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teilig wirken sich nämlich Fettdepots im Bauchraum und<br />
an den inneren Organen aus, da diese leicht zu Fettstoffwechselstörungen<br />
und Diabetes führen.<br />
Geht man den Ursachen von Adipositas auf die Spur, stößt<br />
man auf eine Vielfalt an Möglichkeiten, die nicht selten<br />
auch noch zusammenwirken. „Multifaktoriell“, nennt Margit<br />
Küllmer das Phänomen. Die Diplom-Pädagogin ist Mitgründerin<br />
des Vereins „Balance – Beratung und Therapie<br />
bei EssStörungen e.V.“, einer ambulanten Facheinrichtung<br />
im Frankfurter Ostend. „Essstörungen“, sagt Frau Küllmer,<br />
„sind eine psychosomatische Reaktion auf biografische und<br />
schwierige aktuelle Lebensumstände.“ Übergewicht könne<br />
sowohl genetisch bedingt sein als auch durch ungünstige<br />
Ernährungsgewohnheiten, Bewegungsmangel und einen<br />
inaktiven Lebensstil, psychosoziale Ursachen wie akute<br />
oder chronische Belastungssituationen oder endokrine<br />
Erkrankungen hervorgerufen werden. Die Einnahme von<br />
Medikamenten wie Antidepressiva, Neuroleptika oder Betablocker<br />
kann auch zu Übergewicht führen.<br />
Besorgnis erregend ist für das kleine Team von Balance<br />
e.V., dem neben Margit Küllmer noch die Diplom-Pädagogin<br />
Jutta Kolletzki und die Diplom-Ökotrophologin (Ernährungswissenschaftlerin)<br />
Sylvia Becker-Pröbstel angehören,<br />
die Zunahme von Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht.<br />
Nach der im Jahr 2006 veröffentlichten bundesweiten<br />
Kinder- und Jugendgesundheitsstudie des Robert-<br />
Koch-Instituts sind 15% der Kinder und Jugendlichen im<br />
Alter von 3 -17 Jahren übergewichtig und 6,3% leiden<br />
unter Adipositas. Ein höheres Risiko für Übergewicht und<br />
Adipositas besteht bei Kindern aus sozial benachteiligten<br />
Schichten und bei Kindern mit Migrationshintergrund.<br />
So richtet sich auch ein Großteil des Beratungs- und Therapieangebots<br />
an übergewichtige Kinder und Jugendliche<br />
sowie deren Eltern. Angeboten werden Einzelberatungen,<br />
Informationsnachmittage, Elternabende und eine Kochgruppe<br />
für „starke Jungs“. Für die Zielgruppe der 13- bis<br />
16-jährigen Mädchen bietet der Verein eine Halbjahrsgruppe<br />
an. Nach dem Motto „Runter vom Sofa und zusammen<br />
leichter werden“ sprechen die Mädchen über<br />
ihre Probleme rund um das Übergewicht und erarbeiten<br />
aktiv Lösungsmöglichkeiten. Sie erhalten Ernährungsberatung<br />
und können beim Ausprobieren verschiedener neuer<br />
Sportarten Spaß an der Bewegung entdecken. Die intensive<br />
Arbeit mit adipösen Kindern ist auch deshalb so wichtig,<br />
Titel<br />
weil erfahrungsgemäß zwischen 60 und 80 Prozent der<br />
übergewichtigen Kinder auch im Erwachsenenalter ein<br />
deutliches Übergewicht aufweisen.<br />
Unbestritten haben viele Zivilisationskrankheiten einen<br />
direkten Zusammenhang mit der Adipositas. Übergewicht<br />
kann zu Folgeerkrankungen wie Diabetes, Herzinfarkt,<br />
Stoffwechselstörungen und Krebs führen. Ernsthafte<br />
Schäden am Stütz- und Bewegungsapparat (u.a. Gelenk-,<br />
Bänder- und Muskelschäden) beeinträchtigen häufig die<br />
Lebensqualität. Auch die seelischen Folgen der Adipositas<br />
können gravierend sein. Gesellschaftlich häufig nicht<br />
toleriert, fühlen sich die Betroffenen als Versager und<br />
Außenseiter, besonders in Schule und Beruf.<br />
SIND DICKE NUR ZU FAUL ZUM<br />
ABNEHMEN? ODER IST DICKSEIN UN-<br />
WEIGERLICH EIN ÄUSSERES ANZEICHEN<br />
EINER KÖRPERLICHEN KRANKHEIT ODER<br />
EINES PSYCHISCHEN DEFEKTS?<br />
Die meisten adipösen Menschen versuchen einmal oder<br />
mehrmals im Leben, ihr Gewicht zu reduzieren. Ärzte raten<br />
in solchen Situationen gerne, Ernährungsberater mit einzubeziehen.<br />
Ein Ratschlag, der die volle Zustimmung von<br />
Balance e.V. findet. Doch viele Patienten, die aus eigener<br />
Kraft oder mit Hilfe von diversen Gruppenprogrammen eine<br />
Diät erfolgreich hinter sich gebracht haben, sind später<br />
enttäuscht, wenn sie ihr verringertes Gewicht anschließend<br />
nicht halten können. „Hier sind wir gefordert, den<br />
Patienten zu vermitteln, dass Diäten nicht ein Allheilmittel<br />
sein können“, betont Margit Küllmer. „Eine Ernährungsumstellung<br />
in Verbindung mit einem aktiven Lebensstil<br />
muss für das gesamte weitere Leben andauern.“ Eine<br />
Eigenverantwortung dahingehend zu übernehmen, falle<br />
allerdings übergewichtigen Menschen besonders schwer.<br />
Sind irgendwann alle konventionellen Therapien wie Diät,<br />
Bewegungstherapie und Psychotherapie ausgeschöpft und<br />
haben zu keinem beständigen Erfolg geführt, bleibt als<br />
letzter Ausweg bei adipösen Patienten Grad III (Adipositas<br />
per magna) häufig nur noch die Adipositaschirurgie –<br />
insbesondere das Magenband. Mit Hilfe eines elastischen<br />
Silikonbandes, das den Magen quasi in zwei Abschnitte<br />
teilt, soll die Nahrungsaufnahme begrenzt und die<br />
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