Neu aufgetauchte - Tschaikowsky-Gesellschaft.de

Neu aufgetauchte Briefe Čajkovskijs an Raïssa Boulanger, Adèle Bohomoletz und Eugène d’Eichthalque je reviendrai encore à Paris dans le courant de la saison prochaine et ce sera pour moi un douxdevoir, que de Vous remercier pour l’attention que Vos deux visites le témoignent.Encore une fois, Monsieur, veuillez bien ne pas m’en – vouloir.Recevez mes meilleurs sentiments.In deutscher Übersetzung lautet der Brief:Mein Herr!P. Tschaïkovsky24 Juni 1886Bitte verzeihen Sie mir! Einige sehr komplizierte Familienangelegenheiten hatten mich bis zumheutigen Tag daran gehindert, Sie aufzusuchen. Zudem muss ich heute Abend abfahren, und dieseplötzliche Abfahrt bringt mich um das Vergnügen, Ihre Bekanntschaft zu machen! Es ist aber ganzgewiss, dass ich im Laufe der nächsten Saison wieder nach Paris zurückkehren werde, und so wird esfür mich eine angenehme Pflicht sein, Ihnen für die Aufmerksamkeit zu danken, die Ihre zwei Besuchean den Tag gelegt haben.Ich bitte Sie nochmals, mein Herr, mir nicht böse zu sein.Empfangen Sie die Versicherung meiner allerbesten Gefühle.P. ČajkovskijD’Eichthal hatte also Čajkovskij zweimal vergeblich in seinem Hotel aufgesucht. Dieschon erwähnte Visitenkarte hat er vermutlich nach einem dieser verfehlten Besuchehinterlassen.Bei den in Čajkovskijs Brief an d’Eichthal erwähnten „komplizierten Familienangelegenheiten“handelt es sich um die anstrengenden Bemühungen, die er unternehmenmusste, um die Adoption seines Großneffen Georges – des in Paris vor drei Jahren zurWelt gebrachten unehelichen Kindes seiner ältesten Nichte Tat’jana Davydova (1861 –1887) – durch seinen Bruder Nikolaj Čajkovskij (1838–1911) und dessen Frau Ol’ga, diebeide selbst kinderlos waren, erfolgreich abzuwickeln. Der Komponist und sein jüngererBruder Modest hatten Tat’jana ( „Tanja“) in ihrer schweren Stunde beigestanden. Derkleine Georges war aber wenige Tage nach seiner Geburt am 26. April / 8. Mai 1883 zuden Auclairs, einer in der Nähe von Paris wohnenden Familie, in die Pflege gegebenworden. Um jetzt also, drei Jahre danach, die Genehmigung für diese von allen Beteiligtenerwünschte Adoption und darüber hinaus eine Ausreiseerlaubnis nach Russland für denKnaben zu erwirken, hat Čajkovskij, von seiner eigens zu diesem Zweck angereistenSchwägerin Ol’ga unterstützt, während der letzten Woche seines Pariser Aufenthalts imSommer 1886 bei mehreren französischen Behörden anklopfen müssen.Čajkovskij hat im Verlauf der Konzert- und Opernsaison des Winters 1886/87 Parisallerdings nicht besucht. Obwohl d’Eichthal zu den Pariser Melomanen gehörte, die manhäufig in privaten und öffentlichen Konzertaufführungen sehen konnte, scheint er denKontakt zu Čajkovskij nicht weiter aufrecht erhalten zu haben, auch als dieser ab 1888 inParis mehrmals als Dirigent seiner eigenen Werke auftrat.Auch bei dem kurzen, bisher der Čajkovskij-Forschung unbekannten Billett, das derKomponist am 6. / 18. Januar 1893 an Frau Bohomoletz schrieb und das im Juni 2011 vonder Firma „Arts et Autographes“ in Paris für 3900 Euro angeboten wurde, liegt im KlinschenArchiv kein passender Gegenbrief vor. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass AdèleBohomoletz davon erfahren hatte, dass Čajkovskij auf der Durchreise von Brüssel, wo eram 2. / 14. Januar ein symphonisches Konzert aus seinen Werken geleitet hatte, nach147