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Testbericht aus Modellwerft

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fahrMoDelle | anDreas stach<br />

Oldtimer mit neuer Technik:<br />

»Sea Commander« von Krick<br />

Es war im März auf der Faszination Modellbau<br />

in Karlsruhe, als ein VTH-Mitarbeiter<br />

mit einem flachen Karton an meinem<br />

Messeplatz erschien. Im ersten Moment<br />

sah das mehr nach einem verpacktem Regal<br />

<strong>aus</strong> schwedischer Selbstbaumöbelproduktion<br />

<strong>aus</strong>. Aber auf dem Karton war<br />

das Farbbild einer Motorjacht abgebildet,<br />

die absolut nicht <strong>aus</strong> unserer Zeit zu sein<br />

schien. Mein neuer Testbaukasten war<br />

also eingetroffen!<br />

Ausgepackt und reingeschaut<br />

Im flachen Karton gibt es erst einmal<br />

Holzplatten ohne Ende. Die Bauteile<br />

sind <strong>aus</strong> dem qualitativ guten Holz sauber<br />

mit der CNC-Maschine <strong>aus</strong>gefräst.<br />

Dünne Stege halten die Bauteile in den<br />

Trägerplatten. Lange Vierkant- und<br />

Rechteckleisten sowie dünneres Sperrholzmaterial<br />

für Dachbeschichtung<br />

und Rumpfbeplankung liegen ebenso<br />

bei wie der komplette Antriebssatz mit<br />

Motor, Kupplung, Welle und sogar<br />

Ruderanlage. Getrennt zu erwerben<br />

ist eigentlich nur noch der Beschlagsatz.<br />

Inwieweit dieser notwendig oder<br />

sinnvoll ist, erzähle ich später.<br />

Bau des Modells<br />

Anhand des Bauplans werden die Spanten<br />

nummeriert und dann mit einem<br />

Cutter <strong>aus</strong> der Trägerplatte entfernt.<br />

Hierbei ist anzumerken, dass das verwendete<br />

Sperrholz von absoluter Spitzenqualität<br />

ist. Die Teile sind super <strong>aus</strong>-<br />

Dieses Modell einer Sea Commander<br />

stammt wohl <strong>aus</strong> den 60er Jahren, als<br />

es nur einen Plan des Modells gab<br />

gefräst und vor allem völlig verzugsfrei.<br />

Dies ist insbesondere deshalb wichtig,<br />

weil das Modell ohne jegliche Helling<br />

gebaut werden soll. Das habe ich bei<br />

einem Holzrumpf noch nie gemacht!<br />

Umso spannender ist also diese Angelegenheit<br />

für mich.<br />

Die Teile werden mit Nuten und Zapfen<br />

zusammengesteckt und verbunden.<br />

Das passt alles sehr gut und der Bau<br />

schreitet ziemlich schnell voran. Sind<br />

46 ModellWerft 9/2011


Inhalt des Baukastens<br />

erst einmal die Kabinenseitenwände<br />

eingesteckt, erreicht die Konstruktion<br />

eine erstaunliche Stabilität. Dann wird<br />

alles verleimt. Die Anleitung empfiehlt,<br />

teilweise Epoxydharz zu verwenden.<br />

Ich verleimte die gesamte Konstruktion<br />

mit wasserfestem Holzleim bei<br />

Holzmodellen immer noch das absolut<br />

Beste, vor<strong>aus</strong>gesetzt, man nimmt sich<br />

genügend Zeit, um den Kleber richtig<br />

abbinden zu lassen.<br />

Jetzt werden die Stringer am Deck<br />

und im unteren Knickbereich des<br />

Rumpfes angebracht. Hier sollen die<br />

Abachiholzeisten erst gewässert werden<br />

– ein guter Tipp, um unnötige<br />

Spannungen zu vermeiden! Die Leisten<br />

werden doppelt geklebt und natürlich<br />

immer abwechselnd, links und rechts.<br />

Erst wenn alles <strong>aus</strong>gehärtet ist, werden<br />

die Stringerleisten anhand der Rumpfkontur<br />

geschliffen. Hier ist wichtig,<br />

dass der Verlauf mit den Rumpfkonturen<br />

strakt! Dann wird der zweiteilige<br />

Rumpfboden aufgeleimt. Auch hier ist<br />

es hilfreich, die Sperrholzplatten im<br />

Bugbereich vorher zu wässern. Dann<br />

geht das Anpassen erheblich leichter<br />

von der Hand. Das gleiche gilt beim<br />

Aufbringen der Seitenbeplankung.<br />

Hier ist etwas Anpassungsarbeit nötig,<br />

