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Der stoische Weise – ein Materialist - Asclepios Edition Lothar Baus

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Bei den Beratungen der Anhänger und Freunde Thraseas befand sich auch<br />

<strong>ein</strong> junger Mann namens Rusticus Arulenus, der sich [angeblich aus Ruhmbegier]<br />

anbot, gegen den Senatsbeschluß [Anklage gegen Thrasea] Einspruch zu erheben,<br />

denn er war Volkstribun. Thrasea dämpfte s<strong>ein</strong>en Eifer. Dieses Vorhaben würde<br />

doch nichts nützen, dem jungen Mann jedoch sehr schaden.<br />

Am Morgen der festgesetzten Senatssitzung besetzten zwei bewaffnete<br />

Kohorten der Prätorianer den Tempel der Venus Genetrix. Den Eingang zum<br />

Senat hatte <strong>ein</strong> Trupp mit der Toga bekleideter Männer, die ihre Schwerter offen<br />

zeigten, in Besitz genommen. Auf den öffentlichen Plätzen, wie an den Tempeln<br />

waren Kriegerscharen aufgestellt. Unter ihren Blicken und Drohungen begaben<br />

sich die Senatoren in die Kurie. Ungewiß ist, wer mit „ihren“ gem<strong>ein</strong>t ist,<br />

wahrsch<strong>ein</strong>lich waren es die mit der Toga bekleideten Männer, die ihre Schwerter<br />

offen zeigten. Waren es die Anhänger und Freunde der Stoiker und der<br />

oppositionellen Senatoren?<br />

Im Senat hörte man zuerst die Rede des Kaisers, von <strong>ein</strong>em Quästor<br />

vorgetragen. Ohne jemand direkt beim Namen zu nennen, beschuldigte er die<br />

Senatoren, dass sie die öffentlichen Geschäfte vernachlässigten und durch ihr<br />

Beispiel viele zur Nachlässigkeit verleiteten. Viele würden erst gar nicht mehr aus<br />

ihren Provinzen zu den Senatssitzungen kommen, da sie sich, hätten sie erst das<br />

Konsulat und Priesterwürden erlangt, lieber der Annehmlichkeiten ihrer Gärten<br />

und Besitzungen hingäben.<br />

Nach der Rede des Quästors hieben die konservativen Senatoren<br />

Cossutianus und Marcellus mit aller rhetorischen Polemik auf Thrasea <strong>ein</strong>. <strong>Der</strong><br />

gesamte Staat sei wegen Thrasea [wegen <strong>ein</strong>es Mannes!] in Gefahr. Durch die<br />

„Halsstarrigkeit der Untergebenen“ werde die Milde des Kaisers herabgesetzt. Zu<br />

milde seien sie, die Senatoren, bis auf diesen Tag gewesen, da sie den „Empörer“<br />

Thrasea, da sie dessen ebenso „verrückten“ Schwiegersohn Helvidius Priscus,<br />

sowie Paconius Agrippinus, den Erben des väterlichen Hauses gegen den Fürsten,<br />

und den abscheuliche Gedichte verfertigenden Curtius Montanus ungestraft<br />

entschlüpfen ließen. Er, Marcellus, vermisse im Senat den Konsularen, bei<br />

Gelübden den Priester, beim Eide den Bürger Thrasea. Doch dieser habe sich ja<br />

gegen die Einrichtungen und heiligen Bräuche der Vorfahren öffentlich zum<br />

F<strong>ein</strong>de aufgeworfen 43 . Möge er, der den Senator zu spielen und des Kaisers<br />

Widersacher zu beschützen gewohnt sei, doch endlich <strong>ein</strong>mal kommen und s<strong>ein</strong>e<br />

M<strong>ein</strong>ung sagen, was er verbessert oder verändert wissen wolle. Leichter würde<br />

man den <strong>ein</strong>zelnes Tadelnden ertragen, als jetzt das Schweigen des alles<br />

Verdammenden. Mißfalle ihm der Friede im Römischen Reiche? Oder die Siege<br />

ohne Verluste? Man solle doch <strong>ein</strong>en Menschen, der über das Glück des Staates<br />

trauere, der öffentliche Plätze, Theater und Tempel für Einöden halte, der mit<br />

Selbstverweisung drohe, in s<strong>ein</strong>em verkehrten Ehrgeize nicht gewähren lassen. Er<br />

würde ja k<strong>ein</strong>e Senatsbeschlüsse anerkennen, k<strong>ein</strong>e echten Staatsbeamten sehen,<br />

nicht <strong>ein</strong>mal <strong>ein</strong>e römische Stadt. So möge er doch s<strong>ein</strong> Leben von <strong>ein</strong>em Staate<br />

losreißen, dem er schon längst s<strong>ein</strong>e Liebe, jetzt auch noch s<strong>ein</strong>e Beachtung<br />

entzogen hätte.<br />

43 Wiederum <strong>ein</strong>e Atheismus-Anklage.<br />

49

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