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Spielzeug made in China - Werkstatt Ökonomie

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MISEREORSPIELZEUG MADE IN CHINABauste<strong>in</strong>e für den UnterrichtAuszüge aus dem Arbeitsheft:alle sollen gew<strong>in</strong>nenFÜR FAIRE REGELN<strong>in</strong> der <strong>Spielzeug</strong>produktionÜberarbeitung: Anita Kle<strong>in</strong>/MISEREOR 2006


L0Ohne mit dem moralischen Zeigef<strong>in</strong>ger zu w<strong>in</strong>ken, soll das Thema trotzdem „unter die Hautgehen", damit Jugendliche sich ihrer Verantwortung bewusst werden und die Zwängebegreifen, denen sie unterliegen.Die Arbeitsblätter s<strong>in</strong>d durchweg so angelegt, dass sie von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern abJahrgangsstufe 9/10 selbstständig erarbeitet werden können. Sie können <strong>in</strong> Formen derfreien Unterrichtsgestaltung e<strong>in</strong>gesetzt werden, aber auch im Rahmen von Projektarbeit. Esist möglich, nur e<strong>in</strong>ige Arbeitsblätter e<strong>in</strong>zusetzen, wie e<strong>in</strong>en komplettenThemenschwerpunkt zu bearbeiten oder alles im Rahmen e<strong>in</strong>er längeren Unterrichtsreiheoder Projektarbeit durchzunehmen.Folgende Bauste<strong>in</strong>e stehen zur Verfügung:TitelLehrermaterial(L)Arbeitsblätter(A)Bauste<strong>in</strong> I: Reich der Spielwaren 1L 1A011A021A03Bauste<strong>in</strong> II: Knallhart gerechnet. 2L2A01Lizenzprodukte und ihr E<strong>in</strong>fluss auf2A02K<strong>in</strong>der und JugendlicheMedien (M) / H<strong>in</strong>tergrund (H)Bauste<strong>in</strong> III: Barbie & Co. Derweltweite <strong>Spielzeug</strong>markt3L3A013A023M: Der weltweite <strong>Spielzeug</strong>marktH1: Kennzahlen zur deutschen<strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrieBauste<strong>in</strong> IV: Arbeiten bis zumUmfallen. Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> derch<strong>in</strong>esischen <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrie4L4A014A024A034A044A054A064A072M: Auf dem Land gibts ke<strong>in</strong>e ZukunftH2: Lehrerforum 51/2003H3: Tod <strong>in</strong> der <strong>Spielzeug</strong>fabrikH4: <strong>Spielzeug</strong>fabrikenH5: ICTI-KodexBauste<strong>in</strong> V: Gleiches Recht für alle?Menschenrechte <strong>in</strong> Theorie undWirklichkeit5L5A015A025A035A045A05H2: Lehrerforum 51/2003H3: Tod <strong>in</strong> der <strong>Spielzeug</strong>fabrikH4: <strong>Spielzeug</strong>fabrikenH6: UNOH7: Misereors E<strong>in</strong>satz für die MenschenrechteH8: Menschenrechts-OrganisationenBauste<strong>in</strong> VI: Recycl<strong>in</strong>gspielzeug <strong>in</strong>der Bildungsarbeit6L6A01MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 3


Lehrermaterial1LBauste<strong>in</strong> I: Reich der SpielwarenEs s<strong>in</strong>d verschiedene Möglichkeiten des E<strong>in</strong>stiegs denkbar, die spielerisch das Themaanreißen und gleichzeitig an den Erfahrungen der Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler anknüpfen.So bekommen die Jugendlichen e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>druck davon, wie häufig es die verschiedenen<strong>Spielzeug</strong>e <strong>in</strong> deutschen K<strong>in</strong>derzimmern gibt. Sie erfahren, woher die Ware kommt, <strong>in</strong>welchen Spielwarenläden sie erhältlich ist und was sie kostet. Diese Ausarbeitungen solltenspäter dazu genutzt werden, wenn es um die Frage nach der Macht der <strong>Spielzeug</strong>modenoder den Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a geht.Im Folgenden f<strong>in</strong>den Sie drei Arbeitsblätter (1A01-1A03), die unabhängig vone<strong>in</strong>ander alsUnterrichtse<strong>in</strong>stieg verwendet werden können:• Zimmer-Recherche: Was bef<strong>in</strong>det sich im Zimmer e<strong>in</strong>es 5-jährigen K<strong>in</strong>des, e<strong>in</strong>er 10-Jährigen, e<strong>in</strong>es 14-Jährigen ? (1A01)• Exkursion <strong>in</strong>s Reich der Spielwaren: Woher kommen unsere Spielsachen:Kuscheltiere, Bücher, Computerspiele, Plastikfigürchen? Besuch e<strong>in</strong>es Spielwarenladens,der Spielwarenabteilung im Kaufhaus, der Ecke im Supermarkt, der Tankstelle, desFlohmarktes, Angebote im Internet. (1A02)• Liebl<strong>in</strong>gsspielzeug früher und heute: Welche Spiele hast du als Sechsjährige/r amliebsten gespielt? Womit hat de<strong>in</strong>e Oma, womit de<strong>in</strong> Opa am liebsten gespielt?Welches Spiel hast du zuletzt gespielt? (1A03)Wenn Sie mit e<strong>in</strong>er größeren Gruppe oder mit e<strong>in</strong>er ganzen Klasse arbeiten, könnenUntergruppen gebildet werden. Die Ergebnisse werden dann <strong>in</strong> der Klasse vorgestellt. Gibtes Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, die fit am Computer s<strong>in</strong>d? Dann können sie mit Excel oderWord eigene Grafiken machen und die <strong>in</strong> der Recherche gefundenen Zahlen im Schaubilddarstellen.Interessante Fragen s<strong>in</strong>d:- Wie ist die Verteilung von verschiedenen Spielwarenkategorien (Kuscheltiere -Computerspiele - Bücher - Brettspiele...) <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>derzimmern der verschiedenenAltersstufen?- Woher kommen die verschiednen Spielwaren? (Übersichtstabelle: <strong>made</strong> <strong>in</strong> Taiwan,<strong>made</strong> <strong>in</strong> Indonesia, <strong>made</strong> <strong>in</strong> ...)- Woher kommen die verschiedenen Spielwaren? (Übersichtstabelle: <strong>made</strong> <strong>in</strong>Taiwan, <strong>made</strong> <strong>in</strong> Indonesia, <strong>made</strong> <strong>in</strong>...)- Befragung der Angestellten <strong>in</strong> <strong>Spielzeug</strong>läden: „Gibt es <strong>Spielzeug</strong>moden?";„Welche waren es <strong>in</strong> den letzten Jahren?". Hier kann später der Zusammenhangzwischen dem enormen Term<strong>in</strong>druck <strong>in</strong> der <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrie und der „Ex undHopp"-Mentalität beim <strong>Spielzeug</strong> hergestellt werden.- Gibt es <strong>Spielzeug</strong>e, die über Jahre oder sogar Jahrzehnte h<strong>in</strong>weg beliebt s<strong>in</strong>d?Textnachweis:1L; 1A01 bis 1A03 entnommen aus: alle sollen gew<strong>in</strong>nen, Hg.: Misereor <strong>in</strong> Kooperation mit anderen, Aachen2003. Autor<strong>in</strong>: Reg<strong>in</strong>a Riepe/ Überarbeitung: Anita Kle<strong>in</strong>/MISEREOR 2006MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 4


Arbeitsblatt1A01Womit spielen K<strong>in</strong>der und Jugendliche <strong>in</strong> Deutschlandheute?Geht der Frage mit e<strong>in</strong>er Zimmer-Recherche auf den Grund!Sucht euch zu zweit oder dritt jeweils unterschiedliche Zimmer aus:• das Zimmer e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>dergarten-K<strong>in</strong>des;• das Zimmer e<strong>in</strong>es sechs- oder siebenjährigen K<strong>in</strong>des;• das Zimmer e<strong>in</strong>es 10-Jährigen;• das Zimmer e<strong>in</strong>er 14-Jährigen.• Ihr könnt auch euer eigenes Zimmer nehmen.Beschreibt zunächst das Zimmer:• Wie alt ist das K<strong>in</strong>d/der oder die Jugendliche?• Männlich oder weiblich?• Mit wem teilt er/sie das Zimmer?• Welchen Teil des Zimmers beschreibt ihr und was ist sonst noch dar<strong>in</strong>?Nehmt euch jeder e<strong>in</strong> Regal/e<strong>in</strong>en Schrank/e<strong>in</strong>e Ecke/das Bett und se<strong>in</strong>eUmrandung vor und schreibt systematisch auf:• Was f<strong>in</strong>det ihr?• Bildet Kategorien: Plüschtier, Dekorationsobjekt, Buch, Computerspiel...• Wie viele von den jeweiligen Sachen gibt es?• Wer s<strong>in</strong>d die Hersteller?• In welchem Land wurden die D<strong>in</strong>ge hergestellt: <strong>made</strong> <strong>in</strong> Indonesia, <strong>made</strong> <strong>in</strong>Ch<strong>in</strong>a, <strong>made</strong> <strong>in</strong> Germany...?Auswertung:Jede Gruppe schreibt, was sie herausgefunden hat, auf e<strong>in</strong> großes Plakat. Klebt e<strong>in</strong>Foto dazu, das ihr im Zimmer gemacht habt oder zeichnet das Zimmer. Gehtanschließend von Plakat zu Plakat und fragt euch:• Gibt es Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen, kle<strong>in</strong>en odergrößeren K<strong>in</strong>dern?• Gibt es <strong>Spielzeug</strong>, das sich <strong>in</strong> sehr vielen Zimmern f<strong>in</strong>det?• Welche Hersteller von <strong>Spielzeug</strong> s<strong>in</strong>d häufig vertreten?• In welchen Ländern wurden die <strong>Spielzeug</strong>e hergestellt?Macht e<strong>in</strong> Schaubild über eure Ergebnisse. Dazu könnt ihr e<strong>in</strong>e eigeneZeichnung entwerfen (Prozentzahlen berechnen) oder das Statistikprogramm vonExcel benutzen, wenn ihr mit dem Computer arbeiten wollt.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 5


Arbeitsblatt1A02Exkursion <strong>in</strong>s Reich der SpielwarenWo können wir <strong>Spielzeug</strong> kaufen? Im Supermarkt - im Kaufhaus - imSpielwarenladen - an der Tankstelle - auf dem Flohmarkt - im Internet zumBeispiel bei: e-bay - <strong>in</strong> Versandhäusern...Drei bis fünf Schüler und Schüler<strong>in</strong>nen bilden e<strong>in</strong>e Gruppe. Wählt e<strong>in</strong>en Ort aus.Dann plant eure Exkursion <strong>in</strong>s Reich der Spielwaren:• Wo kann man <strong>in</strong> eurer Stadt <strong>Spielzeug</strong> kaufen?• Zeichnet die verschiedenen Orte auf dem Stadtplan e<strong>in</strong>.• Welches <strong>Spielzeug</strong> kann man dort kaufen?Jede Gruppe erstellt e<strong>in</strong>e Liste mit der Art des <strong>Spielzeug</strong>s, also Modelleisenbahn,Kartenspiel, Computerspiel etc., dem Hersteller, dem Produktionsort, dem Preis,zum Beispiel:Ort: Kaufhaus XYArt des <strong>Spielzeug</strong>s Hersteller <strong>made</strong> <strong>in</strong> ... Preis>10 € >20 € IO €...(Tipp: Es vere<strong>in</strong>facht die Recherche, wenn ihr vorher e<strong>in</strong>e <strong>Spielzeug</strong>art auswähltund dann nur nach „Kuscheltieren“ oder „Computerspielen" schaut!)Besucht auch e<strong>in</strong>en Flohmarkt.• Welches <strong>Spielzeug</strong> wird auf Flohmärkten angeboten?Macht e<strong>in</strong>e Liste wie oben.<strong>Spielzeug</strong>moden wechseln schnell. Auf dem Flohmarkt f<strong>in</strong>det ihr auch D<strong>in</strong>ge, dieheute nicht mehr modern s<strong>in</strong>d wie Tamagotchis, Heroe-Turtels, Plüschtiere zubesonderen Filmen, spezielle Plastikfigürchen. Macht e<strong>in</strong>e Aufstellung zu eurenFundstücken und fotografiert sie.• Aus welcher Zeit stammen sie?• Fragt den Verkäufer, warum er sie gerade jetzt verkauft.• Welche Art <strong>Spielzeug</strong> f<strong>in</strong>det man auf dem Flohmarkt überhaupt nicht?MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 6


Arbeitsblatt1A03Liebl<strong>in</strong>gsspielzeug früher und heuteÜberall auf der Welt - zu jeder Zeit - hat es <strong>Spielzeug</strong>e gegeben. Es gab selbstgemachte, aber auch gekaufte, kunstvolle und ganz schlichte; solche, die vonK<strong>in</strong>dern geliebt wurden, und andere, die nur den Reichtum der Eltern zeigten.Wie sieht es heute bei uns aus - gibt es das noch, das Liebl<strong>in</strong>gsspielzeug oder dasLiebl<strong>in</strong>gsspiel? Fragt eure Großeltern, eure Eltern, kle<strong>in</strong>ere K<strong>in</strong>der aus derNachbarschaft, Schüler aus anderen Klassen oder befragt euch selbst:• Womit hast du als Sechsjährige/r am liebsten gespielt?• Was war de<strong>in</strong> Liebl<strong>in</strong>gsspiel, als du <strong>in</strong> der Grundschule warst?• Spielst du heute noch und wenn ja, was ist de<strong>in</strong> Liebl<strong>in</strong>gsspiel(zeug)?Schaut <strong>in</strong> euren eigenen Er<strong>in</strong>nerungskisten, h<strong>in</strong>ten im Schrank oder auf demRegal nach:• F<strong>in</strong>det ihr noch euer „Liebl<strong>in</strong>gsspielzeug" von früher?•Schaut <strong>in</strong> euren Fotoalben nach:• Gibt es Bilder von euch mit <strong>Spielzeug</strong>?Was zeigen die alten Alben von euren Eltern und Großeltern:• Gibt es von damals Bilder mit <strong>Spielzeug</strong>?• Unterscheiden sich die Liebl<strong>in</strong>gsspielzeuge heute und früher?Gestaltet e<strong>in</strong>e Collage mit Fotos, Zeichnungen und kurzen Texten zum„Liebl<strong>in</strong>gsspielzeug".Schreibt e<strong>in</strong>e Geschichte und lasst den Teddybären, das Auto oder denGameboy von se<strong>in</strong>em Leben als <strong>Spielzeug</strong> erzählen. Lest euch die Geschichtengegenseitig vor.Wählt e<strong>in</strong>ige eurer Geschichten und Foto-Collagen aus und macht darause<strong>in</strong>e Ausstellung zum Thema „Liebl<strong>in</strong>gsspielzeug".MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 7


Lehrermaterial2L01Bauste<strong>in</strong> II:Lizenzprodukte und ihr E<strong>in</strong>fluss auf K<strong>in</strong>der undJugendlicheWem gehört die <strong>Spielzeug</strong>welt?<strong>Spielzeug</strong> wurde auch schon im letzten Jahrhundert gekauft. Teure Puppen oder dieModelleisenbahn waren Prestigeobjekte für K<strong>in</strong>der früherer Zeiten. Gespielt haben sieallerd<strong>in</strong>gs mit anderen Sachen. Heute s<strong>in</strong>d K<strong>in</strong>der und Jugendliche viel mehr dem Zwangzum Kaufen ausgesetzt, auch wenn es ums Spielen geht. Die USA s<strong>in</strong>d weltweit der größte<strong>Spielzeug</strong>markt. Dort wurden neue Vermarktungsstrategien entwickelt, die auch <strong>in</strong> Europaerfolgreich s<strong>in</strong>d.• In den USA machen heute Figuren aus der K<strong>in</strong>der-<strong>Spielzeug</strong>-Welt im FernsehenWerbung für alle möglichen Produkte. Kle<strong>in</strong>ere K<strong>in</strong>der können meist zwischennormalen Programmen und den Werbespots nicht unterscheiden. Ihre Eltern beugensich dem k<strong>in</strong>dlichen Druck: Der <strong>Spielzeug</strong>verkauf stieg <strong>in</strong> den USA von 4,6 MilliardenDollar (1977) auf über 20 Milliarden Dollar (1998).• Es werden nicht mehr e<strong>in</strong>zelne <strong>Spielzeug</strong>e wie e<strong>in</strong>e Puppe, e<strong>in</strong> Auto oder e<strong>in</strong>Baukasten verkauft, sondern ganze Spielwelten. Das erste dieser Produkte, die e<strong>in</strong>enLebensstil verkörpern, war die Barbiepuppe. Unvorstellbar, dass sie selbst genähteKleider trägt oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Puppenhaus aus Pappkartons oder angemaltenZigarrenschachteln wohnt! Wer die komplette Spielwelt nicht hat, kann nicht mitspielen.• Die Großen des <strong>Spielzeug</strong>marktes verändern sich: Aus den Herstellern von <strong>Spielzeug</strong>wurden Marktstrategen. Das erfolgreichste Beispiel dafür ist Disney, das se<strong>in</strong>eFilmfiguren überall gekonnt vermarktet und über den Verkauf von Lizenzen gut daranverdient.Die Wegwerfgesellschaft im K<strong>in</strong>derzimmerMehr als die Hälfte aller <strong>Spielzeug</strong>-Umsätze wurde im letzten Jahr mit Messeneuheitenerzielt. Die Lebensdauer dieser Neuheiten beträgt nur wenige Monate, Multimedia-Spieles<strong>in</strong>d oft schon nach zwei Monaten veraltet.Die jährlichen durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausgaben für <strong>Spielzeug</strong> lagen im Jahr 2001 <strong>in</strong>den fünf europäischen Ländern Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien undSpanien bei umgerechnet 40 €, <strong>in</strong> den USA dagegen bei umgerechnet 105 €.Nur wenige große Konzerne beherrschen diesen Markt. Sie haben die Macht, Aufträge <strong>in</strong>Milliardenhöhe an die verschiedenen <strong>Spielzeug</strong>fabriken zu vergeben. Ihre Konkurrenzuntere<strong>in</strong>ander ist groß, den Wettbewerbsdruck geben sie an ihre Lieferanten weiter.Mittlerweile s<strong>in</strong>d Lieferfristen von wenigen Wochen ke<strong>in</strong>e Seltenheit mehr, selbst bei hohenStückzahlen. Das spart die Kosten für die Lagerhaltung <strong>in</strong> den USA oder Europa. So könnendie <strong>Spielzeug</strong>konzerne sehr kurzfristig auf die neuesten Trends reagieren.Immer billiger, immer schneller - die ch<strong>in</strong>esischen <strong>Spielzeug</strong>fabriken müssen zu denBed<strong>in</strong>gungen der großen <strong>Spielzeug</strong>konzerne produzieren und geben den Druck an ihreArbeiter<strong>in</strong>nen und Arbeiter weiter.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 8


