVolkes Gottes zerstörte. Das ist nichtnur eine Lektion aus dem Alten Testament,sondern auch aus dem Neuen.Die Lektion von der notwendigenReinheit des äußeren Leibes der Gläubigenist durch und durch Bestandteiljedes Abschnittes der Schrift. Paulusist sehr deutlich darin, dass die, welchein Lehre und Leben falsch wandeln,vom äußeren Leib der Gläubigen ausgeschlossenwerden müssen. Das meintgemeindliche Reinheit.Was ist nun passiert, wenn die sichtbareGemeinde, der äußere Leib derGläubigen, es versäumt hat, sich reinzu halten? Es gibt viele Beispiele aus derKirchengeschichte, aber lasst uns nurzwei davon betrachten. Das Erste istder Fall der frühen Kirche. Wenn wirKirchengeschichte studieren, stellenwir fest, dass sich die frühe Kirche bisin die Zeit von Konstantin grundsätzlichrein hielt. Dann machte Konstantindas Christentum populär und dieChristenheit vergaß, sich rein zu halten.Sie ließ es in zunehmendem Maßezu, mit falschen Lehren und falschenPraktiken vermischt zu werden. Daherverlor die Gemeinde ihre wahre Kraft,und die römisch-katholische Kirchewar das Ergebnis.Eine weitere klare Veranschaulichungdessen, was mit der sichtbarenGemeinde geschieht, wenn sie ihreReinheit nicht bewahrt, ist die Gemeindeder Nestorianer. Sie war einstein großer Verbund von Gläubigen, dersich von Indien bis ins Herz Chinaserstreckte. Aber als Gemeinde hieltensie sich nicht rein, und <strong>heute</strong> gibt esvon ihnen nur noch einen sehr kleinenÜberrest im Nahen Osten. Wenn sichdie Gemeinde der Nestorianer rein gehaltenhätte, wäre vielleicht <strong>heute</strong> ganzAsien christlich.Persönliche Reinheit und die Reinheitdes äußeren Leibes der Gläubigenmuss Hand in Hand gehen. Es gibtdie Tendenz eine der beiden zu minimieren,während man der anderendie angemessene Betonung gibt. Beidesind jedoch notwendig, wenn es zu einerechten und anhaltenden Kraft undFreude am Herrn kommen soll. Ist esnun einfach, die Reinheit des äußerenLeibes der Gläubigen zu bewahren? Istes einfach, Zucht zu üben und Menschen,die ihr Leben auf falsche Weiseleben oder falsche Lehre verbreiten,auszuschließen, oder auch, wenn dasnicht gelingt, dieses Lager zu verlassenund neu anzufangen? Nein, es ist, wieauch bei der persönlichen Reinheit,nicht einfach. Der Kampf richtet sichstrikt gegen das Fleisch.Wie im Fall der Reinheit des Lebens,so ist es auch mit der Reinheit der Gemeinde:Trennung muss in zwei Richtungenvollzogen werden. Es ist dieTrennung von dem Falschen, aber esist auch die Trennung zu etwas Positivem.Es muss eine Trennung hin zueiner tiefen Liebe zu Gott sein. Wenndiese Dinge nicht auf einer tiefen Liebezu Gott gründen und zu ihr führen,dann ist es nur Zerspaltung und überhauptnicht Trennung im biblischenSinn. Deshalb sind unsere Gedankennun wieder auf die andere Seite desDreiecks gerichtet: „Liebe“ (Abb 3).Schauen wir uns jetzt die andere Seitedes Dreiecks an, die Seite der Liebe.Wir wollen jetzt besonders darübernach<strong>denken</strong>, was Christus über unsereLiebe zu den Menschen gesagt hat.Wir sollen andere so lieben wie unsselbst. Diese Liebe für Menschen teiltsich in zwei Kategorien. Zuerst in Liebezu anderen Christen – wir sollen sielieben wie unsere Brüder in Christus.Aber wir sollen zweitens nicht vergessen,dass obwohl wir nur denen Brüdersind, die Christus als ihren Retterangenommen haben, es dennoch auchdas Gebot von Christus ist, dass wiralle Menschen als unsere Nächsten lieben.Wir sollten die Lektion des barmherzigenSamariters befolgen. Wir dürfendiese Liebe, die wir gegenüber allenMenschen als unseren Nächsten haben7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 23


Francis A. Schaeffersollen, nicht deshalb vernachlässigen,weil es eine klare Unterscheidung inder Bibel zwischen unserer Liebe zuallen Menschen als unseren Nächstenund unserer Liebe zu unseren Brüdernin Christus gibt.Wirklich bedeutende Christen habeneine gewisse Güte. Das lässt sichin vielerlei Hinsicht beobachten, aberam besten sieht man es wohl an derZärtlichkeit im Umgang mit Kindernbei einigen der größten Kämpfer derVergangenheit. Denken wir an Lutherim sechzehnten Jahrhundert. Er konntedie bewegenden Strophen zu „Einefeste Burg ist unser Gott“ schreiben,doch derselbe Luther konnte auch das„Wiegenlied“ verfassen. Bei HoratiusBonar im neunzehnten Jahrhundertwar es ähnlich. Er betonte die Notwendigkeitfür Reinheit sehr – Reinheit desLebens und Reinheit der Lehre! Er warein Kämpfer, aber wenn wir seine Kinderliederlesen, dann schmelzen unsereHerzen dahin.Diese Liebe für Menschen ist nichtnur als Banner gedacht, nicht nur alsSlogan, sondern sie sollte sich auf praktischeWeise in unserem Leben zeigen.Unsere Handlungen und unsere Äußerungenim Umgang mit Menschensollten diese Liebe widerspiegeln. Wirsollten sie durch Freundlichkeit in denkleinen und großen Dingen unserestäglichen Lebens zeigen. Die Regel ist,dass wir anderen so tun sollen, wie wiruns wünschen, dass sie uns tun. Dassollte sich sowohl im Umgang mitMenschen in unseren Organisationenzeigen, im Umgang mit Menschen,die nicht zu unserer Organisation gehören,und mit denen wir nicht übereinstimmen,und ebenso in unseremUmgang mit Ungläubigen. Wir solltenanständig mit Menschen umgehen,einschließlich derer, die im Blick aufdas Evangelium unsere Feinde sind.Wahre Liebe erweist sich in einemfairen Umgang und in einer Sorge umgewissenhafte Redlichkeit im Umgangmit allen Menschen, sowohl in den alltäglichenBahnen des Lebens als auchim Bereich christlicher Auseinandersetzung.Unser Wandel sollte so sein,dass sogar ein Gotteslästerer innerlichwissen muss, dass wir anständig mitihm umgegangen sind. Richtigkeitund Liebe müssen Hand in Hand miteinandergehen, oder es gibt keine echteKraft. Einem Menschen zu zeigen, dasser falsch liegt, ist nur der erste Schritt;das Ziel muss sein, ihn in den vollenGehorsam gegenüber Christus zu führen.Im Umgang mit dem ungläubigenMenschen muss unser letzter Wunschfür ihn seine Erlösung sein, egal wiehoffnungslos das scheinen mag. KeinMensch steht jenseits der unendlichenGnade Gottes.Diejenigen, die sich nur leichtfertigum eigene Reinheit und um die Reinheitder Gemeinde mühen, neigendazu, diese Seite des Dreiecks aus denAugen zu verlieren. Eigene Reinheitund Reinheit der Gemeinde sind nichtZiele in sich. Es wird nicht einmal ausreichen,diese aus Loyalität zu dem dahinterliegenden Prinzip zu verfolgen.Eigene Reinheit und die Reinheit derGemeinde sind nur dann lohnenswert,wenn sie auf Liebe basieren und zurLiebe hinführen.Wenn wir zu dem Gemütszustandgekommen sind, in dem wir so mitdem Kampf gegen fleischliche Sündenoder Un<strong>glauben</strong> beschäftigt sind, dasswir handeln, als sei jedes Mittel erlaubt,dann sind Liebe und Kraft verschwunden.Damit jede Auseinandersetzungzu Gottes größter Ehre gereicht, musssie nach Gottes Regeln ausgefochtenwerden. Es ist möglich für die persönlicheReinheit und die Reinheit derGemeinde zu kämpfen, ohne dass dieAuseinandersetzung dabei auf Liebegegründet ist und in eine tiefere Liebezu Gott und Menschen führt. Wenndas passiert, dann führt es unweigerlichin eine tote Orthodoxie, und toteOrthodoxie ist immer die Türschwellezu neuer Irrlehre.Ist das einfach? Nein, Liebe genauwie Reinheit, ist ein stetiger Kampf gegendas Fleisch.Aber die Bibel geht in dieser Sacheder Liebe noch einen Schritt weiter.Lasst uns 1. Thessalonicher 3,12 und13 betrachten:„Euch aber lasse der Herr wachsen undimmer reicher werden in der Liebe untereinanderund zu jedermann, wie auchwir sie zu euch haben, damit eure Herzengestärkt werden und untadelig seienin Heiligkeit vor Gott, unserm Vater,wenn unser Herr Jesus kommt mit allenseinen Heiligen. Amen.“So wie uns biblisches Denken überReinheit zur Liebe führt, so führtuns biblisches Denken über Liebe zurReinheit.Biblische Liebe ist nicht nur faderguter Wille oder eine vage Freundlichkeit.Biblische Liebe ist etwas sehrWirkliches und Realistisches. Gottliebt seine Kinder, die Christus alsihren Retter angenommen haben, sosehr, dass er manchmal Schmerzendurch Züchtigung verursacht. Undwahre biblische Liebe in uns muss auchmanchmal zu Schmerz bei Menschenführen, unsere Brüder in Christus miteingeschlossen. Wenn ein Vater seinKind züchtigt, tut er es, weil er es liebt.Als Spurgeon zu seiner Zeit seine Stimmeerhob, tat er das, weil er sowohl dieLehre über biblische Reinheit als auchdie Lehre über biblische Liebe verstand.Wenn wir wahre Liebe zum Herrn, zuden Verlorenen und zu unseren Brüdernin Christus haben, dann werdenwir bereit sein, einen großen Preis fürpersönliche Reinheit und für die Reinheitder Gemeinde zu zahlen. Wennwir nicht dazu bereit sind, dann fehlt24 7 8 6 @ ü


