28.11.2012 Aufrufe

05. Essay Benetton zur Ausgabe

05. Essay Benetton zur Ausgabe

05. Essay Benetton zur Ausgabe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Universität Karlsruhe (TH)<br />

Institut für Literaturwissenschaft<br />

Vorlesung Mediengeschichte<br />

(WS 2005/ 2006)<br />

Prof. Dr. A. Böhn<br />

Carmen Metzler<br />

Germanistik (HF)/ Philosophie (NF); BA<br />

1. Semester<br />

Ethik in den Medien<br />

am Beispiel der<br />

<strong>Benetton</strong>-Werbung.


Inhaltsverzeichnis:<br />

1 EINLEITUNG..............................................................................................................1<br />

2 WERBEFORM DES UNTERNEHMEN BENETTON..............................................2<br />

3 RECHTLICHE VERHÄLTNISSE..............................................................................2<br />

4 DIE KAMPAGNE........................................................................................................3<br />

4.1 IDEE, INHALTE UND ZIEL..........................................................................................3<br />

4.2 BEISPIELE................................................................................................................4<br />

4.2.1 „H.I.V. positive“.............................................................................................4<br />

4.2.2 Krieg und Gewalt............................................................................................6<br />

4.2.3 Umweltverschmutzung „ölverschmierte Ente“................................................7<br />

5 FAZIT...........................................................................................................................8<br />

6 LITERATUR................................................................................................................9


1 Einleitung<br />

Werbung gehört zu unserem Leben wie das Amen in der Kirche. Es gibt kaum einen Platz wo<br />

Werbung sich nicht eingenistet hat. Egal wohin wir schauen und was wir machen – die<br />

Werbung ist immer präsent. Es gibt sie überall, sie drängt sich ohne unser Wissen und unsere<br />

Zustimmung in jeden Bereich unseres Lebens ein. Sie will uns für sich gewinnen, überreden,<br />

manipulieren. Es gibt sie im Sport, im Radio, im Kino, im Fernsehen, im Internet, auf<br />

Plakaten, auf Autos und Bussen- ja wo denn eigentlich nicht? Wir können uns ihr nicht<br />

entziehen. Werbung ist Teil unseres Lebens. Sie trägt zu unserer Persönlichkeit bei, unseren<br />

Werte- und Moralvorstellungen, sie zeigt uns wie eine glückliche Familie funktioniert und<br />

wie man ein glückliches Leben führt. Werbung steht uns immer mit Rat und Tat <strong>zur</strong> Seite, sie<br />

kann uns immer sagen, was die richtige Entscheidung ist. Doch bei so viel Werbung, so vielen<br />

Sinneseindrücken gestaltet es sich für die Werbung immer schwieriger uns tatsächlich für sich<br />

zu gewinnen. Die Reizüberflutung hat dazu geführt, dass Werbung akzeptiert wurde aber an<br />

sich nicht bemerkenswert ist. Wir schauen hin, denken dabei nichts und haben sie auch schon<br />

wieder vergessen. Für die meisten Leute ist die Werbepause im Fernsehen sowieso schon<br />

längst <strong>zur</strong> Pinkelpause mutiert. Wir machen es den Werbeleuten tatsächlich alles andere als<br />

leicht. Selbst ausgefeilte Marketingstrategien scheitern oftmals. Die Gesellschaft stumpft<br />

immer mehr ab gegenüber den immer wiederkehrenden und gähnend langweiligen Motiven<br />

der Werbung. Und das wo Werbung immer teurer wird. Man muss sich schon was einfallen<br />

lassen damit Werbung im Gedächtnis bleibt. Es muss etwas sein, das die Menschen ergreift.<br />

Es muss etwas sein, das man nicht jeden Tag sieht. Es muss herausstechen aus der breiten<br />

Masse der bunten und johlenden Werbungen. Doch wie ist das angesichts unserer<br />

Abgestumpftheit und Immunität gegenüber „normaler“ Werbung möglich? Werbung zielt auf<br />

unsere Psyche, unsere Gefühle ab. Dazu gibt es eigene Studien, ja sogar Studiengänge. Wenn<br />

Werbung also auf unsere Gefühle abzielt und durch die Zurschaustellung der heilen und<br />

vollkommenen Welt, also unserer positiven Gefühle, nichts mehr erreichen kann, muss diese<br />