Lehrermaterial2L02Hauptsächlich LizenzprodukteIm Jahr 2000 waren etwa 27 Prozent der <strong>in</strong> den USA verkauften Spielwaren Lizenzprodukte,d.h. <strong>Spielzeug</strong>e, für die der Hersteller saftige Gebühren zahlen musste, weil er Disney-oderStar Wars-Figuren oder Pokemons verwendet hat.Der Lizenz-Verband Lima bezifferte das Handelsvolumen mit Lizenzprodukten für 2001 mit96 Milliarden US-Dollar. Alle großen <strong>Spielzeug</strong>hersteller mischen auf diesem Markt mit:• Kosmos hat das Spiel „Herr der R<strong>in</strong>ge" entwickelt;• Mattel gehört die Harry-Potter-Lizenz;• Jumbo hat e<strong>in</strong>en Deal mit Lego gemacht und produziert jetzt K<strong>in</strong>derspiele mit Lego-Material;• Schmidt Spiele hat „Benjam<strong>in</strong> Blümchen", etliche Janosch-Helden, die „Maus" und ihrenFreund, den kle<strong>in</strong>en blauen Elefanten im Programm;• Ravensburger ist der neue Partner für das Disney-Plüschsortiment und• Simba Toys hat die Rechte von Disneys C<strong>in</strong>derella Schloss gekauft.Das Thema im UnterrichtDer E<strong>in</strong>fluss von Werbestrategien auf die <strong>Spielzeug</strong>wünsche von K<strong>in</strong>dern, die Macht derLizenzen und die Komplexität des <strong>Spielzeug</strong>marktes s<strong>in</strong>d Aspekte diesesUnterrichtbauste<strong>in</strong>s. Das zu durchschauen, bedeutet für K<strong>in</strong>der und Jugendliche, sich freierentscheiden zu können und unabhängiger zu werden. 45 Prozent aller weltweit verkauftenSpielwaren s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>zwischen Lizenzprodukte. Die Lizenzhalter verdienen gut am Verkaufihrer Produktionsrechte. Die ausgeklügelten Verkaufsstrategien werden von eigenenMerchandis<strong>in</strong>g-Firmen für das <strong>in</strong>ternationale Geschäft entwickelt - die damit verbundenenGew<strong>in</strong>nspannen lassen sich nur schätzen.Für diese Materialien wurde e<strong>in</strong> Werbetext über die „Totally Spies" gewählt, weil es e<strong>in</strong>für die Jugendlichen noch wenig bekanntes und von daher emotional nicht so starkbesetztes Produkt ankündigt. Es ist aufschlussreich, sich die Sprache dieser Texte und dieMerchandis<strong>in</strong>g-Strategie genauer anzusehen (2A01). In e<strong>in</strong>em weiteren Schritt könnendie Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler dann die aktuellen Renner der letzten Saison untersuchen,denn auch „Harry Potter" oder die „Star wars"-Helden werden nach ähnlichen Musternvermarktet (2A02).Ob Sie sich für e<strong>in</strong>e anschließende konsumkritische Diskussion entscheiden oder sich direktden Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen zuwenden, unter denen solches <strong>Spielzeug</strong> produziert wird, hängtauch vom Klima <strong>in</strong> der Klasse ab. S<strong>in</strong>d die Jugendlichen bereit, sich und ihren Lebensstil zuh<strong>in</strong>terfragen? Oder ist es klüger, die E<strong>in</strong>zelnen selbst ihre Schlussfolgerungen ziehen zulassen und stattdessen distanziert voranzugehen?Textnachweis:2L, 2A01, 2A02 entnommen aus: alle sollen gew<strong>in</strong>nen, Hg.: Misereor <strong>in</strong> Kooperation mit anderen, Aachen 2003.2A01 mit e<strong>in</strong>em Text aus dem Werbekatalog der Merchandis<strong>in</strong>g München „Feel the action. Totally spies!Alle neuen Lizenzprodukte auf e<strong>in</strong>en Blick.“ Autor: Reg<strong>in</strong>a Riepe/Überarbeitung: Anita Kle<strong>in</strong>/MISEREOR 2006Bildnachweis:A4: http://www.tvdvd.fr/tf1video/Totally-spies67/Images/075%20copier.jpgA5: Riepe, entnommen aus: alle sollen gew<strong>in</strong>nen, Hg.: Misereor <strong>in</strong> Kooperation mit anderen, Aachen 2003.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 9


Arbeitsblatt2A01Knallhart gerechnet: LizenzprodukteZum Beispiel: Die „Totally Spies"! ImSommer 2002 hatte noch kaum jemandvon den „Totally Spies" gehört, e<strong>in</strong>erneuen Cartoon-Serie, die sich um dreiMädchen dreht. „In den USA erzielte siebereits sensationelle E<strong>in</strong>schaltquotenund <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a hatte sie sogar den bestenSerienstart aller Zeiten. Totally Spies istbislang weltweit an Fernsehstationen <strong>in</strong>24 Ländern verkauft worden", heißt es<strong>in</strong> der Werbe-Broschüre des Produktes.*Die Ausstrahlung der Serie <strong>in</strong> Deutschland hat <strong>in</strong>zwischen begonnen. Sie läuftsonntags um 10.30 Uhr, also zur besten Sendezeit auf Pro Sieben. Welch e<strong>in</strong> Markt!Es lohnt sich zu <strong>in</strong>vestieren.Schaut euch den folgenden Text genau an und achtet dabei besonders auf dieSprache. Er steht <strong>in</strong> dem „Werbekatalog" zu den Totally Spies, der im Sommer2002 e<strong>in</strong>er Fachzeitschrift für <strong>Spielzeug</strong> beilag.*Wie wird die Zielgruppe beschrieben?Welche Werbestrategien werden verfolgt?ZIELGRUPPE:• Mädchen und Jungen 6-14 Jahre sowie Teens und Twens• Kernzielgruppe: Mädchen 8-12 JahreKids stehen auf MODE; MARKEN; TRENDS: Idole aus Fernsehen, Musik oder K<strong>in</strong>obee<strong>in</strong>flussen sie. Um ihren Idolen nahe zu se<strong>in</strong>, kopieren sie ihre Mode oder ihrenLebensstil. Diese Lust am Nachahmen trifft vor allem auf die Zielgruppe von 6-14Jahren zu.H<strong>in</strong>ter der Totally-Spies-Zielgruppe verbirgt sich e<strong>in</strong>e große Kaufkraft sowie e<strong>in</strong>estarke Aff<strong>in</strong>ität zu Merchandis<strong>in</strong>g-Produkten!TOTALLY SPIES ERFOLGSPOTENZIAL• Zielgruppenaff<strong>in</strong>es Thema <strong>in</strong> zeitgemäßem Look• Hohes Identifikationspotenzial bei der anzusprechenden Zielgruppe durch Wertewie: Freundschaft, Action, Lifestyle, Abenteuer• Intensive Market<strong>in</strong>gunterstützung durch den „Totally-Spies-market<strong>in</strong>gpool“Internetpräsenz unter www.totallyspies.tv* aus dem Werbekatalog der Merchandis<strong>in</strong>g München „Feel the action. Totally spies! Alle neuenLizenzprodukte auf e<strong>in</strong>en Blick.“MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 10


Lehrermaterial3LBauste<strong>in</strong> III:Barbie & Co. Der weltweite <strong>Spielzeug</strong>marktDie Puppe Barbie und ihr Gefährte Ken symbolisieren wie kaum e<strong>in</strong> anderes <strong>Spielzeug</strong> denTraum von e<strong>in</strong>em geglückten Leben. Auch diejenigen, die die Barbies und ungezähltesanderes <strong>Spielzeug</strong> <strong>in</strong> langen Arbeitstagen herstellen, nämlich die Millionen ch<strong>in</strong>esischerArbeiter<strong>in</strong>nen, träumen den Traum von Glück und Wohlstand. Tatsache aber ist: Esprofitieren nur e<strong>in</strong>ige große <strong>Spielzeug</strong>konzerne und Hersteller von dem Boom <strong>in</strong> derch<strong>in</strong>esischen Spielwaren<strong>in</strong>dustrie. E<strong>in</strong>ige mächtige Konzerne bestimmen die Spielregeln <strong>in</strong>dem Geschäft mit dem Spiel.Im Folgenden geht es darum, Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> Strukturen undGesetze des gigantischen globalen <strong>Spielzeug</strong>marktes zu vermitteln.Zunächst sollten sich die Jugendlichen bei der Lektüre des Artikels „Barbie & Co. Derweltweite <strong>Spielzeug</strong>markt“ (ggf. auszugsweise) e<strong>in</strong>zeln oder <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen solideSachkenntnisse über die Rolle Ch<strong>in</strong>as bei der weltweiten <strong>Spielzeug</strong>produktion aneignen. ImAnschluss daran können <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Unterrichtsgespräch die Fragen desArbeitsblattes 3A01 bearbeitet werden. Arbeitsblatt 3A02 gibt den Schüler<strong>in</strong>nen undSchülern anschließend Anlass zu e<strong>in</strong>em Streitgespräch zwischen e<strong>in</strong>er Gruppe vonFabrikarbeitern und den Vertretern der amerikanischen Konzernspitze, das sich um dieFrage der Lohnerhöhung und die Verbesserungen der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen dreht.3M: „Barbie und Co. Der weltweite <strong>Spielzeug</strong>markt“ von Klaus Heidel f<strong>in</strong>den Sie auch unterhttp://www.woek.de/fair-spielt/pdf/fairspielt_heidel_barbie+co_feb_2003.pdfH1: liefert Ihnen darüber h<strong>in</strong>aus aktuelle Kennzahlen zur deutschen <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrie. Essteht ebenfalls auf unserer Homepage bei der Auflistung der Materialien zum Downloadbereit (Kennzahlen zur deutschen <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrie).Textnachweis:3L, 3A01, 3A02 entnommen aus: alle sollen gew<strong>in</strong>nen, Hg.: Misereor <strong>in</strong> Kooperation mit anderen, Aachen 2003,Autor<strong>in</strong>: Reg<strong>in</strong>a Riepe/Überarbeitung: Anita Kle<strong>in</strong>/MISEREOR 20063A01 mit Angaben aus Lizenz Special, Beilage der Zeitschrift Office & Paper, TOYS 9/2002.3A02 mit e<strong>in</strong>em Auszug aus Reseau-Solidarité, Rennes, Nov. 1.3M entnommen aus: alle sollen gew<strong>in</strong>nen, Hg.: Misereor <strong>in</strong> Kooperation mit anderen, Aachen 2003, Autor KlausHeidelBildnachweis:3A01: Piepel/MISEREOR3A02: Piepel/MISEREORMISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 12


Arbeitsblatt3A01Milliarden-Umsätze – wie viel davon bleibt <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a?Die Umsätze der <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrie s<strong>in</strong>d gigantisch: Im Jahr 2000 wurden alle<strong>in</strong><strong>in</strong> den USA für 31 Milliarden US-Dollar Spielwaren verkauft. E<strong>in</strong> großer Teildavon wurde <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a hergestellt.Auf dem weltweiten Spielwaren-Markt werden Milliarden umgesetzt, nicht nur mitklassischem <strong>Spielzeug</strong>, sondern auch die Vermarktung der Figuren vonFernsehserien wie P<strong>in</strong>gu, Bob der Baumeister oder den Teletubbies br<strong>in</strong>gt viel Gelde<strong>in</strong>. „Bob der Baumeister" wurde 2002 für den LIMA Award nom<strong>in</strong>iert, den Preisdes Lizenzverbandes LIMA für herausragende Leistungen im Lizenzhandel.Alle<strong>in</strong> zu dieser Figur der Vorschulserie vom Fernsehsender „Super RTL" gibt es 350Produkte. Sie werden von über 30 Unternehmen vertrieben, die e<strong>in</strong>enE<strong>in</strong>zelhandelsumsatz von voraussichtlich 40 Millionen € haben. Auch P<strong>in</strong>gu, derkle<strong>in</strong>e P<strong>in</strong>gu<strong>in</strong> aus dem „K<strong>in</strong>derkanal" der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten,ist e<strong>in</strong> Renner. 700 Millionen Euro ist der weltweite Handelsumsatz von P<strong>in</strong>gu-Merchandis<strong>in</strong>g, 90 Prozent davon entfallen auf Japan und die Schweiz. DasMarktvolumen der Lizenzbranche <strong>in</strong> Deutschland, Österreich und der Schweizbeträgt 6,9 Milliarden €. (Alle Angaben aus: Lizenz Special, Beilage der ZeitschriftOffice & Paper, TOYS 9/2002)Informiert Euch im Artikel „Barbie & Co. Der weltweite <strong>Spielzeug</strong>markt“ überStrukturen und Gesetze der globalen <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrie! Beantwortet dannfolgende Fragen:• Was bleibt von den Milliarden-Umsätzen <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a?• S<strong>in</strong>d die Hoffnungen, dass damit etwas zur Bekämpfung der Armut <strong>in</strong> diesemLand getan wird, berechtigt?Shenzhen, Prov<strong>in</strong>z Guangdong, Ch<strong>in</strong>aMISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 13


Arbeitsblatt3A02Barbie für e<strong>in</strong> paar CentSeit 1959 setzte der Konzern Mattel weltweit fast 800 Millionen Barbies ab. JedeSekunde werden irgendwo auf der Welt zwei Puppen verkauft. Am Beispiel derBarbie-Puppe lässt sich die enorme Gew<strong>in</strong>nspanne, die bei der Herstellung und demVerkauf von <strong>Spielzeug</strong> zu erzielen ist, sehr anschaulich darstellen. Der französischeZweig der <strong>Spielzeug</strong>kampagne „De l'ethique sur l'etiquette" hat berechnet, wasvom Preis e<strong>in</strong>er Barbie <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a bleibt. :Wenn e<strong>in</strong>e Puppe 15 € kostet, dann bleiben:12 € FÜR DEN ZWISCHENHANDEL:• Transportkosten(von Hongkong bis nach Europa)• Kosten für WerbungGew<strong>in</strong>nspanne des E<strong>in</strong>zelhandels(Gehalt des Geschäftsführers,Ladenmiete...)• Gew<strong>in</strong>n der Aktionäre1,5 € TEILEN SICH ZWISCHEN:• der örtlichen ch<strong>in</strong>esischenGeschäftsführung• den Transportkosten von der Fabrikbis nach Hongkong1 € KOSTEN DIE MATERIALIEN,AUS DENEN DIE PUPPE GEMACHT WIRD(Plastik, Haare, Farben...)0,5 € WERDEN AUFGETEILT UNTER:• den Löhnen für dieFabrikarbeiter/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a• den Zöllen <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>aaus: Reseau-Solidarité, Rennes, Nov.2001Warum zahlen die großen Firmen nicht e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong> paar Cent mehr, um dieLöhne der Arbeiter<strong>in</strong>nen zu verdoppeln oder um die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen zuverbessern?Veranstaltet e<strong>in</strong> Streitgespräch zwischen e<strong>in</strong>er Gruppe von Fabrikarbeiternund den Vertretern der amerikanischen Konzernspitze.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 14


