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Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des ...

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BDIU-Geschäftsstelle Friedrichstraße 50 – 55 10117 BerlinTelefon: +49 30 2 06 07 36 0 Fax: +49 30 2 06 07 36 33bdiu@inkasso.de www.inkasso.de10. März 2011<strong>Stellungnahme</strong><strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verban<strong>des</strong> Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU)zu den<strong>Reform</strong>bestrebungen im Bereich <strong>des</strong> GerichtsvollzieherwesensUmfrage bei den Lan<strong>des</strong>justizverwaltungen zu den <strong>Reform</strong>vorschlägen <strong>des</strong>Deutschen Gerichtsvollzieherbun<strong>des</strong> hinsichtlich <strong>eines</strong><strong>Entwurf</strong>s <strong>eines</strong> Gerichtsvollziehergesetzesmit Anschreiben <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums der Justizvom 20. September 2010<strong>Entwurf</strong> <strong>eines</strong> <strong>Gesetzes</strong> <strong>zur</strong> <strong>Reform</strong> <strong>des</strong> GerichtsvollzieherwesensBun<strong>des</strong>tags-Drucksache 17/1225Ansprechpartner:Rechtsanwalt Kay Uwe Berg, GeschäftsführerRechtsanwältin Sabine Schmidt, Politische ReferentinPräsident: Wolfgang Spitz - Geschäftsführer: Kay Uwe BergBüro Brüssel: Avenue de la Renaissance 1, B-1000 Brüssel - Tel. +32 2 739 6261 - Fax +32 2 739 6279 - Repräsentant: RA Stefan ZickgrafCommerzbank Hamburg, Konto-Nr. 620 50 17, BLZ 200 400 00 – Lan<strong>des</strong>bank Berlin, Konto-Nr. 6 00 00 326 58, BLZ 100 500 00Sitz <strong>des</strong> Verban<strong>des</strong>: Berlin - Register-Nr.: VR 28841 B – AG CharlottenburgMember of Federation of European National Collection AssociationsHinweis gemäß § 33 BDSG: Personenbezogene Daten werden <strong>zum</strong> Zweck der internen Vorgangsbearbeitung gespeichert.


Im Bun<strong>des</strong>verband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU) sind heute rund 550 der inDeutschland tätigen Inkassounternehmen organisiert. Seit 1956 vertritt der Verband bun<strong>des</strong>weitdie Interessen der Inkassobranche gegenüber Politik und Öffentlichkeit. Die Inkassofirmen realisierendie Forderungen von mehr als 500.000 Auftraggebern und führen sie so dem Wirtschaftskreislaufwieder zu.VorbemerkungenDem BDIU ist <strong>zur</strong> Kenntnis gelangt, dass das BMJ mit Schreiben vom 20.09.2010 an die Lan<strong>des</strong>justizverwaltungender Länder um <strong>Stellungnahme</strong> zu einem <strong>Entwurf</strong> <strong>des</strong> Deutschen Gerichtsvollzieherbun<strong>des</strong>e.V. (DGVB) für ein Gerichtsvollziehergesetz (GVZG) gebeten hat. Das entsprechende Anschreibenliegt dem BDIU vor, ebenso der <strong>Gesetzes</strong>entwurf der Grundsatzkommission DGVB. Wir gehen davonaus, dass die Begründung für die vom DGVB geforderte Aufgabenerweiterung der Gerichtsvollzieherinhaltlich der Darstellung im Abschlussbericht der Kommission „Strukturelle Änderungen in der Justiz"aus dem Jahr 2001 entspricht.Bereits im März 2001 legte der DGVB den Abschlussbericht einer Kommission „Strukturelle Änderungenin der Justiz" vor, der eine Änderung <strong>des</strong> Status der Gerichtsvollzieher und eine erhebliche Erweiterung<strong>des</strong> Aufgabenbereichs der Gerichtsvollzieher vorsieht. Dieser Abschlussbericht war Gegenstandzahlreicher Anhörungen in den Länderparlamenten und wurde in einer Reihe von Veröffentlichungendiskutiert. Parallel befasst sich seit einigen Jahren eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Modernisierung<strong>des</strong> Zwangsvollstreckungsrechts/Zwangsvollstreckungsverfahrens" mit möglichen Änderungen imZusammenhang mit der Mobiliarvollstreckung. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Organisation <strong>des</strong>Gerichtsvollzieherwesens/Privatisierung" hat sich neben mehreren Berichten (zuletzt im 4. Zwischenbericht,vgl. ZVI 2005, 510 ff) zu Konzepten <strong>zur</strong> Änderung <strong>des</strong> Status der Gerichtsvollzieher auchzu einer möglichen Aufgabenerweiterung geäußert. Für eine Erweiterung der Aufgabenbereiche derGerichtsvollzieher hat sich die Bund-Länder-Arbeitsgruppe seinerzeit nicht ausgesprochen.FazitDer durch den DGVB vorgelegte <strong>Entwurf</strong> <strong>eines</strong> Gerichtsvollziehergesetzes ist in Teilenverfassungswidrig, in weiten anderen Bereichen begegnet er durchgreifenden Bedenken.Der <strong>Entwurf</strong> ist daher als Ganzes abzulehnen.Der