Film nach dem Film - Syberberg
Film nach dem Film - Syberberg
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38 hIrOshI araI<br />
von pragmatischen Denkstrukturen geprägt sind, erscheint uns heute jede poetische<br />
Vorstellung fremd. syberberg verweist auf den Verlust mythischer Welten, in<strong>dem</strong><br />
er beispielsweise in Die Nacht seine schauspielerin auf leerer bühne den abschied<br />
von den göttern darstellen lässt. seine Inszenierung ist seine Philosophie.<br />
Das dionysische Theater dient ihm als Modell für seine ohne bühnentechnik realisierten<br />
ausführungen. In Ein Traum, was sonst? verweist die Fotografie einer Miniatur<br />
des dionysischen Theaters auf dessen Verlust. syberberg konzipiert die bühne<br />
als ein nirgendwo, das verloren scheint. Die bühne in Penthesilea wie derum ist<br />
nur von Kerzen erleuchtet; im bühnenraum herrscht völlige stille und Dunkelheit<br />
– ein nichts, aus <strong>dem</strong> edith Clever immer neue Figuren entstehen lässt.<br />
Die Werke Die Nacht, Penthesilea, Die Marquise von O… und Ein Traum, was sonst?<br />
wurden zuerst im Theater aufgeführt und da<strong>nach</strong> als <strong>Film</strong> gedreht. Warum hat sich<br />
syberberg für sein Projekt der Monologe für unterschiedliche Medien entschieden?<br />
Welche Möglichkeiten ergeben sich für die Monologe im <strong>Film</strong>? jeden Monolog<br />
mit der <strong>Film</strong>kamera festzuhalten bietet bei oberflächlicher betrachtung zwar die<br />
Möglichkeit, die Theaterarbeit noch einmal zu erleben, hat aber vielmehr mit der<br />
erweiterung oder neudefinition des Mediums <strong>Film</strong> zu tun. raum und Zeit definieren<br />
den <strong>Film</strong> – beide sind illusionär angelegt und durch den schnitt, das heißt<br />
die Montage, konstituiert. syberberg hingegen vermeidet schnitte: raum, licht,<br />
bewegungen der stimme, der Musik oder der schauspielerin selbst bilden und erneuern<br />
sich im Fluss. Die lineare Zeit, die aufgrund der Kausalität die handlung<br />
des Dramas konstruiert, wird vom Fluss der bewegungen ohne bestimmte richtung<br />
aufgehoben. In Ein Traum, was sonst? überströmt edith Clevers über die<br />
Trauer erhabene Träne die geschichte.<br />
syberbergs bevorzugte art der einstellung ist die großaufnahme. In<strong>dem</strong> er die<br />
bewegung der hände und das gesicht edith Clevers vorführt, trennt er, um mit<br />
béla balázs zu sprechen, die Vorstellung der dargestellten Figur vom raum. Ich<br />
glaube, dass hier der <strong>Film</strong> die Möglichkeit schafft, die Vorstellung der Virtualität<br />
der Zeit (der gegenwart in der Zu kunft, der Zukunft in der gegenwart usw.) zu<br />
erwecken. Mit nur wenigen, sparsam eingesetzten requisiten, die an geschicht-<br />
liche Dinge und die Kindheit erinnern, unterstreicht syberberg die gleichzeitig-<br />
keit verschiedener Zeiten.