horizonte - der Koordinierungsstelle - Hochschule Mannheim

Nr. 40 

September 2012 

Gleich zwei Beiträge befassen sich mit 

Elektromobilität: Die Hochschule Heilbronn 

untersucht Einsatzmöglichkeiten 

von Elektrofahrzeugen im ländlichen 

Raum (S. 16), das Team aus Aalen und 

Reutlingen behandelt grundsätzliche Fragen 

der Markteinführung solcher Fahrzeuge, 

S. 11. 

Spektrales Karyogramm - eine verbesserte Methode 

zur Charakterisierung von Chromosomen, patentiert 

durch die Hochschule Reutlingen, S. 40 

ISSN: 1432-9174 

Forschung an den Hochschulen für Angewandte 

Wissenschaften in Baden-Württemberg 

horizonte 


anwendungsbezogen - zukunftsorientiert 

Innovatives Design für das Capturing-Tool 

einer Lifelogging-Einheit 

mit Panoramafunktion. Mehr zum 

Thema Lifelogging im Bericht der 

Hochschule Furtwangen, S. 65 

Die Hochschule Offenburg stellt 

einen energieautarken, funkbasierten 

Wasserzähler vor, S. 27

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Editorial 

Liebe Leser der horizonte, 

Physiker vom Hadronenbeschleuniger 

im CERN triumphieren über den 

(vermutlichen) Nachweis des Higgs- 

Bosons, Astronomen freuen sich über 

die gelungene Landung eines Roboters 

auf dem Mars und Biologen haben eine 

winzige Fliege entdeckt, deren Larve 

ebenso winzigen Ameisen (vermutlich) 

den Kopf wegfrisst - verwunderliche 

und sensationelle Meldungen aus der 

Wissenschaft gehören zu unserem Alltag. 

Die Erkenntnisse, Ergebnisse und 

Entwicklungen, die die Wissenschaftler 

an unseren Hochschulen liefern, 

sind zwar nicht ganz so spektakulär, 

beinfl ussen unseren Alltag aber mitunter 

umso eher - oft ohne dass wir es 

groß merken: Beispielsweise wenn es 

um die Verbesserung des Raumklimas 

in Schulen geht oder um die Steuerung 

von Bioreaktoren, welche der Herstellung 

von pharmazeutischen Produkten 

dienen oder um die Entwicklung 

von energieautarken Wasserzählern. 

Ebensowenig für dicke Schlagzeilen 

in der Tagespresse sorgen Studien zur 

Marktfähigkeit von Elektrofahrzeugen, 

zur Zukunft der Krea tivwirtschaft in 

Baden-Württemberg oder zu den Lebensverhältnissen 

von Menschen in einem 

sog. „Berberdorf“. Über diese und 

ähnliche Projekte berichten wir jedoch 

in dem Magazin, das Sie gerade in den 

Händen halten. 

Wir tun dies übrigens seit nunmehr 

über zwanzig Jahren: Im März 1991 

starteten wir mit dem Vorläuferheft, das 

noch den Namen „IIT-news“ trug. Was 

es mit diesem Namen auf sich hatte, 

welches Konzept wir ursprünglich verfolgten 

und wie daraus schließlich das 

Magazin horizonte wurde, erfahren Sie 

in unserem Rückblick „40 Ausgaben - 

20 Jahre“ auf S. 67. 

Viel Spaß und Erkenntnisgewinn bei 

der Lektüre wünscht 

Ihre horizonte-Redaktion 

horizonte 40 / September 2012 

Inhalt 

Messung der Wärmeproduktion von Bakterien im Bioreaktor: Kalorimetrische 

Regelung von Bioprozessen zur Herstellung von rekombinanten Proteinen 

Der Wakopter: Eine Evaluationsplattform für Multikoptersysteme 

Elektromobilität: Politische Zielsetzungen und relevante Geschäftsmodelle 

Elektromobilität im ländlich-urbanen Raum 

Natürliche Gebäudeklimatisierung in Klassenzimmern 

Forschungsergebnisse müssen in der Ausbildung der nächsten Generation 

von Ingenieurinnen und Ingenieuren vermittelt werden. Interview mit Prof. 

Dr. Martin Becker und Prof. Dr. Roland Koenigsdorff, Hochschule Biberach 

WiMBex - Entwicklung energieautarker funkbasierter Wasserzähler 

Unterstützung der Systemintegration verteilter Automatisierungssysteme 

durch Informationsfl ussverfolgung 

Kreativschaffende setzen auf Kooperationen. Ergebnisse des Trendbarometers 

Kreativwirtschaft 2012 

Kooperationen: mit Patenten im Vorteil. Reutlinger Erfi ndung für Chromosomentypisierung 

wird in FHProFunt-Projekt Karyospec weiterentwickelt 

Energieverschwendung beim Zerspanungsprozess sichtbar machen - Darstellung 

von Energiewertströmen mittels dualer Energiesignaturen 

Schuldenkrise und Basel III: Aktuelle Herausforderungen in der Mittelstandsfi 

nanzierung (Teil I) 

„...die im Dunkeln sieht man nicht?“ Studentisches Projekt: Sozialreportagen 

über Armut und Ausgrenzung 

Die Debatte um das islamische Kopftuch im europäischen Vergleich 

Synergien zur Nachhaltigkeit – Kooperation zwischen Hochschule und 

Stadt in studentischen Projekten. 

Lifelogging zwischen anwendungsorientierter Entwicklung und gebrauchsethischen 

Diskursen 

40 Ausgaben – 20 Jahre. Der bisherige Werdegang der Zeitschrift horizonte 

Kurzmeldungen auf S. 10, 30, 42, 51, 63, 64 

Buchvorstellungen auf S. 58 

Herausgeber und Redaktion: 

Dr. R. Thum, Koordinierungsstelle Forschung und Entwicklung der Fachhochschulen des Landes Baden- 

Württemberg, Hochschule Mannheim, Paul-Wittsack-Str. 10, 68163 Mannheim, Tel. 0621/292-6393, 

Fax. 0621/292-6450, E-Mail: thum@hs-mannheim.de; http://www.koord.hs-mannheim.de 

Prof. Dr. O. Künzel, Hochschule Ulm, Prittwitzstr. 10, 89075 Ulm, Tel. 0731-1596760, Fax. 0731- 

1596838, E-Mail: kuenzel@hs-ulm.de 

Anzeigenwerbung und Druck: VMK Verlag für Marketing & Kommunikation GmbH & Co. KG, 67590 Monsheim, 

Tel. 06243/909-0, e-mail: info@vmk-verlag.de, http://www.vmk-verlag.de 

ISSN: 1432-9174 

Die Abbildungen/Fotos stammen – sofern nicht anders vermerkt – von den jeweiligen Autoren bzw. deren 

Arbeitsgruppen. Bilder auf der Titelseite: Lifelogging: Thesis Markus Tralls, Renderung: Bennet Schlenk; 

alle weiteren Abbildungen von den jeweiligen Autorenteams 

Nicht namentlich gekennzeichnete Beiträge stammen von der Redaktion. Meinungen, die in den Interviews 

oder anderen Beiträgen widergegeben werden, entsprechen nicht immer den Meinungen der 

Redaktion. 

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Messung der Wärmeproduktion von Bakterien im Bioreaktor: Kalorimetrische Regelung 

von Bioprozessen zur Herstellung von rekombinanten Proteinen 

Richard Biener, Anne Steinkämper, Thomas Horn, Johannes Hofmann, Hochschule Esslingen 

Rekombinante Proteine wie z.B. Insulin oder Interferone gehören zu den wichtigsten Produkten der modernen Biotechnologie. 

Hergestellt werden rekombinante Proteine mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO). Hier kommen 

neben den Mikroorganismen (E.coli oder Hefezellen) auch tierische Zellkulturen zum Einsatz. Zur Erhöhung der Produktivität 

und der Reproduzierbarkeit des Kultivierungsprozesses ist eine automatisierte Prozessführung erforderlich. Im Beitrag 

wird gezeigt, wie mit Hilfe kalorimetrischer Methoden die spezifi sche Wachstumsrate von Mikroorganismen während der 

Kultivierung in einem Standard-Bioreaktor geregelt werden kann. Diese Automatisierungsstrategie führt zu einer deutlichen 

Steigerung der Produktivität und Reproduzierbarkeit des Prozesses. 

Bedeutung der Hochzelldichtekultivierung 

in der pharmazeutischen Industrie 

Gentechnisch hergestellte Proteine, 

so genannte rekombinante Proteine, 

werden in der pharmazeutischen Industrie 

mit Hilfe gentechnisch veränderter, 

lebender Mikroorganismen oder Zelllinien 

hergestellt. Allgemein werden 

diese als Biopharmazeutika bezeichnet. 

Beispiele für diese unverzichtbar 

gewordenen Arzneimittel sind Insuline, 

monoklonale Antikörper oder Erythropoetine. 

Beim Herstellungsprozess 

eines Biopharmazeutikums produzieren 

diese gentechnisch modifi zierten 

Bakterien, Hefen oder Säugetierzellen 

in einem Bioreaktor das entsprechende 

Protein. Zur Erhöhung der Proteinausbeute 

werden in der biopharmazeutischen 

Industrie Hochzelldichte-Fed- 

Batch-Prozesse eingesetzt [1, 2]. Um 

hohe Zelldichten zu erzielen, wird bei 

diesen Prozessen mit Hilfe einer Pumpe 

dem Bioreaktor ein konzentriertes 

Nährmedium kontinuierlich zugeführt. 

Über diese Zufütterung kann direkt 

das Zellwachstum und die Produktion 

störender Nebenprodukte beeinfl usst 

werden. Nebenprodukte sind in diesen 

Prozessen unerwünscht, da sie das 

Wachstum der Zellen inhibieren, woraus 

auch eine geringe Proteinausbeute 

resultiert. 

Insulin, Interferon und weitere Arzneistoffe 

werden weit verbreitet von 

gentechnisch veränderten Escherichia 

coli Bakterien hergestellt. Um die Produktivität 

von rekombinanten Proteinen 

in E. coli zu maximieren, muss 

die Zufütterung des Nährmediums mit 

der wachstumslimitierenden Kohlenstoff-Quelle 

(z.B. Glucose) so erfolgen, 

dass die Wachstumsrate der Bakterien 

unter einem kritischen Wert gehalten 

wird. Damit kann die Produktion von 

wachstumsinhibierenden Nebenprodukten 

(z.B. Acetat) minimiert werden 

und die Bakterien können ungehindert 

wachsen. Durch diese Zufütterungs- 

strategie können Biotrockenmasse- 

Konzentrationen von mehr als 100 g/l 

erreicht werden [1]. Diese hohen Zelldichten 

führen wiederum zu hohen 

Proteinkonzentrationen. Die eingestellte 

Wachstumsrate sollte allerdings 

nicht zu klein sein, um die Prozessdauer 

möglichst kurz zu halten. 

Prozessführungsstrategien 

Für Hochzelldichte-Kultivierungsprozesse 

sind unterschiedliche Strategien 

in der Literatur beschrieben. Eine 

häufi g angewandte Methode ist die 

Zufütterung mit einem vorab festgelegten 

Profi l. Nachdem die Kohlenstoff- 

Quelle (z.B. Glucose) im Nährmedium 

verbraucht ist, wird dabei die Feeding-Rate 

exponentiell erhöht, um die 

spezifi sche Wachstumsrate näherungsweise 

konstant zu halten [3]. Ein fest 

vorgegebenes Zufütterungsprofi l hat 

im Wesentlichen den Nachteil, dass es 

bei einer falschen Abschätzung der Parameter 

oder bei einer Prozessstörung 

zu einer Überfütterung des limitierenden 

Substrats Glucose und damit auch 

zu einer erhöhten Acetatproduktion 

kommen kann. Daher ist es von Vorteil, 

eine geregelte Zufütterung vorzunehmen. 

In der Praxis werden oft indirekte 

Messgrößen für die Einstellung 

der Feedrate verwendet. Beispielsweise 

wird bei der DO-stat Methode die 

Feedrate über die Messung der Gelöstsauerstoffkonzentration 

(pO 2 ) geregelt. 

Wenn die wachstumslimitierende C- 

Quelle verbraucht ist, führt dies zu einem 

Anstieg des pO 2 und die Feedrate 

muss entsprechend angepasst werden, 

um den Substratmangel auszugleichen 

[4, 5]. Beim pH-stat wird die Feedrate 

aufgrund von Veränderungen des pH- 

Werts bei einem Substratmangel eingestellt 

[6]. Bei beiden Strategien wird 

die spezifi sche Wachstumsrate indirekt 

durch den pH oder den pO 2 geregelt. 

Folglich ist eine konstante spezifi sche 

Wachstumsrate schwierig zu verwirklichen 

[7]. 

Prof. Dr.-Ing. R. Biener 

Dipl. Biol. t. o. A. Steinkämper 

Dipl.-Ing. (FH) T. Horn 

Dipl.-Ing. (FH) J. Hofmann 

horizonte 40/ September 2012 - 3 -

Wünschenswert wäre daher eine Regelung 

der spezifi schen Wachstumsrate 

der Bakterien. Die Regelung setzt 

aber voraus, dass diese Größe online 

verfügbar ist. Da die Wachstumsrate 

nicht direkt messbar ist, muss diese 

Größe aus anderen online messbaren 

Größen geschätzt werden. Dieser Beitrag 

beschreibt eine Strategie zur Regelung 

der spezifi schen Wachstumsrate 

mit einer kalorimetrischen Methode. 

Ein Laborreaktor wurde durch einfache 

Umbaumaßnahmen so erweitert, 

dass eine Wärmebilanzierung möglich 

ist. Der während der Kultivierung entstehende 

Wärmefl uss der Mikroorganismen 

kann online mit diesem Wärmebilanzmodell 

zuverlässig bestimmt 

werden. Mit Hilfe eines Zustandsbeobachters 

wird daraus online die spezifi - 

- 4 - 

sche Wachstumsrate der Mikroorganismen 

geschätzt. Die Feedrate wird mit 

einem Regler so eingestellt, dass die 

spezifi sche Wachstumsrate auf einem 

vorgegeben Sollwert gehalten wird. 

Beispielprozess 

Abb. 1: Versuchsaufbau mit dem 

thermisch isolierten 30 l Bioreaktor 

Im Beispielprozess wird ein rekombinanter 

E.coli Stamm zur Produktion 

von GFP (green fl uorescent protein) 

in einem 30L Laborreaktor kultiviert. 

Dieses Protein leuchtet unter UV-Licht 

grün. GFP wird aufgrund dieser Eigenschaft 

häufi g als Beispielprotein in Forschung 

und Entwicklung verwendet. 

Vorkulturen und Bioreaktorkultivierungen 

wurden in einem in [8] be- 

Abb. 2: Prinzip der kalorimetrischen Regelung für die Wachstumsrate 

schriebenen defi nierten Medium mit 

Glucose als einziger Kohlenstoffquelle 

durchgeführt. 

Als Bioreaktor wurde ein mit Mineralwolle 

thermisch isolierter 30 l 

Standard Laborbioreaktor nach Abb. 1 

eingesetzt (Modell NLF 22, Bioengineering 

AG, Wald, Schweiz). Abb. 2 

zeigt das Prozessfl ießbild. Das maximale 

Arbeitsvolumen beträgt 20 l. 

Die Rührung erfolgte durch zwei 6 

Blatt Scheibenrührer. Der Füllstand 

im Reaktor wurde durch Messung des 

Differenzdrucks zwischen Boden und 

Kopfraum des Behälters ermittelt. Die 

Messung der Reaktortemperatur sowie 

die Vor- und Rücklauftemperatur des 

Mantels erfolgte mit PT100-Sensoren. 

Die Reaktortemperatur wurde auf 37°C 

durch eine Kaskadenregelung unter 

Verwendung der Mantelvorlauftemperatur 

geregelt. Damit ist eine präzise 

Temperaturregelung möglich [8]. 

Die Beheizung des Mantels erfolgte 

mit einer elektrischen Heizung und 

die Kühlung mit Leitungswasser. Der 

Massenstrom des Mantelkreislaufs 

wurde mit einem Coriolis Strömungsmessers 

gemessen (Endress und Hauser, 

Weil am Rhein, Deutschland). Der 

pH wurde auf den Wert 7,0 unter Verwendung 

von Ammoniakwasser und 

Phosphorsäure geregelt. Die Regelung 

der Gelöstsauerstoffkonzentration erfolgte 

unter Verwendung der Stellgrößen 

Rührerdrehzahl, Belüftungsrate, 

Sauerstoffbegasungsrate und Druck 

so, dass der Wert immer über 25% 

Luftsättigung lag. Die Gasströme von 

Luft und Sauerstoff wurden mit thermischen 

Massfl ow-Controllern eingestellt 

(Red-y, Vögtlin, Aesch, Schweiz). Die 

Feedrate wurde gravimetrisch geregelt 

(WIC in Abb. 2). Als Prozessautomatisierungs-Software 

kam BioSCADALab 

von Bioengineering AG zum Einsatz. 

BioSCADALab kommuniziert mit den 

IFM Steuereinheiten über die Profi bus 

Technologie. Der Regelalgorithmus zur 

Regelung der Glucosekonzentration 

und der spezifi schen Wachstumsrate 

sowie das Wärmebilanzmodell und 

der Zustandbeobachter zur Schätzung 

der spezifi schen Wachstumsrate wurden 

in Matlab implementiert. Matlab 

und BioSCADALab kommunizieren 

dabei über eine SQL-Datenbank. 

Kalorimetrische Regelung der Wachstumsrate 

Mikroorganismen verstoffwechseln 

Kohlenstoffverbindungen, wie z.B. 

Glucose, zur Herstellung energierei- 

horizonte 40/ September2012

Abb. 3: Zeitliche Verläufe der Wärmeströme in einem Bioreaktor 

während der kalorimetrisch geregelten Hochzelldichte-Kultivierung 

von E.coli. 

cher Verbindungen (ATP) und zur Synthese 

von Zellbausteinen. Die meisten 

Abbaureaktionen (katabolische Reaktionen) 

sind exotherm, d.h. es wird 

Wärme freigesetzt [9-12]. Der Reaktionswärmestrom 

ist damit ein Maß für 

die metabolische Aktivität der Bakterien. 

Aus dem Reaktionswärmestrom 

kann die Wachstumsrate der Mikroorganismen 

abgeschätzt werden [8, 12]. 

Damit kann die Wachstumsrate direkt 

geregelt werden. Diese Methode hat 

unter anderem den Vorteil, dass es sich 

um ein nicht-invasives Verfahren handelt, 

d.h. dass Probenahmen aus dem 

Bioreaktor, die zu einer Kontamination 

führen können, nicht erforderlich 

sind. Vereinfacht kann die Wärmebilanz 

des Bioreaktors nach [8, 13] wie 

folgt formuliert werden: 

q p = q m - q r + q g + q u + q f (1) 

mit dem Reaktionswärmestrom der Mikroorganismen 

q p , dem Wärmestrom 

vom Reaktor zum Mantel q m , dem 

Leistungseintrag des Rührers q r , dem 

Wärmestrom durch die Begasung q g , 

der Wärmeverlust an die Umgebung 

q u und dem Wärmestrom durch die 

Zufütterung q f . Andere Einfl ussgrößen 

wurden hier vernachlässigt. 

Zur Ermittlung der Wärmeproduktion 

durch die Bakterien müssen alle 

restlichen Wärmequellen und –senken 

erfasst werden. Die Berechnung 

des Wärmestroms vom Reaktor in den 

Mantel erfolgt mit Hilfe der Temperaturdifferenz 

zwischen Vor- und Rücklauftemperatur 

T m,e und T m,a des Kühlmantels 

und dem Massenstrom des 

Kreislaufwassers, der mit einem Coriolis 

Massendurchfl ussmesser gemessen 

wird. Der Leistungseintrag des Rührers 

lässt sich mit Hilfe der elektrischen 

Leistung des Rührermotors bestimmen. 

Die Begasungsrate wirkt sich ebenfalls 

auf die Wärmebilanz aus. Im Modell 

wird berücksichtigt, dass sich die Luft 

im Bioreaktor erwärmt und die Abluft 

verdampftes Wasser aus dem Reaktor 

abtransportiert [8]. Der Wärmeverlust 

an die Umgebung kann durch Kenntnis 

des Wärmedurchgangskoeffi zienten, 

der Wärmeaustauschfl äche und 

der Umgebungstemperatur berechnet 

werden. Schließlich erfolgt die Berechnung 

des Wärmestroms durch die Zufütterung 

aus der Feedrate, der spezifi - 

schen Wärmekapazität der Feedlösung 

und der Temperatur der Feedlösung. 

Alle Formeln werden ausführlich in [8] 

beschrieben. 

Das Wärmebilanzmodell und der 

Regler wurden in Matlab implementiert. 

Das Prinzip des Regelkonzepts 

ist in Abb. 2 dargestellt. Ein Zustands- 

beobachter liefert online Schätzwerte 

für den Reaktionswärmestrom und die 

spezifi sche Wachstumsrate [8]. Der 

Regler ist als adaptiver PI-Regler mit 

Störgrößenaufschaltung ausgelegt. Die 

Stellgröße ist die Feedrate. Der Verstärkungsfaktor 

des PI-Reglers wird dabei 

automatisch mit zunehmender Biomasse 

erhöht. 

In Abb. 3 sind für eine Kultivierung 

die Wärmeströme dargestellt, die zur 

Berechnung des Reaktionswärmestroms 

der Zellen verwendet werden. 

Der größte Wärmestrom ist dabei der 

Wärmestrom vom Reaktor zum Mantel 

gefolgt vom Leistungseintrag durch den 

Rührer. Die Wärmeströme durch die 

Begasung und die Zufütterung sowie 

der Wärmeverlust an die Umgebung 

haben nur einen geringen Einfl uss auf 

die Wärmebilanz. 

Die Ergebnisse einer Kultivierung 

mit Regelung der Wachstumsrate zeigt 

Abb. 4. Glucose wird in den ersten 5-6 

Stunden von den Bakterien verbraucht 

und die Biomassekonzentration sowie 

die Wärmeproduktionsrate der Bakterien 

nehmen exponentiell zu. Während 

dieser Phase wird Acetat produziert, 

das nach der Glucoselimitation wieder 

von den Bakterien verstoffwechselt 

wird. Die Zufütterung und damit die 

Regelung werden automatisch nach 

Eintritt der Glucoselimitation gestartet. 

Der Sollwert für die spezifi sche Wachstumsrate 

wird auf 0,2 h -1 eingestellt. 

Bei dieser Wachstumsrate tritt gerade 

noch keine Nebenproduktbildung auf. 

Der Regler kann durch Einstellen der 

Feedrate die aus der Wärmebilanz ge- 

Abb. 4: Zeitliche Verläufe von Prozessvariablen während der kalorimetrisch geregelten 

Hochzelldichte-Kultivierung von E.coli. 


Abb. 5: Zeitliche Verläufe von Prozessvariablen während der kalorimetrisch geregelten Hochzelldichte-Kultivierung 

von E.coli mit Induktion des rekombinanten Proteins nach 19 h. 

schätzte Wachstumsrate sehr gut auf 

dem vorgegebenen Sollwert halten. 

Dadurch wird die Acetatproduktion 

unterbunden und es kann eine Biomasse 

von mehr als 100 g/l erreicht 

werden. 

Abb. 5 zeigt die Ergebnisse einer 

Kultivierung bei der die Expression des 

rekombinanten GFP nach 19 h durch 

Zugabe von Arabinose induziert wurde. 

Die Induktion von Arabinose führt 

zu einer vorübergehenden Erhöhung 

der Wärmeproduktion durch die Bakterien 

als Folge der erhöhten Stoffwechselaktivität. 

Auch hier wurde die 

Wachstumsrate erfolgreich geregelt 

und eine Biomassenkonzentration von 

105 g/l erzielt. 

Fazit 

Es wird gezeigt, wie mit Hilfe nichtinvasiver 

kalorimetrischer Methoden 

und eines modellgestützten Messverfahrens 

die Wachstumsrate von Mikroorganismen 

geregelt werden kann. 

Die Methode bietet eine Alternative 

zur Prozessregelung auf der Grundlage 

von aufwendigen Online Analyseverfahren. 

Anhand von experimentellen 

Untersuchungen mit einem rekombinanten 

E.coli-Stamm konnte gezeigt 

werden, dass reproduzierbar Biotrokkenmassen 

von deutlich mehr als 100 

g/L erzielbar sind. Diese Automatisierungsstrategie 

führt zu einer deutlichen 

Steigerung der Produktivität und Reproduzierbarkeit. 

In der Zwischenzeit 

konnte erfolgreich eine Übertragung 

- 6 - 

der Regelstrategie auf die Kultivierung 

von Hefezellen erreicht werden [14]. 

Referenzen 

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of Escherichia coli. Trends Biotechnol. 

1996, 14, 98-105. 

[2] Riesenberg, D., High-cell-density 

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Curr. Opin. Biotechnol. 1991, 2, 

380-384. 

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K., Sanders, E. A., Deckwer, W. 

D., Simple fed-batch technique 

for high cell density cultivation 

of Escherichia coli. J. Biotechnol. 

1995, 39, 59-65. 

[4] Akesson, M., Hagander, P., Axelsson, 

J. P., Avoiding acetate accumulation 

in Escherichia coli cultures 

using feedback control of glucose 

feeding. Biotechnol. Bioeng. 

2001, 73, 223-230. 

[5] Konstantinov, K., Kishimoto, M., 

Seki, T., Yoshida, T., A balanced 

DO-stat and its application to the 

control of acetic acid excretion by 

recombinant Escherichia coli. Biotechnol. 

Bioeng. 1990, 36, 750- 

758. 

[6] Kim, B. S., Lee, S. C., Lee, S. Y., 

Chang, Y. K., Chang, H. N., High 

cell density fed-batch cultivation 

of Escherichia coli using exponential 

feeding combined with 

pH-stat. Bioprocess Biosyst. Eng. 

2004, 26, 147-150. 

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rate. J. Biotechnol. 1991, 20, 17- 

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[9] Bailey, J. E., Ollis, D. F., Biochemical 

Engineering Fundamentals, 

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[12] Marison, I. W., von Stockar, U., 

Fermentation control and the use 

of calorimetry. Biochem. Soc. 

Trans. 1988, 16, 1091-1093. 

[13] Voisard, D., Pugeaud, P., Kumar, A. 

R., Jenny, K., et al., Development 

of a large-scale biocalorimeter to 

monitor and control bioprocesses. 

Biotechnol. Bioeng. 2002, 80, 

125-138. 

[14] Biener, R., Steinkämper, A., Horn, 

T., Calorimetric control of the specifi 

c growth rate during fed-batch 

cultures of Saccharomyces cerevisiae. 

J Biotechnol. 2012, 160, 195 

-201. 

Kontakt 

Prof. Dr.-Ing. Richard Biener, Hochschule 

Esslingen, Kanalstr. 33, 73728 

Esslingen, Tel.: 0711/397-3551, E-mail: 

richard.biener@hs-esslingen.de 


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Der Wakopter: Eine Evaluationsplattform für Multikoptersysteme 

Michael Waldowski, Hochschule Furtwangen 

In diesem Artikel wird eine Evaluationsplattform für Multikoptersysteme beschrieben, deren Kernstück eine selbst entwickelte 

Fluglageregelung ist. Der klar strukturierte Aufbau und die optimierte Telemetrieschnittstelle unterstützen die Erforschung 

der Flugdynamik von Multikoptersystemen. 

Schlüsselworte: Multikopter, Fluglageregelung 

Was ist ein Multikopter? 

Multikopter sind kleinen Modellhubschraubern 

nicht unähnlich. Jedoch im 

Gegensatz zu einem herkömmlichen 

Hubschrauber mit großem Hauptrotor 

verfügen Multikopter über mehrere 

kleinere Propeller die gleiche Abmessungen 

haben. Der Vorteil dieser Konstruktion 

liegt hauptsächlich in der einfachen 

Mechanik und in dem geringeren 

Gefährdungspotential der kleineren 

Rotoren. Es gibt Varianten mit unterschiedlicher 

Anzahl von Rotoren, z.B. 

Trikopter, Quadrokopter, Hexakopter 

und Oktokopter mit jeweils 3,4,6 und 

8 Rotoren. Die Technologie wurde bereits 

am Beispiel des Quadrokopters in 

[1] näher beschrieben. 

Abb.1 zeigt ein Quadrokopter-Exemplar 

mit ca. 40cm Durchmesser von 

den Motorachsen aus gemessen. 

Multikopter sind jedoch an sich 

hochgradig instabile Flugobjekte und 

ohne eine leistungsfähige Fluglageregelung 

kaum steuerbar. Diese stabilisiert 

den Multikopter ähnlich wie ein 

Autopilot und erlaubt sogar eine vollständig 

autonome Navigation z.B. mittels 

GPS. Aber auch für den normalen 

Betrieb mit einer Fernsteuerung ist eine 

Fluglageregelung unentbehrlich. 

Seit dem vermehrten Aufkommen 

dieser Multikoptersysteme ca. seit dem 

Jahre 2007, zunächst in der Form des 

Quadrokopters, ist ein Markt entstanden, 

der grob in folgende (zivile) Marktsegmente 

aufgeteilt werden kann: 

1) Hobby/Modellfl ug/Spielzeug(z.B. [2]) 

2) Hochschule/Forschung (z.B. [3]) 

3) Geoscience/Fernerkundung (z.B. [4]) 

- 8 - 

4) Luftbildfotografi e (z.B. [5]) 

5) Überwachung/Sicherheit (z.B. [6]) 

Die Zitate stellen nur Beispiele dar; 

die Anzahl der Anbieter ist wesentlich 

größer und nicht selten sind die Anbieter 

in mehreren Marktsegmenten 

erfolgreich tätig. 

Die Evaluationsplattform 

Kernstück der Evaluationsplattform 

ist die Fluglageregelung, ergänzt um 

ein Telemetriemodul und eine Bodenstation 

(Notebook). Die Auswertung 

der Systemparameter erfolgt in Matlab 

(Matlab ist registriertes Warenzeichen 

von The MathWorks). 

Abb. 2 zeigt die selbst entwickelte 

Fluglageregelung. Es handelt sich um 

die weiter entwickelte Version eines ersten 

Prototypen der Fluglageregelung, 

die in [7] näher beschrieben wurde. 

Die Fluglageregelung wurde um eine 

Telemetrieschnittstelle erweitert. Die 

wesentlichen Systemparameter werden 

bis zu 250 Mal pro Sekunde über 

eine serielle Schnittstelle ausgegeben. 

Dieser Datenstrom wird dann über 

ein Bluetoothmodul zur Bodenstation 

übertragen. Die Fluglageregelung wurde 

um handelsübliche Komponenten 

zu einem Quadrokopter ergänzt (Rahmen, 

Antriebsstrang, Akku, Fernsteuerung 

und Telemetrie, siehe auch [7]). 

In Abb. 1 wurde schon der fl ugbereite 

Wakopter gezeigt, und Abb. 3 zeigt 

den Wakopter im Fluge. 

Wozu aber eine Evaluationsplattform, 

wenn es bereits zahlreiche funk- 

Abb.1: Der fl ugbereite Wakopter 

Prof. Dr. M. Waldowski 

tionierende Systeme am Markt gibt? 

Nun, der Multikopter als Forschungsobjekt 

an sich ist immer noch aktuell. 

Dies liegt daran, dass die Flugdynamik 

eines Multikopters einer hochkomplexen 

nichtlinearen Dynamik folgt 

([8]). Zudem werden die Sensorsignale 

durch die Motorvibrationen stark 

beeinträchtigt. Die effi ziente Filterung 

der Signale ohne Beeinträchtigung der 

Regelfunktion ist ebenfalls ein weites 

Forschungsgebiet (siehe z.B. [9]). 

Für diese Forschungsaufgaben ist es 

hilfreich, wenn die Systemparameter 

möglichst präzise in Echtzeit übertragen 

werden können, und ein System 

zur Verfügung steht, das in leicht nachvollziehbarer 

Weise eine Evaluation 

von Multikoptersystemen ermöglicht. 

Das hier vorgestellte System ist speziell 

für diese Aufgabe entworfen: Die 

Hardware ist einfach aufgebaut, die 

Software kommt mit weniger als 300 

Programmzeilen C-Code aus. Dabei 

wurde das Schwergewicht jetzt nicht 

mehr auf eine minimale Anzahl von 

Codezeilen sondern vielmehr auf 

eine höhere Systemsicherheit gelegt. 

Zu diesem Zweck wurde das gesamte 

C-Programm entsprechend den MIS- 

RA-C-Regeln umgeschrieben. Die Beschreibung 

des MISRA-2004-Standards 

würde an dieser Stelle zu weit führen, 

verwiesen sei daher auf die relevante 

Fachliteratur ([10], [11], [12]). 

Die Systemparameter 

Die Systemparameter können aufgeteilt 

werden in: Sensorsignale, Regleroutputs, 

Fernsteuersignale (Sollwerte: 


Abb.2: Der Wakopter: Selbst entwickelte 

Fluglageregelung 

nick roll, gier, gas). Die Sensorik besteht 

aus den Gyros (Drehratensensoren: 

y_nick, y_roll, y_gier) für die 3 

Raumachsen, sowie aus dem Beschleunigungssensor 

für zwei Raumachsen 

(ACC_nick und ACC_roll). Aus den 

Drehraten werden durch Aufsummieren 

(näherungsweise Integration über 

die Zeit) die Drehwinkel berechnet (i_ 

nick, i_roll, i_gier). Da die Gyros dazu 

neigen zu driften, werden diese Winkel 

(Ausnahme i_gier) mit den ACC-Werten 

unter Verwendung eines speziellen 

Filters abgeglichen. 

Abb.3: Der Wakopter im Fluge am 26. April 

2012 

Die ACC-Werte (ACC: Acceleration 

(Beschleunigung)) alleine sind leider 

für die Regelung weniger geeignet, 

da nicht zwischen der Erdbeschleunigung 

(eigentlich zu messender Wert) 

und Beschleunigungswerten des Multikopters 

unterschieden werden kann. 

Das heißt, wenn der Multikopter eine 

Abb.4.: Schematische Darstellung des Gesamtsystems 

beschleunigte Bewegung ausführt werden 

diese Werte verfälscht. Dies kann 

aufgrund der Äquivalenz von träger 

und schwerer Masse nicht kompensiert 

werden. Die ‚richtigen‘ Winkel im 

Kopterkoordinatensystem sind also die 

Gyrointegrale. 

Statt der Gyrosignale werden die 

Sollwertabweichungen (e_nick/roll/ 

gier) übertragen. Die Istwerte können 

aus der Differenz zwischen Sollwert 

und Sollwertabweichung auf der Bodenstation 

berechnet werden. Dies ist 

möglich, da die Sollwerte ebenfalls 

übertragen werden. Zusammengefasst 

werden folgende 15 Systemparameter 

übertragen: 

1) Sollwerte vom Sender: gas, nick, roll, 

gier 

2)Sollwertabweichungen: e_nick, e_roll, 

e_gier 

3) Gyrointegrale: i_nick, i_roll, i_gier 

4) Beschleunigungsmessung:ACC_nick, 

ACC_roll 

5) Regleroutputs: u_nick, u_roll, u_gier 

Diese Parameter werden mit halber 

Regelfrequenz, also maximal 250 Mal 

pro Sekunde über die serielle Schnittstelle 

drahtlos zur Bodenstation übertragen. 

Hervorzuheben ist dabei, dass 

die Übertragung stets synchron zur 

Erfassung der Sensorwerte erfolgt. Auf 

diese Weise bleibt der zeitliche Zusammenhang 

zwischen den Systemparametern 

exakt erhalten. Zur weiteren 

Veranschaulichung der Bedeutung 

der Parameter steht der Sourcecode 

(auszugsweise) zum Download bereit 

([13]). 

Implementiert wurde ein einfacher 

Proportional-Integral-Regler (PI-Regler). 

Dabei werden die Drehraten als 

Istwerte interpretiert, weil die Differenz 

zwischen Sollwerten und Drehrate gebildet 

wird. Die Integrale entsprechen 

wie erwähnt den Drehwinkeln. Die 

Regleroutputs werden über die Motormischer 

auf die einzelnen Motoren 

gegeben. Auf diese Weise wird zumin- 

dest für den Schwebefl ug ein Flugverhalten 

erreicht, das dem kommerzieller 

Systeme gleicht. Im Programmbeispiel 

ist eine Mischung für vier Motoren 

(Quadrokopter) angegeben. Für eine 

andere Motorzahl (Propellerzahl) kann 

das Programm in identischer Weise 

verwendet werden. Lediglich die Motormischung 

muss modifi ziert werden. 

Ein Anwendungsbeispiel 

Abb.4 zeigt zunächst eine schematische 

Darstellung des Gesamtsystems. 

Die Systemparameter werden während 

des Fluges von der Fluglageregelung 

über eine serielle Schnittstelle an einen 

Bluetooth-Sender übertragen. Die 

gesendeten Signale werden von dem 

Bluetooth-Empfänger der Bodenstation 

aufgenommen und von der Auswertesoftware 

Matlab analysiert und gespeichert. 

Die Bluetooth-Verbindung funktioniert 

hier wie eine drahtlose serielle 

Schnittstelle. 

Abb.5 und 6. zeigen beispielhaft, 

auf welche Weise die Systemparameter 

auf der Basis des beschriebenen Gesamtsystems 

in sinnvoller Weise ausgewertet 

werden können. 

Abb.5. zeigt den Regleroutput für die 

Rollachse im Schwebefl ug des Wakopters. 

Leicht zu erkennen ist auf den ersten 

Blick, wie stark das Signal durch 

die Motorvibrationen beeinträchtigt ist. 

Ein problemloser Schwebefl ug ist wohl 

nur dadurch gewährleistet, dass die 

Störungen durch die Trägheit der Motor/Propeller-Kombination 

ausgemittelt 

werden. Dennoch sind diese Störungen 

insofern von Nachteil, als dadurch der 

Stromverbrauch ansteigen kann. 

Abb. 6 zeigt das dazu gehörende 

Spektrum des Regleroutputs für die 

Rollachse. Es sind Resonanzeffekte bei 

verschiedenen Frequenzen zu sehen. 

Dieser Befund ist ein erster Ansatzpunkt 

für eine verbesserte Filterung 

der Sensorsignale. Aliaseffekte infolge 

zu geringer Abtastfrequenz (Schwebungsfrequenzen) 

scheiden hier aus, 

da die analogen Sensorsignale mit der 

vierfachen Regelfrequenz (2000 Hertz) 

abgetastet werden, die Bandbreite der 

Sensorsignale aber bedeutend geringer 

als 1000 Hertz ist. 2000 Hertz ist 

gleichzeitig die maximale Frequenz, 

mit der einzelne (nicht alle) Systemparameter 

übertragen werden könnten für 

den Fall, dass sich dies als sinnvoll erweisen 

sollte. Zu diesem Zweck wäre 

eine geringfügige Modifi zierung der 

Schnittstellensoftware erforderlich. 


Fazit 

Mit der beschriebenen Evaluationsplattform 

für Multikoptersysteme kann 

auf einfache Weise die Flugdynamik 

von Multikoptersystemen erforscht 

werden. Die synchrone Übertragung 

der Systemparameter in Echtzeit in 

Verbindung mit einer Auswertung in 

Matlab eröffnet Möglichkeiten zur 

Optimierung der Regelung und der 

Filterung der Sensorsignale. Die Möglichkeiten 

wurden in diesem Artikel an 

einem Beispiel aufgezeigt, und sind bei 

weitem noch nicht ausgeschöpft. 

Danksagung 

Ich danke dem Rektor der Hochschule 

Furtwangen und der Fakultät 

Digitale Medien für die Genehmigung 

meines Forschungssemesters sowie 

den Kollegen die mich im Forschungssemester 

vertreten haben. 

Literatur und Links 

[1] M. Waldowski: Das Projekt ‚Flying 

Objects‘: Die ersten Mikrodrohnen 

an der Hochschule Furtwan- 

(Hochschule Aalen) Der letzte Tag der 62. Lindauer Nobelpreisträgertagung 

vom 02.-06. Juli 2012 beinhaltete eine Schifffahrt zur Insel 

Mainau und zurück, bei der ausgewählte Forschungsinstitute aus Baden- 

Württemberg Gelegenheit hatten, sich mit einem Poster und kleineren 

Exponaten zu präsentieren. Unter den 23 Ausstellern war auch dieses 

Mal wieder eine Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) 

vertreten: Professor Herbert Schneckenburger und sein Biophotonik- 

Team aus Aalen präsentierten neue Methoden zur hochaufl ösenden Mikroskopie 

und zum Screening lebender Zellen, die auf reges Interesse 

der Teilnehmer, insbesondere auch einiger Nobelpreisträger sowie der 

Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg 

stießen. Wie die Organisatoren von Baden-Württemberg International 

bestätigten, bewies die Aalener Forschergruppe nachdrücklich, dass sie 

sich mit ihren Ergebnissen auf Augenhöhe mit renommierten universitären 

und außeruniversitären Forschungsinstituten befi ndet. 

gen, Horizonte Nr. 32, Juli 2008 

[2] www.conrad.de, Quadrocopter 

450, Artikel-Nr.: 208000 

[3] www.asctec.de 

[4] www.microdrones.com 

[5] www.mikrokopter.de/ucwiki/ 

[6] www.airrobot.de 

[7] M. Waldowski: Fluglageregelung 

für einen Quadrokopter, Horizonte 

Nr. 35, März 2010, S. 22-24 

[8] G. H. Hoffmann et al.: Quadrotor 

Helicopter Flight Dynamics and 

Control: Theory and Experiment, 

AIAA Guidance Navigation and 

Control, August 2007 

[9] www.cs.unc.edu/~welch/kalman/ 

[10] Anonym: MISRA-C:2004, Guidelines 

for the use of the C language 

in critical systems, www.misrac.com, 

ISBN 978-0-9524156-4-0 

PDF (Online), July 2008 

[11] Les Hatton: Safer C, McGraw Hill, 

1995, ISBN 0-07-707640-0 

[12] Andrew Koenig: C Traps and Pitfalls, 

AT\&T Bell Laboratories, 

23. Nachdruck, März 2011, ISBN 

0201179288 

[13]http://webuser.hs-furtwangen. 

de/~wald/downloads/FlightCtrl_ 

wakopter.pdf 

Kontakt 

Prof. Dr. Michael Waldowski, Hochschule 

Furtwangen, Robert-Gerwig-Platz 

1, 78120 Furtwangen, Tel. 

07723/920-2390, Fax. 07723/920- 

2625, E-Mail: wa@hs-furtwangen.de; 

http://www.dm.hs-furtwangen.de 

Biophotonik-Forschergruppe präsentiert sich auf der Nobelpreisträgertagung 

- 10 - 

Abb.5: Regleroutput im 

Schwebefl ug 

Abb.6: Fourierspektrum des 

Regleroutputs im Schwebefl 

ug 

Professor Herbert Schneckenburger demonstriert 

der Ministerin Theresia Bauer eine Methode zur 

Nanoskopie von Zelloberfl ächen (Bild: Thomas 

Bruns). 


Elektromobilität: Politische Zielsetzungen und relevante Geschäftsmodelle 

Karlheinz Bozem, bozem | consulting associates | munich; Anna Nagl, Alexander Haubrock, 

Verena Rath, Judith Schnaiter, Hochschule Aalen; Carsten Rennhak, Holger Benad, Hochschule 

Reutlingen 

„Energy for future Mobility“ – so haben wir unser Projekt getauft und in der Tat geht es uns um die zentrale Fragestellung, 

welche Chancen alternative Antriebstechnologien in absehbarer Zukunft haben und wie die Märkte für solche Fahrzeuge 

aussehen. Im Einzelnen untersuchen wir die politischen Rahmenbedingungen und Förderregime für Endverbraucher in den 

verschiedenen relevanten Ländermärkten und versuchen eine Bewertung der unterschiedlichen Technologieoptionen und 

Geschäftsmodelle für Automobilhersteller und Energieunternehmen. Erste Ergebnisse zur Bewertung alternativer Antriebstechnologien 

sowie zu der im Rahmen des Projektes durchgeführten empirischen Erhebung „FUTURE MOBILITY 2011“ wurden 

bereits in der Märzausgabe 2012 geschildert [vgl. horizonte 12 (39)]. Der Bericht über die Projektarbeiten soll an dieser 

Stelle fortgesetzt werden. Das Projekt läuft unter der Federführung der Hochschule Aalen (Gesamtprojektleiterin Prof. Dr. 

Anna Nagl) in Kooperation mit der Hochschule Reutlingen (Projektleitung Prof. Dr. Carsten Rennhak) und unter Beteiligung 

der Projektpartner Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, e-mobil BW GmbH sowie bozem | consulting associates | munich. Der folgende 

Artikel stellt weitere wichtige Zwischenergebnisse dieses vom Land Baden-Württemberg geförderten Forschungsprojekts vor. 

Elektroantriebe – der Weisheit letzter 

Schluss? 

Im Zuge der Einführung der Elektromobilität 

stehen die bestehenden 

Strukturen der gesamten Branche auf 

dem Prüfstand. Wer hat die Kompetenzen 

für diese neue Technologie? Wer 

kann oder muss sich diese aneignen, 

da seine bisherigen für die neue Mobilität 

überfl üssig sind (Beispiel Wegfall 

des Verbrennungsmotors)? Finanziell 

muss hier einiges an Aufwand betrieben 

werden. So muss die Industrie alleine 

in der Marktvorbereitungsphase 

(bis Ende 2014) 17 Milliarden Euro 

aufwenden, was einem Vielfachen der 

staatlichen Zuschüsse entspricht. [vgl. 

NPE, 2012] 

Die Diskussion um alternative Antriebe 

in Deutschland wurde – zumindest 

bis zur IAA 2011 – sehr stark auf 

das Thema Elektromobilität verkürzt. 

Die nicht unerheblichen höheren Total 

Costs of Ownership, die eingeschränkte 

Reichweite und die ungeklärte Ladeinfrastruktur 

verhindern bislang jedoch 

eine breite Akzeptanz dieser Technologie. 

