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schwerpunkt „ZU VIEL"Die „Ökonomisierung“unseres Körpers20<strong>SMZ</strong> INFO dezember 2010Das Streben nach Schönheit: geschichtlichbetrachtet kein neues PhänomenDie Darstellung, die Verschönerung desmenschlichen Körpers stellt geschichtlichbetrachtet keine Neuerscheinung dar; Menschenversuchten seit jeher dem vorherrschendenSchönheitsideal zu entsprechen– ob mit Hilfe von Kleidung, Schmuck, Frisuren,Körperbemalung bzw. Make-up etc.oder aber auch durch massivere Praktikender Körpermodifikation, wie etwa durchVeränderungen an Zähnen, Haut (Tätowierungen,Zufügen von Narben), das Anlegeneines Korsetts, das Anbringen von Ringen/Piercings oder heute vermehrt durch Diätenoder medizinische/chirurgische Eingriffe.Schönheit als soziales AttributDabei beeinflussen diese Veränderungennicht nur die Attraktivität einer Person imästhetischen oder sexuellen Sinn, sonderntransportieren auch eine gewisse soziale Botschaft,wie beispielsweise die Zugehörigkeitzu einer bestimmten Klasse, einem Stammoder die Befürwortung bzw. Ablehnunggewisser Glaubensrichtungen, politischerEinstellungen, Lebensphilosophien etc.Die mit dem äußeren Erscheinungsbild inZusammenhang stehenden Konsequenzenkönnen weit reichende Auswirkungen aufdas soziale Leben haben, wie etwa die Ergebnisseaus der „Attraktivitätsforschung“zeigen. So werden attraktiven Menschenhäufiger positive Eigenschaften wie z.B. Intelligenz,Gesundheit oder gute Charaktereigenschaftenzugeschrieben als wenigerattraktiven, was sich wiederum auf Berufund Karriere sowie soziale Kontakte auswirkenkann. Wir neigen offensichtlich dazu,ästhetische („schön“) mit ethischen Kategorien(„gut“) zu vermischen.Der Einfluss wirtschaftlicher BedingungenDie Schönheitsideale, die mittels solcher Veränderungenangestrebt werden, unterliegenbekanntlich einem regen Wandel und sindabhängig von gegebenen kulturellen, sozialenund v.a. ökonomischen Bedingungen.1Vgl. Giddens, Anthony (1999): Soziologie. 2. Auflage. Graz/Wien: Nausner & Nausner, S. 129.2Vgl. ebd.So ging beispielsweise die Zunahme vonEssstörungen mit der Globalisierung derNahrungsproduktion einher 1 , weshalb auchausschließlich Menschen in wohlhabenden,wirtschaftlich entwickelten und modernenGesellschaften davon betroffen sind. In diesenhat sich die Vorstellung, dass Schlankheitein so begehrenswertes Merkmal der(vorwiegend) weiblichen Figur ist, durchgesetzt.Und zwar erst etwa gegen Ende des19. Jahrhunderts, gekoppelt mit Zeiten deswachsenden Wohlstandes und Überflusses.Schönheitsideale stellen gewissermaßeneinen Gegenpol zur gegenwärtigen Gesellschaftund wirtschaftlichen Entwicklungdar; sie müssen stets schwer erreichbarbleiben. Demnach war Schlankheit in NotundKriegszeiten keineswegs erstrebenswert.Kein Wunder also, dass unsere westlicheWelt – geprägt von Massenproduktionund überzogenem Konsumverhalten – fürEssstörungen wie Magersucht („Anorexianervosa“) oder Ess-Brech-Sucht („Bulimianervosa“) einen nahrhaften Boden bereitet.Für Schönheit sind uns alle Mittel rechtAngesichts des Zusammenhangs zwischenästhetischen und ethischen Kategorien (s.o.)und der Auswirkung unseres äußeren Erscheinungsbildesauf (privaten und beruflichen)Erfolg ist es somit wenig verwunderlich,dass in unserer heutigen, neo-liberalstrukturierten und wettbewerbsorientiertenGesellschaft das Streben nach Schönheitparallel zum Streben nach Einfluss undReichtum an Bedeutung gewonnen hat. Dabeisind uns zunehmend alle Mittel recht,die zur Erreichung von Schönheit eingesetztwerden. Die Grenzen schwinden sowohl infinanzieller Hinsicht als auch bezüglich derkörperlichen Risiken, die auf sich genommenwerden (wie z. B. durch operative Eingriffe,gestörte Essverhalten etc.). Wir wendenvermehrt Technologien jeder Art an, um unserenKörper in spezifischer Weise zu verändern.Michel Foucault (1988) bezeichnetediese als „soziale Technologien“, die deutlichmachen sollen, dass unser Körper in zunehmendemAusmaß etwas ist, das wir „erschaffen“müssen anstatt ihn zu akzeptieren. 2

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