Innovationen - car innovation
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AUTOMOBIL-PRODUKTION · Sonderausgabe <strong>Innovationen</strong><br />
erfolgsmedien für experten<br />
www.automobil-produktion.de<br />
Technik<br />
Management<br />
Entwicklung<br />
Acatech-Präsident Prof. Dr. Joachim Milberg: „Mehr Mut zur Innovation“<br />
Studie ‚Car Innovation 2015‘: Innovationsmanagement in der Autoindustrie<br />
Sonderausgabe<br />
<strong>Innovationen</strong> in der Automobilindustrie<br />
BLOCKBUSTERS & PACEMAKERS:<br />
Die ‚Macher‘ des technischen Fortschritts
„Innovation ist eine<br />
Invention,<br />
die sich erfolgreich<br />
am Markt<br />
durchgesetzt hat.“<br />
Prof. Dr.-Ing. Joachim Milberg, Präsident,<br />
acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften
IMPRESSUM<br />
REDAKTION<br />
Chefredakteur: Gerd Scholz (sz) -688,<br />
Chefredakteurin Sonderprojekte<br />
und verantwortlich für diese Ausgabe:<br />
Tina Rumpelt (tr) -340<br />
Chefreporter: Armin Götz (goe) -484<br />
Redaktion: Andreas Gottwald (gw) -534,<br />
Götz Fuchslocher -828<br />
Titelfotos: Morgan Motor, Daimler (2), Audi<br />
Sekretariat:<br />
Annelie Palatzky -547, Roswitha Maier-540,<br />
Ilona Oatman -675, Fax 0 81 91/ 1 25-279,<br />
E-Mail: ap-red@mi-verlag.de<br />
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Horst Althammer, Claudia Weber<br />
Satz und Litho: abavo GmbH, Buchloe<br />
Druck: Vogel Druck und Medienservice, Höchberg<br />
Erscheinungsweise: monatlich, 21. Jahrgang<br />
ISSN: 0934-0394<br />
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verantwortlichen Anzeigenleiter:<br />
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Die Automobilexperten von Oliver Wyman verfügen über tief greifende<br />
Branchenerfahrung und unterstützen seit Jahren die führenden Automobilhersteller<br />
und -zulieferer in Europa, Amerika und Asien. Wir bieten Beratungsleistungen<br />
entlang der gesamten automobilen Wertschöpfungskette an: FuE,<br />
Beschaffung, Produktion, Vertrieb, Aftersales-Services und Finanzdienstleistungen.<br />
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strategischen Themen wie Markenmanagement, Kundenorientierung, Unternehmens-<br />
und Geschäftsstrategien, Markt-, Wettbewerbs- und Technologieanalysen,<br />
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Produktionsoptimierung, Effizienzsteigerungsprogramme, Reengineering,<br />
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Oliver Wyman Automotive<br />
Marstallstraße 11<br />
80539 München<br />
+49 89 939 49 585<br />
+49 89 939 49 515 fax<br />
automotive@oliverwyman.com<br />
www.<strong>car</strong>-<strong>innovation</strong>.de
Dr. August Joas, Leiter Global Automotive Practice,<br />
Oliver Wyman<br />
Manchmal wäre es schon schön, einen Blick in die Zukunft<br />
zu erhaschen. In welchen Autos werden wir<br />
dann sitzen? Wie werden die Straßen aussehen?<br />
Werden wir überhaupt noch selbst fahren? Oder<br />
macht das ein High-Tech-Pathfinder, der uns nicht nur die Streckenfindung<br />
abnimmt, sondern uns mit unserem Auto bewegt,<br />
sprich: lenkt, bremst, blinkt, einparkt und hinter uns abschließt.<br />
Technisch machbar ist das sicher – früher oder später.<br />
„Innovationsorientierung hat dem Kunden zu dienen, nicht den<br />
Wunschträumen des Entwicklers“, warnt Dr. Klaus Draeger, Entwicklungsvorstand<br />
bei BMW. Er spricht deutliche Worte: „Clevere<br />
Lösungen sind gefragt, nicht technologischer Overkill.“ Und damit<br />
kommen wir zu der schwersten aller Fragen: Was will der Kunde?<br />
Was braucht er künftig? Für welche Welt und welche Menschen<br />
müssen unsere Autos der Zukunft konstruiert werden?<br />
„Mehr Mut zur Innovation“<br />
In der vorliegenden Sonderausgabe der AUTOMOBIL-PRODUK-<br />
TION versuchen wir, einen Blick in die automobile Zukunft zu<br />
werfen. Entwicklungsverantwortliche von BMW, Ford und Volkswagen<br />
erörtern ihre Zielsetzungen und Fragestellungen zum<br />
Thema Innovation. „Mehr Mut zur Innovation“, diesen Appell<br />
richtet Prof. Dr.-Ing. Joachim Milberg, Präsident acatech – Deutsche<br />
Akademie der Technikwissenschaften, an die Branche. Er<br />
wünscht sich eine engere Verzahnung zwischen Wirtschaft und<br />
Wissenschaft – zugunsten der Innovationsleistungen hierzulande.<br />
Denn, so der frühere BMW-Chef: „Unser Wohlstand von<br />
morgen kann nur aus den Ideen von heute kommen.“<br />
Das Bild der automobilen Zukunft wird abgerundet durch einen<br />
‚Bilderbogen‘ der aktuellen Entwicklungen, an der die Zulieferindustrie<br />
arbeitet. Über 50 Unternehmen sind der Einladung<br />
gefolgt, in dieser Sonderausgabe ihre Innovationsleistungen zu<br />
präsentieren – bei Produkten und bei Prozessen.<br />
VORWORT<br />
Tina Rumpelt, Chefredakteurin Sonderprojekte<br />
AUTOMOBIL-PRODUKTION<br />
<strong>Innovationen</strong> – unser Wohlstand von morgen<br />
‚Car Innovation 2015‘ :<br />
Analyse des Umfelds automobiler <strong>Innovationen</strong><br />
Schwerpunktthema dieser Sonderausgabe ist die aktuelle und<br />
sehr detaillierte Studie ‚Car Innovation 2015‘ von Oliver<br />
Wyman. Sie analysiert das gesamte Umfeld automobiler <strong>Innovationen</strong>:<br />
gesellschaftliche und gesetzliche Einflüsse, Technologietrends,<br />
die Perspektive des Kunden, wirtschaftliche Rahmenbedingungen,<br />
Innovationsmanagement und Innovationsstrategien.<br />
Diese Sonderausgabe stellt sowohl die Studie als auch<br />
wichtige Themenbereiche in Kurzform vor: gesellschaftliche<br />
Megatrends, Low Cost Cars, Kunde und <strong>Innovationen</strong>, Herausforderung<br />
CO 2 . Sie enthält darüber hinaus Handlungsempfehlungen<br />
und Handlungsfelder rund um das Thema Innovationsmanagement<br />
für Automobilzulieferer und Autohersteller.<br />
Mehr als 30 Oliver Wyman-Experten haben über neun Monate<br />
an ‚Car Innovation 2015‘ gearbeitet. Die Studie beinhaltet eine<br />
qualitative Expertenbefragung, eine Verbraucherumfrage, eine<br />
Strategic-Choice-Analyse, eine ausführliche Bewertung von<br />
mehr als 300 sich in der Entwicklung befindenden Technologien,<br />
eine Feldstudie bei Automobilhändlern und intensive<br />
Datenbankrecherche.<br />
Im Fokus: die Technologie<br />
2001 veröffentlichte Mercer Management Consulting (jetzt Oliver<br />
Wyman) seine umfangreiche Studie ‚Automotive Technology<br />
2010‘. Die Studie wurde zu einem Standard, der die Basis vieler<br />
Strategiediskussionen in der Branche bildete und zahlreiche<br />
Beratungsprojekte von Oliver Wyman in der Automobilindustrie<br />
beeinflusste. Sechs Jahre später nimmt nun die neue Studie<br />
‚Car Innovation 2015‘ den Faden wieder auf und erweitert die<br />
Technologiefokussierung der ursprünglichen Studie. Sie umfasst<br />
nun alle Aspekte, die für die Planung und das Management<br />
von <strong>Innovationen</strong> relevant sind.<br />
„Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung<br />
von vorne herein ausgeschlossen erschien“, mit diesen<br />
Worten von Albert Einstein wünschen wir Ihnen spannende<br />
Lektüre und eine interessante ‚Spurensuche‘ für Ihren Weg in<br />
die automobile Zukunft.<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
3
„Noch nehmen sich Wirtschaft und Wissenschaft<br />
häufig als getrennte und teilweise fremde Systeme<br />
wahr“, sagt Prof. Dr.-Ing. Joachim Milberg, Präsident<br />
acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften.<br />
Genau das müsse sich ändern, fordert<br />
der frühere BMW-Chef, der sich „mehr Mut zur<br />
Innovation“ in Deutschland wünscht. 4<br />
Die Zukunft – eine große Chance für Zulieferer: Rund<br />
65 Milliarden Euro wird die weltweite Zulieferindustrie<br />
in 2015 in Forschung und Entwicklung investieren –<br />
weit mehr als doppelt so viel wie die OEMs. Dr. Jan<br />
Dannenberg, Automotive-Experte bei Oliver Wyman<br />
(Bild) über künftige Innovationstrends, bei denen stets<br />
eine Frage im Vordergrund steht: Wie viel Innovation<br />
und zu welchen Preisen wird sich der Kunde<br />
zukünftig noch leisten können – und wollen? 18<br />
CO 2 -Emissionen und Emotionen:<br />
Die Debatte über umweltfreundliche<br />
Fahrzeuge wird heiß geführt.<br />
Globale Erderwärmung, Feinstaubbelastung,<br />
spritfressende SUVs und<br />
fehlende Dieselpartikelfilter haben<br />
der Autoindustrie den Ruf eingebracht,<br />
zu wenig gegen CO 2 und<br />
Emissionen zu tun. Jetzt starten die<br />
Automobilhersteller mit groß<br />
angelegten Programmen durch.<br />
4 Car Innovation · Mai 2008<br />
26<br />
INNOVATIONEN– QUO VADIS?<br />
Vorwort: <strong>Innovationen</strong> – unser Wohlstand von morgen 3<br />
Exklusiv-Interview mit Prof. Dr.-Ing. Joachim Milberg:<br />
„Mehr Mut zur Innovation“ 6<br />
Dr. Klaus Draeger, BMW: Innovation kontra Kostendruck – ein Dilemma? 10<br />
Prof. Dr. Menne, Ford Europa: Wege zur Mobilität der Zukunft 12<br />
Ralf-Gerhard Willner, Volkswagen: ,Mach 18‘-Produktfeuerwerk 14<br />
‚CAR INNOVATION 2015‘<br />
<strong>Innovationen</strong> der Zukunft: Blockbusters & Pacemakers 16<br />
Dr. Jan Dannenberg, Oliver Wyman: „Große Chance für Zulieferer“ 18<br />
Die Studie ,Car Innovation 2015‘: Wo führt die Zukunft hin? 20<br />
Brandherd CO 2 : Emissionen und Emotionen 26<br />
Kleine Autos, kleine Preise: Innovation von unten 29<br />
Wer kauft die Autos von morgen? Der Kunde lenkt mit 32<br />
In guter Gesellschaft: Autos passend zum Lifestyle 34<br />
DIE ZULIEFERER: INNOVATIVE PARTNER<br />
Von A bis Z: Supplier Innovations 36<br />
Dr. Markus Flik, Behr:<br />
Unternehmenskultur als Voraussetzung für <strong>Innovationen</strong> 38<br />
Dr. Bernd Bohr, Bosch: Globalisierung als Chance 39<br />
Prof. Dr. Heinz K. Junker, Mahle: Schlüsseltechnologien im Fokus 40<br />
Hans-Georg Härter, ZF Friedrichshafen:<br />
<strong>Innovationen</strong>, die sich rechnen 41<br />
Aksys: Spritzgussteile statt Blech 42<br />
Belte: Kalte Luft statt kaltem Wasser 43<br />
Benecke-Kaliko: Harmonie im Interieur 44<br />
Beru: Zündende Ideen 45<br />
BorgWarner: Weniger Emissionen, mehr Fahrspaß 46<br />
Brose: Markt bestimmt Innovationswert 47<br />
Carcoustics: Innovative Wege zur Idee 48<br />
Cherry: Weiter denken 49<br />
Continental: Rundum-Kommunikation 50<br />
Contitech: Sperrschicht hält dicht 51<br />
Dräxlmaier Group: Die Zukunft – realitätsnah 52<br />
ebm-Papst: Starke Helfer 53
Eberspächer: Weniger Emissionen – mehr Komfort 54<br />
Edag: ,Best fit‘ als Maxime 55<br />
Elmos: Der Chip macht‘s 56<br />
Elring Klinger: Innovation als Erfolgsfaktor 57<br />
Emitec: Effektive Abgasnachbehandlung 58<br />
Eybl International: Sauber wie eine Lotusblüte 59<br />
Federal-Mogul: Technik in Bewegung 60<br />
Fischer Automotive: Sesam öffne Dich 61<br />
Flextronics: Impuls über elektrisches Feld 62<br />
Freudenberg: Bis zu drei Prozent weniger CO 2<br />
Georg Fischer: Gießen für den Fortschritt 64<br />
Getrag: Welt-Getriebe 65<br />
Hella: Strom sparende Erleuchtung 66<br />
Hirschvogel: <strong>Innovationen</strong>, die bewegen 67<br />
Keiper: Ein etwas anderer Sitz 68<br />
Kromberg und Schubert: Start-Stopp-System zur CO 2 -Reduzierung 69<br />
Leoni: Stopp mit Licht 70<br />
Magna Steyr: Kraftvoll, aber sauber 71<br />
Mann + Hummel: Querdenken erwünscht 72<br />
Marquardt: Gangwechsel gut im Griff 73<br />
MBtech Group: Drei-Säulen-Innovationsmanagement 74<br />
Muhr und Bender: Ganz leicht gemacht 75<br />
Neumayr Tekfor: ,Kochrezept‘ für <strong>Innovationen</strong> 76<br />
Polytec: Das Tempo macht’s 77<br />
Preh: Gut bedient 78<br />
Progress-Werk Oberkirch: Verstehe den Kunden! 79<br />
Rehau: Starke Hybride 80<br />
Röchling: Halb so schwer, doppelt so sicher 81<br />
Schaeffler Gruppe: Fortschritt aus Tradition 82<br />
Stabilus: Luxus für alle 83<br />
Takata-Petri: Neues aus Berlin 84<br />
ThyssenKrupp: Leicht gemacht 85<br />
TMD Friction: Kulturkreis der Innovation 86<br />
Voestalpine: Die Zukunft geht in Serie 87<br />
Wälzholz: Stählerne Spezialitäten 88<br />
Webasto: Öffnung ,light‘ 89<br />
Witte Automotive: Keil gesetzt 90<br />
Impressum 91<br />
Von A bis Z: Die innovativen<br />
Partner der Automobilhersteller.<br />
AUTOMOBIL-PRODUKTION<br />
zusammen mit Oliver Wyman<br />
Automotive hatte die Zulieferindustrie<br />
eingeladen, innovative<br />
Produkte und Prozesse in dieser<br />
Sonderpublikation zu präsentieren.<br />
Über 50 Unternehmen sind<br />
der Aufforderung nachgekommen<br />
– ein ,Bilderbogen‘<br />
der automobilen Zukunft.<br />
36<br />
Die Zulieferer:<br />
Innovative Partner<br />
63<br />
INHALT<br />
<strong>Innovationen</strong> sichern die Zukunft der Automobilindustrie.<br />
Leichter gesagt als getan. Wo führt die<br />
Zukunft hin? Eine Antwort auf diese Frage versucht die<br />
Studie ,Car Innovation 2015‘ von Oliver Wyman zu<br />
geben. In der Analyse wurden Megatrends analysiert,<br />
technische Entwicklungen bewertet und Blockbuster-<br />
<strong>Innovationen</strong> definiert – als Leitfaden.<br />
Denn: 40 Prozent aller Investitionen fließen in<br />
<strong>Innovationen</strong>, die es nie ins Serienauto schaffen. 20<br />
Autos passend zum Lifestyle: Das Automobil war und ist<br />
das Spiegelbild gesellschaftlicher Entwicklungen. In der<br />
Oliver Wyman Studie ,Car Innovation 2015‘ wurden die<br />
wichtigsten gesellschaftliche Megatrends der Zukunft<br />
und ihre Auswirkungen auf die Automobilindustrie<br />
untersucht. Die große Herausforderung für die Branche:<br />
die durch die geforderte Vielfalt entstehende<br />
Komplexität kostendeckend abzubilden. 34<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
5
INNOVATION – QUO VADIS?<br />
EXKLUSIV-Interview mit Prof. Dr. Joachim Milberg, Präsident, Deutsche Akademie der Technikwissenschaften<br />
„Mehr Mut zur Innovation“<br />
„Noch nehmen sich Wirtschaft und Wissenschaft häufig als getrennte und teilweise fremde<br />
Systeme wahr“, sagt Prof. Dr.-Ing. Joachim Milberg, Präsident acatech – Deutsche Akademie der<br />
Technikwissenschaften. Genau das müsse sich ändern, fordert der früherer BMW-Chef, der sich<br />
zudem für ein „besseres Klima für <strong>Innovationen</strong>“ in Deutschland einsetzt.<br />
Innovation heißt wörtlich ,Erneuerung’. Welche Erneuerung<br />
hat sich die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften<br />
nun nach der Neugründung – bisher<br />
,Konvent für Technikwissenschaften der Union der<br />
deutschen Akademien der Wissenschaft’ – auf die Fahnen<br />
geschrieben?<br />
Unser übergeordnetes Ziel ist es, für nachhaltiges Wachstum<br />
durch Innovation einzutreten. Die Nachhaltigkeit brauchen<br />
wir, weil wir Umwelt und Ressourcen sowie grundlegende<br />
Bedürfnisse wie dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse in<br />
Einklang bringen müssen. Wachstum muss unser Ziel sein,<br />
weil wir nur dann Arbeitsplätze in Deutschland schaffen werden,<br />
wenn die Wachstumsrate über der Beschäftigungsschwelle<br />
liegt. Dafür sind wir auf <strong>Innovationen</strong> angewiesen,<br />
denn Wachstum ist in Deutschland nur über <strong>Innovationen</strong><br />
möglich, also über neue Kombinationen, die sich erfolgreich<br />
im Markt durchsetzen und kreative Erneuerung ermöglichen.<br />
Welche Bedeutung hat die Neugründung der Deutschen<br />
Akademie der Technikwissenschaften für diese<br />
Zielsetzungen?<br />
Unser Ziel, nachhaltiges Wachstum durch ein besseres Klima<br />
für <strong>Innovationen</strong> zu befördern, können wir als nationale<br />
Akademie mit noch mehr Gewicht vertreten. Heute unterstützen<br />
unsere Arbeit schon rund 60 technologieorientierte<br />
Unternehmen; der Akademie sind mehr als 260 herausragende<br />
Wissenschaftler als Mitglieder verbunden, und mit unseren<br />
Projekten arbeiten wir an Empfehlungen und Einschätzungen<br />
zu einer Vielzahl an Themen mit Technikbezug.<br />
Was sind Ihrer Meinung die großen Zukunftsfragen,<br />
mit denen sich die Technikwissenschaften und Wirtschaft<br />
auseinandersetzen werden müssen?<br />
Nehmen wir nur Herausforderungen wie Klimawandel und<br />
Ressourcenverfügbarkeit, demographische Entwicklung und<br />
die Sicherung der Energieversorgung. Das sind Themen, zu denen<br />
die Technikwissenschaften einen konstruktiven Beitrag<br />
leisten können und müssen, wenn wir unseren Wohlstand in<br />
Deutschland langfristig sichern wollen. Dabei spielen <strong>Innovationen</strong><br />
die entscheidende Rolle. Wir müssen den Klimawandel<br />
auch als technologische Herausforderung begreifen.<br />
Welche Ziele für die Akademie der Technikwissenschaften<br />
leiten sich daraus ab?<br />
Es muss unser Ziel sein, die Erfolgskriterien für <strong>Innovationen</strong> zu<br />
verbessern. Dazu gehört ein <strong>innovation</strong>sfreundliches Klima in<br />
unserer Gesellschaft. Hier sind wir in Deutschland zwar schon<br />
besser geworden, haben aber noch sehr viel Veränderungsbedarf.<br />
Wir brauchen aber auch genügend kreative, motivierte und<br />
6 Car Innovation · Mai 2008<br />
qualifizierte Nachwuchskräfte. Das ist ein Thema, das uns noch<br />
längere Zeit beschäftigen wird. Schließlich gehört zu den Erfolgskriterien<br />
auch, dass ausreichend Mittel für Forschung und<br />
Entwicklung sowie Bildung zur Verfügung gestellt werden.<br />
CO 2 -Reduzierung bei Kraftfahrzeugen beispielsweise<br />
ist längst auch ein hochpolitisches Thema. Übernimmt<br />
die Akademie in Diskussionen zwischen Industrie, Politik<br />
und Wissenschaft gegebenenfalls auch die Rolle<br />
des Moderators?<br />
Die Akademie hat sich vier Arbeitsschwerpunkte gesetzt: Wir<br />
wollen den Nachwuchs fördern, vertreten die Belange der<br />
Technikwissenschaften auf dem internationalen Parkett, erarbeiten<br />
Empfehlungen und Stellungnahmen zu Zukunftsfragen<br />
mit Technikbezug und wir beraten Politik und Gesellschaft<br />
auf dem letzten Stand der Wissenschaft. Dem Profil<br />
entsprechend ist unsere Rolle sehr vielfältig. Der Präsident<br />
von Acatech ist Mitglied des Rates für Wachstum und Innovation<br />
der Bundeskanzlerin.<br />
Als unabhängige Stimme der Technikwissenschaften haben<br />
wir Studien und Empfehlungen erarbeitet zu drängenden<br />
Fragen wie der Sicherung der Mobilität in der Zukunft oder<br />
zu den richtigen Weichenstellungen auf dem Feld der Gesundheitstechnologien<br />
– um nur zwei Beispiele zu nennen.<br />
Die jeweiligen Ergebnisse wurden jeweils von Wissenschaft<br />
und Wirtschaft erarbeitet und mit der Politik diskutiert.<br />
Ganz besonders wichtig ist uns die Vernetzung zwischen Wissenschaft<br />
und Wirtschaft. So haben wir im vergangenen Jahr<br />
Wissenschaft und Wirtschaft beim Klimaforschungsgipfel zusammen<br />
gebracht, den Acatech in Kooperation mit dem<br />
Bundesministerium für Forschung und Entwicklung organisiert<br />
hat. Ziel war es, gemeinsam an Strategien und konkreten<br />
Lösungen zu arbeiten, wie mit der Herausforderung konstruktiv<br />
umzugehen ist. Dabei hat sich gezeigt, dass der Klimawandel<br />
für unsere Wirtschaft vor allem auch viele Chancen<br />
bietet, die wir nutzen können.<br />
Sie fordert mehr „Mut zur Innovation“. Was hemmt<br />
und wie kann eine Institution wie die Acatech hier als<br />
,Mut-Macher’ agieren?<br />
Theoretisch ist uns allen wahrscheinlich bewusst: Unser<br />
Wohlstand von morgen kann nur aus den Ideen von heute<br />
kommen. Und Ideen sichern nur dann Wettbewerbsvorteile,<br />
wenn aus ihnen erfolgreiche Produkte werden. Das setzt aber<br />
auch voraus, dass wir neuen Technologien aufgeschlossen<br />
und positiv gegenüber stehen. In der Praxis aber sehen wir in<br />
Deutschland noch häufig ein ,Nein’ sicherheitshalber, aus<br />
Unwissenheit und daraus abgeleitet aus Unsicherheit,<br />
manchmal mag man auch Dogmatismus nicht ausschließen.
„Unser Wohlstand von morgen<br />
kann nur aus den Ideen von heute kommen.“<br />
Prof. Dr. Joachim Milberg,<br />
Präsident, Deutsche Akademie der Technikwissenschaften<br />
Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften setzt sich<br />
deshalb für einen ,Klimawandel’ und für mehr Veränderungsbereitschaft<br />
und Technikakzeptanz ein: Wir wollen der Gesellschaft<br />
Mut machen, mehr auf Fachkompetenz und auf eigene<br />
Stärken zu vertrauen sowie ein stärkeres Bewusstsein für die<br />
Chancen neuer Technologien zu entwickeln. Acatech sieht seine<br />
Aufgabe dabei als unabhängiger Berater von Gesellschaft<br />
und Politik; Grundlage der Arbeit ist dabei immer der letzte<br />
Stand der Wissenschaft.<br />
Was muss getan werden, um sicherzustellen,<br />
dass wir auch die richtigen Köpfe haben,<br />
um den technologischen Fortschritt<br />
durch <strong>Innovationen</strong> zu gewährleisten?<br />
Schätzungen des VDI zufolge fehlen uns derzeit<br />
in Deutschland 30 000 bis 40 000 Ingenieure.<br />
Dazu kommt, dass wir in Deutschland<br />
zu wenig in Forschung und Entwicklung<br />
investieren. Vom Lissabon-<br />
Ziel der EU, bis 2010 drei Prozent des<br />
Bruttoinlandprodukts in Forschung<br />
und Entwicklung zu investieren,<br />
sind wir den letzten Zahlen nach<br />
noch 0,5 Prozentpunkte entfernt.<br />
Diese 0,5 Prozent addieren sich<br />
zu rund zwölf Milliarden Euro,<br />
die Staat und Unternehmen<br />
zusätzlich für die Zukunftssicherung<br />
bereitstellen müssten.<br />
Die Lücke, die sich<br />
hier auftut, lässt sich<br />
auch in Arbeitsplätzen<br />
darstellen: 100 000<br />
Beschäftigte in Forschung<br />
und Entwicklung<br />
mehr – das sind<br />
bei den derzeitigen<br />
Absolventenzahlen in<br />
den Technikwissenschaften<br />
(68 372) ganze<br />
eineinhalb Abschlussjahrgängezusätzlich!<br />
Und damit sind wir<br />
beim Nachwuchsmangel. Wie<br />
groß der Mangel wirklich ist, darüber<br />
gibt es unterschiedliche Zahlen. Unstrittig<br />
ist, dass der Mangel vor allem dem Mittelstand<br />
schon jetzt teils schwer zu schaffen<br />
macht.<br />
INNOVATION – QUO VADIS?<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
7
INNOVATION – QUO VADIS?<br />
Wie brisant beurteilen Sie den Ingenieur-Mangel?<br />
Der Mangel an qualifizierten Kräften hat weit reichende Folgen.<br />
Schätzungen des VDI zufolge gehen pro unbesetzte Ingenieurstelle<br />
2,3 weitere Arbeitsplätze verloren. Deshalb<br />
müssen wir große Anstrengungen unternehmen, um hier eine<br />
Trendwende zu erreichen. Der prozentuale Anteil der Ingenieurwissenschaften<br />
an den Absolventen in Deutschland<br />
ist seit Mitte der 90er Jahre deutlich gefallen. Kurzfristig werden<br />
wir aber keine Wende erreichen können. Denn die<br />
durchschnittliche Studiendauer beträgt etwa sechs Jahre.<br />
Daraus ergibt sich, dass eine Trendwende, wenn sie denn jetzt<br />
eingeleitet würde, erst in sechs Jahren zu mehr Absolventen<br />
führt. Da die Trendwende aber selbst Zeit benötigt, sprechen<br />
wir über einen Zeitraum von zehn Jahren.<br />
Wo gilt es den Hebel anzusetzen – mittel- und langfristig?<br />
Kurzfristig wirken kann eine Reduzierung der viel zu hohen<br />
Abbrecherquoten; eine Erleichterung von gezielter Zuwanderung<br />
kann ebenfalls kurzfristig zur Verbesserung der Lage beitragen.<br />
Längerfristig muss es uns darum gehen, die Studierendenquote<br />
insgesamt – und dabei insbesondere den Anteil<br />
der Technikwissenschaften – spürbar zu erhöhen. Initiativen<br />
für mehr Begeisterung für Naturwissenschaft und Technik<br />
gibt es schon seit Jahren, ohne dass eine echte Trendwende<br />
erzielt worden wäre. Deshalb haben wir eine Evaluation von<br />
Projekten und Initiativen über die gesamte Bildungskette von<br />
den Schulen bis zu den Hochschulen gestartet, um wirklich<br />
wirksame Maßnahmen zu identifizieren. Das ist derzeit eines<br />
der größten Projekte von Acatech.<br />
Die Themen ,Umwelt’, ,Rohstoffverknappung’ und<br />
,Ressourcenschonung’ werden der deutschen Industrie<br />
noch viel abverlangen. Werden diese Themen Wissenschaften<br />
und Industrie künftig enger zusammen führen<br />
als bisher?<br />
Ich finde es gut, dass Sie in der Frage selbst den Zusammenhang<br />
von Innovation und Umweltschutz herstellen. Denn gerade<br />
wenn man den Klimaschutz ernst nimmt, darf das Innovationsthema<br />
nicht vernachlässigt werden. Die Herausforderung ist mit<br />
einem Dreieck vergleichbar: Auf der einen Seite die Notwendigkeit,<br />
die menschliche Umwelt, das Klima und die natürlichen<br />
Ressourcen so zu behandeln, dass die Grundlagen menschlichen<br />
Lebens nicht unwiderruflich vernichtet werden. Auf der anderen<br />
Seite die Herausforderung, individuelle wie kollektive<br />
menschliche Bedürfnisse zu befriedigen. Dabei geht es nicht nur<br />
um den Konsum, sondern auch darum, eine Aufgabe zu haben,<br />
zum Beispiel eine Arbeit, in die man seine Kompetenz einbringt.<br />
Und die dritte Seite?<br />
Die dritte Seite schließlich ist durch die Notwendigkeit definiert,<br />
wirtschaftliches Wachstum zu ermöglichen, das in einer<br />
Industriegesellschaft alleine nachhaltigen Wohlstand und soziale<br />
Sicherheit ermöglicht. Dabei geht es um eine Balance,<br />
8 Car Innovation · Mai 2008<br />
„Wir wollen der Gesellschaft<br />
Mut machen, mehr auf<br />
eigene Stärken zu vertrauen.“<br />
Prof. Dr. Joachim Milberg,<br />
Präsident, Deutsche Akademie der Technikwissenschaften<br />
die alle Notwendigkeiten optimal austariert. Das wird nur<br />
durch Anwendung der neuesten Technologien möglich sein.<br />
Es geht darum, den Klimawandel auch als wirtschaftliche<br />
und technologische Chance zu begreifen. Wenn wir unseren<br />
Lebensstandard halten wollen und den aufstrebenden Ländern<br />
ebenfalls den Weg zu mehr Wohlstand durch Entwicklung<br />
zugestehen, müssen wir eine Herangehensweise entwickeln,<br />
die die unterschiedlichen Bedürfnisse berücksichtigt.<br />
<strong>Innovationen</strong> sind dabei der wichtigste Schlüssel.<br />
Wo sehen Sie zukunftsweisende Ansätze, wo Technikwissenschaften<br />
und Wirtschaft bereits erfolgreich und<br />
zukunftsweisend zusammen arbeiten?<br />
Innovation ist für mich eine Invention, die sich erfolgreich am<br />
Markt durchgesetzt hat. Um dauerhaft <strong>Innovationen</strong> vorbringen<br />
zu können, ist daher eine gute Vernetzung von Wissenschaft<br />
und Wirtschaft erforderlich. Beide Seiten hängen elementar<br />
voneinander ab: Die Wissenschaft braucht Geld, um<br />
neues Wissen schaffen zu können; der Markt wendet das Wissen<br />
an, um Kapital zu generieren. Etwas verkürzt lässt sich also<br />
sagen, dass Gewinne auf der Marktseite die Grundlagen<br />
schaffen für Investitionen in Wissenschaft und Forschung.<br />
Sie sprechen sich dafür aus, die „Versäulung“ der Wissenschaftslandschaft<br />
aufzuweichen und neue vernetzte<br />
Strukturen zu schaffen. Was wünschen Sie sich als<br />
Ergebnis?<br />
Vernetzte Lebensläufe, also mehr Biographien mit Seitenwechseln<br />
zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, daran<br />
könnte man ein Ergebnis vielleicht festmachen.<br />
Noch nehmen sich Wirtschaft und Wissenschaft<br />
häufig als getrennte und teilweise fremde Systeme<br />
wahr. Ein idealer Weg, Vorbehalte abzubauen und<br />
dabei auch einen Wissenstransfer zu erreichen, ist<br />
der Seitenwechsel. Denn Technologietransfer und<br />
Verständnis für die andere Seite vermittelt sich am<br />
besten über Köpfe. Ergebnis der Vernetzung der<br />
Lehre können beispielsweise die Betreuung von<br />
Abschlussarbeiten, Lehraufträge und duale Studiengänge<br />
wie auch Industriestipendien sein. Diese Formen<br />
der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hochschulen<br />
sind leider noch längst nicht so verbreitet, wie es wünschenswert<br />
wäre, das hat im Vorjahr eine Studie des Stifterverbandes<br />
für die Deutsche Wissenschaft sehr deutlich gezeigt.<br />
Deutsche Wissenschaftsvertreter kritisieren vielfach,<br />
dass die deutsche Industrie zu wenig ihre technologische<br />
Fachkompetenz anerkenne und statt dessen wissenschaftlichen<br />
Know-how-Import vor allem aus dem<br />
englischsprachigen Raum betreibe. Ein berechtigter<br />
Vorwurf?<br />
Ich glaube, dass diese Feststellung so nicht zutrifft. Forschung<br />
war allerdings schon immer weltumspannend und weltoffen.<br />
International tätige Unternehmen knüpfen deshalb dort Kontakte,<br />
wo sie aus fachlicher, lokaler oder auch aus menschlicher<br />
Erwägung glauben, mit den besten Ideen und Konzepten<br />
unterstützt zu werden. Das gilt übrigens für alle Richtungen.<br />
Daraus ergibt sich allerdings die Herausforderung, das<br />
deutsche Wissenschafts- und Forschungssystem so zu entwickeln,<br />
dass es dem Wettbewerb mit den Besten auch standhält.<br />
Das Interview führte Tina Rumpelt �
Automotive<br />
Die Studie Car Innovation 2015 zeigt alle Aspekte auf,<br />
die für die Planung und das Management von <strong>Innovationen</strong><br />
relevant sind. Neben Erkenntnissen aus fünf Jahren<br />
Projektarbeit hat Oliver Wyman 700 Personen interviewt<br />
und die 315 wichtigsten Technologien der Automobilindustrie<br />
analysiert. Zudem wurden 500 Zulieferer und<br />
15 Hersteller berücksichtigt. Aus den umfangreichen<br />
Ergebnissen entstanden schließlich Handlungsempfehlungen<br />
zur Verbesserung des Innovationsmanagements für alle<br />
Hersteller und Zulieferer.<br />
Weitere Informationen fi nden Sie unter:<br />
www.<strong>car</strong>-<strong>innovation</strong>.de
BMW GROUP<br />
„Innovationsorientierung hat dem Kunden zu dienen,<br />
nicht den Wunschträumen des Entwicklers.“<br />
Dr. Klaus Draeger, Entwicklungsvorstand der BMW AG und Autor dieses Beitrages<br />
Innovation kontra Kostendruck<br />
– ein Dilemma?<br />
„Die notwendigen Rahmenbedingungen vorausgesetzt bin ich zuversichtlich,<br />
dass die deutsche Automobilindustrie dank ihrer Innovationskraft<br />
die richtigen Antworten auf Herausforderungen der<br />
Zukunft finden wird“, sagt Dr. Klaus Draeger, im BMW-Vorstand für<br />
Forschung und Entwicklung verantwortlich. Exklusiv legt er in AUTO-<br />
MOBIL-PRODUKTION seine Innovationsstrategie dar.<br />
Zwei gegenläufige Trends prägen<br />
derzeit die Automobilbranche: Auf<br />
der einen Seite: Innovationsorientierung,<br />
die treibende Kraft hinter der<br />
kontinuierlichen Verbesserung des Automobils.<br />
Auf der anderen Seite: der<br />
immer weiter steigende Kostendruck,<br />
der zahlreiche Gründe hat – hohe Rohstoffpreise,<br />
Währungsrisiken, an-<br />
10 Car Innovation · Mai 2008<br />
spruchsvolle gesetzliche Auflagen sowie<br />
starker Wettbewerbsdruck in Verbindung<br />
mit einer Sättigung der Triademärkte<br />
Europa, USA und Japan.<br />
In jüngster Zeit gesellt sich noch ein<br />
weiterer Aspekt dazu, der in erster Linie<br />
die Hersteller von Einstiegsmodellen<br />
betrifft. Der rasch wachsende Bedarf an<br />
Erstmotorisierung in Schwellenländern<br />
wie China und Indien erfordert aufgrund<br />
der (noch) geringen Kaufkraft<br />
einfachste Fahrzeugkonzepte, die in extrem<br />
schlanken Kostenstrukturen entwickelt<br />
und gefertigt werden müssen.<br />
Sauberer Fahrspaß<br />
Welcher Trend wird sich als stärker erweisen?<br />
Ich meine, wir werden beide<br />
Wege beschreiten müssen. Als Premiumhersteller<br />
müssen wir Innovationstreiber<br />
bleiben und zugleich dem Kostendruck<br />
standhalten. Für die BMW<br />
Group sind <strong>Innovationen</strong> aus drei Aspekten<br />
unverzichtbar: Mit <strong>Innovationen</strong><br />
lösen wir unser Markenversprechen<br />
,Freude am Fahren’ ein. Sie sind<br />
ein wirtschaftlicher Erfolgsgarant für<br />
unser Unternehmen, denn nur eine attraktive<br />
Produktsubstanz sichert unseren<br />
langfristigen Verkaufserfolg. Und<br />
schließlich sind <strong>Innovationen</strong> eine Investition<br />
in die Zukunft des Automobils<br />
und damit eine Investition in die Zukunftsfähigkeit<br />
unserer Gesellschaft.<br />
Gerade die aktuelle Diskussion um<br />
Klimawandel und CO 2 -Ausstoß zeigt,<br />
welche Bedeutung <strong>Innovationen</strong> haben:<br />
Sie sichern nicht nur hunderttausende<br />
Arbeitplätze in der deutschen Industrielandschaft,<br />
sondern bieten auch<br />
Lösungen für globale Herausforderungen.<br />
Für mich steht zweifelsfrei fest:<br />
Ohne innovative Technologien werden<br />
wir die Erderwärmung nicht aufhalten<br />
können, wenn wir nicht drastische Einschnitte<br />
in unseren Lebensstil hinnehmen<br />
wollen. Die BMW Group zeigt mit<br />
der Initiative ,EfficientDynamics’, welche<br />
Potenziale der technologische Fortschritt<br />
birgt: Seit 1990 haben wir den<br />
Flottenverbrauch in Deutschland um<br />
fast 30 Prozent gesenkt.<br />
Derzeit emittieren 27 Modelle der<br />
Marken BMW und Mini nicht mehr als<br />
140 Gramm CO 2 pro Kilometer. Das ist<br />
eine Bilanz, die sich sehen lassen kann.<br />
Insbesondere vor dem Hintergrund eines<br />
parallel gestiegenen Fahrzeuggewichtes<br />
– bedingt durch zusätzliche<br />
Umfänge bei Sicherheit, Abgastechnologie,<br />
Komfort- und Leistungswünschen<br />
der Kunden.<br />
Mit ,EfficientDynamics’ tritt die BMW<br />
Group den Beweis an, dass Fahrspaß und<br />
nachhaltige Mobilität dank innovativer<br />
Technologien keinen Widerspruch bilden<br />
müssen. Dieses Angebot überzeugt auch<br />
unsere Kunden: Allein in 2008 werden<br />
wir voraussichtlich 700 000 Fahrzeuge<br />
mit EfficientDynamics verkaufen. Wir<br />
setzen dabei auf einen dreistufigen An-
Bild: BMW<br />
satz. Kurzfristig optimieren wir unsere<br />
Motoren und Getriebe weiter. Als Bayerische<br />
Motoren Werke sehen wir uns in der<br />
Pflicht, bereits im Brennraum das Maximum<br />
an Energie aus jedem Tropfen Kraftstoff<br />
zu holen. Dazu kommt noch ein ganzes<br />
Bündel weiterer Maßnahmen, die bereits<br />
in zahlreichen Modellen zur Serienausstattung<br />
gehören. So zum Beispiel die<br />
Bremsenergierückgewinnung oder die<br />
Auto-Start-Stopp-Funktion. Mittelfristig<br />
ergänzen wir unser Produktportfolio um<br />
Hybridfahrzeuge.<br />
Innovativ im Sinne des Kunden<br />
Ab 2009 werden wir mit einer Vollhybridversion<br />
des BMW X6 auf den<br />
Markt kommen. Auch batteriebetriebene<br />
Elektrofahrzeuge können eine sinnvolle<br />
Ergänzung zu konventionell angetriebenen<br />
Autos darstellen. Aufgrund<br />
der relativ geringen Reichweite<br />
bieten sich diese ,Plug-in’ Fahrzeuge<br />
insbesondere für Mega-Cities an. Sowohl<br />
Hybrid als auch batteriebetriebene<br />
Elektrofahrzeuge sind aber nur ein<br />
Zwischenschritt auf dem Weg zu nachhaltiger<br />
Mobilität.<br />
Beide Antriebskonzepte eignen sich<br />
für einige Nischenmodelle, sind jedoch<br />
kein Allheilmittel. Langfristig wird es<br />
der Energieträger Wasserstoff sein, mit<br />
dem wir in der Zukunft nahezu emissionsfrei<br />
mobil bleiben werden. Klar ist:<br />
dieser technische Fortschritt hat seinen<br />
Preis, <strong>Innovationen</strong> gibt es nicht zum<br />
Nulltarif. Seit Jahren investiert die<br />
BMW Group intensiv in Forschung und<br />
Entwicklung. Und wir werden diesen<br />
Weg konsequent weiter gehen. Unsere<br />
Kunden sind bereit, für diesen Fortschritt<br />
einen angemessenen Preis zu<br />
zahlen. Allerdings nur für <strong>Innovationen</strong>,<br />
die sie tatsächlich nutzen.<br />
„Nur ein Produkt, das einen<br />
klaren Kundenwert besitzt, ist<br />
seinen Preis wert.“<br />
Denn nur ein Produkt, das einen klaren<br />
Kundenwert besitzt, ist buchstäblich<br />
seinen Preis wert. Innovationsorientierung<br />
bedeutet für mich deshalb nicht,<br />
Neues nur um des Neuen willen zu entwickeln.<br />
Innovationsorientierung hat<br />
dem Kunden zu dienen, nicht den<br />
Wunschträumen des Entwicklers. Clevere<br />
Lösungen sind gefragt, nicht technologischer<br />
Overkill.<br />
Das ,Umfeld’ muss mitziehen<br />
Innovationsorientierung bedeutet weitsichtig<br />
zu handeln, Kundenbedürfnisse,<br />
technische Möglichkeiten und betriebswirtschaftliche<br />
Aspekte auf Jahre im<br />
Voraus in Einklang zu bringen. Voraussetzung<br />
dafür sind stabile und vernünf-<br />
BMW GROUP<br />
tige politische Rahmenbedingungen.<br />
Ständig wechselnde oder unrealistische<br />
politische Vorgaben behindern den Innovationsgeist,<br />
drohen im Extremfall<br />
sogar, ihn zu ersticken.<br />
Wer einheitliche CO 2 -Obergrenzen<br />
für alle Fahrzeugklassen fordert, setzt<br />
sich nicht für die Entwicklung Verbrauch<br />
senkender Technologien ein,<br />
sondern legt im Gegenteil die<br />
Innovationspipeline trocken.<br />
Denn es sind die großen<br />
Fahrzeugklassen, welche als<br />
Technologieträger die innovative<br />
Speerspitze der Automobilindustrie<br />
bilden. Ob<br />
Airbag, ABS oder Benzindirekteinspritzung<br />
– <strong>Innovationen</strong> werden<br />
fast immer ,top down’ eingeführt.<br />
Zunächst in Spitzenmodellen, mit sinkenden<br />
Kosten sukzessive dann auch in<br />
günstigeren Fahrzeugsegmenten. Nach<br />
einiger Zeit kommen sie letztendlich allen<br />
Autofahrern zugute. Ein politisch<br />
erzwungener Entfall der großen Baureihen<br />
wäre kontraproduktiv.<br />
Die notwendigen Rahmenbedingungen<br />
vorausgesetzt bin ich zuversichtlich,<br />
dass die deutsche Automobilindustrie<br />
dank ihrer Innovationskraft die<br />
richtigen Antworten auf Herausforderungen<br />
der Zukunft finden wird. �<br />
Autor: Dr. Klaus Draeger,<br />
Mitglied des Vorstands BMW AG<br />
Ökologie serienmäßig:<br />
In 2008 wird BMW voraussichtlich<br />
700 000 Fahrzeuge<br />
mit ,EfficientDynamics’<br />
verkaufen.<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
11
Bilder: Ford<br />
FORD EUROPA<br />
Schon im Alltag unterwegs: Drei Ford<br />
Focus mit Brennstoffzellenantrieb operieren<br />
in Kundenflotten. Ford fährt zweigleisig<br />
und nutzt Wasserstofftechnologie<br />
im modifizierten Verbrennungsmotor<br />
sowie in Brennstoffzellenfahrzeugen.<br />
Wege zur Mobilität der Zukunft<br />
„Innovation heißt für Ford, den Menschen eine erschwingliche, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene<br />
Mobilität im Einvernehmen mit Umwelt- und Sicherheitsanforderungen zu ermöglichen.“<br />
Prof. Dr. Rudolf Menne, Forschungsleiter Ford Europa und Geschäftsführer des Ford Forschungszentrums<br />
Aachen, stellt die ,Roadmap’ von Ford Europa für die Mobilität der Zukunft vor.<br />
Es ist alles andere als ein Zufall,<br />
dass die Ford Motor Company<br />
Anfang der 90er Jahre ihren einzigen<br />
Forschungsstandort außerhalb<br />
Detroits nach Aachen legte. Hohe Ingenieurskunst,<br />
renommierte Hochschulen<br />
und Forschungseinrichtungen<br />
waren und sind das wichtigste<br />
Gut des Wirtschaftsstandorts Deutschland.<br />
Auch ist es kein Zufall, dass das<br />
Ford-Forscherteam sehr multikulturell<br />
ist: Denn Innovation lebt von der<br />
Vielseitigkeit der Ansätze und der<br />
Blickwinkel.<br />
Rund 250 Mitarbeiter unterschiedlichster<br />
Fachrichtungen aus über 25<br />
verschiedenen Nationen arbeiten intensiv<br />
an den Themen von morgen, eng<br />
verzahnt mit der Ford Produktentwicklung<br />
in Köln und London. Flache Hierarchien<br />
und interdisziplinäre Projektarbeit<br />
geben die für innovatives Denken<br />
nötige Flexibilität.<br />
12 Car Innovation · Mai 2008<br />
Die Anforderungen an die individuelle<br />
Mobilität sind stetig gestiegen und steigen<br />
weiterhin, sei es in punkto Umweltverträglichkeit,<br />
Sicherheit oder Komfort.<br />
Dabei hat die Erfüllung einer dieser Anforderungen<br />
häufig negative Auswirkungen<br />
auf die der anderen. So hat die Einhaltung<br />
von Euro 4 und 5, die vor allem<br />
mithilfe von Abgasnachbehandlungssystemen<br />
wie dem Dieselpartikelfilter erzielt<br />
wurde, den Kraftstoffverbrauch und somit<br />
den CO 2 -Ausstoß erhöht.<br />
‚Leichte‘ Werkstoffe<br />
Ebenso hätte der Einsatz von einer<br />
wachsenden Anzahl an Sicherheitstechnologien<br />
zu mehr Gewicht und<br />
damit zu einem erhöhten Verbrauch<br />
geführt, wenn dies nicht teilweise<br />
durch Werkstoffe wie höherfeste Stähle<br />
hätte kompensiert werden können.<br />
Dabei wurde natürlich die Crashsicherheit<br />
nicht beeinträchtigt, sondern<br />
konnte im Gegenteil noch weiter gesteigert<br />
werden.<br />
Mittlerweile stößt die passive Sicherheit<br />
jedoch an ihre Optimierungsgrenzen.<br />
Signifikante Fortschritte bei der<br />
Verkehrssicherheit sind künftig vor allem<br />
seitens aktiver Sicherheitssysteme<br />
zu erwarten. Fahrerassistenzsysteme<br />
wie beispielsweise die adaptive Geschwindigkeitsregelanlage<br />
mit Auffahrwarnsystem<br />
von Ford sind ein erster<br />
Schritt. Fahrzeug-zu-Fahrzeug- und Infrastruktur-zu-Fahrzeug-Kommunikation<br />
heißen die Schlüsseltechnologien<br />
für einen weitgehend unfallfreien Straßenverkehr<br />
der Zukunft. Dabei arbeiten<br />
Hersteller, Zulieferer und die öffentliche<br />
Hand bereits heute intensiv in<br />
themen- und branchenübergreifenden<br />
Projekten zusammen.<br />
Die Verknappung der fossilen<br />
Ressourcen, der permanent steigende<br />
Ölpreis und vor allem die Klimawan-
deldiskussion haben den Kraftstoffverbrauch<br />
und insbesondere den damit<br />
verbundenen CO 2 -Ausstoß von Fahrzeugen<br />
in den Fokus des öffentlichen<br />
Interesses gerückt. Bereits heute verfügt<br />
Ford in Europa über eine Fahrzeugflotte<br />
mit einem der niedrigsten<br />
CO 2 -Durchschnittswerte. Erreicht wurde<br />
dies unter anderem durch die stetige<br />
Optimierung herkömmlicher Verbrennungsmotoren<br />
und der Getriebe, durch<br />
Leichtbauweise, durch Senkung des<br />
Reifenrollwiderstands und aerodynamische<br />
Verbesserungen.<br />
Die Zukunft: ‚EcoBoost‘<br />
Durch Downsizing und Turbolaufladung<br />
lassen sich die zukünftigen konventionellen<br />
Verbrennungsmotoren noch verbrauchsärmer<br />
konzipieren. Beim Ottomotor<br />
wird Ford künftig ,EcoBoost’ einsetzen,<br />
die nächste Generation hochmoderner<br />
Benzindirekteinspritzer mit Turboaufladung,<br />
durch die sich der CO 2 -<br />
Ausstoß um 15 Prozent senkt.<br />
Auch die breite Palette von Ford-<br />
Fahrzeugen, die mit alternativen Kraftstoffen<br />
betrieben werden, wie Erd- oder<br />
Flüssiggas und Bioethanol, unterstreichen<br />
die Vorreiterrolle von Ford, umweltverträgliche<br />
Fahrzeuge zu erschwinglichen<br />
Preisen hier und jetzt<br />
anzubieten. Nur so, und nicht durch<br />
Prof. Dr. Rudolf Menne,<br />
Forschungsleiter Ford Europa,<br />
Geschäftsführer des Ford Forschungszentrums<br />
Aachen und Autor dieses<br />
Beitrages:<br />
„Innovation lebt von der<br />
Vielseitigkeit der Ansätze<br />
und der Blickwinkel.“<br />
So einfach wie telefonieren: Das von Ford entwickelte<br />
Bediensystem ,Convers+’ zeichnet sich dadurch aus, dass es<br />
sich dem Benutzer intuitiv erschließt. Es lehnt sich von der<br />
Bedienlogik her an die Menüführung von Handys an.<br />
teure, verbrauchsarme Einzelstücke, erzielt<br />
man den gewünschten positiven<br />
Effekt auf die Umwelt.<br />
Doch trotz dieser großen Einsparungserfolge<br />
bei heutigen Fahrzeugen<br />
und denen der nahen Zukunft: was<br />
kann eines Tages den Einsatz fossiler<br />
Kraftstoffe ablösen? Nach derzeitigem<br />
Kenntnisstand gilt Wasserstoff als einer<br />
der vielversprechendsten Kraftstoffe<br />
der Zukunft, da er – theoretisch – zu<br />
100 Prozent auf Basis regenerativer<br />
Energiequellen erzeugt werden kann.<br />
,Theoretisch’ deshalb, weil heutzutage<br />
noch gar nicht geklärt ist, woher die<br />
enormen Mengen an regenerativer<br />
Energie kommen sollen.<br />
Als einziger Hersteller entwickelt<br />
Ford an beiden Wegen, Wasserstoff<br />
mobil zu nutzen: im modifizierten Verbrennungsmotor<br />
und im Brennstoffzellenfahrzeug.<br />
Für beide Konzepte<br />
hat Ford bereits heute kleine Erprobungsflotten<br />
weltweit auf der Straße.<br />
Mit Letzterem ist Ford an der ‘Clean<br />
Energy Partnership’ (CEP) in Berlin<br />
beteiligt, die sich als Teil des nationalen<br />
Nachhaltigkeitsprogramms der Bundesregierung<br />
versteht. Hier soll die<br />
Wirtschaftlichkeit und Alltagstauglichkeit<br />
von Wasserstoff im mobilen Einsatz<br />
erprobt werden. Dazu hat Ford<br />
drei Brennstoffzellenfahrzeuge in Flot-<br />
FORD EUROPA<br />
tenkundenhand gegeben. Der so eingesetzte<br />
Ford Focus mit Brennstoffzelle<br />
war im Jahr 2004 die weltweit erste,<br />
voll homologierte Kleinserie mit dieser<br />
Antriebstechnologie.<br />
Auch wenn die technische und ökonomische<br />
Großserienreife von Brennstoffzellenfahrzeugen<br />
und die Lösung<br />
der mit Wasserstoff verbundenen Herausforderungen<br />
noch in relativ weiter<br />
Ferne liegen, so wäre es doch sehr kurzsichtig,<br />
hier die Forschung nicht weiter<br />
konsequent voranzutreiben. Denn Innovation<br />
bedeutet auch Weitblick und<br />
ein Gefühl für das, was in der Zukunft<br />
Standard sein könnte.<br />
Auch den demographischen Wandel<br />
hat das Ford-Forscherteam fest im<br />
Blick. Dass unsere Gesellschaft stetig älter<br />
wird, ist mittlerweile hinreichend<br />
bekannt. Aber wie geht die Industrie<br />
mit diesem Wissen um? Wie passt sie<br />
ihre Produkte dieser wachsenden Gesellschaftsschicht<br />
an? Dies ist eine von<br />
zahlreichen Fragestellungen, denen ein<br />
Forscherteam bestehend aus Ingenieuren<br />
und Ärzten bei neuen Konzepten<br />
für den Fahrzeuginnenraum nachgeht.<br />
‚Best Agers‘ im Fokus<br />
Ein Altersanzug, den Ford als erster<br />
Automobilhersteller bereits 1994 entwickelte,<br />
hilft jungen Ingenieuren dabei,<br />
die natürlichen physischen Grenzen<br />
älterer Menschen am eigenen Leibe<br />
zu erfahren und bei der Entwicklung zu<br />
berücksichtigen. Ein Ergebnis dieser Arbeit<br />
ist beispielsweise die Erhöhung der<br />
Sitzposition, weit aufschwingende Türen<br />
oder niedrige Türschwellen, die das<br />
Ein- und Aussteigen gerade für Ältere<br />
erheblich erleichtert. Insgesamt kommt<br />
die ergonomische Optimierung der<br />
Fahrgastzelle sowie die griffgünstige<br />
und einfache Bedienbarkeit der Geräte<br />
natürlich nicht nur Senioren, sondern<br />
letztlich allen Fahrern zugute.<br />
Die Technik soll sich den Bedürfnissen<br />
und den Fähigkeiten der Menschen<br />
anpassen, und nicht umgekehrt. Ein<br />
Beispiel für ein auf die menschlichen<br />
Fähigkeiten zugeschnittene Technologie<br />
ist das von Ford entwickelte ,Convers+’,<br />
ein intuitives, integriertes Bedienkonzept<br />
für die wichtigsten<br />
elektronischen Funktionen im Auto<br />
wie die Bedienung der Fahrerassistenzsysteme<br />
oder des Telefons. Es erschließt<br />
sich dem Benutzer intuitiv, weil es sich<br />
von der Bedienlogik her an die Menüführung<br />
der meisten Handys heutzutage<br />
anlehnt. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
13
VOLKSWAGEN<br />
Elegantes Coupé: Der Passat CC verfügt als<br />
erstes Mitglied der Passat-Familie über eine<br />
adaptive Fahrwerksregelung und das<br />
Assistenzsystem ,Lane Assist‘.<br />
,Mach 18‘-Produktfeuerwerk<br />
‚Mach 18‘, so heißt die ehrgeizige Zukunftsinitiative bei Volkswagen. In den nächsten zehn<br />
Jahren soll Europas größter Automobilhersteller zum innovativsten Volumenhersteller der<br />
Welt aufsteigen. Vor diesem Hintergrund geht Volkswagen schon in diesem und in den<br />
Folgejahren mit einem einzigartigen Produktfeuerwerk ins Rennen.<br />
Vor wenigen Monaten, im Januar<br />
2007, ging in Detroit zunächst der<br />
neue viertürige Limousinen-Coupé<br />
Passat CC an den Start, gefolgt von<br />
der Präsentation des neuen Scirocco in<br />
Genf. Der VW Passat CC verfügt als erstes<br />
Mitglied der Passat-Familie über eine<br />
adaptive Fahrwerksregelung und das<br />
Assistenzsystem ,Lane Assist‘. Der innovative<br />
Spurhalteassistent ,Lane Assist‘<br />
unterstützt den Fahrer durch einen<br />
korrigierenden Lenkeingriff dabei, das<br />
Fahrzeug in der Spur zu halten – auch<br />
bei Nebel oder Dunkelheit.<br />
Die adaptive Fahrwerksregelung bietet<br />
durch elektrisch verstellbare Dämpfer<br />
und Lenkung die Möglichkeit, den<br />
Wunsch nach sportlich straffer und<br />
gleichzeitig komfortabler Auslegung zu<br />
erfüllen, in dem die Dämpferkräfte über<br />
14 Car Innovation · Mai 2008<br />
einen Regelalgorithmus ständig der<br />
Fahrbahn und Fahrsituation angepasst<br />
werden. Über einen Taster kann der<br />
Fahrer zwischen Normal-, Sport- und<br />
Komfortabstimmung wählen.<br />
Sportlichkeit und Innovation stecken<br />
auch im neuen Scirocco. Der komplett<br />
neu entwickelte Allround-Sportwagen<br />
wurde auf dem diesjährigen<br />
Genfer Automobilsalon im März der<br />
Öffentlichkeit vorgestellt. Für Jedermann<br />
erschwinglich, setzt er das fort,<br />
was der erste Scirocco von 1974 sehr<br />
erfolgreich begonnen hatte.<br />
Optional enthält dieses Fahrzeug die<br />
begehrte Getriebe-Innovation von<br />
Volkswagen: das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe<br />
DSG. Dieses DSG arbeitet<br />
mit trockenen Kupplungen und<br />
sorgt so für einen besseren Wirkungs-<br />
grad und reduziert die benötigte Ölmenge<br />
zur Schmierung und Kühlung<br />
der Verzahnungen und Lager. Das<br />
leichtere Siebengang-DSG reduziert im<br />
Vergleich mit seinem sechsstufigen Pendant<br />
signifikant den Kraftstoffverbrauch<br />
und bietet weiterhin höchsten<br />
Schaltkomfort.<br />
Wie das Doppelkupplungsgetriebe<br />
DSG ist auch der Parklenkassistent<br />
,Park Assist’ eine Technologie, die<br />
Volkswagen in seinen Fahrzeugen verfügbar<br />
hat. Der ,Park Assist’ entlastet<br />
bei schwierigen Einparksituationen.<br />
Nach der Aktivierung übernimmt das<br />
System die nötigen Lenkbewegungen<br />
und parkt das Fahrzeug automatisch<br />
ein – der Fahrer muss nur noch Gas,<br />
Kupplung und Bremse betätigen. Die<br />
Park Assist-Technologie begeistert welt-
Sportlicher Draufgänger: Der komplett neu entwickelte<br />
Allround-Sportwagen Scirocco enthält optional das<br />
neue Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe DSG.<br />
Alle Bilder: Volkswagen<br />
weit Autofahrer, ist international preisgekrönt<br />
und zahlt erheblich auf das<br />
Projekt ,Mach 18’ ein.<br />
Viel Innovationskraft steckt auch in<br />
den Volkswagen-Umwelttechnologien.<br />
Mit ,BlueMotion’ bündelt Volkswagen<br />
Maßnahmen für Fahrzeuge, die insgesamt<br />
auf Sparsamkeit ausgerichtet sind.<br />
Sie verbinden die verbrauchssenkende<br />
Technik effizienter Motoren, Leichtlaufreifen<br />
und langer Getriebeübersetzungen<br />
mit einem gleichsam effizienten<br />
wie auch dynamischen Antrieb. ,Blue-<br />
Motion’ ist für eine Vielzahl von Fahrzeugmodellen<br />
verfügbar.<br />
Einen Ausblick auf zukünftige Fahrzeugkonzepte<br />
bietet auch die Volkswagen<br />
New Small Family. Die drei Studien<br />
UP!, space UP! und space UP!blue verfügen<br />
bei kleiner Verkehrsfläche über<br />
mehr Innenraum und erhöhte Funktionalität.<br />
Die New Small Family wird<br />
auch für Emerging Markets zur Verfügung<br />
stehen.<br />
Neben der Erweiterung der Produktpalette<br />
werden durch den Modularen<br />
Querbaukasten (MQB) Synergie- und<br />
Skaleneffekte über eine Vielzahl an<br />
Fahrzeugen erzielt. Der Baukasten bietet<br />
die Möglichkeit, innovative Technologien<br />
fahrzeug- und markenübergreifend<br />
zur Verfügung zu stellen. Eine systematische<br />
Abstimmung auf die einzelnen<br />
Fahrzeuge ermöglicht dabei die markenund<br />
fahrzeugspezifische Ausprägung.<br />
Der Baukastenansatz ist die konsequente<br />
Weiterentwicklung der markenübergreifenden<br />
Plattform- und Modulstrategie.<br />
Dafür stellt sich Volkswagen in einem<br />
übergreifenden Innovationsprozess<br />
VOLKSWAGEN<br />
Volkswagens ,kleine‘<br />
Zukunft: die Volkswagen<br />
New Small Family<br />
mit den Studien UP!,<br />
space UP! und space<br />
UP! blue.<br />
,Trockene‘ Kupplungen: Das leichtere Siebengang-DSG reduziert im Vergleich<br />
mit seinem sechsstufigen Pendant signifikant den Kraftstoffverbrauch.<br />
auf, der neben Forschung und Entwicklung<br />
auch Produktion, die Komponentenwerke<br />
sowie Beschaffung, Vertrieb<br />
und Marketing umfasst. In diesem ganzheitlichen<br />
Prozess werden Technologien<br />
und technische Lösung langfristig an<br />
strategischen Zielen ausgerichtet entwickelt.<br />
Darüber hinaus werden bestehende<br />
Prozesse optimiert und zusätzliche<br />
Prozessbausteine eingeführt.<br />
Die Vision von Volkswagen als innovativster<br />
Volumenhersteller wird über<br />
die Produktereignisse mit ihren <strong>Innovationen</strong>,<br />
die neuen Fahrzeugkonzepte<br />
und die Baukastenstrategie mit einem<br />
durchgängigen, strategischen Innovationsprozess<br />
umgesetzt. �<br />
Autor: Ralf-Gerhard Willner, Leiter Fahrzeugkonzepte,<br />
EB, Volkswagen AG<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
15
STUDIE: ‚CAR-INNOVATION 2015‘<br />
Blockbusters & Pacemakers<br />
Im Rahmen der Studie ,Car Innovation 2015‘ identifizierten die Automotive-Experten<br />
von Oliver Wyman 33 Blockbuster-<strong>Innovationen</strong>, die das Auto und den Automobilbau<br />
von morgen nachhaltig beinflussen werden. Und das sehr bald: Zwei von drei der Blockbusters<br />
gehen noch 2008 in Serie. AUTOMOBIL-PRODUKTION zeigt exklusiv die wichtigsten<br />
<strong>Innovationen</strong> von morgen und ihre Schrittmacher in der Automobilindustrie.<br />
Leistungsstark und trotzdem sparsam: Mit ,Efficient<br />
Dynamics‘ zeigt BMW, was technisch machbar ist –<br />
serienmäßig in allen BMW-Modellen. Über 400 000<br />
Fahrzeuge wurden mittlerweile mit dem verbrauchsoptimierenden<br />
Maßnahmen-Paket mit Highend-<br />
Benzin- und -Dieseltriebwerken, Bremsenergie-Rückgewinnung,<br />
Start-Stopp-Funktion, aktiver Aerodynamik<br />
und intelligentem Leichtbau ausgestattet. ,Bild<br />
am Sonntag‘ verlieh den Bayern für diese Innovation<br />
das ,Grüne Lenkrad‘.<br />
Power satt: 407 PS starker BMW-V8-Benzinmotor mit<br />
Twin-Turbo-Aufladung und Benzin-Direkteinspritzung<br />
(High Precision Injection), der weltweit erste Achtzylinder-Benzinmotor,<br />
bei dem Turbolader und Katalysatoren<br />
im V-Raum zwischen den Zylinderbänken<br />
platziert sind.<br />
Sternstunde bei den vier Ringen: Voll-LED-Scheinwerfer<br />
feierten im Supersportwagen Audi R8 ihre Weltpremiere<br />
– eine Blockbuster-Innovation, die Hella auf<br />
den Weg brachte<br />
16 Car Innovation · Mai 2008<br />
Bild: BMW<br />
Bild: BMW<br />
Bild: Audi<br />
Blockbuster-<strong>Innovationen</strong> 2006 -2015<br />
Technologie 2008 in Serie Pacemaker<br />
‚Save-U‘-Konzept nein Daimler, Mira, Siemens VDO<br />
2-Wege schlüssellose BMW, Siemens VDO,<br />
Fernbedienung ja Valeo, Volkswagen<br />
Aktive Fahrerassistenzsysteme nein Continental, Bosch, Daimler<br />
Aktivlenkung ja BMW, ZF Lenksysteme<br />
AUTOSAR nein BMW, Bosch, Continental, Daimler,<br />
Ford, GM, PSA, Siemens VDO,<br />
Toyota, Volkswagen<br />
Benzin-Direkteinspritzung ja Bosch, Denso, Siemens VDO, Delphi<br />
CVT-Getriebe ja Nissan, Toyota, ZF, Jatco<br />
Doppelkupplungsgetriebe ja BorgWarner, Volkswagen<br />
Elektromechanische Bremssysteme nein SiemensVDO<br />
Elektronisch kontrollierte Federung ja Continental, Daimler<br />
Elektronische Servolenkung nein ZF Lenksysteme, Koyo<br />
Energiemanagement nein Bosch, Toyota<br />
Flexible Innenraumkonzepte ja Johnson Controls, Lear<br />
Flexray-Bussysteme ja Bosch, BMW<br />
Homogene Verbrennungstechnologie nein AVL, FEV, Ri<strong>car</strong>do, BMW, Daimler<br />
Innovative Batterietechnologien ja Panasonic, Toyota<br />
Karosserie-Hybridbauweise ja BMW, Volkswagen, Audi<br />
Kurbelwellenstartergenerator ja Bosch, Denso<br />
LED-Beleuchtung ja Hella, Philips, Osram, Stanley,<br />
Ichikoh Industries<br />
Mild-Hybridantrieb ja Toyota, Honda<br />
Neue Stahlkarosseriekonzepte ja ThyssenKrupp, Arcelor, World-<br />
AutoSteel, Karmann, Porsche<br />
NOx-Harnstoffkatalysator ja BASF, Daimler<br />
NOx-Speicherkatalysator ja Degussa, Volkswagen<br />
Rußpartikelfilter ja Emitec, BASF, NGK<br />
Schichtladebetrieb ja alle OEMs, Bosch, Siemens VDO,<br />
Denso, Delphi, …<br />
Sequentielle mehrstufige Turbolader ja BMW, BorgWarner, Volkswagen<br />
Smart Device Integration Infotainment nein Microsoft,<br />
Straßenvorschau nein Siemens VDO<br />
Thermomanagement nein -<br />
Triax-Materialien ja Bayer<br />
Variable Turbolader ja BorgWarner, Garrett<br />
Voll-Hybridantrieb ja Toyota, Honda<br />
X-IP-Stahl nein Arcelor<br />
Quelle: Oliver Wyman<br />
Bild: Bosch<br />
Strippenzieher: AUTomotive<br />
Open System<br />
ARchitecture<br />
(AUTOSAR) ist ein<br />
internationaler<br />
Verbund mit dem Ziel,<br />
einen offenen Standard<br />
für Software-<br />
Architekturen in Kraftfahrzeugen<br />
zu etablieren.<br />
Gegründet 2003.