Bun<strong>des</strong>rat hat im Rahmen <strong>des</strong> <strong>Entwurf</strong>s <strong>eines</strong> <strong>Gesetzes</strong> <strong>zur</strong> <strong>Reform</strong> <strong>des</strong> Gerichtsvollzieherwesens(BT-Drucksache 17/1225 vom 24.03.2010) in Artikel 1 ein Gerichtsvollziehergesetz vorgeschlagen, dasklar strukturiert ist und den richtigen Weg weist. Soweit die erforderlichen Änderungen in Artikel 5dieses <strong>Gesetzes</strong>vorschlags durch eine Abkehr von maßlosen Gebührenerhöhungen erfolgen, könnte aufGrundlage dieses Gesetzentwurfs eine zukunftsweisende Regelung <strong>des</strong> Gerichtsvollzieherwesens gefundenwerden.Es liegt ein umfänglicher <strong>Gesetzes</strong>entwurf <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rates (BT-Drucksache 17/1225, dort Artikel 1) fürein Gerichtsvollziehergesetz (GVZG) vor, das keine Aufgabenerweiterung der Gerichtsvollzieher vorsieht.Es überrascht, dass die Thematik der Erweiterung der Aufgaben der Gerichtsvollziehernunmehr neuerlich <strong>zur</strong> Diskussion gestellt wird, <strong>zum</strong>al dies augenscheinlich nur aufInitiative einer Berufsgruppe und zudem ohne Beteiligung der von einer Aufgabenerweiterungim Sinne <strong>des</strong> vorgelegten <strong>Entwurf</strong>es <strong>eines</strong> Gerichtsvollziehergesetzes elementarBetroffenen erfolgt.2


<strong>Stellungnahme</strong> zu den einzelnen BestimmungenI. Zu den Bestimmungen <strong>des</strong> GVZG-EDie vorgestellten §§ 1 bis 22 GVZG-E reichen bei weitem nicht <strong>zur</strong> Regelung der komplexen Materieaus. Der BDIU beschränkt sich daher auf zwei Anmerkungen:1. Zu §§ 1 und 2 sowie §§ 5-7 GVZG-EDie vorgeschlagenen Regelungen gehen davon aus, dass der Gerichtsvollzieher, wenngleich Beamter,selbstständig und eigenverantwortlich tätig ist und seine Entscheidungen selbstständig trifft. Vor demHintergrund, dass ein Gerichtsvollzieher hoheitliche Aufgaben wahrnimmt und unmittelbar in Grundrechteeingreift, ist das Festhalten am Beamtenstatus zwingend erforderlich. Als Beamter handelt derGerichtsvollzieher weisungsgebunden. Für durch sein Verhalten verursachte Schäden haftet der Staatgemäß § 839 BGB; Art. 34 GG.Mit seinen Vorstellungen über eine selbstständige Tätigkeit – weitestgehend frei von staatlicher Kontrolle– verletzt der DGVB die zivilrechtliche Verfahrensautonomie <strong>des</strong> Gläubigers.In einem Vortrag anlässlich <strong>des</strong> 100-jährigen Jubiläums <strong>des</strong> DGVB wies der Rechtsprofessor Dr.Alexander Bruns sinngemäß auf folgen<strong>des</strong> hin:Das Vollstreckungsrecht wird durch die Gläubigerdisposition geprägt. Der Gläubiger entscheidet mitseinem Antrag über den Beginn der Zwangsvollstreckung, durch Antragsrücknahme beendet er sie. DerUmfang <strong>eines</strong> Pfandrechtes und <strong>des</strong>sen (Fort-) Bestehen oder Erlöschen (Verzicht) bestimmt allein derGläubiger. Auch kann der Gläubiger eine Vollstreckungsmaßnahme einstellen lassen (vgl. § 30 ZVG). DieHerrschaft <strong>des</strong> Gläubigers über Beginn und Ende <strong>des</strong> Verfahrens entspricht der materiellrechtlichenVerfügungsbefugnis als Ausprägung der Privatautonomie und letztlich auch der verfassungsrechtlich garantiertenRechtsschutzgewährung. Zwar ist nicht jede Ermessensentscheidung <strong>des</strong> Gerichtsvollziehersdadurch ausgeschlossen. Aber: „Tendenziell sollte die Gläubigerdisposition möglichst ungeschmälertgewährt bleiben. Es wäre wenig ratsam, ein funktionieren<strong>des</strong> Vollstreckungswesen ohne Not <strong>zum</strong> Experimentierfeldrechtspolitischer Ambitionen zu machen.“Der BDIU sieht jeden Eingriff in die Gläubigerautonomie als Frontalangriff gegen den verfassungsmäßiggeschützten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz.Der Verband wird es nicht hinnehmen, dass durch staatliche Vollstreckungsorgane die Art und Weiseder Zwangsvollstreckung zulasten der Gläubigerbelange bestimmt und dadurch auch in das Eigentumsrechtder Gläubiger eingegriffen wird 1 .1 Vergleiche hierzu BVerfGE 54, 277, 291; BVerfG NJW 1988, 3141.3


