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Reader-TTIP-stand-Februar-2014

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Vorwort von Hilde Mattheis, MdBLiebe Genossinnen und Genossen,die EU und die USA verhandeln über ein Freihandelsabkommen bei dem es nicht nur umzollfreien Handel geht, sondern auch um gemeinsame Standards.Verbraucherschützer, Gewerkschaften und andere Organisationen machen zu recht auf dieGefahren aufmerksam. Und auch in der EU-Kommission wird die Debatte zunehmendkritischer.Nun hat der politische Druck für einen ersten Schritt zu mehr Transparenz bei denVerhandlungen über ein Freihandelsabkommen der EU mit den USA geführt.Dazu hat sicher auch die Kampagne von www.campact.de beigetragen, die innerhalb einesMonats über 320.000 Menschen zur Unterschrift gegen das geplante TransatlantischeFreihandelsabkommen (<strong>TTIP</strong>) zwischen der EU und den USA bewegen konnte.Der zuständige EU-Handelskommissar hat in einer Teilfrage – dem sogenanntenInvestitionsschutz für Unternehmen - die Verhandlungen für 3 Monate ausgesetzt und willeine öffentliche Befragung abwarten, bevor sie fortgesetzt werden sollen.Die zur Diskussion stehenden Investitionsschutzklauseln sollen Streitigkeiten vonUnternehmen mit Staaten vor einem eigens dafür installierten Schiedsgericht regeln, dasjedoch weder demokratisch legitimiert noch kontrolliert ist.Die Unternehmen könnten damit praktisch außerhalb staatlicher Rechtssysteme unbegrenztSchadensersatzansprüche geltend machen und sie so vor „ungerechtfertigten“ Ansprüchenetwa durch die europäische Umwelt- oder Sozialgesetzgebung schützen.Die bisherigen Verhandlungen wurden entgegen der sonstigen EU-Praxis mit wenigTransparenz und Beteiligung von Parlamenten und der Öffentlichkeit geführt. So hatte dieEU-Kommission den Text des Verhandlungsmandats nicht vollständig veröffentlicht.Der Begriff Freihandel scheint aufgrund von Verhandlungen in der Vergangenheit vor allemmit dem Abbau von Zöllen und Subventionen verknüpft zu sein, aber diese Fragen spielenkeine wesentliche Rolle mehr. Bei dem auszuhandelnden Abkommen geht es vielmehr umsogenannte „nicht tarifäre Handelshemmnisse“. Es geht im Wesentlichen um dieAngleichung und Harmonisierung von Schutzregeln und Standards.Dabei prallen jedoch zwei völlig unterschiedliche Regelungssysteme aufeinander: Währenddie EU nach dem Prinzip der Prävention Zulassungen etwa für Gentechnikproduktegenehmigt, wird in den USA das Verbot erst dann ausgesprochen, wenn die Schädlichkeitbewiesen ist. Entsprechend unterschiedlich ist die Haftungsfrage geregelt.Hilde Mattheis, MdB 3


Mit den Ergebnissen der Verhandlungen sind deshalb viele Auslegungsstreitigkeiten derjeweiligen Rahmengesetzgebung vorprogrammiert und die Gefahr der Außerkraftsetzungvon bisher gültigen gesetzlichen Regelungen fast unvermeidlich.Umso sorgfältiger und transparenter müssen diese Verhandlungen geführt werden. Dasheißt auch unter umfassender Beteiligung des Europaparlaments und der nationalenParlamente.Ob mit der Teilaussetzung eine erste Weichenstellung in diese Richtung stattgefunden hat,bleibt offen. Sollte dies nicht der Fall sein, werden die Verhandlungen wie das ersteVorgängermodell MAI (Multilaterales Investitionsabkommen) in den 1990er Jahrenscheitern.Wir – das Forum DL 21 - werden dieses Thema kritisch begleiten. Mit diesem <strong>Reader</strong> wollenwir die inhaltliche Auseinandersetzung unterstützen.EureHilde Mattheis, MdBVorsitzende der DL 21Hilde Mattheis, MdB 4