Mercedes-Benz F 700 Diesotto-Antrieb<br />
Benziner mit Diesel-Genen: der ,Diesotto‘<br />
von Mercedes-Benz arbeitet im Teillastbereich<br />
als Selbstzünder, bei voller Leistung<br />
wird das Gemisch mittels Zündkerze entflammt.<br />
Das Aggregat rechts im Forschungsfahrzeug<br />
F 700 ist ein 1,8-Liter-Vierzylinder<br />
mit Benzindirekteinspritzung und doppelter<br />
Aufladung, das 238 PS produziert.<br />
Verbrauch: 5,3 Liter auf 100 Kilometer. Bilder: Mercedes-Benz<br />
Das neue Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe<br />
von VW: Es ist das erste DSG mit sieben Gängen<br />
für den Front-Quer-Einbau und das erste mit Kupplungen,<br />
die nicht in einem Ölbad, sondern ,trocken‘<br />
laufen. Ab sofort im Golf im Serieneinsatz.<br />
Was sind Blockbuster-<br />
<strong>Innovationen</strong>?<br />
„Blockbuster-<strong>Innovationen</strong> verfügen im<br />
Kern über zwei Eigenschaften: Sie führen<br />
zu einer deutlichen Verbesserung einer<br />
oder mehrerer Funktionen im Fahrzeug.<br />
Zweitens sie sind wirtschaftlich erfolgreich,<br />
das heißt sie setzen sich gegen alle<br />
anderen möglichen Neuerungen durch.<br />
Eine ,alte‘ Blockbuster-Innovation ist das<br />
Antiblockiersystem ABS. Es hat Tausende<br />
von Menschenleben gerettet. Ein neues<br />
,Blockbuster‘-Feld werden aktive Fahrerassistenzsysteme<br />
wie Notstopp oder<br />
Spurwechselassistent sein.“<br />
Dr. Jan Dannenberg, Partner, Global Automotive<br />
Practice, Oliver Wyman, und Mitautor<br />
der Studie ,Car Innovation 2015‘<br />
STUDIE: ‚CAR-INNOVATION 2015‘<br />
Ein Späher: Der 5,17 Meter lange Mercedes-Benz<br />
F 700. Als weltweit erstes<br />
Auto erspäht das Forschungsfahrzeug<br />
über Infrarot-Laserscanner in den<br />
Scheinwerfern (Bild rechts) den<br />
Straßenzustand und nivelliert entsprechend<br />
Unebenheiten mit seinem aktiven<br />
Pre-Scan-Fahrwerk (Grafik links).<br />
Bild: Mercedes-Benz<br />
Kraft der Zukunft: Lithium-<br />
Ionen-Batterien. Das Bundesforschungsministerium<br />
rief Ende<br />
2007 gemeinsam mit der Industrie<br />
eine Innovationsallianz und ein<br />
Föderprogramm ins Leben:<br />
Ein Industriekonsortium von BASF,<br />
Bosch, Evonik, Litec und Volkswagen<br />
hat sich verpflichtet, in den<br />
nächsten Jahren 360 Millionen Euro<br />
für Forschung und Entwicklung<br />
an der Lithium-Ionen-Batterie zu investieren. Das Bundesforschungsministerium<br />
wird bis 2011 rund 60 Millionen Euro zur Verfügung stellen.<br />
Das Maß aller Hybrid-Dinge: Toyota Prius.<br />
900 000 dieser Fullhybrid-Autos verkaufte<br />
Toyota 2007 weltweit.<br />
Bild: Toyota<br />
Bild: Audi<br />
Elektro-Zukunft: ,Saft‘<br />
aus der Steckdose. Toyota<br />
steht mit der Plug-in-<br />
Technologie für die Serie<br />
in den Startlöchern. Die<br />
Japaner – wie auch GM –<br />
wollen spätestens 2010<br />
mit Plug-in-Autos auf<br />
dem Markt sein. Prototypen<br />
sind schon unterwegs.<br />
Intelligenter Leichtbau: das ,Space Frame‘ des Audi R8.<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
Bild: Toyota<br />
17
Exklusiv-Interview mit Dr. Jan Dannenberg, Partner, Global Automotive Practice, Oliver Wyman<br />
Große Chance für Zulieferer<br />
Vor allem die Zulieferer bereiten immer stärker neuen Automobiltechnologien den Weg. Rund<br />
65 Milliarden Euro wird die weltweite Zulieferindustrie in 2015 in Forschung und Entwicklung<br />
investieren – weit mehr als doppelt so viel wie die OEMs. Branchenexperte Dr. Jan Dannenberg über<br />
künftige Innovationstrends, bei denen stets eine Frage im Vordergrund steht: Wie viel Innovation<br />
und zu welchen Preisen wird sich der Kunde zukünftig noch leisten können – und wollen?<br />
Herr Dr. Dannenberg, welche Fragestellungen führten zu der<br />
Studie ,Car Innovation 2015‘?<br />
<strong>Innovationen</strong> hauchen den Automobilmarken kontinuierlich<br />
neues Leben ein, sie verbessern die Funktionalität von<br />
Fahrzeugen, sie zeigen Wege auf, den Globalisierungsherausforderungen<br />
zu begegnen. Einer der zentralen Erfolgsfaktoren<br />
im Wettbewerb der Automobilbranche ist die Innovationsfähigkeit.<br />
Und jährlich gibt die Autoindustrie knapp 70<br />
Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung aus. Daher<br />
hat Oliver Wyman mit der Studie ,Car Innovation 2015’<br />
untersucht, was erfolgreiches Innovationsmanagement heute<br />
und im nächsten Jahrzehnt ausmacht.<br />
Wo liegen die thematischen Schwerpunkte der Studie?<br />
Die Studie untersucht alle Dimensionen von <strong>Innovationen</strong> in<br />
der Automobilindustrie. Sie betrachtet neue Produkttechnologien<br />
ebenso wie die Kundenakzeptanz hierfür. Sie beschäf-<br />
18 Car Innovation · Mai 2008<br />
„Die Innovationsangebote<br />
müssen sich stärker den regionalen<br />
Bedürfnissen anpassen.“<br />
tigt sich mit den langfristigen Megatrends und zeigt welche<br />
Antworten der Fahrzeugbau mit <strong>Innovationen</strong> hierauf gibt.<br />
Die Studie untersucht die Erfolgsstrategien von Top-Innovatoren<br />
ebenso wie die Notwendigkeit, <strong>Innovationen</strong> zur<br />
Reduzierung von Kosten einzusetzen. Die Studie ist einerseits<br />
ein Kompendium zu allen Fragen rund um <strong>Innovationen</strong> im<br />
Automobilbau, andererseits werden aber auch zentrale<br />
Handlungsempfehlungen für OEMs und Zulieferer im<br />
Innovationsmanagement vorgestellt.<br />
Lassen sich technologische Schwerpunktthemen erkennen, wo sich<br />
die Autoindustrie künftig verstärkt engagieren wird und muss?<br />
Die Schwerpunktthemen werden heute durch den Gesetzgeber,<br />
den Wettbewerb und die Autofahrer selbst festgelegt. Emissionsreduzierung,<br />
Verbesserung der aktiven und passiven<br />
Sicherheit, Senken der Total Costs of Ownership mit Fokus auf<br />
der Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs, fahrerfreundliche
Infotainmentsysteme sind nur einige Schwerpunkte. Neben<br />
diesen Funktionsverbesserungen muss jedoch ein weiterer<br />
Schwerpunkt gesetzt werden – <strong>Innovationen</strong> müssen auch<br />
helfen, die Herstellungskosten für ein Auto im Griff zu behalten.<br />
Wie wird die Zuliefererindustrie künftig dem hohen Innovationsdruck<br />
begegnen können – personell wie finanziell?<br />
Die Zulieferer werden einen noch höheren Anteil an der Innovationswertschöpfung<br />
abdecken müssen. Die Zulieferer<br />
und Engineering-Dienstleister werden 40 Prozent mehr für<br />
FuE ausgeben, insgesamt 65 Milliarden Euro in 2015. Im<br />
Vergleich hierzu: Die Automobilhersteller erhöhen ihre<br />
Ausgaben nur um drei Milliarden auf dann 25 Milliarden<br />
Euro. Somit werden auch personell die meisten Ingenieurstellen<br />
bei den Zulieferern entstehen – weltweit insgesamt<br />
zirka 250 000 bis zum Jahr 2015.<br />
Wo sehen Sie mit Blick auf die Innovationsfähigkeit die Stärken<br />
der Zuliefererindustrie – und wo die Schwächen und Risiken?<br />
Die größten Stärken der Zulieferer sind ihre Kreativität und<br />
Technologiekompetenz. Schwächen zeigen sie bei der konsequenten<br />
Gestaltung ihrer Innovationsstrategie, also bei der<br />
Ausrichtung der Innovationsleistung am Kundennutzen, der<br />
Eigen-FuE-Wertschöpfungstiefe und der Gestaltung von<br />
Innovationsnetzwerken sowie dem ,Business Case’ für das<br />
Innovationsportfolio. Auch sollte die Innovationseffizienz der<br />
Zulieferer – und der OEMs – noch verbessert werden.<br />
„Gut gebaut ist erst halb verkauft“, heißt es. Wie gut<br />
vermarktet die Zulieferindustrie ihre <strong>Innovationen</strong>?<br />
Zu wenige vermarkten ihre <strong>Innovationen</strong>. Einerseits<br />
wollen das die OEMs auch nicht, da die eigene Automobilmarke<br />
ja im Vordergrund stehen soll und nicht<br />
zum Beispiel die Leistungsfähigkeit des Turboladerlieferanten.<br />
Andererseits wissen die Zulieferer wenig über<br />
den Endkunden und verlassen sich zu sehr auf die<br />
Angaben der OEMs. Doch gerade hier liegen große<br />
Chancen für die Automobilzulieferer. Verstehen sie erst<br />
einmal, was der Kunde wirklich braucht und welche unerfüllten<br />
Wünsche er hat, lassen sich die <strong>Innovationen</strong> gegenüber<br />
dem OEM auch leichter vermarkten.<br />
Der US-Markt schwächelt, Asien boomt, Europa stagniert – die<br />
Automotive Markets entwickeln sich extrem unterschiedlich. Wird<br />
sich der Innovationsbedarf der Autoindustrie unter diesen<br />
Rahmenbedingungen verändern?<br />
Die Innovationsangebote müssen sich stärker den regionalen<br />
Bedürfnissen anpassen. Mit anderen Worten, es wird regionalspezifische<br />
<strong>Innovationen</strong> geben, die in anderen Ländern<br />
gar nicht zum Einsatz kommen. Hierfür ein Beispiel: Satellitenradios<br />
sind in den USA inzwischen ein Muss, spielen in<br />
Europa jedoch keine Rolle. Fernseher im Auto hingegen<br />
machen in den USA keinen Sinn, werden aber in Ländern<br />
wie Japan, Korea oder China stark nachgefragt. Dementsprechend<br />
sind die Innovationsschwerpunkte in den<br />
jeweiligen Ländern unterschiedlich. Es gibt jedoch eine<br />
Vielzahl von <strong>Innovationen</strong>, die überall gleich sind, zum<br />
Beispiel Emissionskontrolle oder aktive Sicherheitstechnik.<br />
Insbesondere den deutschen Premiumherstellern wird oft<br />
vorgeworfen, das technisch Machbare über das technisch und<br />
wirtschaftlich Sinnvolle zu stellen. Ihr Urteil?<br />
Als Innovationsführer – und das sind die deutschen Premiumhersteller<br />
zweifelsohne – muss man das Limit anvisieren,<br />
allerdings nicht ständig. Häufig führt dies zu Lösungen, die<br />
dann zu teuer oder am Kundenwunsch vorbei entwickelt<br />
wurden. Auch müssen die Autofahrer an gewisse <strong>Innovationen</strong><br />
herangeführt werden. Also ist der Zeitpunkt der Markteinführung<br />
ebenfalls wichtig für den späteren Markterfolg.<br />
So wird eine Technologie wie Steer-by-Wire, die technisch in<br />
naher Zukunft machbar ist, sich erst in Jahrzehnten im Markt<br />
durchsetzen können. Sie ist heute noch zu teuer und der<br />
Kunde wird sich wohl nicht so schnell mit einem Lenkrad<br />
ohne mechanische Verbindung anfreunden können.<br />
Im Rahmen der Studie führten Sie auch eine Verbraucherumfrage<br />
durch: Wie viel Innovation und zu welchen Preisen wird sich der<br />
Kunde zukünftig noch leisten können – und wollen? Das Fazit?<br />
Das Budget für <strong>Innovationen</strong> hängt natürlich stark von der<br />
jeweiligen Kaufkraft, dem Kundensegment und der<br />
Markenaffinität ab. Generell lässt sich sagen, dass nur etwa<br />
jede sechste angebotene Innovation vom Kunden gekauft<br />
wird. Die ,oberen’ 15 Prozent der Autokäufer geben etwa<br />
8 200 Euro, das Mittelsegment – 40 Prozent der Kunden –<br />
zirka 3 800 Euro und die restlichen Neuwagenkäufer nur<br />
etwa 1 600 Euro für <strong>Innovationen</strong> aus. Dabei sind Sicherheitsfeatures,<br />
insbesondere aktive Fahrerassistenzsysteme,<br />
die zukünftig am meisten nachgefragten <strong>Innovationen</strong>,<br />
gefolgt von <strong>Innovationen</strong> im Interieur zur Komfortverbesserung<br />
sowie im Infotainment.<br />
„Low Cost wird<br />
zu einem weiteren Standard<br />
im Automobilbau.“<br />
Dr. Jan Dannenberg, Oliver Wyman<br />
Wie wichtig werden Ihrer Meinung nach Low-Budget-Entwicklungen<br />
in der Zukunft sein?<br />
Sie werden eine zunehmende Bedeutung bekommen. Der<br />
Schwerpunkt der FuE wird sicherlich auch in Zukunft in<br />
Europa, Japan und den USA stattfinden – ergänzt um eine<br />
selektive Low-Cost-Entwicklung. Wir erwarten, dass der so<br />
genannte Offshoring-Anteil in 2015 etwa 4,5 Milliarden<br />
Euro ausmachen wird, also gut fünf Prozent der weltweiten<br />
Entwicklungswertschöpfung.<br />
Derzeit werden Low-Budget-Entwicklungen vor allem in Emerging<br />
Markets wie Indien oder China verfolgt. Wann wird die Low-Budget-Welle<br />
zurück nach Europa schwappen – und hierzulande für die<br />
Zulieferindustrie den Kostendruck noch weiter verstärken?<br />
,Low Budget’ ist bereits in Europa. In einem globalisierten<br />
Automobilmarkt werden zwangsläufig indische oder chinesische<br />
Anbieter in Europa und den USA auftreten. Das setzt die<br />
Zulieferindustrie zusätzlich unter Druck. Daher müssen sich<br />
alle Automobilzulieferer mit der Entwicklung von Low-Cost-<br />
Modulen für die unteren Fahrzeugklassen auseinandersetzen.<br />
,Low Cost’ wird zu einem weiteren Standard im Automobilbau.<br />
Das Interview führte Tina Rumpelt �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
19
Gut in Fahrt: Die hohe Innovationsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie<br />
ist weltweit anerkannt. Die schlechte Nachricht: Nur 20 Prozent<br />
der FuE-Investitionen für <strong>Innovationen</strong> sind tatsächlich profitabel.<br />
20 Car Innovation · Mai 2008<br />
Wo führt die Zukunft hin?<br />
<strong>Innovationen</strong> sichern die Zukunft der Automobilindustrie. Leichter<br />
gesagt als getan. Wo führt die Zukunft denn hin? Ein Antwort auf diese<br />
Frage versucht die Studie ,Car Innovation 2015‘ von Oliver Wyman zu geben.<br />
In der Analyse wurden Megatrends analysiert, technische Entwicklungen<br />
bewertet und Blockbuster-<strong>Innovationen</strong> definiert – als Leitfaden.<br />
Denn: 40 Prozent aller Investitionen fließen in <strong>Innovationen</strong>, die es nie<br />
ins Serienauto schaffen.<br />
Bild: Ford
Ohne wesentliche <strong>Innovationen</strong> in<br />
der Automobilindustrie ist das<br />
Konzept der individuellen Mobilität<br />
in Gefahr. Sie sind notwendig, um<br />
die globalen Herausforderungen der<br />
Branche zu bewältigen. Die Automobilunternehmen<br />
müssen mit einem ausgewogenen<br />
Innovationsmanagement<br />
dafür sorgen, dass die Autos von morgen<br />
nicht nur attraktiv für Kunden<br />
sind, sondern auch für breite Käuferschichten<br />
bezahlbar bleiben und die immer<br />
strikteren gesetzlichen Auflagen<br />
erfüllen. Wenn dies gelingt, wird das<br />
Auto auch in Zukunft das weltweit bevorzugte<br />
Fortbewegungsmittel bleiben.<br />
Antizipieren der langfristigen Chancen<br />
Der Ausgangspunkt der Car Innovation<br />
2015-Studie sind 27 weltweite Megatrends<br />
in den Kategorien Politik, Gesellschaft,<br />
Wirtschaft und Technologie, die<br />
erheblichen Einfluss auf das Auto der<br />
Zukunft haben werden. Die Innovationsstrategien<br />
der Hersteller und Zulieferunternehmen<br />
müssen diese Trends<br />
berücksichtigen, um technologische<br />
Standards zu erfüllen, wirtschaftliche<br />
Notwendigkeiten zu berücksichtigen,<br />
Kundenwünsche zufriedenzustellen<br />
oder gesetzlichen Anforderungen zu<br />
entsprechen. Jeder dieser Megatrends<br />
zieht ernsthafte Konsequenzen für Innovationsstrategien<br />
nach sich.<br />
Als Beispiel dient die Entwicklung<br />
von Megastädten: Im Jahr 2015 werden<br />
40 Prozent der gesamten Weltbevölkerung<br />
in Städten mit mehr als einer Mil-<br />
lion Einwohnern leben. 17 Prozent der<br />
Weltbevölkerung leben dann in Megastädten<br />
mit mehr als fünf Millionen<br />
Einwohnern. Die Durchschnittsgeschwindigkeit<br />
für Autos in diesen oft<br />
infrastrukturell ungenügend ausgestatteten<br />
Megastädten wird unter zehn<br />
Stundenkilometern liegen, bei einer<br />
Autonutzungsdauer von etwa drei<br />
Stunden pro Tag. Auf derartig veränderte<br />
Einsatzbedingungen müssen die<br />
Hersteller mit völlig neuen Ansätzen<br />
reagieren, aktuelle Fahrzeugkonzepte<br />
decken das zukünftige Anforderungsportfolio<br />
in den Wachstumsregionen<br />
und -segmenten nur teilweise ab.<br />
Funktionen<br />
Kosten<br />
Sicherheit<br />
Komfort<br />
Energie<br />
Löhne<br />
Ohne <strong>Innovationen</strong> ist das<br />
Konzept der individuellen Mobilität<br />
in Gefahr<br />
Einfluss von Megatrends auf <strong>Innovationen</strong> in der Automobilindustrie<br />
… Innovationsziele<br />
Leistung & Dynamik<br />
Infotainment&Vernetzung<br />
Flexibilität & Raum<br />
Design & Haptik<br />
Einfacheit<br />
Emissionen<br />
TCO 1 /Verbrauch<br />
Materialien<br />
Sachanlagen<br />
1 TCO = Total Cost of Ownership<br />
Ausweitung des<br />
Umweltschutzes<br />
Quelle: Studie ,Car Innovation 2015‘, Oliver Wyman<br />
Stagnierendes Bevölkerungswachstum<br />
Entwicklung<br />
von Megastädten<br />
Technologiechancen erkennen<br />
40 Prozent aller Investitionen fließen<br />
in <strong>Innovationen</strong>, die es nie ins Serienauto<br />
schaffen oder die wegen ungenügender<br />
Akzeptanz bei Autokäufern<br />
nie in ausreichender Stückzahl produziert<br />
werden. Von den verbleibenden<br />
60 Prozent werden 20 Prozent für die<br />
notwendige Serienentwicklung ausgegeben.<br />
Weitere 20 Prozent<br />
sind für <strong>Innovationen</strong>, die<br />
gesetzliche Vorgaben erfül-<br />
len, nicht aber das Produkt<br />
differenzieren. Es sind also<br />
nur 20 Prozent der Investitionen<br />
tatsächlich profitabel.<br />
Von allen Technologien, die<br />
sich derzeit in der Entwicklung befinden,<br />
haben nur rund zehn Prozent das<br />
Potenzial, Blockbuster-<strong>Innovationen</strong> zu<br />
werden. Sie haben sowohl das nötige<br />
Marktpotenzial als auch einen hohen<br />
Innovationsgrad.<br />
Doch je größer der Innovationsschritt<br />
ist, desto höher sind auch die<br />
Entwicklungsrisiken. Ein gutes Beispiel<br />
ist Steer-by-Wire: Steer-by-Wire weist<br />
im Vergleich zu anderen Lenkungskonzepten<br />
einen hohen Innovationsgrad<br />
auf. Doch der starke Eingriff in das<br />
Fahrkonzept in Verbindung mit sehr<br />
hohen Kosten ergibt ein derzeit sehr<br />
niedriges Marktpotenzial. Mit einem<br />
Wichtigste Megatrends und ihr Einfluss auf …<br />
Alternde,<br />
aktivere Bevölkerung<br />
Polarisierung<br />
der Einkommen<br />
Wachsender<br />
Mobilitätsbedarf<br />
Nachfrage nach Vernetzung<br />
und Vereinfachung<br />
Zunehmenes<br />
Sicherheitsbedürfnis<br />
Individualisierung<br />
des Bedarfs<br />
Einsatz der Technologie ist nicht vor<br />
2020 zu rechnen.<br />
Die Chancen und Risiken müssen<br />
nicht nur einmal, sondern in regelmäßigen<br />
Abständen genau analysiert werden.<br />
Denn die Technologien laufen stets<br />
Gefahr, durch alternative Entwicklungen<br />
ersetzt zu werden. Um die Anwendungs-<br />
und Marktpotenziale einer Innovation<br />
zu bestimmen, muss das jeweilige<br />
Automodul auf die verwendeten<br />
Technologien, die aktuellen Entwicklungstrends<br />
und die bereits in Entwicklung<br />
befindlichen <strong>Innovationen</strong><br />
hin untersucht werden. Die unterschiedlichen<br />
Marktstrukturen, die<br />
Wettbewerber und Geschäftsmodelle<br />
eines jeden Segments müssen ebenfalls<br />
berücksichtigt werden.<br />
Die Technologie-Roadmap<br />
Für die Studie ,Car Innovation 2015’<br />
hat Oliver Wyman 315 Automobil<strong>innovation</strong>en<br />
auf ihren Innovationsgrad<br />
und ihr Marktpotenzial hin untersucht.<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass nur etwas<br />
mehr als die Hälfte aller derzeitigen In-<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
Zunehmende<br />
technische Komplexität<br />
geringer Einfluss mittlerer Einfluss hoher Einfluss<br />
Die Rahmenbedingungen: Ausgangspunkt<br />
der Studie ,Car Innovation 2015‘ sind 27<br />
weltweite Megatrends in den Kategorien<br />
Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Technologie,<br />
die erheblichen Einfluss auf das Auto<br />
der Zukunft haben werden.<br />
21
Der Trend von Einzel- hin zu System<strong>innovation</strong>en<br />
novationsprojekte in der Automobilindustrie<br />
eine hohe Erfolgschance haben.<br />
Im Rahmen der Studie entstand neben<br />
einer umfangreichen Innovations-<br />
Roadmap auch eine umfangreiche<br />
Technologiedatenbank. Zudem identifizierte<br />
Oliver Wyman drei zentrale<br />
Trends bis 2015.<br />
Trend I: Elektrik und Elektronik<br />
Elektrik und Elektronik bleiben bis<br />
2015 und darüber hinaus die wichtigsten<br />
‘Enabler’ für <strong>Innovationen</strong> im Auto.<br />
Das jährliche Wachstum beträgt sechs<br />
Prozent. Die erfolgreichsten Technologien<br />
mit einem Wachstum von acht<br />
(2005–2015)<br />
63 Mio.<br />
100%<br />
Ottomotor<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
48,5 Mio.<br />
(77%)<br />
Einheiten<br />
22 Car Innovation · Mai 2008<br />
Anzahl der Funktionen<br />
ESP,<br />
Bremsassistent<br />
ESP = Electronic Stability Program, EPS = Electronic Power Steering, APS = Adaptive Power Steering<br />
EMB = Electro-mechanical Braking, ACC = Adaptive Cruisa Control, PSS = Predictive Safety Systems<br />
Prozent und mehr werden Software,<br />
Halbleiter, Displays und Antriebsregelung<br />
sein. Doch auch in der Elektronik<br />
müssen die Kosten optimiert werden.<br />
Es wird klare Trends zur Integration<br />
und Zusammenlegung verschiedener<br />
Funktionen sowie zu weiterer Standardisierung<br />
geben.<br />
Da immer mehr Funktionen im Auto<br />
miteinander verbunden werden, gibt es<br />
einen Trend von Einzel- hin zu System<strong>innovation</strong>en.<br />
Mehr und mehr Teile<br />
werden für zwei und mehr Aufgaben<br />
genutzt. Ein aktuelles Beispiel ist das<br />
PRE-SAVE-System von Mercedes-Benz,<br />
das Systeme wie Crash-Sensoren und<br />
Technologie: Entwicklung von unterschiedlich Antrieben<br />
72 Mio. 75 Mio.<br />
53,3 Mio.<br />
(74%)<br />
DieselmotorAlternative<br />
Antriebe<br />
30%<br />
12,6 Mio.<br />
(20%)<br />
20%<br />
10%<br />
1,9 Mio.<br />
(3%)<br />
0%<br />
2005<br />
14,4 Mio.<br />
(20%)<br />
4,3 Mio.<br />
(6%)<br />
2010<br />
CAGR (Compound Annual Growth Rate) = durchschnittliche Wachstumrate<br />
Quelle: Industriedatenbank; Sekundärforschung; Experteninterviews; Oliver Wyman-Analyse<br />
ESP,<br />
APS,<br />
EMB,<br />
ACC,<br />
PSS<br />
etc.<br />
Anzahl der<br />
TV<br />
DVD<br />
Gäste<br />
ABS<br />
Keyless entry<br />
Xenon-Licht<br />
Einspritzung<br />
Einspritzung<br />
Klimaanlage<br />
Klimaanlage<br />
Zündung<br />
Zündung<br />
Zündung<br />
Dreipunktgurt<br />
Dreipunktgurt<br />
Dreipunktgurt<br />
12V<br />
12V<br />
12V<br />
1960 1980 2000 2015<br />
Quelle: Studie ,Car Innovation 2015‘, Oliver Wyman<br />
Wärmeschutzglas<br />
Neuartige Wischblätter<br />
Rußpartikelfilter<br />
TV<br />
DVD<br />
Keyless entry<br />
Xenon-Licht<br />
Einspritzung<br />
Klimaanlage<br />
Zündung<br />
Dreipunktgurt<br />
12V<br />
46,5 Mio.<br />
(62%)<br />
15,8 Mio.<br />
(21%)<br />
Systeminnvovationen<br />
Einzelinnvovationen<br />
CAGR 05-15<br />
1,8%<br />
CAGR 05-15<br />
0,3%<br />
CAGR 05-15<br />
21%<br />
12,7 Mio. CAGR 05-15<br />
(17%) 21,4%<br />
11% Hybrid (24% Voll-<br />
Hybrid, 6% Mild-Hybrid<br />
und 70% Micro-Hybrid)<br />
5% Alternvative<br />
Kraftstoffe<br />
2015 1% Brennstoffzelle<br />
Elektrik und Elektronik<br />
bleiben bis 2015 und<br />
darüber hinaus die wichtigsten<br />
‚Enabler‘ für<br />
<strong>Innovationen</strong> im Auto.<br />
Das jährliche Wachstum<br />
beträgt sechs Prozent.<br />
Da immer mehr Funktionen<br />
im Auto miteinander<br />
verbunden werden,<br />
wird sich der Trend von<br />
Einzel- hin zu System<strong>innovation</strong>en<br />
weiter<br />
fortsetzen.<br />
ESP mit Sitzverstellung, Sicherheitsgurten<br />
und Schiebedach verbindet. Bereits<br />
existierende Komponenten werden mit<br />
zusätzlichen Sicherheitsfunktionen<br />
ausgestattet.<br />
Trend II: Emissions-, Verbrauchs-<br />
und Gewichtsreduzierung<br />
Ein zentrales Thema der Branche ist<br />
die Emissions-, Verbrauchs- und Gewichtsreduzierung.<br />
Neue Antriebskonzepte<br />
und Autoarchitekturen werden<br />
hierfür entwickelt. Wenn es keine<br />
Durchbruch<strong>innovation</strong>en auf diesem<br />
Gebiet gibt, wird die Produktion von<br />
Autos mit Ottomotor bis 2015 um 0,3<br />
Otto verliert:<br />
Die Produktion von<br />
Autos mit alternativen<br />
Brennstoffen (Biobrennstoffe<br />
und Erdgas) steigt<br />
bis 2015 auf 3,8<br />
Millionen pro Jahr an.<br />
Mit einem durchschnittlichen<br />
jährlichen Plus<br />
von 21,4 Prozent<br />
verzeichnen die Hybridantriebe<br />
das stärkste<br />
Wachstum.
