Handy! Handy! - GEW Landesverband Bayern
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von Gewalt, die uns in den Medien begegnen, haben Entsprechungen<br />
in der Realität oder kommen dieser zumindest<br />
sehr nahe. Bei Kindern und Jugendlichen wird dabei je nach<br />
Alter, Geschlecht und sozialem Hintergrund zwischen fiktionaler<br />
und realer Gewalt unterschieden. Von fiktionaler<br />
Gewalt werden sie in der Regel weniger angerührt, da sie<br />
wissen, dass Blut und Wunden mit Tricks hergestellt und<br />
nicht echt sind. Um ihnen die Bedeutung von fiktionaler<br />
Gewalt für die Realität zugänglich zu machen, ist es deshalb<br />
besonders wichtig, reale Entsprechungen und Bezüge zum<br />
Alltag herzustellen. Dies gilt sowohl für Filme als auch für<br />
Computerspiele.<br />
Eigenständiges Nachdenken<br />
und aktives Erproben anregen<br />
Kinder und Jugendliche sind vor allem an Hilfen interessiert,<br />
wie sie mit ihren Gewalterfahrungen umgehen und<br />
wie sie sich gegenüber Gewalt verhalten können. »Rezepte«<br />
anzubieten hat jedoch wenig Zweck. Wichtig sind vielmehr<br />
Räume, die ihnen ermöglichen, ihre eigenen Orientierungen<br />
und Verhaltensweisen zu überdenken und neue Orientierungen<br />
und Handlungsalternativen selbstständig zu entdecken,<br />
zu erarbeiten und zu erproben. Solche selbstständigen,<br />
aktiven Formen der Auseinandersetzung stellen zudem<br />
am ehesten sicher, dass Erfahrungen, die an einem Themenfeld<br />
gemacht wurden, auf andere Themenfelder übertragen<br />
werden. Diese Räume können spielerischer Form sein,<br />
bei der die Kinder und Jugendlichen in die Rollen von<br />
Actionhelden schlüpfen oder bei denen zum Beispiel Computerspiele<br />
live nachgespielt werden.<br />
Die Intimsphäre wahren<br />
Foto: Medienzentrum München<br />
Die Beschäftigung mit Gewalterfahrungen aus dem Alltag<br />
erfordert Fingerspitzengefühl. Die Achtung der persönlichen<br />
Intimsphäre ist dabei unabdingbar. Denn die Betroffenheit<br />
von Gewalt, eigene Verletzungen und Gewalterfahrungen<br />
zu erkennen, kann sehr schmerzlich sein. Deshalb<br />
ist unbedingt zu respektieren, wenn Schülerinnen und Schüler<br />
nicht über ihre eigenen Erfahrungen als Gewaltopfer<br />
oder -täter/in sprechen wollen. Auch<br />
bei Gewalt in den Medien gibt es Intimgrenzen.<br />
Manche Kinder und Jugendliche<br />
wollen ihre Vorlieben nicht<br />
preisgeben und besonders Jungen wollen<br />
oft nicht zugeben, dass bestimmte<br />
mediale Gewaltdarstellungen sie belasten<br />
oder ängstigen. Schließlich haben<br />
sie hier ihr »Gesicht« zu wahren und<br />
wollen nicht als »unmännlich« dastehen.<br />
Vorlieben nicht Diffamieren<br />
Bei der Auseinandersetzung mit<br />
medialer Gewalt vor allem im fiktionalen<br />
Bereich kommen immer auch Vorlieben der Kinder und<br />
Jugendlichen zur Sprache. Erfahrungsgemäß begegnen<br />
viele Erwachsene diesen Vorlieben mit Unverständnis und<br />
häufig auch mit Ablehnung. Da sich über Geschmack<br />
bekanntlich nicht streiten lässt, führt eine Auseinandersetzung<br />
über gute und schlechte Medien in der Regel nicht<br />
sehr weit. Wer mit Kindern und Jugendlichen zum Thema<br />
Medienkonsum arbeitet, muss zwar ihre Vorlieben nicht<br />
teilen und man sollte auch gar nicht so tun, als ob man das<br />
täte. Er oder sie sollten die Vorlieben aber respektieren. Sie<br />
zu diffamieren oder sie lächerlich zu machen, bedeutet<br />
garantiert das Ende jeder medienpädagogischen Bemühung.<br />
Allerdings sollte klar Position bezogen werden, wenn etwa<br />
Jugendliche Gewaltvideos auf <strong>Handy</strong>s haben. Hier gilt es<br />
sowohl sie darauf hinzuweisen, dass die Verbreitung<br />
solcher Videos durchaus strafrechtliche Konsequenzen hat,<br />
als auch klar zu stellen, dass diese Videos in keiner Weise<br />
toleriert werden.<br />
Hier Verbote auszusprechen macht sicher Sinn. Generelle<br />
<strong>Handy</strong>verbote bzw. Medienverbote sind jedoch unsinnig.<br />
Denn damit verlagert man die Probleme nur nach<br />
außen. Schule sollte sich dem Thema Medien und Gewalt<br />
stellen, denn wo wenn nicht hier gibt es viele Möglichkeiten<br />
auf die Kinder und Jugendlichen positiv einzuwirken. Wer<br />
Lust gefunden hat, sich dem Thema zu nähern, findet weitere<br />
Beispiele für pädagogische Konzepte zur Auseinandersetzung<br />
mit Gewalt im Materialpaket »Aufwachsen in<br />
Actionwelten« sowie im Buch »Mit Medien gegen Gewalt«,<br />
die beide im Kopäd-Verlag erschienen sind.<br />
von Günther Anfang<br />
Leiter des Medienzentrums München<br />
beim JFF – Institut für Medienpädagogik<br />
in Forschung und Praxis<br />
E-mail: guenther.anfang@jff.de<br />
und Kathrin Demmler<br />
Medienpädagogische Referentin<br />
beim JFF – Institut für Medienpädagogik<br />
in Forschung und Praxis<br />
E-mail: kathrin.demmler@jff.de<br />
DDS Juni 2006 8