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Testbericht aus Modellwerft

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fahrmodEllE | andrEas stach<br />

US Army ST-74 Tug<br />

Kleiner Schlepper in Grau<br />

Auf der Intermodellbau 2010 in Dortmund<br />

fiel mir an einem der Verkaufsstände in<br />

der Schiffsmodellbauhalle ein kleiner<br />

grauer Schlepper auf. Im Maßstab 1:48 gefiel<br />

er durch eine sehr gute Detaillierung<br />

und Ausführung. Es gab jedoch nur dieses<br />

eine Fertigmodell für relativ viel Geld zu<br />

erwerben. Schade eigentlich.<br />

Beim Surfen über die Seiten diverser<br />

Schiffsmodellbauhändler stieß ich dann<br />

im August dieses Jahres auf ein ähnliches<br />

Modell, und zwar bei JOJO Modellbauvertrieb.<br />

Es handelt sich hier um einen neuen<br />

B<strong>aus</strong>atz der Firma Dumas, die eigentlich<br />

durch ihre Mahagoniboote in Deutschland<br />

bekannt ist.<br />

Kaum bestellt, traf der kleine<br />

Baukasten schon bei mir ein.<br />

Gerade Marine-Schleppermodelle<br />

sind auf dem Baukastenmarkt<br />

noch immer echte Exoten. Die originalen<br />

ST-Schlepper (ST= small tug) waren<br />

tatsächlich bei der Army und nicht<br />

bei der Navy im Einsatz. Vor allem im<br />

Zweiten Weltkrieg gab es einen hohen<br />

Bedarf an Schleppern in den Häfen.<br />

Dort mussten Frachtschiffe bugsiert<br />

und Leichter versetzt werden. Im Übrigen<br />

gibt es auch heute noch moderne<br />

Army-Schlepper, zu sehen auf der<br />

Internetseite www.nafts.net/armytugs.<br />

Deckel auf und reingeschaut<br />

Der recht kleine Umkarton veranschaulicht<br />

bereits, wie handlich das Modell<br />

einmal sein wird. Mit einer Länge<br />

von 45,7 cm und einer Breite von nur<br />

12,1 cm ist der Schlepper fast noch<br />

ein Minimodell. Im Karton finden wir<br />

zwei Rumpfhalbschalen <strong>aus</strong> Polystyrol.<br />

Diese sind unbeschnitten. Weiteres<br />

Baumaterial ist in Form von lasergeschnittenen<br />

Holzplatten, gestanzten<br />

PVC-Hartschaumplatten, Leisten <strong>aus</strong><br />

Kunststoff und Holz sowie Draht vorhanden.<br />

Einige wenige Beschlagteile<br />

sind <strong>aus</strong> Metallguss gefertigt. Hier ist<br />

etliches nachzuarbeiten.<br />

Für die funktionsfähige Antriebs<strong>aus</strong>-<br />

rüstung liegen eine Welle, ein ungelagertes<br />

Stevenrohr sowie Kupplung<br />

und Propeller bei. In einem Beiblatt<br />

des Importeurs wird hier bereits der<br />

Aust<strong>aus</strong>ch empfohlen, denn Gewinde<br />

und Maße sind in Zoll. Außerdem ist<br />

die Qualität nicht gerade ber<strong>aus</strong>chend.<br />

Der Propeller, ein 25-mm-Exemplar,<br />

ist zweiflügelig und durchsichtig. Also<br />

nur für ein Spielzeug tauglich. Weiter<br />

findet sich im Baukasten ein Dekorbogen,<br />

auf dem sämtliche Fenster und<br />

Bullaugen dargestellt sind. Diese sollen<br />

am Modell angebracht werden, um die<br />

Fenster zu imitieren.<br />

Damit wären wir schon beim Bauplan,<br />

der im Maßstab 1:1 beiliegt und auf<br />

dem alle Ansichten gezeichnet sind.<br />

Dazu kommt noch eine englischsprachige<br />

Bauanleitung, in der alle Maße,<br />

typischerweise in Zoll, angegeben<br />

sind. Um uns das lästige Umrechnen<br />

zu sparen, hat der Importeur eine<br />

Umrechnungstabelle beigefügt. Mit<br />

Grundkenntnissen der englischen<br />

Sprache oder einem „Übersetzer“ <strong>aus</strong><br />

58 ModellWerft 12/2010


� die rumpfhälften werden beim verkleben mit klammern zusammen gehalten<br />