Prozent jährlich abnehmen – von 48,5<br />
Millionen im Jahr 2005 auf 46,5<br />
Millionen. Dieselantriebe werden ein<br />
jährliches Wachstum von 2,1 Prozent<br />
erleben, von 12,6 Millionen Fahrzeugen<br />
auf 15,8 Millionen. Die Produktion<br />
von Autos mit alternativen<br />
Brennstoffen (Biobrennstoffe und<br />
Erdgas) steigt bis 2015 auf 3,8 Millionen<br />
pro Jahr an. Mit einem durchschnittlichen<br />
jährlichen Plus von 21,4<br />
Prozent verzeichnen die Hybridantriebe<br />
das stärkste Wachstum. Alle eben<br />
genannten Technologien verwenden<br />
als wichtigstes Antriebsaggregat den<br />
Verbrennungsmotor. Bis 2015 werden<br />
elf Prozent aller Antriebsstränge Hybridantriebe<br />
sein, während Brennstoffzellen-<br />
und Elektroantriebe weniger<br />
als ein Prozent der Produktion<br />
ausmachen.<br />
Trend III: Kundenorientierung<br />
Oft sind <strong>Innovationen</strong> deshalb erfolglos,<br />
weil Hersteller und Zulieferer zu wenig<br />
über die Wünsche und Bedürfnisse ihrer<br />
Kunden wissen und das Marketing<br />
ihrer <strong>Innovationen</strong> vernachlässigen.<br />
Diese Tatsache begrenzt die Anzahl<br />
kommerziell erfolgreicher Produkt<strong>innovation</strong>en<br />
im Auto und erhöht den<br />
Druck auf die Hersteller, stärkeres Augenmerk<br />
auf reine Kosten<strong>innovation</strong>en<br />
zu legen: Nur 17 Prozent der angebotenen<br />
<strong>Innovationen</strong> werden laut einer<br />
Endkundenumfrage von Oliver Wyman<br />
tatsächlich gekauft.<br />
Quelle: Oliver Wyman R&D Datenbank, Brancheninterviews<br />
Kunden-Umfrage:<br />
Wie wichtig sind <strong>Innovationen</strong>?<br />
Für ‘Car Innovation 2015’ interviewte<br />
Oliver Wyman 550 Neuwagenkäufer in<br />
Deutschland und den USA. Sie wurden<br />
zur Akzeptanz von <strong>Innovationen</strong> und<br />
zu ihrem Budget für Sonderausstattungen<br />
befragt. Zusätzlich erfolgte in beiden<br />
Märkten die Auswertung von Statistiken<br />
zum Kundenverhalten. In über<br />
50 Testkäufen wurde darüber hinaus<br />
die Qualität von Händlern hinsichtlich<br />
ihres Wissens und Erklärungsvermögens<br />
zu innovativen Funktionen er-<br />
Mehrheit der Kunden sucht ein<br />
verlässliches Auto zu vernünftigen<br />
Kosten<br />
mittelt. Experteninterviews auf Hersteller-<br />
wie Zulieferebene brachten ihre<br />
Sicht auf wichtige <strong>Innovationen</strong> zutage.<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass sich Fahrer<br />
von der Menge der <strong>Innovationen</strong> im<br />
Auto überfordert fühlen. Es befinden<br />
sich zu viele komplizierte und erklärungsbedürftige<br />
<strong>Innovationen</strong> auf dem<br />
Markt. Vor allem die Flut an markenspezifischen<br />
Namen (4Matic, Dynamic Drive)<br />
und Abkürzungen (HCCI, JDLS)<br />
verwirrt die Kunden. So sind beispielsweise<br />
35 Prozent aller Bezeichnungen<br />
für Funktionen im Lexus GS Abkürzungen<br />
(Siehe auch nachfolgenden Beitrag<br />
Zulieferer investieren doppelt so viel in FuE wie Hersteller<br />
FuE-Wertfluss 2005 (Mrd. Euro, gerundet)<br />
Wertabfluss<br />
(gebuchte Projekte)<br />
(1)<br />
(2)<br />
(3)<br />
Primärer<br />
Mehrwert<br />
Wertzufluss<br />
(bezahlte Projekte)<br />
Segmentname<br />
Engineering<br />
Dienstleister<br />
0,0 5,0<br />
5,5<br />
,Der Kunde lenkt mit’ auf Seite 32). Das<br />
Bedürfnis der Kunden nach niedrigen<br />
Gesamtkosten (Total Cost of Ownership)<br />
ist dagegen groß. Die überwiegende<br />
Mehrheit der Kunden sucht vor<br />
allem ein verlässliches Auto zu vernünftigen<br />
Kosten. Das zeigt, dass der<br />
Hauptfokus der Kunden nicht auf <strong>Innovationen</strong>,<br />
sondern auf Mobilität liegt.<br />
… und auf dem Preis<br />
Innerhalb der letzten 20 Jahre stieg der<br />
Preis für einen Neuwagen in den industrialisierten<br />
Ländern um 100 Prozent,<br />
das Durchschnittseinkommen<br />
dagegen nur um 50<br />
Prozent. Zunehmende technologische<br />
Komplexität und<br />
die wachsende Zahl an<br />
Funktionen sorgen für hohe<br />
Autopreise. Diese Entwicklung<br />
kann nicht mehr lange<br />
weitergehen, ohne die Kunden zum<br />
Umstieg auf kleinere Modelle zu zwingen.<br />
Kosten<strong>innovation</strong>en werden daher<br />
zu einem zentralen Ziel der Automobilindustrie<br />
und sind künftig genauso<br />
wichtig wie die traditionellen differenzierenden<br />
funktionalen <strong>Innovationen</strong>.<br />
Die FuE-Manager von Herstellern und<br />
Zulieferern haben diese neue Aufgabe<br />
bereits erkannt. Der Wandel der existierenden<br />
Innovationskultur fällt jedoch<br />
schwer. Denn der wichtigste Antrieb in<br />
der Branche ist die Faszination für neue<br />
und verbesserte Funktionen.<br />
Umverteilung: Während westliche Hersteller ihre Forschungsgelder begrenzen, gibt es bei chinesischen, indischen und<br />
südkoreanischen Herstellern deutliche Ausgabensteigerungen. Branchenweit sind jedoch die Zulieferer und die Engineering-<br />
Dienstleister die ,Wert-Steigerer‘: Ihre FuE-Ausgaben steigen bis 2015 um 50 Prozent gegenüber heute.<br />
3,0<br />
2,0 19,2<br />
Zulieferer<br />
2,0 19,2<br />
40,9<br />
OEMs<br />
22,2 0,0<br />
21,2<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
23
Zulieferer<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Innovations-<br />
Archetyp<br />
Radikaler<br />
Innovator<br />
Funktionsanreicherer<br />
Systemverbinder<br />
Prozesschampion<br />
5 Nischenanbieter<br />
6 Modulformer<br />
Die Lösung des Kostenproblems liegt<br />
in einer Reihe von Aufgaben, die die<br />
Automobilindustrie parallel angehen<br />
muss. Der Einsatz neuer, kosteneffizienter<br />
Werkstoffe hilft, Material- und<br />
Verarbeitungskosten zu senken. Durch<br />
flexible Fertigungskonzepte kann die<br />
Auslastung der Endmontage verbessert<br />
werden. Neue Softwaregenerationen<br />
müssen in verschiedenen Modellen<br />
funktionieren. Intelligent gestaltete optionale<br />
Ausstattungspakete können die<br />
Anzahl möglicher Konfigurationen senken<br />
und so Komplexität aus der Fertigung<br />
nehmen.<br />
Gleichzeitig müssen auch die Entwicklungskosten<br />
gesenkt werden. Alle<br />
großen Automobilunternehmen haben<br />
FuE-Offshoring-Initiativen gestartet, die<br />
Ingenieurskosten reduzieren und dazu<br />
beitragen, die kundennahe Vorortentwicklung<br />
voranzutreiben. Modularisierungskonzepte<br />
drücken die FuE-Kosten<br />
pro Einheit. Zudem wird die Einführung<br />
neuer Entwicklungs- und Testsoftware<br />
dabei helfen, den Aufwand bei Versuchsreihen<br />
für Automobilkomponenten<br />
deutlich zu verringern.<br />
24 Car Innovation · Mai 2008<br />
Kundenangebot<br />
Ersetzt alte Systeme<br />
oder etabliert neue<br />
Bringt neue Funktionen<br />
auf den Markt, Fokus<br />
auf Hersteller und<br />
Endkunden<br />
Prozess- oder Produktoptimierung,<br />
Fokus auf<br />
Endkunden<br />
Schrittweise Prozess<strong>innovation</strong>en,<br />
um immer<br />
breitere Märkte bedienen<br />
zu können, Anpassung<br />
an Kunden<br />
Produkt- oder Prozessinnovator,<br />
der Nischenmärkte<br />
bedient, Fokus<br />
auf Endkunden<br />
Fokus auf Modulentwurf<br />
und Prozesse,<br />
definiert Module neu<br />
Quelle: Studie ,Car Innovation 2015’, Oliver Wyman<br />
Radikale, Champions & Co.: Die Studie identifiziert<br />
sechs Innovator-Archetypen für Automobilhersteller<br />
und für Zulieferer. Viele<br />
Unternehmen folgen gleichzeitig zwei oder<br />
mehr Innovationsstrategien, zum Beispiel<br />
Zulieferer mit verschiedenen Produktreihen<br />
oder Hersteller mit verschiedenen Marken.<br />
Kompetenzfokus und<br />
Zusammenarbeit<br />
Spezialisiert, behält<br />
Know-how im Haus<br />
Integriert Funktionen,<br />
behälte Know-how<br />
im Haus<br />
Expandiert über<br />
F&E-Partnerschaften<br />
in neue Systeme,<br />
offene Schnittstellen<br />
Fokus auf Prozesse,<br />
offen für Partnerschaften<br />
Sehr spezialisiert,<br />
selektive Partnerschaften<br />
Einzigartige Know-how-<br />
Kombination, Parnterschaft<br />
mit Hersteller<br />
oder Systemverbinder<br />
Business<br />
Case<br />
Preispremium, guter<br />
Nachahmerschutz<br />
Preispremium, guter<br />
Nachahmerschutz<br />
Preispremium oder<br />
geringe Kosten,<br />
mittlerer Nachahmerschutz<br />
Geringe Kosten,<br />
reife Technologien,<br />
schwacher Nachahmerschutz<br />
Preispremium<br />
flexibler Nachahmerschutz<br />
Preispremium,<br />
Kostensenkung für<br />
Module<br />
Beispiele<br />
Siemens VDO<br />
Gentex<br />
ZF Friedrichshafen<br />
ElringKlinger<br />
Elmos<br />
Brose<br />
Gemeinsam gegen das Risiko<br />
Diese Entwicklungen werden begleitet<br />
von strukturellen Änderungen in den<br />
FuE-Abteilungen der Branche. Die Hersteller<br />
werden ihre FuE-Ausgaben künftig<br />
nur leicht erhöhen. Während westliche<br />
Hersteller ihre Forschungsgelder begrenzen,<br />
gibt es bei chinesischen, indischen<br />
und südkoreanischen Herstellern<br />
deutliche Ausgabensteigerungen.<br />
In der Gesamtsicht der Branche sind<br />
die Zulieferer und die Engineering-<br />
Dienstleister die Gewinner der Entwicklung.<br />
Sie können ihre FuE-Ausgaben<br />
bis 2015 um 20 Milliarden Euro<br />
steigern (2005: 46 Milliarden Euro).<br />
Wichtiger Antrieb ist<br />
die Faszination für neue und<br />
verbesserte Funktionen<br />
Der Konzentrationsprozess unter den<br />
Zulieferern wird ihre Innovationsstärke<br />
und ihre Fähigkeit zur Zusammenarbeit<br />
mit FuE-Partnern erhöhen.<br />
Option ,Innovationsnetzwerke‘<br />
Die Nutzung von Innovationsnetzwerken<br />
ist in vielen Fällen eine Option,<br />
um Kosten zu senken und zusätzlich<br />
die Innovationsqualität zu<br />
steigern. Wird die computerbasierte<br />
Fahrzeugentwicklung als ein Beispiel<br />
herangezogen, nimmt die Simulation<br />
von Fahrzeugmodulen und -komponenten<br />
einen immer höheren Stellenwert<br />
in der Automobilindustrie ein.<br />
Akuter Kostendruck zwingt die Hersteller<br />
zunehmend bereits vor der Erstellung<br />
kostspieliger Prototypen, virtuelle<br />
Perfektion zu erzielen.<br />
Zulieferer und Entwicklungsdienstleister<br />
werden hierfür eng in den Entwicklungs-<br />
beziehungsweise Produktentstehungsprozess<br />
integriert und<br />
unterliegen der Erwartung des Herstellers,<br />
fehlende Kapazitäten auszugleichen<br />
und differenzierendes Innovationspotenzial<br />
in die Zusammenarbeit<br />
einzubringen. Mit dem steigenden Grad<br />
der Vernetzung des Fahrzeuges und der<br />
zunehmenden Interaktion der Fahrzeugfunktionen<br />
steigen auch die Koordinations-<br />
und Integrationsanforderungen<br />
an die Unternehmen von bislang<br />
modulindividuellen Innovations- und<br />
Entwicklungsnetzwerken.<br />
Überprüfen der Innovationsstrategie<br />
Erfolgreiches Innovationsmanagement<br />
benötigt ein System aus miteinander<br />
verbundenen Elementen, die wie<br />
Zahnräder ineinandergreifen müssen:<br />
eine klare Innovationsstrategie, die eng<br />
mit dem Geschäftsmodell des Unternehmens<br />
zusammenhängt, das richtige<br />
Team mit einer geeigneten Kultur, um<br />
die Strategie umzusetzen, eine Organisation,<br />
die alle Innovationsprozesse effektiv<br />
und effizient steuern kann, und<br />
eine intelligente Geschäftsidee, die es<br />
erlaubt, aus den <strong>Innovationen</strong> auch<br />
greifbare Erträge zu machen. Oliver<br />
Wyman nennt ein solches System ,Innovation<br />
Strategy Framework’, kurz<br />
ISF. Es besteht aus vier Elementen:<br />
dem geplanten Kundenangebot<br />
(beschreibt den künftigen<br />
Nutzen der Innovation für den<br />
Kunden), dem Business Case<br />
(wie der Kundennutzen zu Ertrag<br />
führt), Organisation und<br />
Kultur (wie Ideen effizient und<br />
effektiv generiert und in Produkte umgesetzt<br />
werden) sowie Kompetenzfokus<br />
und Zusammenarbeit (wie intern und<br />
extern ein geeignetes Kompetenzportfolio<br />
aufgebaut wird).<br />
Es gibt kein ISF-Optimum für alle<br />
Situationen, sondern typische Erfolgsmuster,<br />
die sich jeweils nur für bestimmte<br />
Unternehmen eignen.<br />
Die Studie hat sechs Innovator-Archetypen<br />
für Automobilhersteller und sechs<br />
für Zulieferer identifiziert (siehe Über-
sicht). Jeder Archetyp beschreibt ein typisches<br />
ISF-Profil, in dem die verschiedenen<br />
Elemente ineinandergreifen und so<br />
ein funktionierendes System bilden.<br />
Die Innovator-Archetypen für Autohersteller<br />
und Zulieferer dienen als Modell,<br />
um verschiedene Aspekte von Innovation<br />
zu verstehen und zu verbessern:<br />
die strategische Ausrichtung von<br />
FuE, die Organisation und Kultur,<br />
Kompetenzprofile und Kooperationsbedarf,<br />
Führungsstil, Effektivität und Effizienz<br />
sowie der Aufbau strategischer<br />
Hürden gegen Nachahmer.<br />
Viele Unternehmen folgen gleichzeitig<br />
zwei oder mehr Innovationsstrategien,<br />
zum Beispiel Zulieferer mit verschiedenen<br />
Produktreihen oder Hersteller mit<br />
verschiedenen Marken. Dabei bleiben Innovator-Archetypen<br />
nicht statisch, sondern<br />
entwickeln sich laufend weiter.<br />
,Innovatortyp‘ Gentex<br />
Es gibt typische Schritte von einem Innovatortyp<br />
zum nächsten. Ein Beispiel<br />
Die aktuelle Studie ,Car Innovation 2015‘<br />
der Strategieberatung Oliver Wyman<br />
zeigt, welche Stellhebel Automobilhersteller<br />
und -zulieferer nutzen müssen, um<br />
künftig zu den Innovationsführern zu gehören.<br />
Die Erfolgsfaktoren sind langfristige<br />
Innovationsvisionen, intelligente Geschäftsmodelle,<br />
ein am Kunden orientiertes<br />
Innovationsmarketing und kostengünstige<br />
Entwicklungsprozesse. Daraus<br />
erheben sich folgende Handlungsempfehlungen:<br />
Fokus auf Kunden und Marketing:<br />
<strong>Innovationen</strong> haben nur dann Erfolg,<br />
wenn sie Megatrends, Gesetzgebung,<br />
Wettbewerb oder den Kunden adressieren.<br />
Der Großteil heutiger Fahrzeug<strong>innovation</strong>en<br />
basiert jedoch auf den Ideen und<br />
Träumen von Ingenieuren. Zu wenige gehen<br />
von erkannten Kundenwünschen aus.<br />
Hersteller wie Zulieferer müssen ihr Innovationsmanagement<br />
stärker am Bedarf<br />
der Kunden sowie an künftigen Marktentwicklungen<br />
orientieren. Ansatzpunkte zur<br />
Verbesserung der Kunden- und Marketingorientierung<br />
von FuE finden sich im Produktportfolio,<br />
im Innovationsmarketing,<br />
bei Preispolitik und Marktforschung, in einer<br />
größeren Marktnähe der FuE-Zentren<br />
sowie bei <strong>Innovationen</strong> für spezielle Kundensegmente.<br />
ist Gentex. Das Unternehmen begann<br />
1989 als ‚Nischenanbieter‘ für automatisch<br />
abblendende Rückspiegel. 2000<br />
integrierte das Unternehmen Klimasensoren<br />
und Freisprechanlagen in seine<br />
Spiegel und wurde dadurch zum ‘Funktionsanreicherer’.<br />
Das Konzept zielte<br />
darauf ab, immer mehr Funktionen in<br />
die Rückspiegel zu integrieren, um der<br />
Konkurrenz einen Schritt voraus zu<br />
bleiben und mehr Umsatz sowie höhere<br />
Margen mit dem Kernprodukt zu erzielen.<br />
2005 führte Gentex mit seiner<br />
Scheinwerfersteuerung ‚SmartBeam‘<br />
eine neue Nischen<strong>innovation</strong> ein. Die<br />
Integration von LED-Technologie in<br />
Außenspiegel im Jahr 2006 stärkte die<br />
Position des Unternehmens als Funktionsanreicherer.<br />
�<br />
Autoren: Dr. Jan Burgard, Berater, Global<br />
Automotive Practice, Oliver Wyman; Dr. Jan<br />
Dannenberg, Partner, Global Automotive<br />
Practice, Oliver Wyman<br />
Handlungsempfehlungen<br />
Aktive Neuausrichtung des Innovationsportfolios:<br />
Ein unausgewogenes FuE-Programm<br />
führt zu künftigen Wachstumslücken.<br />
Hersteller wie Zulieferer sollten ihr<br />
Innovationsportfolio kontinuierlich analysieren<br />
und neu ausrichten, um eine Balance<br />
bei den Kriterien Marktpotenzial versus<br />
Markenbedeutung, Innovationsgrad versus<br />
Risiken, externe versus interne Entwicklung<br />
und Funktion versus Kostensenkung<br />
zu erreichen. Überprüft werden sollten<br />
auch die Stimmigkeit des Zeitplans,<br />
Werthaltigkeit und Ertragsstärke der Innovation<br />
sowie Abdeckung der wichtigen<br />
Kundensegmente. Das Innovationsportfolio<br />
muss sowohl kurzfristige Perspektiven<br />
bieten als auch ein langfristiges Wertversprechen<br />
für das Geschäft der Zukunft gewährleisten.<br />
Verbesserung von Wirtschaftlichkeit und<br />
Risikomanagement von FuE: Um bei den<br />
Kosten wettbewerbsfähig bleiben zu können,<br />
müssen Hersteller wie Zulieferer kontinuierlich<br />
die Wirtschaftlichkeit ihrer <strong>Innovationen</strong><br />
erhöhen. Hier gibt es vor allem<br />
drei Handlungsfelder: Effizienzverbesserung<br />
der FuE-Organisation wie Prozesskostensenkung<br />
und Produktivitätsverbesserung;<br />
Effektivitätssteigerung von FuE wie<br />
mehr und werthaltigere <strong>Innovationen</strong>; die<br />
laufende Bewertung von Risiken der in<br />
Nur 17 Prozent der <strong>Innovationen</strong><br />
werden vom Kunden gekauft<br />
Verkaufserfolg von <strong>Innovationen</strong><br />
100%<br />
1<br />
Angebotene<br />
<strong>Innovationen</strong><br />
–49%<br />
51%<br />
Interesse bevor<br />
Preis bekannt ist<br />
–56%<br />
22%<br />
Interesse nachdem<br />
Preis bekannt ist<br />
1 In Deutschland und den USA;<br />
ermittelt in einer Kaufsimulation auf der Basis von 14 <strong>Innovationen</strong><br />
Quelle: Studie ,Car Innovation 2015‘, Oliver Wyman<br />
–23%<br />
Entwicklung befindlichen <strong>Innovationen</strong>,<br />
um das Unternehmen vor möglichen Verlusten<br />
zu schützen.<br />
Unterstützung einer offenen Organisation<br />
und Kultur: Die Automobilindustrie muss<br />
sich mehr öffnen. Sie sollte in stärkerem<br />
Maße Trends aus anderen Branchen aufnehmen,<br />
etwa aus der Unterhaltungselektronik<br />
und der Telekommunikation. Hersteller<br />
und Zulieferer müssen Innovationsnetze<br />
bilden, um ihre Kompetenzen auszuweiten<br />
und die Kosten zu senken. Das<br />
Management muss eine offene Kultur<br />
schaffen, die die Zusammenarbeit fördert,<br />
das Kompetenzniveau der Mitarbeiter<br />
stärkt und unternehmerisches Handeln in<br />
der FuE belohnt.<br />
Überprüfung der Innovationsstrategie:<br />
Hersteller wie Zulieferer sollten regelmäßig<br />
auch die Aktualität und Stimmigkeit ihrer<br />
Innovationsstrategie überprüfen. Die zentralen<br />
Ziele jeder Innovationsstrategie sind<br />
die kurz-, mittel- und langfristige Verbesserung<br />
von Wettbewerbsposition und Ertragsstärke.<br />
Um sicherzustellen, dass sie<br />
auch erreicht werden, kann das Innovation<br />
Strategy Framework von Oliver Wyman helfen.<br />
Kundenangebot, Kompetenzfokus und<br />
Zusammenarbeit sowie Organisation und<br />
Kultur müssen so zusammenwirken, dass<br />
sie einen starken Business Case ergeben.<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
17%<br />
Kaufrate<br />
König Kunde: Das Interesse der Autokäufer<br />
an <strong>Innovationen</strong> ist deutlich geringer als<br />
mancher OEM gerne glauben möchte. Zudem<br />
ist er eher unwillig, für <strong>Innovationen</strong> Geld<br />
auszugeben.<br />
25
CO 2 -Emission und Emotion<br />
Die Debatte über umweltfreundliche Fahrzeuge wird heiß geführt. Globale Erderwärmung,<br />
Feinstaubbelastung, spritfressende SUVs und fehlende Dieselpartikelfilter haben der Autoindustrie<br />
den Ruf eingebracht, zu wenig gegen CO 2 und Emissionen zu tun. Jetzt starten die<br />
Automobilhersteller mit groß angelegten Programmen durch.<br />
Objektiv betrachtet lassen sich gerade<br />
einmal 9,9 Prozent aller<br />
Treibhausgase auf die 800 Millionen<br />
Pkws und Nutzfahrzeuge weltweit<br />
zurückführen. In den vergangenen Jahren<br />
konnten durch neue Technologien<br />
die Abgasgrenzwerte für Stickoxide,<br />
Kohlenwasserstoffe, Kohlenstoffmonoxide<br />
und Partikelmasse um über 80<br />
Prozent gesenkt werden. Schwefel, Blei<br />
und Benzol wurden ganz aus den Treibstoffen<br />
verbannt.<br />
Seit 1990 wurde in Deutschland trotz<br />
gestiegener Verkehrsleistung der absolute<br />
CO 2 -Ausstoß gehalten, bezogen auf<br />
die Transportleistung sogar um 40 Prozent<br />
reduziert. Weltweit werden bereits<br />
30 Prozent der FuE-Ausgaben oder jährlich<br />
20 Milliarden Euro in die Entwicklung<br />
effizienterer und sauberer Antriebe<br />
und Fahrzeuge investiert. Ihr Image in<br />
punkto Umweltschutz konnte die Autoindustrie<br />
jedoch kaum verbessern.<br />
Zum einen nehmen Absatz und Altbestand<br />
an Fahrzeugen jährlich um<br />
zwei beziehungsweise drei Prozent zu.<br />
Zum anderen sind die Fahrzeuge im<br />
26 Car Innovation · Mai 2008<br />
Schnitt schwerer geworden, da die<br />
Kunden größere Autos, mehr Komfort,<br />
Sicherheit und Entertainment wünschen.<br />
Und schließlich sind die heute<br />
nachgefragten Motoren leistungsfähiger<br />
– das durchschnittliche Drehmoment<br />
ist in zehn Jahren weltweit um 40<br />
Newtonmeter gestiegen, was einem<br />
Plus von 25 Prozent entspricht. Das alles<br />
führt zu einem Mehrverbrauch an<br />
Kraftstoff. Zugleich hat die Autoindustrie<br />
die erzielten Fortschritte beim Umweltschutz<br />
nicht frühzeitig vermarktet.<br />
Nur Toyota ist es durch den Prius und<br />
die Hybridtechnologie gelungen, sein<br />
Markenimage als umweltbewusster<br />
Automobilhersteller zu verbessern.<br />
240 Milliarden Euro ,Pro Umwelt’<br />
In ihren FuE-Abteilungen haben die<br />
Automobilhersteller langfristige Initiativen<br />
zur Verbrauchs- und Emissionsreduzierung<br />
gestartet. Dabei arbeiten sie<br />
an mehreren Fronten gleichzeitig: Die<br />
Optimierung traditioneller und die Entwicklung<br />
alternativer Antriebskonzepte<br />
zählen ebenso dazu wie die Reduzie-<br />
rung des Energieverbrauchs durch<br />
Leichtbau, verbessertes Energiemanagement<br />
und Rekuperation. Hinzu<br />
kommen Abgasnachbehandlung und<br />
alternative Kraftstoffe.<br />
Die dafür erforderlichen FuE-Ausgaben<br />
belaufen sich nach Schätzungen<br />
von Oliver Wyman in den nächsten<br />
zehn Jahren auf 240 Milliarden Euro.<br />
Und bis 2015 steigen die Herstellkosten<br />
beispielsweise für ein CO 2 - und verbrauchsoptimiertesMittelklassefahrzeug<br />
um knapp 700 Euro. Doch für die<br />
Umwelt lohnen sich diese Investitionen:<br />
Die modernsten Fahrzeuge werden<br />
bis zu 30 Prozent weniger CO 2 ausstoßen<br />
als heute.<br />
,Grün‘ verkauft sich gut<br />
Im Bewusstsein europäischer Autofahrer<br />
ist der Faktor ,Umweltfreundlichkeit’<br />
inzwischen hoch angesiedelt. Dieser<br />
ist nach einer Kundenbefragung<br />
von Oliver Wyman aus dem Nichts auf<br />
Platz fünf der Kaufkriterien gesprungen.<br />
Darüber hinaus hat dieser das Potenzial,<br />
nach ,Zuverlässigkeit’ und ,Si-
Die grüne Welle rollt: Die OEMs zelebrieren allerorten ,grüne<br />
Leistungsshows‘. In den nächsten zehn Jahren werden sich die FuE-<br />
Ausgaben für die Optimierung traditioneller und die Entwicklung<br />
alternativer Antriebskonzepte auf rund 240 Milliarden Euro belaufen.<br />
cherheit’ künftig zum dritten Hygienefaktor<br />
bei der Wahl des Autos zu werden<br />
– Kunden setzen dann Umweltverträglichkeit<br />
voraus, ohne wesentlich<br />
dafür bezahlen zu wollen.<br />
Bereits heute sind nur 13 Prozent<br />
der befragten Autofahrer in der EU bereit,<br />
für ein umweltfreundlicheres<br />
Fahrzeug einen höheren Preis zu bezahlen.<br />
Bei ökologisch bedingten Steueranreizen<br />
sind es 29 Prozent. Dagegen<br />
würden rund 46 Prozent eher die Fahrleistung<br />
reduzieren. Noch schlechter ist<br />
das Ergebnis unter deutschen Autokunden:<br />
Nur neun Prozent wollen für umweltfreundlichere<br />
Fahrzeuge mehr<br />
Geld ausgeben. Kunden mit Kleinwagen<br />
sind sogar nur zu fünf Prozent zu<br />
diesem Schritt bereit. Bei entsprechenden<br />
Steuervorteilen würden insgesamt<br />
rund 19 Prozent der deutschen Autofahrer<br />
mehr bezahlen.<br />
Die Öko-Aufsteiger<br />
Die gegenwärtige Kaufzurückhaltung<br />
ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen,<br />
dass die CO 2 -Debatte Kunden irritiert.<br />
Ob Technologieentwicklung oder steuerliche<br />
Regelungen beim Thema Umwelt<br />
– die Unsicherheit ist groß. Darüber<br />
hinaus können viele Kunden gar<br />
nicht beurteilen, wie umweltfreundlich<br />
ein Fahrzeug ist. Ihnen fehlen objektive<br />
Entscheidungskriterien.<br />
Die Mehrzahl wünscht sich deshalb<br />
ein unabhängiges Öko-Siegel. Dieses ist<br />
auch dringend notwendig, denn die Umweltverträglichkeit<br />
einzelner Automar-<br />
ken wird von Autofahrern verzerrt<br />
wahrgenommen: Beim Öko-Image landet<br />
Toyota auf Platz eins, Citroën auf<br />
Platz zehn. Der Vergleich des tatsächlichen<br />
CO 2 -Flottenverbrauchs zeigt<br />
Toyota dagegen nur im Mittelfeld, während<br />
sich Citroën unter den Top Drei befindet.<br />
Deutsche Automarken bewegen<br />
sich in der Kundenwahrnehmung derzeit<br />
im Mittelfeld, werden aber als die<br />
zukünftigen Öko-Aufsteiger gesehen.<br />
Die von Oliver Wyman befragten<br />
Autofahrer erwarten, dass sich in den<br />
nächsten zehn Jahren unter den fünf<br />
umweltfreundlichsten Automarken<br />
drei deutsche befinden werden. So se-<br />
hen europäische Premiumkunden in<br />
zehn Jahren nicht mehr Toyota, sondern<br />
Mercedes-Benz auf Platz eins der<br />
umweltfreundlichsten Automarken,<br />
gefolgt von BMW, derzeit auf dem vierten<br />
Rang. Volkswagen, heute auf Rang<br />
fünf der Volumenmarken, kann sich<br />
nach Meinung der europäischen Verbraucher<br />
an die dritte Stelle setzen.<br />
Deutsche Kunden trauen VW sogar den<br />
Spitzenplatz zu. Darüber hinaus bewerten<br />
europäische Autokunden die deutschen<br />
Automarken als technologisch<br />
führend und trauen ihnen zu, mittelfristig<br />
auch in der Umwelttechnik die<br />
Poleposition einzunehmen.<br />
Quo vadis, OEMs?<br />
Die Automobilhersteller haben auf die<br />
CO 2 -Diskussion spät, aber nicht zu spät<br />
reagiert. Viele möchten jetzt die gesamte<br />
Bandbreite an technologischen Lösungen<br />
– optimierte traditionelle Antriebe, alternative<br />
Antriebe, moderne Abgasnachbehandlung<br />
und vieles mehr – im Fahrzeugprogramm<br />
unterbringen. Tatsächlich<br />
gibt es bei einigen Themen aufgrund von<br />
Gesetzgebung und Wettbewerbsdruck<br />
kein Vorbeikommen. Vielfach besteht<br />
aber auch die Qual der Wahl, beispielsweise<br />
bei alternativen Antriebskonzepten<br />
und deren Einführungsstrategie über das<br />
Fahrzeugprogramm.<br />
Entsprechend groß ist die Risikofalle:<br />
Halten sich die Hersteller zurück, könnten<br />
sie nach dem Hybridantrieb die<br />
nächste große Welle verpassen. Investieren<br />
sie dagegen zu breit, gehen die<br />
<strong>Innovationen</strong> und Investitionen möglicherweise<br />
am eigentlichen Kundenbe-<br />
Wahrnehmung von Marke und Umweltfreundlichkeit<br />
Marktstudie EU 1<br />
„Welche drei Automarken würden Sie heute als besonders umweltfreundlich/<br />
ökologisch verantwortungsvoll einstufen?“ [ungestützt, bis zu drei Nennungen]<br />
„Von welchen drei Automarken erwarten Sie, dass sie in 10 Jahren führend in<br />
ökologischen Themen sein werden?“ [ungestützt, bis zu drei Nennungen]<br />
Rang heute Potenzial<br />
in 10 Jahren<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
Toyota<br />
Renault<br />
Peugeot<br />
VW<br />
Opel 2<br />
Fiat<br />
Mercedes-Benz<br />
Honda<br />
BMW<br />
Citroën<br />
bleibt in Top-10 fällt aus Top-10 heraus<br />
1<br />
Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Spanien, UK<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
Toyota<br />
Renault<br />
VW<br />
BMW<br />
Mercedes-Benz<br />
Peugeot<br />
Audi 3<br />
Ford<br />
Opel<br />
Fiat<br />
steigt neu ein<br />
2 3<br />
UK: Vauxhall Heute auf Rang 12<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
27<br />
Quelle: Studie ,Car Innovation 2015’, Oliver Wyman
„Auf den Klimawandel und die aktuelle Umweltdebatte<br />
werde ich in puncto Mobilität folgendermaßen reagieren…“<br />
Keine Reaktion, weil …<br />
als Einzelperson<br />
machtlos und<br />
Anreize durch<br />
Gesetzgeber<br />
notwendig sind<br />
Klimaproblem nur<br />
ein Medienhype<br />
Deutschland, Frankreich, Italien,<br />
Polen, Spanien, UK<br />
Quelle: Studie ,Car Innovation 2015’, Oliver Wyman<br />
darf vorbei. Auch droht aufgrund fehlenden<br />
Know-hows und begrenzter Kapazitäten<br />
ein ungenügender Reifegrad –<br />
mit eventuell hohen Folgekosten und<br />
Imageverlusten.<br />
Technische und wirtschaftliche Risiken<br />
sollten stärker kommuniziert werden,<br />
ergänzt um eine offene, unternehmensweite<br />
Diskussion. Hochgesteckte<br />
Renditeziele geraten in Gefahr, wenn Effektivität<br />
und Effizienz der CO 2 -Aktivitäten<br />
unter die Räder kommen. Das CO 2 -<br />
Engagement muss deshalb als strategisches<br />
Projekt begriffen und entsprechend<br />
strukturell, prozessual sowie personell<br />
auf Top-Ebene verankert werden.<br />
Die Automobilhersteller haben vielfältigen<br />
Handlungsbedarf, wollen sie<br />
die CO 2 -Herausforderungen profitabel<br />
meistern und als Chance nutzen. Oliver<br />
Wyman hat sechs Schlüsselfelder<br />
identifiziert – eine CO 2 -Agenda für<br />
Automobilhersteller:<br />
1. Antriebs- und Technologiestrategie<br />
Zu definieren ist eine auf die Zielkunden<br />
ausgerichtete Antriebs- und Technologiestrategie,<br />
die markendifferenzierend,<br />
durch die FuE-Mannschaft aber<br />
auch zu leisten ist. Die laufenden breiten<br />
CO 2 -Initiativen sollten deshalb auf<br />
den Prüfstand, um sich abgestimmt auf<br />
Automarke und Fahrzeugprogramm<br />
entsprechend zu fokussieren. Dazu gehört<br />
auch eine konsequente Bereinigung<br />
der Variantenvielfalt bei konventionellen<br />
Antriebsplattformen.<br />
28 Car Innovation · Mai 2008<br />
14,0%<br />
5,5%<br />
Reaktion auf den Klimawandel – EU<br />
80,5%<br />
werde Fahrleistung<br />
reduzieren<br />
werde mir Fahrzeug mit umweltfreundlichem<br />
Antrieb anschaffen<br />
werde ein aus ökologischen Gründen<br />
steuerbegünstigtes Fahrzeug wählen<br />
werde mir Fahrzeug mit ökologischer<br />
Kennzeichnung anschaffen<br />
werde mein altes Fahrzeug<br />
früher umtauschen<br />
werde auf umweltfreundliches Fahrzeug<br />
trotz höherer Kosten wechseln<br />
werde mir Fahrzeug mit<br />
weniger PS und reduzierter<br />
Höchstgeschwindigkeit anschaffen<br />
werde zu kleinerem<br />
Fahrzeug wechseln<br />
werde mir umweltfreundlichen<br />
Zweitwagen anschaffen<br />
2. Business Case<br />
Das technisch Machbare ist auf seine<br />
Wirtschaftlichkeit zu prüfen, vor allem<br />
unter Abwägung quantifizierter Chancen<br />
und Risiken. Im Vordergrund stehen<br />
Aufwand und Nutzen, um ein priorisiertes<br />
und kosteneffizientes Maßnahmenportfolio<br />
festzulegen. Ein strategisches<br />
und operatives CO 2 -Programmcontrolling<br />
muss die profitable Umsetzung für<br />
das Top-Management sicherstellen.<br />
3. Risikomanagement<br />
Werthaltigkeit und ,Risk Exposure’ einzelner<br />
CO 2 -Strategiepfade sind in Verbindung<br />
mit alternativen Marktszenarien<br />
zu kategorisieren und zu quantifizieren,<br />
um strategische Risiken offen zu<br />
adressieren. Operatives Risikomanagement<br />
sollte technische und finanzielle<br />
Projektrisiken frühzeitig antizipieren<br />
und aufdecken, um gegebenenfalls<br />
Budgets und Ressourcen neu zu verteilen.<br />
Aktives Risikomanagement wird so<br />
zum Dreh- und Angelpunkt der CO 2 -<br />
Diskussion im Unternehmen.<br />
4. FuE-Organisation<br />
Verteilte Aktivitäten sind zu bündeln<br />
und Organisationsstrukturen rund um<br />
traditionelle und alternative Antriebskonzepte<br />
anzupassen. Zugleich sind Kapazitäten<br />
und Kompetenzen zielgerichtet<br />
auf die neuen CO 2 -Themen auszurichten<br />
und neu aufzubauen, um den<br />
Innovationsschub der nächsten Jahre<br />
bewältigen zu können.<br />
5,6%<br />
8,9%<br />
12,7%<br />
11,7%<br />
29,46%<br />
29,0%<br />
17,9%<br />
17,8%<br />
45,8%<br />
Mehrfachnennungen<br />
möglich<br />
Wer bezahlt’s? Kunden setzen bei Neuwagen<br />
Umweltverträglichkeit voraus,<br />
ohne wesentlich dafür bezahlen zu wollen.<br />
Nur 13 Prozent der befragten Autofahrer<br />
in der EU bereit, für ein umweltfreundlicheres<br />
Fahrzeug einen höheren<br />
Preis zu bezahlen.<br />
5. Wertschöpfungs-<br />
und Netzwerkstrategie<br />
Automobilhersteller sollten in die Entwicklung<br />
und Fertigung von differenzierenden<br />
oder werthaltigen Kernkomponenten<br />
einsteigen sowie System- und<br />
Integrationskompetenz aufbauen. Nur<br />
so sind die neuen Technologien nachhaltig<br />
profitabel zu realisieren. Eine<br />
entsprechend ausgerichtete Netzwerkstrategie<br />
mit Zulieferern und Engineering-Dienstleistern<br />
sichert den Zugang<br />
zu Schlüsseltechnologien.<br />
6. Kommunikationsstrategie<br />
Die verschiedenen internen und externen<br />
Interessengruppen sind gezielt anzusprechen<br />
und eng einzubinden. Die<br />
Kommunikation muss Kundenerwartungen<br />
adressieren, die Automarke<br />
stärken sowie Investoren, Politik, Handel<br />
und Mitarbeiter überzeugen. Kommunikation<br />
wird so zur unternehmensweiten<br />
Aufgabe, die Technik, Finanzen<br />
und Vertrieb vereint. �<br />
Autoren: Christian Kleinhans und Peter<br />
Bosch, Partner, Global Automotive Practice,<br />
Oliver Wyman
Bild AP/tr. Die<br />
Innovation von unten<br />
Das Rennen um das Low-Cost-Segment ist in vollem Gang. Es geht um die Mobilisierung riesiger Märkte –<br />
und damit um die Zukunft der OEMs. Kühle und kühne Rechner sind gefragt. Damit ein Auto zum Low-Cost-<br />
Preis, wie unter anderen Fiat, VW und Toyota sie planen, realisiert werden kann, muss die gesamte Wertschöpfungskette<br />
von der Entwicklung bis zum Vertrieb radikal auf Kosten getrimmt werden.<br />
Im Jahr 2015 könnten etwa zehn Prozent<br />
aller Autos oder vier Millionen<br />
Fahrzeuge in Indien, China und Europa<br />
Niedrigpreisautos sein, deren Verkaufspreise<br />
üblicherweise zwischen<br />
3 500 und 8 800 Euro liegen. Tata Motors<br />
heizt gerade mit der Einführung<br />
des Nanos in Indien den Wettbewerb in<br />
diesem Wachstumssegment an – mit einem<br />
radikalen Kampfpreis, der sogar<br />
noch deutlich darunter liegt. Derzeit<br />
planen nahezu alle großen Autohersteller<br />
so genannte ,Low Cost Cars’, die in<br />
Mitteleuropa zu Preisen zwischen 5 000<br />
und 8 800 Euro angeboten werden. Naturgemäß<br />
leidet das Segment unter hohem<br />
Kostendruck und verspricht daher<br />
nur wenig Profit.<br />
Das Niedrigpreissegment fördert aber<br />
ein radikales Umdenken entlang der<br />
gesamten Wertschöpfungskette, um<br />
dauerhafte Profitabilität sicherzustellen.<br />
Daher macht das große Engagement der<br />
Hersteller Sinn. Denn die Arbeit an Niedrigpreisautos<br />
verspricht eine Reihe von<br />
Entwicklungs-, Prozess-, Konzept- und<br />
Material<strong>innovation</strong>en, welche die Präsenz<br />
in diesem Markt zu einem Muss<br />
machen – schon alleine wegen der Lerneffekte<br />
aus der kostengünstigen Wertschöpfungskette<br />
und ihrer Abstrahleffekte<br />
in alle anderen Fahrzeugsegmente.<br />
‚Low Cost‘ en voque<br />
Jüngst kündigte Toyota an, ein eigenes<br />
Niedrigpreisauto entwickeln zu wollen,<br />
das eine „wirklich extrem kostengünstige<br />
Art der Konstruktion mit extrem<br />
kostengünstigen Materialien“ sein werde,<br />
so der Vorstandsvorsitzende von<br />
Toyota, Katsuaki Watanabe. In Indien<br />
ist es Tata Motors mit seinem Entwicklungsprojekt<br />
,Rs 1 lakh Car’ (dem<br />
100 000-Rupien-Auto) gelungen, auf<br />
einen Verkaufspreis von unter 2 000<br />
Euro zu kommen: Das Fahrzeug wird<br />
als ,Nano’ in den Markt eingeführt. Der<br />
japanische Kleinwagenhersteller Suzuki<br />
arbeitet derzeit an einem noch geheimen<br />
660-Kubikzentimeter-Modell für<br />
seine indische Tochter Maruti, das gegen<br />
den Nano positioniert ist.<br />
Damit ein Auto zu diesem Preis<br />
wirklich realisiert werden kann, muss<br />
die gesamte Wertschöpfungskette von<br />
der Entwicklung bis zum Vertrieb radikal<br />
auf Kosten getrimmt werden. Tata<br />
verwirklichte ein modulares Konzept,<br />
dessen Basis wirklich nur ein ,fahrbarer<br />
Untersatz’ ist. Hier wurden sämtliche<br />
Wie haben die das nur gemacht? Tatas Nano, ein<br />
Auto für 2 500 Dollar, sorgt für große Neugierde in der<br />
Branche. Tata Motors verwirklichte ein modulares Konzept,<br />
bei dem sämtliche Funktionen sowie deren Realisierungskonzepte<br />
erst einmal in Frage gestellt wurden.<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
29
Funktionen sowie deren Realisierungskonzepte<br />
erst einmal in Frage gestellt.<br />
Bisher ist der bereits in die Jahre gekommene<br />
Maruti 800 das günstigste<br />
Auto auf dem indischen Markt – es kostet<br />
etwa 190 000 Rupien oder knapp<br />
3 300 Euro und geht deutliche Kompromisse<br />
bei Komfort, Sicherheit und<br />
Design ein. Nur etwa 100 Euro teurer<br />
als der indische Maruti 800 ist der chinesische<br />
Chery QQ. Der QQ ist ein bei<br />
Design und Technik moderner Kleinstwagen,<br />
der bisher nur auf dem chinesischen<br />
Markt angeboten wird – im Markt<br />
wird allerdings behauptet, er sei ein illegaler<br />
Nachbau des Chevrolet Matiz.<br />
Das günstigste Auto in China ist derzeit<br />
der Geely Haoquing, der etwa<br />
3 000 Euro kostet. Auch der US-Konzern<br />
General Motors arbeitet mit seiner<br />
koreanischen Tochter Daewoo an einem<br />
Niedrigpreisfahrzeug, das sowohl<br />
im indischen als auch im chinesischen<br />
Markt eingeführt werden soll.<br />
80 Prozent Europa-Aufschlag<br />
Wegen der strengen Umwelt- und Sicherheitsauflagen<br />
ist das Preisniveau in<br />
den EU-Kernländern deutlich höher –<br />
selbst wenn es um ,Low Cost Cars’ geht.<br />
Ein in Indien und China für 3 500 bis<br />
7 000 Euro angebotenes Niedrigpreisauto<br />
würde in Europa aufgrund der höheren<br />
Sicherheits- und Umweltauflagen<br />
zwischen 5 000 und 8 800 Euro<br />
kosten. Tatsächlich plant Chery, seinen<br />
in China 3 400 Euro teuren QQ in Europa<br />
für 5 000 Euro anzubieten. Noch<br />
größer ist der Preisunterschied bei der<br />
General Motors-Tochter Hyundai. Der<br />
Durch radikales ‚Low Cost Design‘<br />
können die Preise deutlich gesenkt<br />
werden<br />
in Indien für 4 600 Euro angebotene<br />
Santro ist in der Europa-Version unter<br />
dem Namen Atos mit knapp 9 200 Euro<br />
doppelt so teuer.<br />
Mit zunehmendem Wohlstand in<br />
den Schwellenländern wie Indien oder<br />
China steigt der Bedarf an kostengünstigen<br />
Autos überproportional an. Das<br />
Kleinstwagensegment ist laut einer Oliver-Wyman-Analyse<br />
aus dem Jahr<br />
2007 das am stärksten wachsende<br />
Autosegment mit einem weltweiten<br />
Wachstum von 2,1 Prozent jährlich bis<br />
2015. Dabei wurde jedoch noch nicht<br />
30 Car Innovation · Mai 2008<br />
Aktuelle Brandbreite von Fahrzeugpreisen<br />
Um eine erfolgreiche Versorgung des Billigfahrzeug-Marktes zu gewährleisten, müssen die Hersteller<br />
Kosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette reduzieren<br />
A B C D E<br />
F&E Einkauf Produktion Vertrieb After Sales<br />
Kosteneffiziente<br />
Fahrzeugentwicklung(Berücksichtigung<br />
sämtlicher<br />
Bauteile, Design<br />
Materialien etc.<br />
Optionen:<br />
– Entwicklung<br />
neuer Fahrzeuge<br />
– Vereinfachung<br />
existierender<br />
Modelle<br />
– Wiedereinführung<br />
von Auslaufmodellen<br />
Rechnergestützte<br />
und experimentelle<br />
Entwicklung<br />
Beschaffung aus<br />
Low-Cost-Ländern<br />
Beschaffung von<br />
lokalen preisgünstigenZulieferern<br />
(Beispiel:<br />
43 der Renault<br />
Tier 1 Zulieferer<br />
für den Dacia Logan<br />
kommen aus<br />
Rumänien)<br />
Gleichbauteile-<br />
Konzept zur<br />
Kostenreduktion<br />
berücksichtigt, dass die Preise durch radikale<br />
,Low Cost Designs’ deutlich unter<br />
die bisherigen Preise gesenkt werden<br />
können. Genau dieses Ziel – das<br />
Bauen eines ,Low Cost Cars’ wie es Tata<br />
nun vorgemacht hat – verfolgen inzwischen<br />
beinahe alle Autohersteller<br />
rund um den Globus.<br />
Begrenzte Ertragspotenziale<br />
,Low Cost’ bedeutet immer geringe<br />
Margen und somit können nur hohe<br />
Volumina dieses Segment attraktiv machen.<br />
Dafür analysierte Oliver Wyman<br />
das Marktpotenzial in der EU, in Indien<br />
und China. Das Ergebnis dieser Analyse<br />
ist ein Bedarf von 4,3 Millionen Niedrigpreisfahrzeugen<br />
jährlich, der durch<br />
das bisherige Angebot der etablierten<br />
Autohersteller kaum abgedeckt<br />
wird.<br />
In den betrachteten<br />
Märkten ist es realistisch,<br />
dass 2015 immerhin zehn<br />
Prozent aller Autos ,Low<br />
Cost Cars’ sind. Allerdings<br />
wird die Konkurrenz hoch<br />
sein, sodass die meisten Hersteller für<br />
ihre Niedrigpreismodelle nur mit Absatzmengen<br />
von etwa 200 000 bis<br />
650 000 Fahrzeugen pro Jahr rechnen<br />
können. Das bedeutet, dass es für die<br />
Hersteller schwer sein wird, mit der<br />
Aufstellung der heutigen Wertschöpfungskette<br />
die dadurch entstehenden<br />
Kosten wieder einzuspielen. Denn trotz<br />
der großen Zahlen wird das gesamte<br />
Umsatzvolumen der Niedrigpreisautos<br />
2015 noch geringer sein, als das der<br />
Oberklassefahrzeuge – und aufgrund<br />
des enormen Kostendrucks wird das<br />
Konsistente<br />
Kostenreduzierung<br />
bei allen Fahrzeug-<br />
Komponenten<br />
Fertigung in Low-<br />
Cost-Ländern,<br />
eventuell mit<br />
reduziertem<br />
Kapital/Arbeitskraft,<br />
geringere<br />
Automatisierung<br />
Abstimmung des<br />
Zielkonfliktes<br />
zwischen einzelner<br />
Qualitätsprüfungen<br />
und Qualitätsanstieg<br />
Gegebenenfalls<br />
Anpassung der<br />
klassischen<br />
Vertriebsstruktur,<br />
eventuelle durch ein<br />
reduziertes bzw.<br />
zentralisiertes<br />
Händernetzwerk<br />
Kooperationsbereitschaft,<br />
um globale<br />
Vertriebsstrukturen<br />
zu ermöglichen<br />
Entwicklung<br />
alternativer bzw.<br />
kostengünstiger<br />
Vertriebskanäle<br />
Sicherstellung eines<br />
flächendeckenden<br />
Service-Angebots<br />
– Franchise-<br />
Netzwerk<br />
– Eigenreparaturen<br />
– After Sales durch<br />
eine unabhängige<br />
Servicekette<br />
und/oder durch<br />
Kooperationen<br />
Quelle: Presse-Research, Oliver Wyman Analyse<br />
Wettbewerbsvorteil ,Low Cost‘: Die Entwicklung<br />
eines ,Low Cost Cars‘ zielt im<br />
Kern auf das Thema Kosten<strong>innovation</strong>.<br />
Wer in diesem Prozess lernt, Autos<br />
günstiger zu entwickeln und zu bauen,<br />
kann das entstandene Know-how nutzen,<br />
um später das gesamte Unternehmen<br />
und seine Modellpalette wettbewerbsfähiger<br />
zu machen.<br />
Segment wesentlich weniger profitabel<br />
sein. Dennoch ist der Niedrigpreismarkt<br />
sehr interessant. Die Automobilhersteller<br />
können das ,Low Cost Car’ nicht ignorieren.<br />
Sie müssen ihre Modellpalette<br />
nach unten absichern. Vor allem aber<br />
zwingt das Niedrigpreissegment die<br />
Hersteller zu neuen Entwicklungsprozessen,<br />
Fahrzeug- und Modulkonzepten,<br />
Produktionsmethoden und Materialien,<br />
die nicht nur die Teilnahme in<br />
dem Segment profitabel machen, sondern<br />
später der gesamten Modellpalette<br />
zugute kommen können. Darüber hinaus<br />
müssen auch aktuelle Vertriebskonzepte<br />
kritisch hinterfragt werden.<br />
Genau das ist auch die Absicht von<br />
Branchenprimus Toyota. Das Unternehmen<br />
will anhand des neuen Niedrigpreismodells<br />
seine Produktionsprozesse<br />
und die dabei verwendeten Materialien<br />
radikal auf Kostensenkungsmöglichkeiten<br />
abklopfen, um erfolgreiche<br />
Verbesserungen später in der gesamten<br />
Modellpalette verwenden zu können.<br />
Das Ziel: Kosten<strong>innovation</strong>en<br />
Noch sind die meisten ,Low Cost Cars’<br />
einfach ältere Modelle in leicht adaptierter<br />
Version. So ist beispielsweise der<br />
chinesische Geely Haoquing ein Nachbau<br />
des Daihatsu Charade aus den
Die aktuelle Bandbreite der Fahrzeugangebote deckt kaum Autos mit einem Kaufpreis unter 5 000 € ab.<br />
10,2<br />
Milliarden<br />
55 Tausend<br />
25<br />
15<br />
10<br />
5<br />
Preislimit in Tausend<br />
Euro1 Bugatti Veyron<br />
1 200 000 €<br />
Bemerkungen:<br />
Smart ForTwo<br />
10 000 €<br />
Dacia Logan<br />
7 500 €<br />
Low<br />
cost<br />
Die dritte Revolution in der Automobilindustrie? Bisher kamen die <strong>Innovationen</strong> in der Automobilbranche<br />
immer von den teuren Modellen und setzten sich dann Schritt für Schritt auch für günstigere Fahrzeuge durch.<br />
Die jetzt geplanten ,Low Cost Cars‘ werden diese Entwicklung zum ersten Mal umkehren.<br />
80er-Jahren oder der chinesische VW<br />
Santana ein abgewandelter Passat aus<br />
den 70ern. Inzwischen sind die Käufer<br />
in den Schwellenländern anspruchsvoller<br />
geworden – beim Design, Verbrauch<br />
und nicht zuletzt auch beim<br />
Preis-Leistungs-Verhältnis. Auch neue<br />
Abgasvorschriften werden ein solches<br />
Modellrecycling künftig immer öfter<br />
verhindern.<br />
Neben Toyota planen zurzeit auch alle<br />
anderen großen Hersteller Niedrigpreisautos<br />
unter Code-Namen wie 3-K (Volkswagen)<br />
oder D-200 (Fiat). Die meisten<br />
bauen dabei auf bestehenden Autoplattformen<br />
und Modulen auf. Kurzfristig bietet<br />
diese Vorgehensweise klare Vorteile:<br />
Die Entwicklungskosten sind geringer<br />
und die Stückzahl der bereits in konventionellen<br />
Fahrzeugen verwendeten Teile<br />
kann weiter erhöht werden, was Kostenvorteile<br />
entstehen lässt.<br />
Langfristig birgt diese Strategie jedoch<br />
das Risiko, im Kostenkapitel abgehängt<br />
zu werden – dann jedoch nicht<br />
nur im Niedrigpreissegment, sondern<br />
im gesamten Automobilbau. Nur wer<br />
ein Niedrigpreisauto von Grund auf<br />
neu entwirft, wie dies Toyota nun<br />
plant, kann die Chancen dieses entstehenden<br />
Segments voll nutzen. Die Entwicklung<br />
eines revolutionären ,Low<br />
Cost Cars’ zielt im Kern auf das Thema<br />
Mercedes-Benz E-Klasse<br />
48 000 €<br />
Opel Corsa<br />
12 000 €<br />
BMW 3er<br />
33 500 €<br />
Suzuki Maruti 3 700 €<br />
Low-Cost-Autos: Noch sind sie rar<br />
Mini Small Medium<br />
Large Luxury Ultra<br />
Luxury<br />
Kosten<strong>innovation</strong>. Wer in diesem Prozess<br />
lernt, Autos günstiger zu entwickeln<br />
und zu bauen, kann das entstandene<br />
Know-how nutzen, um später das<br />
gesamte Unternehmen und seine Modellpalette<br />
wettbewerbsfähiger zu machen.<br />
Keine direkte Konkurrenz<br />
mit lokalen Anbietern<br />
Trotz aller Bemühungen werden die<br />
,Low Cost Cars’ der großen Automobilhersteller<br />
nie so günstig werden, wie<br />
die der lokalen Anbieter. Denn nur lokal<br />
anbietende Unternehmen wie die<br />
indische Tata Motors oder die chinesische<br />
Marke Geely können es sich leisten,<br />
ein Auto weitgehend ohne Sicherheitstechnik<br />
anzubieten. Selbst für die<br />
im Einstiegssegment positionierten<br />
Weltmarken der großen Konzerne<br />
Daihatsu (Toyota-Konzern), Skoda<br />
(Volkswagen-Konzern) oder Chevrolet<br />
(General Motors) ist dies schon aus<br />
Imagegründen undenkbar.<br />
Daher werden auch die Niedrigpreisautos<br />
der großen Konzerne von Anfang<br />
an auf einem gewissen Mindestniveau<br />
agieren, zumindest was die Sicherheit<br />
angeht. Umgekehrt aber ist davon auszugehen,<br />
dass die lokalen Anbieter im<br />
Laufe der Zeit weiter dazu lernen und<br />
qualitativ hochwertigere Autos produ-<br />
■ Hoher Grad der Abdeckung<br />
aller Fahrzeugsegmente,<br />
aber Vernachlässigung des<br />
Low-Cost-Segments 1<br />
■ Suzuki`s Maruti 800: eines<br />
der wenigen Low Cost Cars<br />
(LCC), Verkaufspreis in<br />
Indien ~ 3,700 €<br />
■ Erfolgreiche<br />
Markteinführung des<br />
Renaults Dacia Logan<br />
■ Ankündigung der<br />
Hersteller zur Entwicklung<br />
weiterer LCC, Launches<br />
für 2008–2010 geplant.<br />
zieren werden. Damit geraten die großen<br />
Automobilhersteller, die keine<br />
weitreichenden Kosten<strong>innovation</strong>en<br />
erzielt haben, in der Zukunft immer<br />
mehr unter Druck.<br />
Viele Zulieferunternehmen haben<br />
bereits das Thema Low-Cost-Segment<br />
als Chance erkannt. So distribuieren<br />
führende Lieferanten aus Deutschland<br />
bereits heute wichtige Low-Cost-Komponenten<br />
für Low-Cost-Fahrzeuge wie<br />
den Tata Nano. Sie haben erkannt, dass<br />
ihre zukünftige Wettbewerbsfähigkeit<br />
daran hängen wird, in neuen Wertschöpfungsstrukturen<br />
lieferfähig zu<br />
werden. Die Wertschöpfung dieser neuen<br />
Low-Cost-Komponenten kann heute<br />
schon fast komplett in den neuen<br />
Märkten liegen.<br />
Mit dem Niedrigpreisauto erlebt die<br />
Branche eine Revolution im Automobilbau.<br />
Bisher kamen die <strong>Innovationen</strong> in<br />
der Automobilbranche immer von den<br />
teuren Modellen und setzten sich dann<br />
Schritt für Schritt auch für günstigere<br />
Fahrzeuge durch. Die jetzt geplanten<br />
Low Cost Cars werden diese Entwicklung<br />
zum ersten Mal umkehren. �<br />
Autoren: Dr. Christian Heiss, Partner, Global<br />
Automotive Practice, Oliver Wyman;<br />
Lars Stolz, Partner, Global Automotive Practice,<br />
Oliver Wyman<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
Quelle: Presse-Research, Oliver Wyman-Analyse<br />
31
Was will der Kunde? Vor 20 Jahren haben sich nur wenige Ingenieure<br />
vorstellen können, dass eines Tages vierradgetriebene Kleinlastwagen zum<br />
begehrtesten Verkehrsmittel vermögender Großstädter werden.<br />
Der Kunde lenkt mit<br />
Technische <strong>Innovationen</strong> verkaufen sich gut – sagen die Automobilhersteller. Slogans wie ,Vorsprung durch<br />
Technik‘ untermauern diesen Anspruch. Doch die Realität sieht oft anders aus. Das ernüchternde Teilergebnis<br />
der Studie ,Car Innovations 2015‘: Kunden überblicken die Vielfalt nicht mehr und werden auch<br />
beim Händler nur ungenügend über die Vorteile informiert. Höchste Zeit zum Handeln.<br />
<strong>Innovationen</strong> sind ein unverzichtbarer<br />
Wachstumsmotor für die weltweite<br />
Automobilindustrie. Doch in den<br />
letzten Jahren stießen Menge, Komplexität<br />
und Kosten von <strong>Innovationen</strong> an<br />
ihre Grenzen: Viele Autokunden fühlen<br />
sich überfordert. Zudem drohen die<br />
Kosten der Autos und ihrer innovativen<br />
Extras den Budgetrahmen der Kunden<br />
zu sprengen. Dies zeigt die Oliver<br />
Wyman-Studie ,Car Innovation 2015’.<br />
Gleichzeitig spielen <strong>Innovationen</strong> eine<br />
entscheidende Rolle im Wettbewerb<br />
und bei der Markendifferenzierung.<br />
Doch nur 17 Prozent der angebotenen<br />
Neuerungen werden tatsächlich gekauft.<br />
Die Studie ,Car Innovation 2015’<br />
zeigt, wo die Versäumnisse aber auch<br />
die Chancen der Branche liegen, um <strong>Innovationen</strong><br />
erfolgreicher zu machen.<br />
Für die 7er-BMW-Reihe von 1986<br />
konnten Autokäufer aus 14 verfügbaren<br />
Extras wählen. 20 Jahre später waren<br />
es bereits 92. Folge dieser explosi-<br />
32 Car Innovation · Mai 2008<br />
ven Entwicklung ist, dass zahlreiche<br />
Neuentwicklungen vom typischen<br />
Kunden gar nicht mehr wahrgenommen<br />
werden. Gleichzeitig stieg die<br />
Komplexität der <strong>Innovationen</strong>, sodass<br />
es schwer fällt, Funktionen und Nutzen<br />
zu verstehen.<br />
Die Kunden sind überfordert<br />
Derzeit kennen gerade einmal 40 Prozent<br />
der Autofahrer ESP, das elektronische<br />
Stabilitätsprogramm. Bei neu eingeführten<br />
Produkten ist die Bekanntheit<br />
noch wesentlich kleiner.<br />
Ein Aspekt, der die Akzeptanz von<br />
Neuerungen bei den Autokäufern zusätzlich<br />
behindert, ist die Tendenz der<br />
Hersteller, allgemeinen Funktionen<br />
markenspezifische Namen mit oft unklaren<br />
Beschreibungen zu geben. So<br />
heißt das aktive Fahrwerk bei BMW<br />
,Dynamics Drive’, bei Mercedes-Benz<br />
dagegen ,Active Body Control ABC’.<br />
Der Unterschied zur ,Adaptive Air Sus-<br />
Bild: Audi<br />
pension’ von Audi geht aus den Produktinformationen<br />
nicht hervor. Zahlreiche<br />
Abkürzungen wie ,HCCI’ oder<br />
,JDLS’ sind für den durchschnittlichen<br />
Kunden gar nicht mehr zu entschlüsseln.<br />
Auch konnte die Studie nur bei<br />
wenigen Unternehmen eine Konsistenz<br />
von Markenkern und kommunizierten<br />
<strong>Innovationen</strong> feststellen.<br />
Beim Neuwagenkauf hat der Kunde<br />
viele Entscheidungen zu treffen. Doch<br />
während eines 30-minütigen Verkaufsgesprächs<br />
werden <strong>Innovationen</strong> in<br />
durchschnittlich weniger als fünf Minuten<br />
abgehandelt. Dabei legen die Verkäufer<br />
in den meisten Fällen ihren<br />
Schwerpunkt auf bereits im Markt eingeführte<br />
und leicht erklärbare <strong>Innovationen</strong><br />
wie Parkassistenten oder Navigationssysteme,<br />
statt die Marke prägenden<br />
und vom Hersteller beworbenen<br />
<strong>Innovationen</strong> anzusprechen. Nur 20<br />
Prozent der Verkäufer nutzen <strong>Innovationen</strong>,<br />
um die Vorteile des jeweiligen
Kundenperspektive – Kundenbewertung der Leistungen<br />
in % der Befragten1 Kunden über<br />
55 Jahre<br />
68,7<br />
45,3<br />
40,7<br />
38,0<br />
36,7<br />
36,0<br />
33,3<br />
26,7<br />
25,3<br />
22,0<br />
18,0<br />
16,0<br />
16,0<br />
14,0<br />
10,0<br />
Seitenairbags<br />
Automatik-Getriebe<br />
Traktionskontrolle<br />
Pre-Crash Sensoring<br />
Lane Change Warning System<br />
Sitzheizung<br />
Multifunktionslenkrad<br />
Sonnendach<br />
Lederinterieur<br />
Adaptive Cruise Control<br />
Hi-End Sound System<br />
Mobiltelefonvorbereitung<br />
Sportfahrwerk<br />
Bluetooth-Schnittstelle<br />
Sprachsteuerung<br />
Modells gegenüber der Konkurrenz<br />
herauszustellen.<br />
Preisrestriktionen und<br />
Demografie bestimmen die Extras<br />
<strong>Innovationen</strong> führten in der Vergangenheit<br />
zur ständigen Preissteigerung<br />
von Autos. Nicht zuletzt dadurch stiegen<br />
die durchschnittlichen Neuwagenpreise<br />
in den letzten 20 Jahren um 100<br />
Prozent, die Lebenshaltungskosten und<br />
Einkommen jedoch um lediglich 50<br />
Prozent. Die Bereitschaft, für mehr <strong>Innovationen</strong><br />
auch höhere Preise zu zahlen,<br />
hat dadurch ein Limit erreicht. ,Car<br />
Innovation 2015’ ermittelte, dass es je<br />
nach Käuferschicht feste Budgets für<br />
Extras gibt.<br />
Allgemein bevorzugen Kunden Sicherheits-<br />
und Innenraumausstattung.<br />
Je größer das Budget, desto mehr bleibt<br />
für andere Features wie Infotainment<br />
oder Performance übrig. Neben finanziellen<br />
Restriktionen spielen Region<br />
und Lebensumstände der Kunden eine<br />
erhebliche Rolle bei der Auswahl der<br />
innovativen Sonderausstattungen.<br />
So geben asiatische Käufer einen<br />
großen Teil ihres Budgets für Infotainment<br />
aus, während Europäer überproportional<br />
viel in den Innenraum investieren.<br />
60 Prozent aller deutschen<br />
Autokäufer achten beispielsweise darauf,<br />
Xenonlicht im Auto zu haben, in<br />
Unter 55 Jahre Abweichung<br />
21,2<br />
20,7<br />
22,5<br />
21,0<br />
27,8<br />
26,3<br />
22,0<br />
14,4<br />
11,1<br />
22,5<br />
19,7<br />
21,5<br />
21,2<br />
20,5<br />
1) Bewertung des Features als attraktiv oder sehr attraktiv<br />
Quelle: Oliver Wyman Active Safety Study 2006 (Kunden jünger als 55 Jahre: n = 396,<br />
Kunden älter als 55 Jahre: n = 150)<br />
58,3 –10,4<br />
–24,1<br />
–20,0<br />
–15,5<br />
–15,7<br />
–8,2<br />
–7,0<br />
–4,7<br />
–10,9<br />
–10,9<br />
Generation ,Plus‘: Käufer über 55 Jahren geben durchschnittlich<br />
2 400 Euro mehr für ihr Fahrzeug aus und kaufen eher Sicherheitsfeatures,<br />
während Käufer unter 55 Jahren zu Entertainment- und<br />
Performance-Funktionen tendieren.<br />
4,5<br />
3,7<br />
5,5<br />
7,2<br />
10,5<br />
den USA sind es nur 28 Prozent. Käufer<br />
über 55 Jahren geben durchschnittlich<br />
2 400 Euro mehr für ihr Fahrzeug aus<br />
und kaufen eher Sicherheitsfeatures,<br />
während Käufer unter 55 Jahren zu<br />
Entertainment- und Performance-<br />
Funktionen tendieren.<br />
,Car Innovation 2015’ zeigt, wie das<br />
Innovationsmanagement stärker am<br />
Bedarf der Kunden und an der künftigen<br />
Marktentwicklung ausgerichtet<br />
werden kann. Heute befinden sich zu<br />
viele komplizierte und erklärungsbedürftige<br />
<strong>Innovationen</strong> auf dem Markt.<br />
Hier sind vor allem die Kommunikationsabteilungen<br />
der Hersteller gefordert.<br />
Sie müssen potenziellen Kunden<br />
die Vorteile der <strong>Innovationen</strong> und ihrer<br />
Funktionen mit einfachen und klaren<br />
Botschaften vermitteln sowie Interesse<br />
an aktuellen und zukünftigen <strong>Innovationen</strong><br />
bei Käufern und Verkäufern<br />
wecken.<br />
Mittelfristig: <strong>Innovationen</strong> prüfen<br />
Die laufende Prüfung der Akzeptanz<br />
beim Kunden von in der Entwicklung<br />
befindlichen Projekten sollte zur Routine<br />
für Hersteller und Zulieferer gehören.<br />
Über Auswahlanalysen lässt sich<br />
feststellen, wie hoch der Bedarf für eine<br />
Innovation in welchem Markt ist und<br />
wie viel sie kosten darf. Ein strikter Fokus<br />
auf Marktforschung sollte automa-<br />
Händlerperspektive – Qualitätslevel der <strong>Innovationen</strong><br />
Qualität der Verkaufsförderung für <strong>Innovationen</strong><br />
Schritte des Innovationsverkaufs<br />
Zahl der Fokus-<strong>Innovationen</strong><br />
Innovation wird …<br />
Zahl der Non-Fokus-<strong>Innovationen</strong><br />
6,2 … angeboten<br />
11,2<br />
–35% –71%<br />
4,0<br />
… aktiv erwähnt<br />
–80% –38%<br />
–81% –98%<br />
–48%<br />
2,5<br />
1,3<br />
Quelle: Oliver Wyman Store Checks 2006; n=51<br />
… beworben<br />
… gegen die Konkurrenz<br />
verkauft<br />
3,2<br />
0,6<br />
0,2<br />
–67%<br />
Schwachstelle Verkauf: Während eines 30-minütigen Verkaufsgesprächs<br />
werden <strong>Innovationen</strong> in durchschnittlich weniger als<br />
fünf Minuten abgehandelt.<br />
Quelle: Studie ,Car Innovation 2015’, Oliver Wyman<br />
tisch auch <strong>Innovationen</strong> fördern, die<br />
nicht auf neue Funktionen, sondern<br />
auf geringere Kosten zielen. Zudem erlaubt<br />
die Kenntnis der Kundenwünsche<br />
eine realistische Planung der Produktionskapazitäten.<br />
Eine auf Käufergruppen<br />
abgestimmte Bündelung von<br />
Extras verringert die Komplexität.<br />
Langfristig: <strong>Innovationen</strong> planen<br />
Auch in Zukunft wird die Kreativität<br />
der Entwickler entscheidende Impulse<br />
für <strong>Innovationen</strong> geben. Doch ein gutes<br />
Verständnis der künftigen Käufer sowie<br />
der globalen Trends in Politik, Gesellschaft,<br />
Wirtschaft und Technologie ermöglicht<br />
einen Abgleich mit regionalen<br />
und segmentspezifischen Innovationsanforderungen.<br />
So könnten künftig bedarfsorientierte<br />
Konzepte für Stadtoder<br />
Seniorenautos und andere Autokonzepte<br />
entstehen, deren Impulse<br />
vom Markt und nicht vom Reißbrett<br />
kommen. Vor 20 Jahren haben sich<br />
auch nur wenige Ingenieure vorstellen<br />
können, dass eines Tages vierradgetriebene<br />
Kleinlastwagen zum begehrtesten<br />
Verkehrsmittel vermögender Großstädter<br />
werden. �<br />
Autoren: Dr. Jan Burgard, Berater, Global<br />
Automotive Practice, Oliver Wyman; Rainer<br />
Münch, Berater, Global Automotive Practice,<br />
Oliver Wyman<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