Das Geheimnis der Kraft und der Freude am Herrnunserer Liebe etwas. Das Ziel musssein, dass sich unsere Liebe auf praktischeWeise so zeigt, dass wir gemeinsamuntadelig in Heiligkeit vor Gott,unserem Vater, gegründet sind, – undwie viel mehr ist das wichtig, wenn dasKommen unseres Herrn Jesus Christusso nahe scheint.Wahre Liebe und wahre Reinheitsind wie zwei Seiten einer Münze oderwie zwei Seiten eines Spiegels, die einenach innen gewölbt, die andere nachaußen. Sie können nicht voneinandergetrennt werden, und wir, für uns persönlichund auch für die Leiter in denchristlichen Organisationen, in denenwir uns befinden, müssen sicherstellen,dass nie eine Auswahl zwischenReinheit und Liebe getroffen wird. Esstimmt etwas nicht mit uns, wenn wirnur Andachtsliteratur und Predigtenproduzieren, ohne Literatur und Predigtenzu beiden Arten der Reinheitzu haben; und es läuft etwas falschmit uns, wenn wir nur Literatur undPredigten zur Verteidigung unseresGlaubens produzieren, ohne Andachtsliteraturund Predigten zu haben. DasGebet, das nicht zu einem geweihtenKampf um persönliche Reinheit unddie Reinheit der Gemeinschaft derGläubigen führt, ist unzureichend;und Kampf, der nicht dazu führt,dass privates und öffentliches Gebetzunimmt, ist unzureichend. Und wiegleich doppelt schlecht ist doch derMann, dem eine klare Sicht von Liebefehlt, und der dann beginnt, mit einemMangel an persönlicher oder gemeindlicherReinheit herumzuspielen. Undwie gleich doppelt schlecht ist dochder Mann, dem eine klare Sicht für dieNotwendigkeit persönlicher oder gemeindlicherReinheit fehlt, und der ausirgendeinem Grund auch noch seineSicht für die Liebe verliert. Möge Gottuns davor bewahren, dass wir eine derbeiden Seiten übersehen. Der Mangeldes einen oder des anderen ist nichtstatisch: Wenn wir einen Mangel anReinheit in kleineren Punkten haben,neigen wir dazu auch größere Dingedurchgehen zu lassen. Wenn wir einenMangel an Liebe im Umgang mit unserenFeinden haben, neigen wir dazu,dass es uns auch an Liebe im Umgangmit denjenigen fehlt, die uns am nächstensind. Wir mögen viele rühmenswerteDinge tun, während wir an dereinen oder der anderen Seite unzulänglichsind, aber unsere wahre Kraftund unsere Freude im Herrn wird entsprechendverarmen. Das Gebot vonChristus beinhaltet sowohl Reinheitals auch Liebe; und wenn es zu wahrerKraft und Freude am Herrn kommensoll, müssen beide Gebote treu undgleich stark befolgt werden (Abb. 4).Noch etwas: Das alles ist wie eineschallende Zimbel und hört sich anwie Blechbläserei, wenn unser letztendlichesMotiv nicht richtig ist. Philipper1,11 sagt: „Seid erfüllt mit der Fruchtder Gerechtigkeit, die durch JesusChristus gewirkt wird, zur Herrlichkeitund zum Lobpreis Gottes.“ DerHerr erklärt uns hier, was das letztendlicheZiel der Früchte der Gerechtigkeitsein soll. Das Ziel der Früchte derGerechtigkeit soll die Herrlichkeit undder Lobpreis Gottes sein. Der Grund,weshalb wir nach Reinheit für unsselbst und die Gemeinde streben sollenund der Grund, weshalb wir nach Liebestreben sollen, soll einzig und alleinunsere Liebe zu unserem Herrn sein.Im zweiten Kapitel der Offenbarungsehen wir wie Christus zu der Gemeindein Ephesus spricht. Diese Gemeindewar eine arbeitende Gemeinde. Es wareine Gemeinde mit Geduld – Geduldoffensichtlich mitten in Verfolgung umChristi willen. Es war eine Gemeinde,die falsche Lehre hasste, und Christushat sie für all das gelobt, aber es mangelteihnen an einer Sache: Sie hattenihre erste Liebe verlassen. Sie hattenihre Liebe zu Christus verlassen. Keinervon außen konnte das erkennen,aber Christus wusste es. Sie taten alldie Dinge, die sie begonnen hatten,weil sie ihn liebten, aber sie taten dieseDinge nicht mehr länger aus einertiefen Liebe zu Christus. Und der Herrsagte ihnen, wenn sie nicht zu ihrer erstenLiebe zurückkehrten, würde er ihrenLeuchter wegnehmen. Das bedeutet,er würde ihr Zeugnis wegnehmen.Es gibt vor Gott nur ein akzeptablesletztendliches Motiv – das ist unsereLiebe zu ihm.Es wird nie irgendeinen Konfliktzwischen wahrer Liebe für Gott undwahrer Liebe für Menschen geben.Wenn unsere Liebe für die Brüderund unsere Liebe für die Verlorenentatsächlich Liebe ist, werden sie nieVorrang vor unserer Liebe für unserenHerrn und seine Gebote haben. Wennunsere Liebe für den Herrn tatsächlichLiebe ist, werden wir nicht vergessen,unseren Kampf nach seinen Regeln zuführen.Nur dem Anschein nach christlicheDinge zu tun (das Streben nach Reinheitfür unser Leben und nach Reinheitfür die Gemeinde eingeschlossen unddie Liebe betonend), aus dem innerenVerlangen nach Ehre und Lob, nachEinfluss, nach Macht oder Geld oderaus dem Begehren, ungestört zu sein,oder aus dem Begehren in vergangenenEntscheidungen bestätigt zu werden,ist eine eitle Sache. Eine innere Liebezu Macht oder eine Liebe zu irgendeinerdieser anderen Sachen schließt dieMöglichkeit aus, dass unser Motiv vorGott richtig ist, egal wie wir darüberreden.Ist es einfach, unser Leben auf dieseseine Motiv zu gründen – unsere Liebezu unserem Herrn? Wir sollten uns Zeitnehmen, dem Heiligen Geist zu erlauben,unsere Herzen zu erforschen. Es7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 25


