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FÜTTERUNGSUNFALL und<br />
GEFORKELTER HIRSCH<br />
Kürzlich berichtete Univ.<br />
Doz. Dr. Armin Deutz in der<br />
«Pirsch» über die Sektionsergebnisse<br />
eines an einer Fütterung<br />
verunfallten und eines<br />
bei einer Fütterung geforkelten<br />
Hirsches. Ich bat ihn, seine<br />
Befunde auch den Leserinnnen<br />
und Lesern des «<strong>Schweizer</strong> <strong>Jäger</strong>s»<br />
zugänglich zu machen.<br />
Dies in Ergänzung zu meinen<br />
eigenen Ausführungen im SJ<br />
3/09, Seiten 36–38. Nachfolgend<br />
sein Bericht.<br />
Fall 1:<br />
Verenden durch Sturz<br />
auf Schildknorpel<br />
Die Sektion eines am 27.<br />
Jänner <strong>20</strong>07 im Bereich einer<br />
Rotwildfütterung verendet<br />
aufgefundenen Rothirsches,<br />
ungerader Kronenzehner, 8<br />
Jahre, schildert folgender<br />
Kurzbericht:<br />
Der abgebildete Hirsch<br />
wurde im Bereich einer Fütterung<br />
im Bezirk Murau, Steiermark,<br />
Österreich, bei einer<br />
zwischen Bäumen angebrachten<br />
Heuraufe verendet aufgefunden.<br />
Sektionsbefund<br />
Unter der Decke (Hirsch<br />
wurde vollkommen aus der<br />
Decke geschlagen) waren ausser<br />
einer ca. 2x3 cm grossen<br />
Blutung über dem Schildknorpel<br />
des Kehlkopfes keinerlei<br />
Hinweise auf Verletzungen,<br />
wie Schuss- oder Forkelverletzungen<br />
zu erkennen. Ausser<br />
einem Lungenödem (Austritt<br />
Blutung über Schildknorpel.<br />
Blutiger Inhalt in der Luftröhre.<br />
von Flüssigkeit aus den Blutgefässen<br />
in das Lungengewebe<br />
und in die Lungenbläschen)<br />
waren an den Innenorganen<br />
keine besonderen Befunde zu<br />
erheben. Nach Eröffnung des<br />
Kehlkopfes fanden sich in der<br />
Luftröhre Blut sowie schaumige<br />
Ödemflüssigkeit.<br />
Der Hirsch verendete mit an<br />
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit<br />
agonal (in Bewusstlosigkeit)<br />
an einem Erstickungstod<br />
infolge eines<br />
Druckes/Schlages auf den<br />
Schildknorpel des Kehlkopfes.<br />
Durch das Fehlen von weiteren<br />
Verletzungen am Wildkörper<br />
sowie das Fehlen von Spuren<br />
eines Befreiungsversuches<br />
in der Umgebung des Hirsches<br />
ist davon auszugehen, dass der<br />
Druck/Schlag sofort zu einer<br />
Bewusstlosigkeit führte, in deren<br />
Folge der Hirsch erstickte.<br />
Situation beim<br />
Auffinden des<br />
Hirsches.<br />
Ursache könnte ein seitliches<br />
Wegrutschen des Hirsches bei<br />
der Fütterung gewesen sein.<br />
Der Fütterungsbetrieb ist kausal<br />
in keiner Weise mit dem<br />
Verenden des Hirsches in Zusammenhang<br />
zu bringen, da<br />
durch die insgesamt 6 disloziert<br />
angebrachten Heuraufen<br />
auch rangniedrigere Stücke<br />
ohne Streitereien Futter<br />
aufnehmen können und der<br />
Fütterungsbetrieb insgesamt<br />
als sehr gut beurteilt werden<br />
kann.<br />
Fall 2:<br />
Hirsch bei Fütterung<br />
geforkelt<br />
Am 23. Januar <strong>20</strong>08 wurde<br />
im Bezirk Judenburg, Steiermark,<br />
Österreich, einem Rothirsch,<br />
ungerader 12er, 12–13<br />
Jahre, nach Rückfrage beim<br />
zuständigen Hegemeister ein<br />
Fangschuss angetragen, da der<br />
Hirsch im Fütterungsbereich<br />
festlag und nicht mehr hoch<br />
werden konnte. Bei der Sektion<br />
am selben Tage konnten folgende<br />
Befunde erhoben werden:<br />
Alte Laufverletzung am<br />
linken Sprunggelenk (Schussverletzung<br />
mittels Röntgen<br />
ausgeschlossen), einige stumpfe<br />
Forkelverletzungen und ein<br />
perforierender Forkelstich in<br />
den rechten Brustkorb. Dieser<br />
Forkelstich führte zu einem<br />
so genannten Pneumothorax,<br />
d.h. es kam zu einem Eindringen<br />
von Luft zwischen Brustund<br />
Rippenfell. Dies führt<br />
zur Aufhebung des negativen<br />
Druckes im In trapleuralspalt<br />
(Spalt zwischen Rippen- und<br />
Lungenfell) und damit zu einem<br />
Kollaps des betroffenen<br />
Lungenflügels, der dann nicht<br />
mehr beatmet werden kann.<br />
Die Forkelstiche waren von<br />
aussen nicht sichtbar, lediglich<br />
im Bereich des perforierenden<br />
Stiches waren geringe<br />
Schweissspuren in der Decke.<br />
Mit verursacht war diese Forkelverletzung<br />
sicherlich einerseits<br />
durch ein nachbrunftiges<br />
Tier und andererseits durch<br />
die alte Laufverletzung, die<br />
Fragen an den Tierarzt<br />
Unter dieser Rubrik gibt der<br />
Tierarzt, <strong>Jäger</strong> und <strong>Jäger</strong>ausbildner<br />
Franz-Joseph<br />
Schawalder Auskunft auf Ihre<br />
Fragen.<br />
Richten Sie bitte die Fragen<br />
direkt an:<br />
Franz-Joseph Schawalder<br />
Weidlistrasse 8, 9607 Mosnang<br />
den Hirsch in seiner Bewegung<br />
einschränkte.<br />
Diese Fälle demonstrieren<br />
wieder einmal, dass es bei<br />
der Suche nach Krankheits-<br />
oder Verendensursachen wesentlich<br />
ist, dass das zu beurteilende<br />
Stück von aussen<br />
nach innen untersucht wird.<br />
Das heisst, dass das Stück zuerst<br />
möglichst vollständig aus<br />
der Decke geschlagen wird.<br />
Zu achten ist dabei besonders<br />
auf allfällige Verletzungen wie<br />
Forkelstiche oder solche, die<br />
auf einen Schuss, Riss, Absturz<br />
oder eine Kollision mit<br />
einem Kraftfahrzeug hinweisen<br />
könnten.<br />
Univ. Doz. Dr. Armin Deutz<br />
Forkelstich hinter dem rechten<br />
Schulterblatt.<br />
Der Forkelstich führte zu einem<br />
Kollaps der rechten Lunge.<br />
<strong>Schweizer</strong> <strong>Jäger</strong> 6/<strong>20</strong>09 49<br />
Tierarzt