33<br />
17,4<br />
7,2<br />
3,1<br />
1,5
Autos passend zum Lifestyle<br />
Das Automobil war und ist das Spiegelbild gesellschaftlicher Entwicklungen. In der Oliver Wyman-<br />
Studie ,Car Innovation 2015’ wurden die wichtigsten gesellschaftlichen Megatrends der Zukunft<br />
und ihre Auswirkungen auf die Automobilindustrie untersucht. Die große Herausforderung für die<br />
Branche: die durch die geforderte Vielfalt entstehende Komplexität kostendeckend abzubilden.<br />
Die Gesellschaft wird sich in den<br />
kommenden Jahren dramatisch<br />
verändern. Die Bevölkerung wird<br />
älter, aktiver und individueller. Weltweit<br />
können sich immer mehr Menschen ein<br />
Auto leisten. Intelligente Sicherheitskonzepte,<br />
emissions- und verbrauchsarme<br />
Antriebe, komfortable Innenräume sowie<br />
Infotainment gepaart mit Konnektivität<br />
gewinnen an Bedeutung. Vor allem kostengünstige,<br />
zugleich aber individuelle<br />
Mobilitätslösungen werden nachgefragt.<br />
<strong>Innovationen</strong> müssen aber nicht nur diesen<br />
sich verändernden Bedürfnissen gerecht<br />
werden. Sie müssen auch Wege finden,<br />
wie die Automobilindustrie über<br />
neue Produktentstehungs- und Fertigungskonzepte<br />
die steigende Komplexität<br />
global in den Griff bekommt.<br />
Schon immer war das Automobil ein<br />
Spiegelbild der gesellschaftlichen Entwicklung<br />
seiner jeweiligen Epoche. Waren<br />
bis in die 70er Jahre in den USA<br />
beispielsweise noch große, spritfressende<br />
Straßenkreuzer in Mode, so begann<br />
kurz nach der Ölkrise der Siegeszug<br />
kleinerer, verbrauchsarmer Automobile<br />
aus Japan. Kluge Ingenieure haben dabei<br />
immer wieder neue Lösungen entwickelt,<br />
um den jeweiligen Trends und<br />
Bedürfnissen ihrer Zeit gerecht zu werden.<br />
<strong>Innovationen</strong> haben kontinuierlich<br />
für eine Verbesserung der individuellen<br />
Mobilität gesorgt.<br />
Demographische Veränderungen<br />
Auch in den kommenden 20 Jahren<br />
steht die Automobilindustrie vor gewaltigen<br />
Herausforderungen. In der Oliver<br />
Wyman-Studie ‚Car Innovation 2015‘<br />
wurden unter anderem die wichtigsten<br />
gesellschaftlichen Megatrends der Zukunft<br />
und ihre Auswirkungen auf die<br />
Automobilindustrie untersucht. Gerade<br />
die demographischen Veränderungen<br />
spielen eine bedeutende Rolle.<br />
Während in den entwickelten Ländern<br />
die Bevölkerung kaum noch<br />
wächst, werden immer mehr Menschen<br />
in Asien und Afrika leben – bis 2050 annähernd<br />
80 Prozent der gesamten Erdbevölkerung.<br />
Dabei wird die Bevölkerung<br />
34 Car Innovation · Mai 2008<br />
in allen Ländern immer<br />
älter; der Anteil der über<br />
60-jährigen verdoppelt<br />
sich bis zur Mitte des Jahrtausends<br />
und bleibt zunehmend<br />
aktiver. Im gleichen<br />
Zeitraum sinkt die durchschnittlicheHaushaltsgröße,<br />
traditionelle Familienstrukturenverlieren<br />
an Bedeutung. Bezieher<br />
mittlerer Einkommen<br />
gehen relativ zurück,<br />
die Reichen werden immer<br />
vermögender, die untere<br />
Einkommensgruppe wächst dramatisch<br />
und verlangt Mobilität.<br />
Die Automobilindustrie muss darauf<br />
reagieren – einfache, robuste und kostengünstige<br />
Mobilitätslösungen über<br />
Low-Cost-Fahrzeuge werden dramatisch<br />
an Bedeutung gewinnen. Ebenso Autos,<br />
den ,Best-Agern’ gerecht werden: einfach<br />
zu bedienen (,simplicity’), mit einem<br />
hohen Sicherheitsstandard und ausgezeichnetem<br />
Komfort. Das klassische<br />
Familienfahrzeug verliert in den Industrienationen<br />
relativ an Bedeutung, Life-<br />
Style-Funktionen wie Design, Infotainment,<br />
Konnektivität und ‚Performance‘-<br />
Verbesserung gebündelt in einem klaren<br />
Markenbild sind stärker gefragt.<br />
Die steigende Urbanisierung<br />
erfordert andere Mobilitätslösungen<br />
in den Mega-Cities:<br />
kleine, flexible Fahrzeuge,<br />
mit niedrigen<br />
Energieverbrauch bei geringemDurchschnittsgeschwindigkeiten<br />
und<br />
Entertainment- oder<br />
Arbeitsmöglichkeiten<br />
im Stau. Das wachsende<br />
Premiumsegment muss mit<br />
<strong>Innovationen</strong> im Bereich aktiver<br />
Fahrerassistenzsysteme, neuer Antriebsformen,<br />
Design und Entertainment-Features<br />
auf Top-Niveau bei Laune<br />
gehalten werden.<br />
Auch in Zukunft steigt der Bedarf für<br />
Mobilität weiter – eine Sättigung bei<br />
Automobilen wird bei zirka 900 Fahr-<br />
Car Innovation · Mai 2008
Globale Megatrends als Treiber für Innovationsziele<br />
zeugen je 1000 Einwohner erreicht sein.<br />
In Ländern wie Deutschland oder Frankreich<br />
mit zirka 600 Fahrzeugen ist daher<br />
weiterhin mit Wachstum zu rechnen.<br />
Erst recht gilt das für Länder wie Indien<br />
oder China mit weit unter 50 Fahrzeugen<br />
auf 1000 Menschen.<br />
Die Studie ,Car Innovation 2015’<br />
zeigt, dass die Anforderungen an das<br />
Fahrzeug in den nächsten 20 Jahren je-<br />
Das Auto als Spiegelbild der Gesellschaft:<br />
Auf der Nachfrageseite werden die Wünsche<br />
zunehmend individueller: Autos für Frauen,<br />
Autos für aktive Senioren, Autos für Post-<br />
Materialisten, Autos für Millionäre – für<br />
jeden das passende Gefährt.<br />
doch immer unterschiedlicher und zu<br />
einer enormen Vielfalt führen werden.<br />
Auf der Nachfrageseite werden die<br />
Wünsche zunehmend individueller:<br />
Autos für Frauen, Autos für aktive Senioren,<br />
Erstfahrzeuge für den robusten<br />
Einsatz auf dem Land, Autos für Post-<br />
Materialisten, Autos für Millionäre – für<br />
jeden das passende Gefährt. Auf der<br />
Angebotsseite wird die Anzahl an Mar-<br />
Innovationstreiber Megatrends: Die Anzahl<br />
an Marken, Fahrzeugkonzepten und Modellvarianten<br />
wird steigen. Die Vielfalt an Lösungen<br />
gepaart mit immer schneller werdenden<br />
Modelllebenszyklen lässt den Faktor ,Innovation’<br />
zum entscheidenden Erfolgskriterium<br />
im Wettbewerb der Autoindustrie werden.<br />
ken, Fahrzeugkonzepten und Modellvarianten<br />
steigen: Retrofahrzeuge wie<br />
der Ford Thunderbird, Crossover-Autos<br />
wie der BMW X6, Super-Low-Cost-<br />
Autos wie der Tata Nano oder Super-<br />
Sportwagen wie der Bugatti Veyron<br />
werden jedem Wunsch gerecht. Diese<br />
Vielfalt an Lösungen gepaart mit immer<br />
schneller werdenden Modelllebenszyklen<br />
lässt den Faktor ,Innovation’ zum<br />
entscheidenden Erfolgskriterium im<br />
Wettbewerb der Automobilindustrie<br />
werden.<br />
Dabei geht es nicht nur darum, die<br />
Funktionalität der Fahrzeuge zu verbessern,<br />
also Autos immer sicherer, verbrauchsärmer,<br />
leistungsstärker, usw. zu<br />
machen. Es geht nicht nur darum, neue<br />
Funktionen wie autonomes oder emissionsfreies<br />
Fahren zu entwickeln. Im<br />
Wesentlichen muss die Automobilindustrie<br />
in der Lage sein, die durch die<br />
Vielfalt entstehende Komplexität kostendeckend<br />
abzubilden.<br />
Der Weg zur modularen Fahrzeugarchitektur<br />
ist dabei nur ein erster Schritt.<br />
<strong>Innovationen</strong> im Produktentstehungsprozess<br />
und in der Fertigung werden vollkommen<br />
neue Pfade eröffnen. Die Zukunft<br />
wird zeigen, ob die virtuelle<br />
Entwicklung von<br />
Fahrzeugen direkt durch<br />
den Kunden möglich sein<br />
wird. Dann könnte das<br />
maßgeschneiderte Auto in<br />
den USA über Internet<br />
bestellt, innerhalb von<br />
24 Stunden gefertigt<br />
und nach einer Woche<br />
aus einer indischen Fabrik<br />
direkt nach Hause<br />
geliefert werden. �<br />
Autoren: Peter Baumgartner,<br />
Geschäftsführer,<br />
Oliver Wyman Deutschland;<br />
Almut Pesch, Beraterin,<br />
Global Automotive<br />
Practice, Oliver Wyman.<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
35<br />
Bild: Porsche
1. Aksys<br />
2. Belte<br />
3. Behr<br />
4. Benecke-Kaliko<br />
5. Beru<br />
6. BorgWarner<br />
7. Bosch<br />
8. Brose<br />
9. Carcoustics<br />
10. Cherry<br />
11. Continental<br />
12. Contitech<br />
13. Dräxlmaier<br />
14. ebm-Papst<br />
15. Eberspächer<br />
16. Edag<br />
17. Elmos<br />
18. Elring Klinger<br />
19. Emitec<br />
20. Eybl International<br />
21. Federal-Mogul<br />
22. Fischer Automotive<br />
23. Flextronics<br />
24. Freudenberg<br />
25. Georg Fischer<br />
26. Getrag<br />
27. Hella<br />
36 Car Innovation · Mai 2008<br />
Die Zuliefererindustrie:<br />
Die Anforderungen an die Zulieferer nehmen weiter zu. In der Gesamtsicht<br />
der Branche sind die Zulieferer und die Engineering-Dienstleister die Gewinner<br />
der zukünftigen Entwicklungen. Die Hersteller weltweit erwarten nicht nur<br />
innovative Ideen, Entwicklungskompetenz und höchstes Qualitätsniveau,<br />
sondern auch effiziente Zusammenarbeit.<br />
Laut den Ergebnissen der Studie ‚Car Innovation 2015‘ werden die Zulieferer<br />
ihre FuE-Ausgaben bis 2015 um 20 Milliarden Euro auf rund 55 Milliarden Euro<br />
steigern. Der Konzentrationsprozess unter den Zulieferern wird ihre Innovationsstärke<br />
und ihre Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit FuE-Partnern weiter erhöhen.<br />
28. Hirschvogel<br />
29. Keiper<br />
30. Kromberg + Schubert<br />
31. Leoni<br />
32. Magna Steyr<br />
33. Mahle<br />
34. Mann + Hummel<br />
35. Marquardt<br />
36. MBtech Group<br />
37. Muhr und Bender<br />
38. Neumayr Tekfor<br />
39. Polytec<br />
40. Preh<br />
41. Progress-Werk<br />
Oberkirch<br />
42. Rehau<br />
43. Röchling<br />
44. Schaeffler<br />
45. Stabilus<br />
46. Takata-Petri<br />
47. ThyssenKrupp<br />
48. TMD Friction<br />
49. Voestalpine<br />
50. Wälzholz<br />
51. Webasto<br />
52. Witte Automotive<br />
53. ZF Friedrichshafen
Innovative Partner<br />
Die Zulieferunternehmen sind sich der großen Anforderungen der Zukunft<br />
sehr wohl bewusst – und sie haben sie als Herausforderungen angenommen.<br />
Sie werden maßgeblich daran beteiligt sein, die Innovationsfähigkeit der<br />
Automobilhersteller zu stärken.<br />
AUTOMOBIL-PRODUKTION in Zusammenarbeit mit Oliver Wyman Automotive<br />
hat die Unternehmen der Zulieferindustrie eingeladen, ihre innovativen<br />
Produkte und Entwicklungen vorzustellen. Über 50 Unternehmen sind der<br />
Aufforderung nachgekommen – von A wie Aksys bis Z wie ZF Friedrichshafen,<br />
nachzulesen auf den folgenden Seiten.<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
37
Bild: Behr<br />
GASTKOMMENTAR<br />
Im Spannungsfeld zwischen steigenden Kundenansprüchen,<br />
immer strengeren Emissionsvorschriften und dem unverminderten<br />
Kostendruck muss ein Systemlieferant wie Behr<br />
seine Innovationskraft jeden Tag aufs Neue unter Beweis stellen.<br />
Wie aber schafft man ein Umfeld, in dem solche <strong>Innovationen</strong><br />
entstehen können?<br />
Optimale Arbeitsbedingungen, Versuchseinrichtungen<br />
und modernste<br />
Entwicklungswerkzeuge sind heute<br />
selbstverständlich. Manfred Behr,<br />
der Sohn unseres Firmengründers,<br />
hat noch einen weiteren Weg gewiesen,<br />
indem er den Grundstein<br />
für unsere heutige Unternehmenskultur<br />
legte. Diese Kultur ermöglicht<br />
es uns, engagierte und qualifizierte Mitarbeiter zu finden,<br />
die <strong>Innovationen</strong> erst möglich machen und sich weit über die<br />
Pflicht hinaus engagieren. Das spüren auch unsere Kunden und<br />
Partner. Unsere Behr-Kultur ist also kein Selbstzweck, sondern<br />
die Basis für Höchstleistungen. Nur wenn wir diese Kultur konsequent<br />
leben, können wir profitabel wachsen und damit<br />
weiterhin immer neue <strong>Innovationen</strong> auf den Markt bringen.<br />
Schwerpunkt: Ökologische Nachhaltigkeit<br />
Bei Fahrzeugklimatisierung und Motorkühlung ist ein Schwerpunkt<br />
die ökologische Nachhaltigkeit unserer Produkte. Behr<br />
hat schon in der Vergangenheit intensiv an der Verbesserung<br />
des Wirkungsgrads gearbeitet. Wir haben in den letzten zehn<br />
Jahren den Kraftstoffmehrverbrauch unserer Klimaanlagen um<br />
gut ein Viertel auf heute 0,5 Liter auf 100 Kilometer im Jahresdurchschnitt<br />
gesenkt. Bis 2012 wollen wir eine weitere Reduzierung<br />
um circa 20 Prozent erreichen.<br />
Ab 2012 verlangt die europäische Kommission, dass das heutige<br />
Kältemittel R134a ersetzt wird, weil es zum Treibhauseffekt<br />
beiträgt. Im September 2007 haben sich die im VDA vertretenen<br />
Fahrzeughersteller auf die Einführung des natürlichen Kältemittels<br />
R744 (Kohlendioxid) verständigt. Es bietet ein um den<br />
Faktor 1 400 niedrigeres Treibhauspotenzial als R134a, eine<br />
schnellere Abkühlung und einen nochmals höheren Wirkungsgrad.<br />
Der Leckage-Anteil am Gesamt-CO 2 -Ausstoß fällt kom-<br />
38 Car Innovation · Mai 2008<br />
Mu-<br />
„Unsere Behr-Kultur ist kein<br />
Selbstzweck, sondern die Basis<br />
für Höchstleistungen.“<br />
Dr. Markus Flik,<br />
Vorstandsvorsitzender Behr<br />
plett weg, so dass der durch die Klimatisierung verursachte<br />
CO 2 -Ausstoß um insgesamt 30 Prozent sinkt. Behr hat als erster<br />
Hersteller vor 14 Jahren mit der Arbeit an dem völlig neuen<br />
Kältemittel R744 begonnen und war dabei immer führend.<br />
Innovation heißt aber auch, unsere Kompetenzen immer weiter<br />
auszudehnen. Mit BehrOxal, unserer umweltfreundlichen,<br />
Unternehmenskultur als<br />
Voraussetzung für <strong>Innovationen</strong><br />
Chrom(VI)-freien Beschichtungstechnologie für Aluminiumverdampfer,<br />
haben wir auch einen Akzent bei der chemischen<br />
Verfahrenstechnik gesetzt. BehrOxal wurde von der Fachzeitung<br />
,Automotive News’ mit dem ,Pace Award 2007’ ausgezeichnet.<br />
Euro 5: Gekühlte Abgasrückführung<br />
In der Motorkühlung sind die Einhaltung der Emissionsvorschriften<br />
Euro 4 und 5 sowie ebenfalls die Verminderung des<br />
CO 2 -Austoßes die Treiber für unsere <strong>Innovationen</strong>. Um diese<br />
Normen zu erreichen, ist eine bedarfsgerechte, auf die jeweilige<br />
Fahrsituation abgestimmte Motorkühlung notwendig.<br />
Hier rückt die gekühlte Abgasrückführung (einstufig oder<br />
zweistufig) in den Mittelpunkt des Interesses. Denn ohne<br />
diese Technik sind die kommenden NO x -Grenzwerte für<br />
Dieselmotoren nicht zu erreichen. Zusätzlich kann die gekühlte<br />
Abgasrückführung mit einer indirekten Ladeluftkühlung<br />
kombiniert werden. Seit Anfang des Jahres beliefert Behr<br />
einen amerikanischen Nutzfahrzeughersteller mit Ladeluftkühlern<br />
für die Niederdruck-Abgasrückführung. In Europa<br />
ging der weltweit erste luftgekühlte Abgaskühler in Serie.<br />
Beides Weltneuheiten.<br />
Dr. Markus Flik,<br />
Vorstandsvorsitzender Behr
werb bestehen, ja, sogar wachsen zu können? Einem<br />
Unternehmen wie Bosch, das im vergangenen Jahr den<br />
Umsatz um fast sechs Prozent auf 46,1 Milliarden Euro steigern<br />
konnte, wird diese Frage gern gestellt. Die Antwort ist im Prinzip<br />
einfach: die Innovationskraft. Die konsequente Suche nach immer<br />
neuen Lösungen und Ansätzen ist das, was Bosch antreibt.<br />
Bei Bosch arbeitet ein Großteil der weltweit rund 30 000 Forscher<br />
und Entwickler daran, auf die drängenden Fragen rund um den<br />
Klimaschutz innovative technische Antworten geben zu können.<br />
Von den 3,6 Milliarden Euro, die das Unternehmen im<br />
vergangenen Jahr in Forschung und Entwicklung investiert<br />
hat, flossen etwa 40 Prozent in Produkte, die<br />
eine direkte Reduzierung des CO2-Ausstoßes erreichen<br />
werden. Im Bereich Kraftfahrzeugtechnik sind<br />
die Experten beispielsweise mit der Entwicklung neuer<br />
Antriebskonzepte beschäftigt, um den Kraftstoffverbrauch<br />
– und damit die CO2-Emissionen – weiter<br />
zu senken und die Ressourcen zu schonen.<br />
Technik fürs Leben: Emissions- und unfallfreies Fahren<br />
Unser Slogan lautet: Technik fürs Leben. Dabei steht die Vision Pate,<br />
die die Bosch-Entwickler im Kraftfahrzeugbereich bei ihrer Arbeit<br />
vor Augen haben: das emissions- und unfallfreie Fahren. Solche<br />
ehrgeizigen Ziele setzen allerdings erhebliche Kapazitäten und<br />
einen langen Atem voraus. Deshalb hat der Bereich Kraftfahrzeugtechnik<br />
im vergangenen Jahr von den 28,5 Milliarden Euro Umsatz<br />
jeden zehnten Euro in die Forschung und Entwicklung investiert.<br />
Bild: Bosch Was ist das Geheimnis, um im harten globalen Wettbe-<br />
„Die konsequente Suche nach immer<br />
neuen Lösungen und Ansätzen ist das,<br />
was Bosch antreibt.“<br />
Dr. Bernd Bohr,<br />
Vorsitzender des Unternehmensbereichs<br />
Kraftfahrzeugtechnik der Bosch-Gruppe<br />
GASTKOMMENTAR<br />
Die Erfahrung hat schon mehrmals gezeigt, dass vielen, heute erfolgreichen<br />
Produkten eine lange Erarbeitungsphase mit manchen<br />
Rückschlägen vorausgegangen ist. So wurde bei Bosch zehn<br />
Jahre lang an der Entwicklung des Schleuderschutzes ESP gearbeitet,<br />
bis das System 1995 in Serie gehen konnte. Beharrungsvermögen<br />
ist eine der fundamentalen Grundlagen für die Innovationskraft<br />
bei Bosch. Der Erfolg innovativer Lösungen baut auf<br />
einer bisher beispiellosen Zusammenarbeit von Forschern, Entwicklern,<br />
Fertigungs- und Marktspezialisten auf, die weit über<br />
ein einzelnes Unternehmen hinausgeht. Beispielsweise wird die<br />
Globalisierung als Chance<br />
zunehmende Komplexität der Kraftfahrzeugelektronik erst dadurch<br />
beherrschbar, dass man die Systemschnittstellen soweit<br />
wie möglich standardisiert. Ein Beispiel ist die Entwicklungspartnerschaft<br />
,Autosar’, an der Bosch maßgeblich mitwirkt.<br />
Eine solche Zusammenarbeit erfordert aber auch Vertrauen,<br />
das auf langjährigen positiven Erfahrungen basiert. Diese entstehen<br />
über die Zeit. Damit die Automobilindustrie auch<br />
weiterhin erfolgreich <strong>Innovationen</strong> entwickeln und vermarkten<br />
kann, müssen wir alle – Automobilhersteller und Zulieferer –<br />
verstärkt in stabile Beziehungen und Vertrauen investieren.<br />
Hier zeichnen sich aber auch zunehmend Risiken ab – ein auf<br />
kurzfristige Optimierung ausgelegtes Einkaufsverhalten oder<br />
Einkaufskonditionen, die keinen hinreichenden Schutz geistigen<br />
Eigentums gewährleisten, sind die falschen Zeichen.<br />
Tata Nano: Ergebnis vertrauensvoller Zusammenarbeit<br />
Das Ergebnis einer verstrauensvollen Zusammenarbeit zwischen<br />
Hersteller und Zulieferer ist eindrucksvoll am Beispiel des<br />
Tata Nano in Indien erkennbar, um nur ein Beispiel zu nennen.<br />
Der Tata Nano bereichert mit einem Preis von rund 1700 Euro<br />
das unterste Preissegment der Automobilwirtschaft. Für dieses<br />
Modell liefert Bosch Einspritzsysteme, Starter, Generatoren und<br />
Bremssysteme. Entwickelt wurden die Komponenten im Wesentlichen<br />
vor Ort, denn die indischen Bosch-Experten wissen<br />
am besten, welche Anforderungen die Teile im Alltag erfüllen<br />
müssen. Auf der Suche nach innovativen, kostengünstigen Lösungen<br />
kommen Bosch die globale Präsenz, die Internationalität<br />
der Entwicklungsmannschaft und deren besondere Marktkenntnis<br />
zu Gute. Unterschiedliche kulturelle Hintergründe<br />
und Denkweisen wirken befruchtend. Gleichzeitig erarbeitete<br />
sich Bosch so den Zugang zu völlig neuen Marktsegmenten.<br />
Denn aus der Nähe zum Kunden und aus der engen Vernetzung<br />
der Entwickler bei Automobilherstellern und Zulieferern entsteht<br />
die effiziente Beziehung, die zu kreativen Lösungen führt.<br />
Verbunden mit der gegenseitigen Wertschätzung der Ingenieursleistung<br />
eines jeden Partners entsteht dann die Risikobereitschaft,<br />
auch in noch gänzlich unbekannte Arbeitsgebiete<br />
Mittel zu investieren, die den Unternehmen jenen Vorsprung<br />
gegenüber der Konkurrenz geben, dem man in ein Wort zu fassen<br />
versucht: der Innovationskraft.<br />
Dr. Bernd Bohr,<br />
Vorsitzender des Unternehmensbereichs Kraftfahrzeugtechnik<br />
der Bosch-Gruppe.<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
39
GASTKOMMENTAR<br />
len und den radikalen <strong>Innovationen</strong> unterschieden. Inkrementelle<br />
<strong>Innovationen</strong> sind die stetigen Verbesserungen des bestehenden<br />
Produktportfolios. Radikale <strong>Innovationen</strong> sind Entwicklung<br />
und Umsetzung von komplett neuen Technologien. Aus<br />
Marktbeobachtung, Trendanalyse, Mobilitätsstrategien, lokalen<br />
Emissionsgesetzgebungen, Kundenanforderungen an Fahrspaß<br />
und Komfort, Forderungen nach Senkung des Kraftstoffverbrauchs<br />
beziehungsweise CO 2 lassen sich Szenarien entwickeln.<br />
Umsetzung der Ideen<br />
Mit dem Verständnis des immer komplexer werdenden<br />
Motors erarbeiten wir uns, im Vergleich zum<br />
heutigen Stand der Technik, die Bedarfe an neuen<br />
Technologien auf. Die Aufgabe der Vorausentwicklung<br />
ist es, die Machbarkeit dieser Ideen zu beweisen.<br />
Unter gleichzeitigem Einsatz der Simulation<br />
werden Prototypen konstruiert und gebaut, um sie<br />
am Vollmotor zu erproben.<br />
Derzeit fokussiert sich Mahle auf die künftigen Schlüsseltechnologien<br />
wie Abgasturboaufladung, Abgasrückführung (AGR),<br />
variable Ventiltriebssysteme und Reibungsminimierung des<br />
Gesamtsystems. Schnell schaltende AGR-Ventile erhöhen bei<br />
Diesel-Nutzfahrzeugmotoren in allen Lastbereichen signifikant<br />
die AGR-Raten und erlauben eine präzise Regelung. So können<br />
in jedem Lastpunkt unabhängig von Abgasgegendruck und<br />
Ladedruck die gewünschten AGR-Raten eingestellt werden.<br />
Durch diese neue Technologie lassen sich die NOx-Emissionen innermotorisch soweit reduzieren, dass zum Beispiel die EU 5-<br />
Grenzwerte ohne zusätzliche Maßnahmen wie SCR oder NOx- Speicherkatalysatoren erreicht werden können. Auch zukünftige<br />
Grenzwerte (US 2010, EU 6) sind in Kombination mit aktuellen<br />
Abgasnachbehandlungstechnologien realisierbar.<br />
Bild: Mahle Im Mahle-Innovationsprozess wird zwischen den inkrementel-<br />
40 Car Innovation · Mai 2008<br />
Zur Reduzierung der Drosselverluste bei Ottomotoren entwickelte<br />
Mahle verschiedene Systeme. Das Lufttaktventil für<br />
Otto- und Dieselmotoren ist ein innovatives, mechatronisches<br />
Produkt, mit dem der Ladungswechsel gezielt variiert wird.<br />
Beim Ottomotor auftretende Ladungswechselverluste werden<br />
besonders bei Teillast und Leerlauf minimiert und führen zu<br />
deutlichen Einsparungen im Kraftstoffverbrauch. Zusätzlich erhöht<br />
das Ventil durch einen Impulsaufladeeffekt das Drehmoment<br />
im unteren Drehzahlbereich und steigert dort die Fahrdynamik<br />
signifikant. Bei Fahrzeugen mit Abgasturbolader kann<br />
damit das ,Turboloch’ ausgeglichen werden.<br />
Schlüsseltechnologien<br />
im Fokus<br />
Für kleine bis mittlere Motoren entwickelte Mahle eine vollvariable<br />
Ventilsteuerung, die die Ladungswechselverluste auf ein<br />
Minimum verringert und somit den Kraftstoffverbrauch absenkt.<br />
Für größere Motoren wird ein neuartiges Zylinderabschaltsystem<br />
für Rollenschlepphebel angeboten. Gerade für<br />
diese Motorenklasse erschließt das System mit sehr geringen<br />
Systemkosten ein Maximum an Kraftstoffeinsparung und CO 2 -<br />
Reduktion. Hierdurch entfallen die Ladungswechsel- und<br />
Pumpverluste an den abgeschalteten Zylindern und die befeuerten<br />
Zylinder werden in einem höheren Lastpunkt mit geringeren<br />
Drosselverlusten betrieben.<br />
Reduzierung des Verbrauchs<br />
Besonders der Minimierung der Motorreibung gilt die Weiterentwicklung<br />
der Mahle-Produkte, weil die Reibungsreduktion<br />
große Potenziale zur Verringerung des Verbrauchs und der<br />
Emissionen bietet. Die Reibung des Ventiltriebs kann durch die<br />
Verwendung von Leichtbauventilen und der dadurch möglichen<br />
Ventilfederkraftabsenkung um bis zu 35 Prozent verringert<br />
werden. Vergleichbare Ergebnisse werden durch die Verwendung<br />
von nadelgelagerten Nockenwellen erreicht, wobei diese<br />
eine kleinere Ölpumpe und damit weniger Verlustleistung bietet.<br />
Die Optimierung der Kurbelwellenhauptlager und Pleuellager<br />
bietet ein Potenzial von 20 bis 30 Prozent im Vergleich zu<br />
heutigen Serienanwendungen.<br />
Die Kolbenreibung kann bis zu 35 Prozent verringert werden,<br />
wenn wir Grauguss-Motorblöcken einen Monotherm-Stahlkolben<br />
einsetzen. Diese Reibungsreduzierungen sind besonders<br />
bei Dieselmotoren und modernen, drosselfrei gesteuerten Ottomotoren<br />
wirksam und wirken sich direkt in der Verringerung<br />
des Kraftstoffverbrauchs und somit auf die Senkung des CO 2 -<br />
Ausstoßes aus.<br />
Prof. Dr. Heinz K. Junker, Vorsitzender des Vorstands der Mahle AG<br />
„Vollvariable Ventilsteuerungssysteme erschließen<br />
mit sehr geringen Systemkosten ein Maximum an<br />
Kraftstoffeinsparung und CO 2 -Reduktion.“<br />
Prof. Dr. Heinz K. Junker, Vorsitzender des Vorstands der Mahle AG
Das ist ein Mustertext. Das ist ein Mustertext. Das ist<br />
ein Mustertext. Das ist ein Mustertext. Das ist ein<br />
Mustertext. Das ist ein Mustertext. Das ist ein Mustertext.<br />
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Mustertext. Das ist ein Mustertext. Das ist ein Mustertext. Das<br />
ist ein Mustertext. Das ist ein Mustertext. Das ist ein Muster-<br />
„<strong>Innovationen</strong> haben für ZF<br />
strategische Bedeutung.“<br />
Hans-Georg Härter,<br />
Vorstandsvorsitzender ZF Friedrichshafen AG<br />
Das Unternehmen ZF hat seit Jahrzehnten einen ausgezeichneten<br />
Ruf als Entwicklungspartner und zuverlässiger<br />
Lieferant von Produkten der Antriebs- und Fahrwerktechnik<br />
für Pkw wie auch für Nutzfahrzeuge.<br />
Das positive Image von ZF<br />
basiert zu einem maßgeblichen Teil<br />
auf dem hohen Innovationsgrad seiner<br />
Produkte. <strong>Innovationen</strong> sind aber kein<br />
Selbstzweck. Seine Technologieführerschaft<br />
setzt der Konzern ein, um seinen<br />
Kunden, den Automobilherstellern,<br />
und deren Kunden, den Autokäufern, einen Mehrwert zu bieten:<br />
durch Produkte, die Autofahren wirtschaftlicher machen,<br />
die mehr Fahrdynamik ermöglichen und die einen Beitrag zur<br />
Ressourcenschonung leisten. ZF bietet <strong>Innovationen</strong>, die sich<br />
rechnen. Und dies mehrfach, weil die ZF-Produkte meistens<br />
mehrere Vorzüge zugleich haben.<br />
Wirtschaftlich fahren und Ressourcen schonen<br />
Bei wirtschaftlicher Antriebstechnik ist ZF Vorreiter: Die Sechsgang-Automatgetriebe<br />
der zweiten Generation ermöglichen<br />
seit ihrem Serienstart im Herbst 2006 eine Kraftstoffeinsparung<br />
von drei Prozent bei Benzinmotoren und sechs Prozent bei<br />
Dieselmotoren. Das neu entwickelte Achtgang-Automatgetriebe<br />
wird den Kraftstoffverbrauch (für Diesel- wie für Benzinmotoren)<br />
um weitere sechs Prozent senken. Gegenüber den heute<br />
GASTKOMMENTAR<br />
noch weit verbreiteten Fünfgang-Automatgetrieben betragen<br />
die Einsparungen durch die ZF-Neuentwicklung sogar 14 Prozent.<br />
ZF ist auch ein prädestinierter Partner, wenn es darum geht,<br />
Verbrennungs- und Elektromotor zu kombinieren. Bei der Hybrid-Technologie<br />
hat ZF marktreife Technik im Portfolio. Bereits<br />
Anfang Mai 2008 startete ZF die Serienproduktion von<br />
Hybridmodulen. Mit der Konzentration auf den Parallelhybrid<br />
hat der Konzern Lösungen im Blick, die vorhandene Antriebskomponenten<br />
nutzen und folglich zu überschaubaren Zusatzkosten<br />
realisierbar sind. Die Kompetenz von ZF reicht von der<br />
einzelnen Komponente bis zum Hybridsystem. Das neue Achtgang-Automatgetriebe<br />
wurde bereits in der Entwicklung für<br />
die Integration von Hybrid-Elementen ausgelegt.<br />
ZF-Produkte sind wirtschaftlicher, aber sie machen keine Einbußen<br />
bei der Fahrdynamik: Sowohl beim Achtgang-Automatgetriebe<br />
wie auch beim Fahren mit Hybridkomponenten<br />
bleibt der Fahrspaß nicht auf der Strecke. Mit dem seit 2007<br />
in Serie produzierten Vector-Drive-Hinterachsgetriebe<br />
schlägt ZF ein neues Kapitel bei der Fahrdynamik auf: Das<br />
Antriebsmoment wird stufenlos variabel auf die beiden Räder<br />
der Hinterachse verteilt. Das System verbessert dadurch<br />
sowohl die Agilität wie auch die Stabilität eines Fahrzeugs.<br />
Durch Vernetzung mit anderen aktiven Systemen insbesondere<br />
im Fahrwerk – etwa der Aktivlenkung, der Wankstabilisierung<br />
und dem aktiven Dämpfungssystem CDC (Continuous<br />
Damping Control) – kann ZF dieses Torque-Vectoring-<br />
System zu einem intelligenten Regelverbund erweitern. Dieses<br />
IWD-Konzept (Intelligent Wheel Dynamics) von ZF hebt<br />
<strong>Innovationen</strong>, die sich rechnen<br />
den Zielkonflikt zwischen agilem Fahrverhalten und hoher<br />
Fahrstabilität weitgehend auf: gleiche Dynamik bei größerer<br />
Sicherheitsreserve oder gleiche Sicherheitsreserve bei mehr<br />
Dynamik.<br />
<strong>Innovationen</strong> haben für ZF also strategische Bedeutung. Der<br />
Konzern wendet daher regelmäßig circa fünf Prozent des Konzernumsatzes<br />
für Forschung und Entwicklung auf – im Jahr<br />
2007 waren dies 694 Millionen Euro. Ein konzernweiter Innovationsmanagementprozess<br />
gewährleistet zudem die strategische<br />
Produkt- und Technologieplanung des Unternehmens und<br />
berücksichtigt auch die unterschiedlichen Anforderungen der<br />
Weltmarktregionen.<br />
Hans-Georg Härter,<br />
Vorstandsvorsitzender ZF Friedrichshafen AG<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
41
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Hier geht’s heiß her: Spritzgussanlage<br />
mit Doppelschnecken-Extruder und schonender<br />
Zuführung der Glaskomponente.<br />
Hergestellt ohne Blech:<br />
Frontend VW Golf – produziert<br />
in IMC-Technik.<br />
Spritzgussteile statt Blech<br />
AKSYS – Die weiterentwickelte Inmould-Compounder-Technik von AKsys erlaubt das<br />
Ersetzen von bisher nur in Metall realisierbaren Teilen durch Kunststoffstrukturbauteile.<br />
Kosteneinsparungen und Gewichtsreduzierung sind die Folge.<br />
Der Automobilzulieferer AKsys<br />
fertigt seit 2003 in Europa kostengünstige,<br />
mit der Inmould-<br />
Compounder-Technik spritzgegossene<br />
Strukturbauteile. Ein wesentlicher Teil<br />
der Materialherstellung wird dabei auf<br />
die Spritzgießmaschine verlagert. Der<br />
Compoundier-Schritt beim Rohstoffhersteller<br />
entfällt. Für die Materialqualität<br />
sind ein Doppelschneckenextruderkonzept<br />
und eine schonende Zuführung<br />
der Glaskomponente verantwortlich.<br />
Die Vorteile der so hergestellten<br />
Bauteile bestehen aus einer sehr<br />
gleichmäßigen Faserverteilung bei einer<br />
großen Gesamtfaserlänge und erfüllen<br />
alle crashtechnischen Forderungen<br />
der Automobilhersteller.<br />
Preisgekrönte Innovation<br />
Die IMC-Technologie wurde bereits an<br />
den AKsys-Standorten Deutschland,<br />
Spanien und Mexiko eingeführt. Für<br />
dieses innovative Verfahren wurde das<br />
Entwicklungszentrum für langfaserverstärkte<br />
Kunststoffe am Standort in Köngen<br />
(Nähe Stuttgart) bereits mehrfach<br />
ausgezeichnet; zuletzt durch den SPE<br />
North America Award 2007. Bereits im<br />
Jahr 2005 wurde ein Fußgängerschutz-<br />
42 Car Innovation · Mai 2008<br />
Bauteil für den VW Golf Plus und 2004<br />
der Instrumententafelquerträger des<br />
Joint Venture FPK in Spanien prämiert.<br />
AKsys entwickelt derzeit den Inmould-Compounder-Prozess<br />
weiter.<br />
Durch gezieltes Einbringen von Fasersträngen<br />
in den Hauptanspruchsrichtungen<br />
kann zum Teil auf Blechverstärkungen<br />
verzichtet werden. Zudem ermöglicht<br />
die Entwicklung von höher wärmeformbeständigen<br />
Materialien die Anwendung<br />
von kostengünstigen Kunststoffen im<br />
Motorraum. Hier kommt AKsys die jahrelange<br />
Erfahrung mit faserverstärkten<br />
Kunststoffformteilen zugute.<br />
Zudem arbeitet man intensiv an Materialentwicklungen<br />
bei presstechnisch<br />
hergestellten Kunststoffbauteilen. Damit<br />
wird nun die Herstellung von Bauteilen<br />
ermöglicht, die bisher nur aus Blech gefertigt<br />
werden konnten. Ein Beispiel sind<br />
die Reserveradmulden. Sie müssen besondere<br />
Anforderungen an das Crashverhalten<br />
erfüllen. So dürfen etwa beim<br />
Heckaufprall keinerlei Teile aus der Reserveradmulde<br />
aus dem Fahrzeug heraus<br />
geschleudert werden. Ein weiteres Beispiel<br />
sind Sitzlehnen aus faserverstärktem<br />
Material, die den besonders hohen Anforderungen<br />
des Insassenschutzes gerecht<br />
werden müssen. Da die durch AKsys erarbeiteten<br />
Lösungen zu einer Reduzierung<br />
des Fahrzeuggewichts und damit zu<br />
einer Senkung des Kraftstoffverbrauchs<br />
beitragen, ohne die hohen Sicherheitsstandards<br />
der Automobilindustrie zu vernachlässigen,<br />
stoßen diese Entwicklungen<br />
im Hinblick auf die aktuelle Diskussion<br />
über die CO 2 -Emissionen von Fahrzeugen<br />
bei den Automobilherstellern zunehmend<br />
auf Interesse.<br />
Systemspezialist für Akustik<br />
AKsys ist Systemspezialist für die Fahrzeugakustik<br />
und anspruchsvolle Kunststoffsysteme.<br />
Hervorgegangen ist er aus<br />
drei mittelständischen Unternehmen<br />
mit Schwerpunkten in der Entdröhnung,<br />
der thermischen und akustischen<br />
Isolation und bei Kunststoffstrukturbauteilen.<br />
Heute stehen innovative Produkt-<br />
und Materiallösungen sowie optimierte<br />
Fertigungsprozesse im Mittelpunkt<br />
der Entwicklungsarbeit. Eine der<br />
zentralen Aufgaben ist die systematische<br />
Ideenfindung und Umsetzung von<br />
kostengünstigen Lösungen wie Gewichtseinsparungen<br />
und Funktionsintegration<br />
entsprechend den Anforderungen<br />
der Automobilhersteller. �<br />
Bilder: AKsys
Kalte Luft statt kaltem Wasser<br />
BELTE – Die neu entwickelte Hochgeschwindigkeits-Luftabschreckung minimiert Verzug<br />
und Eigenspannung bei Aluminiumbauteilen. Zugleich optimiert das neuartige Verfahren<br />
die Bauteileigenschaften und reduziert die Prozesszeiten. Das spart auch Kosten.<br />
In einem gemeinsamen Entwicklungsprojekt<br />
mit der Magma Gießereitechnologie<br />
GmbH wurde durch<br />
die Belte AG rechnergestützt der Einfluss<br />
der Wärmebehandlung auf die<br />
Zugeigenspannung im Bauteil untersucht.<br />
Diese Simulation ermöglicht bereits<br />
in einem sehr frühen Stadium, Optimierungen<br />
in das Bauteil einfließen<br />
zu lassen, um ein Gleichgewicht im<br />
Spannungsverhältnis zwischen Bauteilgewicht,<br />
Performance und Design zu<br />
erreichen.<br />
Ein wesentlicher Bestandteil der gesamten<br />
Prozesskette bei der Wärmebehandlung<br />
ist der Abschreckprozess. Er<br />
ist maßgebend für das Erreichen folgender<br />
Zielvorgaben, die an jedes Bauteil<br />
gerichtet werden:<br />
■ Maßhaltigkeit<br />
■ Reduzierung des spezifischen Bauteilgewichtes<br />
■ Einstellen der optimalen geforderten<br />
mechanischen Kennwerte<br />
■ Reduzierung der Eigenspannung im<br />
Bauteil<br />
■ Optimale Gefügeausbildung<br />
Das klassische Medium für die Abschre-<br />
ckung von Aluminiumbauteilen ist<br />
Wasser. Belte hat in den letzten Jahren<br />
diesen Prozess optimiert und dabei neuartige<br />
Verfahren mit Polymer und Luftabschreckung<br />
entwickelt.<br />
High Speed Air Quenching<br />
Ein wichtiger Schritt gelang durch die<br />
neu entwickelte, serientaugliche und patentrechtlich<br />
geschützte Hochgeschwindigkeits-Luftabschreckung<br />
(HISAQ®).<br />
Der Vorteil dieses Verfahrens besteht<br />
darin, dass hierbei der Temperaturverlauf<br />
in den Bauteilen deutlich schonender<br />
ausfällt. Damit kann im Vergleich zur<br />
Abschreckung mit Wasser eine gleichmäßigere<br />
Abkühlung erzielt werden.<br />
Der Verzug und die Eigenspannung der<br />
Bauteile werden minimiert und die mechanischen<br />
Kennwerte optimiert.<br />
Im Bereich der Motorentechnologie<br />
gewinnt die Reduktion von Eigenspannung<br />
im Bauteil zunehmend Bedeutung.<br />
Mit dem HISAQ-Verfahren von<br />
Belte besteht nun die Möglichkeit, die<br />
Performance des Motors zu erhöhen<br />
und gleichzeitig das angestrebte Downsizing<br />
zu unterstützen. Mit den neuen<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Wärmebehandlungsverfahren können<br />
im Fahrzeugbau die Bauteileigenschaften<br />
erheblich optimiert werden. Zudem<br />
lassen sich Prozesszeiten verkürzen und<br />
damit Kosten einsparen.<br />
Die Belte AG als Dienstleister für die<br />
Wärmebehandlung von Aluminiumbauteilen<br />
bietet ihren Kunden ein Full-<br />
Service-Konzept von der Entwicklung<br />
über den Gießprozess sowie die Wärmebehandlung<br />
und Montage einzelner<br />
Bauteile bis hin zur Auslieferung der<br />
Werkstücke.<br />
Das Unternehmen mit Hauptsitz im<br />
westfälischen Delbrück wurde 1998<br />
durch Markus Belte gegründet. Als Wärmebehandlungsunternehmenkonzentriert<br />
sich die Firma auf den Werkstoff<br />
Aluminium, der auf Grund seiner spezifischen<br />
Dichte einen erheblichen Anteil<br />
zur Gewichtsoptimierung im Automobilbereich<br />
und zur Schadstoffreduzierung<br />
leistet. Forschung und Entwicklung<br />
des Unternehmens führten nun zu dem<br />
oben beschriebenen neuen Verfahren<br />
mit positiven Auswirkungen auf die<br />
Bauteilequalität bei wärmebehandeltem<br />
Aluminium. �<br />
,Anfeuern’ für eine bessere Qualität:<br />
Wärmebehandlung eines<br />
Aluminium-Zylinderkopfes.<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
43<br />
Bild: Belte
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Die elektronenstrahlvernetzten Tepeo2®-Folien bieten<br />
über die gesamte Bauteilfläche einen homogenen<br />
Narbausfall – selbst in Bereichen mit starken Verzügen.<br />
Harmonie im Interieur<br />
BENECKE-KALIKO – Mehrfarbige Innenraumoberflächen liegen im<br />
Trend. Benecke-Kaliko in Hannover hat die Darstellung von zweifarbigen<br />
Oberflächen mit Hilfe modernster Prozesstechnologien optimiert<br />
– und so eine deutliche Kostenersparnis für die Kunden erzielt.<br />
Es können sowohl PVC-Slushhäute<br />
als auch Tepeo ® -TPO-Kompaktfolien<br />
für Instrumententafeln zweifarbig dargestellt<br />
werden. Diese innovativen Verfahren<br />
können auch bei allen zweifarbigen,<br />
im Streichverfahren hergestellten<br />
PVC-Oberflächen bei Tepeo ® -<br />
Schaumfolien für Türverkleidungen zur<br />
Anwendung kommen. Das von Johnson<br />
Controls entwickelte Verfahren zur<br />
Ein halogenfreies und leichtes<br />
Produkt, das schadstoffarm recycelt<br />
werden kann.<br />
Produktion eines einteiligen Türträgers<br />
aus Naturfaser mit zweifarbiger PVC-<br />
Schaumfolie von Benecke-Kaliko für<br />
die Türverkleidung des 5er-BMW wurde<br />
mit dem Automotive Division Award<br />
der Society of Plastics Engineers (SPE)<br />
Central Europe ausgezeichnet.<br />
Egal, welche Materialien zum Einsatz<br />
kommen – die Designer im Technologie-Center<br />
Oberflächen (TC-O) von<br />
Benecke-Kaliko sorgen für ein harmonisches<br />
Zusammenspiel im Fahrzeugin-<br />
44 Car Innovation · Mai 2008<br />
nenraum. Mit der von Benecke-Kaliko<br />
entwickelten Lasergravurtechnologie<br />
lässt sich jede Narbe für jedes Bauteil in<br />
jeder Farbe so gestalten, dass selbst<br />
unterschiedliche Materialien perfekt<br />
zusammenpassen.<br />
„Wir entwickeln für jeden Kunden<br />
individuelle Narben“, erklärt TC-O-Leiter<br />
Dr. Oliver Stahlhut ein weltweites<br />
Alleinstellungsmerkmal. Am Computer<br />
lässt sich die Oberfläche beliebig<br />
manipulieren. Benecke-Kaliko<br />
setzt sowohl Le-<br />
derechtstrukturen als auch<br />
technische und textile Strukturen<br />
in höchster Genauigkeit<br />
bei allen Folienprodukten<br />
– und das bei extrem<br />
kurzer Entwicklungszeit. Die durch den<br />
Verarbeitungsprozess beim Kunden<br />
notwendigen Veränderungen der Narboberfläche<br />
können so bereits in der Entwicklungsphase<br />
bei Benecke-Kaliko berücksichtigt<br />
werden.<br />
Mit dem Einsatz von Tepeo2 ® -TPO-<br />
Materialien auch für Schaumfolie hat<br />
Benecke-Kaliko das Anwendungsspektrum<br />
dieses Folientyps deutlich erweitert.<br />
Bereits mit der Tepeo2 ® -Kompaktfolie<br />
für Instrumententafeln hat<br />
Benoac hat ein Verfahren entwickelt,<br />
um mehrfarbige Slushhäute für die<br />
Instrumententafel trennscharf und<br />
kostengünstig zu produzieren.<br />
Benecke-Kaliko Entwicklungskompetenz<br />
für Folien und Oberflächenmaterialien<br />
demonstriert. Der Marktführer ist<br />
der einzige Hersteller, der diese Technik<br />
in Serie anwendet.<br />
Die elektronenstrahlvernetzten Tepeo2<br />
® -Folien bieten über die gesamte<br />
Bauteilfläche einen homogenen Narbausfall<br />
– selbst in Bereichen mit hohen<br />
Auszugsgraden wie Instrumententafel-<br />
Hutzen und -Flanken. Zusätzlich zu den<br />
homogenen Narbstrukturen, die ein edles<br />
und natürliches Ambiente schaffen,<br />
verfügt die Tepeo2 ® -Folie über Vorteile<br />
wie besseren Zweiglanzeffekt. Zudem erfüllt<br />
Tepeo2 ® die Forderung nach einem<br />
halogenfreien und leichten Produkt, das<br />
schadstoffarm recycelt werden kann.<br />
Die Benecke-Kaliko AG, Teil der<br />
ContiTech-Gruppe, ist Entwickler und<br />
Hersteller von technischen und dekorativen<br />
Flächenmaterialien sowie Formhäuten<br />
aus Kunststoffen. Die Kernkompetenz<br />
liegt auf dem Bereich Kfz-<br />
Bahnenware mit kreativen Oberflächengestaltungen.<br />
�<br />
Bilder: ContiTech
Zündende Ideen<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
BERU – Moderne Motoren müssen strengste Emissionsrichtlinien erfüllen. Beru arbeitet als<br />
Entwicklungspartner der Automobilindustrie an leistungsstarken und zuverlässigen Systemlösungen<br />
aus Dieselkaltstarttechnologie, Zündungstechnik, Elektronik und Sensorik an.<br />
Für Dieselmotoren gelten ab 2009 in<br />
Europa Euro 5-Grenzwerte, die den<br />
Ausstoß von Stickoxiden (NO x ) bei<br />
Dieseln auf 180 Milligramm pro Kilometer<br />
senken. Von 2014 an sind mit Euro 6<br />
gesetzlich nur noch 80 Milligramm pro<br />
Kilometer gestattet. Die USA erlauben<br />
mit der Verschärfung von BIN 8 auf BIN<br />
5 statt 200 Milligramm Stickoxide lediglich<br />
70 Milligramm pro Meile.<br />
Derart anspruchsvolle Grenzwerte<br />
lassen sich technisch nur durch extrem<br />
niedrige Rohemissionen der Dieselaggregate<br />
erreichen. Für die dazu erforderliche<br />
präzise Regelung der Verbrennungsvorgänge<br />
im Motor ist die intelligente<br />
‚Beru Pressure Sensor Glow Plug‘<br />
(PSG) von herausragender Bedeutung.<br />
Die mehrfach preisgekrönte Drucksensor-Glühkerze<br />
ermittelt den sich zyklisch<br />
schnell ändernden Druck im<br />
Brennraum und meldet diese Daten<br />
kontinuierlich an die Motorsteuerelektronik<br />
weiter.<br />
Euro 6-Grenzwert erreicht<br />
Mit Hilfe der PSG konnte Beru in Zusammenarbeit<br />
mit dem Motorenentwickler<br />
AVL bereits NO x -Rohemissionen<br />
in Demonstrationsfahrzeugen erreichen,<br />
die unterhalb des Euro 6-Grenzwerts liegen.<br />
Damit sind die Möglichkeiten der<br />
Drucksensor-Glühkerze aber nicht ausgeschöpft.<br />
Durch die PSG lassen sich –<br />
vor allem auch in den neuen Downsizing-Motoren<br />
– Brennverfahren an ihre<br />
Grenzen heranführen. Folge: höhere<br />
Motorleistung, höhere Effizienz und dadurch<br />
geringerer Kraftstoffverbrauch sowie<br />
weniger CO 2 -Emissionen.<br />
Die Komfortansprüche an den Dieselkaltstart<br />
steigen ständig. Zusatzfunktionen<br />
wie Zwischenglühen und Diesel-<br />
Partikelfilter-Regenerationsglühen führen<br />
zu noch höheren Anforderungen<br />
an die Glühkerzen. Diesen wird das Instant<br />
Start System (ISS) gerecht. Das<br />
Diesel-Schnellstartsystem gewährleistet<br />
selbst bei extrem tiefen Temperaturen<br />
von bis zu minus 25 Grad Celsius einen<br />
ottomotorischen Schlüsselstart, stabilen<br />
Leerlauf, saubere Lastannahme und geringere<br />
Emissionen.<br />
In der zweiten Generation besteht<br />
das Diesel-Schnellstartsystem aus Steuergerät,<br />
Kabelsatz, Hochleistungsglühkerzen<br />
und Heizflansch. Das Steuergerät<br />
kontrolliert die Schnellstartfunktion<br />
der ISS-Glühkerzen. Gleichzeitig ist es –<br />
in Kommunikation mit dem Motorsteuergerät<br />
– für die Ansteuerung eines<br />
Heizflansches zum zusätzlichen Vorwärmen<br />
der Ansaugluft verantwortlich.<br />
Dieser erwärmt ,global’ die in die Zylinder<br />
einströmende Lufttemperatur und<br />
sorgt so für eine optimale Kraftstoffentzündung.<br />
Das führt zu einer weiteren<br />
Verbesserung der Startfähigkeit bei tiefen<br />
Temperaturen sowie einer erneuten<br />
Reduzierung von Schadstoffausstoß<br />
und Kraftstoffverbrauch.<br />
Benziner:<br />
Schlanke Hightech-Zündkerzen<br />
Für eine sichere und saubere Verbrennung<br />
in Benzinmotoren sorgen Hochleistungszündkerzen<br />
wie die ,Beru<br />
Ultra’ und die ,Beru Platin’, die mit innovativen<br />
Keramikmischungen und<br />
exakt positionierbaren Körperelektroden<br />
optimal auf die individuellen Anforderungen<br />
moderner Aggregate abgestimmt<br />
sind. Zwölf Millimeter schlanke<br />
Schlank und sauber: Die Beru ,Pressure<br />
Sensor Glow Plug’ (PSG) trägt als<br />
Schlüsselkomponente einer geregelten<br />
Verbrennung zur Reduzierung von NO x -<br />
und CO 2-Emissionen bei. Die Drucksensor-Glühkerze<br />
ermöglicht zudem eine<br />
optimale Emissionskontrolle über die<br />
gesamte Motorlebensdauer .<br />
Platin-Zündkerzen in innovativer Bi-<br />
Hex-Technologie ermöglichen Motorenentwicklern<br />
beispielsweise schlankere<br />
Zündkerzenschächte. Dabei halten<br />
sie trotz des reduzierten Gewindedurchmessers<br />
und eines verlängerten<br />
Einschraubgewindes gleich hohen elektrischen<br />
und mechanischen Belastungen<br />
stand wie Zündkerzen mit herkömmlichem<br />
M14-Gewinde; und sind<br />
dank konstruktiver Maßnahmen verschmutzungs-<br />
und nebenschlussunempfindlich<br />
und damit ebenso zündsicher.<br />
Sensorik aus einer Hand<br />
Beru bietet Entwicklungspartnern in<br />
der Automobilindustrie und Systemlieferanten<br />
leistungsstarke und zuverlässige<br />
Sensorik-Systeme. Zur Produktpalette<br />
gehören ,Fühler’ für Medien sowie<br />
Wegesensoren und Drehzahl-Sensoren.<br />
Erweitert wird das umfangreiche Programm<br />
durch innovative Sensoriklösungen<br />
für Spezialanwendungen. Dazu<br />
zählt unter anderem der neue, geschlossene<br />
Beru Hochtemperatursensor<br />
(HTS) in Abgasrückführsystemen sowie<br />
für die Überwachung von Dieselpartikelfiltern<br />
und DeNO x -Katalysatoren. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
45<br />
Bild: Beru
Bild: Borg Warner<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Weniger Emissionen, mehr Fahrspaß<br />
BORGWARNER – Um die weltweit verschärften Abgasnormen in Zukunft erfüllen zu können, muss beim<br />
Diesel die weitere Verzahnung der Abgasrückführung mit der Aufladung erfolgen. Bei der Niederdruck-<br />
Abgasrückführung, die ganz neue Anforderungen an den Turbolader und das gesamte Abgasrückführsystem<br />
stellt, setzt BorgWarner auf neue Konzepte zur Abgasrückführung.<br />
Die Reduzierung von CO 2 -Emissionen<br />
sowie die Herausforderungen<br />
durch die globalen Märkte<br />
bestimmen die Zukunft des Automobils.<br />
Der konventionelle Verbrennungsmotor<br />
wird weiterhin weltweit die dominante<br />
Antriebsquelle sein. Die verschiedenen<br />
Geschäftsbereiche von<br />
BorgWarner arbeiten mit großem Erfolg<br />
an zukunftsweisenden Technologien,<br />
die den Antriebsstrang optimieren und<br />
Emissionen weiter reduzieren. Das Unternehmen<br />
erzielt stetig technologische<br />
Fortschritte, mit deren Hilfe sich die<br />
weltweiten Ansprüche an umweltfreundliche<br />
Fahrzeuge erfüllen lassen.<br />
Der Einsatz der Abgasturboaufladung<br />
ist bei allen Fahrzeugen in der<br />
Vergangenheit stark angestiegen. In Eu-<br />
Für den Zukunftsmarkt Asien: Das patentierte ,Power<br />
Split’-Design des neuen Doppelkupplungsgetriebes,<br />
das neben Kraftstoffersparnis vor allem durch günstige<br />
Kosten überzeugt, sorgt dafür, dass die ankommende<br />
Motorleistung auf zwei verschiedene Wellen verteilt wird.<br />
46 Car Innovation · Mai 2008<br />
ropa hat der Diesel den Ottomotor bereits<br />
überholt. Die zweistufige geregelte<br />
Aufladung (R2S) von BorgWarner ist<br />
das leistungsfähigste Aufladesystem für<br />
Dieselmotoren und bietet ein erhebliches<br />
Potenzial hinsichtlich weiterer<br />
Kraftstoffersparnis bei gleichzeitiger<br />
Verbesserung des Fahrkomforts.<br />
Downsizing mit Turbo<br />
Um die weltweit verschärften Abgasnormen<br />
in Zukunft erfüllen zu können,<br />
muss beim Diesel die weitere Verzahnung<br />
der Abgasrückführung mit der<br />
Aufladung erfolgen. Bei der Niederdruck-Abgasrückführung,<br />
die ganz<br />
neue Anforderungen an den Turbolader<br />
und das gesamte Abgasrückführsystem<br />
stellt, setzt das Unternehmen auf seine<br />
Erfahrung und Kompetenz mit neuen<br />
Abgasrückführungs-Konzepten.<br />
Downsizing verbunden mit Turboaufladung<br />
ist für die Ottomotorenentwicklung<br />
ein wichtiger Zukunftstrend.<br />
Hier kann BorgWarner ein breites<br />
Spektrum an Technologien, wie den<br />
ersten Turbolader mit variabler Turbinengeometrie<br />
(VTG) für Ottomotoren<br />
in Großserie oder Twin-Scroll Turbolader<br />
für 1050 °C anbieten. Hinzu kommen<br />
Nockenwellensteller für variable<br />
Ventiltriebe, die eine wichtige Rolle bei<br />
der weiteren Entwicklung von Ottomotoren<br />
spielen.<br />
Organische Reibbeläge<br />
In Zusammenarbeit mit Porsche Engineering<br />
entwickelte BorgWarner Torq-<br />
Transfer Systems das ITM3e-System,<br />
das neue Standards für Sportwagen<br />
setzt. Es ist das erste in Serie gefertigte<br />
AWD-Kupplungssystem, welches mechanische<br />
Komponenten mit einer aktiven<br />
Gerotor (Zahnring-)Pumpe, einem<br />
effizienten Kühlkreislauf und Kontrollalgorithmen<br />
für den Allradantrieb in<br />
einem System vereint. Der Nachfolger<br />
NexTrac, ein aktives Kupplungssystem,<br />
in dem erstmals organische Reibbeläge<br />
in der Primärkupplung eingesetzt werden,<br />
ist einfach in den Antriebsstrang<br />
integrierbar und garantiert einen sparsameren<br />
Kraftstoffverbrauch.<br />
Dem VW Golf R32 DSG und dem Audi<br />
TT 3.2 gelang 2003 mit der Doppelkupplungs-Technologie<br />
der Sprung in die<br />
Serienentwicklung. Damit war BorgWarner<br />
das erste Unternehmen, das diese<br />
Technologie in den Serieneinsatz brachte.<br />
Der Nissan GT-R ist das erste Fahrzeug<br />
mit einem Doppelkupplungsgetriebe<br />
in Transaxle-Bauweise. Seine<br />
Ausnahmestellung unterstreicht das<br />
Unternehmen ebenfalls mit einem<br />
kompakten Doppelkupplungsgetriebe<br />
für den Zukunftsmarkt Asien, das neben<br />
Kraftstoffersparnis vor allem durch<br />
günstige Kosten überzeugt. Damit erfüllt<br />
das Getriebe in jeglicher Hinsicht<br />
die wachsende Nachfrage und Bedürfnisse<br />
in diesem Marktsegment. �
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Markt bestimmt Innovationswert<br />
BROSE – Was braucht das Auto von morgen? Brose arbeitet an neuen Produkten unter anderem<br />
für die variable Innenraumgestaltung und die Fahrersicherheit. „<strong>Innovationen</strong> müssen nutzenorientiert<br />
und wirtschaftlich sein, denn nur die Marktfähigkeit des neuen Produkts bestimmt den<br />
Wert der Erfindung“, erklärt Jürgen Otto, Vorsitzender der Geschäftsführung der Brose-Gruppe.<br />
Eine wichtige Triebfeder für die Weiterentwicklung<br />
des Automobils ist<br />
die Innovationskraft der Automobilzulieferer.<br />
Als Max Brose, Firmengründer<br />
der Brose-Unternehmensgruppe,<br />
vor mehr als achtzig Jahren den sogenannten<br />
,Kurbelapparat für versenkbare<br />
Fenster’ patentieren ließ, schuf er<br />
aus einer Idee ein Produkt, das aus keinem<br />
Fahrzeug mehr wegzudenken ist:<br />
den Fensterheber. Gleichzeitig begründete<br />
er mit dieser und vielen nachfolgenden<br />
Produktneuheiten eine Innovationskultur<br />
im Unternehmen, die bis<br />
heute gelebt wird.<br />
Erfolgsfaktor ‚Marktfähigkeit‘<br />
Innovationsleistungen, die Markttrends<br />
mitgeprägt und in der Automobiltechnik<br />
weltweit Standards gesetzt haben,<br />
ziehen sich wie ein roter Faden durch<br />
die 100-jährige Geschichte des Familienunternehmens.<br />
Sei es mit der ersten<br />
elektrischen Sitzverstellung in Europa,<br />
der ersten elektronischen Steuerung für<br />
elektrische Fensterheber oder der modularen<br />
Automobiltür.<br />
Jürgen Otto, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />
der Brose-Gruppe: „Wir<br />
müssen mit unseren Erzeugnissen dem<br />
Kunden ein optimales Leistungspaket<br />
bieten, denn nur so können wir unsere<br />
führende Marktposition und damit die<br />
Grundlage für weitere Investitionen in<br />
die Zukunft sichern.“<br />
Brose liegt mit seinen Aufwendungen<br />
für Forschung und Entwicklung,<br />
Informationstechnologie und Personalentwicklung<br />
deutlich über dem Branchendurchschnitt.<br />
Gegenwärtig arbeitet<br />
jeder neunte Mitarbeiter an der Entwicklung<br />
neuer Produkte oder Fertigungsverfahren.<br />
Mit Programmen wie<br />
dem elektronisch unterstützten ,Learning<br />
Cockpit’ ermöglicht Brose den<br />
kontinuierlichen Wissensaufbau und<br />
den Know-how-Tansfer.<br />
Welchen Stellenwert die Innovationskultur<br />
bei dem Automobilzulieferer<br />
besitzt, zeigt auch der Brose-Innovationspreis,<br />
der jedes Jahr verliehen<br />
wird. Ausgezeichnet werden Mitarbeiter,<br />
die besondere Kreativität bewiesen<br />
haben und mit ihren Ideen, die Position<br />
des Unternehmens im Markt weiter<br />
stärken. 2005 wurde eine Produkt<strong>innovation</strong><br />
prämiert, die bereits 2009 in Serie<br />
gehen wird: der elektrische Antrieb<br />
für Seitentüren.<br />
Doch wie sieht das Fahrzeug von<br />
morgen aus? Mit dieser Frage beschäftigt<br />
sich die Abteilung ,Entwicklung<br />
Neue Produkte’ und erarbeitet marktfähige<br />
Lösungen für kommende Fahrzeuggenerationen.<br />
Das sind Produkte<br />
für die variable Innenraumgestaltung,<br />
Die neue Kopfstütze<br />
von Brose bietet<br />
optimalen Schutz<br />
während der gesamten<br />
Fahrt: Sensoren<br />
detektieren die Position<br />
des Kopfes, die<br />
implementierte<br />
Elektronik stellt die<br />
Kopfstütze millimetergenau<br />
ein.<br />
die Fahrersicherheit oder das einfachere<br />
Beladen des Kofferraums. Einige dieser<br />
<strong>Innovationen</strong> – wie die Kopfstütze,<br />
die sich sensorgesteuert auf den jeweiligen<br />
Insassen abstimmt, oder die elektrische<br />
Rücksitzverstellung – hat Brose<br />
auf der Internationalen Automobilausstellung<br />
2007 vorgestellt und eine positive<br />
Resonanz der Kunden erhalten.<br />
Markteinstieg über die Nische<br />
„Bevor sich eine Innovation zum<br />
Marktstandard entwickeln kann, muss<br />
sie sich zunächst in einem kleineren<br />
Segment etablieren“, erklärt Jürgen Otto.<br />
„Mit unseren neuen Produkten wollen<br />
wir diese Nischen besetzen.“ Jüngste<br />
Beispiele hierfür sind der elektrische<br />
Gurtbringer, die elektrische Bildschirmverstellung<br />
und der Antrieb für Sonnenrollos.<br />
Das Unternehmen setzt bei diesen<br />
Neuentwicklungen bewährte Komponenten<br />
aus dem Brose-Produktbaukasten<br />
ein und bedient die Nischenfelder<br />
mit großserienerprobten Bauteilen und<br />
Antrieben. Auf diese Weise werden<br />
Synergien in der Entwicklungs- und<br />
Produktionszeit erschlossen und damit<br />
die Voraussetzung für den Erfolg von<br />
<strong>Innovationen</strong> erfüllt: Schnelligkeit,<br />
Wirtschaftlichkeit und Kundenorientierung.<br />
�<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
47
Bild: Carcoustics<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Innovative Wege zur Idee<br />
CARCOUSTICS – Der Leverkusener Automobilzulieferer Carcoustics hat für die hausinterne<br />
Innovationsarbeit eine neue Basis geschaffen. Eine breite Vernetzung, bessere<br />
Kommunikation, hohe Akzeptanz und Ideen-Anreize tragen nun Früchte.<br />
Viele Unternehmen beschäftigen<br />
sich mehr oder weniger intensiv<br />
mit der Frage, wie man einen Innovationsprozess<br />
gestaltet, so dass er die<br />
im Unternehmen schlummernden Potenziale<br />
freisetzt. Die Vorzeichen mit denen<br />
man es bei einer Innovationsarbeit<br />
zu tun hat, sind nicht eben hoffnungsvoll:<br />
Erstens ist es nicht einfach, in einer<br />
komplexen Organisation einen effizienten<br />
Weg hierfür zu finden und zweitens<br />
ist der Begriff ,Innovation’ in der Kommunikation<br />
reichlich verschlissen. Zu<br />
viele Unternehmen schmücken sich mit<br />
dieser Vokabel, ohne dass der Anspruch<br />
mit der Wirklichkeit zu tun hätte. Carcoustics,<br />
der Leverkusener Spezialist für<br />
Akustik-, Hitze- und Isolationsmanagement,<br />
hat seinen Weg gefunden.<br />
48 Car Innovation · Mai 2008<br />
Die interne Kundenzufriedenheit<br />
meldete Handlungsbedarf an, die Geschäftsführung<br />
setzte die Messlatte<br />
hoch und forderte kürzere Terminpläne<br />
und effizientere Budgets. Die durch das<br />
automobile Geschäft fast schon genetisch<br />
verankerte Kompetenz der ständigen<br />
Verbesserung drängte eher auf eine<br />
grundsätzliche Neuaufstellung, als auf<br />
einen kosmetischen Eingriff. Man entschloss<br />
sich Mitte 2007, die Weichen<br />
vollständig auf ,neu’ zu stellen.<br />
Die ehemals einem Elfenbeinturm<br />
gleichende Innovationsarbeit, die durch<br />
schlechte Kommunikation, eigens geschaffene<br />
Ziele und isolierte Arbeit auffiel<br />
und zudem auf einen zu starken<br />
Benchmarking-Ansatz beruhte, wurde<br />
aufgelöst und durch einen neuen An-<br />
satz zu mehr Leistung befähigt. Eine der<br />
wichtigsten Neuerungen ist, dass heute<br />
das gesamte Unternehmen – vertreten<br />
durch die den Markterfolg beurteilenden<br />
Funktionsbereiche – an dem Prozess<br />
vertreten ist. Ein klares Bekenntnis<br />
wurde im Hinblick auf die heutigen<br />
Entscheidungswerte abgelegt.<br />
Im Fokus: ‚Nutzen<strong>innovation</strong>‘<br />
Es ist nicht immer Hightech, was einem<br />
Unternehmen Wettbewerbsvorteile<br />
verschafft. Unter der Überschrift ,Nutzen<strong>innovation</strong>’<br />
– so die bisherigen Erfahrungen<br />
– lassen sich überraschende<br />
Erfolge erzielen. Wenn man beispielsweise<br />
ein Problem und eine Lösung zu<br />
einem neuen Produkt kombiniert, welches<br />
obendrein zu 95 Prozent aus Reststoffen<br />
besteht, freuen sich gleich zwei<br />
Marktteilnehmer: der Kunde, weil er<br />
eine preislich interessante Problemlösung<br />
angeboten bekommt und der Lieferant,<br />
weil er für die Entsorgung der<br />
Reststoffe nicht mehr bezahlen muss.<br />
Zum Prozess: Durch Ideenanreize wie<br />
zum Beispiel Kreativtrainings und Incentives<br />
initialisiert, werden Ideen generiert,<br />
gesammelt und durch einen Strategie-Filter<br />
geschleust. Am ,Round Table<br />
Innovations’ werden die Ideen hinsichtlich<br />
ihrer Umsetzbarkeit und potenziellen<br />
Markterfolgs von einem breit aufgestelltem<br />
Gremium bewertet. Welche Relevanz<br />
das Thema bei Carcoustics genießt,<br />
zeigt auch die Tatsache, dass immer<br />
mindestens ein Vertreter des Topmanagements<br />
mit am Tisch sitzt.<br />
Die Vorteile liegen auf der Hand:<br />
Durch diesen Vorgang erzielt man eine<br />
hohe Akzeptanz, kommt zu schnellen<br />
Entscheidungen und kann fokussiert<br />
Ressourcen vergeben. Als Ergebnis<br />
werden Innovationsprojekte nominiert<br />
und zusammen mit einem internen<br />
,Project Office’ umgesetzt. �<br />
Mindmap: Durch Ideenanreize wie zum<br />
Beispiel Kreativtrainings und Incentives initialisiert,<br />
werden Ideen generiert und durch einen<br />
Strategie-Filter geschleust, bevor sie von einem<br />
Gremium bewertet werden.