I. Begriffsdefinition: Transatlantic Trade and Investment Partnership (<strong>TTIP</strong>)Das Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit den USA bzw. das TransatlantischeFreihandelsabkommen wird offiziell als Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft(THIP) bzw. Transatlantic Trade and Investment Partnership (<strong>TTIP</strong>) oder auch Trans-Atlantic Free Trade Agreement (TAFTA) bezeichnet.Es ist ein Freihandelsabkommen in Form eines völkerrechtlichen Vertrags zwischen einerVielzahl von Staaten Europas und Nordamerikas. Teilnehmerstaaten sind die USA und dieStaaten der Europäischen Union. Daneben werden auch Kanada, Mexiko, die EFTA-StaatenSchweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island sowie die EU-Beitrittskandidaten (Mazedonien,Türkei u. a.) einbezogen.II.HintergrundAls Vorläufer gilt das MAI (Multilaterales Investitionsabkommen) in den 1990er Jahren 1 , dasauf erhebliche Widerstände stieß und letztlich am Wider<strong>stand</strong> Frankreichs scheiterte.Seither wurden bei Verhandlungen der Welthandelsorganisation WTO 2 in Seattle (1999),Cancún (2003) und Hongkong 2005 weitere Anläufe genommen. Seit Hongkong stockt derWTO-Verhandlungsprozess.Auch die Verhandlungen von GATS 3 (General Agreement on Trade in Services - AllgemeineAbkommen über den Handel mit Dienstleistungen) - ein internationales, multilateralesHandelsabkommen der Welthandelsorganisation (WTO) - das den grenzüberschreitendenHandel mit Dienstleistungen regeln sollte, fanden keinen Abschluß.Die heutigen globalisierungskritischen Organisationen wie ATTAC wurden mit der WTO-Runde in Seattle gegründet und begleiteten die WTO-Freihandelsabkommen wie GATS mitkritischer Analyse und Protesten.Auf die mangelnden Fortschritte bei den multilateralen Verhandlungen innerhalb derWelthandelsorganisation (WTO) reagierte die EU mit Verhandlungen einesFreihandelsabkommens mit Kanada (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA)im Juni 2009.Die technischen Verhandlungen mit Kanada sind zu einem Gutteil abgeschlossen, dennochstehen gemeinsame Lösungen für einige politisch heikle Themen (Landwirtschaft, Schutzgeistiger Eigentumsrechte, öffentliche Beschaffung, Ursprungsregeln …) noch aus.1 siehe dazu auch: Das MAI und die Herrschaft der Konzerne. Die Veränderung der Welt durch das Multilaterale Abkommenüber Investitionen. Hrsg. Fritz R. Glunk. Mit dem Text des Abkommens, einer Erläuterung von Kurt-Peter Merk, undBeiträgen von Peter Cornelius Mayer-Tasch, John R. Saul und Sigrid Skarpelis-Sperk. Deutscher Taschenbuch Verlag 19982 siehe dazu das Kapitel 3.3. „Problemlagen und Reformnotwendigkeiten der WTO“ im Schlussbericht der Enquête-Kommission „Globalisierung der Weltwirtschaft“ des Deutschen Bundestages (Drs. 14/9200 bzw.:http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/092/1409200.pdf S. 141 ff.3 siehe dazu das Kapitel 3.3.3 „Liberalisierung von Dienstleistungen durch GATS“ ebd. S. 146 ff.Hilde Mattheis, MdB 5


Mit der Verabschiedung des Verhandlungsmandates hat Rat der EuropäischenHandelsminister am 14.6.2013 die EU-internen Voraussetzungen für den Beginn derVerhandlungen mit den USA geschaffen.III.Stand der VerhandlungenVom 8. bis zum 12. Juli 2013 fanden die erste Verhandlungsrunde in Washington statt.Soweit bekannt fanden dabei noch keine konkreten, inhaltlichen Verhandlungen statt. Eswurden nur die Verhandlungskapitel und die zuständigen Verhandlungsgruppen festgelegt.Dabei wurden sowohl die voraussichtlich unstrittigen als auch die erwartungsgemäßproblematischeren Themen