� nicht verwendet: stevenrohr/wellen-kombi<br />

� der mit Polystyrol beplankte aufbau<br />

dem Internet sind die auftauchenden<br />

Fragen schnell geklärt. Die Beschreibung<br />

und die Skizzen sind eigentlich<br />

sehr schlüssig.<br />

Der Bau beginnt<br />

Zuerst der Bootständer: Die Teile <strong>aus</strong><br />

PVC-Hartschaum lassen sich sehr gut<br />

mit Pattex Extreme Repair verkleben.<br />

Dann werden die Rumpfschalen laut<br />

Anleitung beschnitten. Es soll ein<br />

etwa 8 mm breiter Kleberand stehen<br />

bleiben. Zum Zusammenfügen der<br />

Schalen leisten so genannte „Foldback-<br />

Klammern“ <strong>aus</strong> dem Bürobedarf gute<br />

Dienste. Zuerst wird innen mit Flüssigkleber<br />

gearbeitet. Ist dieser <strong>aus</strong>gehärtet,<br />

wird die Klebenaht von innen verstärkt.<br />

Laut Bauanleitung soll dies mit dem<br />

beiliegenden Glasgewebeband und Se-<br />

ModellWerft 12/2010<br />

kundenkleber geschehen. Da mir dies<br />

zu riskant erschien, kam angedicktes<br />

Epoxydharz zum Einsatz. Dann kann<br />

der Rand an den Rumpfteilen entfernt<br />

werden. Im Anschluss wird die Naht<br />

verspachtelt und verschliffen und schon<br />

ist in kurzer Zeit ein ansehnlicher kleiner<br />

Rumpf entstanden.<br />

Der Rumpf wird nun mit den Markierungen<br />

für das Stevenrohr und<br />

die Ruderdurchführung versehen. Als<br />

Stevenrohr kommt ein 90 mm kurzes<br />

Exemplar <strong>aus</strong> dem H<strong>aus</strong>e Graupner<br />

zum Einsatz. Die Verbindung mit dem<br />

Antriebsmotor stellt eine Schlauchkupplung<br />

her. Der hier verwendete<br />

Glockenankermotor ist ein Mitbringsel<br />

von einer Modellbaumesse. Ein<br />

Raboesch-Propeller mit 35 mm Durchmesser<br />

sorgt für den Vortrieb. Als Servo<br />

� der baukasteninhalt<br />

� steuerh<strong>aus</strong>unterbau<br />

fahrmodEllE | andrEas stach<br />

kommt ein digitales Miniexemplar und<br />

als Regler der Micro Boat von Ansmann<br />

zum Einsatz. Diese Minikomponenten<br />

sind aber nicht unbedingt nötig,<br />

sie waren einfach im Bestand. Der<br />

Strom kommt <strong>aus</strong> einem fünfzeiligen<br />

NiMH-Akku mit einer Kapazität von<br />

3.600 mAh. Die Fahrzeit sollte damit<br />

mehr als <strong>aus</strong>reichend sein.<br />

Das Deck passt recht gut und wird auf<br />

die Holzunterzüge geklebt. Das achtere<br />

Podest verdeckt gut die Ruderanlenkung.<br />

Durch den bauartbedingt kurzen<br />

Ruderkoker wurden hier als zusätzliche<br />

Dichtung O-Ringe verwendet. Ist das<br />

Deck montiert, werden die Halbrund-<br />

Fenderleisten <strong>aus</strong> Gummi angebracht.<br />

Diese müssen später lackiert werden;<br />

am besten, man testet vorher, welcher<br />

Lack gut haftet. Es gibt zwar spezielle<br />

59


fahrmodEllE | andrEas stach<br />

� viel Platz im<br />

rumpf für das<br />

bisschen technik<br />

Gummifarben, aber leider nur in größeren<br />

Gebinden. Bei dem Testmodell<br />

wurde erst einmal das normale Marinegrau<br />

<strong>aus</strong> der Sprühdose verwendet.<br />

Spätere Lackablösungen gehen dann<br />

notfalls als Alterungsspuren durch.<br />

Der weitere Aufbau der Decksteile<br />

geht recht einfach vonstatten. Auf das<br />

Schanzkleid kommt eine umlaufende<br />

Holzabdeckung. Die Passgenauigkeit<br />

der Bauteile ist dabei recht gut. Die<br />

großen Poller schließlich an Bug und<br />

Heck werden <strong>aus</strong> gelaserten Holzteilen<br />

zusammengebaut.<br />

� baukastenversion und verbesserte steuerbordseite<br />

Der Aufbau entsteht<br />