Weiter denken<br />
CHERRY – Manchmal ist der Sprung vom Herd zum<br />
Automobil gar nicht so weit. Cherry adaptierte bereits<br />
in den 90-er Jahren Sensortechnologie aus<br />
dem Hausgerätebereich fürs Automobil. Aber auch<br />
aus dem Office-Bereich ist einiges ,autotauglich’,<br />
beispielsweise Fingerprint-Erkennung zur Bedienung<br />
von Komfortfunktionen.<br />
Der Name Cherry ist seit Jahrzehnten<br />
im Bereich der Elektronik fest<br />
verankert. Taster, Schalter, Sensoren<br />
und seit der Verbreitung der PC-<br />
Technik auch Tastaturen haben seither<br />
einen festen Platz in zahllosen Geräten.<br />
Seit über zwanzig Jahren ist das Unternehmen<br />
auch sehr erfolgreich in der<br />
Automobiltechnik tätig und generiert<br />
dort heute deutlich über 50 Prozent seiner<br />
Umsätze.<br />
Das Innovationsmanagement bei<br />
Cherry ist ein integrierter Prozess, der<br />
nicht auf den Schultern einzelner Personen<br />
ruht, sondern ganzheitlich in<br />
der Firmenkultur verankert ist und<br />
somit von allen Mitarbeitern gelebt<br />
wird. Dies zeigt sich unter anderem<br />
durch ,Trend-Scouting’ im Vertrieb,<br />
dem betrieblichen Vorschlagswesen,<br />
projektübergreifend definierten<br />
Teams oder einer integrierten Serienentwicklung<br />
mit Vorentwicklungskompetenzen.<br />
Statt großer ,Revolutionen’ verfolgt<br />
das Unternehmen mit Erfolg eine Politik<br />
der kleinen Schritte. Bewährtes soll<br />
mit inkrementalen Schritten kontinuierlich<br />
verbessert werden. Jedes Produkt,<br />
jeder Prozess, jede Eigenschaft<br />
wird Stück für Stück in den spezifischen<br />
Geschäftsfeldern weiterentwickelt. Derzeit<br />
ist Cherry in drei verschiedenen<br />
Innovationsmanagement<br />
ganzheitlich in der Firmenkultur<br />
verankert<br />
Geschäftsfeldern mit einem breiten Erfahrungsschatz<br />
aus Branchen- und<br />
Technologie-Know-how vertreten.<br />
Bereits Anfang der 1990er Jahre entstand<br />
im Bereich der Hausgeräte eine<br />
Topfgrößenerkennung auf induktiver<br />
Oben mechanisch,<br />
unten elektronisch:<br />
Beispiel für die<br />
Schnittstelle des<br />
Wählhebels einer<br />
Automatikschaltung<br />
zur elektronischen<br />
Steuerung mit<br />
verschleißfreier<br />
induktiver<br />
Kopplung.<br />
Basis. Durch die stetige Weiterentwicklung<br />
dieser Sensortechnologie entstanden<br />
später auch Drehwahlschalter zur<br />
Kochfeldsteuerung. Je weiter die Entwickler<br />
sich jedoch mit den Grundlagen<br />
beschäftigten, umso mehr<br />
kristallisierte es sich heraus,<br />
dass diese Technologie viele<br />
positive Eigenschaften besitzt,<br />
deren Merkmale sie für<br />
den Einsatz in Automobilapplikationen<br />
prädestiniert.<br />
Heute verfügt Cherry über<br />
ein breites Portfolio an Positions-, Winkel-<br />
und Wegsensoren auf Basis der Induktivtechnologie.<br />
Weitere Synergiepotenziale ergeben<br />
sich durch Trends und Entwicklungen<br />
aus dem Office-Bereich, den Cherry mit<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
seinen Tastatur- und Mausprodukten<br />
schon seit vielen Jahre bedient. Auch<br />
hier gibt es zahlreiche Möglichkeiten<br />
für einen Transfer von Technologien in<br />
die Automobilindustrie wie zum Beispiel<br />
bei den biometrischen Sensoren<br />
zur Fingerprint-Erkennung, wie sie<br />
heute schon bei Tastaturen im Sicherheits-<br />
und Banking-Bereich eingesetzt<br />
werden.<br />
Denkbar wäre es etwa, über den<br />
Fingerabdruck verschiedenste Komfortfunktionen<br />
im Fahrzeug individuell<br />
einzustellen oder zugänglich zu<br />
machen oder mittels erprobter Funktechnologie<br />
eine kabellose Datenübertragung<br />
von integrierten Sensoren<br />
an ein zentrales Steuermodul zu<br />
realisieren. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
49<br />
Bild: Cherry
Bild: Continental<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Mensch-Maschine-Schnittstelle Cockpit: Leichte und sichere Bedienbarkeit steht im Fokus.<br />
Rundum-Kommunikation<br />
CONTINENTAL – Car-to-Car-Fahrzeugkommunikation und Car-to-Infrastructure sind die<br />
nächsten entscheidenden Schritte zur Erhöhung der Fahrsicherheit. Innovationspotenzial<br />
liegt in der Vernetzung aktiver und passiver Sicherheitssysteme sowie in der Integration<br />
von Umfeldsensoren und Telematikfunktionen.<br />
Die Continental AG ist mit ihren<br />
Divisionen Chassis & Safety, Powertrain<br />
und Interior ein weltweit<br />
führender Automobilzulieferer<br />
und Systemanbieter in den Bereichen<br />
Fahrsicherheit, Antrieb sowie Informations-<br />
und Komfortelektronik.<br />
Vernetzung als Innovation<br />
Aktive und passive Sicherheitssysteme<br />
helfen, Unfälle zu vermeiden. Continental-Produkte<br />
wie das Fahrdynamik-<br />
Regelsystem ESC und ESC II tragen dazu<br />
bei. Innovationspotenzial liegt in der<br />
Vernetzung dieser Sicherheitssysteme<br />
sowie in der Integration von Umfeldsensoren<br />
und Telematikfunktionen –<br />
vorangetrieben mit dem Continental-<br />
Sicherheitssystem ContiGuard®.<br />
Ein mit dem Bremssystem vernetzter<br />
Infrarot-Sensor zur Überwachung des<br />
vorderen Fahrzeugumfeldes leitet bei<br />
Auffahrunfallgefahr automatisch eine<br />
Bremsung ein. Eine Erweiterung ist<br />
durch zusätzliche Sensoren wie Kameras<br />
möglich. Droht das ungewollte Verlassen<br />
der Fahrspur, warnt das System den<br />
50 Car Innovation · Mai 2008<br />
Fahrer mit optischen oder haptischen<br />
Signalen – etwa einem Vibrieren des<br />
Lenkrades – oder übernimmt durch aktive<br />
Lenkeingriffe die Spurhaltung (Lane<br />
Departure Warning, Lane Keeping System).<br />
Heckseitige Kameras erkennen<br />
schnellere Verkehrsteilnehmer und warnen<br />
den Fahrer vor einem gefährlichen<br />
Fahrspurwechsel, aber auch vor einem<br />
Auffahrunfall durch das folgende Fahrzeug.<br />
Ferner erlauben Kameras nachts<br />
eine bedarfsgerechte Lichtsteuerung und<br />
können Verkehrszeichen identifizieren.<br />
Car-to-Car-Fahrzeugkommunikation und<br />
Car-to-Infrastructure sind die nächsten<br />
entscheidenden Schritte zur Erhöhung<br />
der Fahrsicherheit.<br />
<strong>Innovationen</strong> im Innenraum sorgen<br />
für erhöhten Komfort und Sicherheit<br />
und helfen beim Spritsparen, zum Beispiel<br />
durch die Auswahl steigungsarmer<br />
und staufreier Routen mittels Navigationssystem<br />
und durch Warnungen, die<br />
künftig von vorausfahrenden Fahrzeugen<br />
ausgehen werden. Das Auto von<br />
morgen ist keine isolierte Einheit mehr:<br />
Die von Continental entwickelten Tele-<br />
Von Continental:<br />
Lithium-Ionen-Batterie<br />
Im Antriebsbereich werden zurzeit effizientere<br />
Technologien zur Senkung der<br />
CO 2 -Emissionen durch Optimierung von<br />
Einspritztechnik und Motorelektronik<br />
entwickelt. Beim Diesel- wie auch beim<br />
Benzinmotor konnte leistungsfähigere<br />
Motorelektronik in Verbindung mit neuer<br />
Piezotechnologie bereits Verbrauch<br />
und Emissionen reduzieren.<br />
Bei Hybrid- und Elektroantrieben bestimmt<br />
die Leistungsfähigkeit der Batterie<br />
die Gesamtleistung des Fahrzeugs<br />
und somit das mögliche Kraftstoffeinsparpotenzial.<br />
Dabei bringt die durch<br />
Continental forcierte Lithium-Ionen-<br />
Technologie mit einer gegenüber herkömmlichenNickel-Metallhybrid-Batterien<br />
höheren Energiedichte eine höhere<br />
Reichweite.<br />
matiksysteme ermöglichen die Kommunikation<br />
mit einer Vielzahl mobiler<br />
Endgeräte (Car to Device – C2D) und<br />
die Vernetzung mit der Infrastruktur<br />
(C2I). Der Trend geht zum mobilen<br />
Wohnzimmer oder Büro mit jederzeit<br />
verfügbaren zusätzlichen Informationen.<br />
Zu den leicht und sicher bedienbaren<br />
Mensch-Maschine-Schnittstellen<br />
gehören ergonomisch gestaltete Instrumente,<br />
zentrale Displays und Bedienelemente,<br />
zum Beispiel zur Darstellung<br />
von Navigationskarten in 3D und die<br />
Ansteuerung mobiler Endgeräte.<br />
Noch schneller: ,Multi Media Platform’<br />
Neue Systemarchitekturen erlauben es,<br />
Bedienelemente und Elektroniken voneinander<br />
abzukoppeln, was eine wesentlich<br />
freiere Gestaltung des Innenraums<br />
ermöglicht. Die gemeinsam mit Microsoft<br />
entwickelte ,Multi Media Platform’ lässt<br />
noch schnellere Updates der Infotainment-Funktionen<br />
auch nach Serienstart<br />
zu – gleichgültig, ob bei einer Luxuslimousine<br />
aus Europa oder einem Kleinwagen<br />
aus chinesischer Produktion. �
Sperrschicht hält dicht<br />
CONTITECH – Ab 2011 wird die CO 2 -Klimaanlage Eu-weit zur Pflicht. ContiTech sorgt für<br />
die dichte Verbindung von CO 2 -Kältemittelleitungen mit einer Polymer-Sperrschicht.<br />
Die Dichtheit der Klimaanlagen<br />
gewinnt immer stärker an Bedeutung.<br />
Laut EU-Richtlinie<br />
2006/40/EC sind ab 2011 die Klimaanlagen<br />
in Pkw mit neuen Kältemitteln<br />
wie CO 2 auszurüsten. Daher haben Entwickler<br />
von ,ContiTech Fluid Technology’<br />
permeationsarme und flexible Leitungen<br />
entwickelt, die es ermöglichen,<br />
die strengen Vorschriften einzuhalten.<br />
Dabei kann das System aber nur so<br />
dicht sein wie die Verbindungen zwischen<br />
den Leitungen. Die kaltgeformte<br />
Flachverbindung ,ContiLock®’ von<br />
ContiTech ist die Lösung für diese kritischen<br />
Stellen.<br />
Absolut dichte Verbindung<br />
Beim Dichtkonzept von ,ContiLock®’<br />
wird eine mit einer hauchdünnen<br />
Elastomerschicht versehene Dichtscheibe<br />
aus Federstahl zwischen Vaterund<br />
Mutterteil gespannt. Das flexible<br />
Dichtungselement gleicht Temperaturwechsel<br />
und Vibrationen aus. Die Elastomerschicht<br />
ist dabei so dünn, dass sie<br />
dem Kältemittel praktisch keine Angriffsfläche<br />
bietet. Sie stellt eine absolut<br />
dichte Verbindung sicher – mit<br />
einer Austrittsrate von deutlich weniger<br />
als 0,5 Gramm pro Jahr. Eingesetzt<br />
wird sie bereits bei Zylinderkopfdichtungen<br />
moderner Diesel-Selbstzünder.<br />
Damit konnten Dichtheitsprobleme<br />
der früher üblichen Radialdichtungen<br />
behoben werden.<br />
Die Dichtungen zeichnen sich auch<br />
durch ihre Temperatur- und Druckbeständigkeit<br />
aus (bis 176 bar und 165<br />
Grad Celsius). Das Flanschmaterial ist<br />
frei wählbar. Die Dichtungen lassen sich<br />
einfach montieren und sind vor Verschmutzungen<br />
geschützt.<br />
Gegenüber rein metallischen Dichtungen<br />
punktet ,ContiLock®’ durch<br />
hohe Prozesssicherheit und Servicefreundlichkeit.<br />
Ob bei Nacharbeiten<br />
oder Service – die Dichtungen können<br />
immer wieder gelöst und neu angezogen<br />
werden, ohne dadurch ihre positiven<br />
Eigenschaften zu verändern. Dichtungswechsel<br />
sind ohne Ausbau der<br />
Leitungen möglich. Durch die Herstellung<br />
im Kaltumformungsprozess entfal-<br />
Er hält dicht:<br />
Bei dem Klima-<br />
Schlauch von<br />
,ContiTech Fluid<br />
Technology’ sichert<br />
eine Polymer-Sperrschicht<br />
im Schlauchinneren<br />
die geringe<br />
Permeation.<br />
Das Dichtkonzept:<br />
Beim ,ContiLock®’ wird<br />
eine mit einer hauchdünnenElastomerschicht<br />
versehenen<br />
Dichtscheibe aus<br />
Federstahl zwischen<br />
Vater- und Mutterteil<br />
gespannt. Das flexible<br />
Dichtungselement<br />
gleicht Temperaturwechsel<br />
und<br />
Vibrationen aus.<br />
len Löt- und Schweißstellen, die ein<br />
Risiko für Undichtigkeiten darstellen<br />
würden. Außerdem ist die Kaltumformung<br />
weniger aufwändig und damit<br />
kostengünstiger.<br />
Polymer statt Edelstahl<br />
Die Dichtheit der CO 2 -Leitungen<br />
selbst konnte bisher nur mittels Edelstahlwellrohren<br />
als Sperrschicht sichergestellt<br />
werden. ,ContiTech Fluid<br />
Technology’ hat jetzt einen Schlauch<br />
entwickelt, bei dem eine Polymer-<br />
Sperrschicht im Schlauchinneren die<br />
geringe Permeation sichert. Dadurch<br />
ist der Schlauch flexibler, ermöglicht<br />
engere Biegeradien und bietet bessere<br />
akustische Eigenschaften sowie erhebliche<br />
Kostenvorteile. Hauptschwierigkeit<br />
war, einen Werkstoff zu<br />
finden, der das CO 2 auch im überkritischen<br />
Zustand zuverlässig im Inneren<br />
hält.<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
CO 2 besitzt ein gutes Lösevermögen in<br />
niedermolekularen Stoffen und somit eine<br />
hohe Permeationsneigung in Polymeren.<br />
In Klimaanlagen kann durch die Änderung<br />
des Zustandes – verbunden mit<br />
einer spontanen Dichte-Verringerung –<br />
das CO 2 zur so genannten explosiven<br />
Dekompression führen und damit zur<br />
Zerstörung von Polymer-Materialien.<br />
Die von ContiTech eingesetzte Polymere-Sperrschicht<br />
hält das CO 2 sicher<br />
zurück und ist beständig gegen die eingesetzten<br />
drei Gramm pro Meter und<br />
Jahr. In beiden Bereichen kann der<br />
Sperrschicht-Elastomerschlauch den<br />
Wellrohrschlauch ersetzen. Versuche<br />
mit dem bislang gebräuchlichen Kältemittel<br />
R134a zeigen, dass die Polymersperrschicht<br />
die Permeation auf nahezu<br />
Null Gramm reduziert. Das ist nicht nur<br />
umweltfreundlich, sondern ermöglicht<br />
auch einen wartungsfreien Betrieb der<br />
künftigen Klimaanlagen. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
51<br />
Bilder: ContiTech
Bilder: Dräxlmaier<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Die Zukunft – realitätsnah<br />
DRÄXLMAIER GROUP – Einen Ausblick auf zukünftige Innenraumgestaltung gibt Dräxlmaier<br />
mit der visionären Designstudie einer Mittelkonsole, die bei Haptik, Ergonomie und Funktionalität<br />
neue Wege aufzeigt.<br />
Die Automotive-Spezialisten der<br />
Dräxlmaier Group arbeiten zurzeit<br />
daran, einen realitätsnahen Blick<br />
auf zukünftige technische Entwicklungen<br />
zu werfen. Ein Highlight dieser Zukunftsarbeit<br />
ist eine Studie, die zeigt, wie die<br />
Mittelkonsole eines viertürigen Grand-<br />
Tourismo-Coupés künftig aussehen<br />
könnte. Die visionäre ,ConceptConsole’<br />
ist jedoch nicht nur ein optischer Showeffekt,<br />
sondern eine theoretisch schon<br />
heute umsetzbare, betont realitätsnahe<br />
Lösung. Detailorientiert in Design und<br />
Technik, orientiert sich das futuristische<br />
Bauteil gezielt an den Anforderungen an<br />
Komfort, Haptik und Funktionalität. Alle<br />
Verkleidungen sind in edlem Glattle-<br />
52 Car Innovation · Mai 2008<br />
der ausgeführt. Funktionale Elemente,<br />
wie Kneepad, Schaltknauf und Mittelarmlehne<br />
hingegen bestehen aus feinem<br />
Nubuk-Leder und überzeugen<br />
durch die außergewöhnlich schmeichelnde<br />
Haptik.<br />
Die durchgehende Fahrdynamikblende<br />
mit dem Schaltknauf und dem<br />
zentralen Bedienelement besteht aus<br />
einer galvanisierten Oberfläche mit einem<br />
samtig schimmernden Echtmetallcharakter.<br />
Das zentrale Bedienelement<br />
dient zur intuitiven Steuerung verschiedener<br />
Funktionen wie Navigation,<br />
Telematik und Entertainment. Es besteht<br />
aus Keramik und verbindet edle<br />
Optik mit einem völlig neuen hapti-<br />
schen Erlebnis. Der untere Bereich des<br />
Baukörpers sorgt mit einem zweiflutigen<br />
Luftkanal und separaten Ausströmern<br />
für einen geräuschlosen Luftstrom<br />
im linken und rechten Fondbereich.<br />
Die Mittelarmlehne bildet eine<br />
eigenständige Funktionseinheit, die in<br />
ergonomisch optimaler Höhe über dem<br />
Basisträger zu schweben scheint. Unter<br />
ihrem Deckel, der sich mit Hilfe von<br />
Servo-Motoren elektrisch öffnet, findet<br />
im multifunktionalen Stauraum zum<br />
Beispiel der MP3-Player oder das Handy<br />
seinen Platz.<br />
‚Klimaanlage‘ für Getränke<br />
Standardisierte Schnittstellen erlauben<br />
einen Anschluss an das Entertainmentund<br />
Kommunikationssystem ohne<br />
sichtbare Leitungsverbindungen; so<br />
kann während der Autofahrt das Mobiltelefon<br />
schnurlos geladen werden.<br />
Die beiden Cupholder, ebenfalls elektrisch<br />
ausfahrbar, lassen sich wahlweise<br />
kühlen oder beheizen.<br />
Bei der Designstudie wurden im Bereich<br />
Elektronik wesentliche mechanische<br />
Funktionen konsequent durch<br />
elektrische Komponenten realisiert,<br />
was eine hohe Funktionsdichte bei<br />
gleichzeitig deutlicher Gewichtsersparnis<br />
ermöglicht.<br />
Besonders interessant sind auch die<br />
nahtlos integrierten Bedien- und Anzeigeelemente:<br />
Auf Basis moderner Piezotechnologie<br />
wurden Taster unterbrechungslos<br />
direkt in unterschiedliche<br />
Materialoberflächen integriert; ergänzt<br />
durch hoch auflösende, ebenfalls plan<br />
in die Oberfläche eingearbeitete TFT-<br />
Displays für Infotainment und Multimedia.<br />
Und nachts entsteht mit Hilfe<br />
modernster LED- und Lichtleitertechnik<br />
ein angenehmes Lichtambiente, das<br />
insbesondere die Bedienbereiche in ein<br />
effektvolles Licht taucht und die Konturen<br />
der Konsole betont. �<br />
Futuristische Studie mit Bauteilen von heute:<br />
Die ,ConceptConsole’ von Dräxlmaier überrascht<br />
unter anderem mit einem zentralen<br />
Bedienelement gefertigt aus Keramik.
Bilder: ebm-papst<br />
Starke Helfer<br />
EBM-PAPST – Moderne EC-Antriebsmotoren bilden künftig die Schnittstelle zwischen<br />
flexibler Elektronik und starrer mechanischer Peripherie. Zudem können sie sich als<br />
intelligenter Antrieb selbst überwachen, Sicherheitsfunktionen übernehmen und damit<br />
dem Fahrzeugmanagement völlig neue Regelungsmöglichkeiten eröffnen.<br />
Seit dem ersten Verbrennungsmotor<br />
setzten die Entwickler mangels Alternativen<br />
auf die einfache, aber<br />
unflexible starre Kopplung von Kurbelund<br />
Nockenwelle – auch für den Antrieb<br />
zahlloser Neben- und Zusatzaggregate.<br />
Der Zahnräder-Ketten-Riementrum<br />
am Motor wurde immer monströser.<br />
Abhilfe schafft der Einsatz moderner<br />
dezentraler Antriebe. Elektronisch<br />
gesteuert können EC-Motoren vielfältige<br />
Sicherheits- und Zusatzfunktionen<br />
im Fahrzeug antreiben.<br />
Dank Miniaturisierung<br />
lassen sich dezentrale Antriebe<br />
maßschneidern<br />
Der kompakte Antrieb vor Ort ist Platz<br />
sparend und wartungsarm. Aufwändige<br />
Inspektionen wie von Riemen oder<br />
Spannrollen entfallen. Neue Konzepte<br />
des Motorenherstellers ebm-papst (St.<br />
Georgen) im Kleinantriebsbereich eröffnen<br />
für dezentrale Antriebe ein breites<br />
Einsatzgebiet.<br />
Die Nachteile der mechanischen<br />
Kopplung zum Hauptmotor: Die Dreh-<br />
zahl des Verbrennungsmotors und damit<br />
seine Leistung variieren und es divergieren<br />
oft Antriebsleistung und Leistungsnachfrage<br />
der Aggregate. Daher<br />
ist eine mechanische Kopplung energetisch<br />
ineffektiv. Da hierbei Systeme wie<br />
Kühlflüssigkeits- oder Servopumpe von<br />
der ersten Fahrzeugbewegung an auf<br />
ihr Leistungsmaximum hochgefahren<br />
werden, ist die Energiebilanz ineffizient.<br />
Bei elektronisch gesteuerten EC-Motoren<br />
als Kraftquelle hingegen entkoppeln<br />
sich Leistungsangebot<br />
und Leistungsnachfrage. EC-<br />
Antriebe haben als einzige<br />
mechanische Verschleißkomponente<br />
die Lager. Zigtausend<br />
wartungsfreie Betriebsstunden<br />
unter Volllast sind<br />
Standard; ein EC-Motor hält<br />
ein Autoleben lang. Die Antriebe lassen<br />
sich feinfühlig in allen Last- und Drehzahlbereichen<br />
regeln. So ist ein Vierquadrantenbetrieb<br />
(Beschleunigen oder<br />
Bremsen in beide Drehrichtungen) problemlos<br />
möglich.<br />
In den gehobenen Fahrzeugklassen<br />
sind erste Beispiele bereits realisiert: eine<br />
Lenkunterstützung per Elektromotor<br />
und Überlagerungsgetriebe, ebenso<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Zeitgemäße, flexible Technik: EC-Motoren für Kraftfahrzeuge.<br />
Dank Miniaturisierung der Elektronik<br />
und neuer, hochenergetischer Magnetmaterialien<br />
lassen sich dezentrale Antriebe maßschneidern.<br />
Bereits in Serienfertigung: Hochdynamischer Lenkhilfemotor.<br />
Servolenkungen mit Elektromotor statt<br />
Hydraulik. Bei der Lenkhilfe ist der Antriebsmotor<br />
mit wechselnden Drehzahlen<br />
zwischen Null und 6 000 Umdrehungen<br />
pro Minute über die gesamte<br />
Lebensdauer extrem gefordert. Feinfühliger,<br />
fast als schrittmotorartig zu bezeichnender<br />
Einsatz und schneller<br />
Wechsel zum dynamischen Hochlauf<br />
sind gefragt. Der Motor wird dabei ständig<br />
im Vierquadrantenbetrieb belastet.<br />
Dank Miniaturisierung der Elektronik<br />
und neuer, hochenergetischer Magnetmaterialien<br />
lassen sich dezentrale<br />
Antriebe maßschneidern. Die Vorgabe:<br />
Schock- und Vibrationsbelastungen bis<br />
über 10 g dauerhaft standzuhalten und<br />
ein weiter Temperaturbereich (-40 bis<br />
+120 °C), Temperaturschock sowie hohe<br />
chemische wie mechanische Resistenz.<br />
Die integrierte elektronische Motoransteuerung<br />
übernimmt weitere Aufgaben<br />
wie etwa Drehmoment- oder<br />
Drehzahlkontrolle, Fehlermeldungsausgang<br />
oder die Anbindung des Antriebs<br />
in das Bussystem. Kompakte Innen-<br />
oder Außenläufermotoren erlauben<br />
eine optimale Anpassung des Aktors<br />
an die individuelle Antriebstechnik.<br />
�<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
53
Bild: Eberspächer<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Weniger Emissionen – mehr Komfort<br />
EBERSPÄCHER – Abgasanlagen und Heizungen, für beides ist Eberspächer zuständig. Im Fokus der<br />
<strong>Innovationen</strong> stehen bei Eberspächer derzeit leistungsstarke und zugleich sparsame Nutzfahrzeugheizungen<br />
sowie Maßnahmen zur Verbrauchs- und Emissionsreduzierung, beispielsweise mittels<br />
SCR-Systemen oder ,Fuel Processor’. Letzterer soll 2011 in Serie gehen.<br />
Langlebig, leise und leistungsstark:<br />
die drei großen Pluspunkte der ,Hydronic<br />
M II’, einer neuen Generation<br />
von Nutzfahrzeugheizungen von<br />
Eberspächer, die mit neuartiger Brennkammertechnologie<br />
und verschleißfreien<br />
elektronisch kommutierten Antrieben<br />
arbeitet.<br />
Die Zwölf-Kilowatt-Variante ist die<br />
erste Wasserheizung mit einem Regelbereich<br />
von 1,2 bis 12 Kilowatt – also<br />
ein Verhältnis von 1:10, was bisher nur<br />
bei Luftheizungen möglich war. Die<br />
Anzahl der Betriebsstunden hat sich bei<br />
der ,Hydronic M II’ im Vergleich zum<br />
Vorgängermodell von 3 000 auf 6 000<br />
verdoppelt. Die maximale Heizleistung<br />
von acht, zehn oder zwölf Kilowatt<br />
wird trotz geringerem Stromverbrauch<br />
bereits nach zwei Dritteln der bisherigen<br />
Zeit erreicht.<br />
Weitere Vorteile der M II-Familie<br />
sind automatische Höhenanpassung<br />
(bis zu 2 800 Metern) und geringer<br />
Kraftstoffverbrauch: Die Acht-Kilowatt-Variante<br />
verbrennt nur 0,9 Liter<br />
pro Stunde und kann mit bis zu 100<br />
Prozent Biodiesel (PME) betrieben<br />
54 Car Innovation · Mai 2008<br />
werden. Einsatzgebiete sind Lkw,<br />
mittelgroße Busse, Transporter sowie<br />
Bau-, Schienen- und Sonderfahrzeuge.<br />
Optimierte SCR-Abgassysteme<br />
Künftig müssen noch strengere Grenzwerte<br />
für Stickoxide in Europa (Euro 6)<br />
und den USA (EPA 10) eingehalten<br />
werden. Hierzu hat Eberspächer seine<br />
SCR-Systeme (Selective Catalytic Reduction)<br />
optimiert: Durch ein komplexes<br />
Verteilungs-, Strömungs- und Wärmemanagement<br />
wird aus dem eingedüsten<br />
Harnstoff mehr Ammoniak zur<br />
Reduzierung von Stickoxiden gewonnen<br />
und der SCR-Katalysator springt<br />
schneller an. Hierfür wird der Wärmeverlust<br />
im Abgasrohr minimiert, der<br />
Harnstoff gleichmäßig verteilt und vollständig<br />
verdampft. Ein doppelwandiges,<br />
luftspaltisoliertes SCR-Abgasrohr<br />
hält die Temperatur aufrecht und<br />
unterstützt durch seine spezielle Form<br />
die gleichmäßige Vermischung von<br />
Harnstoff und Abgas. Spezielle Mischund<br />
Strömungselemente optimieren<br />
die Vermischung und Verdampfung.<br />
Langlebig, leise, leistungsstark:<br />
Die Anzahl der Betriebsstunden hat<br />
sich bei der neuen Nutzfahrzeugheizung<br />
,Hydronic M II’ im Vergleich<br />
zum Vorgängermodell<br />
von 3 000 auf 6 000 verdoppelt.<br />
Ab 2011 serienreif: Fuel Processor<br />
Der ,Fuel Processor’ sorgt für ein aktives<br />
Wärmemanagement in der Abgasanlage<br />
und optimiert so die gesamte<br />
Abgasnachbehandlung. Verdampfter<br />
und teiloxidierter Kraftstoff wird in die<br />
Abgasanlage eingedüst. Folge: Oxidations-<br />
und SCR-Katalysatoren springen<br />
schneller an, die Regeneration des NO x -<br />
Speicherkatalysators wird nahezu<br />
motorunabhängig eingeleitet und der<br />
Partikelfilter wird autark unter allen<br />
Betriebsbedingungen gleichmäßig regeneriert.<br />
Anders als beim HC-Doser, der flüssigen<br />
Kraftstoff ins Abgassystem einspritzt,<br />
treten beim Fuel Processor keine<br />
Probleme durch Verdampfung und Rekondensation<br />
in der Abgasanlage auf.<br />
Im Vergleich zu motorischen Maßnahmen<br />
entstehen weniger Wärmeverluste,<br />
Kraftstoff wird eingespart. Die Neuentwicklung<br />
soll 2011 in Serie gehen.<br />
Schalldämpfung und Sound-Design<br />
Durch das Antischall-System ,Active<br />
Silence’ gleicht der moderne Diesel-<br />
Pkw jetzt auch beim Sound einem Benziner.<br />
Eine individuelle Auswahl ist<br />
möglich: superleise, elegant oder kraftvoll<br />
sportlich. Auch den Fahrer oft verunsichernde<br />
plötzliche Veränderungen<br />
im Abgasgeräusch bei Zylinderabschaltung<br />
oder im Hybridbetrieb können<br />
ausgeblendet werden. Störende Schallwellen<br />
werden durch ihr negatives<br />
Gegenbild (Antischall) aus kleinen, effizienten<br />
Lautsprechern ausgelöscht. Die<br />
Folge: eine sehr hohe Schalldämpfung<br />
bei kleinem Abgasgegendruck mit geringerem<br />
Bauraum als mit konventionellen<br />
Schalldämpfern. �
,Best fit’ als Maxime<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
EDAG – Wenn sich der Engineering-Spezialist Edag eines Themas annimmt, stehen zwei Fragen<br />
im Vordergrund: Welche Bedürfnisse hat der Nutzer und wie lässt sich ein neues Produkt<br />
sicher und qualitativ auf höchstem Niveau und trotzdem preisgünstig fertigen?<br />
Das Erfolgsgeheimnis von Edag als<br />
weltweit größter, unabhängiger<br />
Entwicklungspartner der Fahrzeugbranche<br />
ist das vernetzte Engineering<br />
von Produkt und Produktion. Dieses<br />
ganzheitliche Prozessverständnis<br />
ruht auf drei Säulen. Im Engineering-<br />
Prozess werden Methoden, Projektabläufe<br />
und Engineering-Tools permanent<br />
weiterentwickelt und damit Projektlaufzeiten<br />
verkürzt, die Kosten gesenkt<br />
und die Qualität erhöht.<br />
Dabei werden mit dem ,Produktionsgetriebenen<br />
Engineering’ in der Produktentwicklung<br />
schon frühzeitig die<br />
Belange von Produktionsprozessen berücksichtigt.<br />
Die Edag-Spezialisten im<br />
,Digital Engineering’ beraten Fahrzeugentwickler<br />
ebenso wie die Anlagenbauer<br />
anhand virtueller Modelle und Simulation.<br />
Im Dialog werden fertigungsoptimierte<br />
Produkte definiert und die<br />
Edag-Fahrzeugentwickler über die Potenziale<br />
neuer Fertigungstechnologien<br />
informiert.<br />
Leichtbau und neue Materialien<br />
Die Fahrzeuge sollen nicht nur sicherer<br />
werden, sondern auch komfortabler und<br />
umweltfreundlicher. Daher kommen<br />
den Themen Leichtbau und neue Materialien<br />
eine hohe Bedeutung zu. Zudem<br />
werden innovative Karosseriekonzepte<br />
im Ex- und Interieur zukünftig den<br />
Komfort im Fahrzeug steigern müssen.<br />
Ergonomisch optimierte Package-<br />
Konzepte wie zum Beispiel im Bereich<br />
Einstiegshilfen erhöhen maßgeblich<br />
den Komfort. Bedienung, Sitzkomfort,<br />
Fahrzeugklima und Sichtverhältnisse<br />
sind für die sich ändernden Anforderungen<br />
stetig weiterzuentwickeln und<br />
funktionsoptimiert und anwendergerecht<br />
zu realisieren.<br />
Exemplarisch für das Schwerpunktthema<br />
Komfort präsentierte Edag auf<br />
dem Genfer Automobilsalon 2008 eine<br />
automatische Schwenkdachlösung, die<br />
es ermöglicht, komfortabel aus dem<br />
Fondbereich einer Limousine ein- und<br />
auszusteigen. Hierbei wurde der seitliche<br />
Dachrahmen durchtrennt und die Steifigkeit<br />
durch ein speziell entwickeltes<br />
Verstärkungselement wieder hergestellt.<br />
Dritter Baustein ist die Produktion.<br />
Hier arbeitet Edag an flexiblen Produktionstechnologien,<br />
die es ermöglichen,<br />
eine Vielzahl von Fahrzeugderivaten<br />
auf der gleichen Produktionslinie herzustellen.<br />
Dies führt zu niedrigen Herstellungskosten<br />
bei höchster Qualität.<br />
,Best fit’ bei Mercedes-Benz<br />
Hierbei leisten Bildverarbeitungssysteme<br />
einen wichtigen Beitrag. Das ,Best-<br />
Fit’ genannte System von Edag ist ein<br />
sensorgestütztes Verfahren zur hochpräzisen<br />
Montage von Anbauteilen in<br />
der Automobilproduktion.<br />
Dabei werden zum Beispiel bei der Türmontage<br />
durch Sensoren die Maße für<br />
Spalt und Übergang für jede gefertigte<br />
Tür und den Ausschnitt in der Seitenwand<br />
des Fahrzeugs ermittelt, die optimale<br />
Position berechnet und diese durch<br />
den Roboter zielgenau angesteuert. Die<br />
Besonderheit des Edag ,Best-Fit’-Systems<br />
ist hierbei, dass es lernt und so das<br />
Setzverhalten durch den Fügeprozess<br />
selbstständig nachregelt. Mittlerweile<br />
werden mit diesem System zum Beispiel<br />
alle Anbauteile der Mercedes S-Klasse<br />
oder die Türen des Opel Corsa an zwei<br />
europäischen Standorten eingebaut. �<br />
Idee mit Weitblick:<br />
Edag präsentierte auf dem Genfer<br />
Automobilsalon 2008 eine automatische<br />
Schwenkdachlösung,<br />
die es ermöglicht, noch komfortabler<br />
aus dem Fondbereich<br />
ein- und auszusteigen.<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
55<br />
Bild: Edag
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Der Chip macht’s<br />
ELMOS – Die Anforderungen an die Sicherheit sowie die Bestrebungen zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes<br />
und des Verbrauchs fordern die Autoindustrie. Elmos unterstützt automobiltechnische<br />
<strong>Innovationen</strong> durch die Entwicklung unter anderen von Elektronikkomponenten, die beispielsweise<br />
ein permanentes Erfassen der Straßenoberfläche anhand von Infrarotsensoren ermöglichen.<br />
Wichtige Innovationsmotoren<br />
in der Automobilindustrie<br />
sind weiterhin die Halbleiter<br />
und die Elektronik. Dieser seit vielen<br />
Jahren ungebrochene Trend wird sich<br />
auch in Zukunft fortsetzen – einerseits<br />
durch die Steigerung der aktiven und<br />
passiven Sicherheit für Fahrer, Mitfahrer<br />
und Fußgänger, andererseits durch<br />
das Engagement zur Emissionsminderung<br />
und Verbrauchsreduzierung.<br />
Halbleiterhersteller wie Elmos spielen<br />
bei Entwicklung und Realisierung von<br />
<strong>Innovationen</strong> eine wichtige Rolle.<br />
Start mit kleinen Stückzahlen<br />
<strong>Innovationen</strong> beginnen dank Kostenund<br />
Risikoabwägung in der Regel mit<br />
kleinen Stückzahlen. Viele neue Applikationen<br />
werden erst einmal durch<br />
kundenspezifische Halbleiter (so genannte<br />
ASICs) eingeführt. Dies ist eine<br />
maßgeschneiderte Lösung, die ideal die<br />
Anforderungen des Kunden erfüllt.<br />
Rund 90 Prozent des Umsatzes erzielt<br />
Elmos mit speziellen Lösungen und gilt<br />
damit als Experte für neue Funktionen<br />
und neue Applikationen.<br />
In den vergangenen Jahren hat Elmos<br />
zahlreiche <strong>Innovationen</strong> in den<br />
56 Car Innovation · Mai 2008<br />
Markt eingeführt; andere Neuerungen<br />
stehen vor dem Serienstart.<br />
Ein Beispiel ist das Fahrspurerkennungssystem.<br />
Ein Elmos-Chip erkennt<br />
dabei, ob der Fahrer unbeabsichtigt die<br />
Fahrspur verlässt und warnt ihn entsprechend.<br />
Ermöglicht wird dies durch<br />
das permanente Abtasten der Straßenoberfläche<br />
anhand von Infrarotsensoren.<br />
Das System basiert auf dem patentierten<br />
,Halios’-Prinzip. Dieses System<br />
besteht aus optischen Sende- und<br />
Empfangselementen (LED’s und Fotodioden).<br />
,Halios’-Applikationen lassen<br />
Fahrspurerkennung – die beste<br />
technische Neuentwicklung des<br />
Jahres 2005<br />
Bild: Elmos<br />
sich ohne jegliche Mechanik realisieren<br />
und sind daher verschleißfrei. Die<br />
,Auto-Bild’-Gruppe hat dieses System<br />
mit dem ,Auto1’-Innovationspreis für<br />
die beste technische Neuentwicklung<br />
des Jahres 2005 prämiert. Ein anderes<br />
Sternkoppler für Bus-Systeme:<br />
Der ,FlexRay’-Baustein E910.56<br />
von Elmos. Bei BMW ist Elmos als<br />
Lieferant für Bausteine des neuen<br />
Hochgeschwindigkeits-Bus-Standards<br />
gelistet.<br />
Beispiel ist das ,VirtuHall’-Verfahren<br />
zur EC-Motoransteuerung. Das Verfahren<br />
ermöglicht einen geregelten Motoranlauf<br />
aus dem Stillstand heraus und<br />
bietet eine optimierte Kontrolle von<br />
Drehzahl und Drehmoment während<br />
des Betriebs. Damit lassen sich hoch effiziente<br />
und bedarfsgesteuerte EC-Motoransteuerungen<br />
realisieren, was zu<br />
einem geringeren Energieverbrauch im<br />
Vergleich zu heutigen Systemen führt.<br />
Die Zukunft: Netzwerke<br />
Im Bereich der Vernetzung mit Bus-<br />
Systemen im Automobil ist die wichtigste<br />
Neuerung der vergangenen<br />
Jahre die Einführung des ,FlexRay’-<br />
Netzwerkes. Elmos ist hierbei Innovationsführer<br />
und hat als weltweit erstes<br />
Unternehmen erfolgreich einen<br />
,FlexRay’-Sternkoppler entwickelt.<br />
Der ,FlexRay’-Baustein E910.56 von<br />
Elmos ist ein Vierfach-Sternkoppler,<br />
der über das Netzwerk geweckt werden<br />
kann und über eine<br />
eigene SPI-Diagnose-<br />
schnittstelle verfügt. Damit<br />
ermöglicht der Baustein<br />
eine umfangreiche<br />
Diagnosefunktionalität<br />
mit entsprechender Fehlererkennung<br />
und Fehlerbehandlung.<br />
Elmos will auch weiterhin einen<br />
hohen Anteil des Umsatzes in Forschung<br />
und Entwicklung investieren,<br />
um weiterhin die optimalen Halbleiter<br />
für das Auto von morgen zu schaffen.<br />
�
Innovation als Erfolgsfaktor<br />
Im Mittelpunkt der Entwicklung stehen<br />
die Kernthemen der Automobilhersteller:<br />
Emissions- und Verbrauchsreduzierung<br />
sowie alternative Energien.<br />
Die ElringKlinger AG leistet mit Knowhow<br />
und modernen Technologien aus<br />
den Kernbereichen Zylinderkopfdichtungen,<br />
Spezialdichtungen, Kunststoff-<br />
Gehäusemodule und Abschirmteile rund<br />
um Motor, Getriebe und Abgasstrang einen<br />
wesentlichen Beitrag zu neuen zukunftsweisenden<br />
Produkten.<br />
,Spezialitäten’ für alle Fälle<br />
Abgasanlagen werden aufgrund der<br />
verschärften Emissionsgesetzgebung<br />
vor allem beim Dieselmotor immer<br />
komplexer. Es kommen Oxidationskatalysatoren,<br />
Partikelfilter und CSR-Systeme<br />
zum Einsatz. ElringKlinger entwickelt<br />
für diese wachsenden Anwendungsgebiete<br />
Spezialdichtungen, die<br />
Betriebstemperaturen bis zu 1 000 Grad<br />
Celsius standhalten. Dazu zählen auch<br />
Verbindungskomponenten und Hochtemperaturdichtungen<br />
für Dieselpartikelfilter<br />
sowie Spezialdichtungen und<br />
Abschirmteile für DeNO x -Module.<br />
Im Bereich Zylinderkopfdichtungen<br />
ermöglichen neue, geprägte Stoppertechnologien<br />
eine flexible Breiten- und<br />
Höhenprofilierung und dadurch einen<br />
maximalen konstruktiven Freiraum bei<br />
der Motorkonstruktion. Darüber hinaus<br />
wurde für Zylinderkopfdichtungen mit<br />
partieller Beschichtung ein neues Elastomermaterial<br />
entwickelt, das in puncto<br />
Standfestigkeit auf extremste Belastungen<br />
ausgelegt ist.<br />
Gut abgeschirmt<br />
Zunehmende Leistungsdichte, begrenzter<br />
Einbauraum und neue hitzeleitende<br />
Werkstoffe stellen hohe Anforderungen<br />
an das Wärmemanagement im Motor,<br />
am Abgastrakt und Unterboden. Elring-<br />
Klinger entwickelt für jede Applikation<br />
individuelle Abschirmteile aus unterschiedlichen<br />
Metallen, mit und ohne<br />
Isolierung in Kombination mit Kunststoff<br />
oder Glasfasergewebe. Diverse Anbauteile<br />
beziehungsweise Zusatzfunktionen<br />
von Dichtungen, Entkopplungsund<br />
Befestigungselementen bis zu Sensoren<br />
können integriert werden.<br />
Leichtbaumodule aus Kunststoff<br />
Die neuen multifunktionalen Kunststoff-Ventilhaubenmodule<br />
mit integrierter<br />
Elastomerdichtung, Ölabscheidung<br />
und Entkopplungselementen tragen<br />
durch Gewichtsreduzierung zu optimalen<br />
Verbrauchs- und Emissionswerten<br />
bei.<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Durchblick: Die ElringKlinger AG entwickelt<br />
unter anderem für Abgasanlagen Spezialdichtungen,<br />
die Betriebstemperaturen bis<br />
zu 1 000 Grad Celsius standhalten.<br />
ELRINGKLINGER – Für eine nachhaltige Zukunft baut Dichtungsspezialist ElringKlinger seine Kompetenzfelder<br />
kontinuierlich aus. Neben Spezialdichtungen und Abschirmteilen fokussiert das<br />
Unternehmen verstärkt auch neue Antriebskonzepte und unterstützt innovative Konzepte unter<br />
anderem mit Stacks für SOFC- (Solid Oxide Fuel Cell) Hochtemperatur-Brennstoffzellen.<br />
Dieselpartikelfilter-System<br />
Nach Abschluss der zurzeit laufenden<br />
Vorentwicklung eines neuen Dieselpartikelfilterkonzepts<br />
sollen in der zweiten<br />
Jahreshälfte 2008 erste Musterteile hergestellt<br />
werden. Das neue System ermöglicht<br />
freiere Gestaltungsmöglichkeiten<br />
der Kanalgeometrien, eine effizientere<br />
Schadstoffreduzierung und einen<br />
geringeren Abgasgegendruck.<br />
Brennstoffzellenkomponenten<br />
ElringKlinger entwickelt und produziert<br />
Komponenten und komplette<br />
Stacks für SOFC- (Solid Oxide Fuel<br />
Cell) Hochtemperatur-Brennstoffzellen.<br />
Dieses System kann Energieträger wie<br />
Benzin, Diesel, Erdgas oder Biogas mit<br />
hohem Wirkungsgrad in elektrische<br />
Energie umwandeln. Anwendungsmöglichkeiten<br />
bestehen bei neuen<br />
Hybridkonzepten für emissionsarme<br />
Pkw-Antriebe, bei der Lkw-Standklimatisierung<br />
und im Bereich der stationären<br />
Kraft-Wärme-Kopplung.<br />
Eine weitere Entwicklung sind<br />
Bipolarplatten für PEM- (Proton Exchange<br />
Membran) Niedertemperatur-<br />
Brennstoffzellen mit integriertem<br />
Dichtsystem. Diese Technologie soll<br />
langfristig im Antriebsstrang zum Einsatz<br />
kommen. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
57<br />
Bild: ElringKlinger
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Effektive Abgasnachbehandlung<br />
EMITEC – Mit der Entwicklung des Metallwabenkörpers für Katalysatoren wurde Emitec<br />
groß. Heute zählt das Unternehmen zu den Wegbereitern zukunftsweisender Abgastechniken<br />
wie beispielsweise das SCRi-System zur kontinuierlichen Reduktion von Rußpartikelund<br />
NO x -Emissionen.<br />
Als ein Ingenieursteam die zuvor<br />
für unlösbar gehaltenen Probleme<br />
schrittweise bewältigt hatte,<br />
gründeten sie im Jahr 1986 das Unternehmen<br />
Emitec in Lohmar. Es war ihnen<br />
gelungen, hauchdünne Folien aus<br />
hochwärmebeständigem Stahl, dünner<br />
als die Dicke eines Papierblatts, so sicher<br />
in der stählernen Umhüllung zu<br />
verankern, dass selbst schroffe Temperatursprünge<br />
und höchste Abgastemperaturen<br />
der Konstruktion nichts anhaben<br />
konnten.<br />
Zunächst wurden von Emitec<br />
Metallträger für Ottomotor-Drei-Wege-<br />
Hochleistungs-Katalysatoren hergestellt.<br />
Alpina, Jaguar, Ferrari und Porsche<br />
waren die ersten Kunden. Noch<br />
bildeten glatte und gewellte Folien im<br />
Wechsel den Wabenkörper. Doch dann<br />
gelang ein weiterer technischer Durchbruch:<br />
Durch Einprägungen, Einschnitte<br />
und Lochung der Folien zur Verbesserung<br />
der katalytischen Wirkung und<br />
Nutzung des ganzen Trägerquerschnitts<br />
58 Car Innovation · Mai 2008<br />
Chemiefabrik unter dem Wagenboden: Um künftige Abgasgrenzwerte<br />
zu unterbieten, müssen Dieselmotoren mit einem<br />
NO x -Reduktionssystem ausgerüstet werden. Das SCR-System<br />
besteht aus einer Harnstoffeindosierung, einem Mischer, einen<br />
Hydrolysekatalysator, der Harnstoff in Ammoniak umwandelt,<br />
und einem SCR-Katalysator, der die NO x -Reduktion bewirkt.<br />
wurde das Abgas in gezielte Turbulenz<br />
versetzt.<br />
Dadurch ließen sich die Träger bei<br />
unveränderter Wirkung kleiner und<br />
leichter ausführen. Oxidationskatalysatoren<br />
für Dieselmotoren folgten,<br />
schließlich der PM-Metalit, ein Ruß-<br />
Partikelfilter, der auch unter extremen<br />
Bedingungen nicht verstopfen kann<br />
und der den Abgasgegendruck im Interesse<br />
geringsten Verbrauchs nicht herauf<br />
setzt. Der PM-Metalit konnte damit<br />
nicht nur in Großserien für Pkw und<br />
Nutzfahrzeugen, sondern auch für die<br />
Nachrüstung eingesetzt werden und erfreut<br />
sich auch als Export nach Asien<br />
steigender Nachfrage.<br />
In jüngster Zeit ging ein neuartiger,<br />
geregelter Ottomotor-Katalysator in Serie,<br />
bei dem die Lambda-Sonde nicht<br />
mehr vor dem Metallträger eingebaut<br />
wird, sondern in dessen Innerem. Die<br />
Sonde wird dadurch gegen Kondenswasser<br />
geschützt und kann früher die<br />
Lambda-Regelung zur Emissionssen-<br />
Bild: Emitec.<br />
kung übernehmen. Um die künftig geltenden<br />
Abgasgrenzwerte zu unterbieten,<br />
müssen Dieselmotoren nicht nur<br />
mit einem Oxidationskatalysator und<br />
einem Partikelfilter, sondern auch mit<br />
einem NO x -Reduktionssystem ausgerüstet<br />
werden. SCR (selective catalytic<br />
reduction) ist ein wirksames Verfahren,<br />
um Stickoxide im Abgas um rund 80<br />
Prozent in neutralen Stickstoff umzuwandeln.<br />
Es besteht aus einer Harnstoffeindosierung,<br />
einem Mischer, einem Hydrolysekatalysator,<br />
der Harnstoff in Ammoniak<br />
umwandelt, einem SCR-Katalysator,<br />
der die NO x -Reduktion bewirkt,<br />
und gegebenenfalls einem Ammoniak-<br />
Sperrkatalysator. SCR erlaubt die NO x -<br />
Motoremissionen anzuheben, was zu<br />
verringertem Kraftstoffverbrauch führt.<br />
SCRi als jüngste Innovation<br />
Die neuartige Emitec SCR-Lösung heißt<br />
SCRi, wobei das ,i’ für ,integriert’ steht.<br />
Im Gegensatz zum herkömmlichen<br />
SCR-Verfahren, das Harnstoff-Wasser-<br />
Gemisch hinter dem Oxi-Kat und dem<br />
Partikelfilter eindüst, wird die Harnstoff-<br />
Wasser-Lösung vor dem als Mischer,<br />
Hydrolyse-Kat und Partikelfilter wirkenden<br />
PM-Metalit eingespritzt. Hier<br />
erfolgt gleichzeitig die kontinuierliche<br />
Ruß-Partikelminderung von 60 bis über<br />
90 Prozent und die Umwandlung des<br />
Harnstoffs zu Ammoniak. Damit kann<br />
im nachfolgenden SCR-Katalysator die<br />
ebenfalls kontinuierliche Stickoxid-Reduktion<br />
mit einem Wirkungsgrad von<br />
circa 80 Prozent erfolgen.<br />
Den Spezialisten bei Emitec ist es gelungen,<br />
unterschiedliche chemische<br />
Funktionen zu integrieren und damit<br />
den apparativen Aufbau sowie den<br />
Platzbedarf deutlich zu reduzieren. Das<br />
SCRi eignet sich nicht nur für Pkw,<br />
sondern auch für Lkw, Traktoren und<br />
Baumaschinen.<br />
Die weltweit immer strengeren<br />
Emissionsgesetze zwingen in den kommenden<br />
Jahren zu weiteren Produkt<strong>innovation</strong>en.<br />
Emitec ist darauf vorbereitet.<br />
�
Sauber wie eine Lotusblüte<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
EYBL INTERNATIONAL – Sauber dank Nanotechnologie, diesem Credo folgte Eybl International und<br />
entwickelte eine schmutzabweisende Nanobeschichtung für Sitzstoffe. Für noch mehr Komfort sorgt<br />
eine neuartige Sitzheizung mit regelbarer Temperatur und optimaler thermischer Verteilung.<br />
Die Bedeutung des hochwertigen,<br />
freundlichen und individuell gestaltbaren<br />
automobilen Innenraums<br />
wird von Jahr zu Jahr größer.<br />
Der österreichische Automotive-Interieur-Spezialist<br />
Eybl International mit<br />
Sitz im niederösterreichischen Krems<br />
an der Donau entwickelt derzeit eine<br />
ganze Reihe interessanter <strong>Innovationen</strong>,<br />
die schon bald in der Serienproduktion<br />
für Furore sorgen könnten.<br />
Der Trend im Innenraum geht zu<br />
hellen, freundlichen Farben. Umso größer<br />
wird gleichzeitig die Bedeutung<br />
schmutzabweisender Textilien. Nur ein<br />
neuwertiger Innenraum erfreut den<br />
Besitzer – und dient einem attraktiven<br />
Wiederverkaufspreis des Wagens.<br />
Eybl International hat nun ein Textil<br />
entwickelt, dessen Anschmutzverhalten<br />
neue Standards setzt. Die Idee zur<br />
Entwicklung geht auf den ,Lotusblüteneffekt’<br />
zurück. Als solchen bezeichnet<br />
die Wissenschaft die Tatsache, dass die<br />
