Untergang eines Herzens - Stefan Zweig Centre Salzburg
Untergang eines Herzens - Stefan Zweig Centre Salzburg
Untergang eines Herzens - Stefan Zweig Centre Salzburg
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
denken, als er nach dem letzten Abendessen am Gardasee<br />
seine Frau schlafen hört und sich zu erinnern bemüht, daß<br />
dieser Körper, der da gleiche Luft des gleichen Zimmers trank,<br />
derselbe [tatsächlich?] war, den er jung und glühend gekannt,<br />
der ihm ein Kind gegeben, ein Körper, ihm verbunden durch das<br />
tiefste Geheimnis des Bluts. Aber wer denkt hier? Kafka spricht<br />
einmal von den zwei menschlichen Kardinalsünden Ungeduld<br />
und Lässigkeit, wozu Hans Mayer bemerkte:<br />
Ein Dasein aus der Ungeduld und aus der Unterlassung, wo zu<br />
schnell oder zu langsam gelebt wird, alternierend oder gar gleichzeitig,<br />
ist schuldhafter als die singuläre Bluttat des Verbrechers.<br />
Sie tötet unablässig, aber stets nur ein bißchen. Wer nicht redet,<br />
könnte man Benn paraphrasieren, wird tot.<br />
Was bleibt, ist Gott, die Gemeinde, das orthodoxe Judentum,<br />
und wenn Salomonsohn in tiefster Verzweiflung seinen<br />
Herrn anruft, fühlt er sich bestraft, verflucht das Geld, erkennt<br />
seine Einsamkeit und das Zurückgeworfensein an den Anfang,<br />
zu den Eltern, der Gemeinschaft, der Religion. Wer konservativ<br />
erzogen wurde, scheint uns die Erzählung zuzuraunen, kann<br />
durch die Welt reisen und Geschäfte treiben, am Ende kehrt er<br />
doch zum väterlichen Gesetz zurück. Man kommt um einen<br />
Gedanken nicht herum: Quod erat demonstrandum.<br />
27