Schwelle überschritten werden. Es muss ein noch stärkeres Gefühl provoziert werden. Neben<br />

den „positiven“ Gefühlen gibt es schließlich auch noch die „negativen“ wie Angst, Trauer,<br />

Mitleid. Doch ist es legitim, ist es in Ordnung wenn Werbung unsere negativen Gefühle für<br />

ihre Werbezwecke missbraucht? Darf man die ängstliche Psyche in den Konsum treiben? Ist<br />

dies nicht menschenunwürdig?<br />

Carmen Metzler Seite 1 von 9 02.04.2006


Es gab einige wenige die genau dies zu ihrer Marketingstrategie gemacht haben .Am<br />

bekanntesten ist sicherlich das Unternehmen <strong>Benetton</strong>, das durch seine “Realität“ -<br />

Werbekampagne auf der ganzen Welt heftige Reaktionen auslöste. Dass Menschen sozusagen<br />

Marionetten der Werbewelt sind wissen wir schon länger und das haben wir auch akzeptiert.<br />

Was aber wenn sie das auf Kosten unserer Ängste macht? Darf Werbung so weit gehen? Und<br />

wie weit darf sie überhaupt gehen? Wo ist die Grenze und wer bestimmt sie?<br />

Im Folgenden soll dies am Beispiel der <strong>Benetton</strong>- Werbekampagne erörtert werden. Es soll<br />

diskutiert werden, was hinter der <strong>Benetton</strong>-Werbung steckt. Dabei wird anhand einzelner<br />

Beispiele vorgegangen. Zeigt <strong>Benetton</strong> Verantwortung für Weltpolitik oder wird das Leid<br />

anderer Menschen benutzt um den Umsatz zu steigern? Ist die <strong>Benetton</strong> Werbekampagne nun<br />

unmoralisch oder vielleicht doch eher ein Appell an die Moral?<br />

2 Werbeform des Unternehmen <strong>Benetton</strong><br />

Die <strong>Benetton</strong>- Werbung ist dem Bereich der Image- Werbung bzw. der<br />

Aufmerksamkeitswerbung zuzuordnen. Oftmals wird in Bezug auf die Werbekampagnen<br />

auch von „Schockwerbung“ 1 gesprochen, da <strong>Benetton</strong> nicht wie üblich positive Gefühle beim<br />

Konsumenten hervorruft, sondern die negativen Gefühle anspricht. Auch zeigt <strong>Benetton</strong><br />

Merkmale der Aufmerksamkeitswerbung auf, da auf den Plakaten nicht mit Produkten also<br />

mit Kleidungsstücken geworben wird. Die Botschaft der Werbung steht im Vordergrund, der<br />

Bezug zu den Produkten fehlt. Die Werbung gibt dem Konsumenten keine Sachinformationen<br />

zu der Produktpalette oder zu dem Unternehmen <strong>Benetton</strong>. Die Image- Werbung betrifft im<br />

Falle der <strong>Benetton</strong>- Kampagne rein das Unternehmens- Image, nicht das der Produkte. Auf<br />

den Werbeplakaten wird nur auf das Unternehmen mit dem Logo „United Colors Of<br />

<strong>Benetton</strong>“ hingewiesen.<br />

3 Rechtliche Verhältnisse<br />

Da oftmals behauptet wurde, die <strong>Benetton</strong>- Kampagne verstoße gegen die „guten Sitten“,<br />

sollte erst einmal geklärt werden, was man juristisch überhaupt darunter versteht. Das<br />

zuständige Gesetz ist in diesem Fall das UWG (Das Gesetz gegen den unlauteren<br />

Wettbewerb).In Bezug auf die <strong>Benetton</strong>- Kampagne ist besonders der § 1 des UWG<br />

nennenswert. Dieser lautet:<br />

§ 1 UWG – Verbot sittenwidrigen Wettbewerbsverhaltens<br />

1 Sevecke, Torsten. Wettbewerbsrecht und Kommunikationsrechte, 1997, S.41.<br />

Carmen Metzler Seite 2 von 9 02.04.2006


Wer im geschäftlichen Verkehre zu Zwecken des Wettbewerbes Handlungen vornimmt, die<br />

gegen die guten Sitten verstoßen, kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch<br />

genommen werden.<br />

4 Die Kampagne<br />

4.1 Idee, Inhalte und Ziel<br />

Obwohl das Geschäft sehr gut lief war <strong>Benetton</strong> nicht sehr bekannt. Es gestaltete sich<br />