Medien3M01Auszüge aus:Barbie & Co - Der weltweite <strong>Spielzeug</strong>marktKlaus Heidel (<strong>Werkstatt</strong> Ökonomie) · Februar 2003Von Nürnberg nach Shenzhen:Wie Ch<strong>in</strong>a zum größten <strong>Spielzeug</strong>hersteller der Welt wurdeOb <strong>in</strong> Europa oder <strong>in</strong> Nordamerika, <strong>in</strong> Australien oder im Mittleren Osten – überall stehen Barbie-Puppen unddie gleichen Action-Figuren <strong>in</strong> den <strong>Spielzeug</strong>geschäften. Überall gibt es Fisher Price und Teletubbies, Monopolyund Trivial Pursuit. Überall das gleiche Markenspielzeug großer Konzerne – das zu e<strong>in</strong>em großen Teil <strong>in</strong> derVolksrepublik Ch<strong>in</strong>a hergestellt wird. Etwa <strong>in</strong> Fabriken im Großraum Shenzhen – e<strong>in</strong>er rasch wachsendenMetropole mit über vier Millionen E<strong>in</strong>wohnern.Das war natürlich nicht immer so: Die Wurzeln der modernen <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrie führen nach Deutschland undhier vor allem nach Nürnberg, der heutigen Partnerstadt von Shenzhen. Seit dem 15. Jahrhundert war dieFrankenmetropole so etwas wie e<strong>in</strong> Zentrum der <strong>Spielzeug</strong>herstellung und erlebte Mitte des 19. Jahrhunderts mitder <strong>in</strong>dustriellen Fertigung von Blechspielzeug e<strong>in</strong>en nochmaligen Aufschwung.Nach dem ersten Weltkrieg gab Deutschland se<strong>in</strong>e Führungsrolle als Spielwarenproduzent an die USA ab. Dortentstanden große <strong>Spielzeug</strong>konzerne wie Mattel oder Hasbro, die noch heute die Branche beherrschen. Seit densechziger Jahren verlagerten diese Konzerne e<strong>in</strong>en wachsenden Teil ihrer Produktion nach Asien. Zum Teilerrichteten sie dort eigene Fabriken. Weit häufiger aber ließen sie ihre <strong>Spielzeug</strong>e von asiatischen Unternehmenherstellen und verkauften sie dann unter ihrem Namen.Ständig waren die Konzerne auf der Suche nach Ländern mit niedrigen Löhnen und wurden zunächst <strong>in</strong> Japanfündig. Doch mit dem raschen Wirtschaftswachstum Japans stiegen dort die Löhne. Daher sahen sich die USamerikanischenKonzerne nach neuen Lieferländern und Produktionsstandorten um und wählten <strong>in</strong> den siebzigerJahren Südkorea, Taiwan und vor allem Hongkong als Produktionsländer ihrer Spielwaren aus.Bald wurden auch diese Länder für die nordamerikanischen Konzerne zu teuer, denn auch <strong>in</strong> diesen„Tigerstaaten“ entwickelte sich die Wirtschaft schnell – was wiederum zu e<strong>in</strong>em Anstieg der Löhne führte.H<strong>in</strong>zu kam e<strong>in</strong>e währungspolitische Entscheidung der führenden westlichen Industrienationen. Denn dieseLänder fürchteten sich zunehmend vor der billigen japanischen Konkurrenz und setzten deshalb 1985 e<strong>in</strong>eAufwertung des japanischen Yen durch, die kurz darauf zu Aufwertungen der südkoreanischen undtaiwanesischen Währungen führte. Dies verteuerte <strong>in</strong> Südkorea und Taiwan die Produktion für den Weltmarktzusätzlich. Daher ließen jetzt die Konzerne aus Nordamerika <strong>in</strong> Thailand, Malaysia, Indonesien und Ch<strong>in</strong>aproduzieren, und diesem Beispiel folgten bald japanische und europäische Unternehmen.In dieser Situation war es besonders folgenreich, dass sich die ch<strong>in</strong>esische Führung 1979 dazu entschlossenhatte, Ch<strong>in</strong>a für den Weltmarkt zu öffnen. Zunächst noch sehr zögerlich und langsam, doch bald wurden dieTüren immer weiter aufgestoßen: Ch<strong>in</strong>as Exporte explodierten, und das Land räumte ausländischenUnternehmen immer günstigere Rahmenbed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>. So genannte Sonderwirtschaftszonen entstanden, <strong>in</strong>denen ch<strong>in</strong>esische Unternehmen – immer häufiger mit ausländischer Kapitalbeteiligung – für den Weltmarktproduzierten.Diese neue Situation nutzten zunächst die „Auslandsch<strong>in</strong>esen“ <strong>in</strong> der britischen Kronkolonie Hongkong. Siezogen es vor, statt weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> fernen Ländern wie Thailand, Malaysia, Indonesien oder Vietnam lieber imnahen ch<strong>in</strong>esischen Umland zu <strong>in</strong>vestieren. Denn e<strong>in</strong>e der wirtschaftlichen Boomregionen Ch<strong>in</strong>as umgibtHongkong: Gleich h<strong>in</strong>ter der Grenze beg<strong>in</strong>nt das Industriegebiet im Mündungsdelta des Perlflusses (PearlRiver). Dorth<strong>in</strong> verlegten viele Hongkonger Unternehmen ihre Fabriken, und diesem allgeme<strong>in</strong>en Trend folgtenauch die <strong>Spielzeug</strong>hersteller: Sie ließen jetzt nicht mehr im vergleichsweise teuren Hongkong produzieren,sondern im wesentlich billigeren Pearl River Delta.Da aber die <strong>Spielzeug</strong>hersteller Hongkongs <strong>in</strong> der Zwischenzeit die wichtigsten Lieferanten der <strong>Spielzeug</strong>konzerneaus Nordamerika und Europa geworden waren, prägte die Entscheidung der Hongkonger Unternehmenzunehmend den Weltmarkt. Heute beziehen die großen Konzerne ihr <strong>Spielzeug</strong> überwiegend aus Ch<strong>in</strong>a underrichteten dort sogar teilweise eigene Produktionsstätten. Geschätzt wird, dass mittlerweile 70 Prozent allerMISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 15


Medien3M02Spielwaren weltweit <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a hergestellt werden. (Andere Angaben behaupten, dass <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a gefertigteSpielwaren e<strong>in</strong>en Weltmarktanteil von 80 Prozent hätten.)Doch schon gibt es erste Anzeichen dafür, dass sich dies ändern könnte: Der außerordentliche Boom <strong>in</strong> denneuen Wirtschaftszentren Ch<strong>in</strong>as – und dies gilt vor allem für das Pearl River Delta – führte nämlich bereits zue<strong>in</strong>em Ansteigen der Löhne. Daher melden sich bereits erste Stimmen, die von der Notwendigkeit sprechen,billigere Produktionsstandorte zu f<strong>in</strong>den. Auch für <strong>Spielzeug</strong>fabriken: Es könnte daher se<strong>in</strong>, dass die Wanderungder <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrie, die bisher von Nürnberg über die USA und Japan zur ch<strong>in</strong>esischen PartnerstadtNürnbergs, zu Shenzhen also, führte, weiter gehen wird. Schon werden gelegentlich neue Zielländer genannt,Vietnam und Bangladesh nämlich.Länder Anzahl Hersteller Beschäftigte Inlandsproduktion ExportEU (2000) 2.000 ca. 100.000(53.500 <strong>in</strong> derProduktion,45.000 <strong>in</strong> Forschung,Entwicklung, Market<strong>in</strong>g,Verkauf u.a.)4.600 Mio. €davonDeutschland (2001)1.047 13.034(Betriebe über 20Beschäftigte)24.900 3.400 Mio. €1.121 Mio. € 1.52 Mio. €USA (2002,geschätzt)Japan (2001) 2.900 26.800Ch<strong>in</strong>a (2001) 7.600 bis 9.000 2 bis 3 Millionen 8.709 Mio. €Taiwan (2001) 358 Mio. €Thailand (2000) über 300 248 Mio. €Südkorea (1998) 194 Mio. €Indonesien (2002) 106 Mio. €Andere Länder unter „ferner liefen“In Thailand wuchs die <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrie zwar <strong>in</strong> den 1980er Jahren kräftig, doch im folgenden Jahrzehntstiegen die Arbeitskosten. Deshalb wurde die Produktion zum größten Teil nach Ch<strong>in</strong>a verlagert. Folglichexportierte Thailand immer weniger Spielwaren (vor allem <strong>Spielzeug</strong>modelle und pädagogisches <strong>Spielzeug</strong>, aberauch elektrische Eisenbahnen u.a.).Auch die südkoreanische <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrie spielt heute ke<strong>in</strong>e große Rolle mehr. Noch 1990 war Südkorea derWelt drittgrößter Exporteur von Spielwaren. Doch heute s<strong>in</strong>d die <strong>Spielzeug</strong>ausfuhren auf fast e<strong>in</strong> Zehntel desdamaligen Wertes geschrumpft.Unbedeutend wurde auch die <strong>in</strong>donesische <strong>Spielzeug</strong>produktion. Sie ist auf Stofftiere konzentriert, e<strong>in</strong>e gewisseRolle spielen noch Vorprodukte und Holzspielzeug.Lediglich Taiwan verdient noch Erwähnung. Immerh<strong>in</strong> war das Land <strong>in</strong> den achtziger Jahren nach Hongkongzweitgrößter Spielwarenexporteur der Welt und verdrängte Hongkong 1988 und 1989 sogar von derSpitzenposition. Doch dann wurde die Produktion immer mehr nach Ch<strong>in</strong>a verlagert, und die <strong>Spielzeug</strong>exportebrachen e<strong>in</strong>. Ende der neunziger Jahre erholte sich die Branche e<strong>in</strong> wenig, 1998 lag der Wert derInlandsproduktion bei 625 Millionen US-$ und der der Ausfuhren bei 422 Millionen US-$. Dann fielen dieExportwerte wieder, bis 2001 auf 321 Millionen US-$. Dennoch ist Taiwan nach Ch<strong>in</strong>a (mit Hongkong) undJapan drittgrößter asiatischer Spielwarenexporteur. H<strong>in</strong>zu kommt, dass (zum<strong>in</strong>dest nach Angaben dertaiwanesischen Branche) e<strong>in</strong> Drittel der gesamten südostasiatischen Spielwarenexporte von Unternehmen mittaiwanesischer Kapitalbeteiligung getragen werden.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 16


Medien3M03<strong>Spielzeug</strong>: Rohmaterial teurer als Arbeiter<strong>in</strong>nenAnteil an Produktionskosten <strong>in</strong> %Rohmaterial Arbeitskosten sonstige Kosten<strong>Spielzeug</strong> aus60 20 – 25 15 - 20Kunststoff und MetallPlüschfiguren 55 25 20Holzspielzeug 35 30 35Die Herstellung von <strong>Spielzeug</strong> ist arbeits<strong>in</strong>tensiv. Dennoch s<strong>in</strong>d die Arbeitskosten ger<strong>in</strong>ger als dieKosten für die Materialien, aus denen die Spielsachen hergestellt werden. Nach Angaben desthailändischen Handelsm<strong>in</strong>isteriums entfallen 60 Prozent der Produktionskosten für <strong>Spielzeug</strong> ausKunststoff oder Metall auf die Kosten für das Material, aber nur 20 bis 25 Prozent auf dieArbeitskosten. Ähnlich verteilen sich die Produktionskosten bei Plüschfiguren. Lediglich beiHolzspielzeug s<strong>in</strong>d die Arbeitskosten fast so hoch wie die Kosten für das Material.E<strong>in</strong>e zehnprozentige Lohnerhöhung wurde nach diesen Angaben die Produktion von Plüschtieren nurum 2,5 Prozent verteuern. Da zudem die Produktionskosten nur e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen Anteil an denLadenpreisen <strong>in</strong> Europa und Nordamerika ausmachen (bei Barbie-Puppen etwa weniger als fünfProzent), wäre e<strong>in</strong>e solche Lohnerhöhung um zehn Prozent am Ladentisch nicht mehr zu spüren…(Allerd<strong>in</strong>gs darf diese Kostenstruktur nicht e<strong>in</strong>fach verallgeme<strong>in</strong>ert werden, denn Thailand ist daraufangewiesen, wichtige Rohmaterialien wie Kunststoffe e<strong>in</strong>zuführen, was natürlich zu e<strong>in</strong>em Anstieg derMaterialkosten führt. Länder, die ihre Rohmaterialien für Spielwaren selbst herstellen, haben daherauch höhere Anteile der Arbeitskosten an den gesamten Produktionskosten. Das ändert aber nicht ander grundsätzlichen Kostenstruktur.)Quelle: M<strong>in</strong>istry of Commerce (Thailand), Department of Foreign Trade, Commodity Division (2001) ShanghaiStar, 31.10.2002Die <strong>Spielzeug</strong>riesen Umsätze 2001Hersteller: weltweitMattel 5,4 Mrd €N<strong>in</strong>tendo (2000) 4,2 Mrd €Hasbro 3,1 Mrd €Lego 1,4 Mrd €zum Vergleich: DeutschlandGeobra-Brandstäter (Playmobil u.a.) 0,3 Mrd. €Ravensburger 0,3 Mrd. €Simba-Dickie (2000) 0,3 Mrd. €Zapf Creation AG 0,2 Mrd. €HandelWal-Mart (nur Spielwaren-Umsatz) 5,2 Mrd. €Toys “R” Us 4,5 Mrd. €Quelle: Geschäftsberichte, für US-amerikanische Konzerne: Geschäftsjahr 2000/01, Umrechnung von US-$ <strong>in</strong> € zuJahresdurchschnittswertenKampf statt Spiel:Die Macht der KonzerneDas meiste <strong>Spielzeug</strong> auf der Welt kommt aus e<strong>in</strong>er ch<strong>in</strong>esischen Fabrik. Doch viel zu sagen haben diech<strong>in</strong>esischen Spielwarenhersteller nicht. Denn es s<strong>in</strong>d wenige Konzerne aus reichen Ländern, die den<strong>Spielzeug</strong>markt beherrschen, Modetrends erf<strong>in</strong>den, Spielregeln festlegen. Und es s<strong>in</strong>d die Käufer<strong>in</strong>nen undKäufer <strong>in</strong> Japan, <strong>in</strong> Europa und <strong>in</strong> Nordamerika, die mit ihrer Jagd nach dem letzten Hit und dem bestenSchnäppchen die Branche antreiben – und zugleich Opfer immer ausgefeilterer Werbestrategien werden.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 17


Medien3M04Mitte der achtziger Jahre verschärfte sich der Wettbewerb zwischen den großen US-amerikanischen Spielwarenkonzernendramatisch. Immer größer wollten sie werden, um auf diese Weise stärker als die Konkurrenzzu se<strong>in</strong>. Stirb oder wachse, schien das Motto zu lauten. E<strong>in</strong> gewaltiger Konzentrationsprozess war die Folge: DerMattel-Konzern kaufte Markenhersteller wie Fisher-Price, Tyco oder Pleasant Company. Se<strong>in</strong> schärfsterKonkurrent Hasbro verschlang Marken wie Parker, Kenner oder Tiger Electronics und kaufte umsatzträchtigeLizenzen wie für Star Wars, Teletubbies, Pokemon und Harry Potter.Der <strong>Spielzeug</strong>markt wurde immer mehr vermachtet: Im Jahr 2000 hielten die 50 größten Spielwarenherstellerrund 90 Prozent der Marktanteile <strong>in</strong> den USA. Marktführer im virtuellen Reich der Computerspiele s<strong>in</strong>d diejapanischen Konzerne N<strong>in</strong>tendo, Sony und Sega, die <strong>in</strong> den letzten zweie<strong>in</strong>halb Jahrzehnten zur Weltspitze derGroßkonzerne aufschlossen.Schnell, schneller, am billigsten:Die Letzten beißen die HundeDen Preis für den Konkurrenzkampf der Spielwarenkonzerne und für die Jagd von K<strong>in</strong>dern und Jugendlichennach dem allerneuesten Hit zahlen die südostasiatischen Hersteller und (vor allem!) die bei ihnen beschäftigtenArbeiter<strong>in</strong>nen und Arbeiter. Denn die großen US-amerikanischen <strong>Spielzeug</strong>konzerne, die Lizenzgeber und dieFast Food-Ketten (aber eben auch mittelständische Unternehmen aus Europa) geben den Wettbewerbsdruck anihre Lieferanten weiter: Von ihnen verlangen sie, <strong>in</strong> immer kürzerer Zeit Aufträge zu erledigen. Mittlerweile s<strong>in</strong>dgeforderte Lieferfristen von vier bis zwei Wochen ke<strong>in</strong>e Seltenheit mehr – selbst bei hohen Stückzahlen. Hierbeihilft das Internet bei der Beschleunigung des Warenumschlages. So führte Mattel 2002 e<strong>in</strong> neues „Just <strong>in</strong> time“-System e<strong>in</strong>, das die Zeit von der Auftragsvergabe bis zur Auslieferung e<strong>in</strong>es <strong>Spielzeug</strong>es um 20 Prozentverkürzte.Unter erheblichem Term<strong>in</strong>druck stehen die asiatischen Hersteller vor allem bei der <strong>Spielzeug</strong>produktion für daswichtige Weihnachtsgeschäft. In Deutschland werden zum Beispiel fast e<strong>in</strong> Viertel aller Spielwarenverkäufee<strong>in</strong>es Jahres im Monat Dezember getätigt! Um nun möglichst unmittelbar vor Weihnachten mit der aktuellstenNeuheit eventuelle Modetrends nutzen zu können, warten viele Handelsunternehmen und Hersteller so lange wiemöglich mit der Vergabe von Aufträgen an Lieferanten <strong>in</strong> Südostasien.Bis zuletzt erspüren Marktforscher aktuelle Trends, bis zuletzt werden Muster neuer Spielwaren auf dem Marktgetestet, bis zuletzt wird versucht, herauszuf<strong>in</strong>den, womit wohl die Konkurrenz <strong>in</strong>s Weihnachtsgeschäft ziehen,womit sie geschlagen werden könnte. Immer später im Jahr beauftragen Konzerne ihre Büros, Agenten oderTochterunternehmen <strong>in</strong> Hongkong, <strong>in</strong> Shenzhen oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er anderen Stadt Guangdongs, Lieferanten zu f<strong>in</strong>den,die <strong>in</strong> kurzer Zeit zu möglichst niedrigem Preis das gewünschte <strong>Spielzeug</strong> <strong>in</strong> der geplanten Stückzahl beihöchster Qualität fertigen oder starten (das ist seltener) die Produktion <strong>in</strong> ihren eigenen Fabriken <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a.Weit mehr Geld als für die Herstellung geben die Konzerne für Werbung aus: E<strong>in</strong> Spiel zur Sesam-Straße vonMattel kostete 2001 <strong>in</strong> den USA 19,99 US-$; die Lohnkosten für die Herstellung lagen bei 0,10 US-$ (0,5Prozent des Verkaufspreises), für die Webung legte der Konzern aber durchschnittlich 3,00 US-$ pro Spiel (15,0Prozent des Verkaufspreises) h<strong>in</strong>. Selbst die gesamten Produktionskosten machen nur e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Teil desVerkaufspreises aus: E<strong>in</strong> Baby-<strong>Spielzeug</strong> von FisherPrice/Mattel wurde 2001 bei Toys „R“ US für 12,99 US-$angeboten, die gesamten Produktionskosten (Materialkosten, direkte und <strong>in</strong>direkte Arbeitskosten, Gew<strong>in</strong>n desHerstellers und Verschiffung) betrugen lediglich 1,76 US-$. Angesichts solcher Kostenstrukturen würde e<strong>in</strong>edeutliche Anhebung der Löhne durch die ch<strong>in</strong>esischen Spielwarenhersteller kaum den Verkaufspreis erhöhen.Selbst bei e<strong>in</strong>er Verdoppelung der Löhne wäre dann die Puppe zu 99,99 US-$ gerade e<strong>in</strong>mal um 2,45 US-$teurer, und für die Puppe zu 64,99 US-$ müssten lediglich 0,26 US-$ mehr bezahlt werden. Dies wäre e<strong>in</strong>e kaum<strong>in</strong>s Gewicht fallende Preiserhöhung (zumal – siehe Tabelle – die Preiskalkulation nicht die Kostenstrukturwiderspiegelt, sondern sich an Eckwerten wie 9,99 oder 19,99 orientiert).Für die Hersteller bedeutet dies, dass sie <strong>in</strong> extrem kurzer Zeit riesige Aufträge bewältigen müssen. DiesemTerm<strong>in</strong>- und dem zusätzlich ausgeübten Preisdruck beugen sich die Hersteller <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a und anderensüdostasiatischen Ländern. Denn sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel (noch) von ihren Auftraggebern abhängig. Noch s<strong>in</strong>d sieüberwiegend nicht <strong>in</strong> der Lage, mit eigenen Marken und eigenem Market<strong>in</strong>g auf den Märkten Nordamerikas undEuropas vertreten zu se<strong>in</strong>. Noch also s<strong>in</strong>d sie auf Auftragsproduktion angewiesen: Ende der neunziger Jahrewaren rund 70 Prozent der Spielwarenverkäufe Ch<strong>in</strong>as/Hongkongs Lizenz- oder Auftragsfertigung fürMISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 18