angesprochen.Die zweite Verhandlungsrunde vom 11. bis zum 15. November 2013 hatte folgende Themendiskutiert: Vermeidung und Abschaffung nicht-tarifärer technischer Handelshemmnisse,Möglichkeiten der Annäherung in der regulatorischen Zusammenarbeit u.a. für folgendeSektoren: Pharmazeutika, Chemikalien, Medizinprodukte, Kosmetika, Informations- undKommunikationstechnologien, KFZ, weiters wurden Rohstoffe und Energie, Dienstleistungen,Investitionen thematisiert.Auch zum Schutz geistiger Eigentumsrechte, zur öffentlichen Auftragsvergabe, zuWettbewerbsregeln, Finanzdienstleistungen, Veterinär- und Pflanzenschutzbestimmungengab es Gespräche.Zu den genannten Themen zeichnen sich bereits jetzt teilweise ähnliche, teilweise auchkonträre Verhandlungspositionen der EU und der USA ab.Die dritte Verhandlungsrunde fand zwischen dem 16. und 20. Dezember 2013 in Washingtonstatt. Themen aller Verhandlungsbereiche (Marktzugang, regulatorische Kohärenz,Handelsregeln/“rules“) und aller 24 Verhandlungsgruppen wurden diskutiert.Die Chefverhandler beider Seiten waren laut ihrer Presseerklärungen mit den 2013 erzieltenFortschritten zufrieden.Während der 3. Verhandlungsrunde fand am 18.12.2013 ein sogenanntes „civil society“-Treffen unter Teilnahme von mehr als 300 Nicht-Staatlichen Organisationen sowie einMeinungsaustausch mit den EU- und US-Verhandlern statt.Am 21. Januar <strong>2014</strong> hat der zuständige EU-Handelskommissar Karel de Gucht in einerTeilfrage – dem sogenannten Investitionsschutz für Unternehmen - die Verhandlungen für 3Monate ausgesetzt und will eine öffentliche Befragung abwarten, bevor sie fortgesetztwerden sollen.Hilde Mattheis, MdB 6


Karel de Gucht 4 erklärt, er verstehe die "echten Sorgen" europäischer Bürger über Teile desAbkommens. "Nun möchte ich Ihnen die Gelegenheit zur Stellungnahme geben."Mitte <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> kam es zu einem politischen „stocktaking“ der bisherigen <strong>TTIP</strong>-Gespräche zwischen dem EU-Handelskommissar Karel de Gucht und dem US TradeRepresentative Michael Froman.Die 4. Verhandlungsrunde ist für Anfang März <strong>2014</strong> geplant.Am 26. März <strong>2014</strong> findet in Brüssel ein EU-USA-Gipfel mit EU-Kommissionschef José ManuelBarroso, EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy und US-Präsident Barack Obama statt.4 www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/freihandelsabkommen-protest-gegen-fehlende-transparenz-a-944740.htmlHilde Mattheis, MdB 7


IV.Koalitionsvertrag und SPD-PositionDeutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18.Legislaturperiode S. 117:„Das geplante Freihandelsabkommen mit den USA ist eines der zentralen Projekte zurVertiefung der transatlantischen Beziehungen. Wir wollen, dass die Verhandlungenerfolgreich zum Abschluss geführt werden, ohne im Vertrag parlamentarische Kontrolle undgerichtlichen Schutz infrage zu stellen. Unser Ziel ist dabei, bestehende Hindernisse in dentransatlantischen Handels- und Investitionsbeziehungen so umfassend wie möglichabzubauen. Die Zulassung begründeter Ausnahmen muss für jede Vertragspartei Teil desAbkommens sein. Wir werden auf die Sicherung der Schutz<strong>stand</strong>ards der EuropäischenUnion insbesondere im Bereich des Datenschutzes, der europäischen Sozial-, Umwelt- undLebensmittel<strong>stand</strong>ards sowie auf den Schutz von Verbraucherrechten und öffentlicherDaseinsvorsorge sowie von Kultur und Medien Wert legen.“SPD-Antrag vom 11. 06. 