2. Zu §§ 4 und 8 GVZG-EDer BDIU wiederholt seine Forderung, das Prinzip <strong>des</strong> Bezirksschutzes für Gerichtsvollzieher endlichaufzugeben und nicht weiter zu zementieren, wie es die §§ 4, 8 GVZG-E vorsehen. Der BDIU sieht inÜbereinstimmung mit dem Bun<strong>des</strong>rat (BT-Drucksache 17/1225; Artikel 1, §§ 8, 10) die Lockerung <strong>des</strong>Bezirksschutzes als wesentlich für eine nachhaltige Verbesserung der Effizienz der Zwangsvollstreckungdurch den Gerichtsvollzieher.II. Tätigkeiten der Gerichtsvollzieher außerhalb der Zwangsvollstreckung (Anlage zu § 15GVZG-E)Nach dem Inhalt <strong>des</strong> § 15 GVZG-E wird der Eindruck erweckt, dass dem Gerichtsvollzieher die in derAnlage zu § 15 GVZG-E genannten Aufgaben „übertragen“ werden sollen. Dies bedeutet, mangels anderweitigerRegelungen im GVZG-E, dass die Gerichtsvollzieher für die in der Anlage genannten Tätigkeitenausschließlich („exklusiv“) zuständig sein sollen. Dies ist mit geltendem Verfassungsrecht gewissnicht vereinbar. Selbst für den Fall, dass eine verfassungskonforme Formulierung gefunden werden kann,stoßen die Tätigkeiten, zu deren Ausübung die Gerichtsvollzieher berechtigt sein sollen, in ihrem Charakterals Gerichtsvollzieheraufgaben auf, teils sogar verfassungsrechtliche Bedenken.1. Abwendungsverfahren (Rechnungspräsentationsverfahren)1.1 Forderung <strong>des</strong> DGVBDer Gerichtsvollzieher soll die Befugnis erhalten, auf Antrag <strong>des</strong> Gläubigers ein vorgerichtliches Mahnverfahrenzu betreiben, Zahlungen vom Schuldner entgegen zu nehmen und eine vollstreckbare Ausfertigung<strong>des</strong> Titels durch protokolliertes Zahlungsanerkenntnis zu erstellen („Abwendungsverfahren").1.2 Vorgeschlagener Ablauf <strong>des</strong> AbwendungsverfahrensDer Gerichtsvollzieher stellt auf Antrag <strong>des</strong> Gläubigers dem Schuldner eine schriftliche Mahnung nebstzu Grunde liegender Rechnung zu. Diese Mahnung beinhaltet die Aufforderung an den Schuldner, dieZahlung an den zustellenden Gerichtsvollzieher zu leisten. Zahlt daraufhin der Schuldner, ist der Vorgangerledigt. Hält der Schuldner die Forderung für berechtigt, kann er aber <strong>zur</strong>zeit keine Zahlungenleisten, fertigt der Gerichtsvollzieher ein Protokoll über das Anerkenntnis nebst einer Vollstreckungsunterwerfung<strong>des</strong> Schuldners. Dieses vom Schuldner unterzeichnete Protokoll hat, zusammen mit dervom Gerichtsvollzieher zu erteilenden Vollstreckungsklausel, den Charakter einer vollstreckbarenAusfertigung <strong>eines</strong> Titels.Widerspricht der Schuldner der Forderung, gibt der Gerichtsvollzieher den Vorgang an den Gläubiger<strong>zur</strong>ück und verweist ihn auf das gerichtliche Mahn- oder Klageverfahren. Letzteres gilt auch, wenn derSchuldner nach der Zustellung der Mahnung durch den Gerichtsvollzieher nicht reagiert.4


1.3 Begründung <strong>des</strong> DGVBZur Begründung wird ausgeführt, dass es bei der bestehenden Überlastung der Gerichte sinnvoll undnotwendig sei, ein gesetzlich geregeltes vorgerichtliches Mahnverfahren ein<strong>zur</strong>ichten. Dieses Verfahrenmüsse bei dem Gerichtsvollzieher angesiedelt sein, damit es einer staatlichen Kontrolle unterliege.Zudem kenne der Gerichtsvollzieher in der Regel die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dermeisten Zahlungspflichtigen. Der Gerichtsvollzieher garantiere durch seine Stellung, dass das vorgerichtlicheMahnverfahren in geregelten rechtlichen Schritten ablaufe und nichtrechtsstaatliche Übergriffevermieden würden, wie sie teilweise heute zu beobachten seien (körperliche Drohungen, „schwarzerMann"). Im Antrag (BT-Drucksache 15/5046, S. 4 Ziffer 6) wurde (einer Ausarbeitung der Ländervertreterversammlung<strong>des</strong> DGVB vom 3.07. 2004 weitgehend wörtlich folgend) zudem ausgeführt:„. ..75 % aller Vollstreckungsmaßnahmen werden aus Vollstreckungsbescheiden betrieben. Der Grund<strong>des</strong> Anspruchs bleibt daher in diesen Fällen unbestritten. Das Mahnverfahren stellt sich in diesen Fällenoft als zeitrauben<strong>des</strong> Verfahren dar. Ein alternatives Schuldenbereinigungsverfahren in Form <strong>eines</strong>Abwendungsverfahrens würde im Hinblick auf die hohe Zahl der Vollstreckungsbescheide, die unmittelbar<strong>zur</strong> Einleitung der Zwangsvollstreckung führen, das Stadium <strong>des</strong> Entscheidungsverfahrens überspringenund den Gerichtsvollzieher stärker als bisher an der gütlichen Streitbeilegung beteiligen. DieJustiz würde dadurch erheblich entlastet.1.4. <strong>Stellungnahme</strong> <strong>des</strong> BDIUEin Abwendungsverfahren entsprechend den Vorschlägen <strong>des</strong> BGVB begegnet erheblichen Bedenken.Das vorgerichtliche Präsentieren einer Rechnung und Mahnung stellt eine typische Tätigkeit im Rahmen<strong>des</strong> Forderungseinzuges dar, wie sie seit Jahrzehnten durch Rechtsanwälte, Rechtsbeistände und Inkassounternehmenausgeübt wird. Es handelt