Medien3M05Markenhersteller aus der „Alten Welt“ und aus Japan. Auf den Verkauf eigener Marken (darunter Marken derHersteller Playmates, VTech, Universal Matchbox) und namenloser („weißer“) Waren entfielen nur 30 Prozent.Die Arbeiter<strong>in</strong>nen bezahlen den höchsten PreisZugleich hat der explosionsartige Anstieg der Zahl der Hersteller auch unter ihnen zu gnadenlosem Wettbewerbgeführt, kämpfen doch mehrere Tausend Hersteller um die Aufträge von nicht e<strong>in</strong>mal 50 Unternehmen, die dieMärkte <strong>in</strong> Europa und Nordamerika beherrschen. In dieser Situation können sie dem Preis- und Term<strong>in</strong>druckihrer übermächtigen Kunden nichts entgegensetzen – und konkurrieren sich dabei selbst zugrunde: Als <strong>in</strong> derzweiten Hälfte der neunziger Jahre <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a e<strong>in</strong> neuer Lieferant für McDonald’s den Verdrängungswettbewerbdurch Niedrigpreise gew<strong>in</strong>nen wollte, führte dies dazu, dass die US-amerikanische Fast Food-Kette <strong>in</strong> nur dreiJahren e<strong>in</strong>e Preissenkung von 15 Prozent durchsetzen konnte. Um aber nicht selbst Verlierer zu se<strong>in</strong>, geben diesüdostasiatischen Spielwarenhersteller den Marktdruck weiter, sei es an ihre Zulieferunternehmen, sei es an ihreBelegschaften. Und so müssen am Ende die Arbeiter<strong>in</strong>nen und Arbeiter <strong>in</strong> den Spielwarenfabriken Südostasiensden Preis für den Kampf der Giganten und für die Sucht nach immer neueren und immer billigerem <strong>Spielzeug</strong>bezahlen: Überstunden ohne Ende, niedrige Löhne, fehlender Arbeitsschutz – und <strong>in</strong> der auftragsarmen Zeit dieArbeitslosigkeit.<strong>Spielzeug</strong> aus Ch<strong>in</strong>a: E<strong>in</strong> paar Cent für die Herstellung<strong>Spielzeug</strong>typVerkaufspreis <strong>in</strong> denUSA <strong>in</strong>US-$ (2001)direkte Arbeitskosten(Fertigung) <strong>in</strong>US-$ (2001)Anteil der direktenArbeitskosten amVerkaufspreisElektronische<strong>in</strong>teraktive Puppe99,99 2,454 2,5%Elektronische<strong>in</strong>teraktive Puppe64,99 0,260 0,4%Roboter 76,99 0,539 0,7%Puppe 16,99 0,561 3,3%Action-Figur 11,99 0,659 5,5%Puppe 9,99 0,460 4,6%Plüschfigur 9,99 0,368 3,7%Plüschfigur 9,99 0,267 2,7%Spielset aus Plastik 7,99 0,407 5,1%Dies ist der Grund, weshalb Nichtregierungsorganisationen aus Hongkong sagen: Es reicht nicht, wenn diegroßen Konzerne, aber auch die mittelständischen Unternehmen aus Nordamerika und Europa von ihrenLieferanten die E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>es Verhaltenskodexes verlangen: Lieferanten müssen auch objektiv <strong>in</strong> der Lagese<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en Kodex e<strong>in</strong>zuhalten. Wie sollen sie dies aber, wenn ihre Fabriken fast e<strong>in</strong> drei viertel Jahr lang nurwenig zu tun haben, sie dann aber <strong>in</strong> nur drei Monaten riesige Mengen Spielwaren zu niedrigsten Preisen <strong>in</strong>kürzester Zeit bei höchster Qualität herstellen müssen. Ist nämlich die Produktion e<strong>in</strong>es ch<strong>in</strong>esischen Herstellersfehlerhaft, dann passiert immer häufiger, dass der Auftraggeber aus Nordamerika die Produktion nichtabnimmt…Deshalb ist es erforderlich, dass die europäischen und US-amerikanischen Spielwarenkonzerne und -händler denPreis- und Term<strong>in</strong>druck auf ihre asiatischen Lieferanten verr<strong>in</strong>gern. Dass dies möglich ist, zeigt das Beispiel vonWal-Mart: Dieser Gigant bestellt se<strong>in</strong>e Ware für das Weihnachtsgeschäft schon dreizehn Monate im Voraus.Auch Toys „R“ Us ordert 60 bis 70 Prozent se<strong>in</strong>er Spielwaren Mitte Januar. Ähnliches gilt für den deutschenVersandhandel....Den gesamten Artikel f<strong>in</strong>den ihr unter:http://www.woek.de/fair-spielt/pdf/fairspielt_heidel_barbie+co_feb_2003.pdfMISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 19


Lehrermaterial4L01Bauste<strong>in</strong> IV:Arbeiten bis zum Umfallen. Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>der ch<strong>in</strong>esischen <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrieIn vielen asiatischen <strong>Spielzeug</strong>fabriken werden soziale und wirtschaftliche Menschenrechtesystematisch verletzt. Betroffen s<strong>in</strong>d vor allem Frauen im Alter von 18 bis 30 Jahren, siestellen den größten Teil der Belegschaften: Wenn die Produktion für dasWeihnachtsgeschäft auf Hochtouren läuft, s<strong>in</strong>d die Arbeitszeiten extrem lang – 12 oder 13Stunden am Tag, sieben Tage <strong>in</strong> der Woche. Meist gibt es ke<strong>in</strong>en Kündigungsschutz.Gesetzliche M<strong>in</strong>destlöhne werden unterschritten, Arbeitsschutzbestimmungen grob verletzt.Mutterschutz gibt es nicht: All dies verstößt gegen nationale Gesetze und <strong>in</strong>ternationaleAbkommen.Es sche<strong>in</strong>t, dass erst e<strong>in</strong> authentisches und betroffen machendes Foto etwas zu e<strong>in</strong>em„Ereignis" macht. Fotos von geschundenen kle<strong>in</strong>en Händen und traurigen K<strong>in</strong>deraugenhaben die „Teppichkampagne" bekannt gemacht. Zu Aktionen wie „fair gehandeltemKaffee" oder zu „Fußbällen ohne K<strong>in</strong>derarbeit" gibt es Reportagen <strong>in</strong> unseren Medien überdie Lebensbed<strong>in</strong>gungen, die mit e<strong>in</strong>drucksvollen Bildern arbeiten. Die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>der <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrie lassen sich so nicht darstellen, denn natürlich lassen die Betriebe oftniemanden mit e<strong>in</strong>em Fotoapparat auf das Gelände. Die Arbeiter<strong>in</strong>nen und Arbeiter habenAngst mit Fremden zu reden. Sie schämen sich, jemanden <strong>in</strong> ihre elenden Behausungen zuführen. Und Gestank, Enge, enormer Zeitdruck, der den Gang zur Toilette unmöglich macht,oder Überstunden bis weit nach Mitternacht lassen sich nicht auf e<strong>in</strong>em Bild festhalten.Um die katastrophalen Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> der ch<strong>in</strong>esischen <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustriee<strong>in</strong>drücklich zu vermitteln, muss also e<strong>in</strong>e andere Herangehensweise gewählt werden.Daher gibt es Anregungen für Ihre Klasse oder Arbeitsgruppe, die von e<strong>in</strong>em authentischenTodesfall ausgehen. Li Chunmei, e<strong>in</strong>e 19-jährige Arbeiter<strong>in</strong>, starb am „Tod durchErschöpfung" (4A01). Das ist ke<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfall, es gibt sogar e<strong>in</strong>en ch<strong>in</strong>esischen Begriff fürdiese Todesart: „Guolaosi". Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler sollen der Frage nachgehen, wiedie Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen wohl se<strong>in</strong> müssen, wenn es zu solchen Todesfällen kommt.Berichte von Arbeitern und Arbeiter<strong>in</strong>nen über ihre Arbeitsbed<strong>in</strong>gen - von ch<strong>in</strong>esischenMenschenrechtsgruppen gesammelt - veranschaulichen die Problematik (4A02-03).Nach e<strong>in</strong>em solchen Todesfall kann man nicht zur Tagesordnung übergehen. Jeder müsstesich eigentlich fragen: Wie konnte das passieren - wer hat Schuld? In e<strong>in</strong>em Rollenspiel,<strong>in</strong> dem auch e<strong>in</strong>e Untersuchungskommission gebildet wird, stellen sich die Schüler<strong>in</strong>nen undSchüler diese Frage (4A04-07). Rollenbeschreibungen für die handelnden Personen gebendazu die nötigen H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen.Darüber h<strong>in</strong>aus können Sie Ihren SchülerInnen weitere Informationen zum Thema„Landflucht <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a“ (2M „Auf dem Land gibt`s ke<strong>in</strong>e Zukunft“) zur Verfügung stellen. AlsInformationsmaterial stehen außerdem zur Verfügung:H2: Lehrerforum 51/2003H3: Tod <strong>in</strong> der <strong>Spielzeug</strong>fabrikH4: <strong>Spielzeug</strong>fabrikenMISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 20


Lehrermaterial4L02Der Druck, unter dem die Zuliefererfirmen stehen, das Geflecht der Verantwortlichkeitender Spielwarenbranche, aber auch die Lebensbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> den ländlichen RegionenCh<strong>in</strong>as stehen hier zur Debatte. Der Ausgang des Rollenspiels ist offen. DieAuswertungsphase ist wichtig. Es gilt auf jeden Fall, genau nachzufragen: Wenn dieUntersuchungskommission gegen jemanden Anklage erhebt, muss das begründet se<strong>in</strong>. Istwirklich nur er/sie schuld? Würde es etwas ändern, wenn ...Sollten im Rollenspiel alle Betroffenen freigesprochen werden, dann gilt es zu überlegen:Auch wenn ke<strong>in</strong>e persönliche Schuld vorliegt - wie kann man verh<strong>in</strong>dern, dass weitereTodesfälle passieren. Was müsste geändert werden? Wie ist es mit der Mittäterschaft, derMitverantwortung? „Der Kunde ist Schuld, weil..." „Der ch<strong>in</strong>esische Staat ist Schuld,weil..." Wann s<strong>in</strong>d wir sozusagen „Mittäter", obwohl ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Schuld vorliegt?Wie können wir Verantwortung übernehmen?An dieser Stelle bietet es sich an, die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler über die Ziele derAktion „fair spielt“ zu <strong>in</strong>formieren. Im Anschluss daran können Sie mit Ihrer Klassedie aktuelle Unterschriften-Kampagne unterstützen. Nähere Informationen zurAktion sowie zur Puzzle-Kampagne f<strong>in</strong>den Sie auf unserer Homepage unter:K<strong>in</strong>der/Jugend/SchuleIm Jahr 2001 e<strong>in</strong>igten sich die großen <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrieverbände, die im InternationalCouncil of Toy Industries / ICTI (Internationaler Rat der <strong>Spielzeug</strong><strong>in</strong>dustrien) zusammengeschlossen s<strong>in</strong>d, nach langen Diskussionen auf e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Verhaltenskodex, derzum globalen Sozialstandard der Branche werden soll. Mehr zum ICTI-Kodex:H5: ICTI-KodexTextnachweis:4L, 4A01-07, 2M entnommen aus: alle sollen gew<strong>in</strong>nen, Hg.: Misereor <strong>in</strong> Kooperation mit anderen, Aachen2003.4A02-03 mit Auszügen aus: Spielverderber, Das Geschäft mit dem K<strong>in</strong>derspielzeug, Retap, Bonn 2002; FaireRegeln <strong>in</strong> der <strong>Spielzeug</strong>produktion, H<strong>in</strong>tergründe/Aktionen 2001/2002 – Infoheft der Aktion „fair spielt“;www.amnesty.org4A04-07 basierend auf: „ Worked till they drop" von Philip P. Pan, Wash<strong>in</strong>gton Post vom 13. Mai 2002.Autor<strong>in</strong>: Reg<strong>in</strong>a Riepe/Überarbeitung: Anita Kle<strong>in</strong>/MISEREOR 2006Bildnachweis:A8, A10: Riepe, entnommen aus: alle sollen gew<strong>in</strong>nen, Hg.: Misereor <strong>in</strong> Kooperation mit anderen, Aachen2003.2M: Büsgen, entnommen aus: alle sollen gew<strong>in</strong>nen, Hg.: Misereor <strong>in</strong> Kooperation mit anderen, Aachen 2003.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 21


Arbeitsblatt4A01Tod <strong>in</strong> der <strong>Spielzeug</strong>fabrikIhre Arbeitskolleg<strong>in</strong>nen fanden Li Chunmei nachts im Waschraum, sie wimmerte leise,blutete aus Mund und Nase. Bis der Krankenwagen kam, war sie schon tot.Als sie <strong>in</strong> jener Nacht <strong>in</strong>s Bett g<strong>in</strong>g, klagte sie, sie fühle sich ausgelaugt und hungrig, als obsie überhaupt nichts gegessen hätte. Sie massierte ihre schmerzenden Be<strong>in</strong>e und hustete. LiChunmeis Tod kam plötzlich. Aber kam er auch unerwartet?Plötzlich und unerwartetverstarbunsere geliebte TochterLi Chunmeiim Alter von nur 19 Jahren<strong>in</strong> der <strong>Spielzeug</strong>fabrik <strong>in</strong>Songgang, Pearl-River-DeltaEs trauern um sie:ihre Eltern und ihre vier Geschwister,ihre Arbeitskolleg<strong>in</strong>nen„Gualosi“, Überarbeitungstod, nennen ch<strong>in</strong>esische Zeitungen Fälle, <strong>in</strong> denen jungeArbeiter<strong>in</strong>nen zusammenbrechen und sterben. Was müssen das für Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>den Fabriken se<strong>in</strong>, wenn es häufiger vorkommt, dass junge, gesunde Frauen plötzlichsterben?Lest euch die Berichte von ch<strong>in</strong>esischen Arbeiter<strong>in</strong>nen und Arbeitern auf denfolgenden Seiten durch.• Wie beschreiben sie ihren Fabrikalltag?• Schreibt Stichpunkte zu den Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen auf e<strong>in</strong> Plakat und hängt es <strong>in</strong>die Klasse.• Wie hängen die genannten Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen mit „Guolaosi", demÜberarbeitungstod, zusammen?Übrigens: Es ist nicht leicht, mit Arbeiter<strong>in</strong>nen der <strong>Spielzeug</strong>-Industrie zu reden, umetwas über ihre Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen zu erfahren. Sie haben Angst, gesehen unddann gefeuert zu werden. Die folgenden kurzen Stellungnahmen s<strong>in</strong>d vonMenschenrechts-Organisationen <strong>in</strong> Hongkong zusammengestellt worden. Die<strong>Spielzeug</strong>-Arbeiter<strong>in</strong>nen selbst dürfen sich nicht gewerkschaftlich organisieren.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 22