2013 (Drs. 17/13904)Auszug:„Ein transatlantisches Handelsabkommen mit den USA bietet erhebliche Chancen für dieeuropäische wie auch für die US-amerikanische Wirtschaft.(…)EU-Institutionen besitzen im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik die Befugnis, für dieEuropäische Union Handelsabkommen mit anderen Ländern und Regionen auszuhandeln,abzuschließen und umzusetzen. Zu betonen ist, dass Abkommen, die nicht nurZuständigkeiten der Europäischen Union, sondern auch solche der Mitgliedstaatenbetreffen, auch der Zustimmung der Mitgliedstaaten und je nach nationalemVerfassungsrecht auch der jeweiligen nationalen Parlamentskammern erfordern.Angesichts der Ankündigungen von EU- und US-Entscheidungsträgern, das beabsichtigteFreihandelsabkommen inhaltlich sehr weit zu fassen, wird vorsorglich auf dieverfassungsrechtlichen Kompetenzen des Bundesrates hingewiesen.II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,1. sicherzustellen, dass die Errungenschaften in der Europäischen Union im Be-reich derSozial-, Umwelt-, Lebensmittel-, Gesundheits- und Datenschutz<strong>stand</strong>ards sowie der BürgerundVerbraucherrechte erhalten bleiben. In den Verhandlungen soll darauf hingewirktwerden, weitere Verbesserungen für die Partner in diesem Bereich zu ermöglichen. Indiesem Zusammenhang wird auch auf den acquis communautaire der Europäischen Unionim Bereich der Produktsicherheit, des Umweltschutzes, des Gesundheits- und Tierschutzessowie der ILO-Standards (ILO = International Labour Organization) und des Arbeitsschutzesverwiesen. Das Vorsorgeprinzip darf in den Verhandlungen nicht abgeschwächt werden. Umein höchstmögliches Schutzniveau für europäische und amerikanische Verbraucher zuerreichen und zu sichern, sollte der jeweils höherwertige Standard des Partnerlandesübernommen bzw. anerkannt werden. Sehr wichtig ist das Nachhaltigkeitskapitel desHilde Mattheis, MdB 8


Abkommens, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die USA bisher nicht alle ILO-Konventionen zu den Kernarbeitsnormen unterzeichnet und ratifiziert haben;2. sicherzustellen, dass für den Agrarsektor in den Verhandlungen und im Mandatstextbesondere Regelungen vorgesehen werden. Aus gutem Grund haben sich die EuropäischeUnion und die Mitgliedstaaten entschieden, in Europa bestimmte Produkte nicht zuzulassenund entsprechende Importverbote erlassen. Dies betrifft vor allem Produkte, die nicht derEU-Kennzeichnungsrichtlinie entsprechen, GVO-Produkte (Produkte, die aus gentechnischveränderten Organismen bestehen oder daraus hergestellt werden), Tiere, die mitWachstumshormonen behandelt wurden und das in den Verkehr bringen von Lebensmittelnvon geklonten Tieren. Gleiches gilt für Lebensmittel, die mit Substanzen behandelt wurden,die in der Europäischen Union verboten sind;3. darauf zu dringen, dass in den Verhandlungen über Investitionsregeln auf einenInteressenausgleich geachtet und das bereits erreichte hohe Niveau des Rechtsschutzes inEuropa berücksichtigt wird und die Gesetzgebungskompetenz souveräner Staaten nichtausgehebelt wird. Bei den Verhandlungen muss weiter sichergestellt werden, dass rechtlichgesicherte Freiheiten im Internet nicht eingeschränkt werden. Hinsichtlich der Patentrechtebei Pflanzen und Tieren muss sich die Bundesregierung für die im interfraktionellenBeschluss der Regierungs- und Oppositionsfraktionen des Deutschen Bundestagesgenannten Forderungen (Bundestagsdrucksachen 17/8344 und 17/8614)sowohl imVerhandlungsmandat als auch im Verlauf der Verhandlungen einsetzen;4. angesichts der Tragweite und Bedeutung des zu