sich um eine typische Inkassotätigkeit.1.4.1 Unlauterer Wettbewerb beim AbwendungsverfahrenIm Rahmen der grundgesetzlich geschützten Berufs- und Gewerbefreiheit kann (und soll) es geeignetenPersonen nicht verwehrt sein, innerhalb der geltenden Gesetze (RBerG) den geschäftsmäßigen Einzugfremder Forderungen zu betreiben.Diese Freiheit gilt selbstverständlich auch für Personen, die als Gerichtsvollzieher tätig sind. Aus diesemBlickwinkel erscheint es zunächst als rechtlich unbedenklich, dass auch Personen, die beruflich als Gerichtsvollzieherbeschäftigt sind, Inkassogeschäfte betreiben. Dies gilt unabhängig vom rechtlichen Status<strong>des</strong> Gerichtsvollziehers, unabhängig also von der Frage, ob er im jetzigen System (als Nebentätigkeitgenehmigt) tätig ist oder innerhalb <strong>eines</strong> Amtssystems, als Gebührenbeamter oder als Freiberufler.So wurde bereits entschieden (Hess. VGH NJW 2000, 2370 ff.; vgl. auch BGH BRAK-Mitt. 1998, 236 f.),dass auch Rechtsanwälte ein Inkassounternehmen betreiben dürfen (dies allerdings u. a. unter der Bedingung,dass sie bei Inkassomandaten als Inkassounternehmer auftreten, nicht aber als Anwälte).Interessant und bemerkenswert an dieser Entscheidung ist zudem, dass außerordentlicher Wert auf dieTrennung von Inkassomandat und Rechtsanwaltsmandat gelegt wurde, und zwar dergestalt, dass sich5


eide Mandate (auch sukzessiv) auf Grund möglicher Interessenkonflikte ausschließen. Der als Inkassounternehmerbeauftragte Rechtsanwalt darf demnach später nicht denselben Vorgang im gerichtlichenVerfahren verfolgen. Der im gerichtlichen Verfahren beauftragte Rechtsanwalt darf umgekehrt nicht nachder Titulierung als Inkassounternehmer den Forderungseinzug betreiben. Überträgt man diese Grundsätzeauf das Abwendungsverfahren bei Gerichtsvollziehern, besteht dieselbe Konstellation <strong>eines</strong> möglichenInteressenkonflikts. Maßgeblicher Unterschied dabei ist, dass der Gerichtsvollzieher als Vollstreckungsorganeinen Auftrag nicht ablehnen darf. Bedenkt man, dass in vielen Fällen <strong>eines</strong> versuchten unddanach gescheiterten Abwendungsverfahrens derselbe Gerichtsvollzieher mit der Vollstreckung beauftragtwird, müsste diese Doppelfunktion zwingend ausgeschlossen werden.Als entscheidend erweist sich daher nicht die Frage, ob ein als Gerichtsvollzieher Tätiger das vorgerichtlicheInkasso betreiben darf, sondern wie und in welcher Form dies geschieht (hierzu ausführlich:Karpenstein, ZVI 2004, 442 ff.).Grundsätzlich anerkannt ist, dass der Staat berechtigt ist, auch Aufgaben an sich zu ziehen, die vonPrivaten ausgeführt werden, wobei die Übernahme von privatrechtlich bereits „belegten" Bereichen nurunter ganz besonderen Umständen und bei zwingender Notwendigkeit zulässig ist. Anerkannt ist auch,dass der Staat neben den Privaten (gleichermaßen in Konkurrenz zu diesen) Aufgaben übernehmen kann.Insoweit besteht unstreitig kein Schutz der Privaten vor staatlicher Konkurrenz. Unzulässig in<strong>des</strong> istes, wenn der Staat Aufgaben in bereits privatrechtlich belegten Bereichen übernimmt und sich durchden Charakter der staatlichen Übernahme einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den privaten Anbieternverschafft.Letzterer Fall in<strong>des</strong> liegt vor, wenn - wie im Abschlussbericht vorgeschlagen - ein Gerichtsvollzieher inseiner Funktion als Gerichtsvollzieher das Inkassogeschäft betreibt. Die Bezeichnung als „Gerichtsvollzieher"beschreibt althergebracht nichts anderes als „Vollzieher staatlichen (gerichtlichen) Willens". Bei einernicht titulierten Forderung kann aber weder von einem staatlichen oder gerichtlichen Willen <strong>zur</strong> Einziehungeiner Forderung die Rede sein, noch weniger von einer entsprechenden „Vollziehung". Tritt derGerichtsvollzieher demnach bei der Einziehung einer nicht titulierten Forderung unter seiner Amtsbezeichnungauf, wird ein Sachverhalt vorgespiegelt, der tatsächlich unrichtig ist. Dem Auftritt <strong>des</strong> Gerichtsvollzieherswürde demnach mehr Gewicht beigemessen als dem <strong>eines</strong> Rechtsanwalts oder Inkassounternehmers.Dies aber stellt einen verfassungsrechtlich nicht zulässigen Wettbewerbsvorteil zuGunsten <strong>des</strong> Gerichtsvollziehers dar. Zur Verdeutlichung: Würde beispielsweise einem Richter unterseiner Amtsbezeichnung das Inkasso erlaubt werden, würde sicherlich jedermann die oben genanntenBedenken äußern und ein derartiges Verfahren ablehnen. Das vorgerichtliche Inkasso durch die Gerichtsvollzieherstellt aber lediglich einen geringen graduellen, nicht aber grundlegenden Unterschied zudiesem Beispielsfall dar.Der Umstand, dass der nicht verfassungskonforme Wettbewerbsvorteil ausdrücklich beabsichtigt ist undgeradezu als gewichtiger Grund für die Übertragung <strong>des</strong> Abwendungsverfahrens auf die Gerichtsvollzieherangesehen wird, ergibt sich aus der oben bereits zitierten Begründung <strong>des</strong> Abschlussberichtes:„Zudem kennt der Gerichtsvollzieher in der Regel die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisseder meisten Zahlungspflichtigen."6


