Handy! Handy! - GEW Landesverband Bayern
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Immer unterwegs<br />
und doch immer nah dran<br />
Über die Funktion von <strong>Handy</strong>s im jugendlichen Alltag<br />
Technische Innovationen, insbesondere im Bereich der<br />
Objekte zur Kommunikation, spielen seit jeher eine wichtige<br />
Rolle im Jugendalltag. Dies gilt vom Kofferradio, über<br />
den Walkman bis hin zum <strong>Handy</strong>. Sie schaffen neue Handlungsoptionen<br />
und leisten somit einen Beitrag zur individuellen<br />
Lebensführung.<br />
Gerade für Jugendliche ist die Möglichkeit zur Mobilität<br />
sehr wichtig. Denn eine eigene soziale und personale Identität<br />
als Ziel und Ende der Jugendphase kann nur erreicht<br />
werden, wenn es möglich ist sich selbst auszuprobieren und<br />
den eigenen Lebensraum zu erweitern. Dabei ist zu beachten,<br />
dass die Mobilitätsstile Heranwachsender sehr variantenreich<br />
und abhängig von Alter, Geschlecht, Bildungsgang<br />
und von Peergroup-Bezügen sind und davon, ob in der Stadt<br />
oder auf dem Land gelebt wird. 1<br />
Doch warum genau kann das <strong>Handy</strong> als bedeutsames<br />
Objekt in der jugendlichen Sozialisationsphase bezeichnet<br />
werden?<br />
Ablösung von den Eltern<br />
Ein wichtiger Punkt ist sicherlich dessen Unterstützungsfunktion<br />
während des Ablösungsprozesses von den Eltern,<br />
einem Prozess der Verselbstständigung bei der Interpretation<br />
der Welt, den Jugendliche zur Herausbildung einer<br />
eigenständigen Identität durchlaufen müssen.<br />
Das <strong>Handy</strong> unterstützt hier in zweifacher Hinsicht:<br />
Einerseits verschafft es Unabhängigkeit durch den persönlichen<br />
Besitz und die persönliche Verfügbarkeit über ein<br />
Mobiltelefon im Unterschied zum meist fest platzierten<br />
häuslichen Telefon. Man besitzt seine eigene Rufnummer<br />
1 Vgl. zur Bedeutung von Mobilität im Jugendalltag:<br />
Hunnecke, M./Tully, C. J./Bäumer, D. (Hg.): Mobilität von Jugendlichen.<br />
Opladen 2002 sowie Scholl, W./Sydow, H.: Mobilität im Jugend- und<br />
Erwachsenenalter. Münster/New York/Berlin 2002.<br />
3 DDS Juni 2006<br />
und muss sich nicht mit anderen arrangieren. Die Kommunikation<br />
kann kaum nachvollzogen werden. Somit entgeht<br />
man z.B. einer Kontrolle durch die Eltern. Es können weder<br />
Gespräche mitgehört werden, noch kann überprüft werden,<br />
mit wem wie lange kommuniziert wurde.<br />
Andererseits bietet die ständige Erreichbarkeit ein<br />
Sicherheitsgefühl während des Mobilitätsalltags. So wird die<br />
Angst, in Notsituationen zu geraten, durch das Bewusstsein,<br />
dann über das <strong>Handy</strong> Hilfe anfordern zu können, gemildert.<br />
Denn im Gegensatz zu Festnetzanschluss oder öffentlichen<br />
Telefonzellen verbinden <strong>Handy</strong>s zwei Personen<br />
miteinander und nicht zwei feste Orte. Man kann fast sicher<br />
sein, den gewünschten Kommunikationspartner zu erreichen,<br />
wenn das <strong>Handy</strong> nicht gerade abgestellt ist. Dieses<br />
beruhigende Gefühl scheint auf beiden Seiten wichtig zu<br />
sein, sowohl bei den Jugendlichen als auch bei den Eltern. 2<br />
Neue Möglichkeiten<br />
der Peergroup-Kommunikation<br />
Foto: imago/Peter Widmann<br />
Wichtiger als in Notsituationen den Kontakt mit den<br />
Eltern aufrechterhalten zu können, ist den Jugendlichen jedoch<br />
die ständige Verbindung zu den jeweiligen Peergroups.<br />
Diese Freundschaftsnetzwerke sind für Jugendliche und ihren<br />
Ablösungsprozess wichtig, da sie ihnen als Experimentierfeld<br />
und emotionaler Rückhalt dienen. Besonders die<br />
Interaktion und Kommunikation mit den Peers sind während<br />
der Ausbildung einer eigenen Identität zwingend notwendig.<br />
Die <strong>Handy</strong>kommunikation hat bei der Einbettung in<br />
soziale Netzwerke zwei dominante Beweggründe. Zum<br />
einen wird sie zur gegenseitigen Bestätigung der Freund-<br />
2 Selma, L.: »Nicht nah, aber immer für dich da!« – Erreichbarkeit im<br />
Familienalltag. In: merz, 49. Jg., Nr. 3, S. 24-28.