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Film nach dem Film - Syberberg

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OrTe Des FIlMs 11<br />

<strong>Film</strong> und Kino sind begriffe, die lange Zeit fast synonym verwendet wurden. Inzwischen<br />

hat sich die situation geändert. heutzutage muss man nicht unbedingt<br />

ins Kino gehen, um sich einen <strong>Film</strong> anzuschauen. Viel öfter werden <strong>Film</strong>e für diesen<br />

Zweck nun als Video oder DVD der eigenen privaten sammlung entnommen<br />

oder in einer öffentlichen Videothek ausgeliehen. solche Videotheken funktionie-<br />

ren wie bibliotheken – und so beginnt der Umgang mit <strong>Film</strong> sich mehr und mehr<br />

<strong>dem</strong> traditionellen Umgang mit <strong>dem</strong> buch anzunähern: Der <strong>Film</strong>betrachter bleibt<br />

einsam und privat in der vertrauten atmos phäre der eigenen Wohnung. er ist im-<br />

stande, das <strong>Film</strong>schauen an jeder stelle zu unterbrechen, um es später an der glei-<br />

chen stelle wieder aufzunehmen. er kann aber auch im <strong>Film</strong> zurückgehen, um<br />

eine bestimmte, ihn besonders interessierende stelle auszusuchen, sie vom allgemeinen<br />

<strong>Film</strong>ablauf abzutrennen und isoliert zu betrachten. nun kann man sagen,<br />

dass dieser private Umgang mit <strong>dem</strong> Medium <strong>Film</strong> seine öffentliche Dimension<br />

missachtet, reduziert – und so nicht nur zur entstehung eines ästhetischen Mehrwerts,<br />

sondern auch zu ästhetischen Verlusten führt. so einfach aber liegen die<br />

Dinge nicht, denn zugleich findet der <strong>Film</strong> neue Möglichkeiten der öffentlichen<br />

Vorführung. Der <strong>Film</strong> wird nämlich immer öfter in Kunstausstellungsräumen<br />

gezeigt, die auch öffentliche räume sind, wo allerdings die üblichen bedingungen<br />

einer <strong>Film</strong>vorführung völlig irrelevant werden. In einem Kunstraum kann ein<br />

<strong>Film</strong> hundert und mehr stunden dauern – dafür gibt es genügend beispiele. er<br />

kann aber auch nur einige sekunden dauern – auch dafür gibt es beispiele. Das<br />

bedeutet, dass der <strong>Film</strong>emacher in diesem Fall viel mehr Freiraum erhält als bei<br />

einer üblichen, konventionellen <strong>Film</strong>vorführung im <strong>Film</strong>theater – von den damit<br />

verbundenen ökonomischen Zwängen ganz zu schweigen. Im Kunstraum wird<br />

der Umgang mit <strong>Film</strong> nicht mehr durch das Kinosystem, sondern durch die Tradition<br />

der Kunstbetrachtung bestimmt. so nähert sich der <strong>Film</strong> im Verlauf seiner<br />

entwicklung mehr und mehr <strong>dem</strong> buch und <strong>dem</strong> Kunstbild, und der Weise, wie<br />

diese sich in der Tradition der westlichen bildenden Künste etabliert haben.<br />

Die allgemeine Frage <strong>nach</strong> der Kompatibilität dieser zwei entwicklungsperspektiven<br />

wird später weiter behandelt werden. Zunächst aber muss gesagt werden, dass<br />

es weltweit nur sehr wenige <strong>Film</strong>emacher gibt, die diese doppelte entwicklung<br />

des <strong>Film</strong>s in richtung buch und Kunstwerk nicht nur geahnt, sondern in ihrem<br />

filmischen Werk auch vollzogen haben. Das Werk von hans jürgen syberberg ist<br />

in diesem Zusammenhang beinahe prophetisch, denn syberberg begann die an-

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