Demnach wird als selbstverständlich davon ausgegangen, dass der Gerichtsvollzieher Erkenntnisse, die erüber einen Schuldner aus einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme (insbesondere aus Vermögensverzeichnissen)gewonnen hat, ohne weiteres in ein vorgerichtliches Inkassoverfahren einbringen darf. Ein innerhalb<strong>eines</strong> Abwendungsverfahrens tätiger Gerichtsvollzieher dürfte also, ungeachtet <strong>des</strong>sen, dass die einzuziehendenForderung nicht tituliert ist, Informationen aus einem ihm bekannten Vermögensverzeichnis<strong>des</strong> Schuldners aus einer in anderer Sache abgenommenen ei<strong>des</strong>stattlichen Versicherung verwenden.Demgegenüber hat ein Gläubiger, der durch einen Rechtsanwalt oder ein Inkassounternehmenbeim Einzug einer nicht titulierten Forderung vertreten wird, dieses faktische „Einsichtsrecht" nicht.Dies ist der klassische Fall, dass auf Grund hoheitlicher Tätigkeit gewonnene Erkenntnisse in privatrechtlicheVorgänge eingebracht werden, die mit diesen in keinerlei Sachzusammenhang stehen.Dieser Wettbewerbsvorteil kann nicht hingenommen werden und wird fraglos Gegenstand einer verfassungsrechtlichenAuseinandersetzung werden müssen. Inwieweit darüber hinaus in diesem Falledatenschutzrechtliche Bedenken auftauchen, kann hier dahingestellt bleiben.1.4.2 Abwendungsverfahren und Vollstreckung für den Schuldner nicht unterscheidbarAber nicht nur im Hinblick auf Gesichtspunkte <strong>des</strong> unlauteren Wettbewerbs gegenüber Rechtsanwältenund Inkassounternehmen ist das Auftreten unter der Funktionsbezeichnung „Gerichtsvollzieher" imaußergerichtlichen Forderungseinzug bedenklich. Bereits die Personalunion „Gerichtsvollzieher" und „vorgerichtlicheEinziehungsstelle" bewirkt ein nicht hinnehmbares Verwirrungspotential, gerade im Hinblickauf den Schuldner. Dieser sieht sich heute mit dem Gerichtsvollzieher als Gerichtsvollzieher, morgenmit derselben Person als bloßem Einziehungsberechtigten konfrontiert. Kaum ein Schuldner wird unterscheidenkönnen, ob dieselbe Person als Träger hoheitlicher Zwangsbefugnisse oder lediglich als nichtmit hoheitlichen Befugnissen Ausgestatteter auftritt. Auch gegenüber dem Schuldner erweist sich daherdas Abwendungsverfahren als äußerst problematisch. Diesbezüglich hat sich die Schuldnerhilfe Köln e. V.in einer schriftlichen <strong>Stellungnahme</strong> vom 11. 5. 2004 gegenüber dem Präsidenten <strong>des</strong> Landtags Nordrhein-Westfalens anlässlich <strong>eines</strong> Hearings wie folgt geäußert:„Unverständnis erzeugt der Vorschlag unter Ziffer 8. <strong>des</strong> Antrages, den Gerichtsvollziehern weitere Aufgaben zuzuweisen,nämlich ‚Inkasso zu betreiben'. Inkassotätigkeit im Sinne einer Vereinnahmung fremder Gelder üben Gerichtsvollzieherseit jeher aus; das gerade ist ihre Aufgabe. Wenn damit aber gemeint ist, dass Gerichtsvollzieherwie Inkassounternehmen auch die außergerichtliche Forderungsbeitreibung übernehmen sollen, dann ist ein solcherVorschlag abzulehnen. Die Gerichtsvollzieher würden dann teilweise als privates Inkassounternehmen, teilweise alsbeliehene Unternehmer tätig, Abgrenzungsprobleme sind vorprogrammiert. Möglicherweise würde der Gerichtsvollzieherim selben Fall sowohl privat als auch quasi hoheitlich tätig, für den rechtlich oft unerfahrenen Schuldner gingedie letzte Klarheit verloren. Wie soll er z. B. erkennen, ob er den Gerichtsvollzieher XY hereinlassen muss, aberdem Inkassounternehmer XY den Zutritt <strong>zur</strong> Wohnung verwehren darf. “Die Situation, in der sich dem Schuldner, dergestalt mit einem Inkasso betreibenden Gerichtsvollzieherkonfrontiert sieht, ist zudem vergleichbar mit den reinen Haustürgeschäften im Privatrecht, wo derGesetzgeber zu Recht eine besondere Schutzwürdigkeit <strong>des</strong> Verbrauchers gesehen hat. Die Verquickungprivatwirtschaftlichen Handelns mit hoheitlichem Handeln durch ein und dieselbe Person ist demnachauch aus dem Gesichtspunkt <strong>des</strong> Verbraucherschutzes nicht vertretbar.7