Diese Probleme lassen sich nicht 

kurzfristig lösen. Um den zukünftigen 

Mobilitäts-Mix zu prognostizieren, 

müssen die Chancen und Restriktionen 

der unterschiedlichen Antriebstechnologien 

sowie deren Massenmarkttauglichkeit 

umfassend und vorbehaltlos 

analysiert werden. Eine substantielle 

Umsetzung wird nur erfolgen, wenn 

die beteiligten Industrien – die Automobilindustrie 

mit ihren Zulieferern 

ebenso wie die Energiewirtschaft – die 

Möglichkeit haben, profi table Geschäftsmodelle 

zu entwickeln und umzusetzen. 

Anderenfalls bleibt lediglich 

die massive und dauerhafte Subventionierung 

durch die öffentliche Hand. 

Deutschland gehört zu den wenigen 

Ländern, die fast ausschließlich auf indirekte 

Förderung setzen. Dies bedeutet, 

die Endverbraucher werden nicht 

durch eine Art von Zuschuss (Kaufbonus 

etc.) zum Kauf eines Elektrofahrzeuges 

animiert. Vielmehr fl ießen die 

staatlichen Gelder in die Forschung. 

Die Idee dahinter ist, möglichst rasch 

technischen Fortschritt und Skaleneffekte 

zu erzielen, um die Technologie 

auf Basis sich selbst tragender Geschäftsmodelle 

den Kunden kostengünstig 

und v.a. konkurrenzfähig zu den 

herkömmlichen Antriebsarten anbieten 

zu können [vgl. Bozem et al., 2012b]. 

Betrachtet man den Electric Vehicle Index 

(kurz: Evi), der von McKinsey für 

die Wirtschaftswoche im Vierteljahres- 

Rhythmus aufgelegt wird, zeigt sich, 

dass Japan gefolgt von den USA an der 

Spitze der Elektromobilität rangiert. 

Deutschland muss sich momentan mit 

Frankreich den dritten Platz teilen. [vgl. 

Seiwert, 2012] Dieser Index bewertet 

den prozentualen Fortschritt zur Erreichung 

der Ziele des jeweiligen Landes 

für das Jahr 2020 basierend auf Expertenvorhersagen. 

Indikatoren sind die 

Nachfrage sowie das Angebot an rein 

elektrischen Fahrzeugen (BEV), Plug-In- 

Hybriden (PHEV) und Range-Extendern 

(REEV). Es zeigt sich jedoch ebenfalls, 

dass die Marktpenetration von Elektrofahrzeugen 

nicht allein auf Kaufanreize 

[vgl. Bozem et al., 2011] zurückzuführen 

ist und Deutschland durch indirekte 

Förderung durchaus konkurrenzfähig 

ist und bleibt (vgl. Abb. 1). 

Stärkere politische Treiber könnten 

die Verbreitung alternativer Antriebe 

beschleunigen 

Der Druck auf die europäische Automobilindustrie 

wächst zusehends, sind 

Prof. Dr. A. Nagl 

Prof. Dr. V. Rath 

Prof. Dr. C. Rennhak 

doch die Umweltvorgaben der EU als 

bindend für alle Hersteller anzusehen. 

So darf ab 2012 eine durchschnittliche 

CO 2 -Emissionsgrenze von 130 g/km 

bei Neuwagen eines Herstellers nicht 

überschritten werden. Andernfalls drohen 

Strafabgaben beginnend bei 20 

Euro pro Gramm CO 2 für 2012, bis 


Abb. 1: Trotz geringer monetärer Anreize gerät Deutschland nicht ins Hintertreffen. 

zu 95 Euro ab 2015. Diese Grenze ist 

in Anbetracht der durchschnittlichen 

CO 2 -Emissionen von 136 g/km durchaus 

realisierbar [vgl. Süddeutsche Zeitung, 

2012, Soltic & Bach, 2011]. Der 

Trend in den regulatorischen Rahmenbedingungen 

ist aber klar und die Entwicklung 

wird sich mutmaßlich weiter 

verschärfen. Auch aus diesem Grunde 

setzt Deutschland auf alternative Mobilitätsformen, 

implementiert (zumindest 

teilweise) die Handlungsempfehlungen 

der Nationalen Plattform Elektromobilität 

(NPE), investiert in die Entwicklung 

der notwendigen Technologien, um 

diese zukunftsnah marktfähig zu machen 

und sich dadurch als „Leitmarkt“ 

der Elektromobilität zu etablieren. Dieser 

Weg der Forschungs- und Entwicklungsförderung 

verläuft durchaus konträr 

zu den oben beschriebenen Ansätzen 

anderer Länder, die vorwiegend 

an der Kundenschnittstelle fördern. 

Forschungs- und Entwicklungsförderung 

bedeutet gleichfalls Unterstützung 

der Zulieferer, die entscheidend 

an der Wertschöpfung der Fahrzeuge 

beteiligt sind. Somit ist das Ziel, durch 

Forschungs- und Entwicklungsförderung 

den Endkundenpreis attraktiv zu 

gestalten, anstatt den Endpreis durch 

Subventionen auf das Preisniveau konventioneller 

Fahrzeuge zu drücken. 

Die Entwicklung geht bisher jedoch 

sehr zaghaft vonstatten. NPE-Chef 

Henning Kagermann sieht in einem 

Interview mit dem Handelsblatt lediglich 

ca. 600.000 Elektrofahrzeuge auf 

Deutschlands Straßen bis zum Jahre 

2020. Diese aktuelle Hochrechnung 

basiert vorwiegend auf den nur teilweise 

umgesetzten Maßnahmen des 

Staates gegenüber den vorherigen 

Berichten und Vorschlägen der NPE 

(z.B. KfW-Darlehen, Sonderabschreibungen). 

[vgl. Handelsblatt, 2012] 

- 12 - 

Nichtsdestotrotz kann dies nicht ausschließlich 

auf die fehlenden direkten 

Zuschüsse zurückgeführt werden, wie 

der EVI bereits zeigte. 

Benchmarking: Cap-and-Trade System 

bzw. Emissionshandel 

Es muss demzufolge an alternativen 

Mechanismen gearbeitet werden, um 

die Marktpenetration zu erhöhen. Dabei 

könnte ein Cap-and-Trade System 

bzw. ein Emissionshandel verhelfen. 

Ähnliche Methoden befi nden sich beispielsweise 

in Kalifornien im Bereich 

der industriellen Fertigung in Planung. 

Der US-Bundesstaat Kalifornien hat 

sich zum Ziel gesetzt die jährlich ausgestoßenen 

CO 2 -Emissionen bis zum Jahre 

2020 von 596 Millionen Tonnen auf 

427 Millionen zu reduzieren. [vgl. Air 

Resources Board, 2011] Durch die Einführung 

des Cap-and-Trade Programms 

zum 01. Januar 2013 werden nach Angaben 

der California Environment Protection 

Agency die Wirtschaftssektoren, 

die für 85 % der jährlich in Kalifornien 

ausgestoßenen CO 2 -Emissionen verantwortlich 

sind, zum Emissionshandel 

verpfl ichtet. [vgl. California Envi- 

ronmental Protection Agency, 2011]. 

Die kalifornische Regierung legt dabei 

eine jährliche Obergrenze, auch Cap 

genannt, für den zulässigen Ausstoß 

von CO 2 -Emissionen fest. Dieser Wert 

ist niedriger als der aktuell jährlich 

verursachte CO 2 -Austoß, woraus eine 

Verknappungssituation resultiert. Werden 

mehr Emissionen ausgestoßen als 

Zertifi kate zur Verfügung stehen, muss 

das Unternehmen weitere Berechtigungszertifi 

kate an einer Emissionsbörse 

erwerben. [Lueg, 2010] 

Ein weiteres Beispiel für ein Emissionshandelssystem 

wurde in Europa 

zum 1. Januar 2012 für den europäischen 

Luftverkehr eingeführt. Der 

Emissionshandel gilt für alle europäischen 

Fluggesellschaften wie auch für 

Fluggesellschaften aus Drittländern, um 

eine Wettbewerbsverzerrung auszuschließen. 

Seit Beginn des Jahres 2012 

sind alle Flüge, die Ziele in der EU an- 

Abb. 2: Die bisherigen Nachforschungen lassen drei Phasen der Entwicklung des elektrischen 

Antriebes erkennen. 

steuern, innerhalb des EU-Luftraumes 

verkehren sowie aus der EU herausführen 

dazu verpfl ichtet, die entstandenen 

CO 2 -Emissionen durch CO 2 -Zertifi kate 

auszugleichen. Im Vorfeld wurden zu 

diesem Zweck 85 % der benötigten 

Zertifi kate kostenlos an die Fluggesellschaften 

verteilt. Die übrigen 15 % der 

benötigten Zertifi kate werden durch 

Auktionen der EU-Mitgliedsstaaten an 

die Fluggesellschaften versteigert. Die 

Anzahl der an die Fluggesellschaften 

kostenlos herausgegebenen CO 2 -Zertifi 

kate wird, wie auch im kalifornischen 

Ansatz, sukzessiv herabgesetzt. So 

werden für das Jahr 2013 nur noch 82 

% der Zertifi kate kostenlos an die Fluggesellschaften 

verteilt. Fehlende oder 

überschüssige CO 2 -Zertifi kate können 

auch in diesem Modell am Markt gehandelt 

werden. [vgl. BDI, 2011] 

Für den Automobilsektor könnte ein 

dreiteiliges Fahrzeug-Kategorie-System 

entworfen werden, in dem vom Staat 


Abb. 3: Die beispielhaft dargestellte Matrix zeigt eine Strategie, entwickelt aus den Bewertungen einzelner 

Angebotskomponenten 

an die Fahrzeughersteller für jedes 

Fahrzeug Zertifi kate zugeteilt werden. 

Wird der darin „erlaubte“ Grenzwert 

überschritten, muss dies mit zusätzlich 

zu erwerbenden Zertifi katen ausgeglichen 

werden. [Dudenhöffer, 2007] Die 

Anzahl an Zertifi katen wird dann von 

Jahr zu Jahr stufenweise herabgesetzt. 

Dies entspricht einer Reduzierung der 

„freien“ CO 2 -Emissionen. Eine Überschreitung 

dieser Emissionen bedeutet 

somit Mehrkosten für die Automobilindustrie. 

Eine Maßnahme, um vorzubeugen, 

dass die Automobilhersteller 

ihren Fokus nur auf die Entwicklung 

von emissionsarmen Verbrennungsmotoren 

setzen, könnte die Einführung 

eines Sonderzertifi kats für Elektroautos 

sein. Gleichzeitig werden – neben den 

bereits bestehenden Anstrengungen 

– weitere Anreize gesetzt, Elektromobilität 

voranzutreiben. 

Für Deutschland ergibt sich aus heutiger 

Sicht deshalb folgendes Szenario: 

konventionelle Antriebe werden kurz- 

und mittelfristig weiter optimiert. Einzelne 

mechanische Komponenten wie 

z. B. Getriebe und Turbolader profi tieren 

dabei von der wachsenden Komplexität. 

Aktuelle F&E-Tätigkeitsschwerpunkte 

liegen bereits in den Bereichen 

Fahrzeuggewicht, Aerodynamik, Komponentenwiderstand 

und Elektrizitäts- 

Abb. 4: Aus der Wertschöpfungskette lassen sich die möglichen Strategieoptionen für 

Stromlieferanten ableiten. 

management. Vollelektrische Antriebe 

für kurze Reichweiten und hybride 

Antriebe für längere Reichweiten fungieren 

als Übergangstechnologien. Final 

und als langfristiges Ziel der Elektromobilität 

ist der Energiespeicher 

Wasserstoff (Brennstoffzellentechnik) 

angedacht, dessen Gewinnung bisher 

noch unwirtschaftlich erscheint. Effektive 

Speicher im Fahrzeug müssen 

noch weiter entwickelt werden. 

Neue Technologie, neue Geschäftsmodelle 

Ob und wie schnell die angenommenen 

Entwicklungen tatsächlich eintreffen 

werden, kann hier aber sicherlich 

nicht abschließend geklärt werden. 

Eine – wie stark auch immer ausgeprägte 

– Elektrifi zierung des Antriebsstrangs 

wird aber so oder so dafür sorgen, dass 

die Branche gehörig durcheinander 

gewürfelt wird. Dies lässt sich bereits 

an den Teilestücklisten ablesen: hat der 

Verbrennungsmotor etwa 1400 Teile 

im Antriebsstrang, so kommt ein Elektroantrieb 

mit ca. 200 aus. [vgl. Brillen, 

2011] Während Kolben, Getriebe und 

Auspuffanlagen beim Elektroantrieb 

nicht mehr benötigt werden, spielen 

andere Komponenten wie insbesondere 

Hochleistungsbatterien und – um 

deren Gewicht auszugleichen – Leichtbaukarosserien 

künftig eine entscheidende 

Rolle. Entsprechend sehen sich 


Abb. 5: Aus der Wertschöpfungskette lassen sich die möglichen Strategieoptionen für Fahrzeughersteller 

ableiten. 

Autozulieferer künftig mit neuen bisher 

branchenfremden Wettbewerbern wie 

BASF, Evonik oder SGL Carbon konfrontiert. 

Diese tiefgreifenden Änderungen 

lassen bereits jetzt neue Geschäftsmodelle 

auf dem Markt erkennen. Beispielsweise 

verfolgt das Unternehmen 

„Better Place“ eine grundlegend alternative 

Möglichkeit zur Batterieladung. 

Elektrofahrzeuge werden in diesem 

Ansatz nicht an einer Steckdose geladen. 

Vielmehr wird mittels Roboter 

vollautomatisch innerhalb von wenigen 

Minuten die leere Batterie gegen 

eine vollständig geladene gewechselt. 

[vgl. Better Place, 2012] Inwiefern sich 

dieses Konzept für einen stark differenzierten 

Automobilmarkt wie Deutschland 

mit unterschiedlichen Herstellern, 

die sich auf eine weitgehende Standardisierung 

der Batterie einigen müssten, 

eignet, wird sich noch zeigen müssen. 

Bisher ist nur eine Handvoll Geschäftsmodelle 

praxistauglich, was 

demzufolge Anlass zur Entwicklung 

neuer Optionen gibt. Eine Identifi zierung 

attraktiver möglicher Geschäftsmodelle 

wird innerhalb des Forschungsprojektes 

mit Hilfe einer morphologischen 

Analyse vorgenommen. 

Die Methode ist in ihrem Ablauf mit 

einem fotografi schen Zoom vergleichbar: 

Von einer Übersicht ausgehend 

werden Ausschnitte immer detaillierter 

untersucht und das Ergebnis wieder in 

das Ganze eingefügt. Somit bildet die 

Analyse in sehr übersichtlicher Weise 

ab, welche Kombinationsmöglichkeiten 

zwischen den wichtigsten Komponenten 

des Elektromobilitätsmarktes 

existieren. Hierfür wurde eine Matrix 

bestehend aus Angebotskomponenten 

wie Fahrzeug oder Batterie sowie Geschäftsmodelldimensionen 

und deren 

Ausprägungen erstellt. Die qualitative 

Bewertung anhand von Ausprägungen 

- 14 - 

wie Betriebskosten oder Effi zienz hilft, 

die sinnvollste Kombination zu identifi 

zieren. Abb. 3 zeigt beispielhaft eine 

stark vereinfachte Matrix sowie bereits 

ein mögliches durchgängiges Geschäftsmodell 

für die Elektromobilität. 

In diesem Falle erfolgt der Verkauf des 

Fahrzeuges durch den Hersteller, der 

ein bestehendes herkömmliches Fahrzeugkonzept 

auf Elektroantrieb umrüstet. 

Die Batterie wird vom Batteriehersteller 

fahrzeugtypisch hergestellt und 

dem Endverbraucher als Leasingoption 

angeboten. Strom und Ladeinfrastruktur 

werden von einem Infrastrukturanbieter/Energieunternehmen 

angeboten. 

Dieses Vorgehen zieht sich durch alle 

weiteren Angebotskomponenten die 

zu einer durchgehenden Strategie verknüpft 

werden. 

Grundsätzlich ergaben die Auswertungen, 

dass aktuell sowie in den 

nächsten Jahren, bis sich die Elektromobilität 

etabliert hat, neben dem Verkauf 

des bereits dargestellten Fahrzeuges, 

die Option Carsharing seitens der 

Mobilitätsdienstleister praktikabel ist. 

Gleichermaßen sind Pay-per-Use oder 

Abo/Two-part-Tarife in verschiedenen 

Konstellationen denkbar. Begründet 

werden kann dies durch fl exible und 

marktgerechte Preisgestaltung, die insbesondere 

in einem sich entwickelnden 

Markt wie der Elektromobilität notwendig 

ist (im Hinblick auf neue Technologien, 

Marktpenetration etc.). Des 

Weiteren bieten diese Modelle dem 

Endverbraucher eine übersichtliche 

und transparente Kostengestaltung, die 

individuell an die Kundenbedürfnisse 

angepasst werden kann (Nutzungsgewohnheiten 

etc.). Ähnliche Modelle 

haben sich bereits in vielen anderen 

Branchen wie der Telekommunikation 

als erfolgreich erwiesen. Darüber 

hinaus bieten sich gerade diese Tarifoptionen 

ohne den Kauf eines eigenen 

Fahrzeuges in urbanen Ballungsgebieten 

an, in denen der private Fahrzeugbesitz 

ohnehin rückläufi g ist. 

Die Abb. 4 verdeutlicht die Struktur 

für die Stromlieferanten sowie dessen 

mögliche Strategieoptionen innerhalb 

der Wertschöpfungskette. Der Stromlieferant 

als Mobilitätsdienstleister 

stellt hierbei die am weitesten gehende 

Wertschöpfung dar und bedarf demzufolge 

der umfassendsten Unternehmenserweiterung. 

Daneben ergeben sich auch für die 

Fahrzeughersteller neue Möglichkeiten 

(vgl. Abb. 5). Eine umfassende Ausdehnung 

des bisherigen Geschäftsmodells 

mit entsprechender Ausweitung der 

Wertschöpfung ergibt sich bei einer 

Erweiterung durch den Aufbau/Betrieb 

der Infrastruktur, die aber deutlich jenseits 

des ursprünglichen Kerngeschäfts 

liegt. Der Mittelweg als Mobilitätsdienstleister 

zeigt momentan die attraktivste 

Geschäftsmodelloption in diesem 

Beispiel geprägt durch die gesteigerte 

Kundennähe und die Möglichkeit, neue 

Fahrzeuge in einem Carsharing Modell 

am Kunden testen zu können. 

Abb. 6: Aus der Wertschöpfungskette lassen sich die möglichen Strategieoptionen für die 

Zulieferindustrie ableiten. 


Neben diesen Modellen existieren 

jedoch noch zahlreiche weitere Kombinationen 

bzw. benötigen die bereits 

genannten Modelle weitere Mitspieler 

auf dem Markt, um erfolgsversprechend 

umgesetzt zu werden. Herauszugreifen 

sind hier die Batteriehersteller, 

die eine Schlüsselrolle in der Elektromobilität 

einnehmen und mit den 

Fahrzeugherstellern kooperieren oder 

selbst ihre Wertschöpfung erweitern. 

Erstgenanntes bietet beispielsweise für 

den Batteriehersteller den Vorteil, dass 

das Image der Fahrzeughersteller genutzt 

werden kann. Fahrzeuganbieter 

müssen durch fehlendes Know-How 

in der Batterieherstellung nicht selbst 

mit einer Entwicklung beginnen und 

zu guter Letzt profi tiert der Endverbraucher 

je nach Modell von einer 

Kostenstruktur, die ihm aus anderen 

Branchen bereits bekannt ist und die 

Hemmschwelle zur Nutzung senken 

könnte (Abo/Two-Part-Tarif). 

Ebenso besteht auch für die weiteren 

Zulieferer Potential, sich in der Wertschöpfungskette 

stärker einzubringen 

(vgl. Abb. 6). Dies geht jedoch häufi g 

mit erhöhtem Risiko einher, da meist in 

einen Bereich mit etablierter Konkurrenz 

eingetreten wird (z.B. Fahrzeughersteller, 

etc.). Nicht zu vernachlässigen 

sind „Mobile Services“ in Form 

von Entertainmentangeboten, die auch 

in anderen Branchen immer mehr in 

den Fokus der Entscheidungsfi ndung 

seitens des Kunden rücken. Für Carsharing 

Modelle wird das Flottenmanagement 

eine große Rolle spielen ebenso 

wie eine Remotefunktion, um den 

Fuhrpark effektiv steuern zu können. 

Fazit 

Grundlegend hemmt den Einzug 

praktikabler Geschäftsmodelle die zurückhaltende 

Haltung beider Parteien 

(Kunde und Anbieter). Zumindest der 

Anbieter bzw. Fahrzeughersteller könnte 

durch das genannte Cap-and-Trade 

System zu einer stärkeren Präsenz auf 

dem Markt „gezwungen“ werden, was 

wiederum den Kunden mehr Glaubwürdigkeit 

in die Elektromobilität vermitteln 

könnte. Denn der bisherige 

Stand an Elektrofahrzeugen von gerade 

einmal 4.541 [vgl. KBA, 2012] rein 

elektrisch betriebenen Fahrzeugen zeigt 

die Notwendigkeit zur Handlung. 

Förderung 

Das Projekt wird gefördert durch das 

Landesprogramm „Innovative Pro- 

jekte“ von 2011 bis 2013 (Kap. 1403 

Titelgruppe 98). 

Referenzen 

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OF SCOPING PLAN RECOMMEN- 

DED MEASURES URL:http://www. 

arb.ca.gov/cc/scopingplan/status_of_ 

scoping_plan_measures.pdf (Verfügbarkeitsdatum: 

nicht genannt, Zugriffsdatum: 

27. Juni 2012). 

Bozem, K., Nagl, A., Haubrock, A., Rath, 

V., Schnaiter, J., Rennhak, C., Benad, 

H. 2012a. Energy for future Mobility: 

Alternative Antriebstechnologien im 

Spannungsfeld von Marktanforderungen 

und technischer Machbarkeit. 

horizonte 12 (39): 63-66. 

Bozem, K., Rath, V., Schnaiter, J., Nagl, 

A., Benad, H., Rennhak, C. 2012b. 

Ambitionierte Zielvorgaben: Elektromobilität 

– Jedem Land sein Förderregime? 

EW Das Magazin für die Energie 

Wirtschaft 111 (8-9): 56-61. 

Bozem, K., Rath, V., Schnaiter, J., Nagl, 

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Regulatorische Rahmenbedingungen 

in Europa: Wie wird Elektromobilität 

straßentauglich? EW Das Magazin 

für die Energie Wirtschaft 110 (19): 

26-30. 

Brillen, A. 2011. Der „Streetscooter“ 

soll die Massen mobilisieren, URL: 

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2011, Zugriffsdatum: 15. Juni 2012). 

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Dezember 2011, Zugriffsdatum: 25. 

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California Environmental Protection 

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20. Oktober 2011, Zugriffsdatum: 

28. Juni 2012). 

Dudenhöffer, F. 2007. Ein ökonomischer 

Ansatz zur Lösung des CO 2 - 

Problems in der Autoindustrie: Der 

CO 2 -Handel in einem Mehrstandardmodell; 

ifo Schnelldienst 18/2007 

– 60. Jahrgang, München. 

Handelsblatt 2012. Autoindustrie sieht 

sich für Elektromobilität gerüstet, URL: 

http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/elektrostrategieautoindustrie-sieht-sich-fuer-elektro- 

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(Verfügbarkeitsdatum: 20. Juni 2012, 

Zugriffsdatum: 22. Juni 2012). 

Kraftfahrbundesamt (KBA) 2012. Emissionen, 

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und seine Länder am 1. Januar 2012, 

URL: http://www.kba.de/cln_030/ 

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Bestand/EmissionenKraftstoffe/2012_ 

_b__emi__eckdaten__absolut.html, 

(Zugriff: 29. Juni 2012). 

Lueg, Barbara 2010. Ökonomik des 

Handels mit Umweltrechten: Umwelt-ökonomische 

Grundlagen, Instrumente 

und Wirkungen - insbesondere 

in der EU, Peter Lang Verlag, 

Frankfurt am Main. 

Nationale Plattform Elektromobilität 

(NPE) 2012. Fortschrittsbericht der 

Nationalen Plattform Elektromobilität 

(Dritter Bericht), URL: http:// 

www.bmvbs.de/cae/servlet/contentblob/86250/publicationFile/58815/elektromobilitaet-fortschrittsberichtnationale-plattform.pdf,(Verfügbarkeitsdatum: 

Mai 2012, Zugriffsdatum: 

25. Juni 2012). 

Seiwert, M. 2012. Deutsche Elektroauto-Ziele 

rücken in weiter Ferne, Wirtschaftswoche 

04.06.2012. 

Soltic, P. & Bach, C. 2011. Erdgasfahrzeuge 

und Erdgas-Hybridfahrzeuge 

als wirtschaftlicher Ansatz zu deutlicher 

CO 2 -Reduktion in der Mittelklasse: 

energie | wasser-praxis, September 

2011: 62-66, Bonn. 

Süddeutsche Zeitung 2012. Neue EU- 

Aufl agen für den Klimaschutz – Strengere 

Umweltvorschriften für Neuwagen, 

URL: http://www.sueddeutsche. 

de/auto/neue-eu-aufl agen-fuer-denklimaschutz-strengere-umweltvorschriften-fuer-neuwagen-1.1409708, 

(Verfügbarkeitsdatum: 11. Juli 2012, 

Zugriffsdatum: 11. Juli 2012). 

Kontakt / Projektleitung 

Prof. Dr. Anna Nagl, Gesamtleitung, 

Prof. Dr. Verena Rath, operative Leitung 

bis Aug. 2012, seit Sept. Professur 

an der Hochschule Biberach, 

Hochschule Aalen, Beethovenstrasse 

1, 73430 Aalen, Tel. 07361-576-4601, 

Fax. 07361-576-44-4601, E-Mail: 

anna.nagl@htw-aalen.de 

Prof. Dr. Carsten Rennhak, Projektleitung 

Hochschule Reutlingen, ESB Business 

School, Alteburgstraße 150, 72762 

Reutlingen, Tel. 07121-271-6010, Fax. 

07121-271-90-6010, E-Mail: carsten. 

rennhak@reutlingen-university.de 

www.htw-aalen.de/mobility 


Elektromobilität im ländlich-urbanen Raum 

Andreas Daberkow und Konrad Stahl, Hochschule Heilbronn 

Bis heute sind Untersuchungen zur Elektromobilität überwiegend auf Metropolen und Ballungszentren konzentriert. Eine 

wichtige Rolle in Deutschland und Europa spielen aber auch regionale Zentren. Ziel dieser technisch-wissenschaftlichen 

Untersuchungen der Hochschule Heilbronn ist es, die Rahmenbedingungen für das batterieelektrische Autofahren im ländlich-urbanen 

Raum herauszuarbeiten. Dazu werden erste Ergebnisse aus 15000 Ganzjahreskilometern vorgestellt. 

Hintergrund und Rahmenbedingungen 

Die Region Heilbronn-Franken ist 

eine von zwölf Regionen in Baden- 

Württemberg und typisch für eine grosse 

Zahl ländlich-urbaner Zentren in 

Deutschland und Europa. Bezeichnend 

für die Region ist eine leicht hügelige 

Landschaft und eine ausgeprägte landwirtschaftliche 

Nutzung. Die lokale 

Wirtschaft wird durch „Global Player“ 

und gleichzeitig durch innovative kleine 

und mittlere Unternehmen (KMU) 

geprägt. Charakteristisch für die Verkehrsinfrastruktur 

ist ein hoher Anteil 

von individualem Pendlerverkehr mit 

dem Auto, aber auch die Verknüpfung 

von Stadt und Region durch eine Zweisystem-Regionalstadtbahn 

nach dem 

Karlsruher Modell [1]. 

Die Nationale Plattform Elektromobilität 

(NPE) fördert seit 2010 die Elektromobilität 

in Deutschland mit dem 

Ziel, die zukünftige Mobilität klima- 

und umweltfreundlicher, ressourcenschonender 

und leiser zu gestalten [2]. 

Gefördert vom Zukunftsinvestitionsprogramm 

des Landes Baden-Württemberg 

steht der Hochschule Heilbronn 

seit 2010 ein batterieelektrisches Automobil 

zur Erforschung der Elektromobilität 

für den ländlich-urbanen Raum zur 

Verfügung. 

Das Elektro-Erprobungsfahrzeug der 

Hochschule Heilbronn 

Ein geeignetes Erprobungsfahrzeug 

muss ausreichende Sicherheit, Reich- 

Abb. 1: Elektrofahrzeug und Komponenten 

- 16 - 

weite und die Autobahntauglichkeit 

für den regionalen Pendlerverkehr 

aufweisen. Der von der CITYSAX Mobility 

GmbH, Dresden, elektrifi zierte 

Chevrolet Matiz erfüllte diese Anforderungen 

und nimmt eine von der 

Hochschule spezifi zierte Messdatenerfassung 

auf. Mit dem lokalen Servicepartner 

Auto NEFF GmbH, Heilbronn, 

wurde das Fahrzeug gemeinsam beim 

Hersteller umgebaut und in Betrieb genommen. 

Die Abbildung 1 zeigt 8 der 

26 Lithium-Eisenphosphatbatterien mit 

je 160 Ah Kapazität und 3,2 V Nennspannung 

im vorderen Teil des Fahrzeugs. 

Der Asynchronmotor mit einer 

Spitzenleistung von 26 kW ist an das 

Serienfünfganggetriebe des Matiz adaptiert. 

Im Motorraum des Fahrzeugs 

ist ebenso die 230 V Ladeeinheit, der 

Motorumrichter sowie der Gleichstromumrichter 

für die 12 V Bordnetzbatterie 

installiert. Die zusätzlichen 18 

Traktionsbatterien im ehemaligen Reserveradkasten 

des Matiz führen dann 

auf eine Nennspannung von 83,2 V für 

den Elektroantrieb des Fahrzeugs. Eine 

Vollladung an der Netzwechselspannung 

von 230 V dauert ca. 7 h. 

Ca. 13 kWh Batteriekapazität resultieren 

je nach Fahrprofi l in eine Reichweite 

von 75 bis 100 km. Das Umbaufahrzeug 

überzeugt in der Praxis durch 

einen pragmatisches, durchdachtes 

und sicheres Elektrifi zierungskonzept. 

In den Testzyklen mit einer Verweildauer 

von durchschnittlich 30 – 90 

min im Fahrzeug wurde die fehlende 

Klimaanlage und Servolenkung als akzeptabel 

empfunden. 

Typische Fahrzyklen 

Im Projekt wurde entschieden, zunächst 

ausgewählte reale Zyklen im 

ländlich-urbanen Raum anstelle von 

standardisierten Fahrzyklen zu untersuchen 

[4]. Die Abbildung 2 zeigt ein 

Beispiel für einen 5 km Stadtzyklus 

(Heilbronn Stadt-Hochschule), einen 

regional-urbanen Zyklus von 50 km 

mit einer kontinuierlich GPS-sensierten 

Höhendifferenz von ca. 160 m und 

den 60 km Zyklus des Forschungsinstituts 

für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren 

Stuttgart (FKFS). Der 50 km 

Zyklus besteht aus 12% Stadtverkehr, 

61% Autobahn und 27% Regional/Zubringerverkehr 

und wurde am häufi gsten 

ausgewertet. 

Erste Ergebnisse 

Prof. Dr. A. Daberkow 

B. Eng. K. Stahl 

Das Geschwindigkeitsprofi l und den 

Leistungsbedarf des Fahrzeugs im 50 

km Testzyklus zeigt die Abbildung 3. 


Abb. 2: Stadtzyklus 5 km und regional-ländliche Zyklen mit 50 bzw ca. 60 km Länge 

Abb. 3: Fahrgeschwindigkeit und Leistung im 50 km Zyklus 

Selbst die geringe Spitzenleistung von 

26 kW wird im Zyklus ohne Behinderung 

des Verkehrsfl usses selten abgerufen. 

Negative Leistungen kennzeichnen 

die Energierückgewinnung beim 

Bremsen (Rekuperation). 

In Abbildung 4 ist der Energiebedarf 

bezogen auf 100 km für Einzelmessungen 

dargestellt. Neu und praktisch 

nicht bekannt für konventionell verbrennungsmotorisch 

betriebene Fahrzeuge 

ist die Energiebedarfsdifferenz 

zwischen Fahren und Laden. 

Ladeverluste, das gesteuerte Nachladen 

zur Kompensation der Selbstentladung 

und vor allem die Batteriezusatzheizung 

im Winter bewirken einen 

Zusatzverbrauch für das Fahrzeug, der 

sich bei längeren Standzeiten (z.B. 

Weihnachtspause) bis zu einer Verdreifachung 

des Bedarfs auswirkt. 

Den strengen Winter 2011/2012 hat 

das Fahrzeug weitgehend problemlos 

durchfahren, siehe Abbildung 5. 

Entscheidend für das Fahren bei 

tiefen Temperaturen ohne die Gefahr 

eines Leistungseinbruchs ist die elektrische 

Zusatzheizung im vorderen und 

hinteren Traktionsbatteriefach. Diese 

ist nach Abschluss des Aufl adevorgangs 

bei kalten Nächten mit schneller 

Abkühlung ohne Witterungsschutz 

erforderlich. Die Batterietemperaturen 

der ersten 20 Fahrminuten nach einer 

Abb. 4: Energiebedarf bei Fahrt und beim Aufl aden 

Nacht bei -20° Celsius zeigt die Abbildung 

6. 

Durch die Batteriefachvorwärmung 

wird in eine kritische Unterspannung 

unter Belastung vermieden. Die Temperaturen 

von Umgebung, vorderem und 

hinterem Traktionsbatteriefach sowie 

vom Antriebsmotor zeigen für den 50 

km Zyklus, dass durch die Fahrtwindkühlung 

die vorderen Batterien schneller 

auskühlen. Ein weiterer Schlüssel 

zum problemlosen Winterbetrieb des 

Fahrzeugs ist die von der Traktionsbatterie 

weitgehend unabhängige Benzinstandheizung 

des Innenraums. In der 

Praxis wurden massive Verkehrsstaus 

mit einer Fahrtdauer von über 2 Stunden 

damit problemlos und ohne Reichweiteneinschränkung 

überstanden. 

Weitere Aspekte des batterieelektrischen 

Fahrens 

Eine „Reichweitenangst“ hat das 

Erprobungsteam zu Beginn der Erprobungen 

gefühlt, bislang kann kein unerwarteter 

Fahrtstopp aufgrund leerer 

Traktionsbatterien verzeichnet werden. 


Abb. 5: Elektrofahrzeug ohne Witterungsschutz und Thermografi e zum Ladevorgang 

Deshalb sind Fahrten mit Distanzen an 

der Maximalreichweite zu planen. Eine 

erste Analyse der in unterschiedlichen 

Portalen dokumentierten Stromtankstellen 

zeigt, dass Details zu Öffnungszeiten 

und verfügbaren Steckverbindern 

in jedem Einzelfall vorab erfragt 

werden müssen. 

Neben den durch Energieversorger 

installierten Stromtankstellen erscheint 

dabei die neue Möglichkeit des dezentralen 

Ladens für das elektrische Fahren 

besonders attraktiv. Eine wichtige 

Ladestelle ist dabei beispielsweise die 

Parkmöglichkeit während der Arbeits- 

elektrisches Autofahren für viele Verkehrsteilnehmer 

auch im ländlich-urbanen 

Raum bereits heute möglich ist. 

Kaufanreize oder Förderungen für 

Elektrofahrzeuge sind in vielen Ländern 

Europas in Diskussion. Gerade für den 

ländlich-urbanen Raum mit größeren 

Fahrtstrecken ist ein komfortables und 

gesichertes Parken und Laden während 

der Arbeitszeit oder Verweilzeit bei Besorgungen 

sehr attraktiv. Als Kaufanreiz 

wird daher ein neues Fördermodell 

„Elektro-Duales Laden“ vorgeschlagen. 

Dieses fördert für den Erwerber 

eines Elektrofahrzeuges zusätzlich die 

Abb. 6: Temperaturen von Traktionsbatterien, Motor und Umgebung sowie Spannungen 

zeit, die Verweildauer während des 

Einkaufens und Behördengängen oder 

auch im kommerziellen Bereich die 

Arbeitszeit von Handwerkern beim 

Kunden. 

Das Erprobungsteam ist sich bewusst, 

dass die verringerten Fahrgeräusche 

bei niedrigen Geschwindigkeiten 

eine Gefahr für Fußgänger darstellen 

kann. Bis heute sind keine kritischen 

Situationen dazu aufgetreten. 

Zusammenfassung und nächste Schritte 

Nach den über 15000 Erprobungskilometern 

ist das Team überzeugt, dass 

- 18 - 

Einrichtung eines Ladepunktes zu Hause 

und darüber hinaus die Einrichtung 

eines Park- und Ladepunktes an einem 

zweiten Zielort des Käufers wie z.B. 

der regelmäßigen Arbeitsstätte. 

Derzeit werden im Projekt unterschiedliche 

Geschwindigkeits- und Leistungsanforderungen 

an das Fahrzeug 

in den Fahrzyklen ausgewertet. Ziel ist 

es, stromsparende Fahrweisen inklusive 

Freilauf-Fahrt zu identifi zieren und 

zu validieren. Parallel dazu erfolgt der 

Abgleich eines Simulationsmodells sowohl 

für die Längsdynamik als auch für 

die detaillierte Energiebilanz der Verbraucher 

im Bordnetz (Licht, Lüftung, 

Scheibenwischer, …). Untersuchungen 

zur begleitenden Unterstützung des 

Antriebs und der Reichweite durch 

Schwungradspeicher sind gestartet. 

Danksagung 

Die Hochschule Heilbronn dankt dem 

Land Baden-Württemberg für die Projektbewilligung 

und der CITYSAX Mobility 

sowie Auto Neff GmbH für die 

Zusammenarbeit. 

Literatur 

[1]http://de.wikipedia.org/wiki/Stadtbahn_Heilbronn 

(abgerufen 16. Juli 

2012) 

[2]N.N.: Fortschrittsbericht der Nationalen 

Plattform Elektromobilität 

(Dritter Bericht). Gemeinsame Geschäftsstelle 

Elektromobilität der 

Bundesregierung (GGEMO), Berlin, 

2012 

[3]Daberkow, A., Häussler, S.: “Electric 

Car operation in mixed urban 

– regional areas”, Proceedings of 

the 13th EAEC European Automotive 

Congress, Valencia, 2011 

Zu den Autoren 

Prof. Dr.-Ing Andreas Daberkow 

lehrt an der Hochschule Heilbronn im 

Studiengang Automotive Systems Engineering 

der Fakultät für Technik. Herr 

B.Eng. Konrad Stahl studierte Elektrotechnik 

an der Hochschule Heilbronn 

und ist akademischer Mitarbeiter im 

Studiengang Automotive Systems Engineering. 

Kontakt 

Prof. Dr.-Ing Andreas Daberkow, Automotive 

Systems Engineering, Hochschule 

Heilbronn, Max-Planck-Straße 

39, 74081 Heilbronn; E-Mail andreas. 

daberkow@hs.heilbronn.de, Tel. 07131/ 

504 417 


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Natürliche Gebäudeklimatisierung in Klassenzimmern 

Jesus da Costa Fernandes, Matthias Niederklostermann, Elmar Bollin, Hochschule Offenburg, 

Institut für Energiesystemtechnik (INES), Forschungsgruppe.net 

In vielen Schulgebäuden der Region südlicher Oberrhein - besonders bei solchen, die energetisch saniert wurden und wo 

der Schulbetrieb auf Ganztagsunterricht umgestellt wurde - zeigt sich seit Beginn dieses Jahrhunderts eine verstärkte Überhitzungstendenz 

im Sommer. Im Rahmen der Initiative Forschungskooperation Hochschule/Stadt für mehr Energieeffi zienz 

beim Betrieb öffentlicher Gebäude und Liegenschaften beauftragte die Stadt Offenburg die Forschungsgruppe nachhaltige 

Energietechnik (Forschungsgruppe net) der Hochschule Offenburg mit der Ausarbeitung eines Konzeptes für die natürliche 

Gebäudeklimatisierung in Klassenzimmern. Besonderes Augenmerk galt dabei neben bautechnischen Maßnahmen der Gebäudeautomation. 

Da ein vollautomatisierter Betrieb technisch und fi nanziell für viele kommunalen Betreiber unrealistisch 

ist, ist zudem die Einbindung der Nutzer und Mitarbeiter vor Ort unerlässlich. Die Ergebnisse aus dem Projekt stehen einer 

breiten Öffentlichkeit in Form eines Leitfadens zur Verfügung [1]. 

Bei Schulen in Offenburg wurde in 

den vergangenen Jahren durch den 

Einsatz von Fenstern mit Wärmeschutzverglasung 

und dem Anbringen von 

Wärmedämmung energetisch die Gebäudehülle 

modernisiert. Der Heizwärmebedarf 

reduzierte sich dadurch deutlich. 

Während sich die Wärmedämmung 

positiv auf das winterliche Verhalten 

eines Gebäudes auswirkt, führt 

die verbesserte Luftdichtheit zu einer 

deutlichen Reduzierung der Fugenverluste, 

die bisher im Sommer zu einem 

stärkeren Temperaturausgleich mit der 

Umgebung geführt haben. In modernisierten 

Schulen führt der reduzierte 

thermische Ausgleich zur Verschärfung 

von Überhitzungssituationen. Dies gilt 

insbesondere dann, wenn aufgrund des 

Gebäudeschutzes die Fenster nach Verlassen 

der Unterrichtsräume geschlossen 

und die Abschattungseinrichtungen 

hochgefahren werden. 

Nutzungsbedingte Wärmeeinträge 

durch Personen und für den Schulbetrieb 

erforderliche Geräte können 

sich kaum vermeiden lassen, hingegen 

können solare Gewinne durch eine 

konsequente Nutzung außenliegender 

Jalousien um bis zu 90% reduziert 

werden. Bei idealem Betrieb der Abschattungseinrichtungen 

tragen tägliche, 

nutzungsbedingte Wärmeeinträge 

zwischen 260 und 300 Wh/m² dazu 

bei, dass sich Gebäudemassen entsprechend 

Abbildung 1 kontinuierlich 

aufheizen, wenn der thermische Ausgleich 

in den späten Nachtstunden und 

während der Nichtnutzung entfällt. 

Gebäudeschutz, Personenschutz, 

Betriebssicherheit der technischen Anlagen 

und die Berücksichtigung der 

Nutzungszeiten/Anwesenheit erfordern 

eine komplexe Betriebsstrategie 

und die Einrichtung neuer Funktionen. 

Hierzu ist eine gut eingerichtete Gebäudeautomation 

unabdinglich, die 

beispielsweise die Jalousien in Abhängigkeit 

von Windaktivität, Präsenz und 

- 20 - 

Lichtintensität auf der jeweils beschienenen 

Fassadenseite steuert und überwacht 

oder bei Sturm und Regen Anlagen 

in eine betriebssicheren Zustand 

überführt. 

Das ausgearbeitete Konzept für die 

natürliche Klimatisierung der Klassenzimmer 

basiert auf der maximalen Ausschöpfung 

des Abschattungspotenzials 

und der deutlichen Verbesserung des 

thermischen Ausgleichs mit Hilfe der 

Gebäudeautomation, des Personals 

und der Nutzer. Einzelmaßnahmen 

umfassen den Einbau von Jalousien, 

zusätzlicher Sensoren (z.B. Sturmwächter 

und Einstrahlungssensoren) 

und Aktoren (z.B. elektromotorisch angesteuerte 

Jalousien, Lichtkuppeln und 

Fenster), Programmierung von Steuer- 

und Überwachungsfunktionen und 

den Einbau von Lüftungseinheiten wie 

Abluftventilatoren und kanalgeführten, 

raumlufttechnischen Einheiten. Ergänzend 

werden Personal und Nutzer 

über die technischen Möglichkeiten 

und Betriebsbedingungen informiert 

und geschult, damit sie zur Minderung 

beitragen und stärker von einem angenehmen 

Arbeits- und Lernklima profi - 

tieren können. 

Zur besseren Analyse und zur Dokumentation 

des Gebäudebetriebs werden 

historischen Daten aufgezeichnet 

und ein Fernzugriff für das unterstützende 

technische Management der 

Stadt und für Auswertezwecke eingerichtet. 

(Die Stadt Offenburg setzt bei 

Sanierungsvorhaben durchgängig den 

Einbau einer Gebäudeautomation öffentlicher 

Nichtwohngebäude um). 

Zum thermischen Verhalten der 

Gebäude können höhere Gebäudemassen 

helfen, die Überhitzung während 

der Nutzung zu vermeiden und 

Wärmespitzen bis in die Nachtphase 

zu verzögern, dann jedoch muss eine 

aktive Entladung der Gebäudemassen 

für eine thermische Entlastung sorgen. 

Dipl.-Ing.(FH) MSc J. da Costa Fernandes 

Dipl-Ing.(FH) M. Niederklostermann 

Prof. Dipl.-Ing. E. Bollin 

Arbeiten der Hochschule Offenburg 

zeigten bereits im Forschungsvorhaben 

„Langzeitmonitoring des Solar Info 

Center Freiburg“ [2] die Eignung der 


Abb. 1: Temperaturanstieg in den massiven Geschossen der Oststadtschule ohne Maßnahmen 

für nächtlichen Temperaturausgleich, ab Anfang Juli manuelle Querlüftung durch 

Nutzer. 

Nachtluftkühlung zur Entwärmung von 

Gebäudemassen und konnte an den 

Schulen erneut erfolgreich eingesetzt 

werden. Die Eignung der Maßnahme, 

die Gebäudemassen konsequent 

durch die Nachtluftkühlung zu entladen, 

wurde u.a. in einem im Jahr 2010 

veröffentlichten Leitfaden für energieeffi 

ziente Bildungsgebäude des Passivhaus-Instituts 

[3] bestätigt. Als erreichbares 

Temperaturziel für passive Kühlmaßnahmen 

in der Klimaregion um 

Frankfurt werden dort 28 °C genannt. 