Francis A. Schaefferist nicht genug, intellektuell oder theologischzu sagen: „Das oberste Ziel desMenschen ist, Gott zu verherrlichen.“Die Frage ist, liebe ich ihn mit meinemganzen Herzen, mit ganzer Seele undganzem Verstand? Diese Angelegenheitist die schwierigste von allen – esist der ständige Kampf – gegen dasFleisch. Dieser Kampf muss täglich inunserem Leben in der Kraft des HeiligenGeistes gekämpft werden. Das istdas „Ich sterbe täglich“ von Paulus.Vielleicht werden wir, wie schon vieleBrüder in der Vergangenheit und einigein unseren Tagen, diese Lektion in derArena der Verfolgung erlernen. Aber eswäre wohl gut, auf unseren Knien danachzu trachten, sie zu erlernen – solangenoch Zeit ist. Wenn wir Reinheitbesitzen, die zu Liebe führt und Liebe,die zu Reinheit führt, und all das, weilwir den Herrn lieben – dann wird daeine bleibende Kraft und Freude andem Einen sein, der das geliebte LammGottes ist, welches für uns getötet wordenist, unser Retter und unser Herr(Abb. 5).Abb. 1ReinheitAbb. 3ReinheitAbb. 5Kraft – FreudeKraft – FreudeLiebeKraft – FreudeAbb. 2ReinheitAbb. 4ReinheitKraft – FreudeLiebeKraft – FreudeLiebeDr. h. c. Francis A.Schaeffer ...war ein amerikanischer Theologeund Pastor der PresbyterianischenKirche (1912–1984). Zusammenmit seiner Frau Edith zog er 1948in die Schweiz. Dort entstand1955 das Studienzentrum „L’Abri“(dt. „Zuflucht“). Der Ort in denSchweizer Alpen wurde dafür bekannt,dass man ehrliche Antwortenauf ehrliche Fragen erhaltenkann. Durch seine Seelsorge undVorträge, die später als Bücher veröffentlichtwurden, wurde Schaefferzu einem bedeutenden und einflussreichenchristlichen Apologeten des20. Jahrhunderts.Dieser Artikel erschien erstmalsin der Sunday School Times am16. und 23. Juni 1951 unter demTitel: „The Secret of Power andthe Enjoyment of the Lord – Theneed for both purity and love inthe Christian life.“ Die Übersetzungstammt von J. Krebs.ReinheitLiebe26 7 8 6 @ ü


Prof. Dr. Dr. Thomas SchirrmacherDer Rassismus und seine WiderlegungGeglätteter Vorabdruck aus Rassismus:Alte Vorurteile und neue Erkenntnisse.Hänssler Verlag, 2009.Was ist Rassismus?Definitionen des RassismusDer Begriff „Rassismus“ entstand inverschiedenen europäischen Sprachenin Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismusseit Ende der 1920erJahre. Die erste Rassismus-Definitionformulierte 1940 die amerikanischeEthnologin Ruth Benedict, die dabeiRassismus noch als die falsche Wertungvon tatsächlich vorhandenen Rassenversteht. Die lange gebräuchlichsteDefinition stammt vom französischenSoziologen Albert Memmi: „Der Rassismusist die verallgemeinerte undverabsolutierte Wertung tatsächlicheroder fiktiver Unterschiede zum Nutzendes Anklägers und zum Schaden seinesOpfers, mit der seine Privilegien oderseine Aggressionen gerechtfertigt werdensollen.“ 1 Die Unterschiede könnenhier schon fiktiver Natur sein, müssenes aber nicht. Heutige Definitionenbetonen aber zu Recht, dass der Rassismusdie Rassen und Gruppen, dieer höher stellt oder verunglimpft, zugleichselbst erst hervorbringt. Heutehalten die meisten mit der Thematikbefassten Forscher die Einteilung derMenschheit in Rassen an sich schon füreine rassistische Theorie, die praktischimmer der Ausgrenzung von Menschenund der Rechtfertigung von Abhängigkeitendient. 2Ein Beispiel muss genügen: „Wolltenwir eine knappe Formulierung wagen,so könnten wir sagen, dass Rassismusvorliegt, wenn eine ethnische Gruppeoder ein historisches Kollektiv auf derGrundlage von Differenzen, die siefür erblich und unveränderlich hält,eine andere Gruppe beherrscht, ausschließtoder zu eliminieren versucht.“ 3Wir finden also zwei Kernelementedes Rassismus: 1. die Konstruktionabstammungsmäßiger Gruppen mitvermeintlich gemeinsamen Merkmalenund 2. die Wertung dieser Gruppenund Unterschiede zum Nutzen desRassisten und zum Schaden des Opfersund dadurch die Legitimierung vonPrivilegien und Aggression.Kern des Rassismus im Vergleichzu anderen Ideologien, die genutztwerden, um andere Menschen zu unterdrücken(wie Klassenvorstellungen,Religion oder Verachtung von Behinderten),ist also, dass das Andersseindes anderen in seiner biologischen Abstammungbegründet liegt und deswegenunabänderlich ist.Zwei Argumentationssträngegegen den RassismusGegen den Rassismus muss man deswegenauf zwei Ebenen argumentieren.Erstens damit, dass auch ein erwiesenerUnterschied menschlicher Rassennichts über die allen gleiche Würdedes Menschen aussagen würde.Zweitens damit, dass aber für dieAnnahme, dass es solche biologischenUnterschiede von einteilbaren Rassenüberhaupt gibt, keine Beweise vorgelegtwerden können.Eigentlich müsste der zweite Punktbereits ausreichen. Doch obwohl diewissenschaftlichen Belege dafür, dasses keine Rassen gibt, mit jedem Jahrzehntmehr werden, ist es bis <strong>heute</strong>üblich, die uralte und vielfach widerlegteEinteilung nach Hautfarben inErmangelung einer Alternative weiterzu verwenden. Führende Lexika erklärenunter „Rassismus“, dass es gar keineRassen gibt, um dann unter „Rasse“oder den einzelnen Namen dieser„Rassen“ unbekümmert weiter die Unterscheidungenzu referieren.7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 27