Blätter der Lotusblüte Flüssigkeiten<br />
rückstandslos abperlen lassen und noch<br />
dazu selbstreinigend wirken, denn das<br />
an der Blüte abperlende Wasser nimmt<br />
etwaige Schmutzkörnchen ganz einfach<br />
mit.<br />
2008 serienreif: ‚Sol-Gel‘-Textilien<br />
Markus Hinterwallner, Entwicklungsleiter<br />
der Eybl International AG, über<br />
den technologischen Trick: „Ketchup-,<br />
Tinten- oder Schokoladeflecken auf den<br />
Autositzen sind dann kein Problem<br />
mehr. Das bloße Abwischen mit Wasser<br />
reicht zur Reinigung aus. Durch die<br />
Energie und Wasser sparende, nachträgliche<br />
,Sol-Gel’-Beschichtung des<br />
Textils erreichen wir ein stabiles Oberflächennetzwerk<br />
der Nanopartikel.<br />
Und diese Beschichtungen halten je<br />
nach mechanischer Beanspruchung<br />
und Belastung durch UV-Strahlen etwa<br />
fünf Jahre.“ Die Schmutz abweisenden<br />
Textilien von Eybl sollen noch 2008 Serienreife<br />
erlangen und sind für den Einsatz<br />
in sämtlichen Fahrzeugklassen geeignet.<br />
Eine perfekte Sitzheizung ,von<br />
der Rolle’ ist ein weiteres Thema, an das<br />
Eybl derzeit intensiv arbeitet. Die Inno-<br />
vationen der Marke Eybl zielen nicht<br />
nur auf das Auge, sondern auch auf die<br />
Behaglichkeit ab: In Zusammenarbeit<br />
mit Partnern wurde ein neuartiges Sitzheizungskonzept<br />
mit wesentlichen Vorteilen<br />
entwickelt.<br />
Die Wärmeabgabe ist stufenlos regelbar,<br />
eine optimale thermische Verteilung<br />
ist garantiert und das Textil ist<br />
nicht nur in Sitzflächen, sondern ebenso<br />
einfach in Seitenverkleidungen,<br />
Dachhimmeln oder Fahrerkabinen von<br />
Lkws einsetzbar. Die Serienreife dieser<br />
etwas anderen Sitzheizung ist für März<br />
2009 avisiert. Eine weitere Innovation<br />
von Eybl wird künftig vorerst im Show<strong>car</strong>-Bereich<br />
auf den großen Automobilsalons<br />
zu bestaunen sein: Das so ge-<br />
Der ,Lotusblüteneffekt’: Durch die<br />
nachträgliche ,Sol-Gel’-Beschichtung des<br />
Stoffes perlt Feuchtigkeit rückstandsfrei ab<br />
und wäscht Schmutzpartikel einfach ab.<br />
nannte ,UV-Garn’. Dieses in Kooperation<br />
mit dem Garnhersteller Trevira<br />
entwickelte Garn für Unistoffe ist bei<br />
normalen Lichtverhältnissen nicht als<br />
eine Besonderheit zu erkennen. Wird<br />
der Innenraum jedoch mit einer UV-<br />
Lichtquelle erhellt, dann erstrahlen<br />
plötzlich alle nur denkbaren Muster –<br />
vom Herstellerlogo über Initialen des<br />
Fahrzeugeigners bis hin zu künstlerischen<br />
Motiven. Dem individuellen Geschmack<br />
sind damit Tür und Kofferraum<br />
geöffnet. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
59<br />
Bild: Eybl International
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
100 Millionen Kolbenringe produziert<br />
Federal-Mogul jährlich unter dem<br />
Markennamen ‚Goetze‘.<br />
Technik in Bewegung<br />
FEDERAL-MOGUL – Neben dem Material sind die Spanprozesse und die Beschichtung die<br />
Kernkompetenzen bei Kolbenringen. Für die Entwicklung von Chrom-Diamant-Beschichtungen<br />
wurde Federal-Mogul 2007 mit dem renommierten ,Pace Award’ ausgezeichnet.<br />
Die Federal-Mogul Corporation ist<br />
ein weltweit tätiger Zulieferer der<br />
automotiven Industrie, der mit<br />
50 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
2007 einen Jahresumsatz von 6,9<br />
Milliarden US-Dollar erzielt hat. Produziert<br />
werden verschiedene Motorenund<br />
Getriebeteile sowie Bremsbeläge,<br />
Beleuchtungskomponenten und Scheibenwischer.<br />
Ein weiterer wichtiger Geschäftszweig<br />
ist der Handel mit Ersatzteilen<br />
und Zubehör. Für dieses Portfolio<br />
betreibt der Konzern insgesamt 105<br />
Fertigungsstandorte und 20 Versandzentren<br />
in 35 Ländern sowie 17 global<br />
vernetzte Technologiezentren in Nordamerika,<br />
Europa und Asien.<br />
Der Standort Burscheid ist das weltweite<br />
Kompetenzzentrum für Kolbenringe<br />
und Zylinderlaufbuchsen. Unter<br />
dem Markennamen ,Goetze’ werden<br />
hier jährlich 100 Millionen Kolbenringe<br />
produziert. Die Forschung- und Entwicklung<br />
umfasst neben Kolbenringen<br />
auch Zylinderlaufbuchsen und Dichtungssysteme.<br />
Goetze existiert bereits<br />
seit 120 Jahren und ist Weltmarktführer<br />
bei Kolbenringen.<br />
Der Unterschied: die Beschichtung<br />
Als Konstruktionselement des Motors<br />
dichten die Kolbenringe den Verbrennungsraum<br />
gegenüber dem Kurbelraum<br />
ab, unterstützen die Wärmeableitung<br />
vom Kolben zur Zylinderwand und re-<br />
60 Car Innovation · Mai 2008<br />
geln den Ölhaushalt. Insbesondere die<br />
maximal mögliche Kompression und die<br />
entstehende Reibung hängen maßgeblich<br />
vom eingesetzten Kolbenringpaket<br />
ab. Neben dem Material sind die Spanprozesse<br />
und die Beschichtung die Kernkompetenzen<br />
bei Kolbenringen. Die von<br />
den Kunden geforderten Funktionsparameter<br />
müssen vom ersten bis zum letzten<br />
Hub über die gesamte Lebensdauer<br />
eines Motors erfüllt werden. Der Beschichtung<br />
kommt dabei eine ganz besondere<br />
Bedeutung zu, da sie in Verbindung<br />
mit der Zylinderlaufwand eine hohe<br />
Verschleißfestigkeit und Brandspursicherheit<br />
gewährleisten muss.<br />
Zunächst wurden überwiegend<br />
Molybdän-Flammspritzschichten sowie<br />
Metall- und Metallkeramik-Plasmaspritzschichten<br />
eingesetzt, bevor sich<br />
vor 20 Jahren galvanische Chromschichten<br />
durchsetzten. Goetze gelang<br />
1992 ein Technologiesprung durch die<br />
Einführung einer Chrom-Keramikschicht.<br />
Vor fünf Jahren wurde dann<br />
dem Markt eine neu entwickelte<br />
Chrom-Diamant-Schicht vorgestellt.<br />
Für diese Entwicklungsleistung und<br />
ihre erfolgreiche Umsetzung in ein serienfähiges<br />
Produkt wurde Federal-Mogul<br />
im vergangenen Jahr mit dem renommierten<br />
,Pace Award’ ausgezeichnet.<br />
Parallel dazu wurde eine neuartige<br />
PVD-Schicht auf Gusseisen für Dieselmotore<br />
entwickelt, für Ottomotoren<br />
mit Aluminiumzylinderlaufbahnen stehen<br />
reiboptimierte DLC-Schichten zur<br />
Verfügung. Federal-Mogul beherrscht<br />
alle wesentlichen Beschichtungsverfahren<br />
und bietet die optimale Beschichtung<br />
sowohl für Diesel- als auch für Otto-Motorenanwendungen<br />
an.<br />
Enge Verzahnung<br />
Die örtliche Nähe von Entwicklung,<br />
Vertrieb und Produktion begünstigen<br />
einen schnellen Idea-to-Market-Prozess.<br />
Ist eine Idee ausgereift, wird die<br />
verbesserte Produktfunktionalität noch<br />
während der Entwicklungsphase den<br />
Kunden angeboten. Erfolgt eine positive<br />
Rückmeldung, werden in dem Prototypenbau<br />
die entsprechenden Muster<br />
durch Fertigungsmitarbeiter hergestellt<br />
und in einem der standorteigenen 19<br />
Motorenprüfständen getestet.<br />
Nach Prüfung und Beauftragung<br />
durch den Kunden übernimmt der betriebseigene<br />
Maschinenbau die Bestellung<br />
beziehungsweise Montage der erforderlichen<br />
zusätzlichen Betriebsmittel,<br />
so dass die Auslieferung der ersten<br />
Serienteile, selbst bei kompletten Neuentwicklungen,<br />
innerhalb von drei Jahren<br />
erfolgen kann. �<br />
Autoren: Dr.-Ing. Karsten Evers, Managing<br />
Director, und Frank Münchow, Director<br />
Technology Bearings, Rings&Liners, beide<br />
Federal-Mogul Burscheid GmbH<br />
Bild: Federal-Mogul
Sesam öffne Dich<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
FISCHER AUTOMOTIVE – Mit einer Box für Musikcassetten hat alles begonnen – heute sind es<br />
Cupholder, Lüftungsdüsen oder Brillenhalter. Für die Zukunft hat Fischer Automotive Systems noch<br />
einiges in der Pipeline, zum Beispiel Spracherkennung zum Öffnen und Schließen von Komponenten.<br />
In Horb am Neckar verfolgt man die<br />
demografische Entwicklung mit Interesse.<br />
„Ältere Autofahrer haben<br />
andere Bedürfnisse als junge, und darauf<br />
müssen wir uns im Fahrzeuginnenraum<br />
einstellen“, sagt Professor E.h.<br />
Klaus Fischer, Inhaber und Vorsitzender<br />
der Geschäftsführung der gleichnamigen<br />
Unternehmensgruppe.<br />
Präsenz im Maybach<br />
Der Geschäftsbereich ,Automotive Systems’<br />
stützt sich bei Ideenfindung und<br />
Vorentwicklung auf eine genaue<br />
Markt- und Trendbeobachtung. „Die<br />
Krönung der Cupholder baut Fischer<br />
im Fond des Maybach ein“, berichtete<br />
die Deutsche Presse-Agentur erst kürzlich.<br />
Spezielle Halter für Champagnerflaschen<br />
und Stellplätze für Sektkelche<br />
sind aber nur das eine, nützliche Aufbewahrungsmöglichkeiten<br />
für<br />
den Autofahrer-Alltag das<br />
andere. Ob kinematische<br />
Ablage oder<br />
Ascher, Dosenhalter<br />
oder Brillenfach<br />
– das<br />
Produktprogramm<br />
von Fischer Automotive<br />
Systems erleichtert<br />
das mobile Leben.<br />
Aus dem Hersteller<br />
eines patentierten Tonträger-Archivs<br />
(Fischer C-Box)<br />
wurde in den vergangenen 25 Jahren<br />
ein Spezialist für Aufbewahrungs- und<br />
Wohlfühlkomponenten im Fahrzeuginnenraum.<br />
Fischer Automotive entwickelt,<br />
produziert und vertreibt längst<br />
nicht mehr nur Cassetten- und CD-Boxen,<br />
sondern zunehmend komplexe<br />
Ausstattungsteile. Den Getränkehalter<br />
im Mercedes-Benz SL nannte Spiegel<br />
Online „ein unerhört filigranes Gesamtkunstwerk<br />
aus 46 Einzelteilen“. Es geht<br />
aber auch ganz einfach, zum Beispiel<br />
beim Getränkehalter im BMW X3: Der<br />
besteht aus exakt zwei Bauteilen.<br />
Kunden sind die großen Automobilhersteller<br />
in Europa, den USA und<br />
Asien, zu den aktuellen Produkten zählen<br />
Kinematikkomponenten, zum Beispiel<br />
für den CD-Wechsler im BMW Mini<br />
und für das Multimedia-Display der<br />
Mercedes C-Klasse. Aber auch Klapptische,<br />
Blenden mit hochwertigen Oberflächen<br />
und Lüftungsdüsen gehören<br />
zum Fischer-Repertoire. ,Intuitive Bedienkonzepte’<br />
sind derzeit in der Entwicklung:<br />
Die Horber Experten tüfteln<br />
an Komponenten, die sich auf Sprachbefehle<br />
hin öffnen oder schließen. Der<br />
Einsatz neuer Werkstoffe und Technologien<br />
entsprechend künftiger Kundenwünsche<br />
ist in der gesamten<br />
Unternehmensgruppe obers-<br />
Bild: Fischer Automotive Systems<br />
Verfügbar auf Abruf:<br />
Die Mechanik für ein<br />
ausfahrbares Display.<br />
In Zukunft könnten sich<br />
Ablagen per Sprachbefehl<br />
öffnen lassen.<br />
tes Gebot: Seit sieben Jahren setzt man<br />
konsequent das fischer ProzessSystem<br />
um. Nach dem Vorbild von Toyota zielt<br />
man damit an allen Standorten auf<br />
kontinuierliche Verbesserung, handlungsfähige<br />
Mitarbeiter, starke Prozesse<br />
und Just-in-Time-Prinzipien ab.<br />
„Vorbildliche“ Fertigung<br />
Die Fertigung in Horb gilt als vorbildlich,<br />
die Qualitätsansprüche der Automobilhersteller<br />
werden durch regelmäßige<br />
Zertifizierungen und Audits sichergestellt.<br />
Der BASF-Vorstandsvorsitzende<br />
Jürgen Hambrecht nannte das Werk „eines<br />
der effizientesten in der Automobil-<br />
Zulieferindustrie“, und Eberhard Weiblen,<br />
Geschäftsführer der Porsche Consulting,<br />
bezeichnete die Fischer-Sparte<br />
als Vorzeigeunternehmen: „Das Just-intime-Produktionssystem<br />
und die Struktur<br />
der Fabrik sind vorbildlich.“<br />
Außer in Horb und dem tschechischen<br />
Ivanovice werden Fischer-Automotive-<br />
Produkte auch in Auburn Hills und Taicang<br />
hergestellt, um der Nachfrage in den<br />
USA und Asien gerecht zu werden. �<br />
„Die Krönung der Cupholder“:<br />
Der von Fischer Automotive entwickelte<br />
Kelch-Halter im Maybach. Selbstverständlich<br />
stehen auch spezielle Halter für die<br />
Maybach<br />
Champagnerflasche zur Verfügung. Bild:<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
61
Bild: Flextronics<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Impuls über elektrisches Feld<br />
FLEXTRONICS – Von der berührungslos schaltbaren Innenbeleuchtung bis zum neuen ,eCall’,<br />
dem automatischen Notrufsystem – seit 80 Jahren ist die Flextronics Automotive-Tochter<br />
SidlerAutomotive Entwicklungslieferant von Komfort- und Sicherheitskomponenten im<br />
Bereich Innenbeleuchtung und Fahrzeugausstattung.<br />
Jüngstes Produkt des Tübinger Unternehmens<br />
ist die Innenbeleuchtung<br />
im neuen Jaguar XF. Dieses Dachmodul<br />
verfügt über alle Ausstattungsmerkmale<br />
der Premiumklasse: Innenlicht<br />
mit Türkontaktschaltung, getrennt<br />
schaltbare Leselichter, Ambientebeleuchtung<br />
mittels zweier LED’s, Innenraumüberwachung<br />
auf Ultraschallbasis,<br />
Freisprechmikrofone und Zweistufensteuerung<br />
des Schiebe-/Hebedachs. Optisch<br />
aufgewertet wird die Leuchte<br />
‚Magic light‘ – dank leitfähiger<br />
Bedampfung der Lichtscheibe<br />
durch eine Lackierung mit einem<br />
,Warm Nickel’-Effekt.<br />
Highlight dieser Neuentwicklung ist<br />
die berührungslose Betätigung von<br />
Innenleuchte und Leseleuchten links<br />
und rechts. Die Hand muss lediglich in<br />
die Nähe der Lichtscheibe gebracht<br />
werden (Abstand circa 0,5 Zentimeter),<br />
62 Car Innovation · Mai 2008<br />
um das gewünschte Licht zu aktivieren.<br />
Ermöglicht wird dies durch die leitfähige<br />
Bedampfung der Lichtscheibe auf<br />
deren Innenseite, eine entsprechende<br />
elektrische Kontaktierung und Ansteuerung<br />
einer Auswerte-Elektronik. Sobald<br />
das elektrische Feld in der Umgebung<br />
der Leuchte eine Änderung über<br />
einen definierten Schwellwert erfährt,<br />
wird ein Schaltsignal erzeugt. Mehrmals<br />
pro Minute kalibriert sich das System<br />
zur Anpassung der sich veränderten<br />
Innenraumbedingungen.<br />
Neben dieser State-of-<br />
the-Art-Anwendung setzt<br />
Flextronics auf vertikale Integration<br />
und bietet als Full-<br />
Service-Supplier Unterstützung<br />
in allen Projektphasen<br />
von Design über Prototypenherstellung<br />
bis zu Validierung und Test.<br />
Die lichttechnischen und kinematischen<br />
Stärken von SidlerAutomotive in<br />
Verbindung mit der elektronischen<br />
Vielfältigkeit von Flextronics Automotive<br />
ermöglichen neue Anwendungen in<br />
den Bereichen Infotainment und Connectivity<br />
mit dem Ziel, höchsten Kom-<br />
Don’t touch: Die neue<br />
Innenbeleuchtung im Jaguar<br />
XF wird geschaltet, sobald<br />
die Hand in die Nähe des<br />
Sensors kommt.<br />
fort und maximale Sicherheit im Auto<br />
zu gewährleisten.<br />
,eCall’: Kostengünstige Variante<br />
Zur Erhöhung der Sicherheit trägt auch<br />
die EU mit der Initiative ,eCall’ bei. Dieses<br />
Notrufsystem hilft bei Autounfällen<br />
Leben zu retten, indem ein elektronisches<br />
Kontrollmodul über eine GSM-<br />
Einheit automatisch ein Signal vom<br />
Unfallfahrzeug zu einer lokalen Notrufzentrale<br />
sendet. Alle relevanten Daten,<br />
wie metergenaue Angaben zur Unglücksstelle,<br />
werden übermittelt, damit<br />
der Rettungsdienst das Fahrzeug selbst<br />
bei Bewusstlosigkeit des Fahrers findet.<br />
Das System hat das Potenzial mehr als<br />
2 500 Menschenleben im Jahr zu retten,<br />
wenn es vollständig ausgereift ist.<br />
Flextronics Automotive entwickelt eine<br />
kostengünstige ,eCall’-Variante, die<br />
flexibel an Kundenwünsche angepasst<br />
werden kann. Neben den Produktschwerpunkten<br />
Motion Control sowie<br />
Innen- und Außenbeleuchtung konzentriert<br />
sich das Unternehmen auf Connectivity-<br />
und Wireless-Anwendungen, wie<br />
zum Beispiel GSM und GPS. �
Bis zu drei Prozent weniger CO 2<br />
FREUDENBERG – Verbrauch und Emissionen sollen gesenkt werden, Fahrspaß und<br />
Leistung sollen jedoch nicht leiden. Innovative Dichtungsmodule im Antriebsbereich<br />
können helfen, bis zu drei Prozent CO 2 einzusparen.<br />
Das technologische Know-how bei<br />
der Entwicklung neuer Dichtungen<br />
zur ganzheitlichen Optimierung<br />
von Systemen ermöglicht es Freudenberg,<br />
den Kunden ein auf die einzelnen<br />
Komponenten perfekt abgestimmtes<br />
Gesamtpaket zur CO 2 -Reduzierung<br />
anzubieten. Werkstoff, Dichtungsdesign<br />
und elektronische Komponenten<br />
bieten als integrierte Komplettlösung<br />
einen optimalen Wirkungsgrad<br />
zur CO 2 -Reduzierung bei gleichzeitiger<br />
Leistungssteigerung.<br />
Mit dem Simmerring-Radialwellendichtring<br />
begleitet Freudenberg seit<br />
1929 die Entwicklung des Automobilbaus.<br />
Zahlreiche <strong>Innovationen</strong> wie<br />
Dichtungsmodule aus Simmerring und<br />
Multipol-Encoder zur Drehzahlerfassung<br />
an der Kurbelwelle und Simmerringe<br />
mit integrierter Sensorik haben<br />
sich längst in der Großserie bewährt<br />
und helfen bei der Einsparung von<br />
Bauraum und Gewicht.<br />
Optimierte Radialkraft<br />
In die Entwicklung des Energy Saving<br />
Simmerring (ESS) hat Freudenberg<br />
sein fundiertes Werkstoff-Know-how<br />
über Elastomere eingebracht. Hier<br />
wird die Radialkraft, mit der die Dichtlippe<br />
an der Welle anliegt, dank eines<br />
neuartigen Elastomercompounds so<br />
optimiert, dass sie auch bei steigenden<br />
Temperaturen praktisch konstant<br />
bleibt.<br />
Damit lässt sich der Verlust, der beispielsweise<br />
für eine Welle mit einem<br />
Durchmesser von 45 Millimeter bei<br />
Drehzahlen von 1 000 bis 6 000 Umdrehungen<br />
pro Minute durch Reibung<br />
entsteht, um bis zu 50 Watt reduzieren.<br />
Dies eröffnet Energiespar-Potenziale für<br />
Motoren und Getriebe.<br />
Eine weitere Verbrauchsreduzierung<br />
bieten außerdem innovative Kurbel-<br />
wellen-Gleitlagerdichtung zur Reduzierung<br />
der Drosselverluste sowie eine<br />
neuartige Wasserpumpendichtung. Mit<br />
dem gesamten Dichtungspaket lassen<br />
sich allein am Motor zwischen 1,3 und<br />
drei Prozent CO 2 gegenüber konventionellen<br />
Komponenten einsparen. Weitere<br />
Einsparungen bieten entsprechende<br />
Dichtungs-Paketlösungen für Achsen,<br />
Getriebe, Klimatisierung und Nebenaggregate.<br />
,Beruhigte’ Start-Stopp-Automatik<br />
Bei der Start-Stopp-Automatik ist es<br />
wichtig, dass der Motor geräuschlos und<br />
ohne Vibrationen wieder anspringt. Dafür<br />
sorgt die Biegefedertechnologie der<br />
Freudenberg Tochter Vibracoustic. Aktive<br />
Schwingungstechnik macht auch die<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Zylinderkopfabschaltung in Fahrzeugen<br />
erst komfortabel – wichtig für die Akzeptanz<br />
beim Endkunden.<br />
Gewichtsersparnis – ein wichtiges<br />
Thema für die Freudenberg NOK Mechatronics:<br />
Eine großflächige flexible<br />
Leiterplatte ermöglicht einen Flachkabelbaum<br />
und damit eine Gewichtsersparnis<br />
um rund 40 Prozent. Geringer<br />
Platzbedarf und geringes Gewicht werden<br />
auch bei der direkten Anbindung<br />
von Sensoren und Schaltern über eine<br />
flexible Leiterplatte am Motor realisiert.<br />
Selbst bei Fußmatten, Autoteppichen<br />
und bei der Schallisolation kommen<br />
Freudenberg-<strong>Innovationen</strong> zum Tragen:<br />
Mikrofaservliesstoffe wiegen deutlich<br />
weniger als herkömmliche Materialien.<br />
�<br />
Sparsam durch High-Tech: Ob bei der<br />
Kurbelwellendichtung (Foto) oder anderen<br />
Dichtungselementen von Freudenberg –<br />
oberstes Ziel ist die Reduzierung von<br />
Freudenberg<br />
Verbrauch und Emissionen. Bild:<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
63
Bild: Georg Fischer<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Gießen für den Fortschritt<br />
GEORG FISCHER – GF Automotive, die Automobilsparte der Schweizer Georg Fischer AG,<br />
entwickelt konventionelles Gusseisen mit Kugelgraphit weiter. Außerdem erweiterten<br />
die Spezialisten das Sandgießen um eine Verfahrensvariante. Mit beiden Neuerungen<br />
sammelt GF derzeit erste Erfahrungen mit Serienbauteilen.<br />
Gießen ist nach wie vor ein etabliertes<br />
und sehr zeitgemäßes<br />
Verfahren. Das wohl älteste Fertigungsverfahren<br />
der Welt ist heute aktueller<br />
denn je und ermöglicht durch<br />
konsequente Weiterentwicklung immer<br />
wieder neue, wirtschaftlich rentable<br />
Anwendungen.<br />
Neue Gusseisen-Sorten<br />
,SiboDur’ heisst die Werkstoff-Familie<br />
für hoch beanspruchbare Teile des<br />
Fahrwerks und des Antriebs. Radträger,<br />
Querlenker, Schwenklager und Kurbelwellen<br />
gelten als bevorzugte Anwendungen<br />
der fünf neuen Gusseisen-Sorten.<br />
Ihre Zugfestigkeit liegt je nach Zusammensetzung<br />
zwischen 450 und 800<br />
Megapascal, ihre Bruchdehnung zwischen<br />
17 und 5 Prozent.<br />
Bekanntestes Beispiel ihrer Anwendung<br />
ist der Radträger mit angegossenem<br />
Achszapfen an der Hinterachse des<br />
Golfs, der bislang geschmiedet wurde.<br />
Volkswagen ersetzte ihn durch ein<br />
64 Car Innovation · Mai 2008<br />
gleichschweres aber preiswerteres<br />
Gussteil aus SiboDur 700-10 und würdigte<br />
das Bauteil als eine überzeugende<br />
und wegweisende Entwicklung mit<br />
dem Volkswagen Group Award 2007.<br />
Nicht minder vielversprechend ist<br />
die Werkstoff-Familie ,SiMo 1000’, deren<br />
Gusseisen-Sorten Temperaturen bis<br />
950 Grad Celsius widerstehen und sich<br />
daher besonders für thermisch hoch beanspruchbare<br />
Teile des Antriebs eignen.<br />
Dazu gehören unter anderem Abgaskrümmer<br />
und Turboladergehäuse, die<br />
die Branche bislang noch aus hoch legiertem<br />
Gusseisen fertigt.<br />
„Bis zur Serienreife dieser Werkstoffe,<br />
müssen wir aber noch ein paar<br />
Hausaufgaben machen“, betont Beat<br />
Ruckstuhl, seit Herbst 2004 für die Forschung<br />
und Entwicklung bei GF Automotive<br />
verantwortlich. Aber die Perspektiven<br />
sind gut und das Interesse an<br />
SiMo 1000 ist groß. Besonders im Zusammenhang<br />
mit dem Downsizing der<br />
Motoren.“<br />
Heiße Zukunft: Neue Werkstoff-<br />
Familien, deren Gusseisen-Sorten<br />
Temperaturen bis 950 Grad Celsius<br />
widerstehen, eignen sich für thermisch<br />
hoch beanspruchbare Teile<br />
des Antriebs wie Abgaskrümmer<br />
(Foto) und Turboladergehäuse. Die<br />
Serienreife steht jedoch noch aus.<br />
Das Bestreben, den Hubraum und<br />
den Verbrauch eines Motors ohne Leistungseinbußen<br />
zu reduzieren wird dieser<br />
Werkstoffentwicklung Auftrieb geben.<br />
Zudem bietet sie die Möglichkeit,<br />
nicht nur teure Gusslegierungen zu ersetzen,<br />
sondern auch die bislang noch<br />
als Schweißkonstruktion konzipierten<br />
Abgaskrümmer.<br />
‚LamiCast‘ für Aluteile<br />
Auf großes Interesse stößt auch ,Lami-<br />
Cast’, ein von den Schweizern entwickeltes<br />
Niederdruck-Gießverfahren für<br />
dünnwandige Aluminium-Gussbauteile<br />
wie Lkw-Ölwannen oder Pkw-Hilfsrahmen.<br />
„Deren Wandstärke und Gewicht<br />
werden bei konventioneller Fertigung<br />
durch das Verfahren bestimmt und<br />
nicht durch die Funktion“, so Ruckstuhl.<br />
„Denn eine Ölwanne mit einer<br />
Wandstärke von fünf Millimetern<br />
braucht kein Mensch. Drei Millimeter<br />
genügen vollauf, sind aber mit konventionellem<br />
Sandguss nicht machbar.“<br />
Mit anderen Fertigungsverfahren<br />
nicht machbar sind auch einteilig gegossene<br />
Hilfsrahmen der Vorder- oder<br />
Hinterachse. In einer vergleichenden<br />
Untersuchung konnte GF Automotive<br />
nachweisen, dass LamiCast zur leichtesten<br />
Bauweise führt und den Fertigungsaufwand<br />
minimiert. Für die im<br />
bayerischen Garching stehende Formund<br />
Gießanlage liegt denn auch schon<br />
ein erster Serienauftrag für derartige<br />
Hilfsrahmen vor.<br />
Die Besonderheit des Niederdruck-<br />
Sandgießens liegt im nahezu wirbelfreien<br />
Füllen der Form durch von unten<br />
aufsteigendes flüssiges Metall – wie<br />
beim Niederdruck-Kokillengießen. Damit<br />
verbunden sind eine bessere Formfüllung<br />
und bessere Materialeigenschaften.<br />
LamiCast wird das konventionelle<br />
Aluminium-Sandgießen allerdings<br />
nicht ersetzen. Vielmehr ist damit<br />
zu rechnen, dass es dort Anwendung<br />
findet, wo das Sandgießen bislang nicht<br />
zum Zuge kam oder alternativ zum<br />
Druck- oder Kokillengießen genutzt<br />
wird. �
Bild: Getrag<br />
Welt-Getriebe<br />
Die weltweiten Megatrends, die<br />
Industrie wie Gesellschaft beeinflussen,<br />
haben auch große Auswirkungen<br />
auf die Trends in der Automobilindustrie.<br />
Globalisierung, Umweltbelastung<br />
und Rohstoffverknappung,<br />
aber auch weltweit zunehmende<br />
Mobilität sind offenkundig und erfordern<br />
langfristige Strategien und Konzepte,<br />
um den Spagat zwischen Wachstum<br />
und Mobilitätsbedürfnis einerseits<br />
und dem Druck von Kosten, Gesetzgebung<br />
und Wettbewerb andererseits zu<br />
schaffen.<br />
In den Industrienationen der Triade<br />
besteht heute schon eine sowohl vom<br />
Gesetzgeber als auch vom Endkunden<br />
angetriebene hohe Nachfrage nach<br />
Fahrzeugen mit reduziertem Kraftstoffverbrauch.<br />
Europa mag hier in einer<br />
Vorreiterrolle sein, aber auch in Nordamerika<br />
hat ein Umdenken begonnen,<br />
dem die Automobilindustrie Rechnung<br />
tragen muss.<br />
Die Triademärkte sind zwar relativ<br />
gesättigt, aber insgesamt noch immer<br />
der größte Markt. Hier gilt es, weiteres<br />
Potenzial auszuschöpfen und den anspruchsvollen<br />
Kunden innovative, effiziente<br />
und komfortable Produkte zu<br />
bieten, die aber immer noch Spaß am<br />
Fahren vermitteln. Die Wachstumsmärkte<br />
der Zukunft werden die BRIC-<br />
Länder (Brasilien, Russland, Indien,<br />
China) sein. Dort liegt zwar gegenwärtig<br />
das Hauptaugenmerk noch auf der<br />
Erfüllung des Grundbedürfnisses nach<br />
Mobilität, aber diese Länder werden die<br />
Triade schon sehr bald ein- oder sogar<br />
überholen, wenn es um Verkehrsdichte<br />
oder CO 2 -Ausstoß geht. Darum ist es<br />
wichtig, schon heute zukunftsfähige<br />
Technologien in diese Länder zu bringen,<br />
die als Basis für weitere Verbesserungen<br />
dienen können.<br />
Bis zu zehn Prozent Kraftstoffersparnis<br />
Globale Ausrichtung, lokale Produktion,<br />
weltweite Synergien in Entwicklung,<br />
Produktion und Beschaffung sowie<br />
weltmarktfähige Produkte, die ein<br />
großes Potenzial in sich bergen, sind die<br />
Stärken der Getrag Corporate Group.<br />
Ein Beispiel ist die ,PowerShift’-Technologie<br />
von Getrag.<br />
Diese Doppelkupplungsgetriebe bieten<br />
mindestens fünf bis zehn Prozent<br />
Kraftstoffeinsparung gegenüber heutigen<br />
Automatikgetrieben und sogar Vorteile<br />
gegenüber Handschaltgetrieben.<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Kraftstoff sparend auf den Weltmarkt:<br />
Hybridantriebsstrang, ein Kooperationsprojekt<br />
von Getrag und Bosch mit hybridisiertem Sechsgang-<br />
Getrag-‚PowerShift®’-Getriebe, trockener<br />
Doppelkupplung sowie E-Maschine von Bosch<br />
und elektrischem Hinterachsantrieb.<br />
GETRAG – Wirkungsgrad und Kraftstoffeinsparung sind wichtige Themen bei der Getriebeentwicklung.<br />
Getrag offeriert mit den ,PowerShift’-Doppelkupplungsgetrieben eine Lösung<br />
für die etablierten Abnehmerländer wie für die Wachstumsmärkte von morgen.<br />
Diese Technologie wird schon bald auch<br />
den amerikanischen OEMs helfen, ihre<br />
,CAFE’ (Flottenverbrauchsziele) zu erreichen.<br />
In naher Zukunft wird ,PowerShift’<br />
auch auf Märkten wie China<br />
angeboten werden, wo sich eine Nachfrage<br />
für effiziente, aber gleichzeitig dynamische<br />
und komfortable Getriebe abzeichnet.<br />
Darüber hinaus ist das Getrag-<br />
,PowerShift ® ’-Getriebe die ideale Basis<br />
für Hybridfahrzeuge, weil es ohne größere<br />
Modifikationen mit einem oder<br />
mehreren E-Motoren kombiniert werden<br />
kann und so ein großes Synergiepotenzial<br />
für die OEMs entsteht.<br />
Getrag verbessert zudem ständig<br />
den Wirkungsgrad der Handschaltgetriebe<br />
und optimiert Antriebsstrang-<br />
Komponenten. Elektronisch geregelten<br />
Differenziale erhöhen verbrauchsneutral<br />
Fahrdynamik und Sicherheit<br />
und elektrische Achsgetriebe stellen<br />
eine kostengünstige Kombination der<br />
Allrad- und Hybridfunktionalität dar<br />
oder dienen als Antrieb für reine<br />
Elektrofahrzeuge.<br />
Gemeinsames Grundprinzip ist die<br />
intelligente Kombination innovativer<br />
Ideen mit dem Ziel größtmöglichen<br />
Kundennutzen zu erhalten. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
65
Bilder: Hella<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Strom sparende Erleuchtung<br />
HELLA – Der Cadillac Escalade Platinum wird mit Voll-LED-Scheinwerfer mit Abblend- und Fernlicht,<br />
Tagfahrlichtfunktion, Positionslicht und Seitenmarkierungslicht Mitte 2008 in Serie gehen.<br />
Die Technik stammt von Hella: Mehrchip-LEDs, kombiniert mit transmissiven Optikelementen.<br />
Seit einigen Jahren gibt es LEDs<br />
(Licht emittierende Dioden), die<br />
weißes Licht erzeugen und deren<br />
Lichtfarbe dem Tageslicht sehr nahe<br />
kommt. Da für Abblend- und Fernlicht<br />
hohe Lichtleistungen erforderlich sind,<br />
setzt Hella beim ersten Voll-LED-Serienscheinwerfer<br />
des Cadillac Escalade Platinum<br />
auf Mehrchip-LEDs, kombiniert<br />
mit transmissiven Optikelementen.<br />
Außerdem sind die Funktionen Tagfahrlicht<br />
(als abgedimmtes Abblendlicht),<br />
Positionslicht und Seitenmarkierungslicht<br />
in LED-Technik ausgeführt. Der<br />
Voll-LED-Scheinwerfer geht Mitte 2008<br />
in Serie.<br />
Als Lichtquellen für zukünftige<br />
Scheinwerfer arbeitet Hella mit LED-Arrays<br />
(Baugruppen). Sie bestehen aus<br />
mehreren einzeln adressierbaren LED-<br />
Stromsparer: Voll-LED-Scheinwerfer für<br />
den neuen Cadillac Escalade Platinum.<br />
66 Car Innovation · Mai 2008<br />
Herzstück des<br />
Energiemanagements:<br />
der intelligente<br />
Batteriesensor<br />
von Hella.<br />
Chips, die auf einem Trägersubstrat angeordnet<br />
werden. Die einzelnen Chips werden<br />
mittels Pulsweiten-Modulation angesteuert.<br />
Das erlaubt sowohl das An- und<br />
Ausschalten einzelner LED-Chips und somit<br />
die Erzeugung unterschiedlicher Hell-<br />
Dunkel-Geometrien, als auch eine Intensitätsmodulation<br />
in der Lichtverteilung.<br />
Neben der mechanikfreien Umsetzung<br />
von intelligenten AFS-Lichtfunktionen<br />
(Adaptive Frontlighting System)<br />
ermöglichen die LED-Arrays in Verbindung<br />
mit einer Frontkamera und intelligenter<br />
Bildverarbeitungssoftware zukünftig<br />
die Realisierung adaptiver<br />
Lichtfunktionen wie Markierungslicht<br />
oder blendfreies Fernlicht.<br />
LEDs als Lichtquellen werden heute<br />
nicht nur in Brems- und Heckleuchten,<br />
sondern zunehmend auch für Signal-<br />
funktionen vorn am Fahrzeug eingesetzt.<br />
Es eröffnen sich damit neue Stylingoptionen.<br />
Aufgrund geringer Leistungsaufnahme<br />
und langer Lebensdauer<br />
werden LEDs die Energiebilanz und damit<br />
die CO 2 -Bilanz positiv beeinflussen.<br />
Ab 2010 sollen spezielle Tagfahrleuchten<br />
für neu in den Verkehr kommende<br />
Fahrzeuge vorgeschrieben werden.<br />
Der Einsatz von LEDs in der Beleuchtung<br />
beeinflusst die Energiebilanz<br />
positiv. Die Energiebilanz des Automobils<br />
lässt sich jedoch noch weiter optimieren,<br />
indem auch scheinbar kleine<br />
Potenziale genutzt werden – im Sinne<br />
eines intelligenten Energiemanagements<br />
wie es Hella verfolgt.<br />
Intelligenter Batteriesensor<br />
Das Herzstück des Energiemanagements<br />
ist der intelligente Batteriesensor,<br />
der Informationen über den Batteriezustand<br />
liefert. Das Bordnetzsteuergerät<br />
übernimmt Generatormanagement<br />
und Verbrauchersteuerung, während<br />
der Ruhestromschalter bei Bedarf<br />
Stromverbraucher vom Netz trennt.<br />
Das Bordnetzsteuergerät sammelt<br />
alle Informationen zum Energieverbrauch.<br />
Fahrzustände und Fahreranforderungen<br />
ergänzen die Messwerte des<br />
intelligenten Batteriesensors und anderer<br />
Sensoren.<br />
Das Bordnetzsteuergerät kontrolliert<br />
alle Verbraucher und kann bei Energieengpässen<br />
beispielsweise Komfortfunktionen<br />
wie die Sitzheizung temporär<br />
reduzieren oder abschalten. Es beobachtet<br />
das Bordnetz des Fahrzeugs sowohl<br />
im Betrieb als auch während der<br />
Standphasen.<br />
Die intelligente Energieverwaltung<br />
reduziert den Kraftstoffverbrauch und<br />
damit die CO 2 -Emission. So kann das<br />
Bordnetzsteuergerät durch eine Anpassung<br />
der Generatorspannung das Batterieladen<br />
kurzzeitig komplett stoppen,<br />
etwa um beim Überholen oder an Steigungen<br />
die komplette Motorleistung<br />
bereitzustellen. Bei Talfahrt oder im<br />
Schubbetrieb ist dann eine elektrische<br />
Energierückgewinnung (Rekuperation)<br />
möglich. �
<strong>Innovationen</strong>, die bewegen<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
HIRSCHVOGEL AUTOMOTIVE GROUP – Konzepte für motortechnische Effizienzverbesserungen erfordern<br />
High-tech-Lösungen auch in der Bauteilentwicklung. Die Hirschvogel Automotive Group realisiert<br />
im Bereich Massivumformung zukunftsfähige Werkstoffkonzepte und Fertigungsverfahren.<br />
Für den Fachmann selbstverständlich,<br />
für den branchenfremden Laien<br />
auf den ersten Blick nicht unbedingt<br />
ersichtlich: Die Massivumformung<br />
mit ihren großen, lauten Maschinen,<br />
dem durch Zunder und Schmiermittel<br />
geprägten Umfeld und der täglichen Anwendung<br />
eines jahrtausende alten Fertigungsverfahrens<br />
stellt in Deutschland eine<br />
Hightech-Technologie dar.<br />
Schon immer wurden bei der Hirschvogel<br />
Automotive Group innovative Methoden<br />
zur Bauteilentwicklung eingesetzt:<br />
CAD-Technologie bereits in den<br />
80er Jahren, Finite-Elemente-Simulationen<br />
seit Ende der 90er. Inzwischen werden<br />
Simulationen des Umformvorgangs<br />
auf Rechenclustern mit 20 CPUs durchgeführt,<br />
um immer kompliziertere Modelle<br />
tagesgeschäftlich zu berechnen.<br />
Hoher Kundennutzen<br />
Auch der Betrieb eines Rasterelektronenmikroskops<br />
am Standort Denklingen<br />
spricht für die Innovationsbereitschaft<br />
der Hirschvogel Automotive<br />
Group. Die optimale Verknüpfung von<br />
Werkstoff, Bauteilgestaltung und den<br />
Fertigungsverfahren erbringt einen<br />
Kundennutzen, der weit über die reine<br />
Anwendung der Herstellungstechnologien<br />
hinausgeht.<br />
Der Aufbau und das rasante Wachstum<br />
der Weiterveredlung der massivumgeformten<br />
Bauteile seit 1990 zeigen<br />
ebenso, dass Hirschvogel sich neuen<br />
Kundenwünschen stellt. Inzwischen<br />
verfügt die Gruppe über ein einmaliges<br />
Spektrum an Fertigungsverfahren, so<br />
dass Bauteilanforderungen aus technologischer<br />
und wirtschaftlicher Sicht optimal<br />
in Großserienprodukte umgesetzt<br />
werden können.<br />
Ein Beispiel zeigt auf, wie sich die Innovationsbereitschaft<br />
der Hirschvogel<br />
Automotive Group in erfahrbaren Kundennutzen<br />
umsetzt. Steigende Komfortansprüche<br />
in Fahrzeugen haben zu<br />
einem breiten Einsatz von Ausgleichswellen<br />
in Vierzylinder-Motoren geführt.<br />
Ein kürzlich vorgestellter Zwei-<br />
Liter-Vierzylinder-Dieselmotor setzt<br />
nun erstmals auf wälzgelagerte Aus-<br />
Wälzgelagerte Ausgleichswellen,<br />
gefertigt aus induktiv gehärtetem<br />
Stahl, erzielen gegenüber konventionell<br />
gleitgelagerten Wellen eine<br />
signifikante Verminderung der<br />
Reibungsverluste.<br />
gleichswellen (siehe Bild), die gegenüber<br />
den konventionellen gleitgelagerten<br />
Wellen eine signifikante Verminderung<br />
der Reibungsverluste erzielen.<br />
Ein induktiv härtbarer Stahl mit hoher<br />
Reinheit wird in einem automatisierten<br />
Schmiedeprozess umgeformt. Bauteilund<br />
Stoffflusssimulation wurden parallel<br />
durchgeführt, um eine optimale Komponente<br />
zu gestalten. Das Bauteil wird von<br />
der Hirschvogel Komponenten GmbH<br />
fertig bearbeitet. Dazu wurden neue Fertigungsverfahren<br />
im Rahmen dieses Kundenprojekts<br />
eingeführt. Es wird eine extrem<br />
gute Rundheit und geringste Welligkeit<br />
an den Wälzlagerstellen produziert<br />
und in Fourier-Analysen geprüft. Das<br />
Endprodukt wird einbaufertig mit Nadellager<br />
geliefert.<br />
Fortschritt durch Kompetenz<br />
An diesem Bauteil wird deutlich, wie sich<br />
motortechnische Effizienzverbesserungen<br />
auf Komponenten auswirken und<br />
wie die Hirschvogel Automotive Group<br />
diese Fortschritte durch Entwicklungskompetenz,<br />
Innovations- und letztlich<br />
auch Investitionsbereitschaft ermöglicht.<br />
In einem mittelständischen, inhabergeführten<br />
Unternehmen findet der<br />
Ideenreichtum der Mitarbeiter dabei<br />
durch eine grundsätzliche technikgetriebene<br />
Grundhaltung wie auch durch<br />
schnelle Entscheidungsprozesse einen<br />
guten Nährboden. Unterstützend wirkt<br />
ein Innovationsmanagement aus mehreren<br />
Komponenten.<br />
So existiert ein Ideenmanagement,<br />
welches Verbesserungsprozesse in mehreren<br />
Komplexitätsstufen strukturiert<br />
abbildet. Steuerkreise unter Teilnahme<br />
der Geschäftsführung initiieren und begleiten<br />
technische Entwicklungs- und<br />
Verbesserungsprojekte. Die Umsetzung<br />
der Entwicklungen und Verbesserungen<br />
erfolgt dabei, typisch mittelständisch,<br />
nicht unbedingt nach kurzfristigen<br />
betriebswirtschaftlichen Aspekten,<br />
sondern auf Basis einer langfristigen<br />
Unternehmensstrategie: hochwirtschaftliche<br />
und hochqualitative Massivumformprodukte<br />
durch absolute Technologieführerschaft.<br />
Technologische,<br />
aber auch organisatorische <strong>Innovationen</strong><br />
sind ein unbedingtes Muss zur Umsetzung<br />
dieser Strategie. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
67<br />
Bild: Hirschvogel Automotive Group
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Ein etwas anderer Sitz<br />
KEIPER – Wie viel Innovation passt in einen Sitz? Mit dieser Frage beschäftigt sich Keiper – und<br />
findet immer wieder neue Antworten: zum Beispiel den ,Swivel Seat‘, der in der Studie i-Mode<br />
von Hyundai vorgestellt wurde. Aktuell arbeitet Keiper intensiv am elektronisch vernetzten Sitz.<br />
Auf dem Genfer Automobilsalon im<br />
März 2008 stellte Keiper dem internationalen<br />
Fachpublikum eine<br />
Weltpremiere im mobilen Sitzen vor:<br />
den Swivel Seat. Realisiert wurde das innovative<br />
Sitzkonzept – der Sitz schwenkt<br />
in Längsrichtung auf der Sitzschiene<br />
vollelektrisch um 180 Grad, wodurch die<br />
Lehne in einer fließenden Bewegung zur<br />
Sitzfläche wird und umgekehrt – in einer<br />
Entwicklungspartnerschaft mit Hyundai<br />
für die Fahrzeugstudie Hyundai i-Mode.<br />
Innovation gilt bei Keiper nicht als<br />
,Erfindung um der Erfindung willen’,<br />
sondern als marktfähige, profitabel realisierte<br />
Umsetzung einer Erfindung. Ein<br />
Anspruch, der sich in dem Unternehmen<br />
wie ein roter Faden durch 88 Jahre<br />
Firmengeschichte zieht: Firmengründer<br />
Fritz Keiper erfand 1938 den ersten<br />
Ruhesitzbeschlag und ließ sich diese<br />
Idee patentieren. Nachfolgende Ingenieur-Generationen<br />
brachten unter anderem<br />
standardisierte Lehneneinsteller<br />
(Taumel 2000) und Sitzführungsschienen<br />
(Track 2000) zur Serienreife.<br />
Spielfreie Verriegelungssysteme<br />
(Lock 2000), eine crash-aktive Kopf-<br />
68 Car Innovation · Mai 2008<br />
stütze (Securest 2000) und eine komplette<br />
Vordersitzstruktur aus dem Baukasten<br />
(SCS 2000) folgten.<br />
Für alle genannten Beispiele gilt, dass<br />
sie durch ausgeklügelte Funktionalität,<br />
ein Höchstmaß an Gleichteilen und ein<br />
modulares sowie gewichts- und bauraumoptimiertes<br />
Konstruktionsprinzip<br />
auf Volumenproduktion abzielen.<br />
Sitz-Zukunft: elektronisch vernetzt<br />
Aktuell arbeitet Keiper intensiv am<br />
elektronisch vernetzten Sitz. Das bedeutet,<br />
dass alle aktiven Einstellkomponenten<br />
in einem Regelverbund präzise<br />
aufeinander abgestimmt sind und ebenso<br />
präzise aufeinander reagieren. Also<br />
zum Beispiel in der Rücksitzbank, die<br />
sich auf Knopfdruck in eine ebene Ladefläche<br />
verwandelt.<br />
Um solche komplexen Bewegungsabläufe<br />
zu choreografieren, braucht es<br />
,intelligente’ Steuereinheiten. Bei mechatronischen<br />
Systemen, wie derzeit<br />
vorangetrieben, sind Einstellerantrieb<br />
und Informationsverarbeitung in einer<br />
einzigen Baugruppe integriert. Zentrale<br />
Steuereinheiten und aufwändige Ver-<br />
Der Autositz für morgen: der ,Swivel<br />
Seat’. Der Sitz schwenkt in Längsrichtung<br />
auf der Sitzschiene vollelektrisch<br />
um 180 Grad, wodurch die Lehne in<br />
einer fließenden Bewegung zur<br />
Sitzfläche wird und umgekehrt.<br />
kabelung entfallen. Das reduziert Bauraum<br />
und Gewicht – im konkreten Fall<br />
für Fahrer- und Beifahrersitz bis zu drei<br />
Kilogramm pro Fahrzeug. „Für unsere<br />
Kunden ist angesichts der CO 2 -Debatte<br />
oder dem Wettlauf um niedrigste Verbrauchswerte<br />
jedes eingesparte Gramm<br />
ein Gewinn“, so Dr. Michael Borbe,<br />
0Director Engineering Components bei<br />
Keiper.<br />
Mit dieser Innovation im automobilen<br />
Sitzen legt Keiper aber auch die<br />
Messlatte in Sachen Komfort und Bedienbarkeit<br />
höher. Dazu gehört beispielsweise<br />
ein angenehmeres Geräuschdesign<br />
der Antriebe. Über die<br />
elektronische Steuerung der Einstellkomponenten<br />
und ihre nahezu unendlichen<br />
Vernetzungsmöglichkeiten im<br />
System Sitz ergeben sich außerdem<br />
neue Funktionalitäten, die etwa in<br />
Richtung Ergonomie (Komfort- und<br />
Wellness-Funktionen, kurvenadaptive<br />
Unterstützung) oder Sicherheit (crashaktive<br />
Sitzschale) gehen. Der Ort der<br />
kundenspezifischen Individualisierung<br />
zieht damit endgültig um – von der<br />
Hardware in die Software. �<br />
Bild: Keiper
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Start-Stopp-System zur CO 2-Reduktion<br />
KROMBERG & SCHUBERT – Von der klassischen Kabelkonfektion zur Entwicklung alternativer Elektronik<br />
für den Automobilbau – bei Kromberg & Schubert führt Querdenken durchaus zum Erfolg, wie beispielsweise<br />
die Erfolgsstory von kälteunempfindlichen Superkondensatoren als ,Motoren-Startgerät’ belegt.<br />
Die rasante Entwicklung der Elektronik<br />
und die damit verbundene<br />
Möglichkeit, neue Funktionen zu<br />
verfeinern oder überhaupt erst zu ermöglichen,<br />
sind ebenso Treiber für Veränderungen<br />
im Automobilsektor wie<br />
die Sensibilisierung der Kunden für<br />
Veränderungen – man denke nur an die<br />
aktuelle CO 2 -Diskussion und an die<br />
Notwendigkeit zur Bereitstellung bezahlbarer<br />
Transportleistung.<br />
Das Innovationsmanagement ist fest<br />
verankerter Bestandteil der Unternehmenskultur<br />
bei Kromberg & Schubert.<br />
Eingesetzte Softwarewerkzeuge erfassen,<br />
kanalisieren und unterstützen<br />
weltweit bei der Bewertung neuartiger<br />
Ideen der Mitarbeiter. Einige der erfolgreichsten<br />
Produkte sind auf diese Weise<br />
entstanden.<br />
Querdenken und Erfolg schließen<br />
sich nicht gegenseitig aus. Vor Jahren<br />
noch wäre die Idee, mit Superkondensatoren<br />
Fahrzeugmotoren starten zu<br />
wollen, sicherlich belächelt worden.<br />
Heutzutage befinden sich derartige Systeme<br />
bereits in der Serienerprobungsphase<br />
und bergen Potenzial, morgen<br />
flächendeckend in Treibstoff und CO 2<br />
sparenden neuen Fahrzeuggenerationen<br />
eingesetzt zu werden.<br />
Verschleißfrei und Kälteresistent<br />
Der Vorteil liegt auf der Hand: Die<br />
Superkondensatoren bieten gegenüber<br />
den aktuell eingesetzten Batterien nahezu<br />
Verschleißfreiheit und einen Einsatz<br />
bis tief unter den Gefrierpunkt ohne<br />
jeglichen Leistungseinbruch – ganz<br />
im Gegensatz zur Bleibatterie.<br />
Gerade die Verknüpfung verschiedener<br />
Disziplinen reizt die Vordenker. So<br />
gibt es übergreifende Spezialistenteams,<br />
die den Systemvernetzungsgedanken<br />
gekonnt ausspielen können. Nur die Betrachtung<br />
der reinen Komponente<br />
,Superkondensatorstartgerät’ wäre in<br />
diesem Falle nicht zielführend gewesen.<br />
Erst die Fahrzeugintegration und die<br />
Entwicklung der zugehörigen, abgestimmten<br />
Architektur ermöglichte es –<br />
neben den genannten Vorteilen – ein erhebliches<br />
Potenzial an Gewichtseinspa-<br />
rung zu realisieren. Es entstand dabei ein<br />
in sich geschlossenes Gesamtsystem.<br />
Wege, die für einen klassischen Kabelkonfektionär<br />
eher ungewöhnlich sind.<br />
Aufbau neuer Geschäftsfelder<br />
Mainstream – das ist auch nicht der Anspruch<br />
von Kromberg & Schubert: Strategisch<br />
werden neue Geschäftsfelder<br />