Auswertungen im Projekt wie die 

Häufi gkeitsverteilung der Abb. 2 ergeben 

Wärmelastminderungen bis zu 

60 % bei sommerlichen Klassenzimmertemperaturen 

oberhalb von 26 °C. 

Das Projektziel, die Wärmebelastung 

stark abzusenken, kann somit in hohem 

Maße erreicht werden. 

Während die Raumtemperatur in 

den bearbeiteten Offenburger Schulen 

nur selten die 30-Grad-Marke überschreitet, 

sehen sich Schüler wie Lehrer 

einer schlechten Luftqualität und 

einer hohen relativen Luftfeuchtigkeit 

gegenüber, die genauso wie die hohen 

Temperaturen das Raumklima belasten. 

Als Nebenergebnis im Projekt konnte 

die Hochschule Offenburg durch den 

Einbau von Raumklimamessgeräten 

in einzelnen Klassenzimmern auch 

die Raumfeuchte und CO 2 -Konzentrationen 

aufzeichnen. Die Messungen 

erlaubten so eine erste Einschätzung 

der Möglichkeiten auch der Herausforderung 

„schlechte Luftqualität“ gerecht 

zu werden. Festgehalten werden kann, 

dass bei sehr heißen Tage das Raumklima 

sich stark verschlechtert und bei 

sehr kalten Außentemperaturen die 

Luftqualität stark sinkt. Während im 

Winter eine schlechtere Luftqualität 

zugunsten angenehmer Raumtemperaturen 

in Kauf genommen wird, führen 

hohe Raumtemperaturen an sommerlichen 

Tagen zu offenen Fenstern. 

Abb. 2: Minderung der Temperaturbelastung in einem Referenzraum im Dachgeschoß 

der Oststadtschule 

Hierbei gelangt deutlich wärmere Außenluft 

in die Schulgebäude und trägt 

zur Aufheizung der Gebäudemassen 

bei. Erste Tests wie Lüftungsanlagen 

(Ventilatoren und raumlufttechnische 

Einheiten mit Wärmerückgewinnung) 

zur Verbesserung der Luftqualität im 

Sommer beitragen können liefen vielversprechend 

und sollen tiefergehend 

in einem Folgeprojekt untersucht werden. 

Der vorliegende Leitfaden soll 

dann um die entsprechenden, die Verbesserung 

der Luftqualität betreffenden 

Kapitel erweitert werden. 

Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit 

und der Energieeffi zienz zeigen durch 

Abluftventilatoren gestützte Systeme 

eine hohe Kosten- und Energieeffi zienz, 

bedürfen aber eines Mehraufwands 

im Bereich der Einrichtung und 

Programmierung der Gebäudeautomation. 

Die zum Einsatz kommenden 

Klappfenster und Oberlichter werden 

sehr viel stärker als bisher genutzt und 

müssen ihre Dauerbelastbarkeit und 

Zuverlässigkeit über mehrere Jahre 

erst nachweisen. Die kanalgeführten, 

raumlufttechnischen Einheiten stehen 

mit hohen Investitionen und hohen 

Betriebskosten da. Sie konnten ihre 

Eignung für die Nachtlüftung nicht 

zweifelsfrei nachweisen, da sie in der 

Regel weder für den hohen Luftwechsel 

ausgelegt, noch hinsichtlich der 

Ansteuerung in Verbindung mit einem 

Bypass oder einer Kaltluftklappe ausreichend 

vorbereitet sind. Sie bieten 

technisch die beste Möglichkeit zur 

Luftqualitätsverbesserung und für die 

Nachrüstung eines Kühlregisters. Die 

häufi ge, räumliche Unterbringung in 

Zwischendecken führt jedoch durch 

die beengten räumlichen Verhältnisse 

zu hohen Nachrüstkosten. Nähere Untersuchungen 

zu diesem Thema werden 

zwingend empfohlen. 

Eine robuste und zuverlässige Ausführung 

der eingesetzten Wettermesstechnik 

war nicht in jedem der Schulobjekte 

gegeben, ist aber unabdingbar 

für eine zuverlässige Überwachungsfunktion, 

die die Gebäudeautomation 

über Jahre hinweg gewährleisten soll. 

Kostengünstige Kombisensoren wie 

sie in der Gebäudeautomation häufi g 

eingesetzt werden, zeigen qualitative 

Schwächen und sollten durch Einzelsensoren 

ersetzt werden. Als minimale 

Ausstattung für die Wettermesstechnik 

werden ein zentraler Windwächter 

und ein Niederschlagssensor auf dem 

Dach, ein Temperatursensor mit Wetterschutzschild 

und ein Strahlungsintensitätssensor 

je sonnenbeschienene 

Fassadenseite empfohlen. 


Neben den tatsächlich zum Einsatz 

gekommenen Maßnahmen wurde auch 

eine Vielzahl ergänzender Maßnahmen 

zur Optimierung in Betracht gezogen 

und bezüglich ihrer Einsatzmöglichkeit 

bewertet. Hierzu gehören das bebaute 

Umfeld der Schulen (z.B. Schulhöfe 

und Schuldächer als Grünanlagen mit 

Baumbewuchs auf den Südseiten), das 

Einbringen zusätzlicher Baumaterialien 

(z.B. Phasenwechselmaterialien (PCM) 

oder Lehm) zur Erhöhung der Wärmekapazitäten 

als auch ergänzende 

emissionsarme Kühlkonzepte wie die 

Nutzung von Kühlregistern mit Kühlenergie 

aus Geothermieanlagen oder 

die adiabatische Kühlung. 

Mit der Durchführung des Projektes 

wurde in Offenburg ein Weg für die 

Region „Südlicher Oberrhein“ eingeschlagen, 

der eine starke Wirkung 

auf den nachhaltigen Betrieb von 

Schulgebäuden haben wird. Mit den 

durchgeführten Maßnahmen werden 

CO2-Emissionen in Verbindung mit 

Kühlmaßnahmen stark verringert und 

eine deutliche Steigerung der Energieeffi 

zienz bei Schulgebäuden erreicht. 

Zudem wirken sich die Entwicklungen 

vorbildhaft auf die kommenden Schülergenerationen 

aus, die durch die 

Einfl ussmöglichkeiten auf den Gebäudebetrieb 

und die damit verbundenen 

Auswirkungen auf das Lern- und Arbeitsklima 

für ein neues Bewusstsein 

im Umgang mit der Umwelt und den 

beschränkt verfügbaren Energieressourcen 

sensibilisiert werden. In einem 

von Schülern einer siebten Klassenstufe 

- 22 - 

ausgearbeiteten Infofl yer konnte diese 

Sensibilisierung sehr gut demonstriert 

werden. Ähnliche Initiativen sollten für 

alle beteiligten Schulen geplant und 

umgesetzt werden. 

Weitere Projekte zur Steigerung der 

Energieeffi zienz bei Betrieb öffentlicher 

Gebäude wurden im Rahmen der 

Arbeiten zum Klimaschutzkonzept der 

Stadt Offenburg mit der Hochschule 

Offenburg beantragt und bewilligt. Die 

Forschungskooperation zu mehr Klimaschutz 

und Energieeffi zienz kann 

somit auch in den folgenden Jahren 

fortgesetzt werden. 

Im Laufe des Projekts wurde der 

neue Leitfaden des Umweltbundesamt 

zur Innenraumlufthygiene in Schulgebäuden 

[4] veröffentlicht, der umfassend 

auf die Luftqualitätssituation in 

Schulen eingeht. Weitere Veröffentlichungen 

erfolgten u.a. im Rahmen des 

Bundesprogramms Energieoptimiertes 

Bauen (EnOB) zum Förderschwerpunkt 

„Energieeffi ziente Schulen“ (www. 

eneff-schule.de). 

Referenzen/Quellen 

Abb. 3: Oststadtschule, 

Schulbetrieb in einem ehemaligen 

Kasernengebäude 

mit Geschoßlüftung über 

zentrale Flure 

Abb. 4: Sanierte Gebäudehülle 

der Konrad-Adenauer-Schule 

mit dezentralen 

Lüftungsanlagen mit WRG 

in den beiden Obergeschossen 

[1] Leitfaden und Anhang zu Schulgebäuden 

im Projekt „Natürliche 

Gebäudeklimatisierung in Klassenzimmern“ 

abrufbar auf der Webseite 

der Forschungsgruppe nachhaltige 

Energietechnik (net) unter 

http://fgnet.hs-offenburg.de/gebaeude/schulklima/berichte/ 

[2] Bollin, E., da Costa Fernandes, J., 

Feldmann, T.: „Langzeitmonitoring 

des Neubauvorhabens Solar Info 

Center Freiburg“, Abschlussbericht: 

EnOB-Energieoptimiertes Bauen, 

Teilkonzept 3, Phase II, Monitoring/ 

Betrieb, Offenburg, 2008 

[3] Passivhaus Institut: „Leitfaden energieeffi 

ziente Bildungsgebäude“, 

Darmstadt, 7/2010 

[4] Innenraumlufthygiene-Kommission 

des Umweltbundesamtes: „Leitfaden 

für die Innenraumhygiene in 

Schulgebäuden“, Umweltbundesamt, 

Berlin, 2008 

Dieses Projekt wurde durch den Innovationsfonds 

für Klima- und Wasserschutz 

der badenova AG & Co. KG 

gefördert. 


Jesus da Costa Fernandes, M.Sc. 

Energy Conversion and Management, 

Dipl.-Ing. (FH) Nachrichtentechnik, 

seit 2002 Forschungsmitarbeiter am 

Institut für Angewandte Forschung 

der Hochschule Offenburg mit den 

Schwe rpunkten Erneuerbare Energien, 

Smart Grids und Gebäudeenergieforschung 

Matthias Niederklostermann, Dipl.- 

Ing.(FH) Regenerative Energietechnik, 

seit 2011 Forschungsmitarbeiter am 

Institut für Energiesystemtechnik (INES) 

der Hochschule Offenburg mit den 

Schwerpunkten E-Mobilität und Gebäudeenergieforschung 

Elmar Bollin, Dipl.-Ing. Maschinenbau, 

seit 1993 Professur für Gebäudeautomation, 

Haustechnik und Solartechnik 

an der Hochschule Offenburg 

mit den Forschungsgebieten solarthermische 

Großanlagen, photovoltaische 

Inselversorgung und Energiemanagement 

in Gebäuden. Institutsleiter des 

Instituts für Angewandte Forschung und 

des Instituts für Energiesystemtechnik. 

Kontakt 

Prof. Dipl.-Ing. Elmar Bollin, Hochschule 

Offenburg, Institut für Angewandte 

Forschung/ Institut für Energiesystemtechnik, 

Badstr. 24, 77652 Offenburg, 

E-Mail: bollin@hs-offenburg. 

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Forschungsergebnisse müssen in der Ausbildung der nächsten Generation von Ingenieurinnen 

und Ingenieuren vermittelt werden. 

Interview mit Prof. Dr. Martin Becker und Prof. Dr. Roland Koenigsdorff, Hochschule Biberach 

Herr Becker, Sie sind Studiendekan 

für den Studiengang Gebäudeklimatik 

an Ihrer Hochschule, sowohl für Bachelor 

als auch Master. Erklären Sie uns 

bitte, was sich hinter diesen Studiengängen 

inhaltlich verbirgt. 

Martin Becker: Inhaltlicher Schwerpunkt 

des Studiengangs Gebäudeklimatik 

ist das ganzheitliche Verständnis 

für das Gewerke übergreifende Planen, 

Bauen und Betreiben von Gebäuden. 

Dies umfasst neben der Bauphysik für 

die Gebäudehülle und Fassadentechnik 

alle Gewerke der technischen Gebäudeausrüstung 

wie Heizungsanlagen, 

Lüftungs- und Klimaanlagen, Kälteanlagen, 

Lichttechnik, Sanitäranlagen, 

Elektro- und Kommunikationsanlagen 

sowie Mess-, Steuer- und Regelungstechnik 

und Gebäudeautomation. 

Über 40 % unseres Endenergiebedarfs 

werden für den Gebäudebetrieb 

benötigt. Vor dem Hintergrund der Herausforderungen 

für den Klimaschutz 

und der von der EU und der Bundesregierung 

vorgegebenen Energieeffi - 

zienzziele kommt einer energiesparenden 

und effi zienten Betriebsweise 

von gebäudetechnischen Anlagen eine 

immer wichtigere Rolle zu. Diesen Aspekten 

wird auch in der Lehre in unserem 

Studiengang Gebäudeklimatik im 

Zusammenhang mit energieeffi zienten 

Planungs- und Betriebsführungskonzepten 

verstärkt Rechnung getragen. 

Hier sind Themen wie energieeffi ziente 

Anlagentechniken und optimierte 

Betriebsführungsstrategien im Zusammenhang 

mit modernen Energiemanagement- 

und Monitoring-Systemen 

gefragt. 

Des Weiteren gilt es, Energiekonzepte 

zu planen und umzusetzen, die 

verstärkt dezentrale und erneuerbare 

Energien wie z.B. Photovoltaik, Geothermie 

und Solarthermie in ein Gebäudekonzept 

integrieren. 

Während im Bachelor-Studiengang 

das ingenieurtechnische Grundlagenwissen 

und das Verständnis für die einzelnen 

Gewerke und deren passendes 

Zusammenspiel für einen energieeffi zienten 

Gebäudebetrieb vermittelt wird, 

geht es im Master zum einen um die 

fachliche Vertiefung und zum anderen 

- 24 - 

Prof. Roland Koenigsdorff 

(links) und Prof. 

Martin Becker vor einer 

Wärmepumpenanlage 

mit geothermischer Nutzung 

im Technikum Gebäudeklimatik 

der Hochschule 

Biberach, an der 

Untersuchungen zur Energieeffi 

zienz durchgeführt 

werden. (Fotos: Hochschule 

Biberach) 

um die wissenschaftlich-methodische 

Beschäftigung mit Gebäuden als ein 

komplexes und dynamisches System. 

Neben der Lehre sind Sie seit Jahren 

aktiv in der Forschung tätig. An welchen 

Themen arbeiten Sie derzeit? 

Martin Becker: Meine aktuellen 

FuE-Projekte sind anwendungsorientiert 

bezogen auf meine Fachgebiete 

Gebäudetechnik, Gebäudeautomation 

und Energiemanagement. Die Projekte 

können in vier Schwerpunkte zusammengefasst 

werden, wobei die einzelnen 

Projekte zum Teil direkt über Industriepartner 

und zum Teil über öffentliche 

Fördergeber fi nanziert werden. 

Schwerpunkt 1: Energieeffi zienz 

durch Raumautomation. Hierbei geht 

es um theoretische und experimentelle 

Untersuchungen, die den Einfl uss höherwertiger 

Regelungskonzepte sowie 

eines verbesserten Energie- und Gebäudemanagements 

auf die Energieeffi 

zienz von Anlagen bzw. Gebäuden 

aufzeigen. In mehrjährigen experimentellen 

Untersuchungen an unterschiedlich 

ausgestatteten Seminarräumen 

unserer Hochschule konnten wir z.B. 

deutliche Energieeinsparungen nachweisen, 

die ergänzend durch systematische 

Simulationsstudien überprüft 

wurden. 

Schwerpunkt 2: Energieeffi ziente 

Kältetechnik. Obwohl ca. 14 % des 

Elektro-Endenergiebedarfs für Kälteanwendungen 

(Industrie, Gewerbe, Klimakühlung) 

benötigt wird, ist in der 

Praxis vielfach festzustellen, dass diese 

Anlagen häufi g sehr ineffi zient betrieben 

werden. Die Kältebranche hat sich 

selbst verpfl ichtet, die Energieeffi zienz 

von Kälteanlagen in den nächsten Jahren 

signifi kant zu steigern. Methodisch 

offen ist allerdings noch, wie die Energieeffi 

zienz von Kälteanlagen im realen 

Betrieb kontinuierlich gemessen 

werden soll bzw. kann. In mehreren 

FuE-Vorhaben verfolgen wir daher 

verschiedene methodische Ansätze 

zur In-Situ-Messung und Bewertung 

der Energieeffi zienz von Kälteanlagen 

in Feldanlagen (z.B. Kühlanlagen in 

Supermärkten, Klimatisierung von Rechenzentren, 

gewerbliche Kälteanlagen) 

und an eigenen Laboranlagen an 

der Hochschule. Ziel ist es, wirtschaftlich 

vertretbare Energie-Monitoring- 

Konzepte zu entwickeln, welche die 

Energieeffi zienz von Kälteanlagen kontinuierlich 

ermitteln und z.B. in Form 

von Energieampeln oder einem Energiecockpit 

nutzergerecht visualisieren. 

Schwerpunkt 3: Hardware-in-the- 

Loop-Umgebungen (HiL) für die Gebäudetechnik 

und Gebäudeautomation. 

HiL ist eine Methode, die bereits 

seit vielen Jahren z.B. im Automobilbau 

und anderen Industriezweigen 

eingesetzt wird. Ziel dieses FuE-Vorhabens 

ist es, diese Methodik auf die Gebäudetechnik 

und die Gebäudeautomation 

zu übertragen. Hierbei geht es 

darum, reale Regelgeräte und Automatisierungssysteme 

statt direkt am realen 

Prozess an einem virtuellen Prozess 

(Simulationsmodell) zu betreiben. Damit 

können systematisch bestehende 

Regler gegenüber standardisierten Prozessen 

getestet und verglichen werden, 


aber auch neue Reglerkonzepte und 

-algorithmen in einer systematischen 

Testumgebung entwickelt werden. Als 

virtuelle Prozesse stehen zurzeit Simulationsmodelle 

für Raumtypen (z.B. 

Seminarraum, Hörsaal) sowie Simulationsmodelle 

für Kälteanlagen einschließlich 

Kühlräume zur Verfügung. 

Schwerpunkt 4: Integrierte Fassadetechnik 

und Fassadenautomation. Moderne 

Fassadensysteme sind aktive Systeme, 

die zunehmend gebäudetechnische 

Komponenten wie Lüftungsgeräte, 

Beleuchtungssysteme, Sonnenschutz- 

und Lichtlenksysteme enthalten. Diese 

gilt es, jedes Teilsystem für sich, aber 

insbesondere auch untereinander, abgestimmt 

auf die konkreten Nutzeranforderungen, 

zu automatisieren. Im 

Rahmen von FuE-Projekten wird eine 

offene, plattformunabhängige Funktionsbibliothek 

für Raum- und Fassadenautomationsfunktionen 

entwickelt 

und an einer am Institut vorhandenen 

Testfassade mit Testraum exemplarisch 

umgesetzt und getestet. 

Herr Koenigsdorff, Sie leiten das Institut 

für Gebäude- und Energiesysteme 

(IGE) an Ihrer Hochschule. Umreißen 

Sie bitte die Aufgaben, die sich dieses 

Institut gestellt hat und wo dessen 

Schwerpunkte liegen. 

Roland Koenigsdorff: Die Forschungsschwerpunkte 

des IGE liegen in den 

Bereichen klimagerechtes und energieeffi 

zientes Bauen, energieeffi ziente 

und wirtschaftliche Gebäudetechnik, 

Automatisierung, Energiemanagement, 

dezentrale thermische, elektrische und 

regenerative Energiesysteme sowie 

rationelle Energienutzung in Gebäuden 

und der Industrie. Entsprechend 

der Ausrichtung unserer Studiengänge 

Gebäudeklimatik und Energiesysteme 

stehen dabei Planung, Errichtung und 

Betrieb der Liegenschaften, Gebäude 

Prof. Koenigsdorff bei 

einer Führung im Technikum 

anlässlich der 

Ver anstaltung “13. Biberacher 

Forum Gebäudetechnik 

2012“ 

und Anlagen im Vordergrund, d. h. vor 

allem die systemischen Aspekte. Unsere 

Arbeiten erstrecken sich von wissenschaftlichen 

Beiträgen zur Entwicklung 

von Energie-, Gebäude- und Anlagenkonzepten 

über die Qualitätssicherung 

und wissenschaftliche Begleitung der 

Umsetzungsphase bis hin zu Monitoring 

und Betriebsoptimierung. Die 

Erarbeitung methodischen Wissens 

und die konkrete Umsetzung in der 

Praxis sind dabei grundsätzlich gleichrangig: 

Studien und theoretische Untersuchungen, 

Simulationen, Laborversuche, 

Feldmessungen und Erprobung 

werden vor Ort durchgeführt. Ziel ist 

damit „Angewandte Wissenschaft“ im 

Wortsinne: Wissen für die Anwendung 

schaffen und in die praktische Umsetzung 

bringen – mit dem Hauptschwerpunkt 

einer nachhaltigen Energienutzung 

und Energieversorgung. 

Und wie gelingt die Einbindung von 

Bachelor- und Masterstudierenden in 

die Forschungsprojekte? 

Martin Becker: Häufi g werden Studierende 

in FuE-Themen eingebunden, 

indem sie abgegrenzte Teilthemen im 

Rahmen ihrer Projekt- und Abschlussarbeiten 

an unserem Institut für Gebäude- 

und Energiesysteme untersuchen. 

Im Master-Studium bearbeiten 

die Studierenden z.B. im 2. Semester 

als individuelle Projektarbeit ein sog. 

Forschungsprojekt, das anschließend 

mit der Bearbeitung der Master-Thesis 

vertieft werden kann. Des Weiteren 

sind Studierende als wissenschaftliche 

Hilfskräfte in laufenden FuE-Vorhaben 

beschäftigt und können auf diese 

Weise bereits in einer frühen Studiumsphase 

interessante Einblicke in aktuelle 

Forschungsprojekte und -themen 

gewinnen. 

Roland Koenigsdorff: Darüber hinaus 

bieten wir im Masterkurs Gebäudekli- 

matik ein Seminar an, in welchem Mitarbeiter, 

Professoren und auch externe 

Gäste Vorträge über ihre Forschungstätigkeit 

halten. Dies sind weniger Übersichtsvorträge 

als vielmehr die Erläuterung 

konkreter Problemstellungen, des 

gegenwärtigen Lösungsstandes und 

noch offener Fragen. Die Studierenden 

greifen dann Teile bzw. Details einer 

ausgewählten offenen Fragestellung 

auf und leisten einen Lösungsbeitrag in 

Form einer Studienarbeit. 

Haben Sie den Eindruck, dass sich 

die Fördermöglichkeiten auf Ihren Gebieten 

aufgrund der „Energiewende“ 

in Deutschland verbessert haben? 

Martin Becker: In meiner Wahrnehmung 

haben sich in der Tat die Fördermöglichkeiten 

auf den Themengebieten 

Energieeffi zienz, Ressourcenschutz 

und erneuerbare Energien inkl. Energiespeicher 

in den letzten 1-2 Jahren 

deutlich erhöht. 

Roland Koenigsdorff: Für die Forschungsförderung 

nehme ich das genauso 

wahr. Allerdings nimmt auch 

gleichzeitig die Zahl der Akteure zu. 

Im weiten Bereich der Energieeffi zienz 

sehe ich dagegen nach wie vor eine 

Lücke beim Transfer von der Forschung 

in die Anwendung. Z. B. werden in vielen 

Gebäudemonitoring-Projekten z. T. 

identische Einsparpotenziale wieder 

und wieder identifi ziert. Aber 99,9 % 

Gebäude ohne Begleitforschung werden 

unverändert ineffi zient betrieben, 

dieselben Fehler werden weiterhin gemacht. 

Vielleicht führt an dieser Stelle 

der indirekte, langsamere Weg zum 

Ziel: die FuE-Ergebnisse in der Ausbildung 

der nächsten Generation von 

Ingenieurinnen und Ingenieuren zu 

vermitteln. Hoffen wir, dass dies nicht 

zu langsam ist. 

Ein anderes Thema: Gerade kleine 

Hochschulen wie die Ihre haben es sicher 

schwer im Wettbewerb einerseits 

mit den Universitäten, andererseits mit 

der Dualen Hochschule, dann aber 

auch mit den anderen Hochschulen für 

Angewandte Wissenschaften zu bestehen. 

Wie sehen Sie diesbezüglich die 

Zukunft der Hochschule Biberach? 

Martin Becker: Ich denke die Hochschule 

Biberach ist gut gerüstet für die 

Zukunft. Als ich 1999 an die Hochschule 

gekommen bin, hatten wir ca. 

1200 Studierende und 5 Diplom-Studiengänge. 

Aktuell haben wir ca. 2050 

Studierende und 15 Studiengänge (Bachelor 

und Master). Selbstverständlich 

sind kleine Hochschulen wie Biberach 


in einigen Punkten, wie z.B. der thematischen 

Breite, eingeschränkt. Anderseits 

ist es aus systemischer Sicht 

leichter, vergleichsweise kleine Organisationen 

an neue, sich veränderte 

bzw. sich verändernde Rahmenbedingungen 

anzupassen. Mit den neuen 

Studiengängen Energiesysteme, Energiewirtschaft 

und industrielle Biotechnologie 

ist die Hochschule Biberach 

dabei, sich im Bereich der Lehre im 

Themenfeld Energie ein neues, zukunftsweisendes 

Standbein aufzubauen. 

In unseren Studiengängen Gebäudeklimatik 

und Energiesysteme haben 

wir zudem fl exible Studienmodelle 

eingerichtet, die den individuellen Voraussetzungen 

der Studierenden besser 

gerecht werden. Schließlich starten wir 

zum kommenden Wintersemester neu 

das duale Studienmodell Gebäudeklimatik 

mit dem Kompetenzzentrum für 

Fassade und Ausbau, welches die Gesellenausbildung, 

Meisterausbildung 

und das Studium kombiniert. 

Roland Koenigsdorff: Im Bereich Forschung 

ist es für eine kleine Hochschule 

wie Biberach in der Tat zumindest quantitativ 

ungleich schwerer mit größeren 

Hochschulen mitzuhalten, da sich die 

Forschung, wie auch an anderen Hochschulen 

für Angwandte Wissenschaften, 

auf relativ wenige forschungsinteressierte 

Professoren be schränkt und 

auch die verfügbare Grundausstattung 

eher begrenzt ist. Dies reduziert zwar 

manche Möglichkeiten, aber nicht notwendig 

die Qualität der einzelnen Forschungsleistung. 

Ein Nachteil ist, dass 

bei vielen Bewertungssystemen – auch 

den monetären – die Quantität (der Einfachheit 

halber) stärker als die Qualität 

gewichtet wird. 

Wäre die Ausweitung des Promotionsrechts 

auf die Hochschulen für Angewandte 

Wissenschaften – zumindest 

auf forschungsstarke Bereiche – eine 

Lösung, die immer wieder beklagten 

Engpässe im akademischen Mittelbau 

zu überwinden? 

- 26 - 

Martin Becker: Den Engpass im akademischen 

Mittelbau sehe ich nicht gekoppelt 

an die Ausweitung des Promotionsrechts. 

Dies ist meiner Meinung 

nach eher eine Sache der Finanzierungsbasis 

und Haushaltsstellen. 

Eine generelle Ausweitung des Promotionsrechts 

auf alle Hochschulen 

halte ich auch nicht für sinnvoll und erstrebenswert. 

Vielmehr befürworte ich 

ein selektives Promotionsrecht für forschungsstarke 

Institute an Hochschulen 

bzw. ein personalisiertes Promotionsrecht 

für forschungsstarke Professoren 

mit nachgewiesenem Forschungsprofi l 

und Qualifi kation (Veröffentlichungen, 

Promotion) 

Roland Koenigsdorff: Das sehe ich 

genauso. 

Welche weiteren Desiderate sehen 

Sie in den Forschungsmöglichkeiten an 

den Hochschulen für Angewandte Wis- 

Abb. 2: Prof. M. 

Becker im MSR-Labor 

(Messen-Steuern-Regeln), 

ebenfalls bei 

der Ver anstaltung “13. 

Biberacher Forum Gebäudetechnik 

2012“ 

senschaften und welche Lösungsvorschläge 

hätten Sie parat? Oder anders 

gefragt: Was würden Sie sich an erster 

Stelle für die Hochschulforschung wünschen? 

Martin Becker: Die Forschung hat leider 

immer noch nicht den Stellenwert 

an den Hochschulen für Angewandte 

Wissenschaften, den sie verdient. 

Die Gleichstellung von Lehre und 

Forschung ist zwar im Landeshochschulgesetz 

verankert, stellt aber keine 

gelebte Realität dar. Der Aufwand 

und das Engagement der forschenden 

Kollegen werden leider häufi g nicht 

ausreichend gewürdigt. Anreize für 

Forschung und Technologietransfer 

und eine ausreichende Kompensation 

für die Leitung und Durchführung von 

FuE-Vorhaben sind noch nicht fl ächendeckend 

gegeben. 

Ein Lösungsansatz könnte eine bessere 

Ausstattung der Hochschulen mit 

Forschungsprofessuren sein; des wei- 

teren feste Stellen für einen akademischen 

Mittelbau an unseren Hochschulen, 

um die Forschung und den Technologietransfer 

inhaltlich und organisatorisch 

zu verstetigen und verstärkt 

unabhängig von konkreten Industrieprojekten 

und FuE-Förderprogrammen 

eigenen Forschungsideen nachzugehen 

und zu verwirklichen. 

Roland Koenigsdorff: Forschung und 

Innovation muss sich phasenweise 

auch ohne Druck entwickeln können. 

Es ist zwar eine Binsenwahrheit, aber 

eine wahre: Oft sind es die spielerischen, 

unerwarteten Seitenäste und 

vermeintlichen Irrwege, die langfristig 

weiterbringen. Die Ergebnisse müssen 

ja nicht gleich so lange einer Anwendung 

harren, wie bei der Erfi ndung des 

Stirling-Motors. 

Ich wünsche mir eine hinreichende 

Grundausstattung, wobei nicht unbedingt 

die Höhe der Grundausstattung, 

sondern die Kontinuität und Verlässlichkeit 

entscheidend sind. Dies könnte 

auch ein Teil der Forschungsförderung 

für Hochschulen für Angewandte Wissenschaften 

werden: Zur Projektförderung 

könnte man noch einen Finanzanteil 

freie FuE-Mittel geben, die zur 

freien Forschung verwendet werden 

können. Ähnlich wie bei innovativen 

Firmen, die ihren FuE-Mitarbeitern ein 

freies Zeitbudget für freie, zunächst 

nicht zweckgebundene Forschung geben. 

Warum sollte dies nicht auch für 

die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften 

möglich sein? 

Herr Prof. Becker, Herr Prof. Koenigsdorff, 

wir danken für das Interview. 

Kontakt 

Prof. Dr. Martin Becker, E-Mail: 

becker@hochschule-bc.de 

Prof. Dr. Roland Koenigsdorff, E-Mail: 

koenigsdorff@hochschule-bc.de 

Hochschule Biberach, Karlstraße 11, 

88400 Biberach 

www.hochschule-biberach.de/web/ige 


WiMBex - Entwicklung energieautarker funkbasierter Wasserzähler 

Axel Sikora, Rico Werner, Hochschule Offenburg 

In dem EU-Verbundprojekt WiMBex werden energieautarke funkbasierte Wasserzähler entwickelt. Dieser Beitrag berichtet 

über den Stand der Technik des so genannten Smart Metering im Allgemeinen und über die im Rahmen des Projekts 

bislang erreichten Ergebnisse im Speziellen. 

In the EU project WiMBex, energy 

autarkic wireless smart water meters are 

developed. This paper reports on the state 

of the art in wireless smart metering 

in general and on the project developments. 

Smart Meter und Fernauslesung 

Intelligente und vernetzte Energiezähler, 

so genannte Smart Meter, sind 

eine wesentliche Voraussetzung für 

eine effi ziente Nutzung unserer Energieressourcen, 

wie Strom, Gas, Wärme 

oder Wasser. Dies gilt insbesondere für 

die neuen Entwicklungen der verteilten 

Kleinerzeuger durch Photovoltaik 

oder kleine Blockheizkraftwerke, die 

aus den herkömmlichen Verbrauchern 

(Consumer) auch Produzenten (Producer) 

und damit so genannte Prosumer 

machen. Nur dann, wenn eine ausreichend 

feingranulare Beobachtbarkeit 

in den Verteilnetzen und bei diesen 

Prosumern gegeben ist, kann die Effi - 

zienz der Verteilung, der Einspeisung 

und des Verbrauchs beurteilt werden. 

Je nach Auslegung der Kommunikationsstruktur 

und der Anlagen können 

dann auch Gegenmaßnahmen (Zu- 

oder Abschalten von Erzeugern oder 

von Verbrauchern) ergriffen und eine 

geschlossene zeitnahe Regelung umgesetzt 

werden. 

Während die Fernauslesung von 

Verbrauchszählern im industriellen 

Umfeld schon seit Jahren und Jahrzehnten 

Stand der Technik ist, ist die 

Einbindung der Verbrauchszähler von 

privaten Haushalten erst in der jüngsten 

Vergangenheit in den Bereich des 

kommerziell grundsätzlich Möglichen 

gekommen. Im Zusammenhang mit 

dieser grundsätzlichen Möglichkeit ist 

gleichzeitig aber vor dem Hintergrund 

des skalierten Ausbaus von Funknetzen 

für die Kommunikation zwischen Maschinen 

(der so genannten Machineto-Machine-(M2M)-Kommunikation) 

auch eine Reihe von technischen Herausforderungen 

sichtbar geworden, die 

sich nicht nur, aber auch vor dem Hintergrund 

der kommerziellen Rahmenbedingung 

ergeben. Nur dann, wenn 

die Kosten für die zusätzlichen Infor- 

mationen und Funktionen ausreichend 

gering sind, lassen sich Effi zienzgewinne 

auf Systemebene erreichen. 

Bei der Kostenbetrachtung müssen 

natürlich neben den eigentlichen Gerätekosten 

auch die Betriebskosten 

berücksichtigt werden. Hierzu zählen 

zum Einen die Installations- als auch 

die Wartungskosten. 

Um die Installationskosten zu reduzieren, 

kommt in den meisten Fällen 

nur eine Funkübertragung in Frage. 

Diese muss ausreichend große Entfernungen 

stabil überbrücken können. 

Hierbei besitzen Routingprotokolle 

(Weiterleitungsstrategien) eine zentrale 

Rolle. Diese müssen auch dann noch 

hinreichend effi zient sein, wenn sich 

sehr viele Kommunikationsknoten in 

unmittelbarer Nachbarschaft befi nden 

und die Ressource des Funkkanals auslasten. 

Bei den Wartungskosten ist eine weitere 

Problematik, dass in vielen Fällen 

am Einbauort keine elektrische Energieversorgung 

zur Verfügung steht, so 

dass bislang häufi g batteriebetriebene 

Systeme eingesetzt wurden, woraus 

sich die lästige Notwendigkeit eines 

Batteriewechsels ergab. Ist dies für einen 

einzelnen Zählpunkt kaum ein Problem, 

so kann ein allzu häufi ger Batterietausch 

an allen installierten Zählern 

die wirtschaftliche Profi tabilität dieses 

Ansatzes wesentlich belasten. 

In diesem Zusammenhang ist auch 

die benötigte Skalierbarkeit der Systeme 

zu nennen, die die Inbetriebnahme, 

den Betrieb und die Verwaltung 

von mehreren 10.000 oder 100.000 

Funkknoten in unmittelbarer räumlicher 

Nähe ermöglicht. Eine weitere 

Voraussetzung beim Einsatz ist die 

Gewährleistung einer ausreichenden 

Sicherheit. 

Stand der Technik 

Die klassische Fernauslesung von 

Verbrauchszählern im industriellen 

Umfeld basiert meist auf einer direkten 

Modemverbindung (Punkt-zu-Punkt- 

Prof. Dr.-Ing. A. Sikora 

Dipl.-Ing. (FH) R. Werner 

Topologie). Diese Variante erscheint 

aber für eine feingranulare Kommunikation 

auf der Ebene einzelner Haushalte 

als weder kosten- noch energieeffi 

zient. Deswegen geht man typischerweise 

von einer hierarchischen Kommunikationsarchitektur 

mit mindestens 

den folgenden vier Bestandteilen aus: 

• Bei der Kommunikation zwischen 

Zähler und Gateway spricht man 

von der so genannten Primärkommunikation 

(Local Metrologic Network, 

LMN). Diese ist in Bezug auf 

das geplante Projekt relevant, weil 

über das Smart Meter Gateway der 

Zugriff auf die Elemente der Primärkommunikation 

gesichert werden 

muss. Hier fi nden bislang vor allem 

drei Arten von Protokollen Einsatz: 

o Proprietäre Protokolle, die sich 

historisch im Umfeld eines oder 

mehrerer Hersteller entwickelt haben. 


o Standardisierte Protokolle aus dem 

Umfeld der M-Bus-Familie gemäß 

EN13757 [1] [2]. Hierbei besitzt 

vor allem die unter Federführung 

zahlreicher deutscher Hersteller 

entstandene Open Metering Spezifi 

kation (OMS) [3] [4] eine besondere 

Bedeutung, da sie eine 

Einbindung in die gesamte Benutzungsumgebung 

unterstützt. 

Hierzu sind vor allem Funktionen 

für die Inbetriebnahme (Commissioning), 

das Beobachten (Monitoring) 

und die Pfl ege (Update) 

erforderlich. 

Die Arbeitsgruppe 1 (AG 1) der 

OMS-Gruppe beschäftigt sich insbesondere 

mit der Primärkommunikation. 

o Standardisierte Protokolle aus dem 

Umfeld der ZigBee-Familie [5] [6]. 

Insbesondere ist das ZigBee Smart 

Energy (ZSE) Profi le mit einer weit 

entwickelten Sicherheitsarchitektur 

zu nennen. 

• Die Sekundärkommunikation (Home 

Area Network, HAN) deckt die Kommunikation 

zwischen Gateway und 

Benutzer ab. Hier ist zum gegenwärtigen 

Zeitpunkt noch unklar, wie 

ausgeprägt diese Kommunikationsebene 

sein wird. Wenn der Benutzer 

im Wesentlichen auf die Datenbanken 

des Backend-Systems zugreift, 

käme die Tertiärkommunikation zum 

Einsatz. Im Sinne der Datensparsamkeit 

erscheint es sinnvoll, dass der 

Benutzer die im Gateway erhobenen 

Daten einsehen kann. Darüber hinaus 

dient das HAN Interface auch 

dem Zugriff auf steuerbare Lasten 

und Erzeuger (Controllable Local Systems, 

CLS). Allerdings spielen hier 

auch die Datensicherheit und die 

Zugangsregelungen eine wichtige 

Rolle. 

- 28 - 

Abb. 1: Elemente eines WiMBex-Zählers 

• Die Tertiärkommunikation (Wide 

Area Network, WAN) deckt die Kommunikation 

zwischen Gateway und 

den Datenbanksystemen im Ba ckend 

ab. In der Regel werden hierbei 

IP-basierte Technologien verwendet, 

um möglichst geringe Kosten und 

eine möglichst hohe Flexibilität zu 

erreichen. Durch die Verwendung 

der öffentlichen Ressourcen entstehen 

Risiken, die durch die Nutzung 

einer sicheren Plattform vermieden 

werden sollen. 

Um Missverständnisse zu vermeiden, 

sei darauf hingewiesen, dass sich die 

Smart-Grid-Anwendungen ohne die 

Nutzung öffentlich zugänglicher 

Ressourcen in keiner Weise rechnen 

würden. Entsprechend spielt der 

Schutz des Gateways und die Bereitstellung 

von sicheren virtuellen privaten 

Netzen (VPN) vor allem gegen 

Angriffe aus dem tertiären Netz eine 

zentrale Rolle. Dieser Themenstellung 

hat sich seit Anfang 2011 auch 

das Bundesamt für Sicherheit in der 

Informationstechnik (BSI) angenommen 

und einen Entwurf zum Schutzprofi 

l für die Kommunikationseinheit 

eines intelligenten Messsystems 

(„Protection Profi le for the Gateway 

of a Smart Metering System“), sowie 

den Entwurf der Technischen Richtlinie 

BSI-TR 03109 mit dem Titel „Anforderungen 

an die Interoperabilität 

der Kommunikationseinheit eines 

intelligenten Messsystems für Stoff- 

und Energiemengen“ erarbeitet. Diese 

Entwürfe sind gegenwärtig in der 

Kommentierungsphase und werden 

entsprechend lebhaft diskutiert. 

• Die Quarternärkommunikation beschäftigt 

sich mit der Kommunikation 

zwischen verteilten Backend-Systemen 

und hat keinerlei Bedeutung 

für dieses Projekt. 

Architektur 

In dem zweijährigen EU-Projekt 

WiMBex „wireless water meter reading 

solution based on the EN 13757 standard, 

providing high autonomy, interoperability 

and range”, das im Rahmen 

des siebten Rahmenprogramms der EU 

unter Fördernummer FP7-SME-2011- 

286753 gefördert wird, entwickeln 

die Projektpartner aus Spanien, Irland, 

Großbritannien, Ungarn und Deutschland 

kostengünstige Funkmodule für 

die primäre Kommunikationsebene, 

die ihre Energie durch kleine Generatoren 

aus dem Wasserfl uss und damit 

wartungsfrei gewinnen und sich automatisch 

vernetzen können. Hierbei 

wird auch auf das erst kürzlich freigegebene 

169 MHz-Frequenzband zurück 

gegriffen, das besonders gute Ausbreitungseigenschaften 

verspricht. 

Die Elemente der angestrebten Lösung 

sind in Abb. 1 dargestellt. 

Vorgehensweise 

Im Rahmen des WiMBex-Projekts 

wird eine Implementierung des Wireless 

M-Bus Protokolls erarbeitet, das 

in der europäischen Norm EN 13757 

standardisiert wurde und das über die 

Jahre hinweg um zahlreiche Varianten 

(Modi) und Zusatzfunktionalitäten 

erweitert wurde. Die WiMBex-Implementierung 

weist hierbei die folgenden 

Besonderheiten auf: 

• Es wird auf die in der EN 13757- 

5:2009 standardisierte Version zurück 

gegriffen, die den so genannten 

Q Modus des Protokolls für eine 

Zeitsynchronisation spezifi ziert. Die- 

Abb. 2: Hardware-Plattform für die Implementierung 

der WiMBex Plattform 


Abb. 3: UML Sequenzdiagramm für die direkte und die geroutete Kommunikation 

se Synchronisation ist eine wesentliche 

Voraussetzung für das gleichzeitige 

„Schlafen und Aufwachen“ der 

beteiligten Partnersysteme und damit 

für die energieeffi ziente Umsetzung. 

• Es wird das Routing implementiert, 

das im sogenannten P Modus spezifi 

ziert ist. Dieses erlaubt eine Weiterleitung 

im Sinne einer Baumtopologie 

unter Nutzung eines Source-Routing. 

Die Optimierung der Wegfi ndung ist 

eine wesentliche Neuentwicklung. 

Das Optimierungskriterium bei der 

Routenfi ndung setzt sich aus einer 

Kombination aus gespeicherter Energie 

und aus prädiktiver (erwarteter) 

Leistungseinspeisung zusammen. 

• Als Implementierungsgrundlage dient 

das Vorläuferprojekt SyncSen, in dem 

eine Hardware-Plattform erarbeitet 

wurde (vgl. Abb. 2) und das auf der 

Grundlage des Embedded Betriebssy- 

Abb. 4: UML Zustandsdiagramm für den Empfangsprozess 

stems TinyOS aufgebaut wurde. Diese 

Grundlage ermöglicht die spätere 

Bereitstellung einer komplett quelloffenen 

(Open-Source) Software. 

• Der Entwurf wird komplett modellbasiert 

durchgeführt. Beispielhafte 

Diagramme sind in Abb. 3 und 4 

gezeigt. Da der Entwurf vollständig 

in der für das Betriebssystem TinyOS 

spezifi schen prozeduralen Programmiersprache 

NesC umgesetzt wird, 

werden vor allem auf Sequenz- und 

Zustandsdiagrammen aufgebaut. 

• Systematisierte und automatisierte 

Tests bereits auf Modulebene erhöhen 

die Zuverlässigkeit der in der 

zweiten Projekthälfte geplanten Testinstallationen 

in dem Versorgernetz 

eines der Projektpartner in Irland. 

Dem Thema der Datensicherheit 

widmet sich ein paralleles Projekt, das 

im Rahmen einer ZIM-Förderung zum 

September 2012 gestartet wird und das 

sich mit der Umsetzung eines sicheren 

Smart Meter Gateqy 


Dr. Axel Sikora ist Professor für 

Embedded Systems und Kommunikationselektronik 

an der Hochschule 


Offenburg. Er ist seit vielen Jahren im 

Umfeld der Kommunikationstechnik 

u.a. für Smart Metering Anwendungen 

aktiv. Weitere Anwendungsfelder liegen 

im Bereich der Car-to-Car- und der 

industriellen Kommunikation. 

Dipl.-Ing. (FH) Rico Werner hat Erfahrungen 

im industriellen und im Forschungsumfeld 

gesammelt, insbesondere 

beim Einsatz verteilter embedded 

Systeme für Monitoring und Regelung 

von regenerativen Energieerzeugern. 

Er arbeitet seit Dezember 2011 an der 

Hochschule Offenburg. 

Danksagung 

Das WiMBex-Projekt wird von der Europäischen 

Kommission unter der Vertragsnummer 

FP7-SME-2011-286753 

gefördert. Das Projekt „Implementierung 

und Verifi kation eines sicheren, 

zertifi zierbaren und erweiterbaren Embedded 

Smart Meter Gateway“ wird 

vom Bundesministerium für Wirtschaft 

und Technologie (BMWi) unter der 

Projektnummer KF2471305ED2 gefördert. 

Die Projektpartner sind für diese 

Unterstützung dankbar. 

Literatur 

Projekte der Autoren im Umfeld: 

SyncSen http://syncsen.cric-projects. 

com/ 

WiMBex: http://www.wimbex.com 

ME³GAS: http://www.me3gas.eu 

DEMAX: http://www.vdivde-it.de/innonet/projekte/ae/in_pp199_DEMAX. 

pdf 

Weitere Veröffentlichungen der Autoren: 

A. Sikora, D. Lill, „Design, Simulation, 

and Verifi cation Techniques for Highly 

Portable and Flexible Wireless M- 

Bus Protocol Stacks“, ICSGCE 2012: 

26–28 October 2012, Hong Kong. 

