Arbeitsblatt3A02Barbie für e<strong>in</strong> paar CentSeit 1959 setzte der Konzern Mattel weltweit fast 800 Millionen Barbies ab. JedeSekunde werden irgendwo auf der Welt zwei Puppen verkauft. Am Beispiel derBarbie-Puppe lässt sich die enorme Gew<strong>in</strong>nspanne, die bei der Herstellung und demVerkauf von <strong>Spielzeug</strong> zu erzielen ist, sehr anschaulich darstellen. Der französischeZweig der <strong>Spielzeug</strong>kampagne „De l'ethique sur l'etiquette" hat berechnet, wasvom Preis e<strong>in</strong>er Barbie <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a bleibt. :Wenn e<strong>in</strong>e Puppe 15 € kostet, dann bleiben:12 € FÜR DEN ZWISCHENHANDEL:• Transportkosten(von Hongkong bis nach Europa)• Kosten für WerbungGew<strong>in</strong>nspanne des E<strong>in</strong>zelhandels(Gehalt des Geschäftsführers,Ladenmiete...)• Gew<strong>in</strong>n der Aktionäre1,5 € TEILEN SICH ZWISCHEN:• der örtlichen ch<strong>in</strong>esischenGeschäftsführung• den Transportkosten von der Fabrikbis nach Hongkong1 € KOSTEN DIE MATERIALIEN,AUS DENEN DIE PUPPE GEMACHT WIRD(Plastik, Haare, Farben...)0,5 € WERDEN AUFGETEILT UNTER:• den Löhnen für dieFabrikarbeiter/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a• den Zöllen <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>aaus: Reseau-Solidarité, Rennes, Nov.2001Warum zahlen die großen Firmen nicht e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong> paar Cent mehr, um dieLöhne der Arbeiter<strong>in</strong>nen zu verdoppeln oder um die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen zuverbessern?Veranstaltet e<strong>in</strong> Streitgespräch zwischen e<strong>in</strong>er Gruppe von Fabrikarbeiternund den Vertretern der amerikanischen Konzernspitze.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 14
Medien3M01Auszüge aus:Barbie & Co - Der weltweite <strong>Spielzeug</strong>marktKlaus Heidel (<strong>Werkstatt</strong> Ökonomie) · Februar 2003Von Nürnberg nach Shenzhen:Wie Ch<strong>in</strong>a zum größten <strong>Spielzeug</strong>hersteller der Welt wurdeOb <strong>in</strong> Europa oder <strong>in</strong> Nordamerika, <strong>in</strong> Australien oder im Mittleren Osten – überall stehen Barbie-Puppen unddie gleichen Action-Figuren <strong>in</strong> den <strong>Spielzeug</strong>geschäften. Überall gibt es Fisher Price und Teletubbies, Monopolyund Trivial Pursuit. Überall das gleiche Markenspielzeug großer Konzerne – das zu e<strong>in</strong>em großen Teil <strong>in</strong> derVolksrepublik Ch<strong>in</strong>a hergestellt wird. Etwa <strong>in</strong> Fabriken im Großraum Shenzhen – e<strong>in</strong>er rasch wachsendenMetropole mit über vier Millionen E<strong>in</strong>wohnern.Das war natürlich nicht immer so: Die Wurzeln der modernen <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrie führen nach Deutschland undhier vor allem nach Nürnberg, der heutigen Partnerstadt von Shenzhen. Seit dem 15. Jahrhundert war dieFrankenmetropole so etwas wie e<strong>in</strong> Zentrum der <strong>Spielzeug</strong>herstellung und erlebte Mitte des 19. Jahrhunderts mitder <strong>in</strong>dustriellen Fertigung von Blechspielzeug e<strong>in</strong>en nochmaligen Aufschwung.Nach dem ersten Weltkrieg gab Deutschland se<strong>in</strong>e Führungsrolle als Spielwarenproduzent an die USA ab. Dortentstanden große <strong>Spielzeug</strong>konzerne wie Mattel oder Hasbro, die noch heute die Branche beherrschen. Seit densechziger Jahren verlagerten diese Konzerne e<strong>in</strong>en wachsenden Teil ihrer Produktion nach Asien. Zum Teilerrichteten sie