verhandelnden Abkommens sich für dieVeröffentlichung der Verhandlungsmandate sowie eine transparente Verhandlungsführungeinzusetzen, zum Beispiel mit Anhörungen von Vertretern der Zivilgesellschaft wieVerbraucherorganisationen, Sozial- und Umweltorganisationen und Gewerkschaften an denVerhandlungen;5. den Deutschen Bundestag und die Bundesländer in regelmäßigen Abständen zumFortgang der Beratungen im handelspolitischen Ausschuss der EU umfassend undkontinuierlich zu informieren, insbesondere im Hinblick auf die möglicherweise tangiertenLänderkompetenzen und der im Falle eines Inkrafttretens möglicherweise umzusetzendenRechtsvorschriften. Es wird diesbezüglich auf die Verpflichtungen verwiesen, die für dieBundesregierung aus dem Lindauer Abkommen erwachsen.Hilde Mattheis, MdB 9


Aus dem Leitantrag Europa (S.13f.) des Außerordentlichen Bundesparteitages am 26.Januar <strong>2014</strong>„Europa eine neue Richtung geben“Fairer Handel: Wir wollen, dass die EU zum weiteren Ausbau der weltweitenHandelsbeziehungen beiträgt. Dies verbessert auch die Absatzchancen für deutsche undeuropäische Produkte. Eine Handelsliberalisierung darf aber nicht zum Absinken unsererrechtsstaatlichen, sozialen, ökologischen oder Standards Verbraucherschutz führen.Außerdem dürfen Freihandelsabkommen durch Regelungen zum Investitionsschutz inkeinem Fall Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder staatlicheRegulationsmöglichkeiten aushöhlen. Zeitgleich mit den Verhandlungen über einFreihandelsabkommen mit den USA müssen auch substanzielle Fortschritte im Bereich desSchutzes der Privatsphäre und der Bürgerrechte erreicht werden.Unser Ziel bei diesen und anderen Verhandlungen ist es, möglichst fortschrittlichearbeitsrechtliche, soziale und ökologische Standards in den bilateralen und internationalenHandelsbeziehungen zu verankern. Dies ist für uns eine wichtige Voraussetzung für dasGelingen der Verhandlungen. Freihandelsabkommen dürfen auch nicht dasSelbstverwaltungsrecht der Kommunen sowie öffentliche Daseinsvorsorge, Vergabe undInfrastrukturen gefährden. Die Streitschlichtung zwischen Investoren und Nationalstaatensollte möglichst durch reguläre öffentliche Gerichte erfolgen.Hilde Mattheis, MdB 10


V. Europäische EbeneI. Positionspapier von Bernd Lange, MdEP .....................................................II. Entschließungsantrag des Europäischen Parlamentes vom 15.5.2013 .......


Das geplante Handels- und Investitionsabkommen EU-USA(Transatlantic Trade and Investment Partnership (<strong>TTIP</strong>))- sozialdemokratische Positionen -1) Keine Handelsverhandlungen ohne demokratische KontrolleMit Inkrafttreten des Lissabonvertrags ist die Handelspolitik mit all ihren Aspekten in Bezug aufHandel, ausländische Direktinvestitionen und geistige Eigentumsrechte unter dieausschließliche Zuständigkeit der EU gefallen. EU-Handelsabkommen können ohne dieZustimmung des Europäischen Parlaments (EP ) nicht in Kraft treten. Das EP ist gleichzeitigzum Mitgesetzgeber im Bereich der Handelspolitik geworden.Zudem ist der Lissabonvertrag ein wichtiger Schritt für mehr Transparenz in denHandelsverhandlungen. Das EP wird u.a. vor und nach Verhandlungsrunden vollumfänglichvon der Europäischen Kommission über den Stand von EU-Handelsverhandlungen informiert.Das EP hat dabei denselben und gleichberechtigten Zugang zu Informationen undDokumenten wie die Mitgliedstaaten im Ministerrat.Dies alles ist ein großer Fortschritt im Vergleich zur Handelspolitik vor 2009. Denn vor 2009wurden bei Handels- und