A. Sikora, M. Schappacher, „Network 

Simulation of Wireless Metering 

Networks“, Embedded World Conference 

2012, 28.2.-1.3.2012, Nürnberg. 

D. Lill, A. Sikora, „Vernetzung von 

Zählern für den Massenmarkt: Protokolle, 

Produkte, Werkzeuge“, Sensoren 

und Messsysteme 2010, 15. 

ITG/GMA-Fachtagung, 18.-19. Mai 

2010, Nürnberg. 

D. Lill, A. Sikora, „Protocols for Smart 

Metering: ZigBee, Wireless M-Bus, 

OMS and beyond“, Embedded 

World Conference 2010, Nürnberg, 

2.-4.3.2010. 

Weitere Veröffentlichungen: 

[1] EN 13757: Communication systems 

for meters and remote reading of 

meters 

Part 1: Data exchange 

Part 2: Physical and link layer 

Part 3: Dedicated application layer 

Part 4: Wireless meter readout (Radio 

meter reading for operation in 

the 868 MHz to 870 MHz SRD 

band) 

Part 5: Communication systems for 

Auszeichnungen für Existenzgründung aus Forschungsprojekt 

(Hs Mannheim) Der Erfolg eines Forschungsprojekts 

misst sich nicht zuletzt 

auch daran, welche Beachtung ihm in 

der Öffentlichkeit zuteil wird und welche 

Umsetzungsmöglichkeiten bestehen. 

Das Projekt von Prof. Dr. Matthias 

Rädle, Hochschule Mannheim, „Entwicklung 

einer Maschine zur effi zienten 

Nachverstromung von Niedertemperaturabwärme 

in Blockheizkraftwerken“ 

kann diese Erfolge vorweisen. Inhaltlich 

ging es dabei um ein Konzept, aus 

Abwärme anderer Anlagen Strom zu 

generieren. Dabei wurde nicht auf teure 

Dampfturbinen gesetzt, sondern ein 

Turbolader aus dem Automobilbereich 

weiterentwickelt. Aus dem zunächst 

über das ZIM-Programm des BMWi 

geförderten Projekt entstand eine Ausgründung 

von vier Hochschulabsolven- 

- 30 - 

Abb.: Prinzip der aus dem 

Turbolaer entwickelten Turbine 

zur Stromgewinnung 

aus BHKWs 

ten, die weiterhin von Herrn Rädle unterstützt 

wird. Das junge Unternehmen 

mit dem Namen heat2power, welches 

sich die Entwicklung patentieren ließ 

und bereits erste Kunden akquierieren 

konnte, erhielt im Jahr 2012 gleich 

zwei Preise, nämlich den Prinz von 

meters and remote reading of meters 

[2] http://www.m-bus.com/mbusdoc/ 

default.html, The M-Bus: A Documentation 

Rev. 4.8, Chapter 2.3: 

“The OSI Reference Model” 

[3] h ttp://www.zvei.org/index. 

php?id=4731 

[4] Open Metering System Specifi cation, 

Volume 1: General Part, 

Volume 2: Primary Communication 

Volume 3: Tertiary Communication 

and MUC 

[5] http://www.zigbee.org/ 

[6] G. Kupris, A. Sikora, “ZigBee: Datenfunk 

mit IEEE802.15.4 und Zig- 

Bee“, 2007 Franzis Verlag GmbH, 

ISBN 978-3-7723-4159-5. 

Kontakt 

Prof. Dr.-Ing. Axel Sikora, Hochschule 

Offenburg, Fakultät Elektrotechnik + 

Informationstechnik, Badstraße 24, 

77652 Offenburg, Tel. 0781-205-416, 

axel.sikora@hs-offenburg.de 

Hohenzollernpreis und einen der start- 

2growpreis der Wirtschaftsförderung 

Dortmund für bundesweit einer der besten 

Business-Pläne. 

Kontakt: Prof. Dr. Matthias Rädle, 

m.raedle@hs-mannheim.de 


Unterstützung der Systemintegration verteilter Automatisierungssysteme durch Informationsfl 

ussverfolgung 

Silvije Jovalekic, Eugen Noak, Institut für Echtzeitsysteme und Softwaretechnik, Hochschule 

Albstadt-Sigmaringen 

Bei der Integration von verteilten Automatisierungssystemen treten Fehler auf, auch wenn die Komponenten fehlerfrei 

arbeiten. Automatisierte Testverfahren helfen Kommunikations- und Zeitverhaltensfehler zu entdecken. Die Testfälle für 

verteilte Systeme werden mit zeitbehafteten Ursache-Wirkungs-Graphen beschrieben. Bei der Ausführung von Testfällen 

wird der Informationsfl uss im verteilten Testobjekt verfolgt und auf Inhalt und Zeitbedingungen überprüft. Somit können 

fehlerhafte Knoten lokalisiert werden. Durch Verwendung der Systemstruktur-Information des Testobjektes wird die Informationsfl 

ussverfolgung erweitert. Mit symbolischen Testplandaten können die erfassten Nachrichten für den Tester verständlicher 

und auf einem höheren Abstraktionsniveau dargestellt werden. Die Fehlersuche wird durch neuartige Darstellungen 

des Busverkehrs wie Ereignisliste und Impulsdiagramm unterstützt. 

Qualitätssicherung durch Systemtest 

Vielfältige Möglichkeiten der Vernetzung 

in der Automatisierungstechnik 

steigern die Komplexität dieser Anwendungssysteme. 

Die fehlerfreie Auslieferung 

und eine qualifi zierte, kostengünstige 

Wartung sind für die Qualität 

solcher Produkte entscheidend. Durch 

formale Methoden alleine können 

Kommunikations- und Zeitverhaltensfehler 

nicht gefunden werden. Zur Sicherstellung 

der Qualität ist das Testen 

notwendig. Wegen der großen Anzahl 

der Testfälle wird die Testautomatisierung 

angestrebt. Bei verteilten Automatisierungssystemen 

werden graphische 

Methoden wie Sequenzdiagramme, 

Zustandsdiagramme oder Ursache- 

Wirkungs-Graphen sowie Skriptsprachen 

zur Formulierung der Testfälle 

eingesetzt. Die Verfolgung des Informationsfl 

usses im betrachteten System 

ermöglicht vertieften Einblick in das 

Testobjektverhalten. [1][2][3][4][5]. 

In diesem Betrag wird auf den 

White-Box Systemtest eingegangen. 

Dafür ist zusätzlich die Beschreibung 

der Systemstruktur des Testobjektes 

erforderlich. Die Informationsfl ussver- 

Abb. 1: Testobjekt mit dem Testfall “Bewegungsalarm” 

folgung wird auf die interne Struktur 

des Testobjektes erweitert, so dass die 

erfassten Informationen kontextabhängig 

ausgewertet und auf einer höheren 

Abstraktionsebene interpretiert werden 

können. Die entwickelten Verfahren 

und Werkzeuge werden am Beispiel 

eines Einbruchmeldesystems aus der 

Gebäudesicherungstechnik erläutert. 

Testmethoden für verteilte Automatisierungssysteme 

Eigenschaften von Testobjekten 

Im Folgenden wird die Klasse von 

Testobjekten mit diskreten Größen 

betrachtet. In Abb. 1 ist ein Testobjekt 

aus der Gebäudesicherungstechnik 

dargestellt. Es gliedert sich in ein oder 

mehrere zentrale Verarbeitungsknoten, 

die untereinander über schnelle Backbone-Busse 

verbunden sind. An den 

Feldbussen sind Bedienteile, Sensoren 

und Aktoren angeschlossen. Die Eingangsgrößen 

von den Sensoren (z.B. 

Bewegungsmelder) eignen sich für die 

Stimulation, die Ausgangsgrößen an 

die Aktoren (z.B. Sirenen) oder die Zustandsgrößen 

zwischen den Rechner- 

Prof. Dr. S. Jovalekic 

Dipl. Ing. (FH) E. Noak 

knoten (z.B. Busverkehr) eignen sich 

für die Beobachtung des Testobjektes. 

Je weiter oben das Bussystem in der 

Hierarchie angesiedelt ist, desto mehr 

steigt das Datenaufkommen und somit 

die erforderliche Bandbreite. Im Sensorbereich 

werden nur wenige Baud, 

im Backbonebereich werden mehrere 

MBaud übertragen. In der Interaktion 

mit dem Menschen liegen die Reaktionszeiten 

im 100ms Bereich, auch 

wenn die Kommunikation über mehrere 

Bushierarchien erfolgt. Besonders 

kritisch sind hier die Aktivitäten, die zu 

einem Fehlalarm oder schlimmer, zu 

einer fehlenden Alarmmeldung führen. 

Testplanung mit zeitbehafteten Ursache-Wirkungsgraphen 

Die Testfälle werden mit dem zeitbehafteten 

Ursache-Wirkung Graphen 


eschrieben. Die Kommunikationskanäle, 

Zeitbedingungen und die Ablaufstruktur 

ermöglichen die Beschreibung 

von Testfällen für diskrete verteilte 

Systeme. In Abb. 1 wird die Testplansprache 

an einem Beispiel aus der Gebäudesicherungstechnik 

erläutert. Das 

Testobjekt besteht aus einem Bewegungsmelder, 

einem Glasbruchmelder, 

einem Ausgangsmodul, einer Sirene 

und einer Lichtanzeige, die über den 

Feldbus, den internen Bus, das Sicherheitsnetzwerk 

und den Backbone mit 

der Einbruchmeldezentrale kommunizieren. 

Der Nachrichtenverkehr wird 

mit drei Messwerkzeugen erfasst. 

Die Starttestoperation »Bewegungsmelder« 

wartet auf die Nachricht 

»Bewegung« vom Kanal »Feldbus« 

- 32 - 

Abb. 2: Konzept der erweiterten Informationsfl ussverfolgung 

und die empfangenden Testoperationen 

»Einbruch« und »Lichtanzeige« 

warten jeweils auf die Nachrichten 

»Einbruch« und »Licht-ein« von den 

Kanälen »Backbone« und »Sicherheitsnetzwerk«. 

Für den erfolgreichen Testfall 

(PASS) soll die Nachricht »Lichtein« 

zum Zeitpunkt t

Abb. 4: Systemstruktur eines verteilten Systems 

nen der Identifi zierung des Moduls im 

Netzwerk und der Auswahl des Subfi 

lters bei der Protokollanalyse. Jedes 

Modul kann durch Verfeinerung mit 

weiteren Modulen und Verbindungen 

beschrieben werden. 

Die Verbindungen sind mit dem 

Namen und der Protokollidentifi kation 

gekennzeichnet. Das Protokoll der 

Abb. 5: Interpretation der Nachricht 

Verbindung dient zur Auswahl des 

Filterprogramms zur Protokollanalyse. 

Zusätzlich kann eine Verbindung die 

Beschreibung des angeschlossenen 

Messwerkzeuges enthalten. Eine Verbindung 

enthält die Module, die an 

ihr angeschlossen sind. 

Die Struktur des Testobjektes wird 

automatisch aus einer proprietären 

CAE Beschreibung generiert. Um die 

Verständlichkeit der Konfi guration zu 

erhöhen, können automatisch vergebene 

Namen vom Benutzer nachträglich 

angepasst werden. Abb. 3 zeigt 

die Beschreibung des im Abb. 1 dargestellten 

Ausschnitts des Einbruch- 

meldesystems. Die Systemstruktur wird 

hierarchisch aufgebaut mit der Verbindung 

„Backbone“ als Basis. Das abstrakte 

Modul „Einbruchmeldesystem“ 

stellt das gesamte System dar. Das 

Feldkoppelmodul interagiert mit dem 

System über den internen Bus. Der Bewegungsmelder, 

der Glasbruchmelder 

und das Ausgangsmodul sind über den 

Feldbus an das System eingebunden. 

Eine Besonderheit bei Gebäudesicherheitsanlagen 

ist eine große Anzahl 

und Vielfalt von Komponenten. 

So kann eine Anlage mehrere hundert 

gleichartige Bewegungsmelder enthalten. 

Jeden Bewegungsmelder der 

Anlage ausführlich zu beschreiben, 

würde zu einer großen und unübersichtlichen 

Konfi guration führen. Außerdem 

würde diese dann sehr viele 

redundante Informationen enthalten. 

Um diese Redundanzen zu vermeiden, 

wurden allgemeine Eigenschaften eines 

Moduls oder einer Verbindung in 

eine Bibliothek ausgelagert. Eine Komponentenbibliothek 

besteht aus mehreren 

benutzerdefi nierten Gruppen, 

z.B. „sensors“. Für die Module vom 

Typ „Bewegungsmelder_Typ1“ werden 

Verarbeitungszeiten im Intervall 100 

ms bis 300 ms angegeben. 

Abb. 4 stellt die Systemstruktur-Beschreibung 

in Form eines Hierarchiebaums 

dar. Die Attribute des ausgewählten 

Moduls oder der Verbindung 

werden angezeigt. Die Verarbeitungs- 

und Übertragungszeiten der Module 

und der Verbindungen werden bei 

den Plausibilitätsprüfungen während 

der Testplanung verwendet. Jede Komponente 

der Konfi guration bekommt 

einen Verweis auf den Eintrag in der 

Bibliothek, wie z.B. der Typ des Bewegungsmelders. 

Das zusätzliche Attribut 

„ref“ gibt den Pfad zu den Informationen 

in der Bibliothek an. 

Konfi gurationsabhängige Protokollanalyse 

Protokollanalysesprache 

Die erfassten Nachrichten werden in 

hexadezimaler Form in der Datenbank 

abgespeichert. Eine manuelle Analyse 

dieser Rohdaten ist sehr schwierig und 

zeitaufwendig. Aus diesem Grund werden 

die Rohdaten automatisch mittels 

Protokollanalyse in eine verständlichere 

Form transformiert und dargestellt. 

Die Struktur der Rohdaten ist vom 

Kommunikationskanal und dem angeschlossenen 

Teilnehmer abhängig. 

Um viele Möglichkeiten abzudecken, 

wurde eine allgemeine Protokollspezifi 

kationssprache in der Metasprache 

XML festgelegt und entwickelt. Die 

Sprache wurde so konzipiert, dass die 

Transformationsprogramme, sog. Filter, 

zur Umwandlung der Rohdaten in Fertigdaten 

mit wenig Programmierkenntnissen 

zu erstellen sind. Die Sprache 

enthält Elemente für Textdarstellung, 

bedingte Verarbeitung, komplexe Fallunterscheidung, 

Verweise, Schleifen 

und längenabhängige Verarbeitungen. 

Konfi gurationsabhängige Protokollanalyse 

Für jeden Teilnehmer wird ein Filter 

defi niert, der die empfangenen Nachrichten 

in eine lesbare Form transformiert. 

Bei Änderung des Anlagenkonfi 

guration muss ein neues Filter spezifi 

ziert oder ein vorhandenes Filter 

angepasst werden. Bei frei konfi gurierbaren 

Anlagen ist der Aufwand sehr 

groß. Abhilfe schafft eine konfi gurationsabhängige 

Protokollanalyse. Diese 


verwendet zusätzlich die herstellerspezifi 

sche Systemstruktur-Beschreibung 

der Anlage. 

Die empfangenen Nachrichten enthalten 

die Absenderadresse, aber keine 

Information über den Absender. In 

Abb. 5 ist die Interpretation von Rohdaten 

durch ein adressenabhängiges 

Filter dargestellt. Anhand der Adresse 

kann der Komponententyp aus der Systemstruktur-Beschreibung 

eindeutig 

identifi ziert werden. Die ermittelte Typidentifi 

kation der Komponente dient 

zur Auswahl des Subfi lters, das die 

Nutzdaten einer Nachricht dann in lesbarer 

Form darstellt. Abb. 6 zeigt die 

Benutzeroberfl äche mit der Nachrichtenliste 

und der benutzerdefi nierten 

Protokollanalyse einer ausgewählten 

Nachricht mit dem ermittelten Subfi 

lter. Die Nachrichtenliste kann nach 

Kanalnummer und benutzerdefi nierten 

Zeitbedingungen gefi ltert werden. 

Dokumentation der empfangenen Nachrichten 

Impulsdiagramm 

Ein Impulsdiagramm liefert durch 

graphische Darstellung einen besseren 

Überblick über die empfangenen 

Nachrichten, siehe Abb. 7. Dadurch 

soll die zeitbezogene Offl ine-Analyse 

in einem verteilten Echtzeitsystem 

erleichtert werden. Die einzelnen Impulse 

über der Zeitachse stellen die 

Nachrichten zwischen den Busknoten 

dar. Sie werden zeit- und kommunikationskanalabhängig 

dargestellt. 

Die Bedienelemente sind im oberen 

Bereich der Anwendung platziert. 

Die Messdaten werden durch die Anfangszeit 

und die Zeitdauer defi niert 

und aus der Datenbank geladen. Für 

jeden Kommunikationskanal wird 

eine neue Zeitachse erzeugt. Es wer- 

- 34 - 

Abb. 6: Protokollanalyse der empfangenen Nachrichten 

den Scroll- und Zoomfunktionen zur 

Verfügung gestellt. Beim Zoomen und 

Scrollen laufen die Koordinatenkreuze 

synchron zueinander. Im Beispieltestfall 

sendet der Bewegungsmelder die 

Nachricht »Bewegung« auf den Bus 

»Feldbus«. Die Einbruchmeldezentrale 

empfängt diese Nachricht und sendet 

die Nachricht »Einbruch« auf den Bus 

»Backbone«. 

Genaue zeitliche Beziehungen von 

Ereignissen zueinander in den Impulsdiagrammen 

bieten zusätzliche 

Diagnosemöglichkeiten an. Durch die 

graphische Ausgabe wird ein schneller 

Gesamtüberblick erreicht. 

Ereignisliste 

Mit der Systemstruktur-Beschreibung 

ist es möglich die Zusammenhänge 

zwischen den Informationen an verschiedenen 

Stellen im verteilten System 

zeitlich zu verfolgen und verständlich 

darzustellen. Diese Informationen werden 

tabellarisch als Ereignisliste dargestellt. 

Man benötigt dafür lediglich die 

Sende- und die Empfangsadresse der 

Abb. 7: Impulsdiagramm mit Nachrichten von zwei Kommunikationskanälen 

Nachrichten. Alle anderen Informationen 

werden der Systemstruktur-Beschreibung 

entnommen. Die Ereignisliste 

enthält die empfangenen Nachrichten 

mit zugehörigen Zeitstempeln 

innerhalb der Ursache-Wirkungs-Kette 

vom Ursprung (Sensor) bis zum Ziel 

(Aktor) der Verarbeitung. 

Die Spalte »Datum/Uhrzeit« in Abb. 

8 enthält den Zeitstempel. Die Spalte 

»Ereignis« enthält den natürlich 

sprachlichen Text zur Erläuterung der 

Nachrichtenübertragung. Das erste Ereignis 

sagt aus, dass das Modul »Bewegungsmelder« 

mit der Adresse 27 

eine Nachricht über das Modul »Stich 

C« und der Verbindung »Feldbus« an 

das Modul »Buskoppler« mit Adresse 

2 sendet. 

Zusammenfassung und Ausblick 

Der zeitbehaftete Ursache-Wirkungs-Graph 

bildet die Grundlage für 

das Verfahren »Informationsfl ussverfolgung«. 

Dabei wird der Informationsfl 

uss an verschiedenen Orten auf 

korrekten Inhalt und Zeitbedingungen 

überprüft. Das Verfahren »erweiterte 

Informationsfl ussverfolgung« betrachtet 

zusätzlich die interne Struktur des 

Test objektes. Diese wird durch Module 

und Verbindungen beschrieben. Die 

konfi gurationsabhängige Protokollanalyse 

der erfassten Nachrichten nimmt 

Bezug auf diese Strukturbeschreibung 

des Testobjektes und liefert Ergebnisse 

auf einem hohen Abstraktionsniveau. 

Statt kryptischer Bitfolgen werden dem 

Entwickler natürlich sprachliche Texte 

und graphische Darstellungen für die 

Fehlersuche zur Verfügung gestellt. 

Die empfangenen Nachrichten werden 

hierzu tabellarisch als Ereignisliste 

dargestellt. Die Impulsdiagramme wur- 


Abb. 8: Ereignisliste 

den zur Beurteilung des Zeitverhaltens 

und zur Identi� kation möglicher Fehler 

konzipiert. Diese Funktionen verbessern 

das automatische Testen von verteilten 

Echtzeitsystemen [10]. 

Danksagung 

Das Projekt wurde durch das Ministerium 

für Wissenschaft, Forschung 

und Kultur des Landes Baden-Württemberg 

gefördert. Die Honeywell Security 

Group stellte ein vernetztes Testobjekt 

zur Verfügung und arbeitete an der De- 

� nition und Veri� kation der Systemanforderungen 

für das dargestellte Testautomatisierungssystem. 

Wir danken Bernd Rist der Honeywell 

Security Group sowie Michael 

Burgbacher, Daniel Poganatz, Hatsada 

Soukchaleum, Lucas Bojarski, Björn 

Neuburger, Markus Poganatz, Vítor 

Fernández, Heinrich Grochowski, Stefan 

Müller, Tri Nguyen, Martin Freeck 

und Daniel Manski für ihre Arbeit am 

Entwurf und der Implementation des 

industriellen Prototyps des Testautomatisierungssystems. 

Literaturverzeichnis 

[1] Methods for Testing and Speci� cation 

(MTS); The Testing and Test 

Control Notation version 3; Part 1: 

TTCN-3 Core Language, ETSI ES 

201 873-1 V2.2.1 (2003-02), ETSI 

Standard. 

[2] DaimlerChrysler: Description of test 

language for HIL-test systems, Version 

3.1, 2004, company internal 

document. 

[3] Bender, K.; Pöschl, M.; Danzer, B.; 

Kausler, B.; Spiegelberger, B.; Ivanova, 

N.: TeComTestfallcompiler 

für den Funktionstest eingebetteter 

Systeme, Forschungsbericht Nr. 24 

/ 2006, Deutsche Forschungsgesellschaft 

für die Anwendung der Mikroelektronik 

e.V. (DFAM), Frankfurt, 

2006. 

[4] Lehmann, E.: Time Partition Testing: 

Systematischer test eingebetteter Sy- 

steme, Softwaretechnik-Trends 21: 

3, November 2001, S. 6-7. 

[5] Rist, B., Poganatz, D. und Jovalekic, 

S.: Testautomatisierung verteilter 

echtzeitfähiger Systeme basierend 

auf einer graphischen Testplanbeschreibung, 

in Haasis, Heinzl, 

Klumpp (Hrsg.), Aktuelle Trends in 

der Softwareforschung, doIT Software-Forschungstag 

2006, S 241- 

255, dpunkt.verlag 2006. 

[6] Jovalekic, S.; Burgbacher, M.: Testautomatisierung 

vernetzter Echtzeitsysteme 

- Unterstützung bei der Entwicklung 

und im Betrieb, horizonte 

29,Thum (Hrsg.), Dezember 2006, 

VMK Verlag für Marketing und Kommunikation 

GmbH & Co. KG, Mönsheim, 

S. 39-44, ISSN 1432-9174. 

[7] Gohr, K., Drath. R.: „Automatischer 

Aus Ideen 

Werte schaffen 

Datenaustausch von Prozessleittechnikfunktionen 

mit CAEX“, atp 

– Automatisierungstechnische Praxis, 

49, H. 5, S. 31–38, Oldenbourg 

In-dustrieverlag GmbH, München, 

2007. 

[8] Jovalekic, S.; Rist. B.: Test Automation 

of Distributed Embedded Systems 

Based on Test Object Structure 

Information, 25th Convention of 

Electrical and Electronics Engineers 

in Israel, Anthony J. Weiss (Hrsg.), 

IEEE 2008, S. 343-347. 

[9] Noak, E.; Jovalekic, S.; Rist, B.: Testen 

verteilter Automatisierungssysteme, 

atpedition 7-8/2011, S. 

38-44, Oldenbourg Industrieverlag 

München 2011. 

[10] Jovalekic, S.; Noak, E.; Rist, B.: STEVS 

- Systemstrukturbasierter Test von 

eingebetteten verteilten Systemen, 

Projektabschlussbericht 11/2010, 

Institut für Echtzeitsysteme und Softwaretechnik, 

Hochschule Albstadt- 

Sigmaringen, 35 Seiten. 

Kontakt 

Prof. Dr. Silvije Jovalekic, Hochschule 

Albstadt-Sigmaringen, Standort Albstadt, 

E-Mail: jovalekic@hs-albsig.de 

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Kreativschaffende setzen auf Kooperationen. Ergebnisse des Trendbarometers Kreativwirtschaft 

2012 

Martin Engstler und Holger Nohr, Hochschule der Medien Stuttgart 

Die Kreativwirtschaft ist in Baden-Württemberg eine der führenden Wirtschaftszweige, zu der allerdings bisher nur wenige 

Strategiestudien und Zukunftsprognosen verfügbar sind. Hier setzt eine neue Trendstudienreihe an, die im Rahmen 

des EU-EFRE-Projekts Netzwerk Kreativwirtschaft Baden-Württemberg im Institut für Kreativwirtschaft an der Hochschule 

der Medien in Zusammenarbeit mit der MFG Baden-Württemberg – Innovationsagentur des Landes für IT und Medien 

durchgeführt wird. Die soeben erschienene Studie Trendbarometer Kreativwirtschaft Baden-Württemberg 2012 (vgl. Engstler/Lämmerhirt/Nohr 

2012) – die erste im Rahmen der Erhebungsreihe – zeigt Einschätzungen der Unternehmen aus den 

Teilbranchen der Kreativwirtschaft zu aktuellen Handlungsfeldern und erwarteten Entwicklungstrends. Ausgewählte Ergebnisse 

werden im folgenden Beitrag vorgestellt. 

Begriff und Bedeutung der Kreativwirtschaft 

Der Begriff der Kreativwirtschaft 

(Creative Industries) beschreibt ein 

alternatives – und international etabliertes 

– Abgrenzungskonzept der 

Wirtschaftszweige. Hierunter werden 

diejenigen Kultur- und Kreativunternehmen 

erfasst, welche überwiegend 

erwerbswirtschaftlich orientiert sind 

und sich mit der Schaffung, Produktion, 

Verteilung und/oder medialen Verbreitung 

von kulturellen bzw. kreativen 

Gütern und Dienstleistungen befassen 

(vgl. Engstler/Nohr 2010, S. 1). 

Das Konzept der Creative Industries 

ist ursprünglich politisch motiviert. Es 

geht zurück auf die Etablierung einer 

neuen Wirtschafts- und Förderpolitik 

der britischen Labour-Regierung unter 

Tony Blair. Das neu geschaffene „Department 

of Culture, Media and Sport 

(DCMS)“ defi nierte die Creative Industries 

1998 als Kern einer postindustriellen 

Wirtschaft in Großbritannien und 

als Eckpfeiler einer entsprechenden 

Wirtschaftspolitik (vgl. Flew/Cunningham 

2010). Mit dieser Verbindung 

des kulturellen Sektors mit einer ökonomischen 

Perspektive entstand erstmals 

ein politisches Konzept, das die 

Kultur als relevanten Wirtschaftsfaktor 

aufgreift (vgl. Merkel 2008) und einem 

Massenkonsum zugänglich macht (vgl. 

Hartley 2007). 

Die Kreativwirtschaft ist kein homogener 

Wirtschaftszweig, sie setzt sich 

vielmehr aus einer Vielzahl eigentlich 

heterogener Branchen zusammen. Ihnen 

gemeinsam ist die individuelle 

Kreativität als Produktivkraft. In diesem 

Kontext werden geistige Schöpfungen 

bzw. geistiges Eigentum als Produkt der 

Kreativwirtschaft gehandelt. Manche 

Modelle sprechen daher von Copyright 

Industries (vgl. United Nations 2008). 

Die Unternehmen der Kreativwirtschaft 

erbringen vorwiegend kreative Dienst- 

- 36 - 

leistungen (häufi g in Kombination mit 

Produkten). Damit ist die Kundenintegration 

in den Prozess der Leistungserstellung 

ein zentrales Element (vgl. 

Engstler/Nohr/Sathkumara 2012). 

Das Konzept der Kreativwirtschaft 

bezieht sich häufi g auf Agglomerationen 

in urbanen Distrikten und kreative 

Milieus (vgl. Florida 2004; Merkel 

2008; Nohr/Engstler/Lämmerhirt 

2012). Damit sind Cluster der Kreativwirtschaft 

auf lokaler oder regionaler 

Ebene Gegenstand wirtschaftspolitischer 

Standort- und Förderkonzepte. 

Die Ergebnisse aus dem Trendbarometer 

liefern hierzu Ansatzpunkte. 

In einem Gutachten für das Bundesministerium 

für Wirtschaft und Technologie 

aus dem Jahre 2009 wird die in 

Deutschland gebräuchliche Einteilung 

der Kultur- und Kreativwirtschaft in 11 

Teilmärkten und Wirtschaftszweigen beschrieben. 

Dabei werden 9 Teilmärkte 

der Kulturwirtschaft (Musikwirtschaft, 

Buchmarkt, Kunstmarkt, Filmwirtschaft, 

Rundfunkwirtschaft, Markt für 

Darstellende Künste, Design wirtschaft, 

Architekturmarkt, Pressemarkt) um 2 

Kreativbranchen (Werbemarkt, Software/Games-Industrie) 

ergänzt (vgl. 

Söndermann et al. 2009, S. 23). Dieser 

Einteilung folgt die Untersuchung zum 

Trendbarometer Kreativwirtschaft. 

Kreativwirtschaft – ein wichtiger Wirtschaftsfaktor 

in Baden-Württemberg 

Baden-Württemberg ist bundesweit 

ein bedeutender Standort der Kultur- 

und Kreativwirtschaft (vgl. Buschmann 

2010). Der Wirtschaftszweig 

im Bundesland verzeichnete im Jahr 

2008 knapp 29.000 Unternehmen mit 

rund 210.000 Erwerbstätigen (davon 

131.000 sozialversicherungspfl ichtig 

Beschäftigte), die zusammen einen 

Umsatz von insgesamt 20,1 Mrd. Euro 

erwirtschafteten. Der Anteil der Er- 

Prof. H. Nohr 

Prof. Dr. M. Engstler 

werbstätigen an der Gesamtwirtschaft 

in Baden-Württemberg betrug im Jahr 

2008 3,8 % (vgl. Söndermann 2010, S. 

9-11). 

Besonders wichtige umsatz- und beschäftigungsstarke 

Bereiche sind die Verlagswirtschaft/Buch- 

und Presse markt 

(6,4 Mrd. Euro, 29.200 Erwerbstätige), 

Software/Games (5,8 Mrd. Euro, 68.600 

Erwerbstätige), Design, Architektur und 

Kunstmarkt (3,7 Mrd. Euro; 36.900 Erwerbstätige) 

sowie der Werbemarkt (3,4 

Mrd. Euro, 18.400 Erwerbstätige) (vgl. 

Buschmann 2010, S. 43). 

Um dieses Wachstumspotential weiter 

voranzubringen wurde im Jahr 2011 

ein landesweites Netzwerk Kreativwirtschaft 

gegründet, das im Rahmen des 

EFRE-Programms der EU und vom Fi- 


Abb. 1: Struktur der Teilbranchen in Baden-Württemberg und Erhebungsfeld 

Abb. 2: Herausforderungen 2012 

nanz- und Wirtschaftsministerium des 

Landes Baden-Württemberg gefördert 

wird. Ziel dieses Netzwerks ist es, die 

Teilbranchen besser zu vernetzen, Synergien 

innerhalb der digitalen Wertschöpfungsketten 

zu nutzen und den 

Südwesten als einen der führenden 

Kreativ- und IT-Standorte zu positionieren. 

Durchführung der Studie 

Die empirische Grundlage des Trendbarometers 

bildet die Umfrage bei Unternehmen 

der Kreativwirtschaft, die 

im Zeitraum von Mitte Oktober bis 

Ende Dezember 2011 durch die Hochschule 

der Medien durchgeführt wurde. 

Die Beantwortung erfolgte anhand 

eines strukturierten Fragebogens, der 

unter Einsatz eines Online-Befragungstools 

von den Teilnehmern ausgefüllt 

wurde. Der Fragebogen umfasste einen 

Block mit statistischen Fragen zur Teilnehmerstruktur 

sowie vier inhaltliche 

Themenblöcke zur Kreativwirtschaft in 

Baden-Württemberg. 

Das Untersuchungsfeld schließt 

Kreativunternehmen aller 11 Teilbranchen 

der Kreativwirtschaft mit Sitz in 

Baden-Württemberg ein. Die Ansprache 

erfolgte auf Basis einer gezielten 

Stichprobenauswahl von 800 Kreativunternehmen 

aller Teilbranchen, 

ergänzt durch ein Direktmailing mit 

1.500 Kontakten der MFG Innovationsagentur 

für IT und Medien sowie durch 

die Ansprache registrierter Teilnehmer 

in themenaffi nen Gruppen in den sozialen 

Netzwerken XING und Facebook. 

Insgesamt konnten 297 gültige Antwortbögen 

ausgewertet werden. Ein 

Vergleich der Teilnehmerstruktur des 

Trendbarometers Baden-Württemberg 

mit den Strukturdaten der Unternehmen 

nach Teilbranchen der Kreativwirtschaft 

in Baden-Württemberg (vgl. 

Söndermann 2010, S. 16, Vergleichsaspekt 

war die Anzahl der Unternehmen 

in den Teilbranchen) zeigt eine weitgehende 

strukturelle Übereinstimmung 

der Stichprobe (siehe Abb. 1) und untermauert 

die Qualität der ableitbaren 

Aussagen. Auch die Einschätzungen 

der Teilbranchen der Kreativwirtschaft 

weisen eine weitgehende Kohärenz 

auf. 

Kundengewinnung und Leistungsdifferenzierung 

als größte Herausforderungen 

An erster Stelle der wettbewerbsorientierten 

Herausforderungen (siehe 

Abb. 2) nennen 60 % der Kreativunternehmen 

vor allem den steigenden Aufwand 

zur Kundengewinnung. Zudem 

beklagen 43 % den zunehmenden 

Preiswettbewerb für Kreativleistungen. 

Einen steigenden Innovationsdruck 

nennen 30 %. Im Wettbewerb müssen 

sich die etablierten Kreativunternehmen 

an der Kreativität junger Kreativschaffenden 

messen lassen, die mit 

neuen Ideen und auch attraktiven Einstiegspreisen 

ihren Markt einstieg forcieren 

wollen. Um sich im Wettbewerb 

durchzusetzen, bedarf es eindeutiger 

Differenzierungsmerkmale, die eine 

hohe Leistungsqualität und Innovationskraft 

verdeutlichen. Etablierte Kreativunternehmen 

müssen daher auch 

junge Kreativunternehmen als mögliche 

Kooperationspartner adressieren, 


die ihrerseits über die Kooperationen 

Zugang zu Märkten sowie die Erschließung 

neuer Finanzierungsquellen erhalten. 

Die kooperative Vernetzung 

bietet somit weitreichende Chancen, 

sowohl für etablierte Kreativ-unternehmen 

als auch für Gründer. 

Neue Leistungsangebote und Zielgruppenerschließung 

durch Kooperationen 

Den hohen Wettbewerbsanforderungen 

wollen 59 % der Kreativunternehmen 

mit neuen Leistungsangeboten 

begegnen, 49 % wollen hierzu ihre 

Kooperationen gezielt ausbauen (siehe 

Abb. 3). Die hohe Zahl der Nennungen 

deutet darauf hin, dass Kooperationen 

einerseits zur Erschließung fachlicher 

Kompetenzen für neue Produkte notwendig 

sind. Andererseits lassen sich 

in kleinen Unternehmen, wie sie in 

der Kreativwirtschaft typisch sind, zusätzliche 

Kompetenzen nur schwer mit 

wirtschaftlich vertretbarem Aufwand 

aufbauen. Durch Netzwerke können 

somit auch kleine Kreativunternehmen 

als Full-Service-Anbieter am Markt auftreten 

und dabei bedarfsorientiert ein 

passendes Kompetenznetzwerk bilden. 

In der Frage nach den wichtigsten Kooperationsmotiven 

steht daher auch 

der Aspekt des Ausbaus der eigenen 

Leistungen an erster Stelle, gefolgt vom 

Motiv der Erschließung neuer Zielgruppen 

durch Partner (siehe Abb. 4). 

- 38 - 

Abb. 3: Maßnahmen 2012 

Es muss eine Win-win-Situation für die 

kooperierenden Partner vorliegen, die 

z. B. durch ergänzende Leistungsprofi le 

und damit Kundenzugänge begründet 

sein kann. Ähnliche Erwartungen stekken 

hinter den Kooperationsmotiven 

der besseren Sichtbarkeit im Markt, die 

jeder dritte Studienteilnehmer als wichtig 

bewertet. Erfolgreiche Kooperationen 

sind geprägt von einer soliden Vertrauensbasis, 

die mit nahezu gleicher Zahl 

an Nennungen durch gute Erfahrungen 

Abb. 4: Motive für Kooperationen 

und den guten persönlichen Beziehungen 

geprägt sind, erst an dritter Stelle 

folgt der Aspekt der Kompetenzen und 

Erfahrungen des Partners. 

Kreativunternehmen präferieren fl exible 

Beschäftigungsstrukturen 

Die Kreativunternehmen wollen sich 

auch künftig einen hohen Grad an kapazitiver 

Flexibilität erhalten. Die Möglichkeiten 

hierzu bieten sowohl fl exible 

Beschäftigungsverhältnisse unter der 

Annahme, dass diese von den Fachkräften 

akzeptiert werden, als auch die 

Möglichkeit des Rückgriffs auf Kompetenzen 

und Kapazitäten von Partnerunternehmen. 

So gehen rund 91 % 

der Teilnehmer davon aus, dass in den 

Kreativbranchen künftig überwiegend 

atypische Arbeitsverhältnisse geschaffen 

werden (siehe Abb. 5), z. B. fl exible 

oder zeitlich befristete Arbeitsverhältnisse, 

bzw. die Mitarbeiter unsichere Arbeitsverhältnisse 

wie z. B. Werkverträge 

akzeptieren müssen, die den Arbeitgebern 

eine hohe Flexibilität hinsichtlich 

der Personalkosten bieten (z. B. rein 

auftragsbezogene Beschäftigung). Hier 

treten die Schattenseiten zutage, denn 

ein nicht geringer Teil der Beschäftigten 

der Kreativwirtschaft lebt in prekären 

Beschäftigungsverhältnissen. 

Kreativbranchen müssen ihren Weg in 

die Zukunft gestalten 

Aus den Ergebnissen der Studie lässt 

sich erkennen, dass die Unternehmen 

der Kreativwirtschaft auf die erkann- 


Abb. 5: Erwartete Beschäftigungswirkungen in den Kreativbranchen 

ten Herausforderungen bereits jetzt 

mit Entwicklungen reagieren, die, im 

Lichte der zukunftsrelevanten Fragen 

betrachtet, in den kommenden Jahren 

noch deutlicher fokussiert werden 

müssen. Alle Teilbranchen weisen ein 

hohes Maß an Leistungsfähigkeit und 

Marktbewusstsein auf. Allerdings sehen 

sich nur 44 % der Unternehmen 

auf die kommenden Herausforderungen 

gut oder sehr gut vorbereitet. 

Die Kleingliedrigkeit der Unternehmensstrukturen 

in den Teilbranchen 

erschwert eine deutlichere Sichtbarkeit 

der Kreativwirtschaft im Markt, 

die durch Kooperationen zumindest 

teilweise ausgleichbar ist. Die lose 

Kopplung der Akteure in der Kreativwirtschaft 

erscheint in zweierlei Hinsicht 

als strukturprägendes Merkmal. 

Zum einen spielt die kooperative Vernetzung 

der Unternehmen eine strategische 

Rolle, sowohl bei den Leistungsangeboten 

als auch beim Zugang zu 

neuen Märkten. Zum anderen prägen 

die besonderen Beschäftigungsverhältnisse 

und der Umgang mit schwankenden 

Kapazitäten die Unternehmen und 

führen dazu, dass Nachwuchskräfte 

oftmals den Weg in die Selbstständigkeit 

suchen, da sichere Beschäftigungsverhältnisse 

für Kreativschaffende oft 

schwer erreichbar sind. Fast jedes vierte 

Unternehmen (23 %) sieht daher bereits 

jetzt im Mangel an qualifi ziertem 

Fachpersonal ein Problem. 

Es zeigt sich die Tendenz zur unverbindlichen 

Organisation, bei der die 

Flexibilität als Maxime gilt. Die Umsetzung 

dieser Ausprägungsformen 

von Flexibilität erfordert strategische 

Grundsatzentscheidungen und ein systematisches 

Management, das nicht 

aus Spontanhandlungen und ad-hoc- 

Bedarfen gesteuert wird. 

Mit Kooperationsnetzwerken etabliert 

die Kreativbranche bereits heute 

eine Handlungsstrategie, mit der sie 

sich auf die wandelnden Märkte fl exibel 

anpassen kann. Das Eingehen 

neuer Partnerschaften sowie die Integration 

wechselnder Mitarbeiter muss 

in einem geübten Prozess beherrscht 

werden. Grundlagen und Erfahrungen 

hierzu sind in den Kreativunternehmen 

vorhanden, das Projekt Zukunft kann 

darauf aufgebaut werden. 

Informationen 

Die Studienreihe Trendbarometer 

Kreativwirtschaft Baden-Württemberg 

wird jährlich erhoben. Eine Fortschreibung 

erfolgt 2013 mit neuen aktuellen 

Schwerpunktthemen. Das Trendbarometer 

wird im Rahmen des von der EU 

geförderten Netzwerks Kreativwirtschaft 

Baden-Württemberg durchgeführt. Link 

zum Netzwerk Kreativwirtschaft Baden-Württemberg:http://kreativnetzwerk.mfg.de/de 

Interessenten kön nen 

die vollständige Studie auf der Homepage 

des Instituts für Kreativwirtschaft 

kostenlos als PDF-Datei herunterladen: 

http://institut-kreativwirtschaft. 

blogspot.de/2012/07/trendbarometerkreativwirtschaft-2012.html 

Literatur 

1. Buschmann, B. (2010): Grundlagen 

moderner Wirtschaftsförderung: 

Wirtschaften im Zeichen von Kreativität 

und Innovation, in: Habbel, 

F.-R./Huber, A. (Hrsg.): Wirtschaftsförderung 

2.0: Erfolgreiche Strategien 

der Zusammenarbeit von Wirtschaft, 

Verwaltung und Politik in 

Clustern und sozialen Netzwerken. 

Boizenburg: VWH, S. 27-54 

2. Engstler, M./Lämmerhirt, J./Nohr, H. 

(2012): Trendbarometer Kreativwirtschaft 

Baden-Württemberg 2012: 

Ergebnisse einer Befragung von 

Kreativschaffenden. Stuttgart: Kohlhammer 

3. Engstler, M./Nohr, H. (2010): Zukunft 

der Verlagsbranche. Berlin: 

Logos 

4. Engstler, M./Nohr, H./Lämmerhirt, J. 

(2012): Standortfaktoren für Verlage, 

in: MedienWirtschaft 9 (2012) 1, S. 

12-23 

5. Engstler, M./Nohr, H./Sathkumara, 

S. (2012): Collaborate with Your 

Customers! Open innovation in 

creative media services, in: Riekert, 

W.-F./Simon, I. (Hrsg.): BOBCATSSS 

2012 – Information in e-motion. 

Proc. BOBCATSSS 2012, 20th Int. 

Conf. on Information Science, Amsterdam, 

23-25 January 2012. Bad 

Honnef: Bock+Herchen, S. 111- 

115 

6. Flew, T./Cunningham, S.D. (2010): 

Creative Industries After the First Decade 

of Debate, in: The Information 

Society 26 (2010) 2, S. 113-123 

7. Florida, R. (2004): The Rise of the 

Creative Class. New York: Basic 

Books 

8. Hartley, J. (2007: Creative Industries, 

in: Hartley, J. (Hrsg.): Creative 

Industries. Malden M.A.: Blackwell, 

S. 1-40 

9. Merkel, J. (2008): Kreativquartiere: 

Urbane Milieus zwischen Inspiration 

und Prekariat. Berlin: Edition 

Sigma 

10. Söndermann M. (2010): Datenreport 

2010 zur Kultur- und Kreativwirtschaft 

Baden-Württemberg: 

Eckdaten, Strukturen und Trends. 

Landtag von Baden-Württemberg, 

14. Wahlperiode, Drucksache 14 / 

6918 

11. Söndermann, M./Backes, C./Arndt, 

O./Brünink, D. (2009): Kultur- und 

Kreativwirtschaft: Ermittlung der gemeinsamen 

charakteristischen Defi 

nitionselemente der heterogenen 

Teilbereiche der Kulturwirtschaft 

zur Bestimmung ihrer Perspektiven 

aus volkswirtschaftlicher Sicht. Forschungsgutachten 

im Auftrag des 

Bundesministeriums für Wirtschaft 

und Technologie. Berlin: BMWi 

(Forschungsbericht Nr. 577) 

12. United Nations (2008): Creative 

Economy Report 2008 – The Challenges 

of Assessing the Creative 

Economy: towards Informed Policymaking. 

UNCTAD/DITC 

Kontakt 

Prof. Dr. Martin Engstler, E-Mail: engstler@hdm-stuttgart.de 

Prof. Holger Nohr, E-Mail: nohr@hdmstuttgart.de 

Hochschule der Medien Stuttgart, Institut 

für Kreativwirtschaft, Wolframstraße 

32, 70191 Stuttgart, www.institutkreativwirtschaft.de 


Kooperationen: mit Patenten im Vorteil. Reutlinger Erfi ndung für Chromosomentypisierung 

wird in FHProFunt-Projekt Karyospec weiterentwickelt 

Regina Kratt, freie Mitarbeiterin des Technologie-Lizenz-Büros, Karlsruhe 

Erfi ndungen aus Universitäten und Hochschulen befi nden sich zumeist in einem frühen Entwicklungsstadium und sind noch weit von 

einem marktreifen Produkt entfernt. Im Rahmen von Förderprogrammen werden sie in Kooperationen mit Industriepartnern weiterentwickelt, 

um so für Produzenten attraktiver zu werden. Am Beispiel der Erfi ndung von Professor Dr. Rudolf Kessler aus der Hochschule Reutlingen 

wird deutlich, welche Rolle Patente für die Zusammenarbeit mit anderen Hochschulen und Industriepartnern spielen. Dr. Andrea Nestl 

vom Technologie-Lizenz-Büro (TLB) in Karlsruhe gibt Statements aus ihrer Sicht als Innovationsexpertin. 