1.4.3 Abwendungsverfahren ist nicht „rechtsstaatlicher" als bestehende RechtslageIn der Begründung <strong>zum</strong> Abschlussberichtes wird ausgeführt, der Gerichtsvollzieher garantiere durch seineStellung, dass das vorgerichtliche Mahnverfahren in geregelten rechtlichen Schritten ablaufe und nichtrechtsstaatlicheÜbergriffe vermieden würden, wie sie teilweise heute zu beobachten seien.Hierdurch wird der völlig unzutreffende Eindruck erweckt, das bestehende Inkassowesen sei unzulänglichund in Teilbereichen nicht rechtsstaatlich. Tatsächlich verläuft auch nach geltendem Recht das Inkassowesenim Rahmen der Gesetze. Dafür bietet das RDG ausreichend Gewähr. Auch die Inkassounternehmenunterliegen durch die Aufsicht der Gerichtspräsidenten der staatlichen Kontrolle. Es wird mit allemNachdruck betont, dass körperliche Drohungen oder sonstige unseriöse Einziehungsmethoden wie„der schwarze Mann" oder das „Russeninkasso" vom BDIU wie auch von seinen Mitgliedsunternehmenganz energisch abgelehnt werden.Es ist absolut nicht zu beanstanden, wenn der DGVB alle Argumente zu Gunsten <strong>eines</strong> Wandels innerhalb<strong>des</strong> Berufsstan<strong>des</strong> der Gerichtsvollzieher anzubringen sucht; nicht in Ordnung ist allerdings, wennstaatlich überwachtes, seriöses Inkasso in die Nähe strafbaren Handelns gerückt wird.1.4.4 Abwendungsverfahren bringt keine sinnvolle Entlastung der JustizDas Abwendungsverfahren wird weiter im Abschlussbericht als Weg <strong>zur</strong> Entlastung der Justiz angesehen,was sich bei näherem Hinsehen als Irrtum erweist.Soweit eine Titulierung der Forderung durch ein Anerkenntnis als Entlastung angesehen wird, kann nurdarauf hingewiesen werden, dass ein vollstreckbares Anerkenntnis im Deutschen Recht bei weitem nichtsNeues ist. Das notarielle Schuldanerkenntnis ist einer der klassischen Vollstreckungstitel (und wird diesauch bleiben), eine deutliche Entlastung der Justiz hat sich aus diesem Konstrukt jedoch nicht ergeben.1.4.5 Negative Kostenfolge <strong>des</strong> Abwendungsverfahrens für die JustizEs gilt zu hinterfragen,− ob denn tatsächlich die Justiz durch die gerichtlichen Mahnverfahren einer erheblichen Belastungausgesetzt sind und, wenn ja,− ob gerade diese Belastung (aus rechtsstaatlichen Gründen und/oder aus Kostengesichtspunkten)nicht sinnvoll ist.Zunächst ist davon auszugehen, dass der weit überwiegende Anteil der gerichtlichen Verfahren über Zahlungsansprüchedurch automatisierte Mahnverfahren der Mahngerichte abgewickelt wird. Das gerichtlicheMahnverfahren der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland gilt als das weltweit beste und effektivste. DieMahnanträge werden über Datenträger, vielfach sogar schon über das Internet, gestellt. Die weitereBearbeitung erfolgt weitgehend automatisiert. Die Belastung der Justiz durch diese Verfahren ist verhältnismäßiggering.Die Gebühren, die die Gerichte im (automatisierten) Mahnverfahren erheben, sind hingegen durchauskostendeckend und finanzieren, andere Bereiche der Justiz, wie z.B. die Klageverfahren. Nicht nur inZeiten leerer Staatskassen erscheint es als völlig abwegig, diesen wirtschaftlich tragenden Bereich ausder Justiz auszugliedern und anderen Stellen zu übertragen. Die Einführung <strong>des</strong> Abwendungsverfahrenswürde finanzielle Mehrbelastungen für die Justiz bedeuten.8


Auch für den Gläubiger ergeben sich durch das Abwendungsverfahren keine erkennbaren Vorteile. Imvorgerichtlichen Bereich betreiben Rechtsanwälte und Inkassounternehmen bereits jetzt einen erfolgreichenForderungseinzug. Für den Fall, dass der Schuldner keine Zahlungen leistet oder leisten kann, stehtdas automatisierte Mahnverfahren <strong>zur</strong> Verfügung mit der Folge, dass der Gläubiger den Titel binnenäußerst kurzer Zeit in Händen hält. Eine tatsächliche Zeitersparnis bringt das Abwendungsverfahrenalso nicht.2. Tatsachenfeststellungen2.1 Forderung <strong>des</strong> DGVBEs soll die Möglichkeit vorgesehen werden, dass ein Gerichtsvollzieher mit der – wertungsfreien –Beurkundung <strong>eines</strong> tatsächlich vorgefundenen Zustan<strong>des</strong> beauftragt wird.2.2 Begründung <strong>des</strong> DGVBZur Begründung wird ausgeführt, der Bereich der Tatsachenfeststellung gehöre bereits in den Benelux-Staaten zu einem wesentlichen Aufgabenbereich der Gerichtsvollzieher. Zwar könne ein gerichtlichesBeweissicherungsverfahren nicht dadurch ersetzt, möglicherweise aber (wie auch Rechtsstreitigkeiten)vermieden