Prof. Dr. Dr. Thomas SchirrmacherEs gibt kein Ansehen der Person vor Gott!Die breit bezeugte biblische Aussage, dass wir „ohneAnsehen der Person“ (5. Mose 1,17; 2. Chronik 19,7;Sprüche 18,5; 24,23; Hiob 13,10; Epheser 6,9; Kolosser3,25) entscheiden sollen, weil Gott selbst keinAnsehen der Person kennt (z. B. 5. Mose 10,17–18),bedeutet, dass nur böse Richter „die Per son ansehen“(Jesaja 3,9). Deswegen schreibt Jakobus: „…ohne Ansehen der Person … Wenn ihr wirk lichdas kö nigliche Gesetz ‚Du sollst deinen Nächstenlie ben wie dich selbst‘ nach der Schrift erfüllt, sotut ihr recht. Wenn ihr aber die Per son an seht, so… werdet vom Gesetz als Übertreter über führt …Redet so und handelt so wie solche, die durch dasGesetz der Frei heit ge richtet wer den sollen“ (Jakobus2,1.8–12).Es gibt viele RassismenRassismus findet sich im Alltag ebenso wie in Politikund Wissenschaft. Er reicht von Vorurteilen undDiskriminierung über Sklaverei und Rassentrennungbis hin zu Pogromen, Vertreibungen, ethnischen Säuberungenund Völkermord.Der Rassismus ist dabei älter als der Rassismus-Begriff, älter als jede „Rassenlehre“ und findet immerstatt, wenn Menschen andere Gruppen zu einerbiologisch zusammengehörenden Gruppe erklären,die niedriger, unzivilisierter, fauler oder gefährlichersei. Deswegen definieren die Vereinten Nationen„Rassendiskriminierung“ im „Internationalen Übereinkommenzur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung“von 1965 umfassender: „Rassendiskriminierungist jede auf der Rasse, der Hautfarbe,der Abstammung, dem nationalen Ursprung oderdem Volkstum beruhende Unterscheidung, Ausschließung,Beschränkung oder Bevorzugung, diezum Ziel oder zur Folge hat, dass dadurch ein gleichberechtigtesAnerkennen, Genießen oder Ausübenvon Menschenrechten und Grundfreiheiten im politischen,wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen oderjedem sonstigen Bereich des öffentlichen Lebens vereiteltoder beeinträchtigt wird.“Großer und kleinerRassismus der „Rassen“Der grundsätzlichste Rassismus geht von den vermeintlichengroßen Rassen der Menschen aus undverachtet und bekämpft „Schwarze“ (die verbreitetsteArt des Rassismus), „Rote“ (z. B. in Brasilien), „Gelbe“(z. B. in Uganda) und „Weiße“ (z. B. in Simbabwe).Aber man versteht unter Rassismus auch jede Unterdrückungkleiner ethnischer Gruppen oder solcherGruppen, die der Rassist als zusammengehörig definiert.Ist schon die Verachtung der „Großrassen“ ohneGrundlage, so gilt dies für diese Art des Rassismuserst recht, weil die meisten Völker viel zu sehr Mischprodukteder Völkergeschichte sind, als dass etwaGermanen und Juden, Deutsche und Franzosen, katholischeIren und protestantische nordirische Britenoder Wallonen und Flamen in Belgien biologisch zuunterscheiden wären.Es gibt drei Arten des Rassismus, die internationalam verbreitetsten sind und jeweils über viele Jahrhunderteverfolgt werden können, von denen eine für den„großen“ Rassismus steht, zwei für den „kleinen“:Die drei international und inder Geschichte verbreitetsten RassismenDie Verleumdung und Bekämpfung oder Unterdrückung1. der „Schwarzen“ (oder von Menschen, die einedunklere Hautfarbe haben als man selbst) – siesind angeblich dumm, roh und unzivilisiert;2. der Juden – sie sind angeblich verschlagen, raffgierigund herrschsüchtig;3. der „Zigeuner“ – sie sind angeblich asozial unddiebisch.Menschenrassen gibt es nicht„Rasse“ in der BiologieWie verwendet die Biologie <strong>heute</strong> den Begriff „Rasse“?Die Antwort ist eindeutig: „Rasse“ verwendetman nur noch für vom Menschen gezüchtete Pflanzensowie Nutz- und Haustiere. Hier züchtet derMensch besondere Merkmale heraus und verhindertdie Vermischung der Rassen durch weitere Kontrolleder Zucht – was ja beim Menschen unmöglich wäre.Für Wildtiere und -pflanzen findet der Begriff „Rasse“praktisch keine Verwendung mehr.Alle Menschen dieser Welt sind beliebig miteinander„kreuzbar“, was heißt, dass prinzipiell jeder zeugungsfähigeMann mit jeder gebärfähigen Frau Kinder zeugenkann. Das ist ein untrügliches Kennzeichen, dasses sich bei allen Menschen um ein und dieselbe biologischeArt handelt. Die Vereinten Nationen habendas treffend rechtlich so festgeschrieben – nebenbeieine erstaunliche Wiederbelebung der christlichenTradition: „Alle Menschen gehören einer einzigenArt an und stammen von gemeinsamen Vorfahren ab.28 7 8 6 @ ü


Der Rassismus und seine WiderlegungSie sind gleich an Würde und Rechtengeboren und bilden gemeinsam dieMenschheit.“ 4Rassen waren trotz großem Aufwandnicht zu findenDer „Rasse“-Begriff beim Menschenist eine der erfolgreichsten Ideen derModerne. Vor 1400 in allen seinenTeilen unbekannt und im 18. Jh. allmählichentwickelt, dürfte ab dannbis Mitte des 20. Jh.s kaum jemandan der Existenz klar unterscheidbarermenschlicher Großrassen gezweifelthaben, obwohl es nie eine halbwegsanerkannte Einteilung solcher Rassengegeben hat.Von 1850 bis etwa 1950 kann manvon einer Blütezeit der rassenanthropologischenMesstechniken sprechen.Hautfarbtafeln, Augenfarbtafeln, Abmessungenvon Knochen, Körpergröße,Schädelmessungen, Verhältniszahlenwaren an der Tagesordnung. Was wurdenicht alles weltweit mit gewaltigemAufwand gemessen und katalogisiert.Wenn es je eine Möglichkeit gegebenhätte, die Menschheit anhand messbarerGrößen in überschaubare undunterscheidbare Rassen einzuteilen,hätte man sie finden müssen.So aber entstanden nur ungezählteRasseneinteilungstheorien und eswurde – das hat vor allem Stephen JayGould in seinem Klassiker „Der falschvermessene Mensch“ nachgewiesen– unsauber gearbeitet, das heißt, dieDaten zurechtgebogen und interpretiert,bis das gewünschte Ergebnis vorlag.Anfangs setzte man etwa auf dieHirngröße als Kennzeichen der Rassenund ihrer Wertung. Als aber klar wurde,dass Eskimos, Samen, Malaien undTataren die größten Hirne haben, ließman das Merkmal fallen. 5Es gab nie eine allgemeingültigeEinteilung in Menschenrassen, sondernnur immer neue und wechselndeVorschläge, die viele Forscher sogarwährend ihres Forscherlebens widerriefen.Diese Epoche der Messtechnikenmündete in eine kritische Epoche ein,deren erste Vertreter seit dem ErstenWeltkrieg dem Rassismus die Grundlagehätten entziehen können, hätteman auf sie gehört. Die wichtigstenKritikpunkte waren:1. Erbmerkmale und Umweltmerkmalewerden nicht genügend unterschieden.Bevor Messergebnisseverglichen werden, müsste bewiesensein, dass sie erblich bedingt sindund über viele Generationen konstantbleiben.2. Die Messergebnisse täuschen ein Nebeneinandervon Rassen vor, obwohldie Weltbevölkerung ein gleitendesKontinuum von verschiedenen Bevölkerungsmischungendarstellt.3. Jeder Forscher erstellt seine eigeneTypologie.4. Die Typologien halten tatsächlicherFeldforschung vor Ort nicht stand,sondern funktionieren nur ‚amSchreibtisch’.5. Die Erkenntnis wuchs mehr undmehr, dass man die Unterschiedein Sprache, Kultur oder Religionder Menschen nicht an biologischenVorgaben oder den Genen festmachenkann.„Rassen“ sind aus Sicht der GenetikwiderlegtNeuere genetische Untersuchungen ausaller Welt bringen immer stärker dieerstaunliche genetische Ähnlichkeitaller Menschen ans Licht, ebenso aberauch die erstaunliche Vermischungdes Genbestandes. Auf der Ebene derDNA sind alle Menschen eine Rasse,nicht mehrere. Die Ergebnisse der modernenGenetik haben einwandfrei bewiesen,dass es keine unterschiedlichenMenschenrassen gibt, sondern nur eineSpezies Mensch. Denn die genetischenUnterschiede zwischen Menschen innerhalbeiner „Rasse“ sind im Durchschnittgrößer als die genetischenUnterschiede zwischen verschiedenen„Rassen“.Rassisten sind nach wie vor davonüberzeugt, dass biologische Merkmaleauch wesentliche Unterschiede imVerhalten, im Charakter, im Temperamentund bezüglich der Intelligenzbedingen. Die moderne Genforschungdemonstriert das Gegenteil, sie zeigt,dass die kulturellen Unterschiede zwischenGruppen keine biologischen Ursachenhaben können.Der bedeutendste Humangenetikerder Welt, der in Italien und den USAforschende Italiener Luigi Cavalli-Sforza, der die Disziplin 30 Jahre dominierte,legte mit etlichen Kollegenzusammen einen umfangreichenGenatlas vor, in dem er Menschenaus allen Regionen der Welt anhandzahlreicher genetischer Kennzeichenanalysierte. Er belegt, dass äußerlicheUnterschiede wie Haut- und Haarfarbe,Haarstruktur und Nasenform nureine Anpassung an unterschiedlicheKlima- und Ernährungsbedingungensind, die von einer recht kleinen Untergruppevon Genen bestimmt werden.Genetisch ist im Prinzip jedebeliebige Gruppe bis hin zu den Bewohnerneines kleinen Dorfes von anderenunterscheidbar. Das heißt, dassbeim Menschen die genetische Vielfaltso groß ist, dass es unzweckmäßig ist,den Menschen als biologische Art zoologischzu untergliedern. Statistisch istder genetische Unterschied zwischenwahllos ausgewählten Afrikanern undEuropäern etwa nur 15% größer als derzwischen zwei Menschen aus ein unddemselben Dorf.Die Blutgruppensysteme sind weltweitseit langem intensiv erforscht,7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 29