TLB managt Patentierung und übernimmt 

Kosten für Folgepatent 

Der Chemieprofessor Rudolf Kessler 

hat mit seiner Arbeitsgruppe am Reutlingen 

Research Institute der Hochschule 

Reutlingen ein neues markierungsfreies 

Verfahren zur Charakterisierung 

von Chromosomen (Karyotypisierung) 

und damit auch zur Früherkennung 

von Erbkrankheiten entwickelt. Beim 

so genannten „markerfreien Imaging“ 

von Chromosomen werden die bisherigen, 

fehleranfälligen Färbemethoden 

zur Chromosomencharakterisierung 

durch eine direkte und sichere Vermessung 

der spektralen Interferenz ersetzt. 

In Verbindung mit der UV- und 

Raman Spektroskopie kann sogar auch 

noch die chemische Zusammensetzung 

gleichzeitig ermittelt werden. Die 

Technik kann sehr einfach und kostengünstig 

in die bestehende mikroskopische 

Infrastruktur eines Labors integriert 

werden. Darüber hinaus wurde 

ein neues Verfahren entwickelt, wo die 

Chromosomen auch im sogenannten 

optischen Nahfeld vermessen werden, 

also jenseits der Beugungsbegrenzung. 

Damit lassen sich Substrukturen und 

einzelne DNA Stränge in der Größenordnung 

von 30 bis 50 Nanometer mit 

hoher Aufl ösung untersuchen. 

„Nicht nur Erbkrankheiten können 

erkannt, sondern beispielsweise auch 

Tumore mit der Methode der Streulichtspektroskopie 

genauer typisiert 

und damit gezielter behandelt werden. 

- 40 - 

Die Erfi ndung lässt sich universell im 

Pharmabereich, der Diagnostik und in 

der Forschung bei der Untersuchung 

von biologischen Präparaten wie etwa 

in der Alzheimerforschung anwenden “, 

so Dr. Andrea Nestl, die als Innovationsmanagerin 

die Erfi ndung bei der 

TLB GmbH betreut. TLB hat die Erfi ndung 

2009 im Auftrag der Hochschule 

Reutlingen zum Patent angemeldet. 

Kürzlich hat das Deutsche Patentamt 

das Prioritätspatent für die Kessler`sche 

Erfi ndung erteilt. Patentanmeldungen 

für weitere Länder sind hinterlegt. 

Die Patentierung schafft eine solide 

Basis für kommerzielle Verhandlungen 

mit potentiellen Lizenznehmern. 

„Wir sehen für dieses neue Verfahren 

mit klarem Anwenderbezug sehr gute 

Marktchancen. Schließlich wies der 

Weltmarkt 2010 für Optische Technologien 

ein Produktionsvolumen von 

250 Milliarden Euro auf. Der deutsche 

Anteil am Weltmarkt beträgt gut neun 

Prozent, bei einer Exportquote von 

knapp 70 Prozent“, so Dr. Nestl. Derzeit 

bereitet Professor Kessler ein Folgepatent 

vor, für das TLB dann auch die 

Patentierungskosten übernimmt. 

Kooperation für den nächsten Meilenstein 

Um die Erfi ndung weiter in Richtung 

Marktreife voranzubringen, wird im 

Rahmen des BMBF-geförderten Forschungsprogrammes 

„Karyospec“ ein 

Prototyp zur automatisierten Charakterisierung 

menschlicher Chromosomensätze 

entwickelt. Man erhofft dabei 

über die zuverlässige, reproduzierbare 

Typisierung von Chromosomen hinaus 

eine breitere Anwendbarkeit der Methode 

bei der Aufklärung von Strukturen 

in der Medizintechnik und der 

Biotechnologie. Das Ergebnis der Kooperation 

wird 2013 auf der Hannover 

Messe zu sehen sein. 

Mit dem vom BMBF geförderten Karyospec-Programm 

haben sich kompetente 

Partner aus der Forschung und 

Industrie zusammengefunden. So konzipiert 

die Arbeitsgruppe von Prof. Peter 

Väterlein, Prorektor der Hochschule 

Esslingen, eine spezielle Software für 

die Steuerung und komplexe Datenanalyse 

des hyperspektralen Imaging 

Systems. Das Institut für Lasertechnologien 

in der Medizin und Meßtechnik 

an der Universität Ulm bringt unter der 

Leitung von Dr. Martin Udart die biologischen 

Proben und das entsprechende 

Know-how der üblichen Karyotypisierung 

ein. Die Industriepartner sind Spezialisten 

für die jeweils verschiedenen 

Komponenten des Imaging Systems. 

So entwickeln die Unternehmen Polytec 

und J&M gemeinsam ein RAMAN 

Spektrometer, das preisgünstig in das 

Mikroskop integriert werden kann und 

die Charakterisierung der chemischen 

Zusammensetzung übernimmt. Innospec 

ist als Spezialist für die verwendete 

sogenannte Pushbroom Imaging 

Technologie zuständig und die Carl 

Abb. 1: Gezeigt ist auf der linken Seite des Bildes 

die klassische GTG Bänderung eines Chromosoms 

zusammen mit der spektralen Charakterisierung 

des gefärbten Chromosoms. Der so 

genannte Scoreplot visualisiert das mathematische 

Ergebnis nach multivarianter Datenanalyse. 

Man kann so Unterschiede und Ähnlichkeiten 

in den Informationen visualisieren. 

Auf der rechten Seite des Bildes sieht man die 

markierungsfreie spektrale Charakterisierung 

(über Streulichtinterferenz) eines Chromosoms 

und sein „spektrales Karyogramm“, das man 

in sehr kurzer Zeit und ohne Anfärbung erhält. 

Gezeigt ist hier nur die erste Komponente der 

spektralen Information. 


Zeiss AG ist als Mikroskopiespezialist 

und Medizintechnikexperte im Konsortium 

vertreten. 

Patente bieten Sicherheit 

Im Zusammenhang mit dieser Kooperation 

bildet die Reutlinger Patentfamilie 

eine solide und sichere Grundlage, 

um sich gegenüber Geschäftspartnern 

zu öffnen und sich auf eine Zusammenarbeit 

mit weiteren Instituten und 

Unternehmen aus der Wirtschaft einzulassen. 

Der Schutz der eigenen Ergebnisse ist 

für die Akquisition neuer FuE-Projekte 

sowie für die Drittmitteleinwerbung 

grundsätzlich von großer Bedeutung. 

„Das Patent sichert die wirtschaftliche 

Verwertbarkeit der betreffenden 

Innovation für die Erfi nder und deren 

Hochschule und schafft für alle Beteiligten 

eine klare Basis für weitere Investitionen 

– auch für zukünftige Projekte“, 

erklärt Dr. Nestl. 

Bei industrieller Nutzung und wirtschaftlicher 

Verwertung sichert der 

Patentschutz den Hochschulen und 

Erfi ndern über Lizenzeinnahmen zu- 

sätzliche fi nanzielle Ressourcen. Das 

kann sich für die Beteiligten durchaus 

lohnen, schließlich sind die Erfi nder 

per Arbeitnehmererfi ndergesetz mit 30 

Prozent an den Erlösen beteiligt. 

Klarheit durch Patentschrift 

Darüber hinaus bringt eine Patentanmeldung 

weitere Vorteile mit sich. 

Eine Patentanmeldung zwingt dazu, 

eine Idee auf den Punkt zu bringen 

und ihr eine ganz bestimmte nutzbare 

Form zu geben. „Das Formulieren erfordert 

eine intensive Kommunikation 

zwischen Erfi ndern, Innovationsmanagern 

und Patentanwälten, die wir von 

extern hinzuziehen“, so Dr. Nestl. „So 

stellen wir eine qualitativ hochwertige 

Patentschrift sicher. Mit Patenten lässt 

sich die eingebrachte Leistungen von 

Projektpartnern defi nieren und klar 

von der Weiterentwicklung innerhalb 

einer Kooperation abgrenzen“. 

Gütesiegel für weitere Förderung 

Durch Patente steigen nicht nur 

Bekanntheit und Renommee des einzelnen 

Forschers sondern auch der 

„Nur ein Patent weist nach, dass man bei einer Erfi ndung wirklich der erste war“ 

Erfahrener Erfi nder und Forscherpartner der Industrie 

Dr. Rudolf Kessler ist Professor der Chemie an der Hochschule in Reutlingen und besitzt 

bereits zahlreiche Patente, welche in Zusammenarbeit mit der Industrie entstanden sind. Er 

ist derzeit Leiter des Bereiches Prozessanalytik des Reutlingen Research Institutes. 

Nach dem Studium der Chemie und einer Doktorarbeit über Spektroskopie an Oberfl ächen 

arbeitete er mehrere Jahre in der Grundlagenforschung bei Mercedes Benz in Stuttgart. 

Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der optischen Spektroskopie in Verbindung 

mit der multivariaten Datenanalyse. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Spektrale Imaging 

und die Nahfeldspektroskopie. In den letzten 20 Jahren hat er zahlreiche online 

Systeme in der Industrie implementiert und ist auch als Berater für die Industrie tätig. Er ist 

Gründungsmitglied des Arbeitskreises Prozessanalytik der GDCh und der DECHEMA und 

seit 2009 dessen Vorsitzender und einer der Organisatoren der EuroPact Konferenz. 

2009 wurde Prof. Kessler vom BMBF für den Zukunftspreis des Bundespräsidenten nominiert 

und bekam in 2009 den Forschungspreis der Hochschule Reutlingen. 

Abb. 2: Die klassische Karyotypisierung von 

Chromosomen erfolgt durch die Auswertung 

der Bänderungsstruktur, die eine unterschiedliche 

Zahl von Genen lokalisieren. 

Will man eine feinere Aufl ösung, so greift 

man zu verschiedenen Fluoreszenzmarkern, 

die dann mehrere Informationsebenen 

aufbauen. Das hier gezeigte mehrdimensionale 

„spektrale Karyogramm“ kann in 

Sekunden und gänzlich ohne Anfärbung 

erhalten werden. Gezeigt sind hier in 

Falschfarbendarstellung die ortsaufgelösten 

spektralen Informationen von drei Informationsebenen. 

gesamten Hochschule. Patente signalisieren 

auch, dass in den Instituten 

bereits anwendungsorientiert geforscht 

wird. „Für die Reutlinger Hochschule 

ist das Patent ein Aushängeschild. 

Schutzrechte dokumentieren die strategische 

Ausrichtung der Hochschule 

als zukunftsorientierte und innovative 

Einrichtung. Sie sind ein wichtiges 

Zeichen gegenüber der Industrie, den 

öffentlichen Geldgebern und auch der 

Gesellschaft“, so Marcus Lehnen, Geschäftsführer 

der TLB über die Bedeutung 

von Patenten für Hochschulen. 

Die Auszeichnung von Professor 

Kessler mit dem Reutlinger Hochschul-Forschungspreis 

2009 und der 

Vorschlag des BMBF für den Zukunftspreis 

des Bundespräsidenten in 2009 

sind eng mit seiner Leistung verbunden, 

tiefgehende Forschung und Anwendungsnähe 

mit einander zu verbinden. 

Das zeigt sich nicht zuletzt in 

dem Patent, das die Anordnung und 

die Konzeption eines weltweiten Unikats 

dokumentiert, bestehend aus der 

Kombination unterschiedlichster Technologien: 

Streulichtspektroskopie, Mikrospektralanalyse 

(Raman, UV), komplexe 

Datenanalyse. Das Patent war 

auch die Basis für die Genehmigung 

Prof. Dr. R. Kessler 


eines Großgeräteantrages bei der DFG, 

mit dem ein multimodales Spektrometersystem 

im Wert von etwa 500 000 € 

beschafft werden konnte. 

Kontakt 

zur Innovationsmanagerin: Dr. Andrea 

Nestl, Technologie-Lizenz-Büroder 

Baden-Württembergischen Hochschulen 

GmbH, Karlsruhe, E-Mail: 

anestl@tlb.de 

zur Autorin: Dr. Regina Kratt, E-Mail: 

r.kratt@krattschurr.de 

„TLB managt die Patentierung von Erfi ndungen 

und unterstützt so Erfi nder und 

Hochschulen sich ihr Know-how und den 

wirtschaftlichen Erfolg im Falle einer Verwertung 

zu sichern. Werden Patente in eine 

Kooperation eingebracht, ist insbesondere 

zu regeln, inwieweit auf Industriepartnerseite 

das Unternehmen Zugriff auf diese 

Altrechte für die spätere kommerzielle 

Nutzung haben kann. Umgekehrt ist für 

die Hochschulseite interessant, inwiefern 

diese Altrechte des Unternehmens nach 

Abschluss des Projektes für For schung und 

Lehre genutzt werden dürfen.“ TLB-Innovationsmanagerin 

Dr. Andrea Nestl 

Metallschäume, Datenspeicherung, Logistik und Nachhaltigkeit in der Wirtschaft – aktuelle 

und innovative Forschungsarbeiten an der Hochschule Pforzheim ausgezeichnet 

(Sabine Laartz / Antje Geier, Hochschule 

Pforzheim) Insgesamt vier Forschungspreise 

vergab Professor Dr. 

Mario Schmidt, Leiter des Instituts für 

Angewandte Forschung an der Hochschule 

Pforzheim (IAF), zum Abschluss 

des Sommersemesters 2012 in den Kategorien 

Studierende, Mitarbeiter und 

Professoren. 

Wie umgeht man die typische Beschränkung 

von eingebetteten Systemen 

hinsichtlich des meist zu geringen 

Speicherplatzes? Wie können Nutzer 

komplexer Programme jederzeit und 

von jedem Ort auf Informationen zugreifen? 

Maximilian Engelsberger, der 

Preisträger in der Kategorie Studierende, 

entwickelte in seiner Bachelorthesis 

ein System, das es ermöglicht, Sensordaten 

in einer Amazon Cloud abzulegen 

und von dort mobil und mit verschiedenen 

Systemen abzurufen. Zur 

Lösung dieser Aufgaben mussten eine 

Reihe neuer Fragestellungen, nicht zuletzt 

bezüglich der Überwindung der 

vorhandenen Protokollschranken geklärt 

werden. Engelsberger, Absolvent 

des Studiengangs Informationstechnik 

und mittlerweile Mitarbeiters im ZAFH 

MERSES, hat diese Fragen mit einem 

sehr innovativen Ansatz auf Basis eines 

Schichtmodells beantwortet. 

Metallschäume für die Industrie oder 

für die Chirurgie? Das Forschungsfeld 

von Dipl.-Ing. (FH) Alexander Matz, 

Mitarbeiter am IAF in der Arbeitsgruppe 

von Professor Dr. Norbert Jost, ist 

neu und bietet erstaunliches Potenzial. 

Äußerlich gleichen Metallschäume Seifenschaum. 

Die Eigenschaften dieses 

- 42 - 

neuartigen Werkstoffes sind jedoch alles 

andere als fl üchtig. Der offenporige 

Stoff bietet durch seine große Oberfl äche 

bei geringem Gewicht nicht nur für 

den Einsatz in Wärmetauschern großes 

Potenzial. Die physikalischen Eigenschaften 

erlauben auch den Einsatz in 

der Chirurgie, so Alexander Matz, der 

derzeit an der Universität in Bochum 

promoviert. Im komprimierten Zustand 

kann der Werkstoff in einen Knochen 

eingebracht werden, dort dehnt er sich 

aus und festigt dessen Struktur. Implantate 

aus Metallschäumen wären ohne 

große Operationswunden einsetzbar. 

Mit einem Begriff ganz anderer Art 

setzte sich Patrick Kraus M.A. auseinander. 

Der wissenschaftliche Mitarbeiter 

im Masterstudiengang „Controlling, 

Finance and Accounting“ analysierte 

den Terminus technikus Nachhaltigkeit 

im Wirtschaftsleben. Sein Fazit kam für 

den Laudator Professor Schmidt nicht 

überraschend. Unternehmen defi nieren 

Nachhaltigkeit sehr unterschiedlich, 

eine allgemeine gültige Auslegung 

gibt es bisher nicht. Kraus, der zurzeit 

an der Universität im englischen Leeds 

zum Thema „Corporate Social Responsibility“ 

promoviert, kann auch keine 

vorherrschenden Tendenzen erkennen, 

in welchen Branchen Nachhaltigkeit 

bisher am vehementesten verfolgt 

wird. 

Wie kommen Güter am schnellsten 

und effektivsten von A nach B? Professor 

Dr. Klaus Möller, Professor für 

Logistik und Einkauf an der Hochschule 

Pforzheim, hat sich in zahlreichen 

Forschungsprojekten dieser alten und 

doch immer neuen Fragen gewidmet. 

Die sinnvolle Einbindung moderner 

Technologie- und Kommunikationstools 

für den Gütertransport und dessen 

Planung sind für den Wirtschaftsingenieur 

spannende Forschungsthemen. 

Mit Hilfe schneller Informationsfl üsse 

können die Kosten in der Lagerhaltung 

sinken und gebundenes Kapital freigegeben 

werden. Auch bei Engpässen in 

der Lagerhaltung, die bei den heutigen 

geringen Lagerzeiten nicht aufgefangen 

werden können, bieten moderne Technologien 

deutliche Wettbewerbsvorteile. 

In internationalen Forschungsvorhaben 

– sowohl für kleinere als auch 

für weltweit agierende Unternehmen 

- arbeitete Möller zusammen mit Studierenden 

an der Optimierung der Logistikprozesse. 

Weitere Informationen zu den genannten 

Projekten: Antje Geier, M.A., 

Institut für angewandte For schung 

(IAF) der Hochschule Pforzheim, Tel. 

07231/ 28-6135, E-Mail: antje.geier@ 

hs-pforzheim.de 


Energieverschwendung beim Zerspanungsprozess sichtbar machen - Darstellung von Energiewertströmen 

mittels dualer Energiesignaturen 

Rainer Schillig, Eckehard Kalhöfer und Timo Stock, Hochschule Aalen 

Das Wesen schlanker Produktionssysteme ist die Minimierung von Verschwendung. Prozessschritte werden daher in wertschöpfende 

und nicht wertschöpfende eingeteilt. Mit Hilfe der Wertstromanalyse (WSA) lassen sich nicht wertschöpfende 

Prozessanteile leicht identifi zieren. Das Hauptaugenmerk liegt üblicherweise nur auf den beiden Faktoren Durchlaufzeiten 

und Bestände. Es gibt Überlegungen, auch den zur Produktion benötigten Energieeinsatz in die Methodik der WSA zu 

integrieren. Im vorliegenden Aufsatz wird am Beispiel eines Zerspanungsprozesses ein Verfahren vorgestellt, welches den 

prozessbedingten Energieeinsatz in wertschöpfend und nicht wertschöpfend unterteilt. Es wird gezeigt, dass gerade durch 

diese duale Betrachtung des Energieeinsatzes dieser leicht in eine WSA integriert werden kann. 

Motivation 

Energieeffi ziente Produktion gewinnt 

zunehmend an Bedeutung. Nachhaltige 

Lösungsansätze bedürfen daher 

einer ganzheitlichen Betrachtung der 

Prozessketten. Die Gestaltung energieeffi 

zienter Wertschöpfungsketten wird 

für produzierende Unternehmen zunehmend 

an Bedeutung gewinnen. 

Im letzten halben Jahrhundert ist der 

Energiebedarf von Werkzeugmaschinen 

um ca. das Hundertfache gestiegen 

[1]. Lagen die Anschlussleistungen 

von Drehmaschinen in den 50er Jahren 

noch im kleinen einstelligen Kilowatt- 

Bereich so liegen sie heute häufi g im 

dreistelligen Bereich. Der erhöhte Energieeinsatz 

wurde primär in kürzere 

Zykluszeiten (ZZ) und in kürzere Werkzeugwechselzeiten 

umgesetzt. 

Die Lean-Management Methodik 

ist die derzeit wohl effi zienteste Produktionssystematik. 

Ihr methodischer 

Kern ist, nicht wertschöpfende Prozesse 

als Verschwendung anzusehen. Ihr 

Ziel ist es, Verschwendung aus den 

Prozessen herauszunehmen. Typische 

Verschwendungsarten wie z.B. unnötige 

Bestände oder Warten basieren auf 

eindeutig quantifi zierbaren Größen. 

Meist ist Verschwendung zeitaufwendig 

und unmittelbar mit Energieeinsatz 

verbunden. Sie ist damit nicht nur zeit- 

sondern fast immer auch energieverschwendend 

[2]. 

Wertstromanalyse 

Das Basisinstrument für die Umsetzung 

der Lean-Methodik ist die in 

Abb. 1 dargestellte Wertstromanalyse 

nach Rother/Shook [3]. Das Hauptaugenmerk 

liegt in der Optimierung 

der Prozessketten mittels Reduktion 

von Durchlaufzeiten und Beständen. 

Die Durchlaufzeit des gesamten Loses 

wird den kumulierten Zykluszeiten 

eines Teils in Form der Verarbeitungs- 

zeit gegenübergestellt. Rother/Shook 

vernachlässigen in ihrer Defi nition der 

Zyklus- bzw. der Verarbeitungszeit dass 

auch innerhalb der Zykluszeiten regelmäßig 

nicht wertschöpfende Prozesse 

stattfi nden. 

Energiewertstrom und Energiewertstromdesign 

Es gibt verschiedene Ansätze, die 

klassische WSA um die des Energiewertstroms 

zu erweitern. Hierzu sei 

auf die Arbeiten von Erlach/Westkämper 

[4], Reinhart [5] und Brüggemann 

[6] verwiesen. Bislang liegt jedoch 

noch keine Energiewertstrombetrachtung 

vor, welche den Energieeinsatz 

ausschließlich nach den Kriterien wertschöpfend 

und nicht wertschöpfend 

beurteilt. Diese Sichtweise ist jedoch 

insbesondere dann vorteilhaft, wenn 

die Betrachtung der gesamten Energiebilanz 

einer komplexen Prozesskette 

im Fokus steht. 

Aus einer solchen Gesamtbetrachtung 

lässt sich gegebenenfalls auch der 

eine oder andere Herstellungsprozess 

als solcher in Frage stellen. In manchen 

Situationen ist es vorteilhafter, einen 

ineffektiven Prozess durch einen geeigneteren 

zu ersetzen, anstatt ihn mit 

großem Aufwand zu verbessern [7]. 

T. Ohno [8] bezeichnet ‚waste of 

processing itself‘ als eine Form der Verschwendung. 

D.h., wenn der betrachtete 

Prozess nicht die effi zienteste Art 

ist, eine gewünschte Funktionalität zu 

erzeugen, dann gibt es offensichtlich 

einen geeigneteren. Insofern ist der zuerst 

Betrachtete ineffi zienter und somit 

reicher an Verschwendung. Ist nun beispielweise 

bei einem Fertigungsprozess 

das Verhältnis nicht wertschöpfender 

Energieeinsatz zu wertschöpfendem 

Energieeinsatz besonders ungünstig, 

dann ist das möglicherweise ein Indikator 

dafür, dass der Prozess an sich zu 

hinterfragen ist. Aus diesem Grund ist 

Prof. Dr.-Ing. R. Schillig 

Prof. Dr.-Ing. E. Kalhöfer, 

M.B.A. + Eng. T. Stock 

es sinnvoll, bei einer Energiewertstromanalyse 

den Energieeinsatz gezielt 

auf eine duale Betrachtungsweise zu 

reduzieren. 


Abb. 1: Wertstromanalyse (eigene Darstellung angelehnt an Rother/Shook) 

Aufnahme dualer Energiesignaturen 

Mit einem 3-achsigen Vertikal-Bearbeitungszentrum 

der Firma Hermle 

(Typ C 30 V), Abb. 2, wurden in 

Folge drei Nuten in ein Bauteil aus 

Vergütungsstahl C45 gefräst, Abb. 3. 

Die Zerspanung wurde durchgeführt 

mit drei HSS-Schaftfräsern mit den 

Durchmessern 8, 12 und 16mm, im 

Vollschnitt, mit einer Zustellung von 

7,5mm über eine Strecke von 60 mm. 

Die Energiemessung erfolgte mit Hilfe 

eines portablen Leistungsmessgerätes 

der Firma Yokogawa (Typ CW240). 

Dieses wurde, während des Betriebs, 

mittels Stromwandler und Klemmprüfspitzen 

angeschlossen Abb. 2. Neben 

der elektrischen Energie benötigt das 

Bearbeitungszentrum zusätzliche Energie 

in Form von Druckluft. Mit Hilfe 

eines Strömungssensors der Firma ifm 

(Typ SD6000) fand parallel die Volumenstrommessung 

statt. 

Der erste Durchgang wurde im 

Luftschnitt gefahren, d.h. ohne Werkstück. 

Damit ließ sich ermitteln, wie 

die Energiesignatur des Prozesses 

ohne Kraftschluss aussieht. Der zweite 

Durchgang erfolgte mit Werkstück, 

also unter Kraftschluss. Die jeweiligen 

Betriebszustände der Maschine und 

die duale Energiesignatur des Zerspanungsprozesses 

sind in Abb. 4 dargestellt. 

Die hellblaue Energiesignatur 

zeigt die erforderliche elektrische Leistung 

im Luftschnitt. Die dunkelblaue 

Energiesignatur zeigt die zusätzliche 

Leistungsaufnahme bei Zerspanung. 

Wertschöpfend ist ausschließlich der 

Zerspanungsprozess. Die wertschöpfenden 

Zeiten sind in dem orangefarbigen 

Balken dunkel markiert. Die graue 

Signatur zeigt den Druckluftverbrauch. 

Dieser ist ausschließlich nicht wertschöpfend. 

Die für die Zerspanung unmittelbar 

benötigte Energie umfasst gerade 

einmal 10 Wh, die wertschöpfende 

Zeit gerade einmal 25 Sekunden. Der 

nichtwertschöpfende Energieeinsatz 

- 44 - 

hingegen umfasst 145 Wh (116 Wh, 

elektrisch + 29 Wh, Druckluft). Der 

nichtwertschöpfende Zeiteinsatz 135 

Sekunden. 

Folglich tragen lediglich die Zeit 

(25sec) bzw. der Energieanteil (10Wh), 

welche zur Spanabnahme benötigt 

werden, zur Werterstellung am Pro- 

dukt bei. Die restliche Zeit (135 sec) 

bzw. Energie (116 Wh + 29 Wh) sind 

nicht wertschöpfend. 

Lesen der Signaturen 

In der Signatur des elektrischen Leistungsbedarfs, 

fallen nach der erhöhten 

Leistungsaufnahme im betriebsbereiten 

Zustand, gegenüber dem Stand-By, 

die peak-artigen Leistungsspitzen auf. 

Hervorgerufen werden diese durch 

Werkzeugwechsel (WZW) und die 

damit verbundenen Beschleunigungsvorgänge 

in der Werkzeugmaschine. 

Gleichzeitig sind auch negative Spitzen 

zu erkennen. Sie entstehen beim 

Abbremsen der Antriebe und speisen 

Energie in das System zurück. Es ist 

prinzipiell ein guter Ansatz, die eingesetzte 

Energie zurückzuspeisen. Im 

vorliegenden Fall ist er jedoch in Bezug 

auf die Gesamtenergiebilanz weitestgehend 

vernachlässigbar. 

Die dunkelblauen „Energiebalken“ 

zeigen die für die Spanabnahme eingesetzte 

Energie gegenüber dem Luftschnitt. 

Der Energiebedarf bei der Zerspanung 

steigt mit der Zunahme der 

Fräsdurchmesser an. Das liegt daran, 

Abb. 2: Leistungs- und Druckluftmessung an einem 3-achsigen Vertikal- 

Bearbeitungszentrums 

Abb. 3: Zerspanung im Vollschnitt 

dass alle drei Zerspanungsvorgänge 

mit derselben Vorschubgeschwindigkeit 

(vf = 450mm/min) durchgeführt 

wurden, womit das Zeitspanvolumen 

unterschiedlich groß war. Der Schaftfräser 

mit dem Durchmesser 8mm trägt 

gegenüber den Durchmessern 12mm 

bzw. 16mm in der gleichen Zeit weniger 

Material ab und benötigt demzufolge 

auch weniger Energie. Der Leistungsbedarf 

vor und nach der jeweiligen 

Bearbeitung variiert aufgrund der 

unterschiedlichen Leistungsaufnahme 

der Frässpindel bei unterschiedlichen 

Drehzahlen. 

Die graue Signatur der Druckluftmessung 

zeigt den Volumenstrom [l/min] 

über die Zeit [s]. Neben dem konstanten 

Druckluftbedarf für die Sperrluft 

zeigen sich vier Bereiche starken 

Druckluftanstiegs. Diese sind durch 


Abb. 4: Duale Energiesignatur einer Fräsbearbeitung 

den automatischen Werkzeugwechsel 

begründet. In Summe ergibt sich für 

diesen Zyklus ein Druckluftverbrauch 

von 248 l. Der Verbrauch ist im Luftschnitt 

und unter Kraftschluss gleich. 

Um den Gesamtenergiebedarf beurteilen 

zu können wird der gemessene 

Druckluft-Volumenstrom in eine äquivalente 

elektrische Leistung umgerechnet. 

Für effi ziente Druckluftanlagen 

können nach [9] Werte zwischen 6,5 

und 7,5 kW pro m³/min zugrunde gelegt 

werden. Für diese Untersuchung 

wurde von einem Leistungsbedarf 

von 7 kW pro m³/min Volumenstrom 

bei 6 bar ausgegangen [10]. Damit 

ergibt sich für den o. g. Druckluftverbrauch 

von 248 l ein Energiebedarf 

Gleichung 1 

Gleichung 2 und 3 

von 29 Wh. (siehe Gleichung 1). Da 

die Druckluft, wie in Abb. 4 ersichtlich, 

nicht zur Spanabnahme bzw. zur 

Wertschöpfung beiträgt, wird sie als 

nicht wertschöpfend angesehen. 

Analyse der Prozesse mittels Energiesignaturen 

Durch die Verwendung der dualen 

Signaturen wird der Herstellungsprozess 

selbst genauer beleuchtet. Diese 

Analyse ist unverzichtbar, wenn es darum 

geht, Verschwendung im Prozess 

aufzudecken. Abb. 5 zeigt, wie die 

Signaturen Transparenz innerhalb der 

Zykluszeit schaffen. Im Datenkasten 

sind die Ergebnisse der Untersuchung 

numerisch sowie das Wertschöpfungsverhältnis 

proportional dargestellt. 

Es kann nun sehr leicht das energetische 

Wertschöpfungsverhältnis L eva 

(energy value add) des Prozesses defi 

niert werden als Quotient von wertschöpfend 

eingesetzter Energie E va (value 

add) zu nicht wertschöpfend eingesetzter 

Energie E nva (non value add). 

(Gleichung 2) 

Gleiches gilt für die Betrachtung des 

wertschöpfenden Zeiteinsatzes T innerhalb 

der Zykluszeit ZZ. (Gleichung 3) 

In erster Linie bietet diese Vorgehensweise 

die Möglichkeit, den Prozess in 

Bezug auf seinen Energieeinsatz ganzheitlich 

zu untersuchen und ggf. kritisch 

zu hinterfragen. 

Modifi zierte Wertstromdarstellung 

durch Aufnahme von Energiewertströmen 

Die erweiterte Wertstromdarstellung 

in Abb. 6 zeigt systematisch wertschöpfende 

und nichtwertschöpfende Zeit 


Abb. 5: Signaturen, die detaillierte Darstellung eines Prozesses ermöglichen 

Abb. 6: Modifi zierter Wertstromdarstellung durch Aufnahme von Energiewertströmen 

Abb. 7: Wertstromanalyse um energetische Betrachtung erweitert 

bzw. Energie im Herstellungsprozess 

und entlang der Wertschöpfungskette 

auf. Deren Summen werden am Ende 

der Analyse anstelle der Durchlaufzeit 

und Verarbeitungszeit gegenübergestellt. 

Die innere Logik der WSA wird 

beibehalten. 

Die Systematik der Wertstromanalyse, 

erweitert um die energetische Betrachtung, 

ist in Abb. 7 dargestellt. 

Die Zykluszeit wird nach [3] bei der 

WSA als wertschöpfende Zeit angesehen. 

Bei der Energiebetrachtung muss 

diese Idee jedoch aufgegeben werden, 

denn innerhalb der Zykluszeit trägt nur 

ein relativ kleiner Teil der eingesetzten 

Energie zur Wertschöpfung bei. Gleiches 

gilt für die Zeit, wie die Energiesignaturen 

verdeutlichen. 

- 46 - 

Die Darstellung der Energiewertströme 

ermöglicht also eine Weiterentwicklung 

der bestehenden WSA, indem 

auch innerhalb der Zykluszeiten 

Verschwendung in Form von Energie 

und Zeit aufgedeckt wird. 

Wichtig ist dabei, die Wertschöpfungskette 

ganzheitlich zu betrachten 

um Suboptimierungen zu vermeiden. 

Findet sich bei schlechter Energiebilanz 

kein effi zienteres Herstellungsverfahren, 

kein geeigneterer Prozess, dann 

kann im zweiten Schritt mit Hilfe der 

Ansätze von Reinhart und Erlach der 

nicht zur Werterstellung beitragender 

Energieeinsatz systematisch reduziert 

werden. 

Zusammenfassung und Ausblick 

Beim Zerspanungsprozess kann mithilfe 

der Energiesignaturen der Energiebedarf 

im Luftschnitt gegenüber dem 

unter Kraftschluss bestimmt werden. 

Der wertschöpfende und nicht wertschöpfende 

Energieeinsatz lässt sich 

damit relativ einfach bestimmen. Diese 

Differenzierung bietet die Möglichkeit, 

die Systematik der Wertstromanalyse 

auf energetische Betrachtungen zu erweitern. 

Äquivalent zur Gegenüberstellung 

von Zykluszeit und Durchlaufzeit wird 

mithilfe der Energiesignatur der Herstellungsprozess 

selbst hinsichtlich 

wertschöpfender und nichtwertschöpfender 

Zeit bzw. Energie bilanziert. 

Jegliche Form von Verschwendung 

wird dadurch ersichtlich. Die im Produktionsumfeld 

etablierte Wertstromanalyse 

wird unter Beibehaltung ihrer 

inneren Logik um die Darstellung des 

Energieeinsatzes erweitert. Die Reduktion 

auf eine duale Betrachtungsweise 

ermöglicht es, die eingesetzte Technologie 

hinsichtlich ihrer Energiebilanz 

kritisch zu hinterfragen. Prozessgestaltern 

wird mit dieser Methodik ein 

praktisches Werkzeug bereitgestellt um 

Wertschöpfungsketten ganzheitlich zu 

analysieren und zu verbessern. 

Literaturverzeichnis: 

[1] Zein, A., Herrmann C., Sauermann, 

D.: Wie viel verbraucht eine Werkzeugmaschine? 

Studie zu Einsparpotenzialen 

bei Werkzeugmaschinen 

im Automobilbau. Elektro Automation 

S2/2012, S.22 

[2] Schillig, R.: Lean und Green - Zwei 

Seiten einer Medaille. Vortrag auf 

dem Aalener Gießerei Kolloquium, 

Mai 2010 

[3] Rother, M., Shook J.: Learning to 

See. Valuestream mapping to create 

value and eliminate muda. Lean 

Enterprise Institute, Cambridge, 

MA, USA, 2009 

[4] Erlach, K. Westkämper E.: Energiewertstrom. 

Der Weg zur Energie-Effi 

zienz Fabrik. Fraunhofer 

Verlag, 2009 

[5] Reinhart, G.: Energiewertstromdesign. 

Ein wichtiger Bestandteil zum 

Erhöhen der Energieproduktivität. 

Wt Werkstattstechnik online, Jahrgang 

101 (2011) H.4 

[6] Brüggemann, H., Müller, H.: Nachhaltiges 

Wertstromdesign. Integration 

der Energie- und Materialeffi - 

zienz in das Wertstromdesign. Wt 

Werkstattstechnik online, Jahrgang 


99 (2009) H. 11/12 

[7] Müller, E., Schillig, R., Stock, T.: 

Darstellung von Energiewertströmen 

erlaubt umfassende Wertstromanalyse. 

VDI-Z 2012, Heft 7/8 

[8] Ohno, T.: Toyota Production System. 

Beyond Large-Scale Production. 

Portland, OR: Productivity 

Press, 1988, S. 19 

[9] Bayrisches Landesamt für Umweltschutz: 

Ef� ziente Druckluftsysteme 

Energie sparen-Klimaschützen-Kosten 

senken! Senser Druck Augsburg, 

2004 

[10]Rief, M., Kalhöfer, E., Karpuschewski, 

B.: Energiebetrag verschiedener 

Kühlschmiersysteme. Werkstatt und 

Betrieb. 2010, 09/10, S. 142-145 

Kontakt: 

www.bremerbau.de 

Prof. Dr.-Ing. Rainer Schillig, Hochschule 

Aalen, Professur Fertigungsorganisation 

und Prozessmanagement. 

Beethovenstr. 1, 73430 Aalen, Tel. 

07361/576-2308, E-Mail: Rainer.Schillig@htw-aalen.de 

Prof. Dr. Eckehard Kalhöfer, Hochschule 

Aalen, Stiftungslehrstuhl 

Spanende Fertigung, Beethovenstr. 1, 

73430 Aalen, Tel. 07361/576-2313, 

E-Mail: Eckehard.Kalhöfer@htw-aalen. 

de 

M.B.A. + Eng. Timo Stock, Hochschule 

Aalen, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, 

Studiengang Maschinenbau / Produktion 

und Management, Tel. 07361/576- 

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Schuldenkrise und Basel III: Aktuelle Herausforderungen in der Mittelstandsfi nanzierung 

(Teil I) 1 

Tobias Popovic, Hochschule für Technik Stuttgart 

Angesichts einer sich abschwächenden Konjunktur mehrt sich – nicht zuletzt bei international ausgerichteten Unternehmen 

des Mittelstands – die Sorge, dass ein erneuter Konjunkturabschwung bevorstehen könnte. Die längst noch nicht überwundene 

Schuldenkrise sowie Basel III lassen zudem befürchten, dass sich die Finanzierungsbedingungen verschlechtern 

könnten. Die daraus resultierenden Implikationen für die Finanzierung mittelständischer Unternehmen beleuchtet dieser 

Beitrag ebenso wie potenzielle Handlungsoptionen. 

Hintergrund: Von der Subprime- zur 

Finanz- und Schuldenkrise 

Ausgehend von der Subprime-Krise 

an regionalen amerikanischen Immobilienmärkten 

„rollte“ seit 2007/2008 die 

Krise – ähnlich einem Tsunami – zunächst 

von einem Kapitalmarktsegment 

zum nächsten und erfasste schließlich 

2008/09 die Realwirtschaft. 2 Die Folge 

war die gravierendste Rezession seit der 

Weltwirtschaftskrise 1929-1933. Da 

viele Regierungen versuchten, die Krise 

mit schuldenfi nanzierten Konjunkturprogrammen 

zu bekämpfen, beschleunigte 

sich der Anstieg der ohnehin bereits 

hohen öffentlichen Verschuldung, 

nicht zuletzt in den Euro-Mitgliedsstaaten. 

3 In der ersten Jahreshälfte 2012 hat 

sich die Schuldenkrise im Euroraum 

weiter verschärft. Aufgrund der sich 

zuspitzenden Bankenkrise in Spanien 

und der sich weiter verschlechternden 

volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen 

in der Eurozone werden derzeit 

weitere Maßnahmen zur Stabilisierung 

der Eurozone (z.B. Fiskalunion, 

Bankenunion, Eurobonds, Fiskalunion) 

sehr kontrovers diskutiert. Seit Anfang 

Juni verstärkt sich – aufgrund ernüchternder 

Konjunkturdaten in den USA 

und Westeuropa und eines sich abschwächenden 

Wachstums in China 

– die Sorge, dass eine neue weltweite, 

möglicherweise synchrone Rezession 

bevorstehen könnte. 4 Vor diesem Hintergrund 

hat sich auch das Geschäftsklima 

im deutschen Mittelstand erheblich 

verschlechtert (vgl. Abb. 1). 

Lageurteile und Erwartungen sind im 

Mai so stark gesunken wie nur zweimal 

seit Beginn der Aufzeichnungen 

(Herbst 2008 infolge der Lehman-Pleite, 

August 2011 als eine Eskalation der 

Schuldenkrise befürchtet wurde) 6 . Sollte 

sich die Geschäftsentwicklung im 

Mittelstand in den kommenden Monaten 

in ähnlicher Weise verschlechtern 

wie im Herbst 2008, ist nicht auszuschließen, 

dass hiervon auch die Ertragsentwicklung 

negativ betroffen sein 

wird und sich gegebenenfalls auch die 

Finanzierungsbedingungen – insbeson- 

- 48 - 

dere in konjunktursensitiven Branchen 

– verschlechtern. Vereinzelt wurde bereits 

die Sorge einer potenziell bevorstehenden 

Kreditklemme geäußert. 7 

Begriffsabgrenzung mittelständische 

Unternehmen 

Für mittelständische Unternehmen 

(MU) exisitiert keine allgemeingültige 

Defi nition. Häufi g werden MU gleichgesetzt 

mit Kleinen und Mittleren Unternehmen 

(KMU) und Familienunternehmen 

(FU). 8 In diesem Beitrag sollen 

MU als Obergriff für die drei genannten 

Unternehmensarten verstanden und 

bewusst weit defi niert werden. Hierbei 

wird sich zum einen – allerdings nicht 

zwingend – an den quantitativen Größenkriterien 

für KMU 9 orientiert; zum 

anderen werden die folgenden qualitativen 

Kriterien mit einbezogen 10 : 

• Identität von Eigentum und Management, 

familiengeführt, regionale Verbundenheit, 

hoher Stellenwert von 

Vertraulichkeit, keine externen Einfl 

üssen bei strategischen Entscheidungen 

• Ggf. Marktführerschaft basierend auf 

starken Kernkompetenzen (z.B. aufgrund 

von Technologieführerschaft, 

Patenten, etc.). 

• Hoher Internationalisierungsgrad, ausgeprägte 

Exportorientierung 

• Ggf. „Hidden Champion“, Treiber 

von Produktivitätsverbesserungen und 

der Wettbewerbsfähigkeit (auch von 

Volkswirtschaften) 

Mittelstandsfi nanzierung: Besonderheiten 

und Status Quo 

Das Finanzmanagement des Unternehmens 

hat die Aufgabe, sämtliche 

Zahlungsströme (Cashfl ows) des Unternehmens 

so zu gestalten, dass die 

Ziele des Unternehmens möglichst optimal 

erreicht werden können. 11 Hieraus 

ergibt sich ein enger Bezug zur 

strategischen Planung, deren primäre 

Aufgabe es ist, den langfristigen Unternehmensfortbestand 

(„Going Con- 

Prof. Dr. T. Popovic 

cern-Prämisse“ 12 ) im Einklang mit den 

Interessen wichtiger Anspruchsgruppen 

(Stakeholder) zu sichern. 13 Eine 

Herausforderung besteht in diesem 

Kontext darin, die unterschiedlichen 

Zieldimensionen des Finanzmanagements 

(Rendite, Risiko, Liquidität und 

Nachhaltigkeit) in der Balance zu halten 

(„magisches Viereck“). 14 Um diese 

Aufgaben adäquat erfüllen zu können, 

besteht das Finanzmanagement des 

Unternehmens aus folgenden Elementen: 

(1) Liquiditätsmanagement, (2) Investition, 

(3) Finanzierung. Diese werden 

komplementiert durch das Risikomanagement 

und die Finanzanalyse. 15 

Hinsichtlich seiner Finanzierungsentscheidungen 

kann ein Unternehmen 

zwischen unterschiedlichen Alternativen 

der Innen- und Außenfi nanzierung 

wählen; bei den Außenfi nanzierungsalternativen 

ist zwischen Eigenkapital, 

Mezzanine 16 , Fremdkapital und Asset- 

Based-Finance 17 zu differenzieren (vgl. 

Abb. 2). 

Bei einer Betrachtung der von Mittelständlern 

verwendeten Finanzierungsalternativen 

fällt auf, dass sie i.d.R. 

nicht das gesamte Spektrum der ihnen 

grundsätzlich zur Verfügung stehenden 

Varianten nutzen. Schwerpunkte bilden 

i.d.R. die Innenfi nanzierung, Bankkredite 

und Gesellschafterdarlehen. 19 

Erklären lässt sich dieses Phänomen – 

v.a. für Familienunternehmen – mit der 

sog. „Pecking-Order-Theory“ (POT) 20 : 

Diese besagt, dass sich Unternehmen 

soweit wie möglich der Innenfi nanzierung 

bedienen. Wenn dies nicht ausreicht, 

wird weitestgehend risikoarmes 

Fremdkapital (z.B. Bankkredite) ge- 


Abb. 1: KfW-Ifo-Mittelstandsbarometer Mai 2012 5 

nutzt. Erst wenn sich der Kapitalbedarf 

nicht mehr anderweitig decken lässt, 

wird Eigenkapital eingesetzt. Drei Motive 

stehen hier im Vordergrund 21 : (1) 

V.a. Familienunternehmen wollen nur 

ungern Einfl ussrechte an externe Dritte 

abgeben. (2) Bei der Emission von Eigenkapitalanteilen 

müssen Unternehmen 

strengere Transparenzpfl ichten erfüllen 

(z.B. IFRS, Quartalsberichte). (3) 

Fremdkapitalkosten fallen aufgrund des 

geringeren Risikos für den Kapitalgeber 

i.d.R. niedriger aus als Eigenkapitalkosten. 