Das Grundgerüst für die Aufbauteile<br />

wird in Spantbauweise erstellt. Dieser<br />

Grundkörper <strong>aus</strong> gelaserten Balsateilen<br />

wird anschließend mit den fertig <strong>aus</strong>gestanzten<br />

Seitenteilen <strong>aus</strong> PVC-Platten<br />

beplankt. Auch das Steuerh<strong>aus</strong> wird auf<br />

diese Weise hergestellt. Die Aufbautüren<br />

werden mit Scharnierattrappen <strong>aus</strong>gerüstet<br />

und dann an den entsprechenden<br />

Stellen angebracht. Die Maßangaben im<br />

Plan sind zwar wieder in Zoll angegeben,<br />

können aber ebenso gut <strong>aus</strong> dem<br />

Bauplan abgegriffen werden.<br />

Nach der Lackierung werden schließlich<br />

die Bullaugen aufgeklebt. Ja, es<br />

sind durchweg Aufkleber, mit denen die<br />

Durchbrüche dargestellt werden sollen.<br />

Hier kann aber mit wenig Aufwand, beispielsweise<br />

mit Ätzteilen, nachgebessert<br />

werden. Bullaugen in passender Größe<br />

habe ich im Angebot von Hobby-Lobby<br />

gefunden. Um den Unterschied zu<br />

veranschaulichen, wurde nur die Steuerbordseite<br />

des Modells damit veredelt.<br />

Aber auch das nachträgliche Verbessern<br />

ist ohne großen Aufwand machbar.<br />

Kleinigkeiten<br />

Sind die Grundaufbauten fertig, wird<br />

noch der Schornstein <strong>aus</strong> tiefgezogenen<br />

Halbschalen gebaut. Auch hier kommen<br />

erneut die „Foldback-Klammern“<br />

zum Einsatz. Dann noch spachteln und<br />

verschleifen und schon steht meine<br />

Lieblingsbeschäftigung an, das Löten<br />

der Reling. Aber auch hier gibt es pfiffige<br />

Lösungen, die sogar im Bauplan<br />

vorgeschlagen werden. Für die zweizügige<br />

Reling auf dem Bootsdeck ist im<br />

Bauplan eine Zeichnung im Maßstab<br />

1:1 vorhanden. Auf dieser werden die<br />

Relingteile mit Klebeband fixiert und<br />

auch verlötet. So gelingt recht einfach<br />

die starke Krümmung dieser Bauteile.<br />

Die Fußreling auf dem Steuerh<strong>aus</strong> wird<br />

anhand einer 1:1-Zeichnung vorgebogen<br />

und auf dem Dach mit den beiliegenden<br />

Drahtösen vormontiert. Das<br />

Verlöten kann dann auf dem Bauteil<br />

erfolgen, wenn man an die notwendige<br />

Kühlung denkt. Das Rettungsboot<br />

und dessen Abdeckung liegen wieder<br />

als Tiefziehteile bei. Auch dieses Detail<br />

ist recht einfach zu bauen. Die<br />

Seitenteile der Persenning bestehen <strong>aus</strong><br />

Karton. Sie werden an den Seiten angeklebt<br />

und überlackiert. Sieht eigentlich<br />

ganz gut <strong>aus</strong>!<br />

Die Masten bestehen <strong>aus</strong> Rundhölzern<br />

und müssen im oberen Bereich konisch<br />

geschliffen werden. Der vordere Signalmast<br />

bekommt noch drei Lampenplattformen<br />

<strong>aus</strong> Sperrholz angeleimt. Auch<br />

die Lampenborde auf dem Steuerh<strong>aus</strong><br />

bestehen <strong>aus</strong> diesem Material. Die<br />

Lampenkörper <strong>aus</strong> Metallguss sind allerdings<br />

nicht sehr gut gelungen, weisen<br />

viele Gussgrate auf und sind nicht beleuchtbar.<br />

Hier sollte der Modellbauer<br />

auf Alternativen <strong>aus</strong> dem Zubehör zurückgreifen,<br />

denn eine funktionsfähige<br />

Beleuchtung ist bei einem kleinen<br />

Schiffsmodell immer ein Gewinn, vor<br />

allem wenn es auch noch Grau ist!<br />

Die restlichen Beschlagteile <strong>aus</strong> dem<br />

recht harten Metallguss beschränken<br />

sich auf eine große Klampe am Heck<br />

und den Suchscheinwerfer. Auch dieser<br />

ist optisch nicht sehr gut gelungen.<br />