ArbeitsblattAlltag <strong>in</strong> der <strong>Spielzeug</strong>fabrikE<strong>in</strong>e Arbeiter<strong>in</strong>, Mitte dreißig, klagt im Sommer 2001: „Für diemeisten Arbeiter<strong>in</strong>nen b<strong>in</strong> ich e<strong>in</strong>e Großmutter. Für mich ist esschwierig, e<strong>in</strong>en anderen Job zu f<strong>in</strong>den, also bleibe ich. Nur sehrwenige Fabriken würden e<strong>in</strong>e Arbeiter<strong>in</strong> nehmen, die schon überdreißig ist, ich weiß das genau. Ich arbeite über 400 Stunden imMonat und erhalte gerade e<strong>in</strong>mal zwischen 200 und 300 RMB* (etwa29 bis 43 €). Aber anderen geht es noch schlechter, die bekommennur um die 100 RMB im Monat. Immer verzögert der Arbeitgeber dieLohnauszahlung. Das Essen hier ist schrecklich. Aber ich habe ke<strong>in</strong>Geld, um woanders essen zu können." (1)*RMB = ch<strong>in</strong>esische Währungse<strong>in</strong>heit, Renm<strong>in</strong>bi Yuan4A02In der Verfassung derVolksrepublik Ch<strong>in</strong>a heißt es <strong>in</strong>Artikel 42 (frei übersetzt):„Arbeit ist die ruhmreichePflicht jedes körperlichleistungsfähigen Bürgers. AlleArbeiter <strong>in</strong> staatlichenUnternehmen und <strong>in</strong>städtischen und ländlichenWirtschaftskollektiven sollenihre Aufgaben aus der Haltungheraus erfüllen, dass sie dieHerrn des Landes s<strong>in</strong>d.“nach: www.amnesty.orgIm August 2000 berichtete die damals achtzehnjährige Xiao Wang, die bei e<strong>in</strong>em <strong>Spielzeug</strong>unternehmen<strong>in</strong> Shenzhen arbeitete: „Von April bis Mai machten wir D<strong>in</strong>osaurier. Jetzt machen wir ,Hello Kitty'-Schlüsselanhänger. Der Arbeitgeber gab uns nur Holzpritschen zum Schlafen. Alles andere mussten wir kaufen,so zum Beispiel Kopfkissen oder Decken. Ich b<strong>in</strong> jetzt vier Monate hier, und das höchste, was ich verdienenkann, liegt bei etwa 500 RMB (71 €) im Monat, das niedrigste so bei 300 RMB (43 €) monatlich. Ob ich Geldnach Hause schicke? Mir reicht es ja kaum fürs Essen, wie kann ich da etwas sparen? Ich habe ke<strong>in</strong>e befristeteAufenthaltsberechtigung. Wenn wir e<strong>in</strong>e beantragen, müssen wir 350 RMB (rund 50 €) bezahlen. Das Geldhabe ich nicht. E<strong>in</strong>mal hielt die Polizei fünf von uns an und wollte die Aufenthaltsberechtigungs-Karte sehen.Wir hatten aber ke<strong>in</strong>e und wurden deshalb verhaftet. Doch bald darauf kam unser Arbeitgeber und zahlte 1250RMB (etwa 177 €), dann konnten wir gehen. Ich glaube, der muss irgendwie Beziehungen zur Polizei haben."(2)Xiao Dong gehört zu den älteren Arbeiter<strong>in</strong>nen, sie ist schon über dreißig. Seit sechs Jahren arbeitetsie <strong>in</strong> der Lackiererei e<strong>in</strong>er <strong>Spielzeug</strong>fabrik <strong>in</strong> Nanhai (Prov<strong>in</strong>z Guangdong), die unter anderem für den USamerikanischen<strong>Spielzeug</strong>konzern Hasbro produziert. Täglich kommt Xiao Dong mit Chemikalien, z.B. giftigemVerdünner, <strong>in</strong> Berührung. Sie sagt, sie sei daran gewöhnt. Zwar weiß sie, dass diese Chemikalien irgendwiegiftig s<strong>in</strong>d, doch hat sie ke<strong>in</strong>e Ahnung, wie sehr. E<strong>in</strong>ige ihrer Kolleg<strong>in</strong>nen klagen bereits über Halsschmerzenund Unwohlse<strong>in</strong>, und allmählich sorgt sie sich jetzt auch wegen des täglichen Umgangs mit den giftigenChemikalien. Aber noch größeres Kopfzerbrechen bereitet ihr ihr ,hohes Alter', denn wenn sie ke<strong>in</strong>e Fabrikmehr nehmen wird, muss sie ihre Sachen packen und <strong>in</strong> ihre Heimat Hunan zurückkehren. (3)„In der Formerei müssen wir jeden Tag <strong>in</strong> großer Hitze von ungefähr 33-38°C arbeiten, und dieFormpressen s<strong>in</strong>d sehr laut und heiß. Die Luft ist mit starkem chemischen Gestank angefüllt und ich muss immerwieder dieselben Bewegungen machen - die Masch<strong>in</strong>e öffnen, das Plastik h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>legen, pressen, das Plastikwieder herausholen (...) Viele von uns ertragen die Hitze, den Gestank und den Lärm aber nicht und mancheKollegen brechen sogar zusammen." (4)„Dauernd müssen wir Überstunden machen und bis Mitternacht arbeiten und bekommen kaum etwas dafürbezahlt. Wenn die nicht me<strong>in</strong>en Lohn und me<strong>in</strong>e Kaution zurückbehalten würden, wäre ich schon längstgegangen." Als die Interviewer weitere Fragen stellen wollten, erschien e<strong>in</strong>e Aufseher<strong>in</strong> und schrie sie an: „Wastreibst du dich hier noch rum! Verschw<strong>in</strong>de!". Die Arbeiter<strong>in</strong> bekam es mit der Angst zu tun und sagte: „Erstkürzlich hat die Betriebsleitung verboten, dass wir uns bei Fremden über unsere Behandlung bei Tri-S (so derName der <strong>Spielzeug</strong>fabrik) beschweren. Wenn die erfahren, dass ich mit Ihnen geredet habe, schmeißen siemich vielleicht raus. Ich muss jetzt gehen." (7)MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 23


Arbeitsblatt4A03„Unsere Löhne s<strong>in</strong>d niedrig und ihre Berechnung ist undurchschaubar. Die Vorarbeiter und dieLeitung entdeckten immer irgendwo e<strong>in</strong>en Fehler, und haben die Leute den ganzen Tag angeschrieen. Wirs<strong>in</strong>d nicht wie Menschen behandelt worden. Es gab junge Arbeiter<strong>in</strong>nen, die gegangen s<strong>in</strong>d, weil sie dieSchreierei und die Beschimpfungen nicht ertragen konnten. Sogar die Sicherheitskräfte haben uns nichtrespektiert. Sie haben nicht nur ihre Hände, sondern auch die Fäuste benutzt. Und die Fabrikleitung hat e<strong>in</strong>fachweggeschaut. Wir können es ke<strong>in</strong>em recht machen. Und das Management hatte viele Möglichkeiten, e<strong>in</strong>en zuschikanieren. Man wird nicht entlassen, denn dann müssten sie e<strong>in</strong>e Abf<strong>in</strong>dung zahlen. Sie sagen e<strong>in</strong>emstattdessen, man solle ,frei nehmen'. Aber man kann nirgendwo h<strong>in</strong>gehen, denn du musst dich wieder melden,wann immer sie es wollen. Denn wenn du das nicht machst, haben sie e<strong>in</strong>en guten Vorwand, dich zuentlassen, ohne e<strong>in</strong>e Abf<strong>in</strong>dung zahlen zu müssen." (6)Xiao Zhou arbeitet <strong>in</strong> der Näh-Abteilung der Apollo <strong>Spielzeug</strong>fabrik <strong>in</strong> Henggang. Sie erzählt, dass beiihrer Arbeit viel Textilstaub aufgewirbelt wird, doch die Fabrik stellte den Arbeiter<strong>in</strong>nen und Arbeitern ke<strong>in</strong>eSchutzmasken zur Verfügung. Daher atmeten sie die Partikel ständig e<strong>in</strong>, wovon ihnen sehr schlecht wurde.Xiao Zhou erzählte uns, dass die Staubpartikel giftig s<strong>in</strong>d. Sie er<strong>in</strong>nert sich, dass e<strong>in</strong>e ihrer Kolleg<strong>in</strong>nen, die schonlange Zeit <strong>in</strong> der Fabrik arbeitete und zu viele Staubpartikel e<strong>in</strong>geatmet hatte, lungenkrank geworden war. Ausdem gleichen Grund wurden auch zahlreiche andere Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter krank. (8)„Ich weiß nichts über das ch<strong>in</strong>esische Arbeitsrecht. Das Management hat uns nie etwas darüber erzählt.Vor kurzem berichtete e<strong>in</strong>e Zeitung über die schlechten Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> unserer Fabrik. Ich fand denArtikel gut, auch wenn er nicht auf E<strong>in</strong>zelheiten e<strong>in</strong>g<strong>in</strong>g. Das Management beschlagnahmte die Zeitung undverbot uns, den Artikel zu lesen. Die Arbeitsbehörden schickten dann zwei Inspekteure <strong>in</strong> unsere Fabrik. Aberwir trauten uns nicht, irgendwas zu sagen, weil das Management die beiden Inspekteure begleitete. Beimletzten Mal fanden die Arbeits<strong>in</strong>spekteure zwei Jugendliche unter sechzehn (nach ch<strong>in</strong>esischem Arbeitsrecht dasM<strong>in</strong>destalter für e<strong>in</strong>e Beschäftigung). Dor Lok (so heißt die <strong>Spielzeug</strong>fabrik) musste e<strong>in</strong>e Geldstrafe zahlen unddie Jugendlichen wurden heimgeschickt." (9)Huang M<strong>in</strong>g arbeitete <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Fabrik <strong>in</strong> Zhongshan <strong>in</strong> der ch<strong>in</strong>esischen Küstenprov<strong>in</strong>z Guangdong. Siestellte <strong>Spielzeug</strong> her. Im Dezember 1998 wurde sie schwer krank. Das Unternehmen weigerte sich aber, siekrank zu schreiben. Sie musste weiterh<strong>in</strong> Überstunden machen. Am 20. Dezember konnte sie nicht mehr. Siehatte hohes Fieber, war ganz von der Krankheit gezeichnet, wurde entlassen. Ohne Entschädigung. E<strong>in</strong>eKolleg<strong>in</strong> begleitete sie bei ihrer Heimfahrt im Zug. Unterwegs starb sie. Huang M<strong>in</strong>g hatte e<strong>in</strong>enRechtsanspruch auf ärztliche Behandlung. (10)„WORKERS WANT TO EAT - WORKERS WANT A JOB"Schlachtruf von Arbeitern auf e<strong>in</strong>er Demonstration im März 2002 <strong>in</strong> Liaon<strong>in</strong>gNach: Amnesty <strong>in</strong>ternational (www.amnesty.org)Quellen:(1) Hong Kong Christian Industrial Committee, 2001, zitiert <strong>in</strong>: Spielverderber, Das Geschäft mit demK<strong>in</strong>derspielzeug, Retap, Bonn 2002.(2) Hong Kong Christian Industrial Committee,2000, zitiert <strong>in</strong>: Spielverderber, S. 30.(3) Hong Kong Christian Industrial Committee, 2001, zitiert <strong>in</strong>: Spielverderber, S. 32f.(4)Hong Kong Christian Industrial Committee, 2001, zitiert <strong>in</strong>: Spielverderber, S. 34.(7) Asia Monitor Ressource Center, The Work<strong>in</strong>g Conditions of the Toy Industry <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a, Hong Kong, März 1999, zit.nach Faire Regeln <strong>in</strong> der <strong>Spielzeug</strong>produktion, H<strong>in</strong>tergründe/Aktionen 2001/2002 - Infoheft der Aktion "fair spielt", S. 7.(5) Hong Kong Christian Industrial Committee, 2001, zitiert <strong>in</strong>: Spielverderber, S. 35.(6) Hong Kong Christian Industrial Committee, 2001, zitiert <strong>in</strong>: Spielverderber, S. 41.(8) Asia Monitor Resource Center, Labour Rights Report on Hong Kong Invested Toy Factories <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a, Hong Kong ,April1997,zitiert nach „ Faire Regeln <strong>in</strong> der <strong>Spielzeug</strong>produktion!", H<strong>in</strong>tergründe/Aktionen 200112002 - Infoheft der Aktion "fairspielt", S. 7.(9) Asia Monitor Ressource Center, the Work<strong>in</strong>g Conditions of the Toy Industry <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a, Hong Kong, März 1999, zitiertnach Faire Regeln, S.8.(10)nach e<strong>in</strong>em Bericht des Ch<strong>in</strong>a Latour Bullet<strong>in</strong>, Mai/Juni 1999, zitiert nach Faire Regeln S.8.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 24


Arbeitsblatt4A04Rollenspiel: It`s not our problemVersucht euch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Rollenspiel nach Ch<strong>in</strong>a zu versetzen. Was ist passiert?Li Chunmei ist tot. Die junge Frau ist offensichtlich ke<strong>in</strong>es natürlichen Todesgestorben, auch e<strong>in</strong> tödlicher Unfall scheidet als Ursache aus. Das ist also e<strong>in</strong> Fallfür die Polizei!Bildet e<strong>in</strong>e Untersuchungskommission aus drei Leuten und klärt, ob gegen e<strong>in</strong>ender unten genannten Beteiligten Anklage erhoben werden soll. Befragt dazu diebeteiligten Personen: den Vater, die Schwester, den Dorfvorsteher, dieVorarbeiter<strong>in</strong>, den Subunternehmer Ba<strong>in</strong>an Factory, das große UnternehmenKaim<strong>in</strong>g Industrials, die europäische <strong>Spielzeug</strong>firma XY.Immer drei Personen entscheiden sich für die Rolle e<strong>in</strong>es „Beschuldigten". Sie<strong>in</strong>formieren sich über se<strong>in</strong>e Situation (H<strong>in</strong>tergründe), setzen sich mit denArgumenten ause<strong>in</strong>ander. E<strong>in</strong>er dieser drei wird ausgewählt, um die Rolle im Spielzu vertreten.Auf den folgenden Seiten f<strong>in</strong>det ihr die Beschreibungen der Rollen. Bitte lest nurdie Beschreibung eurer eigenen Rolle!Wenn ihr euch vorbereitet habt (lesen, diskutieren, Argumentezusammenschreiben, Probespiel, um euch gut zu verteidigen) führt das Rollenspielvor der Klasse durch: E<strong>in</strong>e Untersuchungskommission befragt die Beteiligten, umVerantwortlichkeiten festzustellen. Das Ende ist offen.Folgende Frage soll geklärt werden: Soll Anklage wegen fahrlässigerTötung erhoben werden?Die Personen dieses Rollenspiels s<strong>in</strong>d frei gestaltet. H<strong>in</strong>tergründe und Aussagen basieren u.a. aufInformationen des Artikels „ Worked till they drop" von Philip P. Pan, Wash<strong>in</strong>gton Post vom 13. Mai2002.Vater, Li Zhim<strong>in</strong>:„Wir brauchen e<strong>in</strong>fach das Geld, damitunsere Familie überleben kann. AlleK<strong>in</strong>der im Dorf gehen von zu Hause weg,um Geld zu verdienen!“Schwester Li Mei:„Ich war erst 15 Jahre und alle<strong>in</strong>e, als ich mit dem Busnach Shenzhen fuhr, um Arbeit zu suchen. Li Chunmeihatte am Anfang sogar noch mich!"Dorfvertreter des Heimatdorfes der Familie Li:Wer ke<strong>in</strong>e Steuern zahlt, kommt <strong>in</strong>s Gefängnis! Sonsthätte jeder Bauer e<strong>in</strong>e Ausrede."MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 25