ein Minihobel leistet dabei gute Arbeit.<br />

Ein einziger konstruktiver Fehler ist<br />

hier aber noch zu erwähnen. Ist das<br />

Bugband (Teil Nr. 8) verklebt und die<br />

Beplankung aufgebracht, kann man<br />

den Bugbereich vor dem ersten Spant<br />

nicht mehr erreichen. Hier kann also<br />

keine Innenbeschichtung mehr durchgeführt<br />

werden. Abhilfe schaffen zwei<br />

Löcher, die in Bauteil 8 gefräst werden.<br />

Durch diese kann Harz in den<br />

vorderen Rumpfbereich gelangen und<br />

ihn versiegeln.<br />

ModellWerft 9/2011<br />

Einbauten<br />

Nach dem Beplanken des Rumpfs<br />

wird die beiliegende 4-mm-Welle mit<br />

Stevenrohr eingebaut. Der Einbauort<br />

für Welle und Rohr ist im Kiel bereits<br />

vorgegeben. Stege können <strong>aus</strong> der vorgesehenen<br />

Führung mit Bohrer und<br />

Feile relativ leicht entfernt und das<br />

Stevenrohr eingeschoben werden. Die<br />

Welle ist übrigens auf beiden Seiten mit<br />

Gewinden <strong>aus</strong>gerüstet. Die beiliegende,<br />

sehr gute Kupplung hat eine Gewindeseite<br />

und eine Bohrungsseite, die zum<br />

Motor passt. Auch der Motor, 750er<br />

Typ, liegt bei. So ist das Ausrichten der<br />

Welle und das anschließende Verkleben<br />

keine große Sache.<br />

solide und präzise: Das spantgerüst ohne ...<br />

... und mit eingesteckten seitenteilen<br />

fahrmodelle | andreas stach<br />

Vor dem Versiegeln des Innenraums<br />

werden die Antriebskomponenten wieder<br />

entfernt. In dieser Art wird auch<br />

mit der Ruderanlage verfahren. Diese<br />

besteht <strong>aus</strong> einem Messingruderblatt<br />

mit Schaft und einem Kunststoffkoker.<br />

Der Koker ist mit einem Außengewinde<br />

versehen und wird mit einer Mutter im<br />

Rumpf verschraubt. Bevor die Decksteile<br />

aufgeklebt werden, sollte nun der<br />

Rumpf im Inneren vor Feuchtigkeit<br />

geschützt werden, zum Beispiel mit G4.<br />

Deck und Aufbauten<br />

Die Montage des Decks ist dann recht<br />

zügig erledigt, da kaum Anpassungsarbeiten<br />

nötig sind. Danach wird das <strong>aus</strong><br />

� Der optional<br />

erhältliche Beschlagsatz<br />

47


fahrMoDelle | anDreas stach<br />

� fertig lackiert<br />

im studio<br />

� testfahrt wie<br />

immer auf dem<br />

rhein<br />

zwei Teilen bestehende vordere Dach<br />

aufgeleimt. Auch hier sollten die Teile<br />

vorher gewässert werden, denn die<br />

Krümmung ist im vorderen Bereich<br />

recht groß. Aber Achtung: Es besteht<br />

die Gefahr, dass sich die Teile verziehen.<br />

Das stellte ich jedenfalls später an<br />

meinem Kajütdach fest. Also alle Teile<br />

gut fixieren, bis das Dach vollständig<br />

getrocknet ist.<br />

Sind alle festen Teile montiert, kann<br />

die Oberfläche verschliffen und mit G4<br />

versiegelt werden. Auf die umlaufenden<br />

Scheuerleisten und die Fußreling habe<br />

ich verzichtet. Hier wurden blaue Zierstreifen<br />

angebracht. Die Handläufe auf<br />

den Dächern wurden separat lackiert<br />

und mittels Messingstiften befestigt.<br />

Wem die Baukastenvariante etwas zu<br />

rustikal ist, der sollte hier Messing-<br />

Rundmaterial verwenden.<br />

Ausrüstungsdetails<br />

Somit wären wir auch schon mitten in<br />

der End<strong>aus</strong>rüstung. Der für ca. 45 Euro<br />

zusätzlich zu erwerbende Beschlagsatz<br />

beinhaltet vier Klampen und Doppelpoller,<br />

ein Horn, einen Anker, ein<br />

Steuerrad, ein Instrumentenbrett, zwei<br />

Positionslampen nebst Leuchtmittel<br />

und zwei Flaggenhalter. Die Ausführung<br />

schwankt qualitativ erheblich.<br />

Das Steuerrad, die Instrumententafel,<br />

die Lippen und die Poller bestehen wie<br />

Der beplankte rumpf mit dem zum Versiegeln geöffneten Bugbereich<br />

Das rohbaufertige Modell der Sea Commander<br />