werden.2.3 <strong>Stellungnahme</strong> <strong>des</strong> BDIUEs ist aus diesseitiger Sicht nicht erkennbar, ob ein wirklicher Bedarf an einer Tatsachenfeststellungdurch Gerichtsvollzieher besteht. Grundsätzlich erscheint es jedoch als sinnvoll, Dokumentationen zuBeweiszwecken möglich schnell und unproblematisch zu erhalten. Hierfür könnte eine Tatsachenfeststellungdurch den Gerichtsvollzieher, soweit nicht besonderer Sachverstand dafür erforderlichist (Sachverständigenbeweis, Beweissicherungsverfahren), nützlich sein.3. Insolvenzverwaltungen bei sog. Kleininsolvenzen3.1 Forderung <strong>des</strong> DGVBEin beträchtlicher Teil der beantragten Insolvenzverfahren ist dem Bereich der so genannten „Kleininsolvenzen"zuzuordnen (Handwerksbetriebe, Gaststätten, kleine Einzelhandelsgeschäfte, Verbraucherinsolvenzen).In diesen Fällen könne der Gerichtsvollzieher als Insolvenzverwalter dazu beitragen, dassdiese Verfahren beschleunigt und letztlich kostengünstiger abgewickelt werden könnten.3.2 Begründung <strong>des</strong> DGVBZur Begründung wird ausgeführt, der zuständige Gerichtsvollzieher kenne in den meisten Fällen denvom Insolvenzverfahren betroffenen Schuldner und könne seine Erfahrungen und Erkenntnisse unmittelbarin das Verfahren einbringen. Schon jetzt würden die Gerichtsvollzieher mehr denn je mit Anfragender Insolvenzgerichte beschäftigt, um eine Aussage über die wirtschaftlichen Verhältnisse <strong>eines</strong>Schuldners zu tätigen.9


3.3 <strong>Stellungnahme</strong> <strong>des</strong> BDIUDas Insolvenzverfahren ist ein äußerst komplexes Verfahren, das gerade an Insolvenzverwalter hoheAnforderungen stellt. Von ihnen wird nicht nur erwartet, dass die rechtlichen Bestimmungen der InsObeherrscht werden. Selbstverständlich sind überdies u. a. fundierte betriebswirtschaftliche, steuerrechtlicheund arbeitsrechtliche Kenntnisse. Daher ist nur folgerichtig, dass nur ein verschwindend geringerBruchteil von Volljuristen, Betriebswirten etc. sich imstande sieht, in einem Insolvenzverfahren als Verwaltertätig zu sein. Schon aus diesem Grunde erscheint es als äußerst fraglich, ob im Bereich der InsOnicht die Grenzen für ein qualifiziertes Tätigwerden <strong>eines</strong> Gerichtsvollziehers regelmäßig weit überschrittensind.Auch die diversen rechtlichen Fragen im Rahmen <strong>des</strong> Insolvenzverfahrens bedürfen einer fundiertenKenntnis der Bestimmungen der InsO. Als Beispiel genannt sei nur das insolvenzrechtliche Anfechtungsrecht,<strong>des</strong>sen Beherrschung durch den Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder (vgl. § 313 Abs. 2 Satz 3InsO) elementar ist und vielfach über die Fortführung <strong>des</strong> Verfahrens entscheidet. Auch die Fülle alleinder BGH-Rechtsprechung spricht für die Einschätzung, diese Aufgabe die Gerichtsvollzieher weit überforderndürfte. Zweck der Insolvenzordnung ist nicht, wie vielfach verkannt wird, ausschließlich die Verteilungvon Verwertungserlösen an die Insolvenzgläubiger. Oberstes Ziel einer Insolvenzverwaltung solldie Fortführung <strong>eines</strong> Betriebes und die Rettung von Arbeitsplätzen sein. Dies gilt nicht allein fürGroßinsolvenzen, sondern auch für insolvente kleinere Betriebe. Dieser Zielsetzung dürfte ein Gerichtsvollzieherfachlich nicht gerecht werden können.Auch der Begriff „Kleininsolvenzen“ schafft Probleme. Zwar mag man bei den meisten Insolvenzverfahrenbei Vorliegen <strong>des</strong> Eröffnungsantrags grob einschätzen können, ob es sich um ein Verfahren geringerenUmfangs handelt oder nicht. Die tatsächliche Tragweite wird sich in<strong>des</strong> erst im weiteren Verfahrenzeigen.Es wäre falsch, sich von den Bruttoeinkünften der Insolvenzverwalter blenden zu lassen. Die Erfordernissean ein hinreichend ausgestattetes Büro <strong>eines</strong> Verwalters sind immens und verursachen entsprechendeKosten. Die wenig ertragreichen Kleinverfahren, als welche sie vom DGVB reklamiert werden,werden im Rahmen einer Mischkalkulation durch größere und ertragreichere Verfahren mitfinanziert.Die Gerichtsvollzieher, die nur diese Kleinverfahren betreiben, müssten sich demnach auf ein defizitäresGeschäft einstellen.Letztlich ist nicht erkennbar, dass eine gegenüber den Insolvenzverwaltern kostengünstigere und schnellereBearbeitung von Insolvenzfällen durch Gerichtsvollzieher erfolgen könnte.4. Sequestrationen4.1 Forderung <strong>des</strong> DGVBSequestrationen sollten in den Aufgabenbereich <strong>des</strong> Gerichtsvollziehers eingegliedert werden.10