Investitionsabkommen in Deutschland und den anderen EU-Mitgliedsländern die Parlamente außen vor gelassen. Mit dem Lissabonvertrag ist zum erstenMal ein wirklicher parlamentarischer Einfluss auf die Handelspolitik in der EU gesichertworden.Durch weiteren Druck des EP, insbesondere der Fraktion der Sozialdemokraten (S&D) undangesichts der Ablehnung des ACTA-Abkommens durch das EP im Juli 2012 wurde zudemerreicht, dass die Informationspolitik der EU-Kommission sich änderte. Nun sind allePositionspapiere der Europäischen Kommission dem EP zugänglich und werden zu einemgroßen Teil auch ins Internet gestellt. Wir haben durchgesetzt, dass es einen regelmäßigenDialog zwischen der Europäischen Kommission und Vertretern der Zivilgesellschaft vor undnach den Verhandlungsrunden gibt. Auf Initiative des EP plant nun die EuropäischeKommission, den Dialog im Rahmen der <strong>TTIP</strong>-Verhandlungen durch eine permanenteBeratungsgruppe mit 15 Experten von Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherverbändenund Unternehmen zu institutionalisieren.Somit sind Vorwürfe, <strong>TTIP</strong> sei ein Geheimabkommen, in der Totalität nicht zutreffend.Allerdings fordern wir Parlamentarier mehr Transparenz. So sollten wirklich alleVerhandlungsdokumente ins Netz gestellt werden, auch die der USA.


Da das Europäische Parlament in Handelsfragen Mitgesetzgeber ist, positionieren wir unsfrühzeitig zu anstehenden Handelsverhandlungen. Durch eine Positionsbestimmung hat dasEuropäische Parlament bereits vor der Erteilung des Verhandlungsmandats durch denMinisterrat der Europäischen Kommission klare Eckpunkte für die <strong>TTIP</strong>-Verhandlungengesetzt. Dies wird auch der Maßstab für die Ratifizierung des <strong>TTIP</strong>-Abkommens durch das EPsein. In der EP-Position finden sich viele sozialdemokratische Punkte wieder. So wurde unteranderem erfolgreich gefordert, kulturelle und audiovisuelle Dienstleistungen von den <strong>TTIP</strong>-Verhandlungen auszuschließen.Link zur Resolution des Europäischen Parlaments:http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2013-0227+0+DOC+XML+V0//DELink zur Position der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament:http://www.bernd-lange.de/imperia/md/content/bezirkhannover/berndlange/europainfo/sd_inta_policy_paper_ttip_de.pdf2) Warum ein Handelsvertrag sinnvoll sein kann: Unsere offensiven InteressenIn den Verhandlungen über ein <strong>TTIP</strong>-Abkommen wird es um den Marktzugang für den Handelmit Gütern, Dienstleistungen, Investitionen, die öffentliche Auftragsvergabe,Regulierungsvorschriften und nichttarifäre Handelshemmnisse (NTB) sowie um ergänzendeVorschriften gehen. Hier liegen Chancen für europäische Unternehmen. Mit dem Abkommenkann ein Beitrag zur der von uns vertretenen Industriepolitik zur Reindustrialisierung Europasgeleistet werden.Bereits heute sind die Einfuhrzölle auf beiden Seiten des Atlantiks sehr niedrig. Aufgrund desgroßen Handelsvolumens zwischen der EU und den USA fallen sie allerdings trotzdem insGewicht Eine bilaterale Abschaffung der Zölle hätte deshalb deutliche Effekte. So könnte dieAbschaffung von Export- und Importzöllen allein die deutsche Automobilindustrie jährlich umeine Milliarde Euro entlasten und zu einer Steigerung der Exporte in die USA führen.Derzeit hat Airbus 17 Prozent Marktanteil bei Passagierflugzeugen in den USA, global knapp50%. Für Unternehmen wie Airbus würde ein verbesserter Zugang zu den US-amerikanischenMärkten neue Möglichkeiten eröffnen.