Prof. Dr. Dr. Thomas Schirrmacherauch in ihrem Vererbungsverhalten. Sie laufen querdurch alle vermeintlichen Rassen und Völker, nur istihre prozentuale Verteilung unterschiedlich. Deswegenkann sich jeder Mensch von jedem Menschen miteiner zu ihm passenden Blutgruppe Blut spenden lassen,ob Europäer, Asiate, Afrikaner oder Lateinamerikaner.Ein sogenannter „Universalspender“ mit derBlutgruppe 0- („Blutgruppe Null, Rhesus negativ“)kann jedem Menschen Blut spenden, gleich zu welcherEthnie er gehört!„Schwarze“, „Gelbe“, „Rote“, „Weiße“Drei Großrassen der Menschheit?Wenn es überhaupt einen harten Kern der Einteilungin menschliche Rassen gab, dann sind es diedrei „Rassen“ der Negriden („Schwarze“), Mongoliden(„Gelbe“, Asiaten) und Europiden („Weiße“),wobei allerdings die Zuordnung und Nebenordnungetwa der Indianer, Eskimos oder australischen Aboriginesvöllig unklar blieb und bleibt. Diese Einteilungfolgt eigentlich nur drei äußerlichen Merkmalen: derHautfarbe, der Behaarung und der Nasenform. Sieist zudem nicht denkbar ohne die gleichzeitige Zuordnungzu den Kontinenten Afrika, Asien, Europaund Amerika.Aber auch diese Unterscheidung funktioniert nurim Groben. Es gibt „Europide“, die eine dunklereHautfarbe haben als die hellsten „Schwarzen“, undzwar selbst nach den unterschiedlichsten Einteilungender verschiedenen Forscher. Und die Asiaten sind, wasdie Hautfarbe betrifft, de facto gar nicht von den Europäernzu unterscheiden, denn ihre Bandbreite vonhell bis dunkler entspricht in etwa der Bandbreite derEuropäer. Die „gelbe“ Hautfarbe der „Mongoliden“RasseNegride Mongolide EuropideKörper-MerkmalHautfarbe hell- bis dunkelbraun gelblich bis rötlich/bräunlichhell bis dunkelbraunHautfarbe – traditionelle schwarz“ bis „braun“ „gelb“ bis „rot“ „weiß“BezeichnungNase kräftig und breit niedrige Nasenwurzel,„Augenschlitze“dagegen ist eine reine Erfindung vom Ende des 18.Jh.s.In der klassischen Unterteilung gehören zur „weißen“Rasse – oft auch „Kaukasier“ oder „Indo-Europäer“genannt – die Ainu in Japan, die Drawida in Indien,die Tamilen und Singhalesen in Sri Lanka, diePerser, Araber mit Berbern, die alten Ägypter (Kopten)und die Mauren, die Romanen, die Germanenund die Slawen einschließlich Russen und Polen. Unddiese Völker sollen alle so eng miteinander verwandtsein, dass man sie von Asiaten („Gelben“) und Afrikanern(„Schwarzen“) unterscheiden kann? Selbst derführende Rasseforscher des Dritten Reiches zählt inseinem 1982 neu aufgelegten schlimmen Werk 6 unteranderem folgende Völker zu den Indogermanen mitnordischem Einschlag: Inder, Skythen, Javaner, Belutschen,Afghanen, Perser, Tadschiken, Saken undArmenier.schmal und hohe NasenwurzelKopfhaar gekräuselt dicht und straff dünn und welligHaarfarbe dunkel schwarz hell bis braunKörperbehaarung gering gering starkaDie Hautfarbenlehre und wie es dazu kamAlle Versuche einer echten Klassifizierung der menschlichenHautfarben und einer Zuordnung der Hautfarbezu bestimmten Ethnien müssen als gescheitertgelten. Zwar ist der Anteil der die Hautfarbe bestimmendenPigmente, vor allem der Melanine, genetischbedingt, variiert aber innerhalb aller Ethnien underst recht in geografischen Großregionen stark. Diehellsten Asiaten sind so hell wie die hellsten Europäer,die dunkelsten „Kaukasier“ („Weißen“) sind so dunkel,dass sie fast alle Asiaten und sicher mehr als dieHälfte der Afrikaner in dieser Hinsicht übertreffen.Historiker haben längst gezeigt, dass die Hautfarbenlehre,wie sie seit Carl von Linné (1707–1778)selbstverständlich wurde, nicht auf Forschung oderbiologische Realitäten zurückging, sondern im 18. Jh.zur Beschreibung angeblicher kultureller Überlegenheitentwickelt wurde. Walter Demel hat die erstenQuellen europäischer Chinareisender gesichtet, die30 7 8 6 @ ü


Der Rassismus und seine Widerlegungwie Marco Polo die Chinesen für „weiß“ hielten. Erstim letzten Drittel des 18. Jh.s werden die Chinesenzunächst „blassgelb“ oder „weizengelb“, schließlichparallel zu den „Roten“ zu den „Gelben“. Mit irgendeinerphysischen Realität hat das wenig zu tun.Nicht zufällig war der erste, der von einer „gelbenRasse“ sprach, der Philosoph Immanuel Kant, derKönigsberg nie verließ und vermutlich nie in seinemLeben einen Asiaten gesehen hat. Gelb symbolisiertedas Reich der Mitte und den Kaiser in China. Nurwurde davon die Haut nicht gelb, und das galt schongar nicht für die vielen anderen asiatischen Völker wieJapaner, Koreaner oder Thailänder.Dass die „Roten“ ihre Farbsymbolik nicht ihrerHaut, sondern ihrer Bemalung zu verdanken hatten,ist ebenfalls längst erwiesen.IQ-RassismusDa mittlerweile alle Versuche, Rassen durch Messungenzu unterscheiden, als gescheitert gelten müssen,wurde eine neue, vermeintlich exakte Messmethodezur Unterscheidung von „Rassen“ beliebt, dieReihentests zur Messung des Intelligenzquotienten(IQ). „Was die Kraniometrie [Schädelvermessung]für das neunzehnte Jahrhundert war, ist der Intelligenztestfür das zwanzigste geworden ...“ 7 Der IQscheint das letzte verbleibende Reservat derer zu sein,die meinen, die „weiße Rasse“ (wenn schon nicht dieEuropäer für sich allein) sei überlegen. Wieso habendann nicht die Japaner oder die Juden (die aber zu den„Weißen“ gehören) die Welt kolonialisiert – ist dochderen Durchschnitts-IQ aufgrund derselben Untersuchungenin den USA höher?Zum Werk „The Bell Curve“ zweier Professorender Harvard University, Charles Murray und RichardEntstehung der HautfarbenlehreReihenfolge Farbe Zeit Vorherige Bezeichnung1 „Schwarze“ („Neger“) vor dem 18. Jh. „Mohr“, Afrikaner2 „Weiße“ Anfang 18. Jh.3 „Gelbe“ („Schlitzauge“) Mitte 18. Jh. Chinesen, Asiaten4 „Rote“ („Rothaut“) Mitte 18. Jh. IndianerHerrnstein, mit der These, dass schwarze Amerikanerbei IQ-Tests durchschnittlich einen um etwa 15Punkte niedrigeren IQ als Weiße haben und dieserUnterschied zu wenigstens 60% genetisch bedingt sei,ist zu sagen:1. Selbst dann wäre offen, wie sich die Unterschiedeerklären lassen. Oder soll der Umstand, dass in denUSA 40% aller „Schwarzen“, aber nur 5% aller weißenKinder in Armut leben, keine Rolle spielen?2. Man hat nicht untersucht, ob Angehörige verschiedenerHautfarben sich in puncto IQ auch dannvoneinander unterscheiden, wenn sie unter fast gleichensozialen Bedingungen aufwuchsen. So erreichenetwa kanadische Schwarzafrikaner der Mittelschichtnach Durchlaufen des kanadischen Bildungssystemsbei IQ-Tests 20 Punkte mehr als Testteilnehmer ausihren Herkunftsvölkern.3. Es handelt sich nur um einen Gesamtdurchschnitt.Bei allen Gruppen kommt die ganze Streuungvor bis hin zu extrem Hochbegabten.Dazu kommt, dass die Messungen selbst nicht zuverlässigsind.1. Es gibt keine kulturfreien IQ-Tests. Befragt manDeutsche nach dem, was für Eskimokinder von Bedeutungist, stehen die Deutschen „dumm“ da undumgekehrt. Die amerikanischen IQ-Tests spiegelndas westliche Bildungsverständnis wider, nicht aberein universales Intelligenzverständnis oder Wissen.2. Höhere Begabung oder Hochbegabung ist bekanntlichnoch keine Garantie für Erfolg und Überlegenheit.Wir sind alle „Mischlinge“Der Mythos des „reinen Blutes“, das sich über Jahrtausendenicht mit fremden Rassen vermischt hat, istzwar durch nichts zu belegen, aber wohl unsterblich.Die rechtsextremistische Partei NPD definiert Rassebeispielsweise so: „Eine Rasse ist eine Gemeinschaftvon Menschen, die sich durch Absonderung übergenügend lange Zeit anders entwickelt hat als dieübrigen Menschen der Art und die annähernd genetischeEinheitlichkeit und annähernde genetischeBeständigkeit erreicht hat.“ 8Damit ist aber dieser Rassebegriff schon widerlegt.Denn wo gab es je eine solche vollständige Absonderung?Die Menschheit ist eine Geschichte der Völkerwanderungen,Kriegszüge, weltumspannendenHandelsbeziehungen, und selbst bei den wenigenkleinen Völkern, die man für wirklich über lange Zeitabgesondert hielt, weiß keiner, wie ihre Frühgeschichteaussah und die Genetik lehrt uns, dass ihre Völkerauch zuvor weit gewandert sind. Im NPD-Verlagversucht Johannes P. Ney eine moderne Rassenlehrevorzulegen, schreibt aber selbst, dass es „reine“ Men-7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 31