Arbeitsblatt4A05Geme<strong>in</strong>devertreter von Songgang:„Wir müssen Investoren <strong>in</strong> unsere Stadt holen, vomSteueraufkommen profitieren dann alle!“Vertreter der Kaim<strong>in</strong>g Industrials (ch<strong>in</strong>esischeFirma mit <strong>in</strong>ternationaler Beteiligung):„In unserer Firma achten wir auf die E<strong>in</strong>haltung derGesetze. Wir haben gute Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen. Fürunsere Subunternehmer können wir nicht verantwortlich gemacht werden!“Vertreter der Ba<strong>in</strong>an Factory (kle<strong>in</strong>erch<strong>in</strong>esischer Subunternehmer):„Die junge Frau hat nicht für uns gearbeitet. Dasfällt nicht <strong>in</strong> unseren Verantwortungsbereich."Wu Duoqu<strong>in</strong>, Vorarbeiter<strong>in</strong> von Li Chunmei,ist telefonisch nicht zu erreichen.Vertreter des <strong>in</strong>ternationalenSpielwarenkonzerns XY:„Der Kunde entscheidet heutzutage sehr kurzfristig,oft wissen wir erst im Oktober, was <strong>in</strong> diesem Jahrgefragt ist. Wenn wir Aufträge an unsere Vertragspartner <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a geben, dann s<strong>in</strong>d die auch für dieArbeitsbed<strong>in</strong>gungen verantwortlich."ROLLENBESCHREIBUNGEN:Die folgenden Rollenbeschreibungen und die H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen müssen kopiert undausgeschnitten werden. Nur die Gruppe, die den Vater, die Schwester und den Dorfvertreter darstellt,bekommt den Abschnitt mit den H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen.H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen:Li Chunmeis Zuhause ist e<strong>in</strong> Dorf <strong>in</strong> Sichuan, 1100 km von der <strong>Spielzeug</strong>fabrik <strong>in</strong> Songgang entfernt.Welten liegen zwischen dem ärmlichen Dorfleben und den modernen Wirtschaftszonen an der KüsteCh<strong>in</strong>as. Die Bergregionen von Sichuan gehören zu den ärmsten Ch<strong>in</strong>as, es gibt ke<strong>in</strong>e Straßen, e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ziges Telefon und kaum Elektrizität oder Sanitäranlagen. Die Bauern arbeiten mit e<strong>in</strong>fachstenWerkzeugen, Traktoren gibt es nicht. Die Häuser bestehen aus Lehm. Nur wenige Dorfbewohnerkönnen e<strong>in</strong>e Zeitung lesen, noch weniger sprechen die offizielle Landessprache, das Mandar<strong>in</strong>.Die Bauern leben von dem, was sie anbauen. Sie ernten nicht genug, um noch viel zu verkaufen.Durchschnittlich verdienen sie im Jahr 25 US-Dollar - doch die offiziellen Steuern betragen 37 US-Dollar pro Person! Im letzten Jahr wurden e<strong>in</strong>ige Bauern, die sich geweigert haben, Steuern zuzahlen, <strong>in</strong>s Gefängnis geworfen. Die e<strong>in</strong>zige Möglichkeit zu überleben ist, die K<strong>in</strong>der schnell aus derSchule zu nehmen und sie zur Arbeit <strong>in</strong> die weit entfernten Städte zu schicken.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 26


Arbeitsblatt4A061. Vater Li Zhim<strong>in</strong>:Ich habe fünf K<strong>in</strong>der zu ernähren, dabei besitze ich nur wenig Land. Me<strong>in</strong>e Felder liegen am steilenBerghang. Ich habe Terrassen angelegt, um wenigstens etwas Reis und Weizen anbauen zu können.Jeden Tag muss ich mühsam den Berg h<strong>in</strong>auf und h<strong>in</strong>unter steigen, um auf me<strong>in</strong>en Feldern zuarbeiten. Dies hier ist e<strong>in</strong> armes Dorf und alle Eltern wollen, dass ihre K<strong>in</strong>der so schnell wie möglich <strong>in</strong>die Städte gehen. Je eher sie gehen, umso schneller können sie ihre Familie unterstützen. Ich habe LiChunmei den langen Weg zu Fuß durch die Berge begleitet, bis zur nächsten Busverb<strong>in</strong>dung.Natürlich habe ich mir Sorgen gemacht. Li Chunmei hat leise gewe<strong>in</strong>t, als sie wegfuhr. „We<strong>in</strong>enicht", sagte ich ihr, „es gibt ke<strong>in</strong>en Grund zu we<strong>in</strong>en. Geh und verdiene Geld." Ich sagte ihr: „Esbr<strong>in</strong>gt Unglück, wenn man we<strong>in</strong>t." Und nun ist sie tot."----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------2. Schwester Li Mei:Ich b<strong>in</strong> die Älteste von fünf Geschwistern. Me<strong>in</strong> Vater hat mich nach der dritten Klasse aus der Grundschulegenommen, ich kann kaum me<strong>in</strong>en Namen schreiben. Bei uns müssen die Mädchen schon früh auf den Feldernhelfen und die Hühner füttern. Ich war erst 15, als ich den Bus nach Shenzhen nahm und zwar ganz alle<strong>in</strong>e.Unsere Familie hatte Schwierigkeiten. Da wollte ich me<strong>in</strong>en Eltern nicht mehr zur Last fallen. Ich hätte so gernegehabt, dass me<strong>in</strong>e anderen Schwestern weiter zur Schule gehen!Ich war so stolz, als ich nach zwei Jahren mit me<strong>in</strong>en Ersparnissen nach Hause kam. Es waren 100$! Ich habemich <strong>in</strong> den Fabriken alle<strong>in</strong>e durchgeschlagen und es irgendwie geschafft. Doch als ich wieder zurück musste,wollte Li Chunmei auch mit. Sie war gerade 15 geworden, so wie ich damals. „Die Familie braucht das Geld,Vater arbeitet so hart", hat sie gesagt. Vater hat uns dann noch an den Bus gebracht. Die Fahrt dauerte dreiTage und drei Nächte. Wir s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Dongguan ausgestiegen, e<strong>in</strong>er Stadt mit neun Millionen E<strong>in</strong>wohnern, siebenMillionen davon s<strong>in</strong>d Arbeitsmigranten. Dort habe ich me<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Schwester Arbeit besorgt und ihrgeholfen, wo ich konnte. Doch schon nach e<strong>in</strong>igen Monaten hat e<strong>in</strong> Moped Li Chunmei überfahren. Ihr Be<strong>in</strong>war gebrochen und Vater ist bis nach Dongguan gekommen, um sie nach Hause zu holen und sie gesund zupflegen. Erst e<strong>in</strong> Jahr später kam sie zum Arbeiten zurück. Ich habe ihr wieder e<strong>in</strong>en Job besorgt. Das Lebenhier ist wirklich aufregend, all das Licht und die Karaoke-Bars. Es ist auch viel wärmer als bei uns <strong>in</strong> denBergen. Doch Li Chunmei ist nie mit Freund<strong>in</strong>nen raus gegangen, hatte ke<strong>in</strong>en Spaß hier. Nun hatte sie auchleider den schlimmsten Job. Sie war e<strong>in</strong>e Läufer<strong>in</strong>, ständig auf den Be<strong>in</strong>en. Wenn e<strong>in</strong>e Arbeiter<strong>in</strong> mit ihrem Teildes Stofftieres fertig ist, br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e Läufer<strong>in</strong> dieses Teil so schnell wie möglich zur nächsten Arbeiter<strong>in</strong>.Eigentlich hat sie nur geschuftet und geschlafen. Und das mit 18 Jahren! Doch was sollen wir Dorfmädchenanderes machen? Ich habe eben Glück gehabt - und sie nicht. Ich konnte ihr nicht wirklich helfen..."----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------3. Dorfvertreter des Heimatdorfes <strong>in</strong> Sichuan:Wir leben hier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ganz rückständigen Gegend. Me<strong>in</strong>e Verantwortung ist es, das Dorf vorwärts zubr<strong>in</strong>gen, doch das ist nicht e<strong>in</strong>fach. Die Leute hier verstehen nicht viel. Natürlich muss ich auch dieSteuern e<strong>in</strong>ziehen. Jeder Bauer hat immer wieder neue Gründe, nicht zu zahlen. Im letzten Jahr habeich e<strong>in</strong>ige Zahlungsunwillige <strong>in</strong>s Gefängnis geworfen. Da sollten Sie mal sehen, wie das Geldhere<strong>in</strong>kam. Ch<strong>in</strong>a muss vorankommen, sich entwickeln. Wie sollen wir Straßen bauen oderTelefonleitungen legen, wenn die Bürger ke<strong>in</strong>e Steuern zahlen! Jeder muss sich anstrengen, aufse<strong>in</strong>em Platz se<strong>in</strong> Bestes geben! Dann kommen wir alle voran. Ich f<strong>in</strong>de es nicht schlecht, wenn diejungen Leute das Dorf verlassen und das moderne Leben <strong>in</strong> den neuen Wirtschaftszonen kennenlernen. Ich selbst war leider nie dort. Wenn me<strong>in</strong>e beiden eigenen K<strong>in</strong>der groß s<strong>in</strong>d, gehen sie sichervon hier weg. Aber zunächst e<strong>in</strong>mal müssen sie die Schule abschließen. Wer nicht lesen und rechnenkann, wird zu leicht übers Ohr gehauen!MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 27


Arbeitsblatt4A074. Mitarbeiter der Stadtverwaltung von Songgang:Unsere neuen Wirtschaftszonen s<strong>in</strong>d wichtig im Kampf gegen Unterentwicklung und Armut. Wenndie Investoren sich von uns durch Kontrollen schikaniert fühlen, dann wandern sie <strong>in</strong> die Nachbarregionab. Woanders s<strong>in</strong>d die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen auch nicht besser! Ich kenne die Firmenleitung der FirmaBa<strong>in</strong>an Factory persönlich, genauso wie die der anderen großen Firmen. Das s<strong>in</strong>d sehr <strong>in</strong>tegereMenschen, die um das Geme<strong>in</strong>wohl besorgt s<strong>in</strong>d. Oft haben sie schon für unsere Stadt gespendet. Undman trifft sich bei gesellschaftlichen Anlässen."----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------5. Vertreter der Kaim<strong>in</strong>g Industrials und Vertreter des Subunternehmers Ba<strong>in</strong>an Factory:(schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu)Wir arbeiten unter hartem Konkurrenzdruck. In den Stoßzeiten konnten wir nicht alle Aufträge selbsterledigen und haben mit kle<strong>in</strong>eren Firmen zusammengearbeitet. Ja, wir haben davon gehört, was mitder jungen Frau passierte. Aber sie hat nicht für uns gearbeitet. Dafür s<strong>in</strong>d wir nicht verantwortlich.Wir können nicht überall se<strong>in</strong> und alles überwachen. Natürlich bemühen wir uns um die E<strong>in</strong>haltungvon Standards. Aber wenn wir nicht hart arbeiten, dann bekommen andere die Aufträge. Undschließlich gibt es genügend Leute, die gerne bei uns arbeiten! Wir <strong>Spielzeug</strong>hersteller <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a stehenunter e<strong>in</strong>em enormen Term<strong>in</strong>druck. Früher dauerte die Hauptsaison sieben Monate, jetzt haben wirnur noch vier Monate für das Weihnachtsgeschäft. Wir müssen rund um die Uhr produzieren. Die<strong>in</strong>ternationalen Auftraggeber stellen immer häufiger auf „Just-<strong>in</strong>-time" Produktion um undbestellen die Waren über das Internet. Wie sollen wir da anders als mit Überstunden arbeiten? Esmüsste vier bis fünf Weihnachten im Jahr geben, dann könnten wir unsere Überstunden abbauen undvernünftig planen!"----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------6. Wu Duoqu<strong>in</strong>, Vorarbeiter<strong>in</strong> von Li Chunmei:(sagt zunächst nichts, verkriecht sich.)Was sollte ich denn machen? Wenn e<strong>in</strong>e nicht mehr kann, fällt die Produktion der ganzen Arbeitskettezurück. Wir haben doch ke<strong>in</strong>en Ersatz. Deshalb habe ich Li Chunmei den Lohn für drei Tageabgezogen, als sie die Nachtschicht e<strong>in</strong>fach ausfallen ließ und schlafen g<strong>in</strong>g. Woher sollte ich wissen,dass sie schwer krank war? Wir müssen unsere Produktionszahlen erfüllen. Alle anderen haben dieÜberstunden doch auch geschafft."----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------7. Vertreter des <strong>in</strong>ternationalen XY-Spielwarenkonzerns:Wir drängen unsere ch<strong>in</strong>esischen Partner selbstverständlich dazu, auf akzeptable Arbeitsbed<strong>in</strong>gungenzu achten. Doch es geht e<strong>in</strong> enormer Druck vom Handel aus, alle<strong>in</strong> der Term<strong>in</strong>- und der Preisdruck,und dann gibt es noch kurzfristig geäußerte Sonderwünsche. Der Markt selbst fordert e<strong>in</strong> schnellesReagieren, wenn man nicht die Wünsche der Kunden vorausahnt und schnellstens reagiert, macht manMilliarden Verluste. Und das bedeutet wiederum den Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen: hierbei uns <strong>in</strong> der Zentrale genauso wie <strong>in</strong> den Fabriken <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a. Und das kann doch ke<strong>in</strong>er wollen. Daswird sich schon e<strong>in</strong>spielen, sobald die Arbeiter nicht mehr zu jedem Preis und unter allenBed<strong>in</strong>gungen arbeiten. Aber dann müssen wir vielleicht <strong>in</strong> andere Länder ausweichen...MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 28


Medien2M01Auf dem Land gibt’s ke<strong>in</strong>e ZukunftXiao Li ist zwölf Jahre alt. Sie lebt mit ihrerMutter und e<strong>in</strong>em jüngeren Bruder <strong>in</strong> X<strong>in</strong>gfuCun, e<strong>in</strong>em Dorf <strong>in</strong> den Bergen derzentralch<strong>in</strong>esischen Prov<strong>in</strong>z Henan. Das Hausvon Xiao Li's Familie ist aus getrocknetenLehmziegeln gebaut, der Boden besteht ausgestampftem Lehm. In dem e<strong>in</strong>zigen Zimmer desHauses hängt e<strong>in</strong>e trübe Glühbirne, die meistensnur angeschaltet wird, wenn Besuch kommt. Aufdem mit Holz befeuerten Lehmofen steht e<strong>in</strong>Topf mit Maissuppe vom Vortag. E<strong>in</strong>e Toilettehat die Familie nicht, e<strong>in</strong> Badezimmer kennt XiaoLi nur aus dem Fernsehen.Henan gehört sicher nicht zu denwohlhabenden Regionen Ch<strong>in</strong>as, aber esgibt auch noch ärmere Gebiete weiter imWesten. Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> dieser Prov<strong>in</strong>z leben über80 Millionen Menschen - etwa so viele wie <strong>in</strong>ganz Deutschland. Die meisten davonarbeiten <strong>in</strong> der Landwirtschaft. Besonders <strong>in</strong>den bergigen Regionen reicht das Landhäufig nicht aus, um die Menschen zuernähren. Xiao Li's Familie hat gerade malgenug Ackerland, um die Familie acht Monateim Jahr mit Getreide zu versorgen (diedurchschnittliche .Ackerfläche pro Person istetwa 200 m 2 - das ist ungefähr dieselbeFläche, auf der Bauern <strong>in</strong> Deutschland Ihrelandwirtschaftlichen Masch<strong>in</strong>en parken!). Umfür die anderen Monate genug zu essen zuhaben, muss die Familie Geld leihen odere<strong>in</strong>e ihrer wenigen Ziegen verkaufen.Xiao Li hat ihren Vater und ihren älteren Bruderseit dem letzten Frühl<strong>in</strong>gsfest nicht mehrgesehen. Die beiden haben vor e<strong>in</strong>igen Jahrendas Dorf verlassen, um <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>as Städten imOsten des Landes Arbeit zu suchen, „Damalswar der Großvater Li Yeye krank geworden",sagt Xiao Li. „Und wir konnten das Geld für dieBehandlung im Krankenhaus nicht bezahlen;wir mussten Geld leihen. Darum g<strong>in</strong>g me<strong>in</strong> Vater <strong>in</strong> die Stadt, um auf e<strong>in</strong>er Baustelle zu arbeiten.Me<strong>in</strong> Bruder hatte die Schule <strong>in</strong> der dritten Klasse abgebrochen und hier im Dorf gab es außerhalbder Erntezeit für ihn nicht viel zu tun. Deshalb g<strong>in</strong>g er zwei Jahre später zu me<strong>in</strong>em Vater <strong>in</strong> dieStadt.Jetzt kommen sie nur e<strong>in</strong>mal im Jahr zum Frühl<strong>in</strong>gsfest nach Hause. „Mit dem Geld, das sieverdienen, konnten wir das Schulgeld für me<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Bruder bezahlen und e<strong>in</strong>mal hat me<strong>in</strong> Vaterzum Frühl<strong>in</strong>gsfest sogar e<strong>in</strong>en Fernseher mitgebracht. Außer dem Parteisekretär hatte damals nochniemand im Dorf e<strong>in</strong>en Fernseher", erzählt Xiao Li stolz. Das war vor e<strong>in</strong> paar Jahren, als es noche<strong>in</strong>facher war, Arbeit <strong>in</strong> der Stadt zu f<strong>in</strong>den. Inzwischen verlassen so viele Menschen die Dörfer auf derMISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 29