4.2 Begründung <strong>des</strong> DGVBZur Begründung wird ausgeführt, dass die Sequestration zu den ureigensten Aufgaben <strong>des</strong> Gerichtsvollziehersgehöre und eine Eingliederung dieser Aufgabe in das Gerichtsvollzieherwesen den umständlichenVorgang einer Nebenerwerbsgenehmigung durch den Dienstherrn überflüssig mache.4.3 <strong>Stellungnahme</strong> <strong>des</strong> BDIUGrundlegende Bedenken gegen die Erweiterung <strong>des</strong> Aufgabenbereichs der Gerichtsvollzieher durch dasRecht, als Sequester tätig zu sein, bestehen nicht, soweit es sich nicht um eine ausschließliche Zuständigkeitder Gerichtsvollzieher handeln soll. Auch andere Berufsgruppen führen qualifiziert Sequestrationendurch, so dass es einer (verfassungsrechtlich bedenklichen) ausschließlichen Zuweisung der Aufgabeauf die Gerichtsvollzieher nicht bedarf. Überdies wäre auch hier zu beachten, dass der Gerichtsvollzieherdie Sequestration nicht unter seiner Berufsbezeichnung ausführt (s.o. 1. zu „Abwendungsverfahren“).5. Treuhänder im Insolvenzverfahren5.1 Forderung <strong>des</strong> DGVBIn Verbraucherinsolvenzverfahren mit dem Ziel der Erlangung der Restschuldbefreiung soll der Gerichtsvollzieherals Treuhänder eingesetzt werden.5.2 Begründung <strong>des</strong> DGVBZur Begründung wird ausgeführt, dass gerade der örtlich zuständige Gerichtsvollzieher durch seine Arbeit„vor Ort" ein umfangreiches Wissen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse <strong>eines</strong>Schuldners habe, so dass der Gerichtsvollzieher nahezu prä<strong>des</strong>tiniert sei, aktiv im Insolvenzverfahrenals Treuhänder beteiligt zu werden.5.3 <strong>Stellungnahme</strong> <strong>des</strong> BDIUEs gilt zunächst das oben (3.2) <strong>zur</strong> Insolvenzverwaltung Gesagte entsprechend.Nicht von der Hand zu weisen ist, dass Kenntnisse über den Schuldner gerade in der Wohlverhaltensphasefür die Gläubiger von Bedeutung sind. Gerade die Einhaltung von Obliegenheiten, die denSchuldner in der Wohlverhaltensphase treffen, könnte durchaus von einem Gerichtsvollzieher überwachtwerden.Zu berücksichtigen bleibt in<strong>des</strong>, dass die Überwachung <strong>des</strong> Schuldners, ob dieser seine Obliegenheiteneinhält, k<strong>eines</strong>wegs die Regel im Verbraucherinsolvenzverfahren ist. Nur sehr selten wird ein Treuhänderdurch die Gläubigerversammlung entsprechend beauftragt. Insoweit wäre zu hinterfragen, ob die Übertragungnur in Ausnahmefällen auftretender Aufgaben auf den Gerichtsvollzieher logisch überhaupt einenSinn macht.Zudem ist fraglich, ob der geringe Gebührenanspruch <strong>des</strong> Treuhänders nach den Bestimmungen derInsVV geeignet ist, die eher „berufsfremde" Arbeit der Gerichtsvollzieher zu finanzieren.11


6. Beglaubigungen6.1 Forderung <strong>des</strong> DGVBNach der Privatisierung der Deutschen Bun<strong>des</strong>post, die seinerzeit als siegelführende Behörde in nennenswertemUmfang Beglaubigungen durchführte, sei in diesem Bereich ein Vakuum entstanden. Hierkönne nunmehr der Gerichtsvollzieher diesen Service für den Bürger anbieten.6.2. <strong>Stellungnahme</strong> <strong>des</strong> BDIUDer BDIU vermag nicht erkennen, dass neben den üblichen Stellen, insbesondere den Notaren,ein Bedarf für diese Erweiterung der Befugnisse der Gerichtsvollzieher besteht. Sollte einBedarf bejaht werden, bestehen keine Bedenken rechtlicher oder tatsächlicher Art, soweit hierdurchnicht die Befugnisse der Notare beschnitten werden.7. Freiwillige Versteigerungen und freihändiger Verkauf7.1 Forderung <strong>des</strong> DGVBDer Gerichtsvollzieher sollte ohne jede Einschränkung zuständig sein für freiwillige Versteigerungen undfreihändigen Verkauf für Rechnung s<strong>eines</strong> Auftraggebers.7.2 Begründung <strong>des</strong> DGVBBisher müssen Gerichtsvollzieher einen Versteigerungsauftrag ablehnen, wenn am Ort ein behördlich zugelassenerVersteigerer tätig ist. Dies sei nach Auffassung <strong>des</strong> DGVB nicht sinnvoll. Die Gerichtsvollzieherhätten als Versteigerer von Pfandgegenständen Erfahrung und einen guten Ruf.7.3 <strong>Stellungnahme</strong> <strong>des</strong> BDIUEs gilt das oben (1.) <strong>zum</strong> Abwendungsverfahren und <strong>zur</strong> Sequestration (s. oben zu 4.) im Hinblick auf dieKollision zwischen privatrechtlicher und hoheitlicher Tätigkeit Gesagte entsprechend.Auch hier stellt sich zudem die Frage, ob im Hinblick auf die Vielzahl vereidigter Versteigerer eintatsächlicher Bedarf besteht.12

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