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SFT 10/84 - Science Fiction Times

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In unserer Rubrik Leserpost druckenwir einen Brief des SF-Autors ReinmarCunis an den Literaturagenten UweLuserke ab. Cunis stellte uns das Schreibenzur Verfligung, weil er seine Bedenkenbezüglich des Kurd Laßwitz-Preiseseiner öffentlichen Diskussion flir würdighielt. Zweifellos ist diese Ansicht insoweitberechtigt, als ähnliche Bedenkenauch schon andernorts angemeldet wurden.GrundsätzlichReinmar Cunis hat zumindest Recht mitder Annahme, die Vergabe des Preiseserfolge nach subjektiven Kriterien. Allerdingsdürfte das flir jeden Preis gelten,sei er von einer Einzelperson, einerJury oder einer größeren Gruppe vergeben.Es gibt nun mal keine objektivenKriterien zur Beurteilung von Literatur." Eindeutige Bewertungskriterien"festzulegen, dürfte ein hoffnungslosesUnterfangen sein. Bestenfalls ließe sichdie grammatikalische Korrektheit einesTextes untersuchen. Ist diese Grundvoraussetzungjedoch erfüllt, bleibt esdem Einzelnen überlassen, welchenStellenwert er dem betreffenden Textnun zumessen möchte.Wenn Cunis allerdings unterstellt, dieJury, die über die Vergabe des Laßwitz­Preises entscheidet, sei "weder ftir dieLiteraturgattung, noch flir die Leseroder fur das Verlagsangebot repräsentativ",dann irrt er. Abstimmungsberechtigtist jeder, der innerhalb der SF­Szene professionell tätig ist. Diese Professionalitätist natürlich nur mit einergewissen Sachkunde zu erreichen, wasden Vorwurf der Inkompetenz ad absurdumfuhrt. Die Alternativen - Leser,gewählte Jury oder Verlage - bietenauch keine Gewähr ftir mehr Objektivität.Immer Kungeleien?Die Leser abstimmen zu lassen, wäredurchaus eine gangbare Möglichkeit,wobei sich allerdings das Problem ergäbe,tatsächlich alle Leser zu erreichen.Die von der Zeitschrift Cinemavergebenen Preise sind Leserpreise. Allerdingswerden auch dort nicht alleKinobesucher erfaßt, sondern nur diejenigen,die auch Cinema-Leser sind.Naturgemäß liegt die Zahl der Kinobesucherweit über jener der Cinemaleser.Und da es auch keine Publikationgibt, die alle SF-Leser erreichen würde,wäre auch ein Leserpreis keineswegs objektivoder wenigstens repräsentativ.Eine aus Verlagsvertretern zusammengesetzteJury wäre erst recht nichtobjektiv, denn zweifellos wären alleBeteiligten bestrebt, ihre eigenen Produkteins rechte Licht zu rücken. Letztlichdürfte eine derartige Preisvergabeauf einen allgemeinen Proporz hinauslaufen,der über den tatsächlichen Wertder nominierten Werke wenig bis nichtsaussagt.Überdies dürfte in diesem Fall auchdas bekannte Spiegel-Phänomen auftreten.Bei den Bestsellerlisten des Spiegelhandelt es sich, wie mittlerweile bekanntsein sollte, um reine Wunschlisten.Romane, von denen man sicherheblichen Umsatz erhoffte, die aberweniger gut liefen, werden dort regelmäßigals umsatzstark vorgeflihrt in derHoffnung, durch trendsetfing die Verkaufsbilanzenzu verbessern. Was vonallein gut läuft, wird üblicherweise inder Bestsellerliste des Spiegels nichtveröffentlicht. Und wer dies nicht glaubenmag, dem sei empfohlen, sich einmaldie Jahresberichte der Großhändleranzuschauen. Dort nämlich finden sichdie tatsächlichen Verkaufszahlen, diebelegen, daß ein Konsalik allemal verkäuflicherist als ein Nobelpreisträger.Cunis' Vorschlag, eine Jury zu benennen,die namentlich bekannt ist undflir ihre Entscheidung öffentlich Redeund Antwort stehen soll, ist sicher eineAlternative. Allerdings erheben sich dabeieinige Fragen: Wer wählt diese Juryaus? Wer verhindert, daß sie von irgendwelchenInteressen beeinflußt wird?Und weshalb sollte das Votum von drei,ftinf oder zehn Leuten objektiver seinals die Entscheidung einer größerenGruppe? Tatsächlich dürfte die Möglichkeiteiner Einflußnahme um so größersein, je kleiner die entscheidendeGruppe ist.MaßstäbeUm eine weitestgehende Objektivitätbei der Vergabe von Literaturpreisen zuerreichen, müßten alle gesellschaftlichenGruppierungen ihren eigenen Preis vergeben- was nicht nur zu einer wahrenPreisinflation fuhren würde, sondernüberdies praktisch kaum durchfuhrbarwäre.Aus eben diesem Grund uberläßt dasLaßwitz-Preiskomitee die Entscheidungden SF-Profis, die zumindest uber einegewisse Sachkompetenz verfugen. Überdiesist das Lager der SF-Profis mittlerweileso groß, daß berechtigterweise voneinem neutralen Abstimmungsergebnisgesprochen werden kann ,EinzelneGruppierungen - deren \'orhandenseinnicht bestritten werden kann - dürftenkaum noch in der Lage sein. auf das GesamtergebnisEinfluß zu nehmen.Insofern mag der Kurd Laßwitz-Preisvielleicht nicht repräsentatl\ sein flir dieSF-Leserschaft, aber er stellt immerhindie höchstmögliche Objekti\ itä t her, diemomentan im Lager der Profis zu erzielenist.HaraJd Pusch

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