geplant und aufgebaut – komplementär<br />
zum Kabelsatz, jedoch im Umfeld des<br />
automobilen Bordnetzes. Die intelligente<br />
Batterieklemme von Kromberg &<br />
Schubert ist heute fester Bestandteil<br />
und Herzstück des Energiemanagements<br />
in vielen Trucks. Elektronische<br />
Hochstromschalter sind in der Lage,<br />
Ströme bis 1 500 Ampere zu schalten –<br />
ideale Komponenten für heutige und<br />
zukünftige Fahrzeuge, die neben einem<br />
Verbrennungsmotor verstärkt auf hybridisierte<br />
Komponenten setzen.<br />
Die neue Produktlinie der X-Line<br />
DC/DC-Wandler bietet für jeden Einsatzbereich<br />
die passende Systemlösung:<br />
vom klassischen 250 Watt-Wandler für<br />
die Start-Stopp-Funktion bis hin zum<br />
voll parametrisierbaren Wandler mit bis<br />
zu 1 000 Watt Peak-Leistung zur Rekuperation.<br />
Allergrößten Wert haben unsere<br />
Entwickler auf optimierten Stromfluss<br />
bei reduziertem Bauteileaufwand<br />
gelegt. Das Ergebnis ist eine gegenüber<br />
dem Markt um 60 Prozent kleinere<br />
Bauform und das bei State-of-the-Art-<br />
Performance. �<br />
Vor Jahren noch<br />
undenkbar: Kondensator-Array<br />
als Stromlieferant<br />
zum Start von<br />
Verbrennungsmotoren.<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
69<br />
Bild: Kromberg & Schubert
Bild: Leoni<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Stopp mit Licht<br />
LEONI – Der von Leoni entwickelte optische Einklemmschutz ,PinchGuard’ für motorbetriebene<br />
Schließsysteme auf Lichtwellenleiter-Basis reagiert bereits auf kleinste Berührungen<br />
und ist herkömmlichen Technologien überlegen. Derzeit läuft die Erprobung.<br />
Maximale Sicherheit für Fahrzeuginsassen<br />
garantiert das zukunftsweisendeEinklemmschutzsystem<br />
des Draht-, Kabel- und<br />
Bordnetz-Spezialisten Leoni. Der<br />
Klemm-Wächter ,PinchGuard’ basiert<br />
auf einer speziellen, plastik-optischen<br />
Faser – integrierbar in kundenspezifische<br />
Einklemmschutz-Profile.<br />
Diese reagieren bereits auf leichteste<br />
Berührungen und sichern motorbetriebene<br />
Fenster, Türen oder Heckklappen<br />
zuverlässig ab. Eine schnell ansprechende<br />
Elektronik kehrt den Motoran-<br />
Das Prinzip: Die Elektronik reagiert<br />
viel schneller als die Mechanik<br />
trieb in Sekundenbruchteilen um und<br />
verhindert so Verletzungen und schwere<br />
Unfälle. Weitere Vorteile des optischen<br />
Sensors sind die hohe Flexibilität<br />
am Einbauort und die geringe Baugröße.<br />
Die zum Einsatz kommenden Komponenten,<br />
wie Faser und Auswerte-<br />
Elektronik wurden sämtlich bei Leoni<br />
entwickelt.<br />
70 Car Innovation · Mai 2008<br />
Der optische Einklemmschutz von<br />
Leoni beruht auf der Ausnutzung des so<br />
genannten evaneszenten Feldes an der<br />
Oberfläche eines Lichtwellenleiters.<br />
Wird dieses Feld durch Annähern eines<br />
Objektes beeinflusst, kann die Änderung<br />
elektronisch erfasst werden.<br />
Da die Reaktionsgeschwindigkeit der<br />
Elektronik weit unter der Schließgeschwindigkeit<br />
von motorbetriebenen<br />
Heckklappen, Schiebetüren, Schiebedächern<br />
oder Fenstern liegt, werden Quetschungen<br />
vermieden. Dabei ist der<br />
,PinchGuard’ im Gegensatz zu anderen<br />
Sensoren EMV-unkritisch<br />
und überwacht sich kontinu-<br />
ierlich selbst. Die eingesetzte<br />
hochflexible Kunststoff-Faser<br />
kann mit sehr engem Biegeradius<br />
an der zu schützenden<br />
Stelle angebracht werden.<br />
Damit ist sie nicht nur technisch, sondern<br />
auch in punkto Design bisherigen<br />
Systemen überlegen. „Der ,PinchGuard’<br />
ist nach unserer Einschätzung heute die<br />
einzige Möglichkeit, eine motorbetriebene<br />
Heckklappe ganzheitlich, das heißt<br />
über den gesamten Gefährdungsbereich<br />
abzusichern“, so Dr. Michael Frommberger,<br />
Leiter Technology & Innovation<br />
Flexible Lichtwellenleiter<br />
als Klemmwächter:<br />
Der von Leoni entwickelte<br />
,PinchGuard’<br />
für motorbetriebene<br />
Schließsysteme<br />
reagiert auf kleinste<br />
Berührungen.<br />
bei Leoni. Herkömmliche Sensoren, wie<br />
zum Beispiel so genannte resistive<br />
Schaltleisten, können dies aufgrund ihrer<br />
großen Biegeradien nicht.<br />
Im Medizinbereich schon in Serie<br />
Im Herbst 2007 startete die Faser-Fertigung<br />
und -Konfektion bei der Leoni-<br />
Tochtergesellschaft Leoni Automotive<br />
Leads im norddeutschen Brake. Erste Demonstrations-<br />
oder Versuchsfahrzeuge<br />
wurden bereits in enger Zusammenarbeit<br />
mit den Entwicklern namhafter Automobilhersteller<br />
ausgestattet. „Das Ziel ist es<br />
nun, den ,PinchGuard’ mit den bei unseren<br />
Kunden eingesetzten Antrieben und<br />
Steuerungen zu verbinden und so ein<br />
überlegenes Einklemmschutzsystem im<br />
Markt zu etablieren“, so Carlgeorg Löhnert,<br />
Leiter des Geschäftsbereichs Suppliers<br />
International bei Leoni.<br />
Neben dem Einsatz im Automobil<br />
kommen für den Sensor auf Lichtwellenleiterbasis<br />
auch andere Anwendungsbereiche,<br />
wie zum Beispiel in der<br />
Arbeits- und Gebäudesicherheit oder<br />
der Medizintechnik in Frage. In einem<br />
Röntgensystem von Siemens geht der<br />
,PinchGuard’ in Kürze als Einklemmschutz<br />
bei Patientenliegen in Serie. �
Kraftvoll, aber sauber<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
MAGNA STEYR – Die Grazer Gesamtfahrzeugspezialisten setzen auf alternative Antriebssysteme.<br />
Das Unternehmen entwickelt Lösungen sowohl für Erdgas- und Wasserstoffantriebe als<br />
auch für Fullhybridfahrzeuge mit Elektroantrieb auf Basis der Lithium-Ionen-Batterie.<br />
Bei Magna Steyr, Teil des globalen<br />
Automobilzulieferunternehmens<br />
Magna International, werden<br />
nicht nur Fahrzeuge im Kundenauftrag<br />
gefertigt, sondern auch innovative Produkte,<br />
Technologien und Lösungen für<br />
die Automobilindustrie entwickelt.<br />
Dem Kunden nicht als verlängerte<br />
Werkbank dienen, sondern Problemfelder<br />
aufgreifen, innovative Lösungen<br />
finden und zur Serienreife entwickeln,<br />
ist das Credo der Ingenieure in den<br />
weltweiten Entwicklungsabteilungen.<br />
Raumfahrt-Know-how<br />
Das Unternehmen hat sich bereits seit<br />
einigen Jahren unter anderem auf die<br />
Entwicklung alternativer Antriebssysteme<br />
spezialisiert. Das auf der IAA in<br />
Frankfurt vorgestellte Konzeptfahrzeug<br />
MILA (Magna Innovative Lightweight<br />
Auto) ist ein in Rekordzeit entwickelter,<br />
voll funktionsfähiger Sportwagen mit<br />
Erdgasantrieb. Neben der Erdgastechnologie<br />
hat sich Magna Steyr der Wasserstofftechnologie<br />
angenommen. Der<br />
vollständig im Hause entwickelte und<br />
gebaute Wasserstofftank für den BMW<br />
Hydrogen 7 speichert flüssigen Wasser-<br />
Strom-Allradler: Der Magna Steyr HySUV, ein Fullhybrid-<br />
Geländefahrzeug auf Basis des Mercedes-Benz ML350 mit<br />
Allrad-Elektroantrieb und Lithium-Ionen-Batterie an Bord.<br />
stoff bei minus 253 Grad Celsius. Diese<br />
technische Herausforderung wurde unter<br />
anderem mit Hilfe des Know-hows<br />
aus dem Raumfahrtbereich gemeistert.<br />
Hinzu kommen Hybridlösungen für<br />
den Antriebsstrang, an denen verstärkt<br />
geforscht und gearbeitet wird. Magna<br />
Steyr ist durch seine Gesamtfahrzeugkompetenz<br />
in der Lage, aus jeglichem Basisfahrzeug<br />
eine Hybridvariante von<br />
Mild- bis Fullhybrid zu entwickeln.<br />
Als nennenswertes Projekt gilt hier der<br />
Magna Steyr HySUV, ein Fullhybrid-Geländefahrzeug<br />
auf Basis des Mercedes-<br />
Benz ML350. Das von Magna Steyr gemeinsam<br />
mit den Systempartnern Magna<br />
Powertrain, Siemens VDO und TYCO<br />
aufgebaute Fahrzeug besitzt eine Allrad-<br />
Elektroantriebseinheit, die zum Beispiel<br />
rein elektrisches Fahren erlaubt, andererseits<br />
durch ihre Boost-Funktion die Fahrdynamik<br />
erheblich verbessert. Die im Demo-Fahrzeug<br />
als Energiespeicher eingesetzte<br />
Lithium-Ionen-Batterie und die<br />
komplexe Hybridsteuerung sind Entwicklungen<br />
von Magna Steyr.<br />
Insbesondere der Lithium-Ionen-<br />
Batterie als ,Schlüsselproblem’ im Hybridbereich<br />
widmet Magna Steyr ver-<br />
stärkte Aufmerksamkeit. Nicht nur die<br />
einzelnen Komponenten, sondern das<br />
gesamte Batterie-Management werden<br />
hier entwickelt und zur Serienreife gebracht<br />
– sowohl für Pkw, als auch für<br />
Nutzfahrzeuge.<br />
Time-to-market verkürzt<br />
In einem konstanten Verbesserungsprozess<br />
werden sämtliche internen Abläufe<br />
und Prozesse ständig überprüft und optimiert.<br />
Dabei konnte vor allem im Produktentwicklungsbereich<br />
durch Computersimulation<br />
und virtuelle Entwicklung<br />
die Zeit eines Produkts bis zum Markteintritt<br />
beziehungsweise bis zum SOP<br />
stark verkürzt werden.<br />
Innovativer Ansatz auch im Bereich<br />
Energiemanagement: Bereits in einem<br />
sehr frühen Entwicklungsstadium wird<br />
ein Simulationskonzept über Verbrauch<br />
und geplanten Einsatz eines Fahrzeugs<br />
erstellt. Hier fließen Informationen aus<br />
den Bereichen Rohmaterialgewinnung,<br />
Materialherstellung, Komponentenfertigung,<br />
Recycling, Fahrzeugproduktion<br />
und Nutzungsphase des Fahrzeugs mit<br />
ein. Dadurch werden Optimierung und<br />
raschere Entwicklung erleichtert. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
71<br />
Bild: Magna Steyr
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Querdenken erwünscht<br />
MANN+HUMMEL – Eine Zylinderkopfhaube aus 100 Prozent Recyclingmaterial ist die konsequente<br />
Fortführung der Entwicklungslinie zur Kraftstoff- und CO 2 -Einsparung. Dieses Bauteil ist auch das Ergebnis<br />
der ,Widerspruchsorientierten Innovationsstrategie’, der sich Mann+Hummel verschrieben hat.<br />
Über die Kernkompetenzen im Segment<br />
Filtration hinaus hat<br />
Mann+Hummel frühzeitig auch<br />
das Potenzial für Kunststoffkomponenten<br />
am Motor erkannt und genutzt.<br />
Zahlreiche Produkte wie Luftfilter, Saugrohr<br />
und Ölmodul führte das Unternehmen<br />
weltweit erstmalig als Kunststoffapplikationen<br />
in die Serie ein.<br />
Unter Innovation versteht man bei<br />
Mann+Hummel neue und optimierte<br />
Funktionen, aber auch zielgerichtete<br />
Funktionelle und konstruktive<br />
Integration an Komponenten<br />
Weiterentwicklungen von Produkt- und<br />
Prozesskonzepten, die zu einer signifikanten<br />
Verbesserung in Qualität und<br />
Kosten führen. Die Innovationskultur<br />
unterstützt der Konzern konsequent mit<br />
modernsten Methoden wie der ,WiderspruchsorientiertenInnovationsstrategie’<br />
(WOIS) und der rechnergestützten<br />
Innovations- und Erfindungstechnologie<br />
TRIZ. Viele kleine, wichtige Innovations-<br />
72 Car Innovation · Mai 2008<br />
schritte bringen die Mitarbeiter täglich<br />
ein und setzen sie um.<br />
Die meisten Kunststoffbauteile der<br />
ersten Generation, wie die Saugrohre<br />
und Luftfilter aus den 1980er und<br />
1990er Jahren, entstanden aus der reinen<br />
Materialsubstitution heraus. Die<br />
fortschreitende Funktionsintegration<br />
prägte die zweite oder dritte Generation;<br />
die Produkte wurden dank Kunststoff<br />
zu kompletten Modulen und Systemen<br />
weiterentwickelt.<br />
Bei Markteinführungen in<br />
diesem Jahrzehnt realisieren<br />
die Entwicklungsteams System-<br />
und Modulansätze bereits<br />
in der ersten Generation.<br />
Das Pkw-Ölwannenmodul<br />
aus Kunststoff ist dafür<br />
ein überzeugendes Beispiel.<br />
Gerade die Kunststofftechnik eignet<br />
sich hervorragend dafür, funktionelle<br />
und konstruktive Integration an Komponenten<br />
unter der Motorhaube umzusetzen.<br />
Sie leistet durch Gewichtsreduktion,<br />
die einher geht mit Kraftstoffeinsparung,<br />
einen wichtigen Beitrag<br />
zur CO 2 - und Kostensenkung. Die <strong>Innovationen</strong><br />
spiegeln sich aber auch in<br />
völlig neuen Produkten wider; zum<br />
Funktionelle und konstruktive Integration<br />
an Komponenten: Ölwannenmodul<br />
aus Kunststoff für Pkw.<br />
Beispiel im ,Symposer’, einem Sounddesignelement,<br />
das dem aufgeladenen<br />
Fahrzeug seinen ursprünglichen sportlichen<br />
Sound zurückgibt und den dynamischen<br />
Fahreindruck unterstützt.<br />
<strong>Innovationen</strong> im Verborgenen<br />
Nicht alle <strong>Innovationen</strong> sind auf den<br />
ersten Blick erkennbar: Das Ansprechverhalten<br />
der Turbomotoren etwa wird<br />
dank des Wissens über variable Saugrohre<br />
optimiert und die Emissionsreduzierung<br />
unter anderem mit einem HC-<br />
Adsorber unterstützt.<br />
Als erster Zulieferer führte<br />
Mann+Hummel eine Zylinderkopfhaube<br />
aus 100 Prozent Recyclingmaterial<br />
in die Serie ein, ohne in technischer<br />
oder optischer Hinsicht irgendwelche<br />
Kompromisse einzugehen – ganz im<br />
Gegenteil. Gleichzeitig werden mit<br />
neuen Ansätzen im Konzeptions- und<br />
Fertigungsprozess Energieaufwand und<br />
CO 2 -Ausstoss bereits bei der Herstellung<br />
immer weiter gesenkt. Weitere<br />
Schwerpunkte sind die Filtration und<br />
Konditionierung von Biokraftstoffen<br />
und die Produktion von metallfreien<br />
Ökofiltern für eine umweltfreundliche<br />
Entsorgung. �<br />
Bild: Mann+Hummel
Bild: Marquardt<br />
Gangwechsel gut im Griff<br />
MARQUARDT – Die künstliche Schalt-Intelligenz in der Mittelkonsole hat Kunden<br />
wie BMW bereits überzeugt. In der aktuellen Mittelklasse-Serie setzen die Münchner<br />
eine Innovation der Marquardt GmbH aus dem schwäbischen Rietheim-Weilheim<br />
ein: den ersten elektronischen Gangwahlschalter.<br />
Das Kernmodul besteht im Prinzip<br />
aus zwei Komponenten, dem<br />
Wählhebel mit integrierter Fahrstufenanzeige,<br />
Entriegelungs- und<br />
Parktaste sowie der so genannten<br />
Schaltbox, die sich nach dem Einbau<br />
unterhalb der Mittelkonsole befindet.<br />
Sie beinhaltet die wesentlichen mechanischen<br />
und elektrischen Systeme zur<br />
Haptikerzeugung, Rückstellung, Signal-<br />
Fixierung mittels eines permanenten<br />
Elektrohaftmagneten<br />
erfassung für die Auswerteelektronik<br />
und die haptischen Sperren. Die wesentlichen<br />
<strong>Innovationen</strong> dieser Schaltbox<br />
sind das nahezu geräuschlose Haftund<br />
Rückstellsystem, das Sperrensystem<br />
und das Sensorsystem zur Signalerfassung.<br />
Der manuellen Rückstellung liegt<br />
eine Haptikvorgabe seitens BMW zugrunde:<br />
Die automatisierte Rückstellung<br />
soll geräuscharm, beliebig oft<br />
wiederholbar und unkritisch bei Missbrauch<br />
sein. Um diesen Anforderungen<br />
gerecht zu werden, haben die Ingenieure<br />
zur Fixierung der manuellen Gasse<br />
ein eigens entwickeltes, patentiertes<br />
Haftsystem konstruiert.<br />
Die Fixierung des Wählhebels erfolgt<br />
somit nicht durch eine Rastung in einer<br />
Kulisse, sondern durch die Haftkraft eines<br />
permanenten Elektrohaftmagneten.<br />
Wird dieses System bestromt, stellt der<br />
Wählhebel aufgrund einer speziellen<br />
Kulissenform selbstständig in die Mittellage<br />
zurück. Da die Schaltbox im Kern<br />
aus einem in mehrere Richtungen<br />
beweglichen Drehkör-<br />
per besteht, konnte das letztlich<br />
nicht mehr sichtbare Modul<br />
kompakt und Platz sparend<br />
gehalten werden.<br />
Der Wählhebel komplettiert<br />
dieses Erfolgsprojekt mit weiteren <strong>Innovationen</strong>.<br />
Nicht nur, weil man ihn neben<br />
der herkömmlichen Sechsgang-Automatik-Variante<br />
auch in der Sechsgang-<br />
Sportautomatik-Version erhalten kann:<br />
Erstmals werden neben den bereits bekannten<br />
Kunststoffteilen nämlich auch<br />
belederte, lackierte und verchromte Teile<br />
in einer Baugruppe verwendet.<br />
Das Display ist in IMD-Technologie<br />
gefertigt und besitzt durch eine zusätzliche<br />
Beschichtung eine kratzfeste<br />
Oberfläche. Die Funktionsanzeigen<br />
wurden mit einer grautransparenten<br />
Oberfläche realisiert; die Homogenität<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Freude am Fahren:<br />
Erstmals werden zusätzlich zu<br />
Kunststoffteilen auch belederte,<br />
lackierte und verchromte Bauteile<br />
verwendet – exklusiv für die<br />
Sechsgang-Sportautomatik-<br />
Version des Gangwahlschalters.<br />
der Anzeigen wird durch integrierte<br />
Lichtleiter erzielt. So kann das Schaltschema<br />
dauerhaft dargestellt werden.<br />
Die Kommunikation mit dem elektrischen<br />
Getriebesteuergerät erfolgt über<br />
CAN- und LIN-Bus.<br />
Das Schaltschema ist dem konventionellen<br />
Schema mechanischer Automatikgetriebe<br />
nachempfunden, wobei<br />
der Wählhebel monostabil ist. Das<br />
heißt, er bewegt sich nach jeder Vorund<br />
Zurückbewegung in die Mittelstellung<br />
zurück. Um die manuelle Fahrstufenwahl<br />
zu aktivieren, genügt es, den<br />
Schalter nach links zu drücken.<br />
Demnächst auch in der 3er-Baureihe<br />
Bei der jüngsten IAA in Frankfurt stellte<br />
Marquardt die Überarbeitung des<br />
Gangwahlschalters für die BMW 6er-<br />
Reihe vor. Kurze Zeit später wurden<br />
dessen Ingenieure und Entwickler mit<br />
dem Zukunftspreis der privaten ,Stiftung<br />
Ewald Marquardt’ bedacht. In diesem<br />
Jahr werden die Modellüberarbeitungen<br />
der BMW 3er-Reihe ebenfalls<br />
mit dem Schaltmodul der Marquardt<br />
GmbH ausgestattet. Ein Zeichen für eine<br />
echte Innovation – zumal auch die<br />
Sport-Version des Gangwahlschalters,<br />
die nur von Marquardt produziert wird,<br />
optimiert wurde. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
73
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Drei-Säulen-Innovationsmanagement<br />
MBTECH GROUP – Engineering- und Consulting-Dienstleister MBtech setzt auf ein Drei-Säulen-Innovationsmanagement.<br />
Dieses stützt sich auf <strong>Innovationen</strong> in Kundenauftrag, Eigen<strong>innovation</strong>en sowie auf<br />
klar definierte und transparente Innovationsprozesse und Steuerungsinstrumente – intern wie extern.<br />
<strong>Innovationen</strong> stellen für Engineeringund<br />
Consulting-Dienstleister (ECDL)<br />
in der Regel ein Spannungsfeld dar.<br />
Einerseits ist es ihre tägliche Herausforderung,<br />
für ihre Kunden – OEMs wie<br />
System- und Teilelieferanten – an der<br />
technischen Realisierung von <strong>Innovationen</strong><br />
mitzuarbeiten. Andererseits<br />
stellt sich die Frage, wie sie das erworbene<br />
Wissen und die Erfahrungen<br />
durch eigene Innovationsprojekte abrunden,<br />
um daraus Markterfolge zu generieren.<br />
MBtech setzt mit seinen vier<br />
Segmenten ,Vehicle Engineering’, ,Powertrain<br />
Solutions’, ,Electronics Solutions’<br />
und ,Consulting’ auf ein Drei-Säulen-Innovationsmanagement:<br />
<strong>Innovationen</strong> im Kundenauftrag<br />
Ein Beispiel für <strong>Innovationen</strong> in der<br />
Automobilindustrie bieten die neuen<br />
Herausforderungen bei den aktuellen<br />
Entwicklungen im Bereich der Hybridantriebe.<br />
Breit aufgestellte ECDL mit<br />
Kompetenzen sowohl in der Antriebs-,<br />
Elektronik- als auch der Fahrzeugentwicklung<br />
und Prozessoptimierung bie-<br />
74 Car Innovation · Mai 2008<br />
ten in der Konzeptionsphase wie auch<br />
in der Komponentenentwicklung und<br />
-integration wichtige Unterstützung.<br />
MBtech ist hier bei mehreren Projekten<br />
in unterschiedlichsten Themen<br />
engagiert. Zusätzlich ergänzt das Unternehmen<br />
den Kompetenzaufbau durch<br />
die Schaffung einer Innovationsgruppe<br />
und eigene interne Projekte. Grundlage<br />
der Innovationsfähigkeit ist das gezielte<br />
Verknüpfen unterschiedlicher Disziplinen<br />
und der Blick für die Anforderungen<br />
der OEMs wie auch der Zulieferer.<br />
„Zusätzlich sind Engineering- und<br />
Consulting-Dienstleister gefordert, eigene<br />
technologische <strong>Innovationen</strong> zu realisieren“,<br />
so Werner Kropsbauer, Sprecher<br />
der Geschäftsführung. „Eigen<strong>innovation</strong>en<br />
sind ein zentrales, strategisches<br />
Instrument für die erfolgreiche Positionierung<br />
im Wettbewerb.<br />
Für uns sind sie maßgeblich für den<br />
Ausbau unserer Geschäftstätigkeit.“ So<br />
hat die MBtech beispielsweise eine Software<br />
für das Hardware-in-the-Loop<br />
(HIL) Testing entwickelt. Diese wird in<br />
eigenen Projekten eingesetzt und zudem<br />
als eigenständiges Produkt im Markt<br />
vertrieben. Für die Umsetzung solcher<br />
Eigen<strong>innovation</strong>en ist es unabdingbar,<br />
über klar definierte Prozesse und<br />
Steuerungsinstrumente zu verfügen.<br />
„Entscheidend für den Erfolg ist es, die<br />
richtigen Köpfe zusammenzubringen,<br />
ihnen den Freiraum für innovative<br />
Lösungen zu gewähren und Erfolge<br />
dann auch entsprechend zu honorieren“,<br />
so Geschäftsführer Hartmut<br />
Tresp.<br />
„Um den Erfolg unserer Innovationsprojekte<br />
sicherzustellen, setzen<br />
wir neben der gezielten Vernetzung<br />
von Mitarbeitern und dem Aufbau<br />
von ,Communities of Practice’ auch<br />
auf eine größtmögliche Transparenz.“<br />
Die Kunden werden im Hinblick auf<br />
den späteren Geschäftserfolg bereits<br />
früh in die Innovationsvorhaben eingebunden,<br />
um von vorneherein eine<br />
Win-Win-Situation zu schaffen. Außerdem<br />
bringt die MBtech Consulting<br />
wiederum Erfahrungen aus dem internen<br />
Innovationsmanagement in Kundenprojekte<br />
ein. �<br />
Das Führungsduo<br />
der MBtech Group:<br />
Geschäftsführer<br />
Hartmut Tresp<br />
(links) und Werner<br />
Kropsbauer,<br />
Sprecher der<br />
Geschäftsführung. Bild: MBtech
Das Technologiezentrum für Motorkomponenten<br />
in Attendorn: 5 200 Mitarbeiter an 25 Standorten<br />
weltweit beschäftigt das inhabergeführte<br />
Unternehmen Muhr und Bender.<br />
Ganz leicht gemacht<br />
MUHR UND BENDER – Die Spezialisierung auf Stahlkomponenten führte das Familienunternehmen<br />
Muhr und Bender (Mubea) auf die Straße des Erfolgs. Induktives Vergüten<br />
von Federdraht für Achsfedern oder Flexibles Walzen von Strukturbauteilen sind Technologien,<br />
mit denen Mubea seine Kunden bei der Gewichtsreduzierung unterstützt.<br />
Das inhabergeführte Familienunternehmen<br />
Muhr und Bender<br />
hat sich als weltweit tätiger Spezialist<br />
für hoch beanspruchbare Federn<br />
sowie technologisch verwandte Produkte<br />
etabliert. Durch Spezialisierung<br />
auf Stahlkomponenten im Pkw-Bau<br />
konnten die sechs deutschen Standorte<br />
mit seinerzeit 1 400 Mitarbeitern innerhalb<br />
der letzten 15 Jahre weltweit auf<br />
heute 25 Standorte mit über 5 200 Mitarbeitern<br />
erweitert werden.<br />
Die Basis waren Entwicklung und<br />
Produktion von Federn für Fahrwerk,<br />
Ventiltrieb und Antriebsstrang sowie<br />
seit einigen Jahren auch technologisch<br />
verwandte Produkte wie beispielsweise<br />
Nockenwellen, Riemenspanner und flexibel<br />
gewalzte Strukturbauteile.<br />
Stellenwert der Innovation<br />
Möglich wird dieses weitestgehend<br />
selbst finanzierte Wachstum durch die<br />
schon früh erkannte Notwendigkeit zur<br />
Gewichtsreduzierung von Kraftfahrzeugen.<br />
Seit 20 Jahren werden Leichtbauthemen<br />
bei Mubea bearbeitet.<br />
Durch die rasante Verteuerung aller natürlichen<br />
Ressourcen (Stahl plus 50<br />
Prozent und Öl verdreifacht) und aufgrund<br />
der nachhaltigen Debatte zur Reduzierung<br />
der CO 2 -Emissionen stellt<br />
sich die Strategie als nachhaltiger Kundenvorteil<br />
dar. Mubea-Produkte liefern<br />
ein Leichtbaupotenzial von über 20 Kilogramm<br />
pro Fahrzeug. Dies entspricht<br />
einer Verbrauchs- und CO 2 -Reduktion<br />
von etwa zwei bis drei Gramm CO 2 pro<br />
Kilometer.<br />
Bis zu weiteren drei bis sechs Gramm<br />
können durch innovative Motorkomponenten<br />
realisiert werden. Die Pläne<br />
der EU zur Besteuerung der Emissionen<br />
von Kraftfahrzeugen sehen vor, dass<br />
oberhalb von 120 Gramm je Gramm<br />
zeitlich gestaffelt zwischen 20 Euro<br />
(2012) und 95 Euro (2015) an den<br />
Endkunden belastet werden. Dies ist erheblich<br />
mehr als die für innovative Lösungen<br />
zur Emissionsreduzierung anzusetzenden<br />
Mehrkosten in Höhe von<br />
Null bis 20 Euro pro Gramm.<br />
Weniger ist mehr<br />
Ein gutes Beispiel ist die Gewichtsreduktion<br />
bei Achsfedern: Innerhalb von zehn<br />
Jahren konnte das Gewicht von Achsfedern<br />
durch konsequente Innovation um<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
50 Prozent reduziert werden. Basis dafür<br />
ist das induktive Vergüten von Federdraht,<br />
das zu optimalen Festigkeiten und<br />
Zähigkeiten des Materials führt.<br />
Ein weiteres Beispiel ist die Gewichtsreduktion<br />
durch flexibles Walzen:<br />
Das Flexible Walzen ist ein Kaltwalzverfahren<br />
zur Herstellung von<br />
Strukturbauteilen mit unterschiedlichen<br />
Blechdicken. Mit dem weltweit<br />
einzigartigen Verfahren können Gewichtsreduzierungen<br />
von 20 bis 30 Prozent<br />
pro Bauteil erreicht werden. Dies<br />
entspricht einer Reduktion von rund<br />
zehn Kilogramm pro Fahrzeug.<br />
Innovative Motorkomponenten<br />
Wesentliche Reduzierungen der CO 2 -<br />
Emissionen werden im Antriebsstrang<br />
erzielt. Die Verringerung der Motorreibung<br />
mittels wälzgelagerter Nockenwellen,<br />
optimierter Ventilfedern, Komponenten<br />
für Start-Stopp-Systeme und entkoppelter<br />
Riemenscheiben spart etwa<br />
drei bis sechs Gramm CO 2 ein. Mubea erreicht<br />
heute pro Fahrzeug einen Gewichtsvorteil<br />
von 20 bis 25 Kilogramm<br />
und weitere Emissionsreduzierungen<br />
von circa drei bis sechs Gramm CO 2 . �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
75<br />
Bild: Muhr und Bender
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
,Kochrezept’ für <strong>Innovationen</strong><br />
NEUMAYER TEKFOR – Der Schmiedeteilspezialist Neumayer Tekfor arbeitet nach der ,Widerspruchs-orientierten<br />
Innovations-Strategie’, bei der Ressourcen, Märkte, Wettbewerb, Technologien<br />
aber auch die eigene Organisation permanent auf den Prüfstand stehen. Mitarbeiter<br />
qualifiziert das Unternehmen im Rahmen eines MBA-Innovations-Studiengangs.<br />
Die Neumayer Tekfor Group entwickelt<br />
und fertigt Schmiedeteile<br />
für Getriebe, Motor, Antriebsstrang,<br />
Chassis sowie spezielle Applikationen<br />
sowie Sicherheitsmuttern. Als<br />
mittelständische Firmen der Schmiedeindustrie<br />
unterliegen das Unternehmen<br />
der Problematik, dass ihr Umfeld durch<br />
sehr mächtige Kunden (OEM, Tier1-<br />
Lieferanten) einerseits und sehr mächtigen<br />
Stahl- und Energielieferanten andererseits<br />
geprägt ist.<br />
Megatrends werden von beiden Seiten<br />
vorgegeben. Wie erkennt das<br />
mittelständische Unternehmen diese<br />
Trends und bleibt dann noch reeller<br />
Spielraum für mittelständisch geprägte<br />
Innovation? Ein mögliches Werkzeug<br />
hierfür stellt das Konzept der ,Widerspruchs-orientiertenInnovations-Strategie’<br />
(kurz WOIS) dar, welches an der<br />
Universität Coburg von Prof. Linde entwickelt<br />
und bei Neumayer Tekfor zum<br />
,Neumayer Tekfor Innovation Stream’<br />
(NTIS) wurde. Mitte April diesen Jahres<br />
wurde diese Initiative abgeschlossen,<br />
bei der weit über 150 Ideen und mindestens<br />
zehn Schwerpunkt-<strong>Innovationen</strong><br />
entstanden sind.<br />
Kritische Standortbestimmung<br />
Basis ist zunächst eine kritische Standortbestimmung<br />
des Unternehmens in<br />
Bezug auf seine Ressourcen, Märkte,<br />
Technologien und seiner Organisation.<br />
Beim Wettbewerb sind die Knappheit<br />
der zukünftigen Energievorräte ebenso<br />
zu berücksichtigen, wie das dramatische<br />
Wachstum der Staaten der ehemaligen<br />
Sowjetunion, Indien und China,<br />
der Trend zu Hybrid- und Wasserstoffantrieben<br />
sowie die Veränderung der<br />
Wettbewerber durch zum Beispiel den<br />
Aufkauf europäischer Schmieden durch<br />
indische Unternehmen.<br />
Eine technische Frage ist beispielsweise<br />
im Getriebebereich, welche Getriebetypen<br />
sich in den unterschiedlichen<br />
Regionen wie entwickeln. Zudem<br />
müsste geklärt werden, wie zum<br />
Beispiel notwendige dünne Hohlenwel-<br />
76 Car Innovation · Mai 2008<br />
len mit neueren Verfahren, wie etwa<br />
das Rundkneten wirtschaftlicher hergestellt<br />
werden könnten. In gleicher<br />
Weise wurden alle Geschäftsfelder<br />
untersucht.<br />
Da mittelständische Schmiedebetriebe<br />
in der Regel ein sehr breites Spektrum<br />
an Teilen in Bereichen wie der<br />
Motoren-, der Elektrik-, der Getriebeoder<br />
der Sicherheitssysteme liefern,<br />
muss die Zukunft all dieser Obersysteme<br />
untersucht werden.<br />
Auch nach dieser Richtungsentscheidung<br />
stellt die WOIS Werkzeuge zur<br />
Verfügung, die <strong>Innovationen</strong> unterstützen.<br />
Dabei wird hier auf ,Kochrezepte’<br />
(,principle solutions’), wie auch auf bekannte<br />
Innovations-Verfahren, zum<br />
Beispiel TRIZ, gleichermaßen gesetzt.<br />
In vielen mehrtägigen NTIS-Workshops<br />
wurde das ganze Spektrum firmeninterner<br />
Teile durchleuchtet und<br />
eingesetzte Ressourcen, vorliegende<br />
Schwerpunkt-<strong>Innovationen</strong><br />
Grafik: Neumayer Tekfor<br />
desision of<br />
strategic direction<br />
<strong>innovation</strong>sstandard<br />
principlesolutionkeycontradiction<br />
search for<br />
development<br />
development- prognosis<br />
direction front-analysisproductanalysis<br />
system and<br />
surrounding<br />
upper<br />
target<br />
organisations markets<br />
technologies communities<br />
Philosophy<br />
Economy<br />
Innovation Strategy<br />
Evolution Theory<br />
Psychology<br />
companysituation<br />
Märkte und Technologien hinterfragt.<br />
Entstanden sind auf einer soliden<br />
Orientierungsbasis für jeden Geschäftszweig<br />
technologische, marktorientierte<br />
Roadmaps, die sowohl kurzfristig umsetzbare<br />
<strong>Innovationen</strong> als auch Schwerpunkt-<strong>Innovationen</strong><br />
aufweisen.<br />
Diese Basisuntersuchung muss sicherlich<br />
mehrjährig überprüft werden,<br />
beziehungsweise werden permanent in<br />
weiteren Workshops Widerspruchslösungen<br />
im Rahmen aktueller Entwicklungen<br />
erarbeitet und garantieren<br />
somit einen ständigen ,Innovations<br />
Stream’. Hierzu werden momentan<br />
ausgewählte Mitarbeiter im Rahmen<br />
eines MBA-Innovations-Studiengangs<br />
am gleichen WOIS-Institut ausgebildet.<br />
�<br />
Autor: Dr. Ekkehard Körner, Vice President<br />
R&D Formingprocesses, President New Form<br />
Tec GmbH<br />
new organisations new markets<br />
new technologies new resources<br />
<strong>innovation</strong>quotient<br />
process-analysis<br />
upper systemorientation<br />
matrice of<br />
effectivity<br />
search for<br />
Innovations<br />
<strong>innovation</strong>sportfolio<strong>innovation</strong>seffects<strong>innovation</strong>stabels<br />
contradictionsolutions<br />
contradictionsolutions<br />
Der Weg: Werkzeuge des ,Neumayer Tekfor Innovation Streams’. Weit über 150<br />
Ideen und mindestens zehn Schwerpunkt-<strong>Innovationen</strong> sind auf diesem Weg bisher<br />
bei Neumayer Tekfor entstanden.<br />
Car Innovation · Mai 2008
Bild: Polytec<br />
Das Tempo macht’s<br />
Der automobile Innenraum hat<br />
sich in den letzten Jahrzehnten<br />
extrem weiterentwickelt. Große<br />
Fortschritte wurden vor allem in den Bereichen<br />
Design und Ergonomie, Wertigkeit<br />
und Qualität, sowie Komfort und<br />
Insassenschutz erzielt. Das Interieur von<br />
heute stellt ein komplexes System aus<br />
hochtechnisierten Einzelfragmenten dar.<br />
Trotzdem existieren in vielen Bauteilen<br />
und Komponenten noch Potenziale, die<br />
es mit innovativen Ansätzen zu realisieren<br />
gilt. Die Polytec Group beschäftigt<br />
sich seit Jahrzehnten schwerpunktmäßig<br />
mit Systemen für das automobile<br />
Interieur und ist als innovativer Partner<br />
der namhaften Automobilhersteller in<br />
Europa fest etabliert.<br />
Schlüsselfaktoren<br />
Polytec hat früh erkannt, dass bestimmte<br />
Schlüsselfaktoren für die Entstehung<br />
von <strong>Innovationen</strong> von hoher Bedeutung<br />
sind. Die wichtigsten sind dabei<br />
■ eine Unternehmensorganisation, die<br />
insbesondere die schnelle und effiziente<br />
Kommunikation von Mitarbeitern<br />
ermöglicht und Anreize für <strong>Innovationen</strong><br />
schafft;<br />
■ ein breites Technologie-Spektrum<br />
innerhalb des Konzerns, aus dem<br />
neue Lösungen durch neue Kombinations-Möglichkeiten<br />
schnell und<br />
effizient entstehen können;<br />
■ ein gezieltes Benchmarking von Produkten<br />
und Märkten um den Stand<br />
der Technik immer transparent und<br />
vollständig vor Augen zu haben;<br />
■ der rege Austausch mit Projektpartnern,<br />
Universitäten und Kunden um<br />
frühzeitig Trends zu erkennen;<br />
■ der gezielte Einsatz von personellen<br />
und finanziellen Ressourcen auf erfolgversprechende<br />
Ideen und Ansätze.<br />
Letztlich spielt gerade bei <strong>Innovationen</strong><br />
die Geschwindigkeit einer Entwicklung<br />
eine gewichtige Rolle. Die Polytec<br />
Group hat sich trotz ihres dynamischen<br />
Wachstums ihren mittelständischen<br />
Charakter erhalten – flache Hierarchien<br />
und kurze Wege führen zu schnellen<br />
Entscheidungen. Aktivitäten für potenzielle<br />
<strong>Innovationen</strong> konnten so in der<br />
Vergangenheit oft ,über Nacht’ freigegeben<br />
werden und führten binnen kürzester<br />
Zeit zum Erfolg und somit zu<br />
Wettbewerbsvorsprüngen oder Alleinstellungsmerkmalen<br />
am Markt.<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Wabensandwich-Technik: Der Ladeboden des Audi A4<br />
Avant aus ,Polyload’, einem sehr leichten und trotzdem<br />
sehr steifen Werkstoff, der im One-Step-Prozess extrem<br />
verformt werden kann.<br />
POLYTEC – Gerade bei <strong>Innovationen</strong> spielt die Geschwindigkeit einer Entwicklung eine gewichtige<br />
Rolle. Diesem Credo folgend, setzt die Polytec Group auf flache Hierarchien und kurze Wege, um<br />
zu schnellen Entscheidungen zu kommen. Den neuartigen Ladeboden für den Audi A4 Avant<br />
realisiert das Unternehmen binnen 18 Monate – vom Start Vorentwicklung bis Serieneinsatz.<br />
Als herausragendes Beispiel ist in<br />
diesem Zusammenhang die Entwicklung<br />
des Werkstoffs ,Polyload’ zu nennen.<br />
,Polyload’ ist ein PUR-Wabensandwich,<br />
der als steifer und leichter Träger<br />
bei Kofferraum-Ladeböden eingesetzt<br />
wird. Der prinzipielle Aufbau dieses<br />
Werkstoffs entspricht dem Stand der<br />
Technik. Jedoch zeichnet sich ,Polyload’<br />
dadurch aus, dass der Werkstoff extrem<br />
verformt werden kann, was in der Anwendung<br />
bei Ladeböden zu völlig neuen<br />
Gestaltungsmöglichkeiten führt.<br />
Günstiger One-Step-Process<br />
So konnte ein ursprünglich mehrteiliges<br />
Wendebodenkonzept mit ,Polyload’<br />
deutlich leichter und kostengünstiger<br />
(One-Step-Prozess) dargestellt werden.<br />
Das Entwicklungsergebnis konnte nur<br />
durch die intelligente Nutzung des Polytec-Technolgie-Baukastens<br />
sowie durch<br />
die Zusammenarbeit mit geeigneten Projektpartnern<br />
(teilweise aus produktfremden<br />
Bereichen mit jedoch ähnlichen<br />
Problemstellungen) erreicht werden.<br />
Vom Start der Vorentwicklung bis zum<br />
Serieneinsatz in einem Fahrzeug vergingen<br />
hier weniger als 18 Monate. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
77
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Gut bedient<br />
PREH – Mit einem futuristischen Mittelkonsolenkonzept überraschte die Preh GmbH<br />
auf der IAA 2007. Die ,PrehCon‘-Konsole demonstriert unter anderem, wie eine Black-<br />
Panel-Anzeigetechnik auf metallische Oberflächen übertragen werden kann.<br />
Die Anforderungen an Bediensystemspezialisten<br />
steigen: Es soll<br />
eine stetig wachsende Zahl von<br />
Funktionen integriert und dabei gleichzeitig<br />
die Bedienkomplexität für den<br />
Fahrer reduziert werden. Das Fahrzeug-Interieur,<br />
dessen Design eine Automobilmarke<br />
entscheidend mit prägt,<br />
soll an Wertigkeit gewinnen, aber auch<br />
engen Kostenvorgaben gerecht werden.<br />
Dass diese Herausforderungen von<br />
mittelständischen Unternehmen wie<br />
der Preh GmbH geschultert werden<br />
können, zeigt das konstant zweistellige<br />
Alle relevanten Qualitätsparameter<br />
in einer Hand<br />
Umsatzwachstum des Bad Neustädter<br />
Unternehmens in den letzten fünf Jahren.<br />
Dies liegt laut Preh-Geschäftsführer<br />
Dr. Michael Roesnick an den hohen<br />
Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen<br />
sowie der großen Fertigungstiefe<br />
bei Preh. Bemerkenswert: Im Durchschnitt<br />
beträgt hier die Fertigungstiefe<br />
rund 80 Prozent, bei Klimabediensystemen<br />
sogar bis zu 95 Prozent.<br />
Damit hält Preh letztlich alle relevanten<br />
Qualitätsparameter selbst in der<br />
Hand – angefangen von Vorentwicklung,<br />
Hardware- und Softwareentwicklung<br />
über einen eigenen Werkzeugbau<br />
bis hin zu Kunststoffspritzguss, Lackierung,<br />
PVD-Beschichtung, Lasern,<br />
Elektronikfertigung und Montage.<br />
Den Stellenwert belegen die hohen<br />
FuE-Aufwendungen. Die Entwicklungsquote<br />
lag 2007 bei rund elf Prozent.<br />
Dies versteht das Unternehmen<br />
quasi als ,Lebensversicherung’ für den<br />
langfristigen Markterfolg. Das gilt auch<br />
für das Mittelkonsolenkonzept ,Preh-<br />
78 Car Innovation · Mai 2008<br />
Con’: Mit diesem neuartigen Human-<br />
Machine-Interface-Konzept (HMI)<br />
hat Preh zur letztjährigen IAA neue<br />
Wege beschritten – beim Design wie<br />
auch bei der Bedienfunktionalität. So<br />
kommt zur Einstellung von Temperatur<br />
und Gebläse PrehCon mit nur einem<br />
einzigen Regelknopf gegenüber<br />
bisher zwei aus. Je nach gewählter<br />
Funktion – Temperatureinstellung<br />
oder Gebläseregelung – erzeugt der<br />
Drehsteller des PrehCon Klimabedienteils<br />
eine unterschiedliche Haptik<br />
der Rastschritte.<br />
Eine optische Aufwertung<br />
des Interieurs bietet ,Preh-<br />
Con’ auch in punkto Echt-<br />
Metall-Oberflächen für<br />
hinterleuchtete Bedienelemente.<br />
Hier kommt die so<br />
genannte Preh-PVD-Technologie<br />
zum Einsatz: Tasten werden<br />
mit einer nur wenige Nanometer dicken<br />
Echt-Metall-Oberfläche versehen<br />
und anschließend die entsprechende<br />
Funktionssymbolik zur Hinterleuchtung<br />
im Nachtdesign gelasert. Zudem<br />
wurde das Anwendungsspektrum um<br />
transluzente Echt-Metall-Oberflächen<br />
erweitert. Das ,PrehCon’-Konzept demonstriert,<br />
wie eine Black-Panel-Anzeigetechnik<br />
auf metallische Oberflächen<br />
übertragen werden kann. Zur<br />
Gestaltung von Bedienelementen wie<br />
auch für die Ambientebeleuchtung eröffnet<br />
dies somit ganz neue Designmöglichkeiten.<br />
Ein weiterer Entwicklungsschwerpunkt<br />
ist für Preh die ,Komfortsensorik’<br />
– und hier insbesondere die kapazitiven<br />
Anti-Beschlag- und Regensensoren.<br />
Dabei setzt das Unternehmen<br />
auf ein kapazitives Messprinzip, das<br />
gegenüber herkömmlichen optischen<br />
Verfahren mehr Funktionssicherheit<br />
bietet – auch bei verschmutzter Scheibe<br />
oder bei externen Störlichteinflüssen.<br />
Das im Logodesign herausgestellte<br />
Motto lautet übrigens: ,Innovation and<br />
Pre(h)mium Quality First’. �<br />
Neues Design, neue Funktionen:<br />
Das Mittelkonsolenkonzept ,PrehCon‘<br />
vereint eine Vielzahl von <strong>Innovationen</strong> in<br />
Design und Bedienfunktionalität. Bild: Preh
Bild: PWO<br />
Verstehe den Kunden!<br />
Im Innovationsmanagement bei PWO<br />
greifen Innovationsstrategie, Innovationskultur<br />
und Innovationsprozess<br />
ineinander, wobei die frühe Einbindung<br />
in Kundenprojekte einen wesentlichen<br />
Erfolgsfaktor darstellt. Interdisziplinäre<br />
Teams entwickeln simultan Produkte<br />
und Prozesse. Die gezielte Integration<br />
externer Spezialisten verstärkt<br />
dabei ihre Innovationskraft. Der PWO-<br />
Innovationszyklus beschreibt die gelebte<br />
Praxis in vier Schritten:<br />
■ Verstehe die Anforderungen und Erwartungen<br />
der Kunden.<br />
■ Bewerte Aktuelles, benchmark die<br />
Performance, analysiere und lerne.<br />
■ Entwickle innovative Lösungen für<br />
Produkt und Prozess.<br />
■ Implementiere und verbessere kontinuierlich.<br />
Ein Innovationsbeispiel stellt das tiefgezogene<br />
Metallgehäuse für Elektromotoren<br />
dar, für die der Fertigungsprozess<br />
ganz wesentlich beschleunigt werden<br />
konnte. Innovative Lösungsansätze mit<br />
verbesserten tribologischen Randbedingungen,<br />
neuartigen Werkzeug- und<br />
Transferkonzepten mit reduzierten<br />
Massen und erhöhter Steifigkeit sowie<br />
eine optimierte Maschinendynamik ermöglichen<br />
stabile Umformprozesse mit<br />
über 90 Hüben pro Minute. Damit verfügt<br />
PWO über den weltweit schnellsten<br />
Fertigungsprozess für diese Produkte.<br />
Ein weiteres Beispiel sind geklebte<br />
Luftfederbaugruppen. Benchmark für<br />
eine kombinierte Produkt- und Prozess<strong>innovation</strong><br />
ist der ,Luftfedertopf’ für<br />
das Federbein der E-Klasse von Daimler<br />
(siehe Bild). Diese Baugruppe verbindet<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
PROGRESS-WERK OBERKIRCH – Ob tiefgezogene Metallgehäuse oder geklebte Luftfederbaugruppen<br />
– bei PWO arbeiten interdisziplinäre Teams simultan an Produkten und Prozessen.<br />
Orientiert sich an Lean-Prinzipien:<br />
PWO-Production-System<br />
Geklebt: der ,Luftfedertopf’ für das Federbein der<br />
Mercedes-Benz E-Klasse. Der Ventilsitz (gelb) wird mit<br />
dem Topfmittelteil (rot) verschweißt und lackiert. Am<br />
lackierten Topfunterteil (türkis) wird in einer Spezialanlage<br />
an zwei Ringflächen Klebstoff aufgetragen. Danach<br />
werden beide Teile per Roboter gefügt und die Klebung<br />
in einem Ofen ausgehärtet.<br />
die Luftfederung und das Federbein mit<br />
der Karosserie und ist gleichzeitig ein<br />
ringförmiger Druckbehälter. Ein Ventil<br />
mit extrem schnellen Schaltzeiten verbindet<br />
das Druckspeichervolumen mit<br />
dem Volumen im Gummibalg darunter,<br />
um Federungs- und Dämpfungseigenschaften<br />
zu variieren. Die hochpräzisen<br />
Steuerkanten des Ventils erfordern einen<br />
auf Lebensdauer partikelfreien<br />
Druckbehälterinnenraum. Die PWO-<br />
Entwickler entschieden sich nach intensiver<br />
Konzeptarbeit für eine Lösung<br />
aus drei Tiefziehteilen.<br />
,Neuland’ im Automotive-Bereich<br />
Der Ventilsitz (gelb) wird mit dem Topfmittelteil<br />
(rot) verschweißt und lackiert.<br />
Am lackierten Topfunterteil (türkis)<br />
wird in einer Spezialanlage an zwei<br />
Ringflächen Klebstoff aufgetragen. Mit<br />
Roboterpräzision werden danach beide<br />
Teile gefügt und die Klebung in einem<br />
Ofen ausgehärtet. Die Baugruppe ist somit<br />
an allen Oberflächen innen und außen<br />
KTL-lackiert. Eine derartige Produkt-<br />
u. Prozessentwicklung<br />
war im Automotive-Bereich<br />
Neuland. In enger Zusammenarbeit<br />
mit dem Kunden<br />
wurden sämtliche Klebetechnologieaspektelaborgetestet,<br />
rechnerisch simuliert<br />
und im Fahrzeug erfolgreich qualifiziert.<br />
PWO-<strong>Innovationen</strong> im Bereich<br />
hoch anspruchsvoller Metallkomponenten<br />
sollen den Kunden dauerhaft Wettbewerbsvorteile<br />
sichern. Das weltweit<br />
für alle Standorte gültige PWO-Production-System<br />
(PPS), das sich voll an den<br />
Lean-Prinzipien orientiert, sorgt für eine<br />
effiziente Umsetzung der <strong>Innovationen</strong><br />
in der Fertigung. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
79
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Starke Hybride<br />
REHAU – Das Thema Leichtbau<br />
stellt aufgrund der Klimadiskussion<br />
die Fahrzeughersteller<br />
vor neue<br />
Herausforderungen. Systemspezialist<br />
Rehau hat eine<br />
Antwort: Kunststoff-Metall-<br />
Verbindungen mit der ,Hybrid-<br />
Plus’-Technologie für komplette<br />
Fahrzeugteile wie zum Beispiel<br />
Frontend-Träger oder auch große<br />
Heckklappenmodule für SUVs.<br />
Rehau verfügt über langjährige Erfahrung<br />
in der Fertigung von<br />
Leichtbaukomponenten und bietet<br />
mit individuellen Lösungen für den integrierten<br />
Außenanbau technische und<br />
wirtschaftliche Leichtbaumöglichkeiten,<br />
die maximale Gewichtseinsparungen bei<br />
Gewährleistung der notwendigen Steifigkeit,<br />
dynamischen Stabilität und Be-<br />
triebsfestigkeit garantieren. Ein aktuelles<br />
Top-Thema ist die Hybrid-Plus-Technologie.<br />
