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Kurze Geschichte der württembergischen Familie Paulus/Hoffmann

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tern in die USA. Auf <strong>der</strong> Berlitz-Schule mußte er nun in einem kurzen Lehrgang die englische Sprache erlernen. Aber während<br />

seines ganzen Lebens war sein deutscher Akzent nicht zu überhören, so dass man ihm meistens nicht glaubte, dass er in<br />

den USA geboren sei. An <strong>der</strong> Universität in Cinncinati schlug er die wissenschaftliche Karriere ein, die ihn 1924 bis zum<br />

Professor für Geologie brachte. 1940 erreicht ihn ein Ruf für eine Professur für structural Geology an die Columbia-University<br />

von New York. Für seine wissenschaftliche Leistungen wurde er verschiedentlich geehrt. Unter an<strong>der</strong>em erhielt er 1955 die<br />

Leopold von Buch Medaille, die höchste Auszeichnung <strong>der</strong> Deutschen Geologischen Gesellschaft. Nach dem 2. Weltkrieg besuchte<br />

er den Nervenfacharzt Dr. Ernst Ernst Arnold <strong>Paulus</strong> (P5, FN 513 38), ein Sohn Dötes Immanuel Philipp Gottlieb <strong>Paulus</strong> (H1,<br />

P5, FN 513 3) in Pforzheim, den er als Gleichaltriger wahrscheinlich während seiner Studienjahre kennen gelernt hatte. Dabei<br />

sagte er ihm unter an<strong>der</strong>em, dass er erfolglos versucht habe, seine Kin<strong>der</strong> als Deutsche zu erziehen. Das sei heute in den<br />

USA nicht mehr möglich. Seine Kin<strong>der</strong> würden englisch denken und reden.<br />

In <strong>der</strong> Theologie machte sich Rudolf Rudolf <strong>Paulus</strong> (H1, P5, FN 513 11) einen Namen. Er hatte als Stiftler an <strong>der</strong> Universität Tübingen<br />

Theologie studiert. Als Vikar und später Pfarrer hat er sich weiterhin so intensiv mit <strong>der</strong> theologischen Wissenschaft<br />

beschäftigt, dass ihm die Universität Tübingen den Titel eines Licentiaten h. c. verlieh. So ist er sehr intensiv beschäftigt gewesen<br />

mit dem Nachdenken über die heilige Welt des göttlichen Wirkens, mit <strong>der</strong> Bemühung, die Welt zu erfassen und mit ihr zu leben.<br />

Auch in seinen Predigten zeigte sich die große geistige Weite. Eine Ahnung davon erfasste mich, als er Stadtvikar in Stuttgart-<br />

Ostheim wurde, wo mein Vater Pfarrer war. Hier wurde er von den „Freunden <strong>der</strong> christlichen Welt“ zu aktuellen Vorträgen über<br />

Glaubensfragen beigezogen. Später einmal ... hielt er vor einem größeren Kreis theologischer Freunde auch aus dem Norden einen<br />

großen und tiefen Vortrag. Er dauerte über zwei Stunden, .... Die gelehrten Herren saßen sehr gelassen dabei. Mir schien, es fiele<br />

ihnen gar nicht schwer zu folgen. Kaum aber hatte Rudolf geendet, da rief einer von ihnen aus: „Ja lieber Herr <strong>Paulus</strong>, so viele<br />

schwere und tiefe Gedanken kann man in solcher Kürze ja gar nicht fassen!“ Während seiner Zeit als Repetent am Tübinger Stift<br />

war einmal einmal am Repetententisch .... <strong>der</strong> Gedankenaustausch beson<strong>der</strong>s laut und lebhaft, Einer aber saß sinnend unter uns.<br />

Da rief <strong>der</strong> Senior: „Seid still! Im <strong>Paulus</strong> denkt`s!“ Wir horchten und sahen ihn wie entrückt271 . Durch die Qualität seiner Veröffentlichungen<br />

wurde er das Haupt <strong>der</strong> Liberalen Theologie in Württemberg genannt. Neben seinem Pfarramt hielt er als Pfarrer<br />

von Kilchberg an <strong>der</strong> theologischen Fakultät in Tübingen Vorlesungen.<br />