Medien2M02Suche nach Arbeit, dass es immer schwerer wird, e<strong>in</strong>en Job zu f<strong>in</strong>den. (Nach Schätzungen habenbereits über 120 Millionen Ch<strong>in</strong>esen und Ch<strong>in</strong>es<strong>in</strong>nen ihre Heimat verlassen und leben ohne denRückhalt der Familie als Fabrik- oder Bauarbeiter von meist schlecht bezahlten Jobs ohne jeglichesoziale Absicherung.) Auch <strong>in</strong> den Städten gibt es immer mehr Arbeitslose, vor allem aus denehemaligen Staatsbetrieben, sodass der Druck auf den Arbeitsmarkt immer größer wird.Ohne erwachsene Männer <strong>in</strong> der Familie ist das Leben für Xiao Li und ihre Mutter <strong>in</strong> X<strong>in</strong>gfu Cun nichte<strong>in</strong>facher geworden. „Seit der Vater und der Bruder <strong>in</strong> der Stadt arbeiten, müssen wir die ganzeLandarbeit ohne ihre Hilfe machen. Früher haben zum Beispiel nur die Männer die Felder gepflügt, aberheute sieht man immer mehr Frauen bei dieser Arbeit", erzählt Xiao Li. Trotzdem sieht man heute <strong>in</strong>Xiao Li's Dorf immer weniger junge Menschen. Über die Hälfte aller Männer zwischen 20 und 40 Jahrenhaben X<strong>in</strong>gfu Cun verlassen. Auch viele junge Frauen gehen fort, um <strong>in</strong> Fabriken, Restaurants oder alsHausangestellte zu arbeiten. Manche Jugendliche gehen schon vor dem Schulabschluss fort. „Wirträumen alle von e<strong>in</strong>em besseren Leben <strong>in</strong> den Städten. Das Leben auf dem Dorf ist schwer", sagt XiaoLi. „E<strong>in</strong>e ganze Gruppe von Klassenkameraden ist vor zwei Jahren fortgegangen und ich habe gehört,dass sie jetzt von Auto-Waschen und Blumen-Verkaufen <strong>in</strong> Pek<strong>in</strong>g leben. Manche von ihnen waren nichtmal zehn Jahre alt, als sie weg g<strong>in</strong>gen."Zu wenig Ackerland und sehr karge Böden s<strong>in</strong>d immer schon e<strong>in</strong> Grund für Armut <strong>in</strong> denBergregionen gewesen. Dazu kommt e<strong>in</strong>e große Belastung der Bauern durch die verschiedenenAbgaben und Steuern. „In der Stadt bezahlt doch niemand Steuern, aber wir Bauern müssenLandwirtschaftssteuem bezahlen, obschon wir viel weniger verdienen als die Städter - das ist dochungerecht! Aber am schlimmsten s<strong>in</strong>d all die Abgaben an unsere lokale Regierung. Davon lebendie korrupten Kader <strong>in</strong> unserem Kreis wie die Maden im Speck!", empört sich Xiao Li's Mutter.Außerdem müssen – obwohl <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a allgeme<strong>in</strong>e Schulpflicht besteht – Schulgebühren bezahltwerden, die e<strong>in</strong>en erheblichen Teil des E<strong>in</strong>kommens e<strong>in</strong>er Familie ausmachen können. Darüberh<strong>in</strong>aus gibt es für die Bauern weder e<strong>in</strong>e Krankenversicherung noch e<strong>in</strong>e Altersversorgung; deshalbwerden Krankheit und Alter häufig zu e<strong>in</strong>er enormen f<strong>in</strong>anziellen Belastung für e<strong>in</strong>e Familie.Unterm Strich bleibt e<strong>in</strong>er durchschnittlichen Familie <strong>in</strong> Xiao Li'sDorf nicht mehr als e<strong>in</strong> paar hundert Mark Jahrese<strong>in</strong>kommen.Auch die Infrastruktur des Dorfes lässt zu wünschen übrig. ZumDorf führt nur e<strong>in</strong>e schmale gewundene Straße, die nichtasphaltiert ist. In der Regenzeit läuft man auf der Strasse <strong>in</strong>knöcheltiefem Schlamm. Bis heute hat das Dorf ke<strong>in</strong>e richtigeTr<strong>in</strong>kwasserversorgung. „Wir müssen bis zur Wasserstelle übere<strong>in</strong>e halbe Stunde laufen und anschließend dann die schwerenKanister auf dem Rücken <strong>in</strong>s Dorf schleppen; und das jeden Tag!",erzählt die Familie.Aber außer der materiellen Armut treibt die Jugendlichen auch diePerspektivlosigkeit des Lebens aus dem Dorf. „Es gibt kaumnoch junge Frauen, die bereit s<strong>in</strong>d, junge Männer aus unseremDorf zu heiraten", erzählt Xiao Li's Mutter. „Es gibt doch hier außerharter Arbeit nichts zu tun für junge Leute". Xiao Li ergänzt:„Selbst um <strong>in</strong> die Grundschule zu gehen, müssen wir mehr alse<strong>in</strong>e Stunde zu Fuß laufen, seit die Dorfschule <strong>in</strong> X<strong>in</strong>gfu Cun vore<strong>in</strong> paar Jahren geschlossen wurde".Auf die Frage, wovon Xiao Li träumt, antwortet sie: „ Dass ich nächstes Jahr auf die Mittelschule <strong>in</strong>der Kreisstadt gehen kann. Ich will etwas lernen, damit ich e<strong>in</strong>e gute Arbeit f<strong>in</strong>den kann - natürlich <strong>in</strong>der Stadt!" Nach e<strong>in</strong>igem Nachdenken fügt sie h<strong>in</strong>zu: „Am meisten wünsche ich mir, dass es baldFrühjahrsfest ist und me<strong>in</strong> Vater und Bruder zurück kommen".MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 30


Lehrermaterial5LBauste<strong>in</strong> V:Gleiches Recht für alle? Menschenrechte <strong>in</strong> Theorieund WirklichkeitMenschenrechtsverletzungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> vielen Teilen der Welt an der Tagesordnung.Das Verständnis für die Natur der Menschenrechte ist Grundvoraussetzung dafür,diese als solche zu erkennen und zu erfassen, wie grundlegend dabei <strong>in</strong> diePersönlichkeitsrechte des e<strong>in</strong>zelnen e<strong>in</strong>gegriffen wird.Dieser Bauste<strong>in</strong> bietet Ihnen die Möglichkeit, die Missstände <strong>in</strong> ch<strong>in</strong>esischen<strong>Spielzeug</strong>fabriken unter dem Blickw<strong>in</strong>kel der Menschenrechtsverletzungen zu behandeln. Ine<strong>in</strong>em ersten Schritt geht es darum, die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler mit den zentralenMenschenrechten vertraut zu machen.4A01-03 enthält Orig<strong>in</strong>al-Auszüge aus der Allgeme<strong>in</strong>en Menschenrechtserklärung derVere<strong>in</strong>ten Nationen und ermöglicht es den Jugendlichen, die zentralen Aussagen aus denGesetzestexten herauszufiltern. In Eigenregie sollen sie sich daraufh<strong>in</strong> über aktuelleMenschenrechtsverletzungen <strong>in</strong>formieren und diese ihren Mitschülern vorstellen. DieKenntnis der zentralen Menschenrechtsorganisationen bildet die Grundlage für eventuelleseigenes Engagement.Nähere H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen zu den Menschenrechten sowie zur Arbeit derMenschenrechtsorganisationen f<strong>in</strong>den Sie auf unserer Homepage unter:http://www.misereor.de/<strong>in</strong>dex.php?id=8453 oderhttp://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_MenschenrechtsorganisationenIm Anschluss daran können die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> ch<strong>in</strong>esischen <strong>Spielzeug</strong>fabriken alskonkretes Beispiel für die Verletzung von Menschenrechten dienen (5A04-05). Dabei geht esdarum zu erkennen, welcher Menschenrechte junge ch<strong>in</strong>esische Arbeiter<strong>in</strong>nen ihrenBerichten zu Folge beraubt werden. Dies ermöglicht e<strong>in</strong>e qualifiziertere Beurteilung derSituation.H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen hierzu f<strong>in</strong>den Sie ebenfalls auf unsere Homepage oder unter:http://www.woek.de/fair-spielt/pdf/fairspielt_washpost_2002.pdfEs bietet sich an dieser Stelle an, die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler über die Ziele derAktion „fair spielt“ zu <strong>in</strong>formieren und mit Ihrer Klasse die aktuelle Unterschriften-Kampagne zu unterstützen. Nähere Informationen zur Aktion sowie zur Puzzle-Kampagne f<strong>in</strong>den Sie unter:http://www.misereor.de/<strong>in</strong>dex.php?id=103 oder http://www.misereor.de/<strong>in</strong>dex.php?id=861oder www.fair-spielt.de_______________________________________________________________________Textnachweis: Autor<strong>in</strong>: Anita Kle<strong>in</strong>5A01-03 mit Auszügen aus: http://www.runic-europe.org/german/menschen/udhr_template.htm;5A04-05: (1), (2), (4) aus Spielverderber, Das Geschäft mit dem K<strong>in</strong>derspielzeug, Retap, Bonn 2002; (3), (5), (6)aus Faire Regeln <strong>in</strong> der <strong>Spielzeug</strong>produktion, H<strong>in</strong>tergründe/Aktionen 2001/2002 – Infoheft der Aktion „fair spielt“.Bildnachweis:5A01-03: http://www.gsoa.ch/aktuell/nahost/E<strong>in</strong>reichung_Nahost-Petition/p9291938.jpg oder http://www.amnestyheilbronn.de/images/Erschiessung.jpgMISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 31


Arbeitsblatt5A01Gleiches Recht für alle? Menschenrechte <strong>in</strong> Theorieund WirklichkeitAm 10. Dezember 1948 verabschiedeten die Vere<strong>in</strong>ten Nationen (United NationsOrganisation, UNO), denen 191 Staaten dieser Erde angehören, ihre „Allgeme<strong>in</strong>eErklärung der Menschrechte“. Die Schaffung e<strong>in</strong>er umfassendenGesetzessammlung, die zum ersten Mal <strong>in</strong> der Geschichte e<strong>in</strong>en universellen und<strong>in</strong>ternational geschützten Code an Menschenrechten bietet, ist e<strong>in</strong>e der größtenErrungenschaften <strong>in</strong> der Geschichte der Weltorganisation. Menschenrechte s<strong>in</strong>dsolche Rechte, die jedem Menschen von Geburt an zukommen, ohne irgende<strong>in</strong>enUnterschied etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischeroder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburtoder sonstigem Stand.Lest Euch die folgenden Artikel der Menschenrechtserklärung durch undunterstreicht jeweils die Schlüsselwörter. Um welche universellen Rechtehandelt es sich jeweils (Recht auf...)? Manchmal müsst ihr e<strong>in</strong>e negativeAussage <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e positive umwandeln, wie das erste Beispiel zeigt:ArtikelArt.4: Niemand darf <strong>in</strong> Sklaverei oderLeibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei undSklavenhandel <strong>in</strong> allen ihren Formen s<strong>in</strong>dverboten.Art.12: Niemand darf willkürlichen E<strong>in</strong>griffen <strong>in</strong>se<strong>in</strong> Privatleben, se<strong>in</strong>e Familie, se<strong>in</strong>e Wohnungund se<strong>in</strong>en Schriftverkehr oderBee<strong>in</strong>trächtigungen se<strong>in</strong>er Ehre und se<strong>in</strong>es Rufesausgesetzt werden. Jeder hat Anspruch aufrechtlichen Schutz gegen solche E<strong>in</strong>griffe oderBee<strong>in</strong>trächtigungen.Art.13: Jeder hat das Recht, sich <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>esStaates frei zu bewegen und se<strong>in</strong>enAufenthaltsort frei zu wählen.Art 17 (2): Niemand darf willkürlich se<strong>in</strong>esEigentums beraubt werden.Recht aufFreiheit...Art.18: Jeder hat das Recht auf Gedanken-,Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Rechtschließt die Freiheit e<strong>in</strong>, se<strong>in</strong>e Religion oder se<strong>in</strong>eWeltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit,se<strong>in</strong>e Religion oder se<strong>in</strong>e Weltanschauung alle<strong>in</strong>oder <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft mit anderen, öffentlich oderprivat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst undKulthandlungen zu bekennen.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 32


Arbeitsblatt5A02Art.19: Jeder hat das Recht auf Me<strong>in</strong>ungsfreiheitund freie Me<strong>in</strong>ungsäußerung; dieses Rechtschließt die Freiheit e<strong>in</strong>, Me<strong>in</strong>ungen ungeh<strong>in</strong>dertanzuhängen sowie über Medien jeder Art undohne Rücksicht auf Grenzen Informationen undGedankengut zu suchen, zu empfangen und zuverbreiten.Art.20: Alle Menschen haben das Recht, sichfriedlich zu versammeln und zu Vere<strong>in</strong>igungenzusammenzuschließen.Art.21: Jeder hat das Recht, an der Gestaltungder öffentlichen Angelegenheiten se<strong>in</strong>es Landesunmittelbar oder durch frei gewählte VertretermitzuwirkenArt.23 (1): Jeder hat das Recht auf Arbeit, auffreie Berufswahl, auf gerechte und befriedigendeArbeitsbed<strong>in</strong>gungen sowie auf Schutz vorArbeitslosigkeit.Art.23 (3): Jeder, der arbeitet, hat das Recht aufgerechte und befriedigende Entlohnung, die ihmund se<strong>in</strong>er Familie e<strong>in</strong>e der menschlichen Würdeentsprechende Existenz sichert, gegebenenfallsergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.Art.23 (4): Jeder hat das Recht, zum Schutzese<strong>in</strong>er Interessen Gewerkschaften zu bilden undsolchen beizutreten.Art. 24: Jeder hat das Recht auf Erholung undFreizeit und <strong>in</strong>sbesondere auf e<strong>in</strong>e vernünftigeBegrenzung der Arbeitszeit und regelmäßigenbezahlten Urlaub.Art.25: Jeder hat das Recht auf e<strong>in</strong>enLebensstandard, der se<strong>in</strong>e und se<strong>in</strong>er FamilieGesundheit und Wohl gewährleistet,e<strong>in</strong>schließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung,ärztliche Versorgung und notwendige sozialeLeistungen, sowie das Recht auf Sicherheit imFalle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invaliditätoder Verwitwung, im Alter sowie beianderweitigem Verlust se<strong>in</strong>er Unterhaltsmitteldurch unverschuldete Umstände.Art.26: Jeder hat das Recht auf Bildung. DieBildung ist unentgeltlich, zum m<strong>in</strong>desten derGrundschulunterricht und die grundlegendeBildung. Der Grundschulunterricht istobligatorisch. Fach- und Berufsschulunterrichtmüssen allgeme<strong>in</strong> verfügbar gemacht werden,und der Hochschulunterricht muss allengleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeitenoffen stehen.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 33


Arbeitsblatt5A03In vielen Ländern dieser Erde werdenheute noch grundlegende Menschenrechtewillentlich verletzt. Sucht <strong>in</strong>Zeitungen oder im Internet nachaktuellen Berichten überMenschenrechtsverletzungen. StelltEuch die e<strong>in</strong>zelnen Fälle gegenseitig vorund entwerft im Anschluss daran e<strong>in</strong>eCollage, die ihr im Klassenzimmeraufhängt.Welche Organisationen gibt es, die sichfür den Schutz der Menschenrechtee<strong>in</strong>setzen? Sucht auch dazu im Internetnach Informationen!Diskutiert <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Unterrichtsgespräch die Frage: Was können wir gegenMenschenrechtsverletzungen tun? Vielleicht kann Euch folgende Karikatur e<strong>in</strong>eHilfestellung geben:MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 34


Arbeitsblatt5A04Was hat <strong>Spielzeug</strong> mit den Menschenrechten zu tun?Das Beispiel Ch<strong>in</strong>aMenschrechte können auf vielfältige Art und Weise verletzt werden: durch Gefängnis,Folter und Todesstrafen, Krieg und Terror, Zwangsprostitution, mangelhafte sozialeSicherung, fehlende Mitwirkungsmöglichkeiten <strong>in</strong> Politik und Gesellschaft, Verbot vonOpposition und Gewerkschaften und vieles mehr.Im Folgenden f<strong>in</strong>det ihr Berichte von Arbeiter<strong>in</strong>nen, die <strong>in</strong> ch<strong>in</strong>esischenFabriken <strong>Spielzeug</strong> für den europäischen Markt produzieren. In ihrenBerichten wird deutlich, dass sie elementarer Menschenrechte beraubtwurden.Unterstreicht die wichtigsten Informationen und notiert, um welche Menschenrechtees sich handelt!E<strong>in</strong>e Arbeiter<strong>in</strong>, Mitte dreißig, klagt im Sommer 2001: „Für die meistenArbeiter<strong>in</strong>nen b<strong>in</strong> ich e<strong>in</strong>e Großmutter. Für mich ist es schwierig, e<strong>in</strong>en anderen Jobzu f<strong>in</strong>den, also bleibe ich. Nur sehr wenige Fabriken würden e<strong>in</strong>e Arbeiter<strong>in</strong> nehmen,die schon über dreißig ist, ich weiß das genau. Ich arbeite über 400 Stunden imMonat und erhalte gerade e<strong>in</strong>mal zwischen 200 und 300 RMB* (etwa 29 bis 43 €).Aber anderen geht es noch schlechter, die bekommen nur um die 100 RMB imMonat. Immer verzögert der Arbeitgeber die Lohnauszahlung. Das Essen hier istschrecklich. Aber ich habe ke<strong>in</strong> Geld, um woanders essen zu können." (1) *RMB =ch<strong>in</strong>esische Währungse<strong>in</strong>heit, Renm<strong>in</strong>bi YuanRecht auf _______________________________________________________Xiao Dong gehört zu den älteren Arbeiter<strong>in</strong>nen, sie ist schon über dreißig.Seit sechs Jahren arbeitet sie <strong>in</strong> der Lackiererei e<strong>in</strong>er <strong>Spielzeug</strong>fabrik <strong>in</strong> Nanhai(Prov<strong>in</strong>z Guangdong), die unter anderem für den US-amerikanischen<strong>Spielzeug</strong>konzern Hasbro produziert. Täglich kommt Xiao Dong mit Chemikalien,z.B. giftigem Verdünner, <strong>in</strong> Berührung. Sie sagt, sie sei daran gewöhnt. Zwar weißsie, dass diese Chemikalien irgendwie giftig s<strong>in</strong>d, doch hat sie ke<strong>in</strong>e Ahnung, wiesehr. E<strong>in</strong>ige ihrer Kolleg<strong>in</strong>nen klagen bereits über Halsschmerzen und Unwohlse<strong>in</strong>,und allmählich sorgt sie sich jetzt auch wegen des täglichen Umgangs mit dengiftigen Chemikalien. Aber noch größeres Kopfzerbrechen bereitet ihr ihr ,hohesAlter', denn wenn sie ke<strong>in</strong>e Fabrik mehr nehmen wird, muss sie ihre Sachenpacken und <strong>in</strong> ihre Heimat Hunan zurückkehren. (2)Recht auf _______________________________________________________MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 35