Sie eröffnet der Branche neue Dimensionen:<br />
Komplette Fahrzeugteile auf<br />
Basis hybrider Kunststoff-Metallverbindungen<br />
können das Gewicht von Automobilen<br />
erheblich reduzieren – gerade<br />
im Hinblick auf die geforderte Kraftstoffreduzierung<br />
ein bedeutender Faktor.<br />
Dabei erfüllt die neue Technologie<br />
höchste Ansprüche an die mechanischen<br />
Eigenschaften. „Bauteile aus Hybrid<br />
Plus weisen insbesondere eine höhere<br />
Steifigkeit aus, bei einigen wird<br />
diese verdoppelt“, so Dr. Peter Michel,<br />
Leiter der Vorentwicklung Automotive<br />
bei Rehau. Es sind Elemente mit tragender<br />
Strukturfunktion, wie zum Beispiel<br />
80 Car Innovation · Mai 2008<br />
Geringes Gewicht bei hoher Steifigkeit:<br />
die Hybrid-Plus-Technologie übertragen<br />
auf den Prototypen eines Heckklappenmoduls<br />
für ein SUV-Modell.<br />
„Das Hybrid-Plus-Verfahren in der<br />
Produktion ist ein wirtschaftlich<br />
ungeschlagener Prozess“.<br />
Frontend-Träger mit verbesserter<br />
Integration von<br />
Schloss-, Scheinwerfer oder<br />
Kühleraufnahmen, bei denen<br />
eine erhöhte Steifigkeit positive<br />
Effekte hat. So könnten Streben<br />
entfallen, die die Kühleranströmung<br />
negativ beeinflussen. Strukturbauteile<br />
nach dem Hybrid-Plus-Verfahren lassen<br />
sich in einem zweistufigen<br />
Verfahren ohne zusätzliche<br />
nasschemische Behandlung<br />
herstellen. Vorbehandelte<br />
Bleche werden nach dem<br />
Blechumformungsprozess auf<br />
der Spritzgussmaschine zu<br />
Strukturbauteilen, die alle<br />
Korrosionsanforderungen und Medienbeständigkeiten<br />
erfüllen. „Das Hybrid-<br />
Plus-Verfahren in der Produktion ist ein<br />
wirtschaftlich ungeschlagener Prozess“,<br />
so Dr. Peter Michel.<br />
Heckklappe als Prototyp<br />
In Zusammenarbeit mit der Richard<br />
Fritz GmbH & Co. KG, Besigheim (Spezialist<br />
für Scheibenumspritzungen und<br />
Verglasungsmodule), und dem Formenbauer<br />
August Läpple GmbH & Co. KG,<br />
Heilbronn, hat Rehau die Hybrid-Plus-<br />
Technologie zunächst auf ein Heckklappenmodul<br />
für eine SUV-Baureihe übertragen.<br />
Das Herzstück des Konzeptes ist<br />
die hybride Tragstruktur, die eine bis zu<br />
dreischalige Stahlkonstruktion ablöst.<br />
Bild: Rehau<br />
Sie besteht aus<br />
einem mit Haftvermittler<br />
ausgerüsteten,<br />
verzinkten Stahlblech.Nach<br />
der konventionellen Formgebung<br />
wird eine versteifende Rippenstruktur<br />
aus faserverstärktem Polypropylen<br />
aufgespritzt.<br />
Durch Wechsel der Kunststoffblende<br />
kann das Design der Heckklappe komplett<br />
geändert werden. Die von einer<br />
Seite offene Tragstruktur ermöglicht eine<br />
einfache Aufnahme von Heckscheibenwischern,<br />
Rückfahrscheinwerfern<br />
oder Rückfahrkameras.<br />
Ferner macht das Konzept eine ergonomisch<br />
optimierte Montage ohne<br />
Überkopfarbeit möglich und bietet zusätzliche<br />
Zeit- und Kostenvorteile für<br />
die Automobilhersteller. Die Anwendungsmöglichkeiten<br />
von Hybrid plus<br />
erstrecken sich auf zahlreiche Baugruppen<br />
und eröffnen die Möglichkeit, über<br />
die Vereinfachung und Reduzierung<br />
von Bauteilen die Wettbewerbsfähigkeit<br />
zu steigern. �
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Halb so schwer, doppelt so sicher<br />
RÖCHLING – Das aktuell bei den BMW-Modellreihen 1er, 3er, 5er und 6er verwendete<br />
Karosserieleichtbau-Modul von Röchling Automotive mit aerodynamisch und akustisch<br />
hochwirksamer Unterbodenverkleidung gilt als das weltweit leichteste Serienmaterial, hält<br />
jedoch schwersten Belastungen stand.<br />
Die Vorteile von Unterbodenverkleidungen<br />
hinsichtlich Aerodynamik,<br />
Schallabsorption und<br />
Thermomanagement sind mittlerweile<br />
in der Branche allgemein anerkannt.<br />
Entsprechend geht der Trend weg von<br />
der PVC-Unterbodenversiegelung und<br />
hin zu einer buchstäblich flächendeckenden<br />
Beplankung des Unterbodens.<br />
Bei den verwendeten Materialien<br />
und Verfahren gibt es jedoch noch<br />
große Unterschiede. Am deutlichsten<br />
werden diese bei einem Gewichtsvergleich.<br />
Wesentlich bessere Akustikwerte<br />
Den gerade einmal 4,5 Kilogramm des<br />
aktuellen BMW 5er-Unterbodens steht<br />
rund das doppelte Gewicht derselben<br />
Baugruppe eines direkten Wettbewerbers<br />
gegenüber. Die zweitbeste Referenz<br />
in diesem Vergleich wiegt immer<br />
noch etwa ein Viertel mehr. „Und das<br />
bei absolut vergleichbaren oder gar wesentlich<br />
besseren Akustikwerten“, be-<br />
Extreme ‚Spritztour‘:<br />
Test von mechanischer Belastung und<br />
Geräusch bei schneller Wasserdurchfahrt.<br />
tont Dr. Klaus Pfaffelhuber, Vorentwicklungsleiter<br />
und Akustikspezialist<br />
von Röchling Automotive. „Hinsichtlich<br />
Vorbeifahr-, Standaußen- und<br />
Innengeräusch liegen wir überall in der<br />
Spitzengruppe oder führen gar das Feld<br />
an. Selbst beim Nasszischgeräusch fallen<br />
wir nicht zurück.“<br />
Umso mehr interessiert angesichts<br />
des geringen Gewichtes die mechanische<br />
und thermische Belastbarkeit. Der<br />
Steinschlagtest erfolgt gemäß Spezifikation<br />
mit einer Beschussmaschine unter<br />
einem Winkel von 30 bis 45 Grad. Dabei<br />
kommt es selbst mit 50 Kilogramm-<br />
Granulat zu keinem Durchschuss.<br />
Beim Abrasionstest wird der Unterboden<br />
10 000 Mal über einen scharfkantigen<br />
Granitstein geschruppt. Die<br />
Folge sind auch hier nur oberflächliche<br />
Kratzer. Insofern schätzt man in<br />
Schlechtwegeländern neben den aerodynamischen<br />
und akustischen Eigenschaften<br />
des Röchling-Unterbodens<br />
vor allem seine Schutzfunktion. Der<br />
Motor kann zum Beispiel nicht nur<br />
wegen der Festigkeit, sondern auch<br />
wegen der Steifigkeit des Schichtaufbaus<br />
viel tiefer eingebaut werden. Dadurch<br />
bleiben Gesamtgewicht und<br />
Platzbedarf gering.<br />
Besonders bei Hochgeschwindigkeitsfahrten<br />
kommt es auf eine möglichst<br />
geringe Windbelastung an. 40<br />
Prozent des gesamten Luftwiderstandes<br />
entfallen auf den Unterboden. Die bei<br />
hohen Geschwindigkeiten auftretenden<br />
Windlasten reißen mit mehreren hundert<br />
Newton an den Verankerungspunkten.<br />
Daher ist in deren Bereichen<br />
das Material verstärkt.<br />
Die Nachverdichtung erfolgt punktuell<br />
– nur exakt an den neuralgischen<br />
Punkten. Diese partielle Kompaktierung<br />
zählt zu den Hauptvorteilen von<br />
Material und Verfahren. Vergleichbar<br />
mit den Tailored Blanks im Stahlkarosseriebau<br />
finden sich auch am Röchling-<br />
Unterboden die Verstärkungen nur da,<br />
wo sie gebraucht werden. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
81<br />
Bild: Röchling
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Sichtbar machen eigener<br />
<strong>Innovationen</strong>: Forschung und Innovation<br />
am ,gläsernen Auto’.<br />
Fortschritt aus Tradition<br />
SCHAEFFLER-GRUPPE – Mit jährlich rund 1 100 zum Patent angemeldeten Erfindungen und<br />
über 13 000 in Kraft befindlichen Patenten nimmt die Schaeffler-Gruppe einen Spitzenplatz in<br />
der Branche ein. Das Unternehmen fördert durch eine enge Verzahnung aller Bereiche sowie<br />
klar strukturierte Ideenfindungsprozesse die Innovationsleistung der Mitarbeiter.<br />
Mit ihren Marken LuK, INA und<br />
FAG setzt die Schaeffler-Gruppe<br />
seit Jahrzehnten automobile<br />
Standards: Beispiele sind FAG-Radlager,<br />
die schon Anfang des letzten Jahrhunderts<br />
mit Rekordfahrten überzeugten,<br />
die Erfindung des INA-Nadelkäfigs im<br />
Jahre 1949, die Markteinführung von<br />
Ventilspielausgleichselementen 1959<br />
oder die Tellerfederkupplung und das<br />
Zweimassenschwungrad von LuK.<br />
Diese Meilensteine sind Ansporn und<br />
Maßstab der täglichen Arbeit: Als Entwicklungspartner<br />
mit Systemverständnis<br />
ist die Schaeffler-Gruppe Vordenker und<br />
arbeitet proaktiv an neuen Lösungen.<br />
Beispiele sind die Doppelkupplungskonzepte<br />
von LuK, reibungsarme ,Twin Tandem’-Radlager<br />
von FAG, das vollvariable<br />
Ventiltriebssystem UniAir oder optimierte<br />
Ausgleichswellen von INA.<br />
Freiräume für neue Ideen<br />
Das umfassende System-Know-how für<br />
Motor, Getriebe und Fahrwerk sowie<br />
umfassende Kompetenzen im Bereich<br />
der Elektronik, Software und Mechatronik<br />
sind die Grundlage für Neuentwicklungen<br />
und die kontinuierliche<br />
82 Car Innovation · Mai 2008<br />
Optimierung bestehender Produkte.<br />
Eng mit der Entwicklung in den Unternehmensbereichen<br />
verzahnt, arbeiteten<br />
Experten in der Vorentwicklung mit<br />
zeitlichen und budgetbezogenen Freiräumen<br />
an kreativen Produkt- und<br />
Technologie-Ideen für verschiedenste<br />
Anwendungen in allen Unternehmenssparten.<br />
Diese Experten sind mit zentralen<br />
technischen Abteilungen vernetzt,<br />
die sich mit übergreifenden Themenkomplexen<br />
wie zum Beispiel<br />
Werkstofftechnik, Tribologie oder Dichtungstechnik<br />
befassen. Innovation wird<br />
aber auch bei Entwicklung und Einsatz<br />
von Simulationstools für Produkte und<br />
Fertigungsprozesse groß geschrieben.<br />
Das Wissensmanagement macht Lösungen<br />
in der gesamten Unternehmensgruppe<br />
zugänglich. Einen hohen Stellenwert<br />
hat auch die parallele Entwicklung<br />
leistungsfähiger Produktionsverfahren.<br />
So können Ansprüche an Funktion,<br />
Qualität und Wirtschaftlichkeit in<br />
Einklang gebracht werden.<br />
Systematisch mit PEP<br />
Kreative und gleichzeitig klar strukturierte<br />
Ideenfindung sowie die Vorent-<br />
wicklung sind wie der nachfolgende<br />
Produktentstehungsprozess (PEP) integraler<br />
Bestandteil einer permanent optimierten<br />
Prozesslandkarte. Sie führt alle<br />
relevanten Unternehmensressourcen<br />
– vom Einkauf, über die Produktentwicklung<br />
bis zur Produktion – standardisiert<br />
zusammen. So können in qualifizierten<br />
Teams Kundenwünsche<br />
schnell, effizient und sicher in serienreife<br />
Produkte umgesetzt werden.<br />
Globales R&D-Netzwerk<br />
Zur Erarbeitung marktgerechter Lösungen<br />
verknüpft die Schaeffler-Gruppe<br />
zentrale und regionale Kompetenzen<br />
zu einem Netzwerk. Weltweit arbeiten<br />
rund 5 200 Mitarbeiter an über 30<br />
Standorten an der Entwicklung neuer<br />
Produkte, Prozesse und Verfahren. Mit<br />
jährlich rund 1 100 zum Patent angemeldeten<br />
Erfindungen und über<br />
13 000 in Kraft befindlichen Patenten<br />
nimmt das Unternehmen einen Spitzenplatz<br />
in der Branche ein. Kooperationen<br />
mit namhaften Instituten und<br />
Hochschulen im In- und Ausland eröffnen<br />
zusätzliche Expertise in neuen<br />
Wissensfeldern. �<br />
Bild: Schaeffler-Gruppe
Bild: Stabilus<br />
Luxus für alle<br />
STABILUS – Der stufenlose, hydraulische Türfeststeller war bislang Luxuslimousinen<br />
vorbehalten. Die zweite ,Dorstop‘-Generation ist kleiner, leichter und deutlich kostengünstiger<br />
als der Vorgänger – und damit bestens geeignet auch für die Mittel- und<br />
Kompaktklasse. Im Herbst 2008 geht er in Serie.<br />
Neben geringeren Schadstoffemission,<br />
verbesserten Sicherheitssystemen<br />
und höherem Komfort<br />
gibt es auch beim Fahrzeugzutritt und<br />
der Bedienung von Türen Raum für <strong>Innovationen</strong>,<br />
die den Komfort steigern<br />
und die Bediensicherheit erhöhen. Ein<br />
Beispiel ist der hydraulisch arbeitende,<br />
stufenlose Türfeststeller, den die Koblenzer<br />
Firma Stabilus unter dem Markennamen<br />
,Dorstop’ entwickelt hat.<br />
Beim ,Dorstop’ handelt es sich um einen<br />
hydraulischen Türfeststeller, der<br />
Fahrern und Beifahrern gleich drei Vorteile<br />
bietet: Er erleichtert das Öffnen der<br />
Tür, hält sie sicher in jedem beliebigen<br />
Öffnungswinkel und lässt sie sanft anschlagen<br />
(Endlagendämpfung). Ein raffinierter<br />
Hydraulikkolben bewirkt, dass die<br />
Tür exakt an der Position stehen bleibt,<br />
wo sie der Bediener hinführt. Weder öffnet<br />
sie sich selbstständig weiter noch<br />
schwingt sie zurück. Dadurch erhöhen<br />
sich sowohl die Sicherheit als auch der<br />
Komfort beim Ein- und Aussteigen.<br />
Sanfte und schonende Türbewegung<br />
Der ,Dorstop’ ist ein geschlossenes Hydrauliksystem<br />
und verbindet A- oder B-<br />
Säule mit der Tür. In Ruhelage ist der<br />
Druck auf beiden Kolbenseiten gleich<br />
und alle Ventile sind geschlossen; der<br />
,Dorstop’ blockiert. Wird nun eine Kraft<br />
angewendet, öffnet sich ein Ventil und<br />
lässt das Öl auf die andere Kolbenseite<br />
strömen. Zum Weiterbewegen der Tür<br />
ist dadurch nur noch sehr wenig Kraft<br />
nötig. Gegen Ende des Hubes trifft der<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Kolben auf den Kolben der Endlagendämpfung.<br />
Das Öl vor dem Dämpfungskolben<br />
muss durch einen kleinen Querschnitt<br />
strömen. Dadurch wird es höher<br />
komprimiert und sein Überströmen gedrosselt.<br />
Die Bewegung der Tür wird<br />
sanft und schonend gebremst, ein<br />
Rückschwingen ist ausgeschlossen.<br />
Mit dem neuen stufenlosen Türfeststeller<br />
erhöht Stabilus die Sicherheit<br />
und den Komfort am Automobil<br />
enorm. Dies dürfte zukünftig viele<br />
blaue Flecken und ärgerliche Lackschäden<br />
vermeiden. Das bestätigten auch 96<br />
von 100 Fahrern der BMW 7er-Reihe,<br />
die an einer Umfrage der Studentischen<br />
Unternehmensberatung Kounity teilnahmen.<br />
Ihnen gefiel das Handling einer<br />
,Dorstop’-Tür besser als der Umgang<br />
mit ihrer eigenen Autotür. Rund<br />
die Hälfte der Befragten würden einen<br />
Aufpreis dafür in Kauf nehmen und<br />
über 85 Prozent bewertete eine ,Dorstop’-Tür<br />
als deutlichen Mehrwert.<br />
‚Dorstop‘ für neue Serienanwendungen<br />
Bislang kamen allerdings nur die Fahrer<br />
teurer Luxuslimousinen in den Genuss.<br />
Hier hinterließ er jedoch einen derart<br />
überzeugenden Eindruck, dass sich Stabilus<br />
dazu entschloss, die zweite Generation<br />
des hydraulischen Türfeststellers zu<br />
entwickeln. Der neue ,Dorstop G2’ ist 80<br />
Millimeter kürzer, 25 Prozent leichter<br />
und deutlich kostengünstiger als sein<br />
Vorgänger. Er beansprucht daher deutlich<br />
weniger Bauraum und eignet sich<br />
zum platzsparenden Einbau in Automobile<br />
der Mittel- und Kompaktklasse. Er<br />
geht im Herbst in Serie.<br />
Neben den bereits heute mit ,Dorstop’<br />
ausgestatteten Fahrzeugen, wie dem<br />
Maybach, Rolls Royce, BMW 7er, Mercedes<br />
S- und CL-Klasse, sowie dem Mitsubishi<br />
Pajero stehen für den ,Dorstop’ der<br />
zweiten Generation bereits jetzt fünf<br />
neue Serienanwendungen fest. �<br />
Komfort und weniger Lackschäden:<br />
Stufenlose Türfeststeller finden nun auch den<br />
Weg in die Mittel- und Kompaktklasse.<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
83
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Neues aus Berlin<br />
TAKATA-PETRI – 15 Jahre Forschung steckte der Takata-Konzern in die Entwicklung eines<br />
Motorrad-Airbags, der nun bei der Honda Goldwing als erster Maschine serienmäßig eingebaut<br />
ist. Die Innovation wurde im April 2008 mit dem renommierten ‚Automotive News<br />
PACE (Premier Automotive Supplier Contribution Excellence) Award‘ ausgezeichnet.<br />
Die Automobilindustrie befindet<br />
sich in einem grundlegenden<br />
Wandel, der neben der klassischen<br />
Wertschöpfungskette vor allem<br />
auch den Produktentstehungsprozess<br />
betrifft. Die Zeit, die für die Entwicklung<br />
neuer Produkte benötigt wird, ist<br />
zu einem zentralen Wettbewerbsfaktor<br />
geworden. Nur noch in der Entwicklungszeit<br />
kann das ,time to market’ wesentlich<br />
verkürzt werden.<br />
Kundenwünsche vorhersehen<br />
Eine engere Verzahnung und frühzeitige<br />
Einbindung der Entwicklungspartner<br />
ist unumgänglich geworden. Ziel<br />
von Takata-Petri ist es, die Bedürfnisse<br />
der Kunden vorausschauend zu erkennen<br />
und in strukturiert geplante Produkt-<br />
und Technologieentwicklungen<br />
umzusetzen. Mit dem im April eingeweihten<br />
neuen Forschungs- und Entwicklungszentrum<br />
in Berlin, neben den<br />
Entwicklungsstandorten in Ulm und<br />
Aschaffenburg, sind optimale Bedingungen<br />
geschaffen worden. Um den<br />
Mitarbeitern Freiräume und eine inspirierende<br />
Umgebung zu bieten, ist der<br />
Neubau nach den neuesten Erkenntnissen<br />
geplant und gebaut worden.<br />
Die Entwicklung von Insassenschutzsystemen<br />
umfasst vielfältige und<br />
hohe Anforderungen. Erfolgsfaktor ist<br />
das flexible und unkomplizierte Zusammenspiel<br />
von konzeptioneller Ent-<br />
Erste Schlittenanlage für<br />
Crash-Simulation mittels inverser<br />
Beschleunigung<br />
wicklung und sofortiger praktischer<br />
Machbarkeitsprüfung auf hochmodernen<br />
Crashanlagen. Herzstück der Berliner<br />
Versuchstechnik ist die in Europa<br />
erste servohydraulische Schlittenanlage<br />
für eine Crash-Simulation mittels inverser<br />
Beschleunigung. Diese Katapultanlage<br />
bietet eine spezielle Hydraulikfunktion,<br />
die Auf- und Abbewegungen<br />
84 Car Innovation · Mai 2008<br />
Bild: Takata-Petri<br />
der Fahrgastzelle (Pitching) während<br />
eines Frontalaufpralls simuliert. Dies<br />
führt zu besonders aussagekräftigen<br />
und realitätsnahen Versuchsergebnissen.<br />
Schwerpunkte der Entwicklungsarbeit<br />
werden in den nächsten Jahren<br />
die Integration der aktiven und passiven<br />
Sicherheit und die Ausweitung der<br />
Schutzsysteme auf alle Verkehrsteilnehmer<br />
sein. <strong>Innovationen</strong><br />
prägen die Unternehmensgeschichte<br />
von Takata seit<br />
der Gründung im Jahr 1933.<br />
Seit mehr als 70 Jahren steht<br />
der Schutz des menschlichen<br />
Lebens im Mittelpunkt der<br />
Aktivitäten. Mehrfach haben<br />
markt- und kundenorientierte <strong>Innovationen</strong><br />
die Grundlage für völlig neue<br />
Geschäftsfelder geschaffen. So zuletzt<br />
mit der Einführung des ersten Motorradairbags<br />
in Serie.<br />
Gut 15 Jahre wurde geforscht – eine<br />
Übernahme der Pkw-Technologie<br />
war nämlich nicht möglich, nimmt<br />
doch der Fahrer, anders als im Auto,<br />
Entscheidung in 0,015-Sekunden: das<br />
erstes Motorrad mit Airbag in Serie, die<br />
Honda Goldwing.<br />
auf jedem Motorrad eine andere Haltung<br />
ein. Vier Sensoren in der Gabel<br />
melden einen Aufprall an die Steuerung,<br />
die nach 0,015 Sekunden entscheidet,<br />
ob eine Kollision vorliegt<br />
und folglich der Airbag aktiviert werden<br />
muss. Unbedeutende Bordsteinschubser<br />
werden sofort aussortiert,<br />
während bei einem richtigen Crash<br />
der Stickstofftreibsatz in 0,060 Sekunden<br />
den etwa 150 Liter großen Airbag<br />
entfaltet.<br />
Der Luftsack ist V-förmig gebaut,<br />
und fängt den Fahrer regelrecht ein.<br />
Zwei Gurte sorgen hierbei für die richtige<br />
Position des Luftsacks. Die Schwere<br />
von Verletzungen durch einen Aufprall<br />
auf ein Fahrzeug oder die Straße werden<br />
damit deutlich verringert – wobei<br />
das System auch dann zündet, wenn<br />
ein Auto auf das stehende Motorrad<br />
prallt. �
Leicht gemacht<br />
Lenk- und Dämpfungssysteme,<br />
Nocken- und Kurbelwellen, Gussteile,<br />
Karosserie- und Fahrwerkstechnik<br />
oder Aggregatmontage – die<br />
Aktivitäten von ThyssenKrupp Technologies<br />
für die Autoindustrie sind vielfältig.<br />
Die Komponenten bilden einen ,automobilen<br />
Baukasten’, in dem aus einzelnen<br />
<strong>Innovationen</strong> Komplettlösungen<br />
geformt werden können.<br />
Das gilt zum Beispiel für das Leichtbau-Portfolio<br />
von ThyssenKrupp Bilstein<br />
Suspension. Dazu gehören Stabilisatoren.<br />
Um ihre Funktion nicht zu beeinträchtigen,<br />
darf ihre Gestalt nicht verändert<br />
werden. Für eine Gewichtsreduzierung<br />
kommen also nur alternative<br />
Werkstoffe in Frage – oder die verstärkte<br />
Entwicklung und Herstellung von Rohrstabilisatoren.<br />
Diese erreichen dieselbe<br />
Steifigkeit, sind aber innen hohl und damit<br />
bis zu 50 Prozent leichter.<br />
Thermomechanisch umgeformter Draht<br />
Aktuelles auch bei den Federn: Bei den<br />
neuen Verfahren von ThyssenKrupp Bilstein<br />
Suspension werden die Bauteile<br />
aus thermomechanisch umgeformtem<br />
Draht hergestellt. Vorteil des ,High Per-<br />
formance ThermoTech Process’: Das Material<br />
ist zäher, daher steigen Festigkeit<br />
und Beanspruchung. Damit können die<br />
Höhe der Federn verringert und ihr Gewicht<br />
um 15 bis 18 Prozent gesenkt werden.<br />
Das schafft Bauraum im Fahrzeug<br />
für den passiven Fußgängerschutz.<br />
Mit dem stufenlos verstellbaren<br />
Dämpfungssystem ,DampTronic’ von<br />
ThyssenKrupp Bilstein Suspension<br />
kann die Härte des Fahrwerks innerhalb<br />
von Sekundenbruchteilen der aktuellen<br />
Situation angepasst werden.<br />
Komfortable Dämpfung für entspanntes<br />
Reisen oder sportlich straffes Fahrwerk<br />
für agilen Fahrspaß und kritische Ausweichmanöver<br />
– ,DampTronic’ bietet<br />
beide Fahrwerke in einem Auto.<br />
Ein Beitrag zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs<br />
wird durch den Wechsel<br />
von konventionellen, hydraulischen zu<br />
elektromechanischen Lenksystemen erzielt.<br />
Deren Einsatz bietet darüber hinaus<br />
Vorteile in Fahrdynamik, Fahrkomfort<br />
und Sicherheit. Geschwindigkeitsabhängiges<br />
Lenken, automatisches Parken,<br />
Seitenwindkompensation sowie die Kollisionsvermeidung<br />
durch automatische<br />
Ausweichmanöver sind möglich.<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Die Lenkgetriebefertigung bei<br />
ThyssenKrupp: Ein Beitrag zur<br />
Senkung des Kraftstoffverbrauchs<br />
wird durch den Wechsel von<br />
konventionellen, hydraulischen<br />
zu elektromechanischen<br />
Lenksystemen erzielt.<br />
THYSSENKRUPP – Die Schwerpunkte von Forschung und Entwicklung bei ThyssenKrupp Technologies<br />
zielen auf Reduzierung von Verbrauch, Emissionen und Kosten im Fahrzeugbau. Im Fokus<br />
stehen Fahrwerk, Lenkung und Antriebsstrang. Ein Beispiel: Im ,High Performance ThermoTech<br />
Process’ bearbeitete Federn sind um 15 bis 18 Prozent leichter als konventionell gefertigte Teile.<br />
Ebenfalls an der Bestückung des automobilen<br />
Baukastens beteiligt ist Presta<br />
Camshaft – Marktführer bei gebauten<br />
Nockenwellen. Diese müssen zum einen<br />
immer höhere Beanspruchungen aushalten,<br />
zum anderen muss das Gewicht zur<br />
Schadstoffverringerung weiter gesenkt<br />
werden. Die Lösung ist der Einsatz von<br />
hochfesten Materialien und gesinterten<br />
Bauteilen. Durch diese Kombination wird<br />
die Performance gesteigert und gleichzeitig<br />
weniger Material benötigt. Außerdem<br />
ermöglicht die gezielte Auswahl von<br />
Werkstoffen und Technologien eine höhere<br />
Bearbeitungseffizienz.<br />
Im Test: Hohlquerschnitte<br />
Wesentliche Produkte der Thyssen-<br />
Krupp Forging Group sind Kurbelwellen<br />
und Pleuelstangen. Bei ersteren<br />
werden derzeit zur Gewichtsreduzierung<br />
um bis zu 18 Prozent Konstruktionen<br />
mit Hohlquerschnitten getestet, die<br />
in verschiedenen Ausprägungen bis hin<br />
zur Gussversion eingesetzt werden können.<br />
Bereits serienreif ist eine Version<br />
mit weniger Gegengewichten. Außerdem<br />
wurde eine um zehn Prozent<br />
leichtere Pleuelstange entwickelt. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
85<br />
Bild: ThyssenKrupp Technologies
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Kulturkreis der Innovation<br />
TMD FRICTION – <strong>Innovationen</strong> entstehen nicht allein durch Forschung, sondern sind Resultat<br />
einer Unternehmenskultur, die in allen Bereichen ständig nach Verbesserung strebt. Die<br />
ökologische Gestaltung von Produkten und Prozessen rückt dabei zunehmend in den Fokus.<br />
TMD Friction folgt diesem Credo weltweit.<br />
Forschungs- und Entwicklungszentrengelten<br />
als die Motoren<br />
der Idee von morgen. Zu<br />
Recht – TMD Friction investiert<br />
jährlich 30 Millionen<br />
Euro in die Entwicklung<br />
und plant gerade, zusätzlich<br />
zu den Forschungseinrichtungen<br />
in<br />
Troy, Michigan, USA, und<br />
Leverkusen, weitere FuE-<br />
Aktivitäten in Asien. Doch<br />
entstehen <strong>Innovationen</strong><br />
bei TMD Friction nicht alleine<br />
durch Forschung,<br />
sondern sind Resultat einer<br />
Unternehmenskultur,<br />
die in allen Bereichen<br />
ständig nach Verbesserung<br />
strebt.<br />
„Eine gute Idee reicht<br />
heute nicht mehr aus. Eine<br />
Innovation am Bedarf des<br />
Kunden vorbeientwickelt,<br />
zu teuer oder gesetzliche<br />
Richtlinien missachtend, ist vergeudet.<br />
Bei TMD Friction behalten deshalb Vertriebsmitarbeiter,<br />
Juristen, Produktionsmitarbeiter,<br />
Marketing-, Einkaufs- und<br />
Umweltspezialisten alle inneren und äußeren<br />
Bedingungen im Auge“, erklärt<br />
Ludwig Ervens, Chief Technology Officer<br />
von TMD Friction. Dazu gehören Markt-<br />
„Eine Innovation am Bedarf<br />
des Kunden vorbeientwickelt,<br />
ist vergeudet.“<br />
entwicklungen, Bedürfnisse der Kunden,<br />
mögliche Gesetzesänderungen, so zum<br />
Beispiel im Chemikaliengesetz, Arbeitsoder<br />
Umweltrecht.<br />
Für die gesamte Automobilindustrie<br />
ist die Entwicklung und Nutzung von<br />
ökologisch unbedenklicheren Produkten<br />
aktuell das Thema schlechthin. TMD Friction<br />
setzt hier die Schwerpunkte für den<br />
Innovationsprozess. So wird beispiels-<br />
86 Car Innovation · Mai 2008<br />
weise der prozessbedingte Materialüberschuss<br />
dem Herstellungsprozess wieder<br />
zugeführt (Recycling). Ein aktives Rohmaterialmanagement<br />
sorgt dafür, dass<br />
TMD Friction den sich ständig ändernden<br />
Gesetzesentwicklungen voraus ist (Gesetzgebung).<br />
Der Produktionsprozess<br />
folgt einem optimierten Energie-Wärme-<br />
Profil zur Schonung der<br />
Ressourcen (Energieverbrauch).Verbesserungsvorschläge<br />
– auch im Hinblick<br />
auf die Umwelt – erhält TMD<br />
Friction immer häufiger von<br />
den Mitarbeitern selbst. Dies<br />
wird als ein Resultat der<br />
Konzern-Philosophie ,mit CI (Continuous<br />
Improvement) zu IC (Innovation<br />
Culture)’ gesehen, welche auf ein globales<br />
Schulungsprojekt aufbaut. Mit einem<br />
zweitägigen Training für alle 4 500<br />
Beschäftigte weltweit greift der Bremsbelaghersteller<br />
die Forderung nach einer<br />
innovativen Unternehmenskultur<br />
auf. Bisher haben 2 800 Mitarbeiter in<br />
Deutschland, Frankreich, Spanien und<br />
Die Konzernphilosophie: Mit ,Continuous<br />
Improvement‘ zur ,Innovation Culture‘.<br />
4 500 Beschäftigte von TMD Friction werden<br />
derzeit in einem weltweiten ,Continous<br />
Improvement‘-Projekt geschult.<br />
Mexiko die Idee, die hinter CI steht,<br />
kennen gelernt und verinnerlicht. Momentan<br />
finden Schulungen in Asien<br />
und Amerika statt. Ende des Jahres soll<br />
das Projekt, das Anfang 2006 angelaufen<br />
ist, abgeschlossen werden.<br />
Insgesamt investiert TMD Friction<br />
drei Millionen Euro in die CI-Schulungen<br />
und damit in die Mitarbeiter. Die<br />
Schulungsteilnehmer – immer bunt gemischt<br />
nach Aufgabenbereichen – bekommen<br />
konkrete Werkzeuge, wie das<br />
Kanban-Prinzip oder Vorgaben zur Arbeitsplatzorganisation<br />
(5S), zur Verbesserung<br />
an die Hand. „Erfolge sind schon<br />
jetzt deutlich sichtbar. Seit Einführung<br />
der Workshops wurden 1 500 Vorschläge<br />
zur Verbesserung eingereicht, davon<br />
fast die Hälfte auch umgesetzt“, verdeutlicht<br />
Ervens. �<br />
Bild: TMD Friction
Bilder: Voestalpine<br />
Die Zukunft geht in Serie<br />
Kioto ruft. Und Automobilhersteller<br />
wie Zulieferer auf der ganzen Welt<br />
stimmen mit ein. Um die ehrgeizigen<br />
Vorgaben zur Reduktion des CO 2 -<br />
Ausstoßes bis 2012 zu erreichen, wird<br />
es in Zukunft in erster Linie um die gewichtsoptimierte<br />
Konstruktion der<br />
Fahrzeuge bei nicht nur gleich bleibendem,<br />
sondern sogar noch verbessertem<br />
Sicherheits-, Komfort- und Korrosionsschutzstandard<br />
gehen. Sieht ganz so<br />
aus, als hätte die Automobilindustrie<br />
von morgen einen wahren Balanceakt<br />
zu meistern. Beste Voraussetzungen für<br />
,phs-ultraform’, der Leichtbau-Innovation<br />
von Voestalpine.<br />
Mit ,phs-ultraform’ bietet der Voestalpine-Konzern<br />
eine branchenweit unerreichte<br />
Kombination aus allem, was<br />
der Markt von morgen schon heute mit<br />
Nachdruck fordert:<br />
■ Pressgehärtete Bauteile mit dem kathodischen<br />
Korrosionsschutz von<br />
bandverzinkten Blechen<br />
■ Ausgezeichnete Kaltumformeignung<br />
bei höchster geometrischer Komplexität.<br />
■ Möglichkeit unterschiedlichster<br />
Werkstoff- und/oder Dickenkombinationen<br />
durch den Einsatz als lasergeschweißte<br />
Platine.<br />
Die ,phs-ultraform’-Technologie<br />
verbindet Werkstoff-Kompetenz und<br />
das Verarbeitungs-Know-how von<br />
Voestalpine. Das Erfolgsrezept der<br />
neuen Dimension des Leichtbaus liegt<br />
in einer innovativen Bandbeschichtung<br />
auf Zinkbasis in Verbindung mit<br />
hochwertigem Vergütungsstahl.<br />
Kalt geformt, warm gehärtet<br />
Die daraus entstehenden Bauteile werden<br />
mit klassischer Kaltumformung<br />
auf Endgeometrie gebracht und beschnitten.<br />
Im warmen Zustand erfolgt<br />
lediglich die Härtung und Fixierung<br />
der gewünschten Form. Besonders<br />
große Bauteile können mit einer speziellen<br />
Ofentechnologie auf Formhärtetemperatur<br />
gebracht werden. Das Ergebnis<br />
sind hoch korrosionsbeständige,<br />
leichte und komplexe Bauteile mit<br />
einer Festigkeit im Bereich von 500<br />
MPa – perfekte Fertigteile bei sehr ge-<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
VOESTALPINE – Maximaler Korrosionsschutz, maximale Sicherheit, maximale Umweltverträglichkeit<br />
und das bei minimalem Kostenaufwand. Ein Paradoxon, für das Voestalpine diese Antwort hat:<br />
,phs-ultraform‘, eine Technologie für pressgehärtete Bauteile, die noch 2008 in Serie gehen wird.<br />
Stabile Leichtbauteile: Die<br />
,Rezeptur‘ für kaltgeformte ,phsultraform‘-Bauteile<br />
besteht aus einer<br />
Bandbeschichtung auf Zinkbasis in<br />
Verbindung mit hochwertigem<br />
Vergütungsstahl.<br />
ringem Werkzeugverschleiß, selbst bei<br />
hohen Stückzahlen.<br />
Mehr als nur Zukunftsmusik<br />
,phs-ultraform’ ist mehr als eine Innovation<br />
um der Innovation willen. Sie<br />
wird in Kürze – in der zweiten Jahreshälfte<br />
2008 – eine erste, konkrete Anwendung<br />
in einer Reihe von Fahrzeugen,<br />
darunter die Premium-Limousine<br />
eines deutschen Herstellers, finden.<br />
Und das ist erst der Anfang: Im<br />
Automobil der Zukunft werden ,phsultraform’-Bauteile<br />
besonders bei sicherheitsrelevanten<br />
und stark korrosionsbelasteten<br />
Bauteilen wie bei<br />
Stirnwand- und Bodenstrukturen,<br />
Längsträgern, Seitenwandstrukturen<br />
mit A- und B-Säulen und bei ähnlich<br />
crashbelasteten Komponenten zum<br />
Einsatz kommen. Voestalpine begleitet<br />
dabei den gesamten Produktionsprozess<br />
von der Entwicklung bis zum<br />
fertigen Bauteil und bietet eine<br />
durchgängige Simulation der gesamten<br />
Prozesskette und der Bauteileigenschaften.<br />
�<br />
Die Vision: Im Automobil der Zukunft werden<br />
,phs-ultraform‘-Bauteile bei sicherheitsrelevanten<br />
und korrosionsbelasteten Bauteilen<br />
wie Stirnwand- und Bodenstrukturen,<br />
Längsträgern oder Seitenwandstrukturen<br />
zum Einsatz kommen.<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
87
Bild: Wälzholz<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Stählerne Spezialitäten<br />
WÄLZHOLZ – Im engen Verbund mit der Automobilzulieferindustrie entwickelt die Unternehmensgruppe<br />
C.D. Wälzholz kaltgewalzte Halbzeuge aus Spezialstählen mit exakt auf<br />
das Endbauteil zugeschnittenen Werkstoff- und Produkteigenschaften.<br />
Innovative Stahlwerkstoffe sind in<br />
vielen Anwendungen und Entwicklungen<br />
im Automobilbau auf Grund<br />
ihrer technischen Vorteile und Wirtschaftlichkeit<br />
erste Wahl. Als kaltgewalzte<br />
Bandstähle finden sie Verwendung<br />
in neuen oder weiterentwickelten<br />
Automobilbauteilen, so zum Beispiel in<br />
der Antriebstechnik, in der Motorsteuerung,<br />
in der Sitz- und Gurtmechanik<br />
sowie im Scheibenwischer.<br />
C. D. Wälzholz, seit fast 180 Jahren<br />
in Familienbesitz, ist eine global tätige<br />
Unternehmensgruppe, die die Automobilzulieferindustrie,<br />
den Maschinenbau<br />
und auch die Elektroindustrie mit<br />
hochwertigen, kaltgewalzten Halbzeugen<br />
aus Spezialstählen versorgt. Das<br />
Werkstoffspektrum umfasst Weichvergüten,<br />
hochfeste mikrolegierte Stähle,<br />
Mehrphasenstähle, Einsatzstähle, Vergütungs-<br />
und Federstähle sowie<br />
Elektroband. Die kaltgewalzten Bandstähle<br />
werden sowohl in geglühter und<br />
leicht nachgewalzter Ausführung für<br />
Stanz-, Feinschneid- und Umformteile<br />
als auch in kaltgewalzter, durchlaufvergüteter<br />
und texturgewalzter Ausführung<br />
für Verschleiß- und Federanwendungen<br />
geliefert.<br />
88 Car Innovation · Mai 2008<br />
Für Wälzholz war es stets notwendig,<br />
sich gegen die Aktivitäten der<br />
Stahlindustrie abzugrenzen und eine<br />
weitere Spezialisierung zu suchen. Dies<br />
gelang durch die Konzentration auf legierte<br />
und unlegierte Kohlenstoffstähle<br />
mit C-Gehalten bis zu 1,25 Prozent, die<br />
vergütet oder unvergütet immer dann<br />
zum Einsatz kommen, wenn zum Beispiel<br />
Federeigenschaften oder Verschleißfestigkeiten<br />
der Stähle von Bedeutung<br />
sind.<br />
Ein weiteres Produktsegment sind<br />
Elektrobänder, zum Beispiel für Zündspulenkerne,<br />
Generatoren und Antriebsmotoren<br />
auch in Hydrid-Fahrzeugen.<br />
Im Team mit den Kunden<br />
Das Unternehmen produziert an drei<br />
deutschen Standorten, am Hauptsitz in<br />
Hagen in Westfalen, im sauerländischen<br />
Plettenberg sowie im schwäbischen<br />
Oberkochen. Darüber hinaus betreibt<br />
Wälzholz Produktionsstätten in<br />
Brasilien, China, USA, Frankreich und<br />
Österreich. Weltweit beschäftigt Wälzholz<br />
1850 Mitarbeiter.<br />
Die Werkstoffentwicklung wird im<br />
Team mit Kunden, unterstützt durch<br />
externe Forschungseinrichtungen wie<br />
Heiß auf Qualität:<br />
Blitzvergüten von<br />
Bandstahl bei C. D.<br />
Wälzholz. Die Anforderungen<br />
sind<br />
groß: höchste<br />
Dauerfestigkeiten,<br />
engste Toleranzen<br />
und ein besonders<br />
guter Reinheitsgrad<br />
des Stahls.<br />
Hochschulen, Labors und Instituten sowie<br />
durch die Entwicklungs- und Anwendungstechniker<br />
der Stahllieferanten<br />
gestaltet. Intelligenter Bandstahl<br />
kommt im Motormanagement bei der<br />
Ventilsteuerung mit Schlepp- und<br />
Kipphebeltechnik zum Einsatz. Sowohl<br />
bei Hydrostößeln als auch bei Kipphebeln<br />
kommen heute durch ausgefeilte<br />
Umformtechnik in Verbindung mit<br />
exakt abgestimmten Einsatzstählen<br />
kaltgewalzte Bandstähle zur Anwendung.<br />
In Getriebeautomaten werden kraftübertragende<br />
Elemente aus legierten<br />
Bandstählen in Form von Getriebeelementen<br />
sowie als Kette oder Gliederband<br />
in stufenlosen Getrieben eingesetzt.<br />
Das Umschlingungsband – Kette<br />
oder Schubgliederband – überträgt in<br />
CVT-Getrieben das Drehmoment zwischen<br />
zwei Riemenscheiben-Paaren.<br />
Besondere Anforderungen an den<br />
Bandstahl sind höchste Dauerfestigkeiten,<br />
engste Toleranzen und ein besonders<br />
guter Reinheitsgrad des Stahls.<br />
Kaltgewalzter Bandstahl in seiner Vielfalt<br />
ist in der modernen Automobilentwicklung<br />
der kommenden Jahre stark<br />
gefordert. �
Öffnung ,light’<br />
WEBASTO – Leicht und preisgünstig, das sind die Vorzüge des innovativen ,Light Hybrid Top<br />
Concepts’, das Webasto auf Basis einer Roadster-Designstudie vorstellt. Der Clou: Das System<br />
verzichtet auf klassische Verdeck-Kinematik. Für Stabilität und Beweglichkeit sorgen<br />
über Filmscharniere verbundene Flächenspiegel.<br />
Das innovative Dachsystem ist ein<br />
so genanntes ,Hybrid Top’, eine<br />
Kombination aus Softtop und<br />
Hardtop mit einem neuartigen Materialmix.<br />
Weiterhin zeichnet sich das<br />
Dachsystem durch eine Kombination<br />
von Leichtbauteilen aus Polyurethan<br />
und Poly<strong>car</strong>bonat aus und kommt in<br />
der Designstudie mit einem Gesamtgewicht<br />
von rund 14 Kilogramm aus. Das<br />
Fahrzeugdesign lehnt sich an einen<br />
klassischen italienischen Roadster an.<br />
„Die Bezeichnung LigHT ist bei diesem<br />
Cabriodachsystem Programm“,<br />
sagt Franz-Josef Kortüm, Vorstandsvorsitzender<br />
der Webasto AG. „Wir zeigen<br />
damit erstmals ein innovatives, einfaches<br />
und leichtes Hybrid-Top. Der besondere<br />
Reiz liegt darin, dass es eine<br />
preislich attraktive Lösung ist.“<br />
Mit Webasto LigHT bietet das Unternehmen<br />
einen Ausblick in die Zukunft,<br />
bei der auf die Verwendung einer klassischen<br />
Verdeck-Kinematik verzichtet<br />
Platz-Sparer: das ,Light Hybrid Top<br />
Concept’ von Webasto. Das geöffnete<br />
Dach liegt auf dem Heckbereich auf und<br />
benötigt so keinen Platz im Wageninneren.<br />
wird. Wo bei herkömmlichen Dachsystemen<br />
Metallgestänge und Gelenke für<br />
Stabilität und Beweglichkeit sorgen,<br />
setzt Webasto auf selbst tragende, über<br />
Filmscharniere verbundene Flächenspriegel.<br />
Neben diesen Filmscharnieren besitzt<br />
das ,LigHT Concept’ nur einen einzigen<br />
zusätzlichen Drehpunkt, über den<br />
das Dach bewegt wird. Damit ergibt sich<br />
ein zukunftsweisendes Hybrid-Top: die<br />
Kombination einer Retractable-Hardtop-Unterstruktur<br />
mit dem stilistischen<br />
Eindruck eines Softtops.<br />
Die gesamte Unterkonstruktion wird<br />
aus einem einzigen Stück gefertigt –<br />
wichtig für die Stabilität und die einfache<br />
Öffnung per Hand. Das Konzept für<br />
einen möglichen elektromechanischen<br />
Öffnungsmechanismus hat Webasto bereits<br />
entwickelt. Ein weiteres, innovatives<br />
Detail von ,Webasto LigHT’ ist, dass<br />
die durchgehende Stoffbahn erst an der<br />
Trennfuge des Kofferraums endet. Das<br />
Bild: Webasto<br />
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
geöffnete Dach liegt auf dem Heckbereich<br />
auf und fügt sich harmonisch in<br />
die umgebenden Flächen ein. Das Dach<br />
benötigt keinen Platz im Wageninneren,<br />
so dass das Kofferraumvolumen<br />
nicht beeinträchtigt wird.<br />
Das Projekt wurde in Zusammenarbeit<br />
mit IED Automotive, einem Spin-<br />
Off der italienischen Designschule IED<br />
(Istituto Europeo di Design) durchgeführt.<br />
Das Styling der Designstudie lag<br />
bei Andrea Militelo, Chief Designer von<br />
IED Automotive.<br />
Innovativer Material-Mix<br />
Die Flächenelemente des Dachsystems<br />
wurden aus einem so genannten ,Compound<br />
Spray Moulding’ (CSG) hergestellt.<br />
Dabei handelt es sich um eine<br />
Weiterentwicklung der bei Webasto serienerprobtenPolyurethan-Technologie,<br />
bei der ein sehr gutes Gewichts-<br />
Steifigkeits-Verhältnis erreicht wird. Da<br />
Polyurethan in Kombination mit einer<br />
Papierwabe erheblich leichter ist als<br />
konventionelle Lösungen, können damit<br />
sehr leichte und solide Dachsysteme<br />
aus einem Stück realisiert werden.<br />
Die Heckscheibe ist eine kratzfest beschichtete<br />
Poly<strong>car</strong>bonatscheibe (PC),<br />
die im Hinterspritzgießverfahren (In-<br />
Mould-Decoration) hergestellt wird.<br />
Der Werkstoff zeichnet sich durch seine<br />
hohe Transparenz und Widerstandsfähigkeit<br />
aus. Scheiben aus Poly<strong>car</strong>bonat<br />
absorbieren UV-Strahlung zu 100 Prozent<br />
und splittern bei einem Unfall<br />
nicht. Durch die neu entwickelte Beheizungsfunktion<br />
werden Abtaugeschwindigkeiten<br />
vergleichbar mit denen<br />
bei einer Glasscheibe erreicht.<br />
Webasto ist einer der führenden<br />
Automobil-Zulieferer im Bereich der<br />
Kunststoff-Technologien Poly<strong>car</strong>bonat<br />
und Polyurethan. Am Standort Schierling<br />
bei Regensburg unterhält das<br />
Unternehmen ein eigenes Kunststoffzentrum.<br />
Hier wird das zurzeit größte<br />
automobile Poly<strong>car</strong>bonat-Dach der<br />
Welt (1,2 Quadratmeter) für den Smart<br />
fortwo hergestellt. Inzwischen wurde es<br />
über 100 000 Mal eingebaut. �<br />
Car Innovation · Mai 2008<br />
89
SUPPLIER INNOVATIONS<br />
Keil gesetzt<br />
WITTE – Das ,Standard-Sperrwerk’ des Automobilzulieferers<br />
Witte Automotive setzt neue Maßstäbe<br />
bei Rückenlehnenverriegelungen. Statt wie bisher<br />
Gummipuffer verhindern Keile im Verriegelungs-<br />
Mechanismus ungeliebtes Quietschen oder Klappern<br />
– langfristig.<br />
Die seit 1899 tätige Witte-Gruppe<br />
(Witte Automotive), Hersteller<br />
von Fahrzeugzugangssystemen,<br />
mit zurzeit weltweit 2 600 Mitarbeitern,<br />
hat ein neues System für Rückenlehnenverriegelungen<br />
entwickelt und<br />
damit einen wichtigen Beitrag zum<br />
Komfortgewinn im Fahrzeuginnenbereich<br />
geleistet.<br />
Quietschen, Rumpeln oder Rattern –<br />
alles Geräusche, die man nicht aus dem<br />
Fond seines Autos hören will, zumal<br />
dort vielleicht gerade die eigenen Kinder<br />
schlafen und damit in dem Moment<br />
als ,Geräuschverursacher’ nicht in Frage<br />
kommen. „Woher kommt dieses lästige<br />
Geräusch?“ Es nervt und – wenn<br />
auch unbegründet – das Vertrauen in<br />
die Sicherheit des Fahrzeugs schwindet.<br />
Geräuschlose Flexibilität<br />
Rückenlehnenverriegelungen sorgen<br />
dafür, dass die Fahrzeugrücksitze flexibel<br />
eingesetzt werden können: Zum<br />
Transport von beispielsweise größeren<br />
Möbelstücken kann der Laderaum vergrößert<br />
werden, indem die Rückenlehnen<br />
per Knopfdruck oder Hebelbewegung<br />
entriegelt und umgeklappt werden.<br />
Soll die Rückenlehne wieder als<br />
Rücksitz fungieren, wird die Lehne wieder<br />
umgeklappt: Dieselbe Verriegelung,<br />
die vor dem Transport gelöst wurde,<br />
muss jetzt wieder in den Schließbügel,<br />
der an der Karosserie statisch befestigt<br />
ist, einrasten.<br />
In dem Moment des Einrastens umschließt<br />
die Drehfalle den Schließbügel.<br />
Bislang hat ein Gummipuffer dafür gesorgt,<br />
dass Drehfalle und Schließbügel<br />
nicht ,nackt’ aufeinander treffen und<br />
während der Autofahrt über unebene<br />
oder holprige Straßen Geräusche abgeben.<br />
Aber ist die Rückenlehne über einen<br />
längeren Zeitraum verriegelt und<br />
wird sie mit Gewicht belastet, ,setzt’<br />
sich der temperaturanfällige Gummipuffer.<br />
Hierbei verringert sich die<br />
90 Car Innovation · Mai 2008<br />
Mechanik gegen Lärm:<br />
Ein Keilsystem verhindert<br />
Geräusche an der<br />
Verbindung zwischen<br />
Schließbügel und<br />
Sperrklinke in der<br />
Rückenlehnenverriegelung.<br />
Bild: Witte<br />
Spannkraft in der Rückenlehnenverriegelung:<br />
Geräusche entstehen.<br />
Witte Automotive hat hier jetzt Abhilfe<br />
geschaffen und ein neues Prinzip<br />
für die Ruhigstellung von Rückenlehnenverriegelungen<br />
entwickelt, wie es<br />
jetzt auch in mehreren Premiumfahrzeugen<br />
eingesetzt wird. „Ein Keilsystem<br />
ersetzt den Gummipuffer und eliminiert<br />
die Geräusche bei gleichzeitig höherem<br />
Bedienkomfort“, erläutert Georg<br />
Gödecke, der diese Entwicklung als<br />
Konstrukteur bei Witte Automotive betreut<br />
hat.<br />
Beim Zurückklappen der Rückenlehne<br />
in den Sitzmodus nähert sich das<br />
Schloss in der Lehne dem Schließbügel.<br />
Der Schließbügel drückt bei Berührung<br />
durch das Schloss gegen die im Schloss<br />
befindliche Drehfalle. Dadurch fällt die<br />
Sperrklinke ein und verankert den Sitz<br />
in den Schließbügel. Synchron fällt der<br />
Keilmechanismus ein und stellt die Verbindung<br />
zwischen Schließbügel und<br />
Sperrklinke ruhig. Dadurch entstehen<br />
mit dem Prinzip der Haftreibung keine<br />
weiteren Geräusche.<br />
‚Standardisierte‘ Festigkeit<br />
Dieses Prinzip hat Witte Automotive<br />
jetzt für Rückenlehnenverriegelungen<br />
mit Festigkeiten von 30 kN und 40 kN<br />
standardisiert. „So muss für ein neues<br />
Fahrzeug nur noch die spezifische Kundenapplikation,<br />
aber nicht mehr das<br />
Schloss an sich entwickelt werden“, ergänzt<br />
Kundengruppenleiter Markus<br />
Moritz. Mit dieser Entwicklungsleistung<br />
gibt Witte Automotive eine schlüssige<br />
Antwort auf die steigenden Herausforderungen<br />
im Komfort und in der Fahrzeugakustik.<br />
