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Wildkunde<br />
Ein KOPFSCHMUCK<br />
besonderer Art<br />
Während beim Rehwild Perückenböcke relativ häufig vorkommen,<br />
gelten solche Abnormitäten beim Rotwild als Ausnahme. Hervorgerufen<br />
wird dies durch eine Verletzung oder krankhafte Veränderung<br />
des Kurzwildbrets. Martin Merker, bekannter Naturfotograf und<br />
Autor, schildert uns eine Begegnung aus Mittelbünden.<br />
Text und Fotos: Martin Merker<br />
Wie bei den anderen Geweihträgern<br />
wachsen auch dem Rothirschkalb<br />
schon vor der Pubertät Rosenstöcke<br />
zwischen den Lauschern.<br />
Angeregt wird das Spriessen dieser<br />
kurzen Kolben durch einen eng umschriebenen<br />
Bezirk der Knochenhaut<br />
auf den äusseren Stirnbeinleisten.<br />
Quasi als Initialzündung genügt<br />
bereits ein geringer Anstieg des ins<br />
<strong>20</strong> <strong>Schweizer</strong> <strong>Jäger</strong> 6/<strong>20</strong>09<br />
Blut ausgeschütteten männlichen Geschlechtshormons<br />
(Testosteron), um<br />
das Wachstum anzukurbeln. Auf den<br />
Rosenstock kommt als Verlängerung<br />
das Erstlingsgeweih zu sitzen, das in<br />
unseren Bergen meist aus bis zu 30<br />
cm langen, verknöcherten Spiessen<br />
ohne Rosen besteht. Diese im fertigen<br />
Zustand abgestorbenen Gebilde<br />
sind durch eine Brücke von Knochenzellen<br />
mit dem lebenden Sockel verbunden.<br />
Im Frühling werden spezialisierte<br />
Zellen aktiv und lösen diese<br />
Schicht zwischen totem und lebendem<br />
Gewebe auf. Das Geweih fällt<br />
ab. Die schweissende Wunde verschorft.<br />
Vom Rand her überwallt die<br />
nach innen wachsende Basthaut die<br />
Abwurffläche und deckt sie zu. Grosse,<br />
zwischen Bast und Knochengewebe<br />
verlaufende Arterien führen anorganische<br />
und organische Baustoffe<br />
heran, die auf dem Rosenstockscheitel<br />
aufgetürmt werden. Anfänglich<br />
ist die Zuwachsrate gering, bis sich<br />
der vom Winter geschwächte Orga-