Prof. Dr. Dr. Thomas SchirrmacherAnzeigeschenrassen nicht gibt und bezweifeltselbst für die geographisch abgeschottetenPolynesier ihre „Blutreinheit“, dasie als Meister des Bootsverkehrs sicherviel in der Südsee gereist sind. 9Je kleiner ethnische Gruppen imVergleich zu den vermeintlichen„Großrassen“ sind, desto unsinniger istes, von rassischen Unterschieden auszugehen,die von jeder „Vermischung“rein erhalten wurden. Dass man inMitteleuropa nach all dem „Rassengemisch“im römischen Weltreich, denanschließenden Völkerwanderungen,Eroberungszügen aus allen Himmelsrichtungen,dem Einfall asiatischerReitertruppen und der Zuwanderungaus aller Welt überhaupt von irgendeinerRasse sprechen will, die seit Jahrtausendenstabil ist, kann nur damiterklärt werden, dass der Wunsch Vaterdes Gedankens ist. Studien an Y-Chromosomenlegen nahe, dass die VölkerEuropas keinen feststellbaren Ursprunghaben, sondern auf immer neue Einwanderungswellenaus verschiedenengeografischen Richtungen zurückgehen.„Nur wenige Deutsche sind echteGermanen: Lediglich sechs Prozentaller Deutschen haben väterlicherseitseinen germanischen Ursprung. … 30Prozent stammen danach von Osteuropäernab. … Jeder zehnte Deutschehat nach einer Schweizer Studie jüdischeVorfahren.“ 10Prof. Dr. phil. Dr. theol.Th. Schirrmacher ...ist Rektor des <strong>Martin</strong> <strong>Bucer</strong> <strong>Seminar</strong>s,Professor für Reli-gionssoziologie ander Staatlichen Universität Oradea,Rumänien, und Direktor des InternationalenInstituts für Religionsfreiheit(IIRF) der Weltweiten EvangelischenAllianz. Zum Thema erschien von ihmzuletzt „Multikulturelle Gesellschaft“(2007) und „Hitlers Kriegsreligion“(2007).Anmerkungen1Albert Memmi, Rassismus, Frankfurt: Athenäum1992, S. 164.2So etwa Heidrun Kaupen-Haas/Christian Saller,Wissenschaftlicher Rassismus, Frankfurt: Campus1999, S. 65ff.3George M. Fredrickson, Rassismus, Hamburg:Hamburger Edition 2004, S. 173.4Art. 1 der „Erklärung über Rassen und Rassenvorurteile“.5Stephen Jay Gould, Der falsch vermesseneMensch, Frankfurt: Suhrkamp, 19942, S. 88.6Hans F. K. Günther/Jürgen Spanuth, Die nordischeRasse bei den Indogermanen Asiens, Pähl:Verlag Hohe Warte 1982.7Gould, Mensch, a.a.O., S. 20.8Johannes P. Ney, Reizwort Rasse, Riesa: DeutscheStimme Verlag 2000, S. 20.9A.a.O., S. 41.10www.welt.de/wissenschaft/article1398825/Nur_wenige_Deutsche_sind_echte_Germanen.html (Beitrag vom 25.11.2007).Institut für Lebens- undFamilienwissenschaftenDas 2004 neu gegründete und imAufbau befindliche Institut für Lebens-und Familienwissenschaftenbesteht aus einem Forschungszweigfür Lebenswissenschaftenund einem Forschungszweig fürFamilienwissenschaften. Es hat dieAufgabe, die Belange der Lebensrechtsbewegungin Deutschlandund Europa (EU) durch Forschungund Veröffentlichungen zu unterstützen.Dabei spielen das Erheben undSichten statistischer Daten zugunstenvon Kindern und Familieneine zentrale Rolle. Es werdenArgumente für das LebensrechtUngeborener ebenso gesammelt,wie statistische Belege für dieVorteile von Langzeitehen undKernfamilien, sowie die Nachteileund Probleme von anderen Familienformenund die Familie verneinenderAktivitäten und Sichtweisenwie Pornografie und gelebteHomosexualität.Weitere Informationen über dasILFW finden Sie unter:www.bucer.eu/ilfw.html32 7 8 6 @ ü


Christoph GrötzingerNeues ITG-Studienzentrum in Linz eröffnetDas „Institut für Theologie und Gemeindebau“(ITG) eröffnete am Samstag,den 17. Oktober 2009, sein neuesStudienzentrum in Linz. In einemFestakt im Volkshaus Linz-Pichlingwurde gleichzeitig Timm Smutny insein Amt als gesamtösterreichischerInstitutsleiter eingesetzt.Der gebürtige Deutsche Smutny wardie vergangenen 11 Jahre in Niederösterreichin der Gemeindeaufbau- und<strong>Seminar</strong>arbeit tätig, bevor er zu ITGwechselte. In seiner Vorstellung desITG ging Smutny auf dessen Wurzelnein: Vor 25 Jahren wurde die BibelschuleAmpflwang ins Leben gerufen,die später nach Wallsee umzog. Dadie Schüler für den Internatsbetriebausblieben, konnte die Schule im Jahr1999 nicht mehr weitergeführt werden.Das Anliegen blieb aber: Österreichbraucht ausgebildete Mitarbeiterund Gemeindeleiter. 2004 startete das„Evangelikale Bildungswerk in Österreich“(EBÖ) als Rechtsnachfolger mitder Abendbibelschule „Glaube begründetleben“. 2005 wurde das ITG miteinem Studienzentrum in Innsbruckeröffnet.Das Studium am ITG ist so konzipiert,dass es parallel zu Beruf und Gemeindeabsolviert werden kann. Nebenviel Selbststudium gibt es monatlicheBlockseminare. Die persönliche Begleitungder Studenten und die sofortigeUmsetzung des Gelernten in derGemeindepraxis sind unverzichtbareBestandteile der Ausbildung. Smutnyskizzierte dabei 3 Schwerpunkte: innigereGemeinschaft des Studentenmit Gott, gründliche theologische Arbeitauf akademischem Niveau undPrägung der Persönlichkeit durch Gemeinschaftmit anderen Studenten undDozenten.Das ITG ist österreichischer Partnerdes <strong>Martin</strong> <strong>Bucer</strong> <strong>Seminar</strong>s (MBS) mitSitz in Bonn.Der Rektor des MBS, Prof. Dr.mult. Thomas Schirrmacher, hielt denIn einem Festakt im Volkshaus Linz-Pichlingwurde Timm Smutny in sein Amt als gesamtösterreichischerInstitutsleiter eingesetzt.Festvortrag zum Thema: „Würde Jesus<strong>heute</strong> Theologen ausbilden?“ ImNeuen Testament und in der Kirchengeschichtefinden wir Theologen, aufdie Jesus sicher verzichten konnte, soSchirrmacher. Diese würde Jesus <strong>heute</strong>auch nicht ausbilden. Auf der anderenSeite hat Jesus aber ausgebildet, under will auch, dass weiter ausgebildetwird. Theologie sei nichts anderes alschristliche Lehre, die wiederum anandere weitervermittelt würde. Der„Mehrwert“ der Ausbildung Jesu seiendas missionarische Element, die Charakter-und Persönlichkeitsbildung,die Einbeziehung von Gaben, das sichAusrichten auf Menschen und sich inihre Abhängigkeit Begeben und das sofortigeÜben des Erlernten. Jesus habeJünger ausgebildet, die hier und jetztkonkrete Antworten geben können.Wichtig sei das Wissen des Theologen,dass er in Abhängigkeit von Gott lebtund nur der Heilige Geist ihn zu seinemDienst befähigen kann. Schirrmacherzitierte Calvin: „Der Einzige,der uns berechtigt, Theologie zu betreiben,ist der Heilige Geist. Er kann unsunsere Eitelkeit aufzeigen.“ Ohne dieseAbhängigkeit vom Heiligen Geist würdenTheologen gefährlich, so Schirrmacher.Dem Festakt schloss sich ein Empfangim Evangelikalen Missionszen-7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 33


