Interdisziplinarität: Forschen in den Zwischenräumen
Interdisziplinarität: Forschen in den Zwischenräumen
Interdisziplinarität: Forschen in den Zwischenräumen
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eherrschen sollte, gibt auch mir zu <strong>den</strong>ken. Dann<br />
wird systematisch Inkompetenz produziert.“ E<strong>in</strong>e<br />
sechssemestrige Sozialisation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fach reiche<br />
zum Beispiel nicht aus für Masterstudiengänge,<br />
„die alle möglichen diszipl<strong>in</strong>ären Mischungen darstellen“.<br />
Und dann wäre da noch die „Antragsprosa“. Inklusive<br />
<strong>in</strong>flationärer Nutzung des i-Wortes, das damit<br />
zu e<strong>in</strong>er Worthülse verkomme, wie viele Kritiker<br />
klagen. Ist <strong>Interdiszipl<strong>in</strong>arität</strong> überhaupt e<strong>in</strong> Qualitätskriterium?<br />
Eher e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit,<br />
me<strong>in</strong>t Richard Rottenburg, unter dessen Leitung<br />
im DFG-Schwerpunktprogramm „Adaption und<br />
Kreativität <strong>in</strong> Afrika“ gerade e<strong>in</strong>e „transdiszipl<strong>in</strong>äre<br />
Sprache“ entwickelt wird. „Wenn <strong>in</strong> Deutschland<br />
Forschungsgelder mehrheitlich an Verbundprojekte<br />
gehen und es Forderungen gibt, dass diese<br />
mehrheitlich <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är zu se<strong>in</strong> haben, dann<br />
ist irgendetwas nicht mehr <strong>in</strong> Ordnung“, sagt der<br />
Ethnologe. „Wissenschaftler muss man nicht dazu<br />
ermutigen, mite<strong>in</strong>ander zu re<strong>den</strong>. Das bedarf ke<strong>in</strong>er<br />
pädagogischen Handführung.“<br />
Aufklärungsforscher Daniel Fulda merkt allerd<strong>in</strong>gs<br />
an: „Wenn e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner Wissenschaftler <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är<br />
zu arbeiten versucht, ist das weniger<br />
selbstverständlich, <strong>den</strong>n der e<strong>in</strong>zelne Forscher soll<br />
sich ja der Metho<strong>den</strong> se<strong>in</strong>er Diszipl<strong>in</strong> bedienen<br />
und adressiert se<strong>in</strong>e Ergebnisse <strong>in</strong> der Regel an die<br />
eigenen Fachkollegen. Trotzdem sehe ich <strong>in</strong> der <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären<br />
Arbeit des E<strong>in</strong>zelnen das eigentlich<br />
Spannende. Es kommen Ergebnisse heraus, die bei<br />
der Beschränkung auf die eigene Diszipl<strong>in</strong> nicht<br />
möglich wären.“<br />
Es gibt aber noch e<strong>in</strong>en ganz anderen Aspekt,<br />
der Fulda und Rottenburg Sorgen bereitet: „An<br />
Instituts- und Fakultätsgrenzen können sich geisteswissenschaftliche<br />
Forschungsverbünde bei uns<br />
noch weniger halten als an anderen Universitäten,<br />
weil die meisten Fächer vergleichsweise wenige<br />
Professuren haben. Wichtig fände ich daher, dass<br />
die <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Forschungse<strong>in</strong>richtungen und<br />
-verbünde e<strong>in</strong>e bessere Repräsentanz <strong>in</strong> der Universität<br />
bekommen“, führt Fulda aus. „Für die <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären<br />
E<strong>in</strong>richtungen gibt es ke<strong>in</strong>e Möglichkeit,<br />
regulär die Stimme zu erheben <strong>in</strong> <strong>den</strong> Gremien. Das<br />
ist me<strong>in</strong>es Erachtens e<strong>in</strong> Konstruktionsfehler des<br />
Landeshochschulgesetzes.“<br />
Richard Rottenburg sieht die MLU selbst <strong>in</strong> der<br />
Pflicht: „Die Strukturen an der MLU passen wirklich<br />
nicht zur Arbeit <strong>in</strong> <strong>den</strong> vier Forschungsschwerpunkten<br />
und <strong>den</strong> Interdiszipl<strong>in</strong>ären Zentren. Auf der<br />
e<strong>in</strong>en Seite will beziehungsweise muss sich die MLU<br />
e<strong>in</strong> bestimmtes Profil erarbeiten – aber sie tut viel<br />
zu wenig, um es systematisch herbeizuführen. Und<br />
an der laufen<strong>den</strong> Strukturdebatte s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären<br />
Forschungsschwerpunkte und Zentren<br />
überhaupt nicht beteiligt.“ Carsten Heckmann<br />
Kontakt: Prof. Dr. Daniel Fulda<br />
Literaturwissenschaft<br />
Telefon: 0345 55 23592<br />
E-Mail: daniel.fulda@germanistik.uni-halle.de<br />
Kontakt: Prof. Dr. Richard Rottenburg<br />
Sem<strong>in</strong>ar für Ethnologie<br />
Telefon: 0345 55 24200<br />
E-Mail: richard.rottenburg@ethnologie.uni-halle.de<br />
scientia halensis 4/2012 titelthema<br />
Unterschiedliche Perspektiven,<br />
h<strong>in</strong>dernde Scheuklappen,<br />
f<strong>in</strong>anzielle Panikattacken<br />
– Daniel Fulda<br />
und Richard Rottenburg<br />
re<strong>den</strong> Klartext zum<br />
Thema <strong>Interdiszipl<strong>in</strong>arität</strong>.<br />
Im Onl<strong>in</strong>emagaz<strong>in</strong><br />
f<strong>in</strong><strong>den</strong> Sie die Interviews<br />
<strong>in</strong> voller Länge. Dazu<br />
weitere Stimmen aus Wissenschaftlichen<br />
Zentren<br />
der MLU: www.magaz<strong>in</strong>.uni-halle.de/category/<br />
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