Bei der End<strong>aus</strong>rüstung musste ich dann<br />

noch feststellen, dass die Flagge fehlt.<br />

Klein, wendig, praktisch<br />

Fertig <strong>aus</strong>gerüstet fanden die erste<br />

Testfahrt und das erste Fotoshooting<br />

des Schleppers im heimischen Gartenbecken<br />

statt. Nachdem dort alles noch<br />

einmal gründlich überprüft und für<br />

gut befunden wurde, ging es auf den<br />

60 ModellWerft 12/2010


die fertige reling<br />

Rhein. Dort sollte das Modell zeigen,<br />

was in ihm steckt. Das Gewicht von<br />

1,6 kg sorgt im Zusammenspiel mit<br />

dem typischen Schlepperrumpf für<br />

mehr als <strong>aus</strong>reichende Fahrstabilität.<br />

Die Fahrgeschwindigkeit ist etwas zu<br />

hoch. Aber etwas Leistungsüberschuss<br />

hat noch keinem Schleppermodell geschadet.<br />

Das Modell ist sehr wendig und durch<br />

das relativ große Ruderblatt ist sogar<br />

das Steuern bei Rückwärtsfahrt möglich.<br />

Da der Rhein nicht gerade als<br />

ruhiges Gewässer bekannt ist, musste<br />

das kleine Modell ganz schön kämpfen.<br />

Dafür sind einige recht spektakuläre<br />

Bilder entstanden. Der hohe Süllrand<br />

und der tiefe Schwerpunkt ließen aber<br />

keine Panik aufkommen. Am Ende der<br />

Fotosession war nur ein guter Schluck<br />

Wasser in das Modell gelangt. Auf normalem<br />

Fahrgewässer kann hier eigentlich<br />

nichts passieren.<br />

Fazit<br />

Das Army ST-74 Tug von Dumas ist<br />

ein schönes kleines Modellbauprojekt<br />

für zwischendurch. Die Bautechniken<br />

sind teilweise ungewohnt, aber sinnvoll<br />

und wohl durchdacht. Die Baukasten<strong>aus</strong>rüstung<br />

mit Fensteraufklebern und<br />

bescheidenen Gussteilen ist natürlich<br />

nicht so toll, und Rettungsringe <strong>aus</strong><br />

ModellWerft 12/2010<br />

� auch in diesem<br />

maßstab kommt<br />

die detaillierung<br />

nicht zu kurz �<br />

lackierten Unterlegscheiben – das geht<br />

eigentlich gar nicht. Der über<strong>aus</strong> günstige<br />

Baukastenpreis von knapp 100<br />

Euro lässt dies alles aber gut verschmerzen.<br />

Ein wenig Mehraufwand für echte<br />

Fensterdurchbrüche, funktionsfähige<br />

Positionslampen und Scheinwerfer sowie<br />

etwas Dekoration mit Seilen, Fässern,<br />

Trossen und vor allem Besatzung<br />

lohnt sich auf jeden Fall und macht<br />

<strong>aus</strong> diesem Modell ein vorzeigbares<br />

Schiffchen.<br />

Interessant für all jene, die mit „grauen“<br />

Modellen überhaupt nichts anfangen<br />

können, ist, dass nach dem Krieg viele<br />

Etwas kraftüberschuss<br />

hat noch keinem<br />

schlepper geschadet<br />

� die fenderleisten <strong>aus</strong> gummi sind angebracht<br />

fahrmodEllE | andrEas stach<br />

ST-Schlepper verkauft und im zivilen<br />

Bereich eingesetzt wurden. Es sind also<br />

auch andere Farben möglich!<br />

Über die englischsprachige Bauanleitung<br />

und den Bauplan lässt sich nichts<br />

Negatives sagen. Grundkenntnisse in<br />

Englisch genügen vollauf, um damit<br />

klar zu kommen. Außerdem sind auf<br />

dem Beiblatt des Importeurs einige hilfreiche<br />

Anmerkungen zu finden. Auch<br />

die wichtigsten Umrechnungen von<br />

angelsächsischen in metrische Maße<br />

sind dort vermerkt. Der kurzweilige<br />

Bau des Modells lässt sich in ca. 55<br />

Bastelstunden bewältigen.<br />

Info und Bezug<br />

JOJO Modellbauvertrieb<br />

Zinzendorfstraße 20<br />

99192 Neudietendorf<br />

03641-479136<br />

www.schiffsmodelle-shop.de<br />

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