Ein an<strong>der</strong>er herausragenden <strong>Familie</strong>nangehöriger war Helmut Helmut <strong>Paulus</strong> (P6, FN 516 71). Nach einer Lehre als Buchhändler<br />

wandte er sich <strong>der</strong> Schrifstellerei zu. Seine Novellen und Romane wurden von einem treuen Leserkreis gelesen. Schließlich<br />

wurde er Archivar am Schillernationalmuseum in Marbach am Neckar. Diese Stelle musste er 1945 aufgeben. 1952 wan<strong>der</strong>te<br />

er zu den Geschwistern seiner Frau nach Winetka bei Chicago in den USA aus. Gemeinsam bewirtschaftete man erfolgreich<br />

einen Tea-room272 . Seine Tätigkeit hat er in einem in Deutscher Sprache verfassten Gedicht Chickenbutcher beschrieben:<br />

In dem Untergeschoss brennt den ganzen Tag Licht.<br />

Die Fenster sind vergittert.<br />

Durch den Luftschacht rinnt ein fahler Hauch<br />

Wie <strong>der</strong> Atem aus dem Mund eines Kranken.<br />

Eine trübe Dämmerung sickert herab<br />

Wie bläuliche, verdünnte Milch.<br />

In dem Obergeschoss sind helle, lichtstrahlende Räume,<br />

Pflanzengeschmückte Simse, Spiegel, elektrische Kerzen,<br />

Kandelaber, Le<strong>der</strong>stühle, festlich schmausende Gäste. ...<br />

In dem Untergeschoss liefert <strong>der</strong> Händler zehn Kisten<br />

Geschlachteter Hühner, gerupft, ausgeblutet, zugerichtet,<br />

Sechzehn Hühner in je<strong>der</strong> Kiste, in Eis gebettet<br />

Hun<strong>der</strong>tdreiundsechzig Hühner für diesen Tag.<br />

„Good morning boy, nice day today!“<br />

„Yes sir, thank you, a verry nice day!“<br />

Die Kisten auf, die Hühner in den Ausguss gestürzt,<br />

Neben dem Aufguss quadratischer Tisch mit den Eichenholzbohlen,<br />

Nice day! Jawohl! Draußen blüht <strong>der</strong> Schnee,<br />

Um alle Äste <strong>der</strong> Bäume. Die Kristalle leuchten<br />

Und strahlen das Licht des blauen Himmels<br />

In tausend Blitzen über die Welt.<br />

Im Untergeschoss sind die Fenster vergittert.<br />

Das Messer ist geschärft. Der Stahl ist gut.<br />

Eile ist wichtig. Eile die halbe Arbeit.<br />

(Wer langsam arbeitet, bestiehlt den Boss.)<br />

Hand ist Maschine geworden. Gedanken lenken sie nicht.<br />

Die Flügelspitzen werden abgeschnitten im ersten Glied.<br />

Scharfer Schnitt quer durch die Gelenkknochen<br />

Halshaut weg. After und Geschlecht weg, sie fallen in den Abraum.<br />

Schnitt längs durch die Bauchhaut und Brustbein öffnet den Körper.<br />

Flügelspitzen, Hals, Magen fallen in den Suppentopf.<br />

Herz wird von Leber getrennt, Leber abseits,<br />

die Gäste lieben gedämpfte Hühnerleber.<br />

Aber das Herz ist unnütz. Das Herz gehört in den Abfall.<br />

Zweiter Schnitt längs durch das Rückgrat teilt das Huhn,<br />

271 Hermann Stotz, Erinnerungen an Rudolf <strong>Paulus</strong>, FBP 3, 1961 Seite 15<br />

272 Fr. Ott, Zum Gedächtnis an Helmut <strong>Paulus</strong> FBP 17 1976 Seite 10<br />

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