Öffentliche Beschaffung ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Der amerikanischeBeschaffungssektor ist sehr abgeschottet, der "Buy American Act " manifestiert dies. Natürlichhaben europäische Unternehmen hier ein starkes Interesse an Zugang zu öffentlichenAufträgen z.B. bei Bauleistungen, bei Verkehrsinfrastruktur, bei Gütern und Dienstleistungen.Eine Angleichung oder gegenseitige Anerkennung von ähnlichen technischen Standardswürde unnötige Kosten z.B. bei Produktion und Zertifizierung beenden. So ist es zum Beispielnicht sicherheits- oder umweltrelevant, ob ein Auto ein rotes (USA) oder gelbes (EU) Blinklichthat.Es gibt zudem eine Reihe von Standardsetzungen oder steuerlichen Behandlungen, dieeindeutig keine andere Aufgabe haben, als europäische Produkte oder Dienstleistungen vomamerikanischen Markt fern zu halten. Dies sollte durch <strong>TTIP</strong> abgebaut werden. DiesePraktiken finden sich nicht nur auf der Ebene des Bundes, sondern auch bei denBundesstaaten der USA, die in vielen Fragen eine sehr große Autonomie bei derStandardsetzung haben. Insofern muss mit einem Abkommen auch sichergestellt werden,dass Vereinbarungen sowohl für die Bundesebene als auch für die einzelnen US-Bundesstaaten gelten.


Europäische Ingenieurbüros, Architekten, Kreativbüros, unternehmensnahe Dienstleiter undviele mehr würden natürlich gerne unkompliziert auf dem amerikanischen Markt tätig sein undihre qualitativ hochwertigen Leistungen dort anbieten.Das Abkommen sollte zudem verbindliche gemeinsame Maßnahmen zur Regulierung derFinanzmärkte enthalten, einschließlich der Regulierung von Finanzdienstleistungen undFinanzmarktprodukten.Den Handel ergänzende Vorschriften betreffen die Sozial- und Umwelt<strong>stand</strong>ards. <strong>TTIP</strong> bietetdaher die Chance, die Arbeitnehmerrechte in den USA zu stärken. Die grundlegenden ILO-Standards hinsichtlich der Vereinigungsfreiheit, der Anerkennung von Gewerkschaften undder Schaffung von Betriebsräten müssen dabei als Orientierung dienen und im Abkommenverankert werden. Die USA haben immer noch nicht die zentralen Kernarbeitsnormen der ILOauf Bundes- sowie auf Staatsebene ratifiziert und umgesetzt. Im Gegenteil, der Gouverneurvon Tennessee versucht mit Macht die Einrichtung eines Betriebsrates im VW-Werk inChattanooga zu verhindern. Insofern kann z.B. die Anerkennung der EU-Gesetzgebung zuEuropäischen Betriebsräten in europäischen Unternehmen in den USA im Abkommen einerster wichtiger Schritt sein. Das Abkommen kann außerdem eine Möglichkeit sein, dieAbwärtsspirale bei Lohn- und Arbeits<strong>stand</strong>ards unter Rechtfertigung der angeblichenWettbewerbssituation zu durchbrechen. Diese Chance wird auch von den US-amerikanischenGewerkschaften gesehen, die sich deshalb - genau wie die Demokraten im US-Kongress -zum ersten Mal nicht prinzipiell gegen ein Freihandelsabkommen positionieren.3) Welche Risiken gibt es: Unsere defensiven InteressenGenerell muss klar sein, dass der Besitz<strong>stand</strong> der europäischen Gesetzgebungen (AcquisCommunautaire) nicht angetastet wird. Eine Marktöffnung und ein erweiterter Wettbewerbdürfen nicht zu Lasten der Verbrauchersicherheit und der Arbeitsbedingungen gehen.So darf eine Harmonisierung oder gegenseitige Anerkennung von Standards unter <strong>TTIP</strong> nichtzu einer Herabsetzung oder Aufweichung der Standards innerhalb der Europäischen Unionführen. Gerade im Maschinenbau haben wir auf beiden Seiten des Atlantiks fundamentaleUnterschiede hinsichtlich der Sicherheitsanforderungen und