so oft bei englischen Baukästen <strong>aus</strong> relativ<br />

weichem Metallguss. Sie müssen<br />

entgratet und geschliffen werden. Die<br />

beiden Positionslampenborde sind<br />

<strong>aus</strong> vernickeltem Blech. Ob man da<br />

vielleicht auf höherwertiges <strong>aus</strong> dem<br />

Zubehör zurückgreift, bleibt also jedem<br />

selbst überlassen. Ich würde das<br />

allerdings vorziehen.<br />

Die Jacht im Fahrbetrieb<br />

Für den beiliegenden Motor sind die<br />

Daten in der Bauanleitung zu finden.<br />

Ob diese aber korrekt sind, wage ich<br />

zu bezweifeln. Für die ersten Fahrtests<br />

im Gartenbecken wurde er jedenfalls<br />

mit 12 Volt <strong>aus</strong> zehn 3000er Zellen<br />

versorgt. Hierbei passten die vorhandenen<br />

Akkupacks hervorragend neben<br />

den Motor in dort vorgefertigt befindliche<br />

Fächer. Der Baukastenpropeller<br />

(45-mm-Zweiblatt) kam ebenfalls zum<br />

Einsatz. Geregelt wurde das Ganze mit<br />

einem Steller von Simprop, die RC-<br />

Technik stammt von Spektrum.<br />

48 ModellWerft 9/2011


Blick in die Plicht Der technikeinbau<br />

Bedingt durch das kleine Becken waren<br />

nur sehr kurze Gasstöße möglich.<br />

Diese überforderten den Regler, der<br />

prompt abrauchte. Der beiliegende<br />

Motor gehört wohl doch eher in die<br />

Abteilung der Stromfresser und wurde<br />

deshalb für die Fahrbilder gegen einen<br />

720er Torgue <strong>aus</strong>get<strong>aus</strong>cht. Auch der<br />

Propeller wurde gewechselt und durch<br />

einen 50-mm-Propeller ersetzt.<br />

Das Fahrbild und vor allem die Geräuschentwicklung<br />

entsprechen nun<br />

eher denen eines Oldtimers. Die Fahreigenschaften<br />

der Motorjacht sind<br />

hervorragend: stabiler Gerade<strong>aus</strong>lauf<br />

und gute Wendigkeit. Bei Schlechtwetterfahrten<br />

kann allerdings die offene<br />

Plicht problematisch werden. Hier<br />

kann das überkommende Wasser nur in<br />

den Rumpf ablaufen. Für die Schnellfahrer<br />

ist eine andere Motorisierung bis<br />

hin zum modernen Brushless-Antrieb<br />

absolut kein Problem. Platz für Motoren-<br />

und Akkuexperimente ist reichlich<br />

vorhanden. Dann sollte man sich<br />

allerdings auch über die Befestigung<br />

der Dachteile kümmern. Die könnten<br />

sonst abhandenkommen.<br />

ModellWerft 9/2011<br />

Fazit<br />

Wer mal wieder Spaß am Holzmodellbau<br />

haben will, kann sich auf dieses<br />

Modell freuen. Die Qualität der sauber<br />

gefrästen Holzteile ist über jeden<br />

Zweifel erhaben. Auch der Aufbau<br />

ohne Helling ist schlüssig und völlig<br />

verzugsfrei zu bewerkstelligen. Das An-<br />

Die schmucke Jacht im „hafenbecken“<br />

fahrmodelle | andreas stach<br />

passen der großen Beplankungsteile ist<br />

allerdings ein bisschen trickreich.<br />

Dem englischen Baukasten liegt eine<br />

gute deutsche Übersetzung bei. An<br />

einigen Stellen ist dies schon sehr hilfreich.<br />

Ansonsten verläuft die Montage<br />

völlig problemlos. Ein Konstruktionsmangel<br />

ist die fehlende Befestigung<br />

der Aufbaudächer sowie die fehlende<br />

Abdichtung der Plicht. In dieser<br />

mangelt es auch an Ausrüstung. Das<br />

Steuerrad und die rudimentäre Instrumentenkonsole<br />

reichen bei weitem<br />

nicht <strong>aus</strong>. Steuerstuhl, Haltegriffe,<br />

Niedergangtür etc. sollten auf jeden<br />

Fall vom Modellbauer nachgerüstet<br />

werden. Schmückend wären vielleicht<br />

auch ein paar Echtholzbeplankungen.<br />

Es bleiben also jede Menge Möglichkeiten,<br />

ein individuelles Modell der<br />

Sea Commander zu erstellen. Die reine<br />

Bauzeit für das Modell betrug ca.<br />

45 Sunden!<br />

49

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