Arbeitsblatt5A05„Dauernd müssen wir Überstunden machen und bis Mitternacht arbeiten undbekommen kaum etwas dafür bezahlt. Wenn die nicht me<strong>in</strong>en Lohn und me<strong>in</strong>e Kautionzurückbehalten würden, wäre ich schon längst gegangen." Als die Interviewer weitereFragen stellen wollten, erschien e<strong>in</strong>e Aufseher<strong>in</strong> und schrie sie an: „Was treibst du dich hiernoch rum! Verschw<strong>in</strong>de!". Die Arbeiter<strong>in</strong> bekam es mit der Angst zu tun und sagte: „Erstkürzlich hat die Betriebsleitung verboten, dass wir uns bei Fremden über unsereBehandlung bei Tri-S (so der Name der <strong>Spielzeug</strong>fabrik) beschweren. Wenn die erfahren,dass ich mit Ihnen geredet habe, schmeißen sie mich vielleicht raus. Ich muss jetzt gehen."(3)Recht auf _______________________________________________________„Unsere Löhne s<strong>in</strong>d niedrig und ihre Berechnung ist undurchschaubar. DieVorarbeiter und die Leitung entdeckten immer irgendwo e<strong>in</strong>en Fehler, und haben die Leuteden ganzen Tag angeschrieen. Wir s<strong>in</strong>d nicht wie Menschen behandelt worden. Es gabjunge Arbeiter<strong>in</strong>nen, die gegangen s<strong>in</strong>d, weil sie die Schreierei und die Beschimpfungennicht ertragen konnten. Sogar die Sicherheitskräfte haben uns nicht respektiert. Sie habennicht nur ihre Hände, sondern auch die Fäuste benutzt. Und die Fabrikleitung hat e<strong>in</strong>fachweggeschaut. Wir können es ke<strong>in</strong>em recht machen. Und das Management hatte vieleMöglichkeiten, e<strong>in</strong>en zu schikanieren. Man wird nicht entlassen, denn dann müssten siee<strong>in</strong>e Abf<strong>in</strong>dung zahlen. Sie sagen e<strong>in</strong>em stattdessen, man solle ,frei nehmen'. Aber mankann nirgendwo h<strong>in</strong>gehen, denn du musst dich wieder melden, wann immer sie es wollen.Denn wenn du das nicht machst, haben sie e<strong>in</strong>en guten Vorwand, dich zu entlassen, ohnee<strong>in</strong>e Abf<strong>in</strong>dung zahlen zu müssen." (4)Recht auf _______________________________________________________„Ich weiß nichts über das ch<strong>in</strong>esische Arbeitsrecht. Das Management hat uns nieetwas darüber erzählt. Vor kurzem berichtete e<strong>in</strong>e Zeitung über die schlechtenArbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> unserer Fabrik. Ich fand den Artikel gut, auch wenn er nicht aufE<strong>in</strong>zelheiten e<strong>in</strong>g<strong>in</strong>g. Das Management beschlagnahmte die Zeitung und verbot uns, denArtikel zu lesen. Die Arbeitsbehörden schickten dann zwei Inspekteure <strong>in</strong> unsere Fabrik.Aber wir trauten uns nicht, irgendwas zu sagen, weil das Management die beidenInspekteure begleitete." (5)Recht auf _______________________________________________________Hang M<strong>in</strong>g arbeitete <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Fabrik <strong>in</strong> Zhongshan <strong>in</strong> der ch<strong>in</strong>esischenKüstenprov<strong>in</strong>z Guangdong. Sie stellte <strong>Spielzeug</strong> her. Im Dezember 1998 wurde sieschwer krank. Das Unternehmen weigerte sich aber, sie krank zu schreiben. Sie mussteweiterh<strong>in</strong> Überstunden machen. Am 20. Dezember konnte sie nicht mehr. Sie hatte hohesFieber, war ganz von der Krankheit gezeichnet, wurde entlassen. Ohne Entschädigung. E<strong>in</strong>eKolleg<strong>in</strong> begleitete sie bei ihrer Heimfahrt im Zug. Unterwegs starb sie. Huang M<strong>in</strong>g hattee<strong>in</strong>en Rechtsanspruch auf ärztliche Behandlung. (6)Recht auf _______________________________________________________MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 36


Lehrermaterial6L01Bauste<strong>in</strong> VI:Recycl<strong>in</strong>gspielzeug <strong>in</strong> der BildungsarbeitWir lesen H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen, sehen Fernsehberichte oder hören Vorträge: Dennoch,am ehesten kann man etwas beurteilen, womit man auch selbst Erfahrungen machen konnte.So ist e<strong>in</strong> Workshop, <strong>in</strong> dem gezeigt wird, wie <strong>Spielzeug</strong> aus Abfall gebaut wird, viel mehr alse<strong>in</strong>e Gelegenheit zum Basteln. Nicht nur K<strong>in</strong>der, sondern auch Erwachsene s<strong>in</strong>d fasz<strong>in</strong>iert vonden Möglichkeiten, die uns die eigene Phantasie eröffnet. Vorbilder dafür f<strong>in</strong>den wir <strong>in</strong> denLändern des Südens. Was h<strong>in</strong>ter solchen Bildungsangeboten steckt, wird <strong>in</strong> diesem Kapiteldeutlich.In dem Klassenzimmer e<strong>in</strong>er dritten Klasse geht es hoch her: Die K<strong>in</strong>der werden von<strong>Spielzeug</strong>en <strong>in</strong> den Bann gezogen, die so ganz anders s<strong>in</strong>d als das, was sie zuhause haben.Auf dem Boden sitzen zwei K<strong>in</strong>der, ziehen e<strong>in</strong>e Maus aus Pappmaschee auf und lassen sielaufen. Andere schleudern e<strong>in</strong> Flugzeug mit beweglichem Propeller durch die Luft oderschütteln und schlagen die Schellentrommel mit dem nur grob abrasierten Ziegenfell.Außerdem gibt es: e<strong>in</strong>e Küchene<strong>in</strong>richtung mit Herd, Tisch, Stühlen und Nähmasch<strong>in</strong>e, e<strong>in</strong>Auto aus e<strong>in</strong>em bunten Ölkanister, e<strong>in</strong>e Puppe aus abgeernteten Maiskolben, und e<strong>in</strong>Kettenkarussell -gebaut aus e<strong>in</strong>er Konservendose - auf Hochtouren. Aussehen undBewegungsabläufe s<strong>in</strong>d sehr ungewöhnlich, aber den Gesichtern der K<strong>in</strong>der ist anzusehen:Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere Welt e<strong>in</strong>getaucht. Es ist die Welt der selbst gebastelten <strong>Spielzeug</strong>e.Viele K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> Afrika, Asien und Late<strong>in</strong>amerika machen ihr <strong>Spielzeug</strong> selbst, weil sie ke<strong>in</strong>anderes haben. Und sie haben viel Spaß damit.Dosen, Korken und StoffresteEs ist fasz<strong>in</strong>ierend zu sehen, aus welch e<strong>in</strong>fachen Materialien K<strong>in</strong>der und Jugendliche <strong>in</strong>Afrika, Asien und Late<strong>in</strong>amerika funktionsfähige <strong>Spielzeug</strong>e herstellen. Aus altenBlechdosen, Draht, Stoffresten, Kronkorken, Milchtüten, Badelatschen, Plastikbehälter undanderem Abfall entstehen Fahrzeuge aller Art, Karussells, Puppen, Flugzeuge, Fußbälleund vieles mehr.<strong>Spielzeug</strong> machen hat <strong>in</strong> fast allen Kulturen der Erde e<strong>in</strong>e lange Tradition. In den Länderndes Südens hat sich dabei <strong>in</strong> den letzten 50 Jahren e<strong>in</strong>e spezielle Technik des<strong>Spielzeug</strong>baus entwickelt. Der ständig steigende Import von Waren aus denIndustrienationen erzeugte immer mehr Verpackungsmüll. Dieser eignete sich auch wegense<strong>in</strong>er Stabilität neben den bis dah<strong>in</strong> ausschließlich verwendeten Naturmaterialienhervorragend zum Bau von <strong>Spielzeug</strong>enDas Bedürfnis der K<strong>in</strong>der und Jugendlichen sich spielerisch die Umwelt anzueignen ist nichtnur <strong>in</strong> Europa groß, sondern auch <strong>in</strong> allen anderen Kont<strong>in</strong>enten. In den größeren Städten derLänder des Südens gibt es mittlerweile ausreichend <strong>in</strong>dustriell gefertigte <strong>Spielzeug</strong>e. Esgibt jedoch nur wenige, die sich diese <strong>Spielzeug</strong>e leisten können. Also werden mit Phantasieund Geschicklichkeit <strong>Spielzeug</strong>e aus Materialien hergestellt, die nichts kosten.Ware Recycl<strong>in</strong>gspielzeugEs wird aber nicht nur für den Eigenbedarf gebaut. Auf den regionalen Märkten werdenRecycl<strong>in</strong>gspielzeuge im kle<strong>in</strong>en Rahmen an Landsleute verkauft. Auch hat sich e<strong>in</strong> neuerkle<strong>in</strong>er Markt etabliert. Seit ca. 15 Jahren basteln K<strong>in</strong>der und Jugendliche <strong>Spielzeug</strong>e für denVerkauf an Touristen, die mit harten Devisen bezahlen. Mancherorts machen sich Vermittlerund Zwischenhändler die Nachfrage zu Nutze. Sie lassen K<strong>in</strong>der und Jugendliche <strong>Spielzeug</strong>eMISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 37


Lehrermaterial6L02herstellen, die sie billig e<strong>in</strong>kaufen und <strong>in</strong> Touristenzentren teuer verkaufen. So entstehen undwachsen Ausbeutungsstrukturen im Kle<strong>in</strong>en.Für die Bildungsarbeit mit K<strong>in</strong>dern s<strong>in</strong>d diese <strong>Spielzeug</strong>e e<strong>in</strong> hervorragendes Medium, um dasAlltagsleben der K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> Afrika, Asien und Late<strong>in</strong>amerika mit allen S<strong>in</strong>nen erfahrbar zumachen. Die <strong>Spielzeug</strong>e zu sehen, sie auszuprobieren und aus Müll solche oder ähnliche<strong>Spielzeug</strong>e zu bauen, vermittelt vieles von dem Ideenreichtum, von der Kreativität und vondem handwerklichen Geschick der gleichaltrigen K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> den Ländern des Südens.<strong>Spielzeug</strong> selber machenWenn Sie e<strong>in</strong>en Workshop mit K<strong>in</strong>dern planen, sollten Sie <strong>Spielzeug</strong>e aus Afrika, Asien undLate<strong>in</strong>amerika als Anschauungsmaterial zeigen und auch das e<strong>in</strong> oder andere Modell selbstgebastelt haben. Denn die Fasz<strong>in</strong>ation dieser <strong>Spielzeug</strong>e ist durch Wort und Bild nurunvollkommen zu vermitteln. Insbesondere Bewegungsabläufe werden erst durch die direkteAnschauung deutlich.Solche <strong>Spielzeug</strong>e kann man <strong>in</strong> E<strong>in</strong>e-Welt-Läden kaufen; eventuell kann man sie auch <strong>in</strong>Beratungszentren für Globales Lernen, oder auch bei Personen, die <strong>in</strong> diesen Länderngearbeitet haben, ausleihen. Das „Dritte Welt Haus Bielefeld" bietet e<strong>in</strong>en Recycl<strong>in</strong>gkoffermit Haushaltsgegenständen, <strong>Spielzeug</strong>en und weiteres Infomaterial zur Ausleihe an.KONTAKT: Dritte Welt Haus Bielefeld, August-Bebel-Str. 62, 33602 Bielefeld, Tel:0521/98648-0.Außerdem gibt es folgende Angebote mit und von Franz-Josef Lotte:• Wanderausstellung „K<strong>in</strong>der als Konstrukteure": 32 Recycl<strong>in</strong>gspielzeuge aus Asien, Afrikaund Late<strong>in</strong>amerika für e<strong>in</strong>e Präsentation ausschließlich <strong>in</strong> Vitr<strong>in</strong>en.• Durchführung von Sem<strong>in</strong>aren, Fortbildungen und Workshops mit Präsentation von<strong>Spielzeug</strong>en und e<strong>in</strong>er Anleitung und Begleitung zum Bau von <strong>Spielzeug</strong>en.• Arbeitsmappe „K<strong>in</strong>der als Konstrukteure" mit Informationen zu Recycl<strong>in</strong>gspielzeugen,pädagogischen H<strong>in</strong>weisen und Bauanleitungen(7,50 € plus Porto).KONTAKT: Franz-Josef Lotte, Beckers Wisch 13, 49176 Hilter, Tel.: 05409/401355, Fax:05409/401356, E-Mail: <strong>in</strong>terkultur-aktiv@t-onl<strong>in</strong>e.de, www.<strong>in</strong>terkultur-aktiv.deText- und Bildnachweis:alle sollen gew<strong>in</strong>nen, Hg.: Misereor <strong>in</strong> Kooperation mit anderen, Aachen 2003.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 38


ArbeitsblattE<strong>in</strong>fälle statt Abfälle:FISCHDOSEN-CABRIOLETMaterial:• Fischdose• 8 Kronkorken• 2 We<strong>in</strong>korken• 25 cm Draht, 2 mm dick• 80 cm (Paket-)Schnur• IsolierbandHandwerkszeug:• Filzstift• Hammer• Nagel, 3 mm dick• Nagel, 2 mm dick• kle<strong>in</strong>e Säge oder scharfes Messer• Seitenschneider/Zange• Schere• harte Unterlage zum Basteln6A01ERDNÜSSE MIT PFIFFDer sechsjährige Sever<strong>in</strong>o aus Recife <strong>in</strong>Brasilien hatte e<strong>in</strong>e ganz besondereCeschäftsidee: Zunächst verdiente er mitdem Verkauf von Erdnüssen e<strong>in</strong>en Teildes Lebensunterhaltes für se<strong>in</strong>e Familie.Jedoch war der Verkauf schwierig, denndie Touristen kauften nicht gerne etwasvon K<strong>in</strong>dern auf der Straße. Außerdemgab es viel Konkurrenz. Doch da hatteSever<strong>in</strong>o e<strong>in</strong>e pfiffige Idee: Er baute e<strong>in</strong>Fischdosen-Cabriolet. Die Dose hatte ervon se<strong>in</strong>er Mutter bekommen, die alsHaushaltshilfe im reichen VorortCamp<strong>in</strong>as arbeitete. Sie brachte ihm oftD<strong>in</strong>ge mit, aus denen er etwas bauenkonnte. „Die Räder", so lachte er,So wird's gemacht:1 Die Stellen, an denen Achsen durchgeführt wer densollen (Seitenflächen der Fischdose) mit dem Filzstiftmarkieren.2 Mit dem dicken Nagel ( 3mm) und dem HammerLöcher <strong>in</strong> die markierten Stellen schlagen.3 Zwei Drähte für die Achse abmessen:Achsenlänge = Dosenbreite + 4 cm.4 Drahtenden mit der Zange abkneifen.5 Dann für die Räder We<strong>in</strong>korken <strong>in</strong> vier Stücke (je 1 cm)sägen.6 Immer e<strong>in</strong>e Korkenscheibe zwischen zwei Kronkorkenlegen und rundum mit Isolierband verkleben.7 Auf e<strong>in</strong>er Seite des Rades mit dem 2 mm dicken Nagele<strong>in</strong> Loch für die Achse schlagen und die Rädermontieren.8 Schnur vorne an der Dose befestigen. Dazu e<strong>in</strong> Loch <strong>in</strong>die Dose schlagen und Schnur verknoten.„werden aus Sohlen von Badelatschengeschnitzt. Die f<strong>in</strong>det man an denStraßenrändern". Die Schnur zumZiehen hatte er aus dem Rest e<strong>in</strong>es altenFischernetzes geknotet. In das so gebauteCabrio legte er die Erdnusstüten undführt se<strong>in</strong>en "Verkaufswagen" denTouristen vor. Sie waren fasz<strong>in</strong>iert vondem Fahrzeug und der Präsentation -verloren die Distanz und kauften se<strong>in</strong>eErdnüsse.MISEREOR: <strong>Spielzeug</strong> <strong>made</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a - Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht Seite 39

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