Zudem sind die Fremdkapitalkosten 

zumeist steuerlich absetzbar. Als 

weiteres Motiv für die Präferenz von 

Fremdkapital gegenüber Eigenkapital 

mag der Leverage-Effekt 22 dienen. 

Ihm zufolge lässt sich die Eigenkapitalrendite 

eines Unternehmens durch 

einen steigenden Verschuldungsgrad 

„hebeln“. 23 Diese Faktoren sowie das 

sog. Hausbank-Prinzip 24 haben möglicherweise 

dazu beigetragen, dass 

MU in Deutschland im internationalen 

Vergleich verhältnismäßig niedrige Eigenkapitalquoten 

aufweisen. 25 Ebenso 

lässt sich feststellen, dass MU häufi g 

niedrigere Kapitalquoten aufweisen 

als börsennotierte Unternehmen sowie 

das kleinere Unternehmen tendenziell 

über niedrigere Eigenkapitalquoten 

verfügen als größere. 26 Insgesamt lässt 

sich daher eine hohe Abhängigkeit von 

Fremdkapitalfi nanzierung, insb. Krediten 

konstatieren. 

Kreditklemme (oder Eigenkapital klemme)? 

Laut einer Anfang Mai 2012 von der 

Ratingagentur Standard & Poor’s veröffentlichten 

Studie sehen sich viele Unternehmen 

in den nächsten fünf Jahren 

aufgrund von auslaufenden Krediten 

und Anleihen mit großen Herausforderungen 

in der Refi nanzierung konfrontiert. 

27 Zudem wächst bei ihnen 

der Finanzierungsbedarf für Investitionen 

und Working Capital. Der hieraus 

resultierende Finanzierungsbedarf in 

Höhe von 43 – 46 Bio. US$ trifft auf 

ein von starker Unsicherheit geprägtes 

Kapitalmarktumfeld, das von Schuldenkrise 

in der Eurozone, einen schwachen 

Wirtschaftswachstum in den USA 

sowie einer sich abschwächenden Konjunktur 

in China beeinträchtigt wird. In 

der Folge befürchtet Standard & Poor’s 

einen „Perfect Storm“, der sich in einer 

Kreditklemme manifestieren könnte. 28 

Für den Begriff „Kreditklemme“ existiert 

keine allgemeingültige Defi nition. 

In diesem Beitrag wird sich daher an 

der recht gebräuchlichen Abgrenzung 

des amerikanischen Sachverständigenrats 

(„Council of Economic Advisors”) 

orientiert. 29 Eine Kreditklemme liegt 

also dann vor, wenn das Kreditangebot 

unter ein Niveau fällt, das bei einem 

bestimmten Zinsniveau und einer bestimmten 

Rentabilität auf Investitionsprojekte 

üblich wäre. 30 M.a.W. müssen 

Unternehmen aufgrund einer umfassenden 

Kreditrationierung in einer 

derartigen Situation befürchten, dass 

ihnen – v.a. seitens der Banken – nicht 

genügend Fremdkapital zur Verfügung 

gestellt wird, um ihre Strategie und ihr 

Geschäftsmodell erfolgreich umsetzen 

zu können. 31 Entgegen anderslautender 

Verlautbarungen, bspw. aus der Politik, 

war während der Wirtschaftskrise 

der Jahre 2008/09 anhand der Datenlage 

keine Kreditklemme feststellbar. 

Abb. 2: Alternativen der Unternehmensfi nanzierung 18 

Der Rückgang des Kreditvolumens 

war nicht angebots-, sondern primär 

nachfrageinduziert. D.h. aufgrund der 

verschlechterten Wachstums- und Entwicklungsperspektiven 

haben Unternehmen 

weniger investiert, was wiederum 

das nachgefragte Kreditvolumen 

sinken ließ. 32 

Problematischer als die Verfügbarkeit 

von Fremdkapital hat sich bereits 

2008-2009 die Eigenkapitalfi nanzierung 

des Mittelstands aufgrund der 

chronisch niedrigen Eigenkapitalquoten 

(EK-Quoten) gestaltet. Aufgrund 

von während der Krise entstandenen 

Verlusten sind die EK-Quoten weiter 

gesunken. 33 Zwar haben sich bei vielen 

Mittelständlern die EK-Quoten aufgrund 

des überraschend dynamischen 

Konjunkturaufschwungs in Deutschland 

seit 2009 z.T. wieder erholt; im internationalen 

Vergleich sind EK-Quoten 

deutscher Mittelständler – v.a. der kleineren 

– noch immer niedrig. 34 Dies ist 

insofern problematisch als (1) Eigenkapital 

(EK) als Verlustpuffer fungiert und 

einen wichtigen Einfl ussfaktor für das 

Unternehmensrating darstellt und (2) 

EK die wichtigste Finanzierungsquelle 

für internationale Expansion sowie 

für Forschung und Entwicklung (F&E) 

ist. 35 Nicht zuletzt für die sog. „Hidden 

Champions“ im Mittelstand, deren internationales 

Wachstum häufi g auf ihre 

Innovationsstärke zurückzuführen ist, 

ist dies als besonders kritisch zu beurteilen, 

da ein Mangel an EK bedeuten 

könnte, dass MU zukünftig weniger in 

F&E und internationale Expansion investieren 

können. 

Als ursächlich für die vergleichsweise 

schlechte Versorgung des Mittelstands 

mit EK sind u.a. (1) ein im 

internationalen Vergleich chronisch 


schlechter Zugang zu Aktienmärkten 

sowie (2) eine relativ schlechte Verfügbarkeit 

von Beteiligungskapital / 

Private Equity anzusehen. Die bis hier 

diskutierten Aspekte weisen daher eher 

auf eine EK- als auf eine Kreditklemme 

hin. D.h., dass MU möglicherweise 

zu wenig EK zur Verfügung steht, um 

– insb. in Krisenzeiten – Investitionen 

zu tätigen, die notwendig sind, um die 

gewählte Strategie und das korrespondierende 

Geschäftsmodell nachhaltig 

umzusetzen. 36 

Der zweite Teil dieses Beitrags wird 

in der nächsten Horizonte-Ausgabe 

(Heft 41, März 2013) abgedruckt. Er ist 

jedoch auch bereits elektronisch über 

die Homepage der Koordinierungsstelle 

Forschung der HAW in Baden- 

Württemberg (http://www.koord.hsmannheim.de/horizonte/h41_Popovic. 

pdf) abrufbar. 

Literatur und Anmerkungen 

1 Dieser Beitrag basiert in weiten Teilen auf 

einem Vortrag mit ähnlich lautendem Titel 

im Rahmen der „Seminarreihe zur Wirtschafts- 

und Finanzkrise“ der Koordinierungsstelle 

Forschung und Entwicklung 

der HAW des Landes Baden-Württemberg 

am 13.12.2011 an der Hochschule 

Nürtingen-Geislingen. 

2 Vgl. hierzu ausführlicher Popovic, T. 

(2012): Staatsverschuldung im Spannungsfeld 

von Finanzkrise und demografi 

schem Wandel, in: Horizonte, Heft 39 

(März 2012), S. 23-25. 

3 Vgl. Popovic, T. (2012), S. 23-25. 

4 Vgl. bspw. die Prognosen des IWF und 

der Weltbank: IMF (2012): World Forecast 

– Weak Global Recovery Depends 

on Progress in Europe and United States, 

http://www.imf.org/external/pubs/ 

ft/survey/so/2012/NEW071612A.htm; 

World Bank Group (2012): World Bank 

Group President Dr. Jim Yong Kim at 

Brookings Institution, Transcript, 17. Juli 

2012, http://www.worldbank.org/en/ 

news/2012/07/18/world-bank-group-president-jim-yong-kim-brookings-institution 

5 Quelle: Borger, K. (2012): Besorgnis 

und Unruhe nehmen zu, KfW-ifo-Mittelstandsbarometer, 

Mai 2012, KfW-Research 

(Hrsg.), Frankfurt, 05.06.2012, 

S. 1. 

6 Vgl. Borger, K. (2012), S. 1f. 

7 o.V. (2012a): Düstere Prognose – S&P 

warnt vor „Sturm an Kreditmärkten, in: 

Handelsblatt, 10.05.2012 (http://www. 

handelsblatt.com/fi nanzen/boerse-maerkte/anleihen/duestere-prognose-sundpwarnt-vor-sturm-an-kreditmaerkten- 

/6616816.html); o.V. (2012b): EZB-Chef 

signalisiert Unterstützung für Krisenländer, 

in: NZZ, 26.07.2012 (http://www. 

nzz.ch/fi nanzen/uebersicht/boerse_und_ 

maerkte/euro-rueckendeckung-von-draghi-staerkt-aktienmaerkte-1.17406519) 

- 50 - 

8 Für eine ausführliche Diskussion der Besonderheiten 

von Familienunternehmen 

vgl. Achleitner, A.-K. et al. (2011): Die 

Kapitalmarktfähigkeit von Familienunternehmen 

– Unternehmensfi nanzierung 

über Schuldschein, Anleihe und Börsengang, 

München et al. 2011, S. 31-45. 

9 D.h. KMU erzielen im Jahr einen Umsatz 

bis zu 50 Mio. EUR und beschäftigen bis 

zu 500 Mitarbeitern. Vgl. Günterberg, 

B./ Wolter, H.-J. (2003): Unternehmensgrößenstatistik 

2001/2002 – Daten und 

Fakten –, in: Institut für Mittelstandsforschung 

Bonn (eds..): IfM-Materialien Nr. 

157, Bonn, 2003, S. 14. 

10 Vgl. Popovic (2009), S. 113f. basierend 

auf Eyerman, E. et al. (2005) Who Will Finance 

the Mittelstand? FitchRatings Corporate 

Finance (Hrsg.), Germany, Special 

Report, April 27, London, et. 2005, S. 4; 

Wolter, H.-J/ Hauser, H.-E. (2001): Die Bedeutung 

des Eigentümerunternehmens in 

Deutschland - Eine Auseinandersetzung 

mit der qualitativen und quantitativen 

Defi nition des Mittelstands, in: Institut für 

Mittelstandsforschung Bonn (Hrsg.): Jahrbuch 

zur Mittelstandsforschung 1/2001, 

Schriften zur Mittelstandsforschung Nr. 90 

NF, Wiesbaden, S. 25-77; OECD (Hrsg.): 

Financing SMEs and Entrepreneurs, in: 

OECD-Observer, Paris et al., 2006, S. 2. 

11 Basierend auf Perridon, L./Steiner, M./ 

Rathgeber, A. (2009): Finanzwirtschaft 

der Unternehmung, 15. Aufl ., München 

2009, S. 8f und Thommen, J.-P./Achleitner, 

A.-K. (2006): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 

5. Aufl ., Wiesbaden 

2006, S. 491f. 

12 Vgl. Adam, S. (2007): Das Going-Concern-Prinzip 

in der Jahresabschlussprüfung, 

Diss. TU Darmstadt 2006, Wiesbaden 

2007, S. 1 

13 Vgl. Thommen/Achleitner (2006), S. 50f. 

14 Vgl. Popovic, T. (2012), S. 25. 

15 Basierend auf Thommen/Achleitner 

(2006), S. 44, 1013f; Perridon/Steiner/ 

Rathgeber (2009), S. 19 

16 Der Begriff Mezzanine stammt aus dem 

Italienischen und bezeichnet in der Architektur 

ein Zwischengeschoss. Auf die 

Finanzierung übertragen werden hiermit 

weitgehend fl exibel gestaltbare Alternativen 

bezeichnet, die sich von ihren Eigenschaften 

zwischen dem Eigen- und dem 

Fremdkapital befi nden. Da sie als Mischfi 

nanzierungsform sowohl Eigen- als 

auch Fremdkapitaleigenschaften aufweisen, 

werden sie auch als hybride Finanzierungsformen 

bezeichnet. Vgl. Ernst, 

D./Häcker, J. (2011), Applied International 

Corporate Finance, 2. Aufl ., München 

2011, S. 215f. 

17 Unter Asset Based Finance (ABF) ist die 

Gesamtheit von Corporate Finance-Instrumente 

zu verstehen, die auf Grundlage 

von im Unternehmen vorhandenen 

Vermögenswerten (Assets) dem Unternehmen 

(neue) fi nanzielle Mittel zufl 

ießen lassen. Typischerweise zählen 

hierzu bspw. Leasing, Factoring und Asset 

Backed Securities (ABS) bzw. Asset 

Backed Commercial Papers (ABCP) oder 

Borrowing Base-Ansätze. Einige ABF-Instrumente 

warden häufi g auch als Asset 

Based Lending bezeichnet. Vgl. bspw. 

https://www.commerzbank.de/de/metanavigation/glossar/commerzbank/zcb/ 

zcb_a/gly_asset_based_lending.html. 

18 In Anlehnung an Perridon/Steiner/Rathgeber 

(2009), S. 358, Thommen/Achleitner 

(2006), S. 493f. 

19 Vgl. Zimmermann, V./Steinbach, J. (2011): 

Unternehmensbefragung 2011, KfW 

(Herausgeber), Frankfurt 2011, S. 79-87; 

Cerveny, F./Lange, T./Raebel, R./Stumpf, 

T. (2010): Asset-basierte Finanzierungen 

„Made in Germany“ - Teil 1, DZ BANK 

Research (Hrsg.), Frankfurt 2010, S. 7. 

20 Vgl. Popovic, T. (2009): Credit or Equity 

Crunch – Implications of the Financial 

Crisis for SMEs in Germany, Proceedings 

of the Polish-Chinese-German 2009 International 

Conference, Opole/Poland, 

October 2009, Volume II, S. 115 basierend 

auf Myers, S. C. (1984), The Capital 

Structure Puzzle, The Journal of Finance, 

Vol. 39, No. 3, Papers and Proceedings, 

Forty-Second Annual Meeting, American 

Finance Association, San Francisco, CA, 

December 28-30, 1983. (Jul., 1984), pp. 

575-592 und Donaldson, G. (1961): Corporate 

Debt Capacity: A Study of Corporate 

Debt Policy and The Determination 

of Coporate Debt Capacity, Boston Division 

Research, Harvard Business School 

of Business Administration, Boston 

21 Vgl. Achleitner, A.-K. et al. (2011), S. 41 

22 Vgl. bspw. Megginson, W.L./Smart, S.B./ 

Lucey, B.M. (2008), Introduction to Corporate 

Finance, S. 404f. London et al. 

2008 

23 Vgl. Perridon, L./Steiner, M./Rathgeber, A. 

(2009), S. 489-495 

24 Vgl. hierzu grundlegend Segbers, K. 

(2007): Die Geschäftsbeziehung zwischen 

mittelständischen Unternehmen 

und ihrer Hausbank, Diss. Univ. Münster 

2006, Frankfurt et al. 2007. 

25 Vgl. Achleitner, A.-K. et al. (2011), S. 

48. Zum aktuellen Stellenwert der Hausbank 

in der Unternehmensfi nanzierung 

vgl. Roland Berger (Hrsg.) (2011): Herausforderungen 

für Unternehmen in der 

Wachstumsfi nanzierung im aktuellen 

Marktumfeld, Frankfurt 2011, S. 23. 

26 Vgl. Mark, K./Reize, F./Zimmermann, V. 

(2009): Eigenkapital im Mittelstand und 

Finanzierung in der aktuellen Krise, in: 

KfW (eds.), Frankfurt 2009 S. 2; Roland 

Berger (Hrsg.) (2010): Finanzierungsstrukturen 

und –herausforderungen, Finanzierungsstudie, 

Frankfurt 2010, S. 17; 

27 Vgl. Dhru, Jayan U. et al: (2012): The 

Credit Overhang: Is A $46 Trillion Perfect 

Storm Brewing?, Standard & Poor’s 

(Hrsg.), 09.05.2012 (http://www.standardandpoors.com/ratings/articles/en/us/arti 

cleType=HTML&assetID=12453333700 

39) 

28 Vgl. Dhru, Jayan U. et al. 

29 “A credit crunch occurs when the supply 

of credit is restricted below the range 

usually identifi ed with the prevailing 

market interest rates and the profi tability 

of investment projects.“ Council of Economic 

Advisers: Economic Report of the 

President, United States Government 

Printing Offi ce, Washington, 1992, vgl. 

Nehls/Schmidt, T. (2003): Credit Crunch 

in Germany?, RWI Discussion Papers, 


No. 6, Essen 2003. Vgl. Institut für Weltwirtschaft 

an der Universität Kiel (ifw): 

Weltkonjunktur im Sommer 2009, Kiel, 

2009, S. 6-7 

30 Vgl. Popovic (2009), S. 118. 

31 Vgl. Popovic (2009), S. 118; Deutsche 

Bundesbank (2009): Monatsbericht August 

2009, Frankfurt2009, S. 35. 

32 Vgl. Popovic (2009), S. 118-120; Erdogan, 

B. (2010): Kreditklemme in 

Deutschland – Mythos oder Realität?, 

DIW-Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung, 

79. Jahrgang (2010), 

04/2010, S. 27-37. 

33 Vgl. Popovic (2009), S. 117. 

34 Vgl. DSGV (Hrsg.) (2012): Diagnose 

Mittelstand, Berlin 2012, S. 44; KfW- 

Research (2011): KfW-Mittelstandspanel 

2011, Frankfurt 2011, S. 38. 

35 Expertenkommission Forschung und Innovation 

(EFI) (Hrsg.), Gutachten 2009, 

Berlin, 2009, S. 10-11, 16-17, 24-28. 

36 Vgl. Popovic (2009), S. 120 

Angaben zum Autor 

Der Autor ist Professor für Betriebswirtschaftslehre 

(Corporate Finance, 

Capital Markets) an der HFT Stuttgart, 

Studienbereich Wirtschaft. Gleichzeitig 

ist er Ethikbeauftragter und Nachhaltigkeitsbeauftragter 

der HFT Stuttgart. 

Davor war er für die DZ BANK 

AG in Frankfurt sowie als Verwaltungsratsmitglied 

bei einer spanischen 

Bank in Madrid, tätig. 

Kontakt 

Prof. Dr. Tobias Popovic, Hochschule 

für Technik Stuttgart, Fakultät 

B, Studienbereich Wirtschaft, Schellingstr. 

24, 70174 Stuttgart, E-Mail: 

Tobias.Popovic@hft-stuttgart.de 

Neue Forschungsprojekte an der Hochschule Aalen 

(Hochschule Aalen) Auch in diesem 

Jahr waren Professoren der Hochschule 

Aalen bei Ausschreibungen der 

Programme für die Fachhochschulen 

des Bundes und der Länder erfolgreich. 

Im Rahmen der Ausschreibung 

FHprofUnt2012, zu der bundesweit 

knapp 400 Anträge eingegangen waren, 

wurde ein Antrag von Prof. Dr. 

Gerhard Schneider zur Finanzierung 

vorgeschlagen. Der Titel des beantragten 

Projekts lautet „In-situ Hochtemperatur-Röntgendiffraktometrie 

in 

Echtzeit als neue Methode zur Charakterisierung 

dynamischer Phasenumwandlungsprozesse 

in Werkstoffen für 

die Energietechnik“. Hierbei sollen auf 

der Basis der Röntgenstrukturanalyse 

nach neuen Materialien gesucht, beziehungsweise 

Materialeigenschaften 

Sensing &Technologies GmbH und 

die DSeTec GmbH & Co. KG beteiligt, 

wobei die beiden Letzeren das Projekt 

maßgeblich durch Bereitstellung eines 

neuartigen Diffraktometers und Ofens 

unterstützen. 

Im BMBF-Programm IngenieurNachwuchs 

gingen in diesem Jahr rund 150 

Anträge ein. Die Erfolgsquote lag bei 

ca. 20%. Prof. Dr. Timo Sörgel aus 

dem Studiengang Oberfl ächen- und 

Werkstofftechnik war mit einem Projekt 

mit dem Titel „Elektrochemische 

Mikro- und Nanostrukturierung von 

Stromsammlern für Batterieelektroden 

der nächsten Generation zur Steigerung 

der Energieeffi zienz und Zyklenfestigkeit“ 

erfolgreich. Voraussetzung 

für die fl ächendeckende Einführung 

Erster Abstimmungsbesuch nach Bekanntgabe der Projektförderung mit GE 

Sensing &Technologies GmbH und DSeTec GmbH & Co. KG zum Aufbau 

des Diffraktometers an der Hochschule Aalen 

bereits bekannter Werkstoffe im Detail 

untersucht werden. Für die unterschiedlichen 

Fragestellungen im Bereich der 

Werkstoffe für die Energietechnik, wie 

Dauermagnetwerkstoffe für Elektrische 

Maschinen oder Li-Ionen-Batterien als 

Speichermedien, müssen dabei applikationsspezifi 

sche apparative Anpassungen 

vorgenommen werden, um die 

Materialeigenschaften in Echtzeit erfassen 

zu können. Die hierfür notwendigen 

Verfahren und Apparaturen stehen 

derzeit nicht für den Labormaßstab 

zur Verfügung. Sie müssen vielmehr in 

Forschungseinrichtungen durchgeführt 

werden, die über die entsprechenden 

Großgeräte wie z.B. Teilchenbeschleuniger 

zur Erzeugung von Synchrotonstrahlung 

verfügen. Wissenschaftliche 

Kooperationspartner im Projekt sind 

das Institut für Werkstoffkunde am 

Karlsruher Institut für Technologie und 

das Helmholtz Zentrum Berlin für Materialien 

und Energie. Auf Firmenseite 

sind die Robert Bosch GmbH, die GE 

von Elektrofahrzeugen ist die Verfügbarkeit 

von wiederaufl adbaren Batterien 

mit hoher Energie- und Leistungsdichte 

bei gleichzeitig möglichst hoher 

Sicherheit und langer Lebensdauer. 

Dabei kommt der Weiterentwicklung 

neuer Elektrodenmaterialien und damit 

verbundener Technologien besondere 

Bedeutung zu. Diese Herausforderung 

nimmt das neue Projekt auf, indem es 

einen bestimmten Teil der Batterie, der 

als elektrischer Ableiter oder auch als 

Stromsammler bezeichnet wird, optimiert. 

Dabei soll die Anbindung des 

Elektrodenmaterials, der innere Widerstand 

und die Zellchemie günstig 

beeinfl usst werden. Dadurch sollen 

sowohl die Batterie-Performance als 

auch die Lebensdauer verbessert werden. 

Als Industriepartner konnten die 

CCT GmbH und IPT GmbH gewonnen 

werden. 


„...die im Dunkeln sieht man nicht?“ Studentisches Projekt: Sozialreportagen über Armut 

und Ausgrenzung 

Steffen Erb, Myrjam Hihn, Dominic Kropp, Ulrike Zöller, Hochschule Esslingen 

„Get the feeling“, „nosing around“, 

„get acquainted“ - diese mittlerweile 

berühmt gewordenen Schlagworte 

beschreiben die Arbeitsmethoden der 

Chicagoer Schule Anfang des 20. Jahrhunderts. 

Der Journalist Robert Ezra 

Park hat die amerikanische Soziologie 

durch seinen journalistischen und zum 

Teil ethnografi schen Ansatz stark geprägt. 

In dieser Zeit sind unter seiner 

Leitung eine Reihe an Sozialreportagen 

über das Leben in Chicago entstanden, 

die sich nicht rein akademisch mit den 

Folgen von Industrialisierung, sozialem 

Wandel und Migration auseinandersetzen, 

sondern in das Leben in der Stadt 

eintauchen und an den Lebenswelten 

anderer teilhaben. Die Methode der 

Sozialreportage ist im Zentrum des studentischen 

Projekts unter der Leitung 

von Prof. Dr. Ulrike Zöller und Prof. 

Dr. Andrea Janßen, Fakultät Soziale 

Arbeit, Gesundheit und Pfl ege an der 

Hochschule Esslingen gestanden. Dadurch 

haben die Studierenden im Sinne 

des forschenden Lernens explorativ 

Einblicke in die Lebensrealität und den 

Lebensalltag anderer erhalten. Die 

Studierenden sind der zentralen Frage 

nach der Alltagsbewältigung in Armuts- 

oder Ausgrenzungsbedingungen 

nachgegangen, die sie in Arbeitsgruppen 

jeweils spezifi ziert und präzisiert 

haben. Sowohl die Eingrenzung der 

Fragestellung als auch die Wahl der 

eingesetzten Methoden haben die Studierenden 

selbst festgelegt. Das Projekt 

hat mit einer inhaltlichen Auseinandersetzung 

zum Thema und einer methodischen 

Einführung zum qualitativen 

Forschen begonnen. Daraufhin haben 

die Studierenden die Sozialreportagen 

in Eigenarbeit und Eigenregie entwikkelt. 

Eine zweitägige Einführung ins 

journalistische Arbeiten ist gefolgt. 

Durch teilnehmende Beobachtung, 

Interviews und weitere ethnografi sche 

Methoden sind Themen erarbeitet worden, 

die auch im Studium der Sozialen 

Arbeit im Zentrum stehen, aber überwiegend 

eher aus der (akademischen) 

Ferne betrachtet werden. Die fertigen 

Sozialreportagen werden in nächster 

Zeit in einem Buch veröffentlicht. Das 

Buch soll eine Art Collage über die – 

wie Schulheis/Schulz (2005) es nennen 

– „Zumutungen und Leiden im deutschen 

Alltag“ darstellen. Beispielhaft 

wird im Folgenden eine Sozialreportage 

von Steffen Erb, Myriam Hihn und 

- 52 - 

Dominik Kropp, alle im siebten Semester 

an der Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit 

und Pfl ege an der Hochschule 

Esslingen, präsentiert. 

Trügerisches Idyll 

Zwischen Bundesstraße und Neckar 

eingekeilt, liegt diese Ansammlung von 

Hütten, das Esslinger Berberdorf. Von 

Bäumen und Sträuchern umgeben, reihen 

sich ein großes Holzhaus und viele 

kleinere Hütten aneinander. Zwischen 

den Unterkünften ein Netz von Stromleitungen, 

auf den Dächern Satellitenschüsseln. 

Wie kommen wir dorthin? 

Ein Zugang ist nicht zu erkennen. 

Über Wurzeln und Büsche stolpernd, 

gelangen wir schließlich auf einen geschotterten 

Weg zur Siedlung. Wir 

sind ein Team von drei Studierenden 

im Fach Sozialpädagogik und wollen 

diesen sozialen Brennpunkt erkunden. 

Neben einer ausrangierten Telefonzelle 

stehen Plastikstühle um einen Kugelgrill. 

Die Szenerie hat einen Hauch 

von Campingplatzidyll, wäre da nicht 

der Lärm der Bundesstraße und das 

Wissen darüber, wo wir in Wirklichkeit 

sind. In einem Berberdorf. 

Der Begriff “Berber” kommt aus dem 

Arabischen (barbari) und heißt so viel 

wie ‘berberisch’, ‘barbarisch’ und ‘unzivilisiert’. 

Ein Berber ist “jemand, der 

keinen festen Wohnsitz hat; Nichtsesshafter, 

Land-, Stadtstreicher” (Brockhaus). 

Unser erster Gesprächspartner Kalle, 

ein langjähriger Bewohner des Dorfes, 

defi niert für uns den Begriff genauer. 

Ein “Berber” sei jemand, der sich bewusst 

dafür entscheidet, mindestens 

drei Jahre auf der Straße zu leben und 

sich Isomatte und Schlafsack erbettelt. 

Er selbst hat 32 Jahre „Platte” gemacht, 

also ein Leben auf der Straße geführt. 

Dabei ist er mit seinem Rucksack 

durch ganz Deutschland gereist. Kalle 

ist 52 Jahre alt. Ein Vollbart und T-Shirts 

mit Aufschriften wie „Krawallbrüder“ 

oder „Nur Bier kann mich jetzt beruhigen“ 

demonstrieren seine Einstellung. 

Seine Tätowierungen auf den Armen 

begleiten ihn wohl schon viele Jahre. 

Auf den ersten Blick wirkt er grimmig 

und unnahbar. 

Prof. Dr. U. Zöller, Projektleiterin 

Die Dorfversammlung 

Einen Eindruck von den weiteren BewohnerInnen 

bekommen wir auf einer 

Dorfversammlung, bei der wir unser 

Forschungsprojekt vorstellen dürfen. Es 

zeigt sich eine buntgemischte Gruppe 

unterschiedlichsten Alters und verschiedenster 

Charaktere. Unser Bild eines 

typisch wohnungslosen Menschen 

müssen wir oftmals korrigieren: kaum 

verschlissene Kleidung, kein Rauschebart, 

keine von Wind und Wetter und 

Armut gegerbte Haut. Gegenüber sitzt 

Dirk, er ist Mitte 40, frisch rasiert, Kurzhaarschnitt. 

Er blättert eifrig in seinem 

Terminkalender. Mit am Tisch sitzt Basti, 

ein unauffälliger Bursche Anfang 

20, der sich Buttermilch mitgebracht 

hat. Im hinteren Teil des Raumes hat 

Biggi, ca. 50, ihren Platz gefunden. 

Sie raucht. Ihre langen Haare hat sie 

zusammengebunden und trägt ein verwaschenes, 

olivgrünes T- Shirt. Später 

stößt Stefan dazu. Er ist Ende 20, hat 

zerzauste Haare, tätowierte Arme und 

bezeichnet sich selbst als Punk. Man 

sieht ihm an, dass er gerade aufgestanden 

ist, obwohl es schon nach 14 Uhr 

ist. Auch Kalle kommt zur Bewohnerversammlung 

und stellt bei seiner Ankunft 

demonstrativ eine Flasche Bier 

vor sich auf den Tisch. 

Wir beginnen mit einer Vorstellungsrunde. 

Der Bewohner neben uns stellt 

sich vor und schließt mit den Sätzen: 

„Ich arbeite nicht. Es tut mir leid.“ 

„Musst dich doch dafür nicht entschuldigen, 

kann doch jedem passieren“, 

entgegnen die anderen in der Runde. 

Die Solidarität und Anteilnahme 

überraschen uns. Eine weitere Über- 

horizonte 40/ September 2012

Das studentische Team: Steffen Erb, Myriam 

Hihn, Dominik Kropp (Fotos: Christian 

Schüll, chris.schuell@yahoo.de 

raschung ist die rege Teilnahme an der 

Dorfversammlung und das Interesse an 

unserem Forschungsprojekt. Die BewohnerInnen 

lesen sich aufmerksam 

unsere Projektbeschreibung durch. Wir 

kündigen dort einen weiteren Besuch 

an, bei dem einer von uns eine Nacht 

im Dorf verbringen möchte. „Bringt 

Bier und Würstchen mit”, fordert uns 

Kalle auf. Diese Einladung zum gemeinsamen 

Grillen macht uns zuversichtlich, 

dass wir Zugang zu diesen 

Menschen fi nden werden. 

Nach der ersten Euphorie über das 

Treffen beschäftigt uns die Frage, ob 

wir beim nächsten Mal wirklich Alkohol 

mitnehmen wollen. Wir werden 

mit unseren eigenen Vorurteilen konfrontiert. 

Würden wir auch ohne dieses 

Gastgeschenk Zugang zu den BewohnerInnen 

bekommen? Würden wir 

nicht eine Grenze zwischen „uns” und 

„denen” ziehen, wenn wir mit einem 

Orangensaft am Tisch sitzen? Warum 

beschäftigt uns die Frage überhaupt? 

Gehen wir dadurch nicht davon aus, 

dass alle dort ein Alkoholproblem haben, 

das wir nicht unterstützen wollen? 

Am Ende entscheiden wir uns trotz aller 

Bedenken für den Sixpack Bier als 

Türöffner. 

Der erste Abend 

Zwei Tage später machen wir uns 

abends auf den Weg ins Dorf, bepackt 

mit Würstchen und Bier. Alles ist wie 

ausgestorben. So setzen wir uns an einen 

Plastiktisch vor eine der Hütten und 

warten. Im Gebüsch frisst eine Ratte 

Erbrochenes. Unser Bild von der Campingplatzidylle 

bekommt erste Risse. 

Eine uns fremde Frau kommt aus der 

Hütte, vor der wir sitzen. Sie ist nicht 

überrascht, uns Studierende hier zu sehen, 

sondern sehr aufgeschlossen und 

freundlich. Wir erfahren, dass sie selbst 

nicht im Dorf wohnt, sondern Kalles 

Freundin ist. Sie erzählt, über das Berberdorf 

habe sie am Anfang gedacht, 

es sei „wie Ferien auf dem Bauernhof“. 

Während des Gesprächs mit Sandra 

geht ein Bewohner vorbei und sagt 

im Selbstgespräch, allerdings so laut, 

dass wir es hören können: „Jetzt lauf 

ich grad an den falschen Leuten vorbei.“ 

Gutes Zureden und die Aussicht 

auf ein Bier beschwichtigen ihn jedoch 

und er setzt sich zu uns. Er stellt sich als 

Sammy vor und kommt mit uns ins Gespräch. 

Es dauert nicht lange, bis Stefan 

sich dazu setzt. Basti spielt in der Nähe 

mit Stefans Hund. Basti wohnt erst seit 

kurzem im Berberdorf und träumt von 

einer eigenen Wohnung. Er möchte vor 

dem Winter das Dorf verlassen. 

Dinge selber regeln 

Sammy und Stefan erzählen von einer 

gemeinsamen Freundin. Sie hat 

einen neuen Partner, der bei der Beerdigung 

ihres Exfreundes, einem guten 

Freund der beiden, zum Pfarrer sagte: 

„Komm auf den Punkt, es ist kalt.” Zwei 

Wochen nach der Beerdigung zog er 

als ihr Neuer in ihre Wohnung. Sie berichten, 

dass diese Freundin vor kurzem 

nachts um halb drei mit einem blauen 

Auge und in Tränen aufgelöst ins Berberdorf 

gekommen ist. Verantwortlich 

dafür scheint ihr neuer Partner gewesen 

zu sein. Als Reaktion auf die Gewalttat 

ist Sammy mit seinen Kumpels losgezogen, 

um die Sache zu „regeln”. Wir 

denken, mit „regeln” sei gemeint, dass 

Konfl ikte eher untereinander und gewalttätig 

gelöst werden, vor allem wohl 

deswegen, weil man dank negativer Er- 

Hintergründe 

fahrungen mit der Polizei und anderen 

staatlichen Organen misstrauisch ist. 

Von verschiedenen Seiten wird uns 

erzählt, dass Ausschreitungen im Dorf 

eher durch Besucher verursacht werden. 

Uns wird das Berberdorf von allen 

Seiten als friedlich beschrieben. „Ist ne 

Kleingartensiedlung – jeder will seine 

Ruhe haben - ha jo!”, meint Stefan. 

Die Atmosphäre hängt immer von den 

aktuellen BewohnerInnen ab. „War 

schon mal aggressiver”, bestätigt uns 

Stefan. Auch wenn es heute ruhig ist 

im Dorf, meint Sammy, dass dies kein 

Ort für Kinder sei, denn „das brauchen 

die nicht sehen, die sehen heutzutage 

schon genug im Fernsehen“. 

Wir nippen an unserem Bier und lauschen 

einer weiteren Geschichte vom 

letzten Grillfest zum Vatertag. Zu diesem 

Anlass haben sie aufwändig Essen 

vorbereitet und Bier gekauft. „Da sag 

nochmal einer, Obdachlose wüssten 

nicht, wie man feiert“, fasst Sammy 

den Abend zusammen. Außerdem berichtet 

Stefan im Laufe des Abends von 

seiner Ex, die kleiner ist als er und ihn 

„untern Tisch gesoffen” habe. Über das 

ganze Gespräch hinweg kommt das 

Thema Alkohol vor. Unser Eindruck ist, 

dass Alkohol oft im Zusammenhang 

mit Geselligkeit steht und nicht unbedingt 

die einzelnen BewohnerInnen 

ein Alkoholproblem haben. 

Stefan berichtet, dass er heute, im 

Gegensatz zu früher, trinke und Joints 

rauche. Unser Eindruck ist, dass er 

diese Rauschmittel hauptsächlich aus 

Gründen der Geselligkeit konsumiert. 

Als er als Jugendlicher auf der Straße 

gelebt hat, sei das anders gewesen. 

„Also nicht der einfache Drogenkonsum, 

dass man ab und zu nen Joint 

raucht, sondern jeden Tag knülle dicht 

zu sein - zu vergessen was war”. 

In den fünfziger Jahren gab es noch zahlreiche Gelegenheitsarbeiten auf dem Bau, in 

der Land- und Forstwirtschaft. Diese Arbeiten wurden oft von Nichtsesshaften ausgeführt, 

da oft nicht nach festem Wohnsitz und Steuerkarte gefragt wurde. Sie zogen meist nach 

einigen Tagen oder Wochen weiter. Ihren Lebensunterhalt verdienten sie selbst, dem Sozialamt 

wollten sie bewusst nicht zur Last fallen. Diese Leute nannten sich “Berber”. 

Mitte der sechziger Jahre: Durch wirtschaftliche Rezession wurden die Arbeitsplätze 

knapper. Die GelegenheitsarbeiterInnen wurden von der Sozialhilfe „aufgefangen“. Einige 

lehnten diese Hilfe ab und schliefen lieber im Freien, als in staatlichen Notunterkünften 

„verwaltet“ zu werden. Der Gedanke der Selbsthilfe gewann an Bedeutung, und 

fi ndet vor allem in jüngster Zeit Anhänger unter den Betroffenen. 

Berber ist meist eine Selbstbeschreibung, die von Betroffenen selbst mit einem gewissen 

Stolz gebraucht wird. 

(vgl. Kiebel, Hannes, 1995, „Na, du alter Berber“. Beschreibung der Spurensuche zum 

Begriff, Berlin, http://www.drstefanschneider.de/armut-a-wohnungslosigkeit/dokumente/431-kiebel-hannes-qna-du-alter-berberq-beschreibung-der-spurensuche-zum-begriffberlin-1995.html, 

[19.12.2011]) 


Ein anderer Bewohner, den wir in einiger 

Entfernung immer wieder an uns 

vorbeilaufen sehen, hält sich bewusst 

von dieser Geselligkeit im Dorf fern. 

Wir erfahren, er war über 20 Jahre lang 

alkoholabhängig und hat eine Suchttherapie 

hinter sich. Basti, Sammy und 

Stefan gehen gegen 22 Uhr in ihre 

Hütten. Wir staunen, wie offen sie von 

sich erzählt haben. Myrjam und Steffen 

verlassen das Berberdorf, während Dominic 

sein Zimmer bezieht. 

Allein im Dorf – Notizen aus dem 

Forschungstagebuch 

Ich habe Unterkunft in einer kleinen 

Hütte gefunden. Es ist ein kühler Sommermorgen, 

der Himmel ist bedeckt. 

Ich sehe Sandra, Kalle und Siggi und 

einen weiteren Bewohner, der schon 

länger im Dorf wohnt. Ich geselle mich 

zu ihnen. Sie fragen mich, ob ich gut 

geschlafen habe. „Sehr gut”, antworte 

ich. Kalle meint, dass es mittlerweile 

sehr ruhig im Dorf geworden sei. Wir 

sprechen über den Versuch der „Neuen”, 

einer Sozialarbeiterin, im Dorf 

mehr Freizeitangebote zu schaffen. 

Einen Anfang hat sie mit dem Aufbau 

einer kleinen Bibliothek gemacht. 

Sandras Einschätzung zu diesem Versuch 

ist ernüchternd: „Ich meine, wer 

liest hier Reich-Ranicki? Ich habe zwar 

viele Bücher zu Hause und lese gern, 

aber naja...” Ich bin überrascht, dass 

sie Reich-Ranicki kennt und ärgere 

mich im gleichen Moment über mein 

Vorurteil, sie sei unbelesen. Auf meine 

Frage, was denn ein besseres Angebot 

wäre, weiß sie keine Antwort. „Ist halt 

schwierig, weil hier so unterschiedliche 

Leute wohnen, die Jungen, dann so alte 

Hasen...”. Dabei zeigt sie in die Runde, 

in der wir stehen. Die „alten Hasen” 

können als harter Kern des Dorfes 

angesehen werden und bilden durch 

ihren langjährigen Aufenthalt eine 

Ausnahme zu der restlichen BewohnerInnenschaft, 

die in einem Jahr einmal 

komplett wechselt. 

- 54 - 

Abb. 1: Am Eingang zum 

Berberdorf 

Die Gesprächsrunde löst sich auf und 

ich spaziere durch das Dorf. Ich treffe 

auf Dirk, den Mann mit dem Terminkalender. 

Er ist gerade auf dem Weg zu 

seiner Wohnung und ich frage ihn nach 

einem Blättchen, um eine Zigarette zu 

drehen. Ich solle mitkommen. Er geht 

kurz in sein Zimmer und kommt wieder 

mit einer ganzen Packung zurück, die 

er mir schenkt. Dann lädt er mich zu 

sich auf einen Kaffee ein. 

Beim Betreten seines Zimmers fällt 

mir die liebevoll gestaltete Einrichtung 

auf. An den Wänden hängen Berufszertifi 

kate aus besseren Zeiten, gesammelte 

Schätze vom Sperrmüll, auf dem 

Tisch in der Mitte des Raumes steht ein 

Serviettenständer, alles ist pikobello 

sauber. Nach und nach erzählt Dirk mir 

seine Geschichte. Nach einer erfolgreichen 

Suchttherapie entdeckt er die Welt 

neu und versucht sie und sein Leben zu 

ordnen. Er hat das Gefühl, dass ihm dadurch 

die Menschen im Alltag positiver 

begegnen. Die Möglichkeit im Berberdorf 

zu wohnen gibt ihm den nötigen 

Halt, jedoch gibt es auch immer wieder 

Augenblicke, an denen er wehmütig 

an sein vergangenes Leben zurück 

denkt. Seit er nicht mehr trinkt, hat er 

auch seine Kreativität wiedergefunden, 

die er in Tüfteleien auslebt. Begeistert 

erzählt er von seinem selbstgebauten 

Glastisch mit eingebauter Beleuchtung 

und einem multifunktionalen Schrank 

mit ausfahrbarer Arbeitsplatte und improvisierter 

Wasserversorgung. Die Fülle 

von Möbeln und Gegenständen sorgt 

bei mir für eine Reizüberfl utung. Mein 

Eindruck ist, dass Dirk versucht hat, 

eine gesamte Dreizimmerwohnung in 

dieses kleine Zimmer zu packen. Auf 

mich wirkt das einengend, aber ihm 

gefällt es und er hat es sich „schön gemacht 

und will auch erstmal bleiben” 

Stolz ist Dirk auch auf seine vielen neu 

gekauften Haushaltsgeräte, die er sich 

hart zusammen gespart hat. 

In einem späteren Interview bewertet 

der ehemalige technische Mitarbeiter 

des Dorfes genau diese Möglichkeit 

des persönlichen Einrichtens kritisch. 

„Also, wenn ich meinen eigenen Kleiderschrank 

hier rein stelle, dann ist das 

hier mein Zuhause”. Er meint, dass die 

MitarbeiterInnen froh wären, wenn jemand, 

der direkt von der Straße kommt, 

einige Monate im Dorf bliebe. Der oder 

die bräuchte meist Ruhe und könnte 

hier wieder Kräfte sammeln. Doch andere, 

die in keiner so kritischen Situation 

sind, nutzen dann ihre Energie, um 

ihren Wohnraum zu gestalten. Das sei 

kontraproduktiv und führe zu Verfestigung 

der Situation. 

Darüber hinaus gibt es Fälle von BewohnerInnen, 

die das Anschaffen von 

Einrichtungsgegenständen in extremer 

Art und Weise ausleben, berichtet der 

ehemalige technische Mitarbeiter. Er 

spricht von „Konsumwahn”. „Also das, 

was alles im normalen Leben da draußen 

abläuft, wird hier dann nochmal 

konzentrierter auf einem winzigen Planeten. 

Da läuft alles viel schneller ab. 

Dann werden plötzlich zwei, drei Fernseher 

reingestellt, fünf Fernbedienungen, 

Stereoanlage, alles reingestopft. 

Obwohl sie ja jetzt ja nicht mehr im 

nackten Leben sind, verlieren die Bewohner 

trotzdem die Orientierung und 

sind verloren in ihrem kleinen Wohnbereich”. 

Einige SozialwissenschaftlerInnen, 

z.B. Lothar Böhnisch, gehen davon aus, 

dass in unserer heutigen Gesellschaft 

Integration und Sinnstiftung nur noch 

für Wenige über den konventionellen 

Weg der Erwerbsarbeit funktionieren. 

Für viele gelte das Versprechen der Teilhabe 

durch Arbeit nicht mehr oder nur 

noch bedingt. Arbeitslosigkeit oder prekäre 

und befristete Beschäftigungsver- 

Abb. 1: Blick ins Berberdorf 


Daten zum Berberdorf 

(vgl. Interne Statistik des Berberdorfes 2010) 

hältnisse sorgen dafür, dass Menschen 

sich andere Wege suchen, um Teilhabe, 

Sinnstiftung und der Ausdruck der eigenen 

Persönlichkeit sichern zu können. 

Sie stecken sich erreichbare Konsumziele 

im Gegensatz zum unerreichbaren 

Arbeitsplatz. Konsum tritt an die Stelle 

von Erwerbsarbeit. Man ist, was man 

besitzt. (vgl. Böhnisch 2008, S. 214) 

Viele der BewohnerInnen haben mit 

ihren HartzIV-Bezügen allerdings kaum 

die Möglichkeit, sich eine Teilhabe 

an der Gesellschaft durch Konsum zu 

sichern. Der Techniker meint hierzu: 

„Die würden vielleicht auch gerne in 

der Stadt mal ins Café sitzen etc., und 

mal in einer ganz anderen Atmosphäre 

ihr Bier trinken. Aber das ist gar nicht 

machbar und irgendwann kommt auch 

der Frust, dass man nicht mehr zur Arbeit 

geht und das verlorene Selbstwertgefühl. 

Sie trauen sich ja gar nicht mehr 

aus dem Berberdorf raus, in die normale 

- in Anführungsstrichen - Welt”. 

Von echten Berbern und Milchbubis 

mit Rollköfferchen 

Hartz IV hat noch ganz andere Auswirkungen 

auf das Leben von Wohnungslosen. 

