D ORNHEIMRECHTSANWÄLTE & STEUERBERATERUnabhängig davon kommt es vermehrt zum übergreifenden Personaleinsatz zwischeneinzelnen Betriebsteilen. Dieser ist dem Grunde nach schon jetzt auch ohne Umsetzungsregelungdurch veränderte Versorgungsverträge, es sind jedoch eine ganze Reihe vonAspekten zu beachten (vgl. dazu in der Tagungsmappe die Ausarbeitung zum Gesamtversorgungsvertragund zum übergreifenden Personaleinsatz).4. § 72 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI - Gewährung einer ortsüblichen Arbeitsvergütung als Voraussetzungdes Versorgungsvertrages§ 72 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI gebietet eine ortsübliche Entlohnung aller Bescchäftigten. DieBegründung des PfWG hierzu lautete:„Mit der Ergänzung der Nummer 2 wird sichergestellt, dass Pflegeeinrichtungen eineArbeitsvergütung an ihre Beschäftigten zahlen, die dem Lohnniveau im Wirtschaftskreisentspricht. Zur Bestimmung der ortsüblichen Vergütung ist im Regelfallauf fachlich und räumlich einschlägige Tarifverträge abzustellen, soweit üblicherweiseTariflohn gezahlt wird. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden,dass Arbeitskräfte üblicherweise nur zu den tariflichen Lohnbedingungen am Arbeitsmarktgewonnen werden können. Fehlt es an einer Verkehrsüblichkeit des Tariflohns,ist auf das allgemeine örtliche Lohnniveau in Pflegeeinrichtungen abzustellen.“Bei näherem Hinsehen kann man feststellen, dass die Begründung fast wortgleich einerEntscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu § 612 BGB entnommen ist, und zwar zu einemFall, in welchem die vertraglich vereinbarte Vergütung sittenwidrig und damit nichtigwar, eine Taxe zur Bemessung nicht zur Verfügung stand und es deshalb auf die Ortsüblichkeitankam:„Nach der Rechtsprechung ist bei der Prüfung, ob ein auffälliges Missverhältniszwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt, der Wert der Leistung des Arbeitnehmersnach ihrem objektiven Wert zu beurteilen (zuletzt Senat 23. Mai 2001 - 5AZR 527/99 - EzA BGB § 138 Nr. 29). Ausgangspunkt zur Feststellung des Wertes derArbeitsleistung sind dabei in der Regel die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftszweigs.Dies gilt jedenfalls dann, wenn in dem Wirtschaftsgebiet üblicherweise der5 Monate nach der Reform – eine Zwischenbilanz Seite 6
D ORNHEIMRECHTSANWÄLTE & STEUERBERATERTariflohn gezahlt wird. Denn dann kann grundsätzlich davon ausgegangen werden,dass Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt nur zu den Tariflohnsätzen gewonnenwerden können. Entspricht der Tariflohn indessen nicht der verkehrsüblichenVergütung, sondern liegt diese unterhalb des Tariflohns, ist zur Ermittlung des Wertesder Arbeitsleistung von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebietauszugehen (Senat 23. Mai 2001 - 5 AZR 527/99 - aaO; 11. Januar 1973 - 5 AZR322/72 - AP BGB § 138 Nr. 30 = EzA BGB § 138 Nr. 10; 21. Juni 2000 - 5 AZR 806/98 -AP BGB § 612 Nr. 60 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 83).“ (BAG, Urt. v.24.4.2004 – 5 AZR 303/03 = DB 2004, 1432).Nun ist es aber ohne Zweifel ein fundamentaler Unterschied, ob eine Vergütung gerichtlichfestgesetzt werden muss, weil eine wirksame Vereinbarung nicht besteht und damiteine Regelungslücke auszufüllen ist, oder ob man dem Unternehmer einem Verdikt übereine bestimmte Entgeltung unterwirft und damit seine Gestaltungsmöglichkeiten ausschließt.Eine Entgeltvereinbarung kann wegen Lohnwuchers oder wegen eines wucherähnlichenRechtsgeschäfts nichtig sein. Sowohl der spezielle Straftatbestand als auch derzivilrechtliche Lohnwucher nach § 138 Abs. 2 BGB und das wucherähnliche Rechtsgeschäftnach § 138 Abs. 1 BGB setzen ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung undGegenleistung voraus (BAG, Urt. v. 23. Mai 2001 - 5 AZR 527/99 - EzA BGB § 138 Nr. 29, zu II1 der Gründe; v. 24. März 2004 – 5 AZR 303/03 - BAGE 110, 79, 82 f., zu I 1 der Gründe) .Die Sittenwidrigkeit einer Entgeltvereinbarung ist allerdings nicht allein nach der vereinbartenEntgelthöhe zu beurteilen. Ein Rechtsgeschäft verstößt gegen § 138 Abs. 1 BGB,wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zuentnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (BGH 28.Februar 1989 - IX ZR 130/88 - BGHZ 107, 92, 97, zu II 1 a der Gründe; 6. Mai 1999 - VII ZR132/97 - BGHZ 141, 357, 361, zu I 2 b (1) der Gründe). Im Falle der sittenwidrigen Lohnvereinbarungoder des Lohnwuchers überschreitet der Arbeitgeber die Grenzen der Privatautonomieund kann sich folgerichtig nicht auf eine geltungserhaltende Reduktion berufen.Die Rechtsprechung hat ihre Berechtigung.Die Übernahme der Rechtsprechung zu § 612 BGB in die Begründung des PfWG zeigt,dass es dem Gesetzgeber um die Schaffung von Mindestbedingungen geht, nicht aberum die heimliche Allgemeinverbindlicherklärung durchschnittlicher Gehälter.Zur Umsetzung: Wohl auch deshalb, weil nicht klar ist, wie das Gesetz ausgelegt werdensoll und wie dann im Anschluss – je nach Interpretation – die Untergrenze einer angemessenenEntgeltung bzw. ein Korridor ortsüblicher Gehälter je nach Qualifikation festgelegtwerden soll, ist es noch nicht zu einer Umsetzung gekommen. Insbesondere sind nach5 Monate nach der Reform – eine Zwischenbilanz Seite 7