dort eigene Fabriken. Weit häufiger aber ließen sie ihre <strong>Spielzeug</strong>e von asiatischen Unternehmenherstellen und verkauften sie dann unter ihrem Namen.Ständig waren die Konzerne auf der Suche nach Ländern mit niedrigen Löhnen und wurden zunächst <strong>in</strong> Japanfündig. Doch mit dem raschen Wirtschaftswachstum Japans stiegen dort die Löhne. Daher sahen sich die USamerikanischenKonzerne nach neuen Lieferländern und Produktionsstandorten um und wählten <strong>in</strong> den siebzigerJahren Südkorea, Taiwan und vor allem Hongkong als Produktionsländer ihrer Spielwaren aus.Bald wurden auch diese Länder für die nordamerikanischen Konzerne zu teuer, denn auch <strong>in</strong> diesen„Tigerstaaten“ entwickelte sich die Wirtschaft schnell – was wiederum zu e<strong>in</strong>em Anstieg der Löhne führte.H<strong>in</strong>zu kam e<strong>in</strong>e währungspolitische Entscheidung der führenden westlichen Industrienationen. Denn dieseLänder fürchteten sich zunehmend vor der billigen japanischen Konkurrenz und setzten deshalb 1985 e<strong>in</strong>eAufwertung des japanischen Yen durch, die kurz darauf zu Aufwertungen der südkoreanischen undtaiwanesischen Währungen führte. Dies verteuerte <strong>in</strong> Südkorea und Taiwan die Produktion für den Weltmarktzusätzlich. Daher ließen jetzt die Konzerne aus Nordamerika <strong>in</strong> Thailand, Malaysia, Indonesien und Ch<strong>in</strong>aproduzieren, und diesem Beispiel folgten bald japanische und europäische Unternehmen.In dieser Situation war es besonders folgenreich, dass sich die ch<strong>in</strong>esische Führung 1979 dazu entschlossenhatte, Ch<strong>in</strong>a für den Weltmarkt zu öffnen. Zunächst noch sehr zögerlich und langsam, doch bald wurden dieTüren immer weiter aufgestoßen: Ch<strong>in</strong>as Exporte explodierten, und das Land räumte ausländischenUnternehmen immer günstigere Rahmenbed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>. So genannte Sonderwirtschaftszonen entstanden, <strong>in</strong>denen ch<strong>in</strong>esische Unternehmen – immer häufiger mit ausländischer Kapitalbeteiligung – für den Weltmarktproduzierten.Diese neue Situation nutzten zunächst die „Auslandsch<strong>in</strong>esen“ <strong>in</strong> der britischen Kronkolonie Hongkong. Siezogen es vor, statt weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> fernen Ländern wie Thailand, Malaysia, Indonesien oder Vietnam lieber imnahen ch<strong>in</strong>esischen Umland zu <strong>in</strong>vestieren. Denn e<strong>in</strong>e der wirtschaftlichen Boomregionen Ch<strong>in</strong>as umgibtHongkong: Gleich h<strong>in</strong>ter der Grenze beg<strong>in</strong>nt das Industriegebiet im Mündungsdelta des Perlflusses (PearlRiver). Dorth<strong>in</strong> verlegten viele Hongkonger Unternehmen ihre Fabriken, und diesem allgeme<strong>in</strong>en Trend folgtenauch die <strong>Spielzeug</strong>hersteller: Sie ließen jetzt nicht mehr im vergleichsweise teuren Hongkong produzieren,sondern im wesentlich billigeren Pearl River Delta.Da aber die <strong>Spielzeug</strong>hersteller Hongkongs <strong>in</strong> der Zwischenzeit die wichtigsten Lieferanten der <strong>Spielzeug</strong>konzerneaus Nordamerika und Europa geworden waren, prägte die Entscheidung der Hongkonger Unternehmenzunehmend den Weltmarkt. Heute beziehen die großen Konzerne ihr <strong>Spielzeug</strong> überwiegend aus Ch<strong>in</strong>a underrichteten dort sogar teilweise eigene Produktionsstätten. Geschätzt wird, dass mittlerweile 70 Prozent allerMISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 15