schwierig die geeignete Werbung für die vielen verschieden Nationalitäten und Kulturen zu<br />

finden. Individuelle Werbung für jedes einzelne Land zu machen wäre sehr teuer gewesen. Es<br />

musste etwas sein, das alle Völker der Welt ansprach. Im Jahr 1984 lernten sich dann<br />

schließlich Luciano <strong>Benetton</strong> und der begabte Fotograf Oliviero Toscani kennen. Toscani<br />

sagte über <strong>Benetton</strong>: „Der Konzern macht einen Fehler. Er gibt sich als ganz gewöhnliche<br />

Strickwarenfirma. <strong>Benetton</strong> sollte der Welt klar machen, dass hinter und über diesen<br />

Kleidungsstücken eine ganz neue Lebens und Denkart steht.“ 2 Luciano <strong>Benetton</strong> wollte mit<br />

Toscani zusammenarbeiten. Er sagte: „Wenn du mal Zeit hättest, Oliviero- wir brauchen ein<br />

globales Image.“ 3<br />

Und so wurde noch im selben Jahr die Werbekampagne mit dem Slogan „All the colors in the<br />

world“ weltweit publiziert. Es war eine Kampagne gegen Rassismus und zeigte<br />

beispielsweise lachende Kinder verschiedener Nationalitäten auf einem Plakat. Ein weiteres<br />

Bild zeigte eine schwarze Frau, die ein weißes Kind stillt. Schon bei dieser Kampagne blieben<br />

die Reaktionen nicht aus. In Amerika wurde das Bild mit der schwarzen Frau und dem weißen<br />

Baby als rassistisch empfunden da es die Sklaverei verkörpert (die schwarze Amme und das<br />

weiße Baby).<br />

Dies sollte aber nicht die letzte Kampagne sein. Toscani ging noch sehr viel weiter. So<br />

startete er Anfang der 90er zusammen mit dem italienischen Textilunternehmen <strong>Benetton</strong><br />

seine außergewöhnliche Werbekampagne, die noch heftige Diskussionen auslösen sollte. Im<br />

Gegensatz zu der „herkömmlichen“ Werbung, die uns durch Kauf ihrer Produkte ein<br />

glückliches Leben, Reichtum, ewige Jugend und Schönheit verspricht, wählte <strong>Benetton</strong>s<br />

Fotograf, Oliviero Toscani, bewusst Motive der brutalen Realität. Auf riesigen Plakaten<br />

sprang den Menschen die nackte Wahrheit des Elends der Welt wie Aids, Gewalt, Krieg und<br />

Umweltverschmutzung ins Auge. Dabei, so schien es, schrecke der Fotograf vor nichts<br />

<strong>zur</strong>ück. Unverhohlen bildete er auf 4x3 und 6x3 riesigen Plakatwänden beispielsweise eine<br />

2 Mantle, Jonathan. <strong>Benetton</strong>. Vom Familienbetrieb zum Weltimperium, 2000, S. 128.<br />

3 Mantle, Jonathan. <strong>Benetton</strong>. Vom Familienbetrieb zum Weltimperium, 2000, S.148.<br />

Carmen Metzler Seite 3 von 9 02.04.2006


ölverschmierte Ente, einen Aids Kranken der im Kreise seiner Familie dem Tod ins Gesicht<br />

schaut und die blutverschmierte Kleidung eines Bosnien Kämpfers ab. Überall hingen diese<br />

schockierenden Bilder: an Hauswänden, auf der Straße, in U-Bahnen usw. Niemand konnte<br />

sich diesen Bildern entziehen.<br />

Die Reaktionen auf diese Werbekampagne fielen sehr unterschiedlich aus. Es gab – und gibt<br />

heute noch – harte Gegner, die gerichtlich Verbote für solch unmoralisch Art zu werben<br />

erreichen wollten bis hin zu starken Befürwortern die es gut fanden, dass endlich jemand den<br />

Mut hatte sich für Weltpolitik zu engagieren.<br />

Zweifellos kann man die Werbekampagne der Firma <strong>Benetton</strong> von zwei Standpunkten aus<br />

betrachten. Wahrscheinlich würden die meisten Menschen es für unmoralisch und zynisch<br />

halten wenn <strong>Benetton</strong> mit dem Elend der Welt und dem Leid anderer Menschen Geschäfte<br />

machen will. Befürworter dieser Kampagne behaupten, die Werbung bewirkt etwas, sie rüttelt<br />

die Menschen auf, bringt sie dazu nachzudenken und sich zu engagieren. Und was meint<br />

