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Schule in ihrer Zeit – Stationen aus hundert Jahren Schulgeschichte

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15arbeiten und müssen es auch: Lehrer an Gymnasien und Universitätsprofessoren gen<strong>aus</strong>o wieehemalige Schüler und jetzige Studenten.2. Deswegen sche<strong>in</strong>t mir die Rückführung des Abiturs <strong>in</strong> Richtung auf den Nachweisallgeme<strong>in</strong>er Bildung auch e<strong>in</strong> s<strong>in</strong>nvoller Schritt zu se<strong>in</strong>. Zunächst erleben viele Schul<strong>in</strong>siderdas als Verlust an Freiheit und als Zunahme der Reglementierung. Wenn die Auswahl derFächer e<strong>in</strong>geschränkt wird, wenn die Abwahl von Fächern schwerer oder unmöglich wird,wenn bestimmte Komb<strong>in</strong>ationen von Leistungskursen unmöglich oder andere vorgeschriebenwerden, dann ist das alles e<strong>in</strong> Schritt <strong>aus</strong> der Beliebigkeit h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er vernünftig begrenztenFreiheit. Als Hochschullehrer plädiere ich ganz nachdrücklich dafür, Abiturienten umfassendzu bilden und <strong>aus</strong>zubilden, sie nicht nur mit Spezialwissen vollzustopfen, sondern ihnendeutlich zu machen, dass Bildung etwas Universelles ist und h<strong>in</strong>ter der mathematischenKurvendiskussion, der Religionsgeschichte oder der Analyse e<strong>in</strong>es klassischen Dramasgen<strong>aus</strong>o steht wie h<strong>in</strong>ter der Lösung e<strong>in</strong>es Problems <strong>aus</strong> der Informatik. Ich plädiere aber auchdafür, h<strong>in</strong>ter der Bildung nicht die ganz trivialen Fertigkeiten zu vernachlässigen: dieAusdrucksfähigkeit <strong>in</strong> der Muttersprache oder das Begreifen und Beherrschen grundlegenderZivilisationstechniken wie des Lesens auch komplizierter Texte. Denn das brauchen alleAbiturienten, gleichgültig, wofür sie ihr Abitur verwenden wollen. Die Anamnese und dieDiagnose liegen vor. Unter den Stichworten PISA oder TIMSS s<strong>in</strong>d sie uns allen bis zumÜberdruss vorgekaut worden. Die Therapie hat gerade erst begonnen.*Ich komme zum Schluss: E<strong>in</strong> Jahr<strong>hundert</strong> Abitur ist wahrlich e<strong>in</strong> legitimer Anlass für e<strong>in</strong>enRückblick. Das Rechnen <strong>in</strong> Jahr<strong>hundert</strong>en ist zwar e<strong>in</strong>e relativ junge Erf<strong>in</strong>dung; sie stammterst <strong>aus</strong> dem 16. Jahr<strong>hundert</strong>, als man die Geschichte rückschauend <strong>in</strong> Jahr<strong>hundert</strong>e e<strong>in</strong>teilte.Aber diese Jahr<strong>hundert</strong>rückblicke haben ihren besonderen Reiz: Sie reichen weit über dieEr<strong>in</strong>nerung e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>zelnen h<strong>in</strong><strong>aus</strong>, über das sprichwörtliche „Menschengedenken“. Sieb<strong>in</strong>den dieses persönliche Er<strong>in</strong>nern aber auch mit e<strong>in</strong>, denn jedes gerade abgeschlosseneJahr<strong>hundert</strong> schließt auch die eigene Lebenszeit mit e<strong>in</strong>, für die wir alle über höchst<strong>in</strong>dividuelle Er<strong>in</strong>nerungen verfügen. An den beiden Formen der Er<strong>in</strong>nerung, der kollektivenund der <strong>in</strong>dividuellen, habe ich zu zeigen versucht, wie schwierig das Geschäft derSelbstvergewisserung ist, dem die Feier des Jubiläums am Herzog-Ernst-Gymnasium <strong>in</strong>diesem Jahr 2004 gilt.

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