Christoph GrötzingerAnzeigetrum an. Pastor Walter Bösch, Vorstandsmitgliedder Freien Christengemeinden / Pfingstgemeinden(Wien), Pastor Wolfgang Bremicker, Vorstandsmitglieddes Bundes Evangelikaler Gemeinden (Wien),Carsten Friedrich, Leiter des MBS-Studienzentrumsin Chemnitz (D.), und Christoph Grötzinger, Generalsekretärder Österreichischen Evangelischen Allianz(Bürmoos) überbrachten Grußworte. Grötzingerdrückte seine Freude über das neue Studienzentrumaus. Es brauche in jeder Hinsicht theologisch geschulte,im Glauben gereifte, im Dienst bewährte,kurz: mündige Christen. Nur wer wisse, wo er theologischstehe, könne mit einem Schritt auch über den eigenenGemeindekreis hinaustreten. Für die Allianzenim Land brauche es Christen mit Überzeugungen.Dabei sei wichtig, dass die Überzeugungen auf Nebenschauplätzennicht verabsolutiert werden. Bei allerguten Theologie müssten Christen sich eine Lernfähigkeiterhalten, die dem Anders<strong>denken</strong>den zuhörenkönne, so Grötzinger.Dr. Gerold Lehner, Superintendent der EvangelischenKirche A. B. in Oberösterreich, konnte ausKrankheitsgründen nicht anwesend sein. Er sandteeine Grußbotschaft, die verlesen wurde.Das ITG ist ein Arbeitszweig des EvangelikalenBildungswerks in Österreich (EBÖ) mit Sitz in Innsbruck.Als Obmann fungiert Daniel Lieberherr, Geschäftsführerist Peter Mayer. Zum Team gehören weiterMax Eugster und Drs. Frank Hinkelmann. Das EBÖist auch Partner der Österreichischen EvangelischenAllianz.Internationales Institut für Religionsfreiheitder Weltweiten Evangelischen AllianzDeutschland • South Africa • Sri LankaDas IIRF ist ein Netzwerk von Forschern und Fachleutenaus allen Erdteilen, die sich um die Erarbeitung von belastbarenDaten zur Einschränkung von Religionsfreiheitund um Aufnahme der Thematik in akademische undtheologische Programme bemühen. Das Institut veröffentlichteine wissenschaftliche Zeitschrift „InternationalJournal of Religious Freedom“, sowie zwei wissenschaftlicheund eine allgemeinverständliche Buchreihe in englischerund deutscher Sprache.Leitung: Direktor: Prof. Dr. Thomas Schirrmacher, Bonn,Geschäftsführer: Manfred Feldmann – Büro: Ron Kubsch.Co-Director: Dr. Christof Sauer, Cape Town – Büro: MirjamScarborough. Legal Advisor: <strong>Martin</strong> Schweigert, Singapore.Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats: Prof. Dr.John Warwick Montgomery, Straßburg.Kuratorium: Vorsitzender: Dr. Paul Murdoch (für die DeutscheEvangelische Allianz). Julia Doxat-Purser (für dieEuropäische Evangelische Allianz). John Langlois (für dieWeltweite Evangelische Allianz). Albrecht Hauser (für dieLausanner Bewegung International). Godfrey Yogarajah(Kommission für Religionsfreiheit der Weltweiten EvangelischenAllianz)www.iirf.eu34 7 8 6 @ ü


Titus VogtRezension zur elektronischenAusgabe des Denzinger/HünermannSeit Generationen ist der „Denzinger“das Standardwerk für alle, die dieTexte der Glaubensbekenntnisse undLehrentscheidungen der KatholischenKirche solide aufbereitet nutzen undstudieren wollen. Ein Amazon-Rezensentschreibt treffend in seiner Rezensionzum Inhalt des Buches: „Werein Geschichtsbuch zum schmökernerwartet ist hier wohl falsch, wer sichaber über den Wortlaut der kirchlichenLehrmeinung informieren will, kannhier schnell fündig werden. Überspitztgesagt: was nicht im Denzinger steht,ist auch nicht Kirchenlehre.“ 1Mitte 2009 ist der Textbestand deraktuellen 42. Buchauflage (Januar2009) nun auch als elektronische Ausgabemit 2056 Seiten erschienen. DasKompendium umfasst die lehramtlichenSchreiben bis ins Jahr 2003. Wegender besonderen Bedeutung wurdedarin u. a. auch die „GemeinsameErklärung zur Rechtfertigungslehre“des Lutherischen Weltbundes und desPäpstlichen Rates für die Einheit derChristen in die Sammlung aufgenommen.Die elektronische Ausgabe des Denzinger/Hünermann(DH) wird alsPDF-Datei geliefert. Dies hat durchauseinige Vorteile. Man muss keineseparate Software installieren, sondernkann das Dokument direkt von CD-ROM aus starten oder die nur 19 MBgroße Datei einfach auf Festplatte kopierenund dann öffnen. Im Text selbstgibt es (wie in der Buchfassung) einegroße Anzahl an Querverweisen. Diesesind als Links angelegt, so dass mandie entsprechenden Stellen mit einemKlick sofort erreichen kann. Mit derTastenkombination ALT+Pfeil-nachlinksspringt man (im Adobe Reader)an die vorherige Stelle zurück, mitALT+Pfeil-nach-rechts wieder nachvorn. Dadurch kann man z. B. sehrschnell vom Register an die entsprechendeStelle im Text springen, dannwieder problemlos zurück ins Registerund an eine neue Stelle etc. Wird aufeinen Bibeltext verwiesen, kann mandie Stellenangabe ebenfalls anklicken.Daraufhin öffnet sich die im Lieferumfangenthaltene Herder-Bibel.Die PDF-Datei unterliegt keinemspeziellen elektronischen Schutz, sodass man z. B. problemlos Seiten druckenoder Textausschnitte in die eigeneTextverarbeitung kopieren kann.Das erleichtert das Zitieren einzelnerAbschnitte enorm. Deutsche und lateinischeTexte werden dem Textbestandnach problemlos übernommen, kursiveoder fette Darstellungen werden allerdingsnicht übernommen. Beim Kopierenvon griechischem Text gibt es leider(optische) Probleme. Der Text erscheintz. B. in MS Word nicht in einer einheitlichenSchriftart. Ein Großteil desTextes wird in der Schriftart Tahomaangezeigt, einige Zeichen allerdings inLucida Sans Unicode (z. B. das kleineKappa und ein viel zu großes Schluss-Sigma, obwohl es beide Zeichen korrektin Tahoma gibt). Formatiert manden Text dann komplett in Lucida SansUnicode, bleiben wiederum einige Zeichenin Tahoma stehen. Hier scheint esleider Kodierungsprobleme zu geben,7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 35