<strong>Benetton</strong> selbst zu seiner Werbekampagne? Das erfolgreiche Textilunternehmen selbst betont,<br />

dass nicht das Produkt im Vordergrund stehe, sondern Themen und Tabus die die ganze<br />

Gesellschaft etwas angehen.<br />

Toscani äußerte sich hierzu folgendermaßen: „Ich mache keine Produktwerbung, ich sage<br />

nicht, unsere Ware ist besser als die der Konkurrenz, ich benutze Werbung als<br />

Kommunikationsmittel, um Leute anzusprechen. Und wenn man sie anspricht, bringt man sie<br />

zum Nachdenken. Wenn über eine Firma nachgedacht wird, dann werden auch deren<br />

Produkte vielleicht nicht für intelligenter, aber auf jeden Fall für interessanter gehalten als die<br />

der Konkurrenz.“ 4<br />

4.2 Beispiele<br />

4.2.1 „H.I.V. positive“<br />

Das erste Bild (Februar 1992) der Anti- Aids Kampagne zeigte den jungen Aids- Kranken<br />

David Kirby, der inmitten seiner liebevollen Familie dem Tod ins Auge blickt. Es ist ein sehr<br />

emotionales, schockierendes Bild, das wohl an niemanden spurlos vorüberging. Nie zuvor<br />

wurde der Öffentlichkeit das Ausmaß dieser schrecklichen Krankheit so ins Gedächtnis<br />

4 Vgl.: W+V werben und verkaufen vom 18.12.1992<br />

Carmen Metzler Seite 4 von 9 02.04.2006


eingebrannt. Das Foto zeigt nicht nur die nackte Realität dieser hoffnungslosen Krankheit, es<br />

strahlt gleichzeitig auch sehr viel Liebe und Wärme aus .Es zeigt eine Familie, die ihren Sohn<br />

und Bruder trotz seiner Krankheit und seines Aussehens nicht von sich stößt. Sie stehen ihm<br />

bei, nehmen ihn in den Arm. Es ist das erste Bild das zeigt, dass Aids- Kranke auch Teil<br />

unserer Gesellschaft sind, was Anfang der 90er Jahre alles andere als selbstverständlich war<br />

angesichts der vielen Gerüchte und Schaudermärchen die damals noch kursierten. Die<br />

Menschen konnten mit dieser noch neuartigen und brutalen Krankheit nicht umgehen. Die<br />

Angst sich mit der Krankheit anzustecken oder auch nur in irgendeiner Weise was damit zu<br />

tun haben führte dazu, dass HIV-Infizierte regelrecht von der Gesellschaft ausgestoßen<br />

wurden. Oliviero Toscani hatte die Leute mit dieser Aufnahme mitten ins Herz getroffen.<br />

Natürlich machte sich dies auch in der Gesellschaft bemerkbar. Es entfachten heftige<br />

Diskussionen. Verletzt es nicht die menschliche Würde des sterbenden David Kirby ihn bei<br />

seinen letzten Atemzügen zu fotografieren um danach die Hauswände damit zu plakatieren?<br />

Verletzt dies nicht die Würde aller HIV-Infizierten? Wie fühlen sie sich wenn sie das Bild in<br />

den Straßen hängen sehen? Ist es nicht geschmacklos mit dem Leid, dem Tod dieses jungen<br />

Mannes Geschäfte zu machen? Kaufen die Menschen aus Rührung <strong>Benetton</strong>- Pullover? Ist<br />

dies aber letztendlich nicht egal wenn es dazu beiträgt die Menschen über diese Krankheit<br />

aufzuklären und sie dazu bringt sich mit diesem Thema auseinander zusetzten? Was ist<br />

schlimmer für einen Aids- Kranken; aus der Gesellschaft verbannt zu werden und keinerlei<br />