Das erfahren wir von Kalle. 

Mit Hartz IV sei das Leben schwerer 

geworden. Vor allem die Lebensmittel 

würden immer teurer, aber der Regelsatz 

bleibe der Gleiche. Die Hartz-Reformen 

seien auch der Grund dafür, 

dass es heute kaum noch „echte Berber 

“gebe und die meisten „festmachen”, 

sich also niederlassen, statt sich für ein 

umherziehendes Leben auf der Straße 

zu entscheiden. Vor den Gesetzesänderungen 

war es möglich, in einer Stadt 

unbürokratisch Tagessätze zu erhalten. 

Heute ist meist ein vor Ort gemeldeter 

Wohnsitz notwendig. Deswegen ist 

selbst ein Umsiedeln von Esslingen ins 

angrenzende Stuttgart mit hohem Aufwand 

verbunden. Sachleistungen wie 

z.B. Fernseher, die früher unkompliziert 

beantragt werden konnten, gibt es 

nicht mehr. Die hat man verkauft, um 

weiterreisen zu können. 

Er erzählt auch von den wilden Anfängen 

des Berberdorfs, das sich aus einer 

Ansammlung von selbst errichteten 

Notunterkünften entwickelt hat und 

anschließend in ein betreutes Hilfsangebot 

mit SozialarbeiterInnen vor Ort 

umgewandelt worden ist. Diese Besonderheit 

hat das Dorf weit über die 

Region hinaus bekannt gemacht. Seine 

Geschichten handeln von Stacheldrahtzäunen, 

abgestecktem Revier, 

Wegzoll, Angriffen aus der Esslinger 

Bevölkerung und deswegen aufgestellten 

Wachposten. Statt den echten Berbern 

wie ihm, kämen heute in erster 

Linie „Milchbubis” mit ihren Rollköfferchen 

ins Dorf, die zu Hause rausgefl 

ogen sind oder „irgendwie Scheiße 

gebaut haben, Gestrandete eben”. 

Versorgt - entsorgt? 

Alle BewohnerInnen haben in ihrer 

Vorgeschichte einen Bruch und heute 

ein ganzes Paket von Schwierigkeiten. 

Neben ihrer Wohnungslosigkeit sind 

das z.B. „Arbeitslosigkeit, Drogenabhängigkeit, 

psychische Probleme, gescheiterte 

Beziehungen, Schwierigkeiten 

mit dem Umgang mit Behörden, 

Schwierigkeiten soziale Kontakte zu 

knüpfen oder zu halten“, erzählt uns 

der Sozialarbeiter vor Ort. Bis auf einige 

Ausnahmen entscheiden sich die 

meisten dabei nicht bewusst für das 

Leben im Berberdorf, sondern bekommen 

den Platz über die Beratungsstelle 

in Esslingen zugewiesen. 

Das durch die Naturnähe erzeugte 

Campingplatzidyll ist ein Aushängeschild, 

das trügt. Es lässt nämlich 

vergessen, in welch problematischer 

Lage sich die BewohnerInnen befi nden. 

Ausgrenzung, mangelndes Selbstwertgefühl, 

Alkoholabhängigkeit etc., 

treten vor der schönen Kulisse der 

Rosenstöcke kurz in den Hintergrund. 

Der scheinbare Erholungscharakter des 

Ortes sorgt bei manchen Bürgern für 

Missgunst, erklärt der technische Mitarbeiter. 

„Wenn sie am Bahnhof oder 

sonstwo sind, da sind das dann diese 

Typen da. Aber wenn man dann dahinter 

noch die Fassade mit schönen 

Rosenstöcken, die Gartenlaubenmentalität 

sieht, dann kriegt das einen perversen, 

negativen Touch. Also hey, wir 

zahlen Steuern und die schaffen nix, 

trinken Bier, also Geld für Bier haben 

sie ja immer, und haben es hier auch 

noch schön“. Auch die Unannehmlichkeiten 

des Dorfl ebens z.B. eine 

Dusche für 25 Personen, zu der man 

im Winter durch die Kälte laufen muss, 

werden vergessen. Die Sensibilisierung 

der PolitikerInnen und etwaiger Geldgeber 

für die Probleme falle dementsprechend 

auch schwer. 

Das Berberdorf genießt bei der Stadtverwaltung 

hohe Akzeptanz und hat 

anscheinend großen Rückhalt in der 

Esslinger Bevölkerung. Das zumindest 

schließt der Bereichsleiter der Aufnahmehäuser 

der Evangelischen Gesellschaft 

Esslingen, aus den Reaktionen 

vieler BürgerInnen auf einen Zeitungsartikel. 

Darin hatte sich ein Politiker 

kritisch zum Dorf geäußert. In LeserInnenbriefen 

hätte man das Dorf in 

Schutz genommen und gefordert, die 

Menschen dort in Ruhe zu lassen. 

Woher kommt die Zustimmung? Ist 

es den EsslingerInnen wichtig, dass die 

Wohnungslosen eine Einrichtung haben, 

in der sie wieder Kraft sammeln 

können, um nächste Schritte zu gehen? 

Oder schätzen sie einfach, dass die 

Menschen nicht nur versorgt, sondern 

auch entsorgt werden, auf der anderen 

Seite der Brücke, eingekeilt zwischen 

Bundesstraße und Neckar? 

Zusammenfassung der Erkenntnisse 

Das Berberdorf als Zwischenwelt 

Das Berberdorf stellt eine Zwischenwelt 

dar, zwischen einem Leben auf 


der Straße und einem Leben „in der 

Gesellschaft“. Das Berberdorf besitzt 

durch seine Historie und seinen Ruf, 

etwas Besonderes zu sein, eine eigene 

Identität, bzw. so etwas wie eine Kultur, 

mit eigenen Normen und Werten 

und Traditionsüberlieferung. Überliefert 

wird diese von den langjährigen 

oder immer wiederkehrenden BewohnerInnen, 

die den Mythos Berberdorf 

lebendig halten und häufi g von den 

früheren wilden Zeiten erzählen. 

Werte im Berberdorf 

Die Langjährigen, sind wesentlich 

beteiligt an der Durchsetzung der Normen, 

wenn auch eher stillschweigend 

im Hintergrund. So gehören Solidarität, 

Offenheit und Geduld mit Neuen zu 

zentralen Werten des Zusammenlebens, 

gleichzeitig aber auch Alkoholkonsum 

und eine Geringschätzung der MitarbeiterInnen, 

bzw. eine Abgrenzung zu 

diesen. Zeigt sich z.B. ein Bewohner 

zu hilfsbereit und aufgeschlossen gegenüber 

den Hauptamtlichen und hilft 

vielleicht sogar bei anfallenden Reparaturarbeiten, 

so droht der Ausschluss. 

Ausgrenzung 

Die Langjährigen und die, die von 

ihnen akzeptiert sind und sich entsprechend 

verhalten, bilden die entsprechende 

Mehrheitsgesellschaft und 

haben Macht im Sinne von Ausgrenzungsmöglichkeiten. 

Ihnen gegenüber 

stehen die, die eher als EinzelgängerInnen 

bezeichnet werden können. Entweder 

aus bewusster Entscheidung und 

eigener Abgrenzung oder weil sie aktiv 

ausgegrenzt werden. 

Bedeutung des Dorfs für die BewohnerInnen 

Die Art, wie im Dorf Integration hergestellt 

wird, hängt auch mit der Frage 

zusammen, welche Bedeutung das 

Dorf für sie hat. Da gibt es zum einen 

die immer geringer werdende Zahl der 

Herumziehenden, die bewusst für eine 

Zeitlang festmachen, beispielsweise 

im Winter, um dann nach einer Weile 

weiterzuziehen. Mit dem Rückgang der 

„echten Berber“, wegen Mobilitätseinschränkungen 

durch die neue Hartz-IV- 

Gesetzgebung etc., werden sie immer 

weniger. Stattdessen gibt es immer mehr 

Gestrandete, die durch psychische Auffälligkeiten, 

Probleme im Elternhaus 

oder Ähnliches den Halt verlieren und 

im Berberdorf „landen“. Sie würden 

nicht so weit gehen, das Dorf als ihr 

Zuhause zu bezeichnen, haben aber 

im Gegensatz zu den Herumziehenden 

keine klare Vorstellung davon, wann 

und wie es weitergehen soll. Für die 

Gestrandeten ist es oft ein zweischnei- 

- 56 - 

Daten zur Wohnungslosigkeit 

(vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V.) 

diges Schwert, dass sie sich im Dorf 

persönlich einrichten können, da sie 

so unter Umständen viel Energie darauf 

verwenden, es sich schön zu machen, 

statt die Einrichtung in ihrer Funktion 

als Übergangslösung zu begreifen. 

Beobachtete Ambivalenzen 

Es kann für manche sehr wichtig 

sein, erst einmal wieder zu Kräften zu 

kommen an einem Ort, an dem sie sich 

wohlfühlen, für andere trägt dies aber 

eher zur Verfestigung der Situation bei. 

Neben diesen beiden Gruppen gibt es 

die Langfristigen, die sich eingerichtet 

haben und sich auch bewusst für das 

Berberdorf als Zuhause entschieden 

haben. Diese sind teilweise schon Jahre 

dort, was nur möglich ist, da die Befristung 

von sechs Monaten, die in anderen 

Aufnahmehäusern gilt, im Berberdorf 

nicht als harte Grenze gehandhabt 

wird. Ob das besser wäre, ist eine andere 

Frage, da oft Anschlusshilfen fehlen, 

sowohl was betreutes Wohnen betrifft, 

als auch im sozialen Wohnungsmarkt, 

ganz zu schweigen vom regulären 

Wohnungsmarkt, auf dem die meisten 

überhaupt keine Chance mehr hätten. 

Unterschiedliche Zukunftsszenarios bei 

den MitarbeiterInnen 

Die Visionen reichen von einer Einrichtung, 

die sich als strikte Zwischenlösung 

versteht und Befristungen konsequenter 

durchsetzt, über einen dauerbetreuten 

Ort des Zur-Ruhe-Kommens, 

bis hin zu einem von sesshaften BewohnerInnen 

weitgehend selbstverwalteten 

Dorf, das ab und zu von SozialarbeiterIinnen 

aufgesucht wird. 

Idyllische Naturlandschaft erweist sich 

als trügerisch 

Für einige BewohnerInnen, die beispielsweise 

sehr lang auf der Straße 

gelebt haben, bedeutet es eine gewisse 

Niedrigschwelligkeit, da sie nicht ohne 

weiteres in klassischen Aufnahmeein- 

richtungen unterkommen würden, weil 

die Naturnähe fehlt. Für andere wiederum 

kann auch dies ein Verfestigungsrisiko 

darstellen. Gleichzeitig entsteht 

für Außenstehende schnell ein Bild des 

„Die haben‘s doch ganz gut“, das bestehende 

Probleme wie Ausgrenzung, 

Stigmatisierung, Alkoholabhängigkeit 

etc. verharmlost und über die Unannehmlichkeiten 

des Ortes hinwegsehen 

lässt, dass es z.B. nur eine Dusche, nur 

einige wenige Gemeinschaftsklos im 

Freien gibt etc. 

Fazit 

Das Berberdorf stellt eine widersprüchliche 

Zwischenwelt dar, die einerseits 

helfende und stabilisierende 

Strukturen schafft, die andererseits im 

Rahmen von Hilfsinterventionen der 

Sozialen Arbeit Ausgrenzungsbedingungen 

etabliert, da den BewohnerInnen 

die Rückkehr in ein selbstständiges 

Leben trotz der Unterstützung nicht 

gelingt. Vielleicht stößt das Berberdorf 

deswegen auf breite Akzeptanz bei der 

Esslinger Bevölkerung, da das Berberdorf 

als Einrichtung dafür sorgt, dass die 

Berber im städtischen Leben nicht auffallen. 

Integrationsbemühungen im Sinne 

einer Inklusion der Berber in die Gesellschaft 

werden dadurch verhindert. 

Literaturverzeichnis 

Böhnisch, Lothar, 2008, Sozialpädagogik 

der Lebensalter: eine Einführung, 

Weinheim u. München. 

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, 

http://www.dhs.de/datenfakten/alkohol.html, 

[20.12.2011]. 

Kontakt: Prof. Dr. Ulrike Zöller, Hochschule 

Esslingen, Fakultät Soziale Arbeit, 

Gesundheit und Pfl ege, E-Mail: 

Ulrike.Zoeller@hs-esslingen.de 


Die Debatte um das islamische Kopftuch im europäischen Vergleich 

Hans Walz, Hochschule Ravensburg/Weingarten 

Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine Besprechung des Buches „Politics, Religion and Gender. Framing and regulating 

the veil“, von Sieglinde Rosenberger and Birgit Sauer. Wir veröffentlichen diese Rezension, da sie einen Beitrag 

zu einem aktuellen Thema liefert, die auch in unseren Hochschulen in den Fakultäten der Sozialen Arbeit ihren Widerhall 

fi ndet. 

Seit im Jahre 1998 die damalige baden-württembergische 

Kultusministerin 

und heutige Bundesministerin für Wissenschaft 

Annette Schavan der muslimischen 

Lehrerin Fereshta Ludin die Einstellung 

in den staatlichen Schuldienst 

verweigerte, weil sie im Unterricht ein 

Kopftuch trug, wird mit schweren Geschützen 

wie Religionsfreiheit, Neutralität 

des Staates und Beamtenpfl icht 

gegen diesen Quadratmeter Tuch geschossen. 

Emotional und ideologisch 

aufgeladen wird die Debatte durch die 

generelle Unterstellung, das islamische 

Kopftuch – nur speziell um dieses 

geht es faktisch – versinnbildliche eine 

Unterdrückung der Frau und sei eine 

Provokation gegen unser westliches 

Verständnis von Demokratie und Partnerschaft. 

Der Vergleich unterschiedlicher Regelungen 

in verschiedenen Ländern Europas 

wie auch innerhalb der Bundesrepublik 

in verschiedenen Bundesländern 

legt folgende Einschätzung nahe: Die 

gesetzlichen Kopftuchverbote für Lehrerinnen 

in acht von 16 Bundesländern 

in Deutschland (Baden-Württemberg, 

Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, 

Saarland, Berlin, Bremen; Niedersachsen) 

sind ein Hinweis für die gesetzgeberische 

Überforderung unserer politischen 

und demokratischen Gremien, 

dem Faktum Rechnung zu tragen, dass 

die Bundesrepublik ein Einwanderungsland 

ist. Zu diesem Urteil kommt 

Sabine Berghahn (Professorin für Recht 

an der Hochschule für Wirtschaft und 

Recht, Berlin) in ihren beiden sorgfältig 

recherchierten Beiträgen (S.97-115; 

S.150-168 zusammen mit zwei Kolleginnen) 

zur Kopftuchdebatte in dem 

von Sieglinde Rosenberger und Birgit 

Sauer (Politologinnen an der Universität 

Wien) 2012 herausgegebenen englischsprachigen 

Sammelband mit dem Titel 

„Politics, Religion and Gender. Framing 

and regulating the veil“. Diese Publikation 

stellt die für den europäischen 

Einigungsprozess beachtenswerten Ergebnisse 

aus dem von der Europäischen 

Kommission 2006 bis 2009 geförderten 

VEIL-Projekt vor. 

In diesem Kooperationsprojekt haben 

17 Forscher und Forscherinnen von 

Universitäten in Dänemark, Frankreich, 

Griechenland, Österreich, UK, Deutschland, 

der Türkei, Italien und den Niederlanden 

die religiös-kulturellen und 

politischen Rah menbedingungen (Teil 

1, S.15 – 93) sowie die faktisch erlassenen 

bzw. im Vergleich zu anderen 

europäischen Ländern nicht erlassenen 

gesetzlichen Regelungen (Teil 2, S. 95 

– 204) zum islamischen Kopftuch in 

Österreich, Dänemark, Frankreich, Griechenland, 

Deutschland, den Niederlanden, 

der Türkei und England erhoben. 

Zusätzlich enthält das Buch einen Bericht 

über die Regelungen in Bulgarien 

(S.116 – 131) und einen dokumentarischen 

Anhang über die ausgewerteten 

kulturellen und politischen Dokumente 

in den einzelnen Ländern S.217 – 234). 

Nicht zu unterschätzen ist der Wert der 

nach jedem Beitrag aufgeführten Literaturangaben, 

die eine Vertiefung und Erweiterung 

in die jeweilige Thematik der 

einzelnen Artikel ermöglichen. 

In allen zehn Fachartikeln geht es 

vorrangig um das islamische Kopftuch 

(‚headscarf‘) und weniger um die sonstigen 

Formen der mit dem englischen 

Oberbegriff ‚veil‘ beschriebenen unterschiedlichen 

‚Verschleierung‘ von 

Frauen (z.B. durch die als ‚Burka‘ bezeichnete 

Ganzkörperverschleierung ). 

Grundsätzlich kann bei den untersuchten 

Ländern hinsichtlich des Verbots 

bzw. der Erlaubnis des islamischen 

Kopftuchs zwischen drei Regelungsmodellen 

unterschieden werden: einerseits 

Regelungen mit einer laizistischen 

Trennung zwischen Staat und Religion, 

wie sie in Frankreich und der Türkei 

vorherrschen, andererseits Regelungen 

in Ländern mit einem mehr oder 

weniger ausgeprägten neutralen Staat- 

Kirchen-Verhältnis (z.B. Deutschland, 

Österreich, Niederlande) und schließlich 

drittens Regelungen in Ländern mit 

einer staatskirchlichen Religionspraxis 

(wie in Dänemark, Griechenland und 

England) Diese dreiteilige Differenzierung 

ist idealtypisch, denn faktisch vermischen 

sich neutrale und laizistische 

Positionen, z.B. in den oben aufgezählten 

acht Bundesländern in Deutschland, 

die ein explizites Kopftuchverbot 

für Lehrerinnen ausgesprochen haben. 

Diese unterschiedliche Rechtsprechung 

in Deutschland sei nachfolgend entlang 

der genannten Buchartikel von Berghahn 

sowie einem weiteren Artikel von 

ihr nachgezeichnet: Auf die Klage der 

oben erwähnten Lehrerin Fereshta Ludin 

beim Bundesverfassungsgericht hat 

dieses durch eine knappe Mehrheitsentscheidung 

(5:3) vom 24.September 

2003 festgestellt, dass einer Lehrerin 

das Tragen eines Kopftuches an öffentlichen 

Schulen ohne gesetzliche Grundlage 

nicht verboten werden könne. Zugleich 

billigte das Bundesverfassungsgericht 

in einer Art Kompromissformel, 

um ein Patt von 4:4 zwischen den unterschiedlichen 

Voten der Verfassungsrichter 

zu vermeiden, den einzelnen 

Bundesländern zu, dass sie das Tragen 

religiöser, weltanschaulicher oder politischer 

Kleidungsstücke zum Schutze 

der Glaubensfreiheit von Schülern und 

Eltern einschränkend regeln dürften, 

freilich nur unter der Voraussetzung der 

Gleichbehandlung aller Religionen und 

Weltanschauungen. 

Nach dieser Entscheidung haben die 

eingangs genannten acht Bundesländer 

spezifi sche gesetzliche Verbote für das 

Tragen von religiösen, weltanschaulichen 

und politischen Zeichen oder 

Kleidungsstücken für Lehrkräfte an öffentlichen 

Schulen , teilweise auch für 

andere Bereiche des öffentlichen Dienstes 

(Hessen, Berlin) erlassen. Innerhalb 

der Regelungen dieser acht Bundesländer 

lassen sich zwei Regelungstypen 

unterscheiden, zum einen ein relativ 

striktes laizistisch-orientiertes Verbot 

aller weltanschaulichen Zeichen in 

Berlin, Bremen und Niedersachsen; andererseits 

ein christlich-abendländisch 

orientiertes Regelungsmodell in den 

Bundesländern Baden-Württemberg, 

Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen 

und Saarland, das in Form einer Art 

‚Ausnahmeklausel‘ christlich-abendländische 

Traditionen von einem Verstoß 

gegen das staatliche Neutralitätsgebot 

ausnimmt. 

Die anderen acht Bundesländer 

(Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg- 

Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, 

Sachsen, Sachsen-Anhalt, 

Schleswig-Holstein, Thüringen) haben 

keine spezifi sche Regelung zum Verbot 


weltanschaulicher Zeichen erlassen; sie 

entscheiden nach beamtenrechtlichen 

Regelungen und den Grundsätzen des 

Bundesverfassungsgerichts von Fall zu 

Fall. 

Wenn schon in den einzelnen Bundesländern 

Deutschlands eine so unterschiedliche 

Gesetzgebung zu Erlaubnis 

und zum Verbot weltanschaulicher und 

politischer Zeichen und Kleidungsstü cke 

besteht, um wie viel mehr können wir 

dann eine solche Unterschiedlichkeit in 

einzelnen Ländern Europas erwarten. 

Hierzu fi nden wir in den zehn Artikeln 

des Sammelbandes zu speziellen Themenbereichen 

wie z.B. ‚Gender and 

gender equality‘, ‚Thinking through secularism‘, 

Regulating religious symbols 

in public schools‘ eine Fülle komparativer 

Befunde. Eigens hingewiesen sei 

auf den Artikel von Leila Hadi-Abdou 

und Linda Woodhhead: Hier kommt 

die Sichtweise von Musliminnen selbst 

zur Darstellung. Dass Sawitri Saharso in 

dem mit ‚conclusions‘ überschriebenen 

Schlusskapitel (S. 205 – 216) sich in 

philosophischen Überlegungen zu den 

‚values of liberalism‘ ergeht, ohne diese 

Überlegungen überzuleiten in praktische 

Folgerungen – z.B. auf der Grundlage 

der Europäischen Menschenrechtskonvention–, 

bleibt angesichts der Zielsetzung 

des Buches, einen Beitrag zur 

Europäischen Integration zu leisten, 

unverständlich. 

Der mögliche Adressatenkreis für diese 

Publikation ist breit: Auf jeden Fall 

gehören dazu Lehrende und Studierende 

vor allem von rechts-, politik-, sozial- 

und wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen, 

darüber hinaus LehrerInnen 

in Schulen, LeiterInnen und SachbearbeiterInnen 

in öffentlichen Behörden 

und vor allem: Hochschulbibliotheken, 

denn das Buch ist eine Fundgrube für 

Hausarbeiten und weiterführende wissenschaftliche 

Arbeiten. 

Framing and Regulating the Veil. 

Sieglinde Rosenberger, Birgit Sauer 

(Hrsg.). Routledge, London – New York 

2012, 243 Seiten, 89 €, ISBN: 978- 

0415561488 

Kontakt zum Autor: Prof. Dr. rer.soc. 

Hans Walz, Hochschule Ravensburg- 

Weingarten, Institut für Angewandte 

Forschung (IAF), Schwerpunktbereich 

Angewandte Sozial- und Gesundheitsforschung, 

Postfach 1261, 88241 

Weingarten. E-Mail: walz@hs-weingarten.de; 

Privatadresse: Panoramastr. 

46, 88255 Baienfurt; Tel. 0049-751- 

48390. 

- 58 - 

Buchvorstellungen 

Menschenrechtsorientiert wahrnehmen – beurteilen – handeln 

... so lautet der Titel des von 14 Autoren 

aus Deutschland, Österreich und 

der Schweiz verfassten Buches, Buches, 

das unter der Federführung von Hans 

Walz (dem Autor der vorangegangenen 

Buchbesprechung zum „Kopftuchstreit“), 

Irmgard Teske (beide von der 

Hochschule Ravensburg-Weingarten) 

und Edi Martin (Zürcher Hochschule 

für angewandte Wissenschaften) 2011 

erschienen und seit September 2012 

bereits in der 2. Aufl age vorliegt. 

Die Beitra�ge des Buches sind spezifi 

sch auf Soziale Arbeit ausgerichtet 

und eignen sich fu�r die Grundausbildung 

in Bachelor-Studienga�ngen, zur 

Vertiefung oder Erga�nzung in Master- 

Studienga�ngen und fu�r Fortbildungsveranstaltungen, 

aber auch zur professionellen 

Orientierung und fu�r die 

fachliche Arbeit in der Praxis. Das Buch 

ist aber kein gewo�hnliches Fach- oder 

Lehrbuch, sondern versteht sich als 

Lese- und Arbeitsbuch, welches anregend 

verschiedene Aspekte der Menschenrechtsorientierung 

behandelt und 

so die Relevanz der Menschenrechte 

auf vielfa�ltige Weise aufzeigt. Statt 

moralischer Appelle vermittelt es Impulse 

zum menschenrechtsorientierten 

Wahrnehmen, Bewerten und Handeln 

Recruiting im Social Web 

(Nach der Verlagsankündigung zur 

Bucherscheinung) Der demografi sche 

Wandel in den Industrieländern bedingt, 

dass es in Zukunft weniger gut 

qualifi zierte Fach- und Führungskräfte 

im erwerbsfähigen Alter geben wird. 

Dieser Engpass wird zu einem „War 

for Talents“ führen. Die wenigen hoch 

qualifi zierten Kräfte verfügen über zunehmende 

Verhandlungsmacht – Unternehmen 

müssen sich als attraktiver 

Arbeitgeber darstellen und um die 

Gunst der potenziellen, aktuellen und 

ehemaligen Mitarbeiter buhlen. 

Aber gerade die jungen Fach- und 

Führungskräfte der Generation Y lassen 

sich auf klassischem Wege nur schwer 

rekrutieren. Unternehmen müssen die 

Talente vielmehr im Social Web umwerben, 

ihnen interessante Herausforderungen 

bieten und vor allem glaubwürdig 

kommunizieren. Prof. Dr. Sonja 

Salmen von der Hochschule Heilbronn 

(Arbeitsgebiete E-Strategie und Social 

Media Management), sowie die Exper- 

Die Herausgeber, Prof. Dr. Walz (2.v.l.), 

Prof. Teske (4.v.l.) und Dozent Martin (6.v.l) 

mit dem Autorenteam (Foto: T. Simpfendörfer, 

Weingarten) 

in Netzwerken, Organisationen und 

Ausbildungssta�tten der Sozialen Arbeit. 

(Abschnitt inhaltlich zitiert nach dem 

Klappentext des Buches). 

Walz, Hans / Teske, Irmgard / Martin, 

Edi (Hrsg.) (2011): Menschenrechtsorientiert 

wahrnehmen – beurteilen 

– handeln. Ein Lese- und Arbeitsbuch 

für Studierende, Lehrende und Professionelle 

der Sozialen Arbeit. Mit einem 

Geleitwort von Silvia Staub-Bernasconi, 

Interact Verlag, Luzern / Budrich Unipress 

Verlag, Opladen & Farmington 

Hills , MI 2012. (395 Seiten, kartoniert; 

D: 29,90 € 

ten für alternative Strategien zur Mitarbeitergewinnung 

Peer Bieber, Henner 

Knabenreich und Dr. Martin Reti zeigen 

in diesem Buch, was die Generation 

Y motiviert und was Unternehmen 

tun müssen um diese junge Menschen 

zu gewinnen. Die Autoren liefern praktische 

Orientierungsrichtlinien für den 

effi zienten Einsatz von Social Media- 

Applikationen für ein zielgerichtetes 

E- Recruting, für Personalmarketing 

und -entwicklung. Der Rechtsexperte 

Klaus Bülke erläutert die wesentlichen 

juristischen Rahmenbedingungen, die 

es zu beachten gilt, um das Risiko einer 

Reputationsschädigung im Social Web 

zu minimieren. 

Bernd H. Rath, Sonja Salmen (Hrsg.): 

Recruiting im Social Web. Talentmanagement 

2.0 - So begeistern Sie Netzwerker 

für Ihr Mitmach-Unternehmen! 

BusinessVillage Verlag1. Aufl age (2012), 

224 Seiten, ISBN: 9783869801704, 

34,80 € 


Synergien zur Nachhaltigkeit – Kooperation zwischen Hochschule und Stadt in studentischen 

Projekten. 

Ulrich D. Holzbaur, Monika Bühr, Hochschule Aalen 

Die Hochschule Aalen hat in den letzten 10 Jahren eine enge Kooperation mit der Stadt Aalen entwickelt, um in studentischen 

Projekten das Thema Nachhaltigkeit voranzubringen. Die erfolgreiche Kooperation wurde mehrfach gewürdigt und 

ausgezeichnet. Erfolgreiche Projekte verbinden die Heranführung an die Forschung mit der eigenen Projektarbeit und deren 

konkreten Ergebnissen. 

Vielfältige Projektpartnerschaften 

Seit über 10 Jahren werden an der 

Hochschule Aalen systematisch studentische 

Projekte in Kooperation mit Organisationen 

der Region durchgeführt. Die 

Projekte fi nden im Rahmen verschiedener 

Lehrveranstaltungen statt. Themen 

umfassen die Konzeptentwicklung 

oder Initiierung von Aktivitäten durch 

studentische Teams in Kooperation mit 

Partnern aus der Stadtverwaltung, der 

Lokalen Agenda 21 und weiteren Stakeholdern. 

Exemplarische Projektpartner in studentischen 

Projekten sind: 

• Ämter der Stadt Aalen wie Grünfl ächen-/Umweltamt, 

Ordnungsamt, 

Tourismus, City-Manager, Demographischer 

Wandel 

• Gruppen der Lokalen Agenda 21 wie 

Barrierefrei, Regionalvermarktung, 

Energetisch 

• Region Ostwürttemberg, Regionalverband,Wirtschaftsförderungsgesellschaft 

Ostwürttemberg Landratsamt 

mit Bereichen Tourismus, Forstverwaltung, 

Landwirtschaftsamt, 

Prävention 

• Museen: Limesmuseum, Geologisches 

Museum, Besucherbergwerk 

• Polizeidirektion, Präventionsstellen, 

Verkehrspolizei 

• Weitere Gemeinden der Region 

• Namhafte Firmen der Region 

Erlebnisorientierung und „Prepared 

Projects“ 

Die Projektarbeiten und ihre Umsetzung 

basieren auf der Integration der 

Grundlagen „Erlebnisorientierung in 

der Bildung“ und „Prepared Projects 

Method“ (PPM). 

Die Methode basiert neben dem bekannten 

und weitverbreiteten Ansatz 

„Lehren durch Projekte“ auf 3 Säulen: 

• Risikoreduktion durch gute Projektvorbereitung 

in den frühen Projektphasen 

des didaktischen Gesamtprojekts, 

in das das studentische Projekt 

eingebettet ist. 

• Erlebnisorientierung durch Übertra- 

gung von Planspielkonzepten (Dynamik, 

Interaktion, Perspektivenwechsel, 

De/Briefi ng-Phasen) auf 

studentische Projekte 

• Motivation durch konkrete Projektergebnisse 

mit einem Nutzen für die 

Allgemeinheit im Sinne der Nachhaltigen 

Entwicklung 

Nachhaltigkeit 

Seit längerem wurden an der Hochschule 

Projekte zum Thema Nachhaltigkeit 

in Kooperation mit den verschiedensten 

Projektpartnern umgesetzt. 

Durch die erfolgreichen Projektarbeit 

wurde das Thema Nachhaltigkeit an 

der Hochschule Aalen geprägt und 

weiter ausgebaut. 

Die Hochschule Aalen hat ab 1993 

die Stelle des Senatsbeauftragten für 

Technik- und Wissenschaftsethik eingerichtet 

und dort auch das Thema 

Umweltschutz und Ökologie in Lehre 

und Forschung umgesetzt. 2008 wurde 

die Stelle des Senatsbeauftragten für 

nachhaltige Entwicklung geschaffen, 

zum Nachhaltigkeitsbeauftragten wurde 

Prof. Dr. Ulrich Holzbaur ernannt. 

Um die Nachhaltige Entwicklung in 

der Lehre und Forschung voranzubringen 

wurde im Mai 2012 eine halbe Referentenstelle 

für Nachhaltige Entwicklung 

an der HS Aalen geschaffen. 

Gemeinsam mit der Volkshochschule 

Aalen haben die Hochschule und die 

Stadt 1997 die Einrichtung einer lokalen 

Agenda 21 initiiert. Die Stadt Aalen 

hat den Start des Prozesses durch ein 

Agendabüro unterstützt. Parallel dazu 

wurde an der Hochschule Aalen durch 

die Umstrukturierung von der Fachhochschule 

mit ihren noch deutlich 

erkennbaren Wurzeln einer Ingenieurschule 

zu einer Hochschule für Angewandte 

Wissenschaften und durch die 

Umsetzung des Bologna-Prozesses 

bessere Voraussetzungen geschaffen, 

Projekte zum Thema Nachhaltigkeit in 

den Lehrveranstaltungen zu integrieren. 

Erlebnisorientierung 

Das didaktische Leitbild „Erlebnisorientierung“ 

beruht auf der Einsicht, dass 

Prof. Dr. U. Holzbaur 

Dipl.-Ing.(FH) M. Bühr 

nicht nur im Eventmanagement sondern 

auch in der Lehre das persönliche 

Erleben ein wesentlicher Erfolgsfaktor 

ist und sich Aktivierung und Positivität 

gegenseitig verstärken. Die Ideen der 

Handlungs- und Erlebnisorientierung 

wurden mit mehreren Beiträgen zur 

Methode, zu Inhalten und vielfältigen 

Beispielprojekten aber auch Lehrveranstaltungen 

und Events der Hochschule 

in einem Sammelband „Handlungs- 

und Erlebnisorientierung in der tertiären 

Bildung“ (Holzbaur/Marx 2011) 

zusammengefasst und publiziert. 

Ein Beitrag mit dem Titel „Nachhaltigkeit 

lokal erleben“ (Holzbaur/Kaufmann 

2011) analysiert speziell die 

Aalener Aktivitäten und beschreibt die 

Aktionen zu „Aalen nachhaltig-er-leben“ 

sowie die verschiedenen Veranstaltungen 

wie „Tag der Region“ und 

„Energietage“. 

Prepared Projects Method (PPM) 

Im Rahmen des Bologna-Prozesses 

werden studentische Projekte immer 


Abb. 1: Verleihung des UNESCO-Labels für 

Bildung für nachhaltige Entwicklung 2012 

an das Aalener Team 

relevanter: Einerseits nehmen Projekte 

und Projektmanagement in der Praxis 

und im Studium einen immer höheren 

Stellenwert ein und darüber hinaus 

wird im Studium mehr Praxisrelevanz 

gefordert. Andererseits fördert die zunehmende 

und explizit festzulegende 

Differenz zwischen Präsenzzeit und 

Arbeitsbelastung die Ausweisung von 

Projekten im Studium. 

Der auf der Konferenz INTED (International 

Technology, Education and 

Development Conference) in Valencia 

vorgestellte Beitrag „Teaching Quality 

and Sustainability via the Prepared Projects 

Method“ wurde publiziert (Holzbaur 

2008) und beschreibt die Methode 

PPM im Detail. Die Methode intensiv 

vorbereiteter und gut strukturierter 

Projekte („Prepared Projects Method“ 

PPM) baut auf einer langen Lehrerfahrung 

mit Fallstudien, Planspielen, Projekten, 

Projekt- und Eventmanagement 

sowie auf den Erfahrungen vieler Kollegen 

und Kolleginnen auf. Der Lerneffekt 

eines Projekts ist am besten, wenn 

die optimale Mischung zwischen Theorie 

und Praxis sowie eine optimale Balance 

zwischen Herausforderung und 

Machbarkeit vorliegt. Die Betrachtung 

eines studentischen Projekts als Planspiel 

trägt dazu bei, die Erfolgschancen 

und den didaktischen Nutzen zu verbessern. 

Der Realitätsbezug führt zwar auch 

zu Problemen, deren Überwindung 

stellt aber einen wesentlichen Bildungseffekt 

dar. Gerade die Tatsache, 

dass eine Aufgabe am Anfang nicht abgeschlossen 

defi niert ist, sondern dass 

die Anforderungsanalyse und die Kommunikation 

mit den Stakeholdern Teilaufgaben 

und wichtige Erfolgsfaktoren 

des Projekts sind, bereitet den Studierenden 

häufi g Schwierigkeiten. Sie 

erwarten zunächst eine umfangreiche 

und komplette Aufgabenbeschreibung. 

Auch die Defi nition von Zielen statt 

Aufgaben (Was statt Wie) müssen sie 

lernen. Die Aufgaben (Arbeitsstrukturplan) 

leiten sich dann von den Zielen 

- 60 - 

(Vision) ab. Diese Erfahrungen helfen, 

im Praxissemester oder Berufseinstieg 

kompetenter und systematischer an 

die anstehenden realen Probleme heranzugehen 

und damit dem typischen 

Praxisschock zu entgehen. 

Umfänge der Projekte 

Die Umfänge der Projekte müssen 

so angelegt werden, dass Studierende 

mit deren Arbeitszeit zur Vor- und 

Nachbereitung und der eigentlichen 

Projektbearbeitung, zurechtkommen. 

Aus der über 10 Jahre langen Erfahrung 

mit der PPM-Methode können die Umfänge 

der Projekte vom Dozenten sehr 

gut vorab eingeschätzt werden. Eine 

Anpassung im Rahmen des magischen 

Projektdreiecks liegt in der Verantwortung 

des bearbeitenden Teams gemeinsam 

mit dem jeweiligen Kunden (Projektpartner). 

Die Balance zwischen Herausforderung 

und Machbarkeit im Projekt sicherzustellen, 

ist eine der wichtigsten 

Aufgaben des Dozenten in der Vorbereitung 

der Projekte. Dazu müssen im 

Rahmen des magischen Projektdreiecks 

aus Zielen, Ressourcen und Terminen, 

die Ansprüche der Studierenden, der 

Hochschule, der Stadt und der einzelnen 

Anspruchsgruppen berücksichtigt 

werden. 

Aufwände zur Vorbereitung der Projekte 

Die Projektvorbereitung umfasst 

nicht nur die Projektauswahl, sondern 

auch die Kalibrierung (Umfang und 

Aufwand) und Planung. Folgende Parteien 

müssen für ein erfolgreiches Projekt 

berücksichtigt werden: 

• Die Projektpartner mit ihren jeweiligen 

Zielen und Erwartungen: Projektpartner 

können hochschulintern 

oder -extern sein. 

• Die studentischen Teams mit den 

individuellen Mitgliedern, welche 

aus unterschiedlichen Semester oder 

Studiengängen kommen können. 

• Die Hochschule als Instanz, die 

Ansprüche an das Niveau der Ausbildung 

stellt, über zusätzliche 

Möglichkeiten zur Förderung der 

Projekte verfügt, aber auch fi nanzielle, 

rechtliche und organisatorische 

Randbedingungen auferlegt. 

• Der betreuende Professor, dessen 

Lehrzeit und Gesamtkapazität begrenzt 

ist. 

Bei der Vorbereitung der Projekte 

sind der Themenmix und die Auswahl 

der Projektpartner wichtig. Die Einbindung 

von externen Partnern ergibt 

einerseits eine Praxisnähe, die früh an 

die Anforderungen der Realität heranführt 

und andererseits ein konkretes 

Projektergebnis, das der Hochschule 

und der Kooperationspartnern nützt. 

Beispiele studentischer Projekte 

In den letzten Jahren wurden vor allem 

Projekte zur Umsetzung der Nachhaltigen 

Entwicklung in der Stadt Aalen 

und der Region in das Projektportfolio 

integriert. Themenbereiche umfassen 

Befragungen, Bildungsmaßnahmen, Flyer, 

Umweltmanagement an Schulen, 

Entwicklung von Lehrmaterialien, Konzeption 

von Nachhaltigkeitsberichten, 

Ökobilanzen, Material und Analysen 

beispielsweise zu Barrierefreiheit, regenerativen 

Energien, Events und Regionalvermarktung. 

Es folgt eine Auswahl 

an Projektthemen: 

Nachhaltige Stadtentwicklung 

• Führer „Aalen Barrierefrei“: Projektplanung, 

Begleitung und exemplarische 

Erfassung barrierefreier Orte im 

Stadtgebiet, Planung der Aufarbeitung 

und Publikation. 

• Analyse „Solar Lokal“ für Aalen und 

einen Nachbarort. Potentialanalysen 

für Regenerative Energien in der Region, 

insbesondere Biomasse. 

• Bürgerbefragungen als Vorarbeit zur 

Erstellung des Leitbilds der Stadt Aalen 

durch die Stabsstelle Demographischer 

Wandel. 

• Projekte zum Themenbereich Prävention 

(Gewalt, Drogen, Alkohol) 

und Jugendschutz generell, an speziellen 

Orten (Schulen, Verkaufsstellen) 

und zu speziellen Anlässen (Feste, 

Weihnachtsmarkt). 

• Analyse des Sicherheitsgefühls der 

Bürger, Nachbefragungen bei speziellen 

Bevölkerungsgruppen und Lokalitäten. 

• Analyse der Kundenzufriedenheit 

mit dem Aalener und Unterrombacher 

Wochenmarkt. Planung und 

Präsentation eines Symposiums zum 

Thema Wochenmarkt an der Hochschule 

Aalen. Analyse der gesamtökonomischen 

Wirkung von Wochenmärkten. 

• Kultur / Museumskonzept in Kooperation 

mit den Vereinen (Kultur/ Geschichte/ 

Geologie). Konzeption für 

eine „Erlebniswelt Eisen“. 

• Analyse des Bekanntheitsgrades von 

Nachhaltigkeit und Agenda 21. 

Hochschulstadt Aalen 

• Unterstützung gemeinsamer Aktivitäten 

von Stadt und Hochschule wie 

Wohnraumbeschaffung und Integration 

der Studierenden in die Stadt. 


Abb. 2: Analyse – Stadt Aalen als Studentenstadt 

Konzeption einer gemeinsamen Internet-Plattformwww.studieren-inaalen.de. 

• Erstellung eines „City Guide“ mit 

den Zielgruppen Besucher aus den 

Partnerstädten und akademisch interessierte 

Neubürger bzw. Bewerber 

von außerhalb der Region. 

• Analyse des ÖPNV und Vorarbeit für 

ein Semesterticket. 

Grüner Aal 

• Konzeption und Weiterentwicklung 

des Umweltmanagementsystems 

„Grüner Aal“ für Schulen (Dokumentation 

www.gruener-aal.de; siehe 

auch horizonte Nr. 32, Juli 2008)). 

Der „Grüne Aal“ erlaubt Schulen, 

Umweltmanagement, Umweltschutz 

und Umweltpädagogik strukturiert 

einzuführen und durch den Träger 

(Stadt) im Peer-Audit zertifi zieren zu 

lassen. 

• Umsetzung des „Grünen Aals“ an 

Schulen, Unterstützung der Schulen 

bei der Einführung des Umweltmanagements 

und spezieller Nachhaltigkeitsaspekte, 

Mitwirkung an den 

Audits. In jedem Semester werden 

zwei bis drei Schulen unterstützt. 

Events und Veranstaltungen 

• Analyse von Stadtfesten und anderen 

Events bezüglich Nachhaltigkeit 

und Barrierefreiheit, Konzeption 

für nachhaltige Events. Ein von der 

Hochschule in Kooperation mit der 

Lokalen Agenda 21 herausgegebener 

Leitfaden „Nachhaltige Events“ 

(Abele /Holzbaur 2011) enthält 

konkret umsetzbare Vorgaben für 

die Nachhaltigkeitswirksamkeit von 

Events, insbesondere im kommunalen 

Umfeld. 

• Eventkonzepte und -analysen für 

Veranstaltungen in der Region. Analyse 

des Einzugsbereichs und der Be- 

sucherzufriedenheit von Festen. 

• Konzeption, Kommunikation und 

Durchführung verschiedener Veranstaltungen 

wie Workshops, Vortragsreihen, 

Exkursionen und Ausstellungen 

zum zehnjährigen Jubiläum der 

Lokalen Agenda 21 mit dem Motto 

Evaluierung 

Abb. 3: Kommunales Engagement der Hochschule Aalen 

„Aalen nachhaltig-er-leben“. 

• Konzeption und Einführung „Tag 

der Region“ sowie Konzeption und 

Implementierung eines Regionalvermarkterportalswww.regionalvermarkter-ostalb.de. 

• Konzeption von Veranstaltungen zur 

Bildung für nachhaltige Entwicklung, 

wie z.B. die verschiedenen Aktionstage 

von Bund und Land. 

Projekte für die Stadtverwaltung 

• Qualitätsanalysen für Ämter: Tourismus-Service, 

Friedhofsamt. 

• Analyse zur Nutzung von Social 

Media und Konzept für die Nutzung 

von Facebook für die Bildung in der 

nachhaltigen Entwicklung. 

Die Projekte werden aus Sicht der 

unterschiedlichen Stakeholder positiv 

eingeschätzt. 

- aus Sicht der Stadt 

Die Kooperation mit der Hochschule 

stellt für die Stadt eine wichtige Komponente 

zur nachhaltigen Stadtentwicklung 

dar. 

Dabei sind von Seiten der Stadt 

verschiedene Ämter vom Schul- und 

Kulturamt bis zum Wirtschaftsförderer 

eingebunden. In den Projekten 

zur Nachhaltigkeit ist vor allem der 

Leiter des Agendabüros und des Umweltamts, 

Dipl.- Ing. Rudolf Kaufmann, 

ein wichtiger Kooperationspartner. 

Auch die Einbindung der beiden Pressestellen 

und der ReferentInnen für 

Öffentlichkeitsarbeit ist ein wichtiger 

Erfolgsfaktor. Oberbürgermeister Martin 

Gerlach, Rektor Gerhard Schneider 

und deren jeweilige Vorgänger haben 

das erfolgreiche Kooperationsmodell 

immer unterstützt und gefördert. Hier 

können auf wissenschaftlichem Niveau 

innovative Konzepte entwickelt werden, 

für die sonst keine Kapazitäten 

oder Mittel vorhanden wären. 

- aus der Sicht der Bürger 

Die Bürger der Stadt Aalen sehen 

die Kooperationen vor allem als Bereicherung; 

das Engagement der Stadt 

für die nachhaltige Entwicklung wird 

gefordert. 