Titus VogtAnzeigedie eine händische Nacharbeit nötigmachen, was aber bei wenigen ZeilenText durchaus möglich ist.Die elektronische Ausgabe des DHmacht es jetzt natürlich auch möglich,die Suchfunktion des Adobe Reader zunutzen und so jeden beliebigen Begriffim Volltext zu suchen. Das ist geradebei einem solchen Buch, selbst wennes ein ausführliches Register hat, fürbestimmte Arbeiten praktisch unersetzlich.Ein weiterer Vorteil des PDF-Formatsist sicher, dass dieses betriebssystemunabhängigfunktioniert undzudem sicher länger auch unter neuenBetriebssystemen lauffähig sein wird.Bibliografische Angaben: Heinrich Denzinger:Enchiridion symbolorum definitionumet declarationum de rebus fideiet morum – Kompendium der Glaubensbekenntnisseund kirchlichen Lehrentscheidungen.Hrsg. von Peter Hünermann.Handbuch und CD-ROM mitPDF-Datei (2056 S.). Herder: Freiburg,2009. ISBN 978-3-451-29298-9. €[D]78,- / sFr 125.- / €[A] 80,20Glaube braucht Wissen!Die Problematik der Christenverfolgungglobalisiert sich zunehmend inder Diskussion. Außen- und Innenpolitikverquicken sich dabei in Deutschlandimmer häufiger. Vor deutschenGerichten suchen konvertierte Asylantenden Schutz der Religionsfreiheit.Christliche Flüchtlinge aus demIrak werden in Deutschland aufgenommen.Deutsche Medien machen deutscheMissionare dafür verantwortlich,dass sie in islamischen Ländern verfolgtwerden. Deswegen haben wir indiesem Band Beiträge zur Klarstellungin eigener Sache aufgenommen,etwa Stellungnahmen (z. B. der EKD)zu den unseligen Vorwürfen der Mediengegen zwei christliche Krankenschwesternim Jemen.Friedemann Burkhardt, ThomasSchirrmacher (Hg.)Anmerkungen1Patrick Zäuner. Ein absolutes Muss … Rezensionvom 23.12.2007; http://www.amazon.de/Kompendium-Glaubensbekenntnissekirchlichen-Lehrentscheidungen-Lateinisch/dp/3451285207/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1251922267&sr=8-1 (Sta nd:02.09.2009).Viel Freude beim Stöbern auf unseren Seitenwir präsentieren:• Bücher • CDs & DVDs • Kalender & Zeitplansysteme• ein Antiquariat • Sonderposten • Message Shirts• Tipps & Downloads und vieles mehr...36 7 8 6 @ ü


Prof. Dr. Dr. Thomas SchirrmacherRezension: Der Schutz der Religionsfreiheitim Internationalen RechtEndlich liegt eine Zusammenstellungaller Gerichtsurteile überregionalerGerichte und Entscheidungen zur Religionsfreiheitvor. Ein Mitglied des wissenschaftlichenBeirates des InternationalenInstituts für Religionsfreiheitder Weltweiten Evangelischen Allianzlegt auf 250 Seiten im renommiertenBaden-Badener Nomos Verlag dar, wiedie Gesetzeslage international und regionalaussieht und wie UN-Gremienoder regionale Gerichte, vor allem inAmerika und Europa, komplizierteRechtsstreitigkeiten zum Schutz derFreiheit der Religionsausübung entschiedenhaben. Das Buch schließt einegroße Lücke der gesamten Menschenrechtsliteratur.Namentlich eine Sichtung aller Urteiledes Europäischen Gerichtshofesfür Menschenrechte (EGMR) zur Religionsfreiheit– verbindlich für einenRaum von 800 Millionen Menschen –hat es bisher nicht gegeben. Es ist dereinzige überregionale Gerichtshof, dersich dem Thema häufig widmet, weswegenseine Entscheidungen internationalals Vorbild dienen. Der Verfasser zeigtzu Recht, wie positiv diese Entscheidungenüberwiegend sind und dass essich lohnt, dass sich auch Christen insolchen Rechtsfällen engagieren. DieKritik Ottenbergs – etwa an der versäumtenDefinition von „Proselytismus“– zeigt aber auch, wie wichtig esist, dass engagierte christliche Juristenan der Fortbildung des Rechts in Europaund weltweit teilnehmen. Jedenfallskann die evangelikale Bewegung stolzsein, dass einer von ihnen ein solch solideswissenschaftliches Standardwerkzu einem Thema geschaffen hat, dasfür die Evangelische Allianz seit ihrerGründung Mitte des 19. Jahrhundertseine sehr zentrale Bedeutung hat.Bibliographische Angaben: Daniel Ottenberg:Der Schutz der Religionsfreiheitim internationalen Recht. Nomos: Baden-Baden,2009. 266 S. ISBN: 978-3-832-93833-8. € 59.-7 8 6 @ ü<strong>glauben</strong> & <strong>denken</strong> <strong>heute</strong> 2/2009 37


Ma r t i n Bu c e r Se m i n a rinformiertBerlin x Bielefeld x Bonn x Chemnitz x Hamburg x PforzheimAnkara x Innsbruck x Istanbul x Prag x Zlin x ZürichFundierte Ausbildung für das Reich GottesGemeinde- und berufsbegleitendStudenten bleiben in ihren GemeindenAnleitung zum eigenständigen Denkenvom Wachstum der weltweiten Gemeinde Jesu lernenLehre und Forschung, Lernen und selbst entwickelndas Alte und Bewährte kennen lernen und völlig NeueserforschenAbwanderung von Mitarbeitern verhindern!Wir gründen Studienzentren gern in Regionen mit wenigausgeprägter christlicher Infrastruktur, wo wir dieAbwanderung wichtiger Mitarbeiter im Reich Gottes insowieso gut versorgte Regionen verhindern wollen, z. B.Studienzentren in Chemnitz und Ostberlin für die neuenBundesländer (keine Abwanderung nach Westen!)Studienzentrum Innsbruck zusammen mit dem EvangelischenBildungswerk in Österreich (keine Abwanderungnach Deutschland!)Studienzentrum Ankara und Istanbul (keine Abwanderungin die USA!)Struktur11 selbständige Studienzentren mit eigenen Studienleiternin 5 Ländern mit einheimischen TrägervereinenWir suchen Partner (Werke, Gemeinden) fürweitere StudienzentrenRektor: Prof. Dr. theol. Dr. phil. Thomas SchirrmacherDekane: Thomas Kinker, ThD (USA); Titus VogtTrägerverein seit 1979:<strong>Martin</strong> <strong>Bucer</strong> <strong>Seminar</strong> e.V., PforzheimMission durch ForschungStudenten werden an Forschung beteiligt, diechristliche Ethik in das Herz der Gesellschaftträgt, z. B. durch unsere erfolgreichen Institute:Internationales Institut für Religionsfreiheit(Partner: Weltweite Ev. Allianz)Enge Zusammenarbeit mit Institut für Islamfragen(Deutsche Ev. Allianz)Eigenes Studienprogramm mit Schwerpunkt IslamInstitut für Lebens- und FamilienwissenschaftInstitut für Notfallseelsorge, Sterbebegleitung undTrauerseelsorgeInstitut für SeelsorgeausbildungTheologische GrundlageVölliges Vertrauen in die Heilige SchriftAufbauend auf der klassischen evangelischreformatorischenTheologieOffen für alles, was im Reich Gottes Innovativesgeschah und geschiehtOffen für echte wissenschaftliche Forschung auchaußerhalb der TheologieAllianzorientiert, das heißt Dozenten undStudenten kommen aus allen evangelikalenRichtungen und wollen gemeinsam im Gesprächüber die Bibel den Weg für die Zukunft derGemeinde Jesu findenAkademischesBachelorniveau: 180 Bologna-CreditsMasterniveau: 120 weitere CreditsAlte und neue Lehrmethoden:Ganztagesseminare, Selbststudium, PapersWir bieten Kurse und ein Abschlusszeugnis an,internationale Partner rechnen dies für ihreProgramme anAbschlüsse: Unsere Kurse werden z. B. vomWhitefield Theological <strong>Seminar</strong>y angerechnet fürfolgende Abschlüsse: B.Th. (USA), M.Th. (USA),Th.D. (USA)Unsere Absolventen arbeiten in verschiedenenFreikirchen, Gemeinschaften und Missionswerkenund in ihren Berufen (z. B. Ethikberater,Unternehmensberater, Notfallseelsorger)Mission durch ForschungBibeltreu 38 x Bonn Allianzgesinnt x Innsbruck x Reformatorisch x Istanbul x Prag x Zürich7 8 6 @ üInstitut für Lebens- undFamilienwissenschaftenIfI

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