Freunde mehr zu haben oder das Plakat zu sehen?<br />

Ein Reporter fragte den Vater Davids warum er seine Zustimmung für die Veröffentlichung<br />

dieses Bildes gab. Er antwortete darauf: „Zu seinen Lebzeiten hat mein Sohn darum<br />

gekämpft, dass die ganze Welt über Aids und Mittel <strong>zur</strong> Vorsorge aufgeklärt wird. Dank<br />

dieses erschreckenden Fotos und der internationalen Plakat- Kampagne spricht er mit lauter<br />

Stimme. Wir haben uns der Macht und der Popularität <strong>Benetton</strong>s bedient, damit die<br />

Öffentlichkeit aller Länder diese fürchterliche und unbekannte Krankheit, der niemand ins<br />

Gesicht zu schauen wagt, endlich <strong>zur</strong> Kenntnis nimmt und darüber spricht.“ 5<br />

Die im September 1993 veröffentlichte Werbekampagne gegen Aids löste heftige Reaktionen<br />

aus. Es handelte sich hierbei um eine Reihe von Plakaten mit drei verschiedenen<br />

Motiven(Unterleib, Arm und Po) die jedoch eines gemeinsam haben: bei allen ist in die Haut<br />

5 Toscani. Die Werbung ist ein lächelndes Aas, 1996, Seite 64/ 65<br />

Carmen Metzler Seite 5 von 9 02.04.2006


der Schriftzug „H:I:V: positive“ tätowiert. <strong>Benetton</strong> wollte mit diesen Bildern gegen die<br />

Ausgrenzung von HIV-Infizierten vorgehen. Die Meinungen gingen auseinander wie bei<br />

keiner anderen Kampagne zuvor.<br />

Die Gegner dieser Kampagne verglichen die Tätowierung mit der Häftlingsnummer der Juden<br />

und Regimegegner zu Zeiten des NS- Regimes. Die Plakate wurden als geschmacklos<br />

empfunden da sie die Würde der HIV- Infizierten mit Füßen trete und sie als gebrandmarkt<br />

darstelle. Es kam des Weiteren der Vorwurf auf die Firma <strong>Benetton</strong> würde diese Menschen zu<br />

niederen Zwecken missbrauchen. Diese Vorwürfe gingen bis vor das<br />

Bundesverfassungsgericht Karlsruhe. Die Richter entschieden gegen <strong>Benetton</strong>: "Wer Gefühle<br />

des Mitleids in so intensiver Weise wie in den beanstandeten Anzeigen zu kommerziellen<br />

Zwecken ausnutzt, handelt wettbewerbswidrig." (AZ.: I ZR 110). Der BGH folgte dem<br />

Spruch des Landgerichts Frankfurt/Main, wonach die Schockwerbung nicht mehr plakatiert<br />

und gedruckt werden darf.“ 6<br />

Trotz des Urteils gab es auch starke Befürworter der Kampagne. So nutzten beispielsweise die<br />

Niederlande und Japan die Plakate zu Aufklärungszwecken.<br />

4.2.2 Krieg und Gewalt<br />

Das Thema Krieg und Gewalt tauchte immer wieder in der <strong>Benetton</strong>-Kampagne auf.<br />

Anlässlich des Golfkrieges veröffentlichte <strong>Benetton</strong> das Foto von dem Friedhof in Chemin<br />

des Dames. Dies liegt in der Nähe von Paris. Es handelt sich hierbei um einen Friedhof auf<br />

dem ausschließlich Kriegsgefallene begraben sind, es ist ein Ehrenfriedhof. <strong>Benetton</strong> wollte<br />

mit diesem starken Bild den Menschen die Folgen und vor allem die Sinnlosigkeit des<br />

Krieges vor Augen führen.<br />

Ein Jahr später, im Februar 1992 greift <strong>Benetton</strong> erneut das Thema Gewalt auf. Es wird das<br />

Foto eines schwarzen Soldaten veröffentlicht. Er wurde von hinten fotografiert und hat eine<br />

Kalaschnikow über seinen Schultern hängen. In seinen Händen hält er einen menschlichen<br />

Oberschenkelknochen .Mit diesem einzigen Bild hat <strong>Benetton</strong> zugleich mehrere Themen<br />

angesprochen: Kolonialismus, Armut und Rassismus. Es zeigt wohin Gewalt und Rassismus<br />

führt- zu Gewalt. Bei diesem Foto wurden Stimmen laut die behaupteten das Foto sei<br />

rassistisch da ausgerechnet ein dunkelhäutiger Soldat abgebildet war. Dagegen meinte<br />

6 Die Welt, 7.7. 1995, Seite 1.<br />

Carmen Metzler Seite 6 von 9 02.04.2006


<strong>Benetton</strong> sie wollten lediglich die oben genannten Probleme ansprechen. Wie so oft- ist es<br />

hier wohl eine Frage der Sichtweise, der Interpretation. Interessant bei diesem Foto ist, dass<br />

nicht Toscani selbst es aufgenommen hat sondern dass er es nur auf Plakate gebracht hat. Es<br />

war zuvor lediglich ein „ganz normales“ Nachrichtenfoto.<br />

Das wohl emotionalste, schockierende und traurige Bild zugleich zu diesem Thema ist das im<br />

Februar 1994 publizierte Foto der blutdurchtränkten Kleidung des jungen Mannes Marinko<br />

Gagro. Es handelt sich hierbei um einen jungen Mann der in dem Krieg des früheren<br />

Jugoslawien erschossen wurde. Die Tatsache, dass es sich tatsächlich um die Kleidung<br />

handelt, die der junge Soldat bei seinem Tod getragen hat, macht die Wirkung so stark. Der<br />

Vater Marinkos hat Toscani die Kleidung seines Sohnes zukommen lassen um für den<br />

Frieden zu werben. Auf dem T-Shirt ist sogar noch das Einschussloch zu erkennen. Genauso<br />

wie das Bild von dem Soldatenfriedhof zeigt das Foto von Marinko die Konsequenzen des<br />

Krieges. Den Menschen wird vor Augen geführt, dass man im Krieg immer nur verlieren<br />

kann.<br />

Natürlich kam es auch bei dieser Kampagne zu Protesten. Es wurde als geschmacklos<br />

empfunden mit solchen Methoden Werbung zu machen, mit toten Menschen seinen Umsatz<br />

zu steigern. Ihnen die letzte Würde zu entreißen war unfassbar.<br />

4.2.3 Umweltverschmutzung „ölverschmierte Ente“<br />

Sogar zu dem Thema Umweltverschmutzung hatte die <strong>Benetton</strong> Werbe- Kampagne etwas<br />

beizutragen. Das Bild der „ölverschmutzten Ente“ fällt insofern aus der Reihe, dass es nicht<br />

eigens für die Werbe- Kampagne für <strong>Benetton</strong> geschossen wurde. Das Bild wurde so wie es<br />

<strong>Benetton</strong> im September 1992 plakatierte zuvor schon als Nachrichtenbild in Zeitungen und<br />

Zeitschriften veröffentlicht. Es ist wie jedes dieser Bilder sehr ausdruckstark jedoch<br />

hinterlässt es mehr Eindruck bei einer Plakatgröße von 6x3 Metern als nur ein kleines Foto in<br />

einem Nachrichtenmagazin.<br />

Die Plakate wurden jedoch ebenfalls wie die „H:I:V: positive“ Reihe als wettbewerbswidrig<br />

eingestuft und durften demnach auch nicht mehr öffentlich ausgehängt werden. Die<br />

Argumente für dieses Aushängeverbot waren dieselben wie bei „H:I:V. positive“ wonach es<br />

als wettbewerbswidrig eingestuft wird wenn Werbung erhöhte Aufmerksamkeit seitens des<br />

Konsumenten auslöst indem sie ihn schockiert und damit verbundene Gefühle wie Mitleid,<br />

Carmen Metzler Seite 7 von 9 02.04.2006


Ohnmacht, Entsetzen und dergleichen auslöst. Das Urteil wäre vielleicht anders ausgegangen<br />

hätte <strong>Benetton</strong> tatsächlich etwas mit Umweltschutz zu tun. Es gibt aber keinerlei Verbindung<br />

zwischen <strong>Benetton</strong> und Umweltschutz. <strong>Benetton</strong> verteidigte sich mit dem Gesetz des<br />

Meinungsäußerungsrechts.<br />

5 Fazit<br />

Die Webekampagne von <strong>Benetton</strong> wird in der Werbewelt wahrscheinlich niemals in<br />

Vergessenheit geraten und auch sicherlich nicht bei den Menschen die einst mal vor den<br />

riesigen Plakaten mit den starken Bildern standen. Es wurde viel diskutiert, viel gestritten. Es<br />

gab immer die Seite der Befürworter, die hinter der Kampagne standen, die ihr Mut machte.<br />

Und es gab immer die hartnäckige Seite der Gegner, die die Kampagne verabscheuten,<br />

aufriefen die Geschäfte zu boykottieren und sogar vor das Gericht zogen. Es gab „Kollegen“<br />

Toscanis die ihm seine Werbelizenz entziehen wollten da er den Beruf angeblich „entehre“.<br />

Nun, waren die Fotos wirklich so schlimm? Oder war die Konkurrenz nur einfach neidisch<br />

auf die Idee und die öffentliche Aufmerksamkeit die die Firma durch ihre Plakate bekommen<br />

hat. Immerhin steht <strong>Benetton</strong> jetzt mit an der Spitze der Bekanntesten Unternehmen der Welt.<br />

Die Frage ob <strong>Benetton</strong> diese Kampagne aus sozialem oder finanziellem Interesse startete weiß<br />

wahrscheinlich nur <strong>Benetton</strong> selbst. Doch ist das wirklich der Hauptpunkt dieser Kampagne?<br />

Ist es nicht wichtiger was <strong>Benetton</strong> damit erreicht hat? In Afrika wurden Plakate der<br />

Kampagne <strong>zur</strong> Aids- Aufklärung und zu Antirassistischen Zwecken genutzt. Verschwindet da<br />

das Motiv nicht hinter dem Ergebnis? Sicherlich kann niemand leugnen, dass <strong>Benetton</strong> gerade<br />

durch seine Werbekampagne seinen heutigen Bekanntheitsgrad erreicht hat. Aber man muss<br />

auch bedenken, dass die Umsätze kurzfristig <strong>zur</strong>ückgingen. Ist es aber nicht auch irgendwo<br />

falsch einem Unternehmen zu unterstellen es wolle mit dem Leid anderer Geld machen und<br />

hätte absolut keine sozialen Interessen nur weil derjenige zufällig Pullover verkauft? Ist es<br />

nicht eher lobenswert, dass jemand seine Macht für soziale Zwecke nutzt? Ist es letztendlich<br />

nicht irrelevant ob <strong>Benetton</strong> nebenbei damit auch noch Geld verdient? Es liegt wie bei allen<br />

Dingen wohl „in der Perspektive des Betrachters“. Als <strong>Benetton</strong> ihr erstes Bild gegen<br />

Rassismus veröffentlichte wurde dies als rassistisch empfunden. Es zeigte eine schwarze<br />

Frau, die ein weißes Baby stillt. Es ist ein sehr zärtliches und liebevolles Foto. Die Kampagne<br />

sollte antirassistisch sein wurde aber von manchen als rassistisch empfunden da es das Bild<br />

der „schwarzen Amme“ widerspiegle.<br />

Wenn jeder in der Werbung so viel Verantwortung zeigen würde wäre unsere Welt vielleicht<br />

besser. Die Menschen müssen wach gerüttelt werden, jemand muss ihnen die Augen für die<br />

Carmen Metzler Seite 8 von 9 02.04.2006


Welt da draußen öffnen. Jeder muss sich engagieren. Und das macht nur der, der emotional<br />

von den Problemen dieser Welt angesprochen wird. Gäbe es vielleicht weniger Autounfälle<br />

wenn die Autobranche nicht nur Bilder von ihren tollen, neuen, schnellen und unzerstörbaren<br />

Autos zeigen würde? Würden vielleicht weniger junge Menschen in den Tod rasen wenn die<br />

Autobranche Verantwortung zeigen und Bilder von Autounfällen veröffentlichen würde?<br />

Oder wie wäre es wenn Alkoholwerbung auch über die Risiken zu häufigen Alkoholgenusses<br />

aufklären würde?<br />

Heute ist <strong>Benetton</strong> wieder davon abgekommen Bilder der harten und unschönen Realität zu<br />

Werbezwecken abzubilden. Ob dies nun für unsere Gesellschaft vorteilhaft oder nachteilig ist<br />

sei dahingestellt.<br />

6 Literatur<br />

Sevecke, Torsten. Wettbewerbsrecht und Kommunikationsrechte, 1997.<br />

Mantle, Jonathan. <strong>Benetton</strong>. Vom Familienbetrieb zum Weltimperium, 2000.<br />

Toscani. Die Werbung ist ein lächelndes Aas, 1996.<br />

Carmen Metzler Seite 9 von 9 02.04.2006

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!