einer unabhängigen und in derEU einheitlichen Zertifizierung. Auch gibt es z.B. bei den Sicherheitsanforderungen im Autogroße Unterschiede. Wir dürfen unsere hohen Standards der aktiven und passiven Sicherheitund auch des Fußgängerschutzes nicht in Frage stellen.Im Lebensmittelbereich und beim Verbraucherschutz gilt in der EU das Vorsorgeprinzip. Vorallem im Bereich der Lebensmittelsicherheit muss ausgeschlossen sein, dass Fleisch vonhormonbehandelten Tieren und bestimmte biotech Produkte in die EU eingeführt werden.Ebenso dürfen in der EU geltende SPS-Standards (sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen)und Standards in Bezug auf genveränderte Organismen durch <strong>TTIP</strong> nicht angetastet werden.Geklontes, hormonell behandeltes, genetisch verändertes Fleisch oder mit Chlorlaugegesäubertes Fleisch aus den USA darf nicht auf europäischen Tellern landen. Auch derRespekt geschützter geographischer Angaben (PGIs) stellt einen wesentlichen Teil diesesSektors dar.Im Hinblick auf Datenschutz-Standards bestehen grundlegende Unterschiede zwischen derEU und den USA. Während das individuelle Eigentum personenbezogener Daten in der EUein Grundrecht darstellt, ist dies in den USA nicht der Fall. In das <strong>TTIP</strong> gehören maximalVerabredungen über den Datenschutz von transferierten Daten. Alles andere ist in dereuropäischen Gesetzgebung zu regeln und darf von den <strong>TTIP</strong>-Verhandlungen nicht in Fragegestellt werden. Insofern ist die zügige Verabschiedung der neuen Datenschutzverordnung zurReform der EU Gesetzgebung geboten.


Die Daseinsvorsorge (Dienstleistungen von allgemeinem Interesse) hat einen hohenStellenwert innerhalb der Europäischen Union, und ihre hohe Qualität in kommunalerVerantwortung darf durch <strong>TTIP</strong> nicht bedroht werden.Eine Öffnung des Dienstleistungsbereiches via Modus 4 (vorübergehende Einreise vonnatürlichen Personen) darf den Arbeitsbedingungen in der EU (gl eiche Entlohnung undGleichbehandlung) nicht entgegenwirken. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ortmuss auch hier gelten. Es muss klare Regeln für die Beilegung von Konflikten geben. Im Fallevon Störungen des europäischen Arbeitsmarktes müssen Schutzklauseln greifen.Zurzeit wird ein erheblicher politischer Druck für eine zügige Verhandlung und einen schnellenVertragsabschluss ausgeübt. Hier ist klar Vorsicht geboten. Es kann nicht sein, dassvorschnell ein unfertiges Abkommen unterzeichnet wird. Dann besteht die Gefahr, dasswichtige Detailfragen undemokratisch nachverhandelt oder in Regelungsausschüssenaufgearbeitet werden sollen. Qualität ist vor Zeitgewinn zu stellen, damit kein Abkommenunterschrieben wird, das den europäischen Unternehmen, Arbeitnehmer_innen undBürger_innen keine greifbaren und beträchtlichen Vorzüge bietet. Bei einem so komplexenAbkommen, einem so großen Handelsvolumen und so prinzipiellen Fragen gilt allemal wie imStraßenverkehr: Sicherheit vor Schnelligkeit!4) Nicht verhandelbarDer NSA-Skandal hat das Vertrauen zwischen den Handelspartnern nachhaltig beeinträchtig.Er hat die Notwendigkeit eines Rahmenabkommens zwischen der EU und den USA zurAktivität von Geheimdiensten und deren Umgang mit Daten deutlich gemacht. Ohne einsolches Abkommen, welches parallel zum <strong>TTIP</strong>-Abkommen verhandelt werden muss undwelches den rechtlichen Schutz europäischer Bürger vor Datenspionage (Gleichstellung mitUS-Bürgern) garantieren muss, wird eine Zustimmung zum <strong>TTIP</strong>-Abkommen fürSozialdemokraten nicht