THEMAZum Bildbogen:Zsigmond Toth, der zur Zeit mit seiner Familie im Atelierhausder Dr. René und Renia Schlesinger Stiftung im Birliin Wald wohnt, gibt erstmals Einblick in die im Appenzellerlandentstandene Arbeit «Urnäsch 2007». Es sind – zumindestauf den ersten Blick – klassische Porträts undLandschaftsaufnahmen, festgehalten mit der analogenKamera. Sie zeigen Bäuerinnen und Bauern im ungefährenAlter des Künstlers sowie die Landschaft, in der sie lebenund wirken. In den zu Gruppen zusammengestellten Bildserienfinden feinstimmige Transformationen statt, diehinter standhaft heroischem Äusseren sensible Zeitgenossenzeigen. Im beinah intimen Blick unter die Oberflächewerden Momente des Zweifelns zugelassen. SelbstgerechteZufriedenheit macht dem Müden Platz. Dunkle Seelenzustände,Abgründe und Dickichte tauchen aus demVertrauten auf. Es sind stimmungsethnologische künstlerischeStudien eines Fotografen, der in vertrauensvollenAnnährungen etwas vom Wesen der Bewohner des AppenzellerHinterlandes zu erfassen sucht.Zsigmond Toth ist 1969 geboren, in Baden aufgewachsen,lebte längere Zeit in England und wohnt in Zürich. Er studierteFotografie an der Hochschule für Gestaltung undKunst in Zürich. 2000 zeigte er Arbeiten in der Ausstellung«Some Secrets» in der Kunsthalle St. Gallen, 2008war er in «Swiss Photography – ewz.selection» im ewz-Unterwerk Selnau in Zürich vertreten. (ubs)Mäddel Fuchs erwandert seinen Lebensraum. Seit den70er Jahren hält er fest, was ihm begegnet, was ihn berührt.Es sind nicht selten mit ahnungsvollem Gemüt aufgespürteMomente des Verschwindens. Nicht nostalgischund rückwärtsgewandt, sondern mit der Beharrlichkeitdes aufmerksamen Beobachters. So ist Mäddel Fuchsohne Absicht zum Chronisten geworden. Viele seiner Aufnahmenmachen erst im nachhinein gewahr, dass sich dieLandschaften verändern, genauso wie Brauchtum undTraditionen. Die Landschaften in Schwarzweiss berührendas Unfassbare gewachsener Strukturen in ständiger unmerklicherVeränderung.Heute findet er kaum mehr jene Zäune, welche die Hügelstrukturierten. Die langen Reihen von Hag-Bildern habenihre Anfänge nicht im Dokumentarischen, sondern in derLeidenschaft des Künstlers zum Motiv. Die urgestaltigenHeufiguren sind längst von den Wiesen verschwundenund erinnern an eine Versammlung von Ahnengeistern.Mäddel Fuchs ist 1951 geboren, in Zürich, Cademario undTrogen aufgewachsen und lebt seit vielen Jahren aufdem Sommersberg oberhalb Gais. Buchpublikationen(Auswahl): «Appenzeller Viehschauen» (Typotron AG,St. Gallen 1998); «Chome gaad – Der Hausierer ArthurZünd» (Appenzeller Verlag, Herisau 2001); «Con Triana,Romeria del Rocío – die grösste Wallfahrt Andalusiens»(Appenzeller Verlag, Herisau 2004). (ubs)DIE AUSSERRHODER MUSEUMSLANDSCHAFT BENÖTIGTIN IHRER VIELTEILIGKEIT BESONDERE BEACHTUNG.DABEI STELLT SICH DIE FRAGE, WIE VIELE MUSEEN DERKANTON ERTRÄGT. UND OB DIE STREUSIEDLUNGSSTRUKTURIHR ÜBERLEBEN GARANTIERT ODER IHREN UNTERGANGFORCIERT. AUSGEHEND VOM VOLKSKUNDE-MUSEUM IN STEINWEITEN WIR DEN BLICK IN DIE HÜGEL UND DARÜBERHINAUS UND VERSUCHEN, ERSTE STRATEGIEN FÜR EINEGEBÜNDELTE MUSEUMSPOLITIK ZU ENTWERFEN.NACH DEM WECKRUF –DIE FINANZIERUNGSPROBLEME DESVOLKSKUNDE-MUSEUMS STEINDie knappe Meldung in der «AppenzellerZeitung» vom 5. Mai dieses Jahres war einWeckruf: An der Mitgliederversammlungder Gönnervereinigung des AppenzellerVolkskunde-Museums wurde mitgeteilt, dieStelle des Museumskurators sei aus Spargründengestrichen worden. Die Erkenntnisder vergangenen zwei Jahre sei eindeutig,wurde Gönnervereinigungs-Präsident JürgBaumgartner zitiert: «Eine professionellekünstlerische Führung kann sich das Museumnicht leisten.»Die Nachricht von der Stellenstreichungwar zum damaligen Zeitpunkt nicht falsch,sie war aber nicht für die Öffentlichkeit bestimmtgewesen; und heute stimmt sienicht mehr. Inzwischen ist die Sparmassnahmewieder rückgängig gemacht worden.Eine «grosszügige Unterstützung derSteinegg Stiftung, Herisau, und ein Legatermöglichen nun die professionelle Fortführungdes Betriebs und eine Weiteranstellungdes Kurators Marcel Zünd währendder nächsten 2,5 Jahre.» Dies konnte JörgSchoch, Präsident der Genossenschaft AppenzellerVolkskunde-Museum Ende Junimitteilen.Ungeliebte wiederkehrende AusgabenEs ist einfacher, den Bau eines Museums zufinanzieren, als dessen Betriebskosten zudecken. Private Geldgeber und die öffentlicheHand leisten lieber Investitionshilfen,als eine Verpflichtung zu jährlich wiederkehrendenBeiträgen einzugehen.So gibt es im Volkskunde-Museum in Steinbis heute ein ungelöstes Problem: die dauerhaftefinanzielle Sicherung des Betriebs.Laut Jörg Schoch musste man feststellen,dass sich die Stelle des Kurators nicht ausEinnahmen finanzieren lässt. Das weissauch Kurator Marcel Zünd: «Man kann einenMuseumsbetrieb nicht durch Eintritte26 | THEMA
finanzieren. Für ein Regionalmuseum weisenwir immerhin einen vergleichsweisehohen Eigenfinanzierungsgrad auf.»Steigern lässt sich dieser nicht beliebig.Das Luzerner Verkehrshaus, das meistbesuchteMuseum der Schweiz, konnte alseinsamer Spitzenreiter in den vergangenenJahren annähernd 90 Prozent seiner Ausgabenselber decken, dies dank verschiedenerkommerzieller Nebentätigkeiten wiedem Kongressbetrieb oder dem IMAX-Kino.Schweizerische Regionalmuseen erreichenin der Regel einen Eigenfinanzierungsgradvon rund 30 Prozent. Das Volkskunde-Museumin Stein kommt mit den Einnahmenaus Eintritten, Führungen und Verkaufimmerhin auf etwa 35 Prozent; inklusiveSponsoring, Legaten und weiteren Zuwendungendeckt es sogar 60 Prozent seinerAufwendungen (im Jahr 2004).«Grundsätzlich auf gutem Weg»Durch die neuerliche Unterstützung derSteinegg Stiftung hat man nun vorerstetwas Luft. Die Zeit will man nutzen, umdie Dauerausstellung zu erneuern und fürFamilien und Kinder attraktiver zu machen,um vermehrt aktuelle appenzellischeBezüge zu integrieren und die Präsentationzu modernisieren. Jörg Schochsieht das Museum «grundsätzlich auf gutemWeg». Die Finanzprobleme seien abernicht leicht zu lösen: Das Gebäude sei relativteuer im Unterhalt, das Museumskonzeptmit den Bereichen «Käsen, Webenund Sticken» sei personalintensiv. DieSparmöglichkeiten habe man weitgehendausgeschöpft: Die Öffnungszeiten desMuseumsshops wurden reduziert, bei derPräsentation werden Mitwirkende nur imBedarfsfall aufgeboten.Marcel Zünd glaubt, dass zur Erhaltungder Ausserrhoder Museumslandschaft zusätzlicheMittel nötig sind: Die jetzt für dieMuseen in Stein, Urnäsch, Herisau und Heideninsgesamt zur Verfügung stehendenkantonalen Beiträge von 325 000 Frankenreichten nicht.Die appenzellische Museumslandschaftpasst zur dörflichen Struktur des Kantonsund zur appenzellischen Streusiedlung. Erhaltenhat sie sich bisher dank unentgeltlicherFreiwilligenarbeit und privater Unterstützung.Verglichen mit anderen Kantonen oderKommunen hat Ausserrhoden seine Museenbisher wenig unterstützt: Mehr als 3,2Millionen Franken stellt beispielsweise dieStadt St. Gallen jährlich der StiftungSt. Galler Museen zur Verfügung, und auchdie Thurgauer Museen können mit einerwesentlich höheren Unterstützung der öffentlichenHand rechnen.Teil der GrundversorgungAllerdings zeigen Beispiele aus Deutschland,dass die staatliche Finanzierung vonMuseen durch aktuelle Entwicklungen inFrage gestellt ist: «Museen sehen sich infolgeder angespannten Lage der öffentlichenKassen zunehmend finanziellen Sachzwängengegenüber», heisst es beispielsweise ineiner Seminarausschreibung der UniversitätHamburg: «In einer stärkeren Unterstützungdes privaten Sektors und in einem erhöhtenAnteil an Eigeneinnahmen wird eineTeillösung der Finanzmisere gesehen.»Da könnte Ausserrhoden allenfalls gar alsvorbildliches Beispiel dienen. Hier weissman, dass private Finanzierung und dasEngagement von Bürgerinnen und Bürgernweit tragen und vieles ermöglichen. Vielleichtmüsste man sich aber doch überlegen,ob der Kanton nicht mehr als die besagten325 000 Franken jährlich für dieMuseen einsetzen sollte. Immerhin leistet«Private Donatoren und Sponsoren sollten nicht die Grundversorgungsicherstellen müssen, sondern dasZusätzliche, Spezielle, Besondere ermöglichen helfen.»die vielfältige Museumslandschaft einenBeitrag zur häufig gepriesenen Standortqualität.Museen gehören gewissermassenzur kulturellen Grundversorgung, erst rechtin einem Kanton, der auch den Tourismusals wirtschaftliches Standbein sieht, nachQualität und Eigenständigkeit strebt undVerantwortung für sein kulturelles Erbeträgt. Private Donatoren und Sponsorensollten nicht die Grundversorgung sicherstellenmüssen, sondern das Zusätzliche,Spezielle, Besondere ermöglichen helfen.¬ Text: Hanspeter SpörriTHEMA | 27