Durch wissenschaftliche Unterstützung 

der Hochschule Aalen können 

Projekte zielgerichteter, schneller und 

nachhaltiger umgesetzt werden. Darüber 

hinaus wird durch die erfolgreiche 

Öffentlichkeitsarbeit der Hoch- 


Abb. 4: Evaluation der Projekte 

schule Aalen der Bevölkerung innovative 

Konzepte und Inhalte vermittelt. 

Das Diagramm in Abb. 3 verdeutlicht 

die Anerkennung der Hochschulaktivitäten 

auf kommunaler Ebene. 

- aus Sicht der Hochschule 

Der Nutzen für die Hochschule liegt 

in einer praxisnahen und transdisziplinären 

Ausbildung der Studierenden, 

die einerseits Grundlagen und 

Motivation vermittelt und andererseits 

handlungs- und erlebnisorientiert die 

Umsetzung von Konzepten der Nachhaltigen 

Entwicklung erlaubt. 

- aus Sicht der Studenten 

Durch ein studentisches und semesterübergreifendes 

Projekt, im Rahmen 

der Vorlesungen für Projektmanagement 

(1. Semester) und Qualitätsmanagement 

(4. Semester) wurden einige 

Projekte durch eine Umfrage evaluiert. 

Es konnten bei der Analyse 132 Fragebögen 

ausgewertet werden. Hierbei 

handelte es sich im Wesentlichen 

um Studierende und Absolventen der 

Hochschule Aalen. 

Um realistische Ergebnisse zu erzielen, 

entwickelten die Studierenden das 

Gesamtkonzept der Umfrage eigenverantwortlich 

und arbeiteten sämtliche, 

selbst gestellte Meilensteine strukturiert 

ab. 

Die Mehrzahl der Teilnehmer beurteilen, 

dass die Projektarbeit zur Steigerung 

der Team- und Kommunikationsfähigkeit 

führt. Des Weiteren führt 

die PPM-Methode zu einer interessanten, 

praxisorientierten und lernzielorientierten 

Vorlesung. Somit ist die PPM- 

Methode ein geeignetes Instrument für 

eine praxisnahe und erlebnisorientierte 

- 62 - 

Ausbildung. 

Die Umfrage sowie auch die Rückmeldungen 

der Studierenden zeigen, 

dass Studierenden diese Art der Lehrveranstaltung 

sehr schätzen. Die Projekte 

führen dazu, dass Konzepte des 

Projektmanagements und der Nachhaltigkeit 

wie, Barrierefreiheit, Umwelt 

Familienfreundlichkeit, Integration und 

Prävention nicht abstrakt bleiben, sondern 

an ganz konkreten Beispielen erfahren 

werden. 

In Abb. 4 ist deutlich zu erkennen, 

dass nicht zwangsläufi g aktuelle Themen 

wie Social Media einen nachhaltigen 

Eindruck bei Studierenden hinterlassen 

sondern die Themen in Kooperation 

mit der Stadt Aalen wie zum Beispiel 

Barrierefreiheit oder Grüner Aal. Dabei 

ist zu beachten, dass im Thema Barrierefreiheit, 

auch Projekte zur Barrierefreiheit 

der eigenen Hochschule sowie 

Projekte zum Event „Tag und Nacht der 

Hochschule“ enthalten sind. 

Auszeichnungen 

Die Kooperation der Lokalen Agenda 

21 mit der Hochschule wurde vielfach 

positiv herausgehoben, so bei den 

Auszeichnungen zum „Agenda-Anerkennungspreis“ 

des Landes Baden- 

Württemberg, als Bürgerkommune und 

als „Energie-Musterkommune“ sowie 

bei der Auszeichnung der Stadt Aalen 

als Stadt der UN-Dekade „Bildung für 

nachhaltige Entwicklung“ (Abb. 1). 

Auch in den Publikationen der Baden- 

Württembergischen Nachhaltigkeitsstrategie 

des Ministeriums für Umwelt, 

Klima und Energiewirtschaft spielt die 

Kooperation eine wichtige Rolle. 

Zwei gemeinsame Projekte von Stadt 

und Hochschule wurden als Projekte 

der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige 

Entwicklung“ ausgezeichnet: „Grüner 

Aal“ bereits zum vierten und „Aalen 

nachhaltig-er-leben“ zum dritten 

Mal. Das den Projekten zugrunde liegende 

Konzept „Nachhaltigkeit lernen 

durch Projekte“ der Hochschule Aalen 

wurde zum dritten Mal ausgezeichnet. 

Dazu ist zu bemerken, dass von der 

Deutschen UNESCO Kommission an 

dritte bzw. vierte Auszeichnungen erhöhte 

Anforderungen gestellt werden. 

Der Grüne Aal wurde außerdem als 

„Werkstatt N“ des Nachhaltigkeitsrats 

2011 und 2012 und als „Ausgewählter 

Ort im Land der Ideen“ 2011 ausgezeichnet. 

Zusammenfassung 

Das erfolgreiche Kooperationsmodell 

der Stadt Aalen deren Lokalen Agenda 

21 mit der Hochschule zeigt deutlich, 

welche Potentiale in einem solchen 

Austausch liegen. Sie ist für Städte mit 

einer Hochschule umsetzbar, wenn auf 

beiden Seiten engagierte und offene 

Menschen bereit sind, gemeinsame 

Projekte zu wagen. Das Kooperationsmodell 

kann nur umgesetzt werden, 

wenn alle Projektpartner vom Nutzen 

der Kooperation überzeugt sind. Eine 

weitere wichtige Basis der Kooperation 

ist der Aufbau von Vertrauen und die 

Kommunikation von Erfolgsgeschichten. 

Deshalb spielt neben der erfolgreichen 

Projektarbeit die Kommunikation 

und insbesondere die Pressearbeit eine 

wichtige Rolle. Die Erfolgsgeschichte 

zeigt, dass studentische Projekte einen 

sichtbaren Mehrwert im Bereich interdisziplinäres 

Wissen, für die Projektpartner 

und den beteiligten Studierenden 

liefert. 

Literatur 

1) Abele, K, Holzbaur, U.(2011): 

NACHHALTIGE EVENTS - Nachhaltiger 

Erfolg durch Verantwortung, 

Aalen, 2011 www.aalen.de/sixcms/ 

media.php/91/nachhaltigeevents. 

pdf 

2) Holzbaur, U. (2012): Kooperation 

zur Nachhaltigkeit, Deutsche 

Umweltstiftung, 2012 www.deutscheumweltstiftung.de 

www.tinyurl. 

com/ccop4sust 

3) Holzbaur, U. (2008): Teaching Quality 

and Sustainability via the Prepared 

Projects Method (PPM). INTED 

2008 Proceedings, Valencia. 

4) Holzbaur, U. (2005) Citizen Engagement 

and Project Learning. Sonderheft 

„community development 


und service learning“ des Journal of 

New Generation Science 

5) Holzbaur, U. (2003) Semesterübergreifende 

Projekte - Erwerb von 

Fach- und Sozial¬kompetenz in 

semesterübergreifenden Teams. in: 

Studienkommission für Hochschuldidaktik 

(ed.): Beiträge zum 5. Tag 

der Lehre, Karlsruhe, S. 169 – 173 

6) Holzbaur, U., Kaufmann, R. (2011): 

Nachhaltigkeit lokal erleben, in: 

Holzbaur, U./Marx, I.: Handlungs- 

und Erlebnisorientierung in der terti- 

ären Bildung, Aachen 2011. S. 332 

– 344. 

7) Holzbaur, U., Marx, I. (2011): 

Handlungs- und Erlebnisorientierung 

in der tertiären Bildung. Shaker, 

Aachen. 

8 )Ministerium für Umwelt, Klima und 

Energiewirtschaft Baden-Württemberg 

, Landesanstalt für Umwelt, 

Messungen und Naturschutz, Baden-Württemberg 

(Hrsg) (2012): 

Bildung für Nachhaltige Entwicklung 

– Lokale Netzwerke und Pra- 

Hap.pen – Ein Stift zum Schreiben und Fühlen 

(Hochschule Schwäbisch Gmünd) 

Seit September 2009 untersucht ein 

Forscherteam der Hochschule für Gestaltung 

Schwäbisch Gmünd die Erweiterung 

visuell-akustischer Nutzerschnittstellen 

um ein haptisches Feedback. 

Es ermöglicht eine schnellere und 

exaktere Interaktion mit Interfaces und 

führt zu positiven Bedienerlebnissen. 

Gefördert werden die Forschungs- und 

Entwicklungsarbeiten des Projektes 

hapTECH vom BMBF noch bis September 

2012. Untersucht wurden nicht nur 

die theoretischen Voraussetzungen für 

die Gestaltung haptischer Interfaces, 

sondern auch exemplarisch multimodale 

Bedienszenarien und technische 

Lösungen zur Erzeugung haptischer 

Signale entwickelt wie der Stiftprototyp 

Hap.pen. Diese Neuentwicklung 

ermöglicht das Ertasten grafi scher Elemente 

auf Bildschirmen. Das Besondere 

daran ist, dass dazu ein Positions- 

Tracking des Stiftes nicht mehr notwendig 

ist. Bisherige Systeme erzeugen ein 

haptisches Feeback in Abhängigkeit 

von der Positionsbestimmung des berührungssensitiven 

Bildschirms. Sie benötigen 

eine ständige und enge Verbindung 

zum Betriebssystem des Computers 

und eine Effektberechnung erfolgt 

auf der jeweiligen Computerplattform. 

Hap.pen ermöglicht die Berechnung 

und Erzeugung eines haptischen Signals 

unabhängig vom Computer-Betriebssystem. 

Dadurch ist der Stift auf 

allen Bildschirmen nutzbar. 

Möglich wird diese Tastfunktion des 

Stifts durch das Auslesen der Lichtintensität 

und der Wellenlänge von Bildschirmelementen. 

Der Farbsensor in 

der Spitze der Daumenseite des Stiftes 

liest die Werte und überträgt sie 

an einen integrierten Aktuator. Dieser 

ebenfalls im Projekt hapTECH entwickelte 

Aktuator erzeugt das für den 

Nutzer fühlbare Feedback in Form von 

Der Stift Hap.pen 

Einzelimpulsen und kombinierten Vibrationen. 

Die direkte Verknüpfung 

von visuellem Bildschirmelement und 

haptischem Feedback verkürzt den 

Signalweg und macht so eine schnelle 

und exakte Rückmeldung möglich. 

Das Sensorprinzip ermöglicht auch 

einen niederkomplexen Aufbau des 

Stiftes und damit eine kostengünstige 

Herstellung. 

Das Projekt wird durch das Programm 

FHProfUnt des BMBF gefördert 

und hat eine Laufzeit von August 2009 

bis September 2012. Kooperationspartner 

sind die Daimler AG, Göbel Audio, 

und das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft 

und Organisation. 

Literatur: Wintergerst, Götz; Jagodzinski, 

Ron und Giles, Peter (2011). 

„Hap.pen: Sketching Haptic Behaviour“. 

Mensch & Computer 2011, 

Workshop-Proceedings. 13-14. 

Projektteam/Kontakt: Prof. Hans 

Krämer, Ron Jagodzinski, Götz Wintergerst, 

Hochschule für Gestaltung 

Schwäbisch Gmünd Interaktionsgestaltung, 

Marie-Curie-Straße 19, 73529 

Schwäbisch Gmünd, Tel. 07171/602 

668; E-Mail goetz.wintergerst@hfggmuend.de,ron.jagodzinski@hfg-gmuend.de 

xisbeispiele aus sechs Kommunen 

in Baden-Württemberg. 

Kontakt 

Prof. Dr. Ulrich Holzbaur, Hochschule 

Aalen, Beethovenstr. 1, 73430 

Aalen, Tel. 07361/576-2461, E-Mail: 

ulrich.holzbaur@htw-aalen.de 

Dipl.-Ing.(FH) Monika Bühr, E-Mail: 

monika.buehr@htw-aalen.de 

Ausstieg statt Aufstieg? Forschungsprojekt 

untersucht 

Karriereverläufe in Forschung 

und Entwicklung 

(F&E) 

(Sabrina Weber / Ulrike Busolt, 

Hochschule Furtwangen). Das an der 

Hochschule Furtwangen angesiedelte 

Forschungsprojekt STAFF untersucht 

„Aufstieg und Aufenthaltsdauer von 

qualifi zierten Forscher/innen in F&E“. 

Das Projekt wird vom Bundesministerium 

für Bildung und Forschung und 

aus dem Europäischen Sozialfonds 

der Europäischen Union gefördert 

(Förderkennzeichen 01FP1121 und 

01FP1122) und geht der These nach, 

dass eine horizontale Abwanderung, 

d.h. ein Verlust von Wissen und Kompetenzen 

(brain drain), von Frauen 

aus F&E in F&E-nahe Bereiche stattfi 

ndet. Untersucht werden dabei insbesondere 

die im Verhältnis zum Forscherinnen-Anteil 

in F&E-Abteilungen 

geringe Erfi ndungsaktivität von 

Frauen, deren Karriereverläufe sowie 

deren Aufstiegschancen in Führungspositionen. 

Im Rahmen des Projekts fi ndet 

am 14./15. März 2013 das Symposium 

„Karriereverläufe in Forschung 

und Entwicklung - Bedingungen und 

Perspektiven im Spannungsfeld von 

Organisation und Individuum“ statt. 

Interessierte Wissenschaftler/innen 

sind eingeladen, bis zum 15.10.2012 

Abstracts für Konferenzbeiträge (Vortrag 

oder Poster) einzureichen. Der 

Call und Informationen zum Projekt 

sind unter www.staff-projekt-hfu.de 

zu fi nden. 

Kontakt: Prof. Dr. Ulrike Busolt, 

Hochschule Furtwangen, E-Mail: Ulrike.Busolt@hs-furtwangen.de 


Jungskulturen und Bubenszenen - Herausforderungen für die geschlechtsrefl ektierende 

Jungenarbeit 

(Marion Lempp, Hochschule Esslingen) Jungen mit ihren Bewältigungsstrategien für die Entwicklung einer männlichen 

Identität waren das Thema des diesjährigen Hochschultages der Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit und Pfl ege der Hochschule 

Esslingen am 14. Juni 2012. Zentrales Ziel des Fachtages war es, Einblicke in männlich geprägte Jugendszenen zu 

ermöglichen, um darüber Ressourcen für sozialpädagogische Ansätze der Jungenarbeit aufzuzeigen. 

Die über 400 Teilnehmer/innen aus 

Hochschule und Praxis sozialer und 

pädagogischer Arbeit verfolgten zunächst 

den einleitenden Vortrag von 

Professor Dr. Lothar Böhnisch, Universität 

Bozen. Eindrucksvoll sprach er über 

die Funktion von Cliquen bei der männlichen 

Sozialisation. Insbesondere ging 

er auf vier „Bewältigungsfallen“ ein, die 

sich für Jungen im Verlaufe ihrer Biografi 

e aufbauen. Er zeigte auf, wie diese 

Fallen den Kreisel von Idolisierung des 

Männlichen und Abwertung des Weiblichen 

als Bewältigungsmuster immer 

wieder neu aktivieren. Dies beginne 

schon im frühkindlichen Alter mit der 

für Jungen besonders schwierigen Ablösung 

von der Mutter und spitze sich in 

der Vorpubertät zu, wenn die Mädchen 

vor den Jungen einen Entwicklungsvorsprung 

besäßen. Mit 13 bis 16 Jahren 

kämen die z.T. pro blematischen Herausforderungen 

durch die Gleichaltrigenkulturen 

hinzu und mit 18 bis 25 

der für viele riskante Übergang in den 

Beruf. Wichtig ist laut Böhnisch, Jungen 

in diesen Phasen geschlechtshomogene 

Projekte und männliche Vorbilder anzubieten, 

in denen sie Anerkennungskulturen 

erleben und mit Geschlechterrollen 

experimentieren könnten. 

13 Workshops zu verschiedenen Jungenszenen 

und -kulturen schlugen an- 

schließend eine Brücke zwischen den 

wissenschaftlichen Erkenntnissen und 

den Anforderungen sowie Erfahrungen 

der Praxis. Im Einzelnen ging es um 

Themen wie z.B. elektronische Spielkulturen, 

Jungen und Männer in Kitas, 

HipHop, Partyszene und Clubkultur, 

Pornokonsum, islamische Jungenkultur, 

Fußball-Ultras, Männlichkeit in Szenen 

der extremen Rechten und Linken und 

die Rolle von Gewalt in und außerhalb 

des Gefängnisses. 

Die Teilnehmer/innen der Workshops 

diskutierten angeregt die Männlichkeitsbilder 

und -rollen in den entsprechenden 

Szenen und Kulturen. Dabei 

wurde weniger die medial immer wieder 

neu aufbereitete problematische 

Seite von Jugendkulturen in den Mittelpunkt 

gerückt. Vielmehr wurde vor 

allem betrachtet, welche Potenziale die 

Jugendkulturen haben, welche soziale 

Integrationskraft sie besitzen und inwieweit 

sie Ansatzpunkte für die Entwicklung 

einer gesellschaftlich akzeptablen 

Männlichkeit bereithalten. Es wurde 

der Blick aber auch auf die Individuen 

und ihre biografi sche Entwicklung gelenkt, 

nicht zuletzt um diskutierbar zu 

machen, wie in einer gendersensiblen 

Pädagogik auch Räume für Jungen zu 

schaffen sind, die nicht den herrschenden 

Geschlechtervorstellungen und -kli- 

Bachelor-Thesis u�ber Furan in Kaffee ausgezeichnet 

(Tamina Zilz, Hochschule Albstadt/ 

Sigmaringen) Julia Waizenegger hat 

den Oecotrophica-Preis des Verbandes 

der Oecotrophologen bekommen. Die 

Absolventin der Hochschule Albstadt- 

Sigmaringen u�berzeugte die Jury 

mit ihrer Abschlussarbeit im Bereich 

Humanerna�hrung. 

Am Hochschulstandort Sigmaringen 

studierte Julia Waizenegger „Lebensmittel, 

Erna�hrung, Hygiene“. Fu�r ihre Bachelor-Thesis 

analysierte sie die Furan- 

Konzentration in Kaffeeprodukten, die 

bei Jugendlichen besonders beliebt sind. 

Furan ist ein Stoff, der von der World 

Health Organisation als mo�glicherweise 

krebserregend eingestuft wird. Teil der 

- 64 - 

Untersuchung war, das Gesundheitsrisiko 

fu�r deutsche Jugendliche zu bewerten. 

Die mit 1,0 benotete Abschlussarbeit 

tra�gt den Titel „Analysis and risk 

assessment of furan in coffee products 

targeted to adolescents“. 

Die Sigmaringer Absolventin ist eine 

von fu�nf Preistra�gerinnen, die der Verband 

der Oecotrophologen Mitte Juni 

bei einem Kongress in Nu�rnberg ehrte. 

Sie teilt sich 700 Euro Preisgeld mit 

Claudia Fuhrmann von der Friedrich- 

Schiller-Universita�t Jena. Der Verband 

zeichnet einmal pro Jahr besonders gute 

Doktor-, Diplom-, Master- oder Bachelorarbeiten 

im Bereich der Erna�hrungswissenschaften 

aus. 

Organisiert wurde dieser Hochschultag von 

einer studentischen Projektgruppe unter 

der Leitung von Prof. Dr. Kurt Möller (links) 

in Kooperation mit der Bundeszentrale für 

politische Bildung, dem Archiv der Jugendkulturen, 

der BAG Jungenarbeit und der 

LAG Jungenarbeit Baden-Württemberg. 

schees entsprechen. In der Konsequenz 

ging es um die Frage, wie solche Herausforderungen 

in der Jungenarbeit aufzunehmen 

sind. 

Eine Tagungsdokumentation ist in 

Planung und wird voraussichtlich Anfang 

2013 im Verlag des Archivs der Jugendkulturen 

erscheinen. 

Kontakt: Prof. Dr. Kurt Möller, Hochschule 

Esslingen, E-Mail: kurt.moeller@ 

hs-esslingen.de 

Betreuerin von Julia Waizenegger war 

ihre Professorin Dr. Gertrud Winkler. Sie 

sagt: „Die in Kooperation mit dem Chemischen 

und Veterina�runtersuchungsamt 

Karlsruhe erstellte Arbeit ist sowohl 

in wissenschaftlicher als auch in praktisch-pra�ventiver 

Hinsicht von hoher 

Bedeutung.“ Der Umfang des praktischen 

und schriftlichen Teils gehe deutlich 

u�ber den anderer Bachelorarbeiten 

hinaus. Die Oecotrophica-Preistra�gerin 

geho�rte bei der Abschlussfeier der 

Hochschule im Oktober 2011 auch zu 

den Besten ihres Jahrgangs. Inzwischen 

strebt sie einen Masterabschluss an. Sie 

studiert Erna�hrungs- und Lebensmittelwissenschaften 

an der Rheinischen 

Friedrich-Wilhelms-Universita�t Bonn. 


Lifelogging zwischen anwendungsorientierter Entwicklung und gebrauchsethischen 

Diskursen 

Stefan Selke, Hochschule Furtwangen 

Dieser Beitrag behandelt die Konzeption und Entwicklung eines smartphonebasierten, digitalen Selbst-Monitoring-Systems. 

Diskutiert wird auch der Umgang mit ethischen Aspekten dieser Technologie. Das Vorhaben wurde gefördert im 

Rahmen des Karl-Steinbuchstipendiums. 

With the use of lifelogging-systems a 

complete digital record (mirror) of a single 

life is created and the human self is 

converted into a digital self. This article 

describes current developments of digital 

self recording and the evolution of a 

smartphone-based lifeloggingsystem developed 

in the context of the Karl-Steinbuch-Scholarship 

at the Furtwangen University. 

Lifelogging als neue Erinnerung- und 

Selbstbeobachtungskultur 

Lifelogging ist – zumal in Deutschland 

– ein bislang kaum entdecktes 

Forschungsfeld. Die Begleitrefl exion 

hinkt den rasch aufeinander abfolgenden 

technischen Entwicklungsschritten 

von Hard- und Software hinterher. Im 

Kontext des Forschungsclusters „Postmediale 

Wirklichkeiten“ (2008-2010) 

erfolgte an der Hochschule Furtwangen 

eine erste Grundlegung dieses Forschungsfeldes 

[1], das im Folgenden 

kurz anhand aktueller Entwicklungen 

im Bereich angewandter Forschung 

und im Spannungsfeld ethischer Bedenken 

skizziert wird. 

Lifelogging ist ein Sammelbegriff, um 

die digitale Speicherung von Lebensdaten 

und Verhaltensspuren (Lifelogs) 

eines Menschen zu umschreiben. Er 

setzt sich zusammen aus den Begriffsanteilen 

„life“ (Leben, Aktivität) und 

„to log“ (aufzeichnen, protokollieren, 

Spuren sichern). Um Lebensspuren 

festzuhalten, werden digitale Datenaufzeichnungsgeräte 

immer selbstverständlicher. 

Lifelogging kann daher als 

eine passive Form digitaler Selbstarchivierung 

verstanden werden [1]. 

Die eigentliche Innovation von Lifelogging 

besteht in der Datenheterogenität: 

Die datenerfassende Person (der 

Logger) umgibt sich mit multimedialen 

Aufzeichnungsgeräten (sog. Lifelogging- 

oder Capturing-Tools). Eine (meist 

am eigenen Körper angebrachte) spezielle 

Lifelogging-Kamera nimmt permanent 

und ohne Mitwirken des Trägers 

Bilder auf und speichert weitere Sensordaten 

(z.B. Geodaten, biometrische 

Daten) (vgl. Abb 1.). 

Der Logger wählt dabei nicht mehr 

aus – das Lifelogging-System erfasst 

permanent und ohne Unterscheidung 

alle Umfelddaten. Hieraus ergibt sich 

das Ziel von Lifelogging: die möglichst 

universelle Erfassung von Lebensdaten. 

Damit stellt sich die Frage nach den 

Einsatzfeldern einer derartigen „Technologie 

des Selbst“, die einen veränderten 

Umgang mit Daten über das eigene Leben 

und die eigene Privatsphäre nach 

sich ziehen, wie die sog. „Quantifi ed- 

Self“-Bewegung zeigt. Deren Paradigma 

lässt sich wie folgt zusammenfassen: 

Self Know-ledge through numbers. 

Mitglieder dieser Bewegung versuchen 

mit Hilfe von Capturing-Tools alles zu 

(ver-)messen, was im eigenen Leben 

geschieht. 

Weniger ‚extreme’ Anwendungsfelder 

für Lifelogging sind z.B. die Marktforschung, 

die Touristikbranche, die 

Museumsdidaktik oder der Bereich 

öffentlicher Sicherheit. Beim Einsatz 

in medizinischen Kontexten wird versucht, 

die Nachhaltigkeit von Erinnerungsleistungen 

z. B. bei Alzheimer- 

Patienten oder das Ernährungs- bzw. 

Gesundheitsverhalten zu verbessern. 

Insgesamt eignet sich Lifelogging aufgrund 

des „ethnografi schen“ (visuellaufzeichnenden) 

Charakters besonders 

für alle Arten von Umfelddokumentationen. 

Lifelogging als Leistungsdiagnostik 

Spitzensport 

Ein spezielles Einsatzfeld wurde im 

Rahmen einer Masterthesis an der Fakultät 

Digitale Medien der HFU näher 

erprobt. 2011 stellte Christiane Knittel 

(seit 1997 aktives Mitglied der Deutschen 

Nationalmannschaft Ringen) 

unter Betreuung des Autors ihre Thesis 

„Einsatzgebiete und Nutzenpotenziale 

kommerzieller Lifelogging-Tools unter 

Berücksichtigung kontextbasierter 

Supervision im Leistungssport“ fertig. 

Hierbei wurde erstmals der Nutzen 

von Lifelogging im Leistungssport untersucht. 

Prof. Dr. S. Selke 

Ausgangsthese hierbei war, dass 

im Spitzensport Leistungszugewinne 

durch neue Trainingsmethoden fast 

vollständig ausgeschöpft sind. In der 

Optimierung des außersportlichen Bereichs 

wird jedoch noch eine Restgröße 

für Leistungsgewinne gesehen. Im Mittelpunkt 

der explorativen Studie stand 

daher die Optimierung des Lebensstils 

der Sportler neben dem Trainings. Im 

Ergebnis konnte gezeigt werden, das 

Lifelogging zentrale Aspekte leistungssportgerechter 

Lebensführung erkennbar 

in das Bewusstsein der Sportler 

rückt. Die dabei entwickelte Methode 

wurde inzwischen – auch unter 

Berücksichtigung des Feedbacks des 

Bundesinstituts für Sportwissenschaft 

sowie zahlreicher Sportpsychologen 

– zu einer umfassenden Leistungs- und 

Lebensführungsdiagnostik weiter entwickelt 

[2]. 

idetic – Förderung des „digitalen 

Gedächtnisses“ im Rahmen eines Karl- 

Steinbuch-Stipendiums 

Bei dieser Pilotstudie zeigte sich, 

dass die dabei zum Einsatz kommende 

Lifelogging-Kamera (SenseCam von 

Micosoft bzw. Vicon Revue, vgl. Abb 1) 

den Anforderungen an Kosten-Nutzen- 

Relation und Gebrauchtauglichkeit 

nicht erfüllt. 

Hauptziel der Forschungsbemühungen 

an der HFU ist daher die 

Entwicklung eines alltagstauglichen 

Lifelogging-Systems. Nachdem mit 


Abb. 1: Lifelogging-Kamera SenseCam, in 

der Ausführung Vicon Revue. (Foto: Markus 

Tralls) 

mehreren Projektstudien die Grundlagen 

gelegt wurden, konnte 2011 ein 

Forschungsteam bestehend aus vier 

Studierenden (Christian Mohr, Steffen 

Hinderer, Markus Tralls, Hatto Knittel) 

ein Karl-Steinbuch-Stipendium (Medien- 

und Filmförderanstalt Baden- 

Württemberg) gewinnen. Dieses Stipendium 

wurde erstmals an ein Team 

der HFU vergeben. Die vom Autor 

fachlich betreute Studie verfolgt das 

Ziel, Lifelogging zu einer bisher nicht 

erreichten Praxistauglichkeit zu verhelfen 

und für konkrete Anwendungsfelder 

zu adaptieren. Gegenwärtig wird 

dieses Lifelogging-System für den Bereich 

des Spitzensports und die Biografi 

earbeit mit Alzheimer-Patienten weiter 

entwickelt. Das hierbei entwickelte 

Lifelogging-System ist modular aufgebaut 

(vgl. Abb. 2). 

Für die Datenerfassung wird eine 

Smartphone-App genutzt, die für das 

Betriebssystem Android auf Basis der 

objektorientierten Programmiersprache 

JAVA erstellt wurde. In diesem Modul 

geht es darum, möglichst viele unterschiedliche 

Daten zu erfassen, sowie 

den Vorgang der Datenerfassung so 

einfach, automatisch und unbewusst 

wie möglich zu machen, um keine Verhaltensänderungen 

bei der datenerfassenden 

Person (oder deren Umfeld) zu 

provozieren. Neben der im Smartphone 

integrierten Kamera kommen verschiedene 

externe Lifelogging-Kameras zum 

Einsatz. Besonders hervorzuheben ist 

dabei der konzeptionelle Entwurf von 

Markus Tralls im Rahmen seiner Thesis 

„Konzeption eines alltagstauglichen 

Lifeloggingsystems auf Basis aktueller 

Technologien“. Hier sind bereits zukünftige 

Lösungen wie stereoskopische 

Aufnahmen oder Panoramaaufnahmen 

angedacht (vgl. Abb. auf der Titelseite: 

- 66 - 

Innovatives Design für das Capturing- 

Tool einer Lifelogging-Einheit mit Panoramafunktion 

(Thesis Markus Tralls. 

Renderung: Bennet Schlenk)). 

Nach dem Speichern der Daten in 

einer Offl ine-Mediathek beginnt die 

Phase des Data-Managements. Auch 

die Back-End-Lösung (Mediathek) wird 

in JAVA umgesetzt. In dieser Phase werden 

die Daten segmentiert, sortiert und 

mit weiteren Daten (z.B. aus dem Web) 

angereichert. Um die Lifelogs für Monitoring-Prozesse 

nutzen zu können, 

müssen diese nutzerspezifi sch gefi ltert 

und wieder aufgerufen werden können. 

Gerade der Wiederaufruf der Lifelogs 

ist stark von domänenspezifi schen 

Anforderungen abhängig. Gleiches 

gilt für die Präsentationsphase. Noch 

völlig unbearbeitet ist hierbei das Feld 

der Monitoring-Instrumente, die sich 

aus einer speziellen Kombination von 

Wiederaufruf und Präsentation ergeben 

sowie der institutionenabhängigen 

Monitoringprozesse. 

Insgesamt sichert dieser modulare 

Aufbau die Adaptionsfähigkeit des 

HFU-Lifelogging-Systems. Unabhängig 

davon, ob Lifelogging im Bereich des 

Sportler-Monitoring, der Überwachung 

von Soldaten oder lediglich als persönlicher 

Erinnerungsspeicher genutzt 

wird – die technologischen Grundlagen 

und Schnittstellen bleiben stets 

gleich. 

‚Learning by doing’ statt Kulturpessimismus 

Lifelogging ist nicht nur eine technische 

Herausforderung, sondern auch 

mit zahlreichen psychologischen, 

rechtlichen, ethischen sowie sozialen 

Problemdimensionen verbunden [1, 

3]. Exemplarisch stellt sich hierbei die 

Frage nach der Sinnhaftigkeit technologischer 

Entwicklungen [4]. Bleibt 

also am Ende die Frage, ob Lifelogging 

zu einer Art digitalem Exhibitionismus 

oder eher zu einer produktiven Veränderung 

unserer Lebenswelt und Lebensweise 

führen wird. Zwar ist beim 

gegenwärtigen Entwicklungstand der 

Ausgang der mit Lifelogging verbundenen 

Entwicklungen ergebnisoffen. 

Es reicht aber nicht aus, allein gebrauchsethische 

Bedenken anzuführen 

oder die mit Lifelogging verbunden 

Entwicklung reaktiv abzulehnen. Statt 

sich dem Phänomen lediglich kulturpessimistisch 

und technikfeindlich zu 

nähern, wird hier abschließend eine 

Haltung vertreten, die darauf abzielt, 

zukünftige Entwicklungen selbst mit 

zu gestalten. Gerade die Hochschule 

Furtwangen bietet hierfür ein ideales 

Umfeld, da sie einerseits technische 

und mediale Entwicklungen fördert 

und gleichzeitig die Möglichkeit zur 

gesellschaftswissenschaftlichen Refl exion 

ermöglicht. 

Die Besonderheit des Zugangs zum 

Thema Lifelogging an der HFU kann 

am besten mit der „Umgangsthese“ des 

Technikphilosophen Bernhard Irrgang 

[5] illustriert werden: Neue Techniken 

sollten ausprobiert und erprobt werden. 

Nur so lässt sich über sie lernen, 

was man über sie wissen muss. „Nicht 

alles wird gelingen, schon gar nicht 

wird alles glücken, nicht alles lässt sich 

vorhersehen und schon gar nicht im 

Vorhinein denkerisch erfassen und be- 

Abb. 2: Modularer Aufbau des Lifelogging-Systems. (Grafi k: Markus Tralls) 

gründet ausschließen oder möglicherweise 

verbieten. [...] Meist reicht nur 

eine technische Lösung – und sei es ein 

Verbot – nicht aus, sondern es bedarf 

menschlicher, gesellschaftlicher und 

politischer Begleitung oder Lösungen“. 

Wenn in diesem Sinne der Beitrag 

darauf neugierig gemacht hat, Lifelogging 

selbst auszuprobieren, dann wird 

es gelingen, gemeinsam das notwen- 


dige Erfahrungswissen im Umgang mit 

diesem neuen Medium zu generieren, 

das notwendig ist, um seine Zukunft 

abschätzen zu können. Erprobungsfelder 

dazu gibt es – auch hochschulübergreifend 

– reichlich. 

Literaturhinweise 

[1] Selke, Stefan (2010): Der editierte 

Mensch. Vom Mythos digitalisierter 

Totalerinnerung durch Lifelogging. 

In: Selke, Stefan/Ullrich Dittler 

(Hg.), Postmediale Wirklichkeiten 

aus interdisziplinärer Perspektive, 

96-117. 

[2] Selke, Stefan (2012): Spitzensport 

als innovatives Anwendungsfeld 

für Lifelogging – Diskussion der 

Chancen zur Leistungsoptimierung 

durch digitale Monitoring-Systeme. 

In: Wegner, Manfred/Jan-Peter 

Brückner/Stefan Kratzenstein (Hg.), 

Sportpsychologische Kompetenz 

und Verantwortung. 44. Jahrestagung 

der Arbeitsgemeinschaft für 

Sportpsychologie. Hamburg, 14. 

[3] Selke, Stefan (2012): Identity in the 

‘Loggossphere’. Recalling Daily 

Life with Human Digital Memory. 

In: Glimpse. Phenomenology and 

Media. An Anthology of Essays 

from Glimpse / Society for Phenomenology 

and Media, Vol. 13, 113- 

120. 

[4] Selke, Stefan (2012): Sinn – Mangelware 

des 21. Jahrhunderts. 

Menschen als Werkzeuge der 

Vera�nderung in der Spha�re der 

Hypertechnologisierung. In: Grunwald, 

Armin/Justus von Hartlieb 

(2012) (Hg.): Ist Technik die Zukunft 

der menschlichen Natur? 36 Essays. 

Mit einem Geleitwort von Annette 

Schavan. Hannover, 284-292. 

[5] Irrgang, Bernhard (2005): Posthumanes 

Menschsein? Künstliche 

Intelligenz, Cyberspace, Roboter, 

Cyborgs und Designer-Menschen 

– Anthropologie des künstlichen 

Menschen im 21. Jahrhundert. 

Hinweis zum Autor, Kontakt 

Stefan Selke, Dr. phil., Studium der 

Luft- und Raumfahrttechnik, Studium 

der Philosophie, portugiesischsprachigen 

Literatur, Anthropologie und 

Soziologie, Promotion in Soziologie, 

u.a. Projektleiter beim infas Institut 

für angewandte Sozialwissenschaft 

GmbH. Er ist seit 2008 Professor an der 

Hochschule Furtwangen University, 

zunächst für das Lehrgebiet „Mediensoziologie“, 

ab 2012 für das Lehrgebiet 

„Gesellschaftlicher Wandel“. Kontakt: 

ses@hs-furtwangen.de 

Mehr unter: www.stefan-selke.de 

40 Ausgaben – 20 Jahre. Der bisherige Werdegang der Zeitschrift horizonte 

Es begann im März 1991. Die Forschung 

an den Fachhochschulen, wie 

die Hochschulen für Angewandte 

Wissenschaften damals hießen, steckte 

noch nicht einmal richtig in den 

Kinderschuhen, sondern lag noch in 

der Wiege: Die Zahl der Projekte, die 

Professorinnen und Professoren unserer 

Hochschulen im Hauptamt abwickelten, 

war überschaubar und die 

wenigen Forscher organisierten sich in 

so genannten „Instituten für Innovation 

und Transfer (IIT)“, die parallel zu 

Steinbeis-Transferzentren eingerichtet 

und von der Landesregierung fi nanziell 

unterstützt wurden. Nicht selten kam 

die Kritik auf, in diesen IIT laufe ja gar 

nicht viel, „das bisschen Forschung“ 

könne doch auch zur Gänze über die 

besagten Steinbeis-Transferzentren abgewickelt 

werden. 

Doch aus hochschulpolitischer und 

strategischer Sicht hielten die Rektorenkonferenz 

und das Wissenschaftsministerium 

am Gedanken fest, Forschung 

auch zur Dienstaufgabe der 

Fachhochschulen zu machen und weiter 

zu fördern. Dabei schien es wichtig, 

die bisherigen Forschungsleistungen 

irgendwie zu dokumentieren. Mit 

bescheidenen Mitteln wurde zunächst 

eine Broschüre erstellt, in der die aktuellen 

Projekte und Forschungsschwer- 

punkte zusammengefasst wurden. Eine 

solche Broschüre wird jedoch rasch inaktuell 

und so entstand der Gedanke, 

eine Mitteilungsblatt zu schaffen, das 

pro Semester über Erfolge und Ergebnisse 

der FH-Forschung berichten sollte. 

Prof. Dr. Otto Künzel, der damalige 

und langjährige Sprecher der „Arbeitsgruppe 

IV“ (einem Beratungsgremium 

des Wissenschaftsministerium, welches 

übrigens bis heute besteht) meinte 

sinngemäß, wir müssten mit einem 

solchen Mitteilungsblatt den Kollegen 

an unseren Hochschulen nicht nur 

zeigen, dass FH-Forschung möglich 

ist und funktioniert, sondern dass damit 

auch das Lehrangebot, die Transferleistungen 

und das Renommee der 

jeweiligen Personen verbessert werden 

können. Die Funktion eines solchen 

Blattes sei schlichtweg auch, die Nicht- 

Forscher „ein wenig neidisch“ zu machen 

und zu eigenen Forschungsleistungen 

anzuregen. Zum Anderen sollte 

das Mitteilungsblatt auch Rechnung 

legen über die sinnvolle Nutzung der 

investierten Mittel und die interessierte 

Öffentlichkeit und vor allem auch 

mögliche Kooperationspartner auf die 

FH-Forschung und ihre Leistung aufmerksam 

machen. Der damalige Vorsitzende 

der FH-Rektorenkonferenz, 

Prof. Dr. Dietmar v. Hoyningen-Huene 

und der Forschungskoordinator, Dr. 

Abb. 1: IIT news Nr. 1, das Vorläuferheft von 


Rolf Thum, unterstützten die Idee von 

Anfang an und Dr. Thum ist heute weiterhin 

– neben Prof. Künzel - hauptverantwortlicher 

Herausgeber des Magazins. 

Das Blatt erhielt den Namen „IIT 

news – Nachrichten aus den Instituten 

für Innovation und Transfer“. Das Layout 

der ersten Ausgabe wurde übrigens 

noch teilweise mit Schere und Klebestift 

erstellt; gedruckt wurde das 12seitige 

Heft in schwarz-weiß bei einer 

Aufl age von 1500 Exemplaren. (Abb. 


Abb. 2: Heft Nr. 8, die erste Ausgabe mit 

dem Namen horizonte 

1) Der Anspruch war, die IIT news jeder 

Professorin und jedem Professor an 

unseren Hochschulen ins Postfach zu 

legen bzw. legen zu lassen – ein Anspruch, 

der übrigens bis heute beibehalten 

wird. 

Name, Umfang und Druckqualität 

blieben bis Nummer 7 wie bei der 

Erstausgabe, dann suchte man einen 

griffi geren Namen, der schließlich mit 

Unterstützung einer Arbeitsgruppe von 

Herrn Prof. Dr. Jürgen Peschges, Hochschule 

Mannheim, gefunden wurde: 

horizonte (Abb. 2). Damit wollten 

bzw. wollen die Herausgeber andeuten, 

dass Forschung an Fachhochschulen 

„an den Horizont heran reicht“ 

– wenngleich nicht in der Grundlagenforschung, 

so aber doch in der angewandten 

Forschung in Richtung Innovationen, 

neue/bessere Produkte und 

Verfahren, neue Konzepte und Strategien 

für Dienstleistungen usw. 

Die Aufl age wurde permanent gesteigert; 

schon Nr. 7 wurde 3000 mal 

vervielfältigt, schließlich pendelte sich 

die Aufl agenhöhe ab Nr. 14 bei knapp 

5000 ein. Seit Nr. 11 hat die Zeitschrift 

eine ISSN (International Standard Serien 

Nummer) und seit Nr. 14 erfolgt die 

Ausgabe im Vierfarbendruck und wird 

über Annoncen fi nanziert, die von der 

Agentur VMK Verlag, Monsheim, akquiriert 

werden. 

Die Hefte landen auch nicht mehr 

ausschließlich in den Postfächern an 

unseren Hochschulen, sondern werden 

an rund 1500 Adressen bei Kooperationspartnern, 

Ministerien, Verbänden, 

Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen 

versandt. 

- 68 - 

Spannend ist auch, wenn man betrachtet, 

worüber das Magazin in den 

letzten 20 Jahren berichtete. Die Palette 

reicht sehr weit, von A wie Agrarwissenschaften 

oder Architektur bis Z 

wie Zerspanungstechnik oder Zelldiagnostik. 

Es gab Berichte über große 

Forschungsverbünde, die von der EU 

fi nanziert wurden, wie beispielsweise 

die Projekte von Frau Prof. Dr. Ursula 

Eicker, HfT Stuttgart, zur Energie- und 

Gebäudetechnik, Berichte über Institutsneugründungen 

wie das Robert- 

Bosch-Institut der Hochschule Reutlingen, 

über die Beteiligung an Promotionskollegs 

der DFG wie an der Hochschule 

Mannheim oder Karlsruhe oder 

über Erfolge bei studentischen Wettbewerben 

wie z.B. beim Eco Shell Maraton 

durch die Hochschule Offenburg 

oder dem Solar Decathlon durch die 

Hochschule für Technik Stuttgart. Mitunter 

gab es auch den einen oder anderen 

Bericht über Vorhaben, die zwar 

spektakulär begannen, aber dann – aus 

rechtlichen oder fi nanziellen Gründen 

– nicht zum Ende gebracht wurden, 

wie das Projekt einer Weltumseglung 

eines unbemannten Katamarans oder 

der Bau eines Satelliten durch eine 

studentische Gruppe. Die meisten der 

inzwischen über 500 Hauptbeiträge 

aber behandeln Forschungsergebnisse 

aus den „ganz normalen“, aus Bundes- 

oder Landesprogrammen geförderten 

Projekten der angewandten Forschung 

mit zwei bis drei Jahren Laufzeit, einem 

oder zwei Mitarbeitern und einer 

Zusammenarbeit mit einem oder zwei 

Unternehmen oder anderen Partnern. 

Interessant ist, welche Resonanz die 

horizonte mittlerweile aufweisen. Zum 

einen fi ndet es innerhalb der Hoch- 

Abb. 3: Nr. 14, das erste farbige Heft 

Für alle, die einen Artikel einreichen 

wollen, und es noch 

nicht kennen: Es gibt Hinweise 

für Autor(inn)en unter folgender 

Adresse: http://www.koord.hsmannheim.de/horizonte/anleitung.htm 

Neben Beiträgen von Angehörigen 

unserer Hochschulen veröffentlichen 

wir auch gelegentlich 

Gastbeiträge, sofern diese in Bezug 

zu unserer Hochschulforschung 

stehen. 

schulen weitgehend eine gute Akzeptanz, 

was sich auch in der immer 

größer werdenden Zahl von Beiträgen 

niederschlägt, die wir von Mal zu Mal 

eingehen. Dies führt dazu, dass wir 

Autoren mitunter schon auf kommende 

Ausgaben vertröstet werden oder 

Beiträge, die den Anspruch der horizonte 

als Spiegel der Forschungsleistungen 

der Hochschulen nicht gänzlich 

erfüllten, sogar zurückgewiesen 

werden mußten. Zum anderen erhalten 

die Herausgeber und auch die Autoren 

auch Rückmeldung von Lesern 

und Interessenten von außerhalb der 

Hochschulen, was beweist, dass das 

Heft gelesen wird. Schließlich gibt es 

immer wieder einmal Anfragen nach 

älteren Ausgaben von Personen, die 

Beiträge in ihren Thesis-Arbeiten zitieren 

möchten. Das zeigt uns, dass die 

Zusammenstellung und Ausrichtung 

der horizonte-Beiträge – weitgehend 

allgemein verständlich aber fachlich 

fundiert – auf dem richtigen Weg ist. 

Wir sind nun im Jahr 2012 und Sie 

halten das 40. Heft in der Hand. Wie 

viele Ausgaben noch folgen werden – 

und ob es einmal ein Heft Nr. 80 geben 

wird – das steht in den Sternen. Die Redaktion 

ist aber der Meinung, dass, solange 

wir es angewandte Forschung an 

unseren Hochschulen gibt, ein Magazin 

wie horizonte einen wesentlichen 

Beitrag zur Förderung und Bekanntmachung 

der angewandten Forschung an 

unseren Hochschulen leisten kann. 

Die Redaktion 


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