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und herausfordernd. Vielleicht nützt sich dieGruppe mit der Zeit ab? Oder sie wird eineso eingeschworene Gruppe, dass man kaummehr diskutieren muss? Vor allem aber solldie Zeit, in der man selbst keine Anträgestellen kann, nicht zu lang sein, und es sollkeine Expertenclique entstehen.Hubacher: Derzeit ist ein harter Schnittnach vier Jahren geplant. Kontinuität wurdeim <strong>Kultur</strong>konzept nicht als Absicht formuliert.Ich persönlich bin der Ansicht,dass ein System der «schleifenden Schnitte»,wie ich es bildlich aus der LiteraturHermann Burgers kenne, das bessere Instrumentwäre. Ich sehe zum einen Kontinuitätals Qualität – zum anderen den Wandelals Chance. Die Erfahrung nach einigenJahren wird zeigen, ob der Entscheid fürdie harten Schnitte gut ist oder ob es einerspäteren Korrektur bedarf.Spoerri: Der erste <strong>Kultur</strong>rat ist in seiner jetzigenZusammensetzung insofern ideal, alsnicht nur alle Kunstsparten berücksichtigtsind, sondern in der Zusammenstellung seinerMitglieder auch wichtige Parameter wiedie Art ihrer Tätigkeit, die Lebensräume,Netzwerke und Diskussionsräume, in denensie sich bewegen, und nicht zuletzt Alter,Geschlecht, Temperament angemessen vertretensind. Die Diskussionen sind lebendig,weil von allen viel Neugierde da ist. Da inGremien – keineswegs nur kulturellen! – aufDauer aber immer die Gefahr einer Verfilzungoder einfach einer abnehmenden Offenheitgegenüber bislang unbekanntenPhänomenen entsteht, ist es sinnvoll, dieMitglieder in regelmässigen Abständen auszuwechseln.Allerdings wird sich auf Dauerdie Frage stellen, wie unerschöpflich dasReservoir an Leuten im Kanton ist, die dieseArbeit im <strong>Kultur</strong>rat weiterführen wollen undkönnen.Der <strong>Kultur</strong>rat ist ein beratendes Gremium.Hätten Sie gerne mehr Entscheidungskompetenz?Was würde es für Siebedeuten, wenn der Regierungsrat derEmpfehlung des <strong>Kultur</strong>rates nicht folgenwürde?Burckhardt-Seebass: Dass der <strong>Kultur</strong>ratnicht entscheiden kann, spornt ihn an,gründlich zu arbeiten und überzeugend zuformulieren. Die geteilte Verantwortung ermöglichtprofilierte, mutige Anträge, dieverschiedenen fachlichen Kompetenzengeben ein breites Fundament dafür. DasProzedere ist klar und transparent. Dassind die Vorzüge des Konzepts, die den Regierungsratauch überzeugt haben.Wenn der Regierungsrat einer Empfehlungdes <strong>Kultur</strong>rats nicht folgt, haben wir entwederzu wenig überzeugend gearbeitet oderes gibt nicht-kulturelle Motive (z.B. wirtschaftlicheroder politischer Art), die zu berücksichtigennicht unbedingt unsere Aufgabeist. Das hätte dann richtigerweisedie Regierung zu verantworten.Hubacher: Mit den Kompetenzen bin ichzufrieden. Ansonsten kann ja der <strong>Kultur</strong>rataus sich selbst heraus eine Diskussion startenund mehr Kompetenzen erkämpfen.Würde der Empfehlung des <strong>Kultur</strong>ratesnicht Folge geleistet, müsste ich die Situationanalysieren. Es könnte ja sein, dassVerfahrensmängel, eine offensichtliche Begünstigung,eine Fehlbeurteilung oder gareine Täuschung vorliegen und dass diesder Grund für eine Ablehnung beim Regierungsratwar. In diesem Fall hätte ich absolutesVerständnis dafür.Wäre der Ausschlag für eine Ablehnung jedochein politisches, persönliches oder garein ästhetisches Motiv, dann hätte ich im<strong>Kultur</strong>rat nichts mehr zu suchen. Ich hättedann wieder mehr Zeit für persönliche Re­flektionen und würde mir im Louvre in Parisganz bestimmt das Gemälde «La Libertéguidant le peuple» des französischenKünstlers Eugène Delacroix betrachten,das den 28. Juli 1830 zeigt, an dem bewaffneteBürger der Stadt Paris die Barrikadender königlichen Armee stürmten, um gegendie Politik Karl X. zu protestieren ...Spoerri: Was unsere Kompetenzen anbelangt,so ist zu sagen, dass die Beiträgeüber 5000 Franken – zu denen wir uns beratendund empfehlend äussern – alles andereals horrende Summen sind. Abergrundsätzlich macht ein solches zweistufigesVerfahren und die Trennung zwischenberatender und exekutiver Funktion Sinn.Problematisch wird es dann, wenn der Regierungsratseine Entscheidungskompetenzoffensichtlich rein politisch motiviertoder gar willkürlich missbraucht. Dannmuss er die Kriterien, die zur ablehnendenEntscheidung führten, offen legen, so dassder <strong>Kultur</strong>rat dazu Stellung nehmen kann.¬ Interview: Ursula BadruttChristine Burckhardt-Seebass, 1937 geboren, ist erimitierteProfessorin für Volkskunde, Basel, ehemalige Stiftungsrätinund Mitglied des Leitenden Ausschusses vonPro Helvetia.Peter Hubacher, 1969 geboren, aufgewachsen im KantonUri, lebt in Herisau. Seit 1996 ist er Mitinhaber von Keller.Hubacher.Architekten, dipl. Arch HBK BSA ETH SIA in Herisau.Er ist Mitglied der Baukommission Herisau, der EidgenössischenKunstkommission und im Vorstand desKunstvereins St. Gallen.Bettina Spoerri, 1968 geboren, aufgewachsen in Basel,lebt in Zürich. Sie studierte Germanistik, Philosophie, Musikwissenschaftsowie Komparatistik und Filmwissenschaften.2001–2003 war sie <strong>Kultur</strong>redaktorin beimSt. Galler Tagblatt. Seit 2007 ist sie teilzeitliche Redaktorinder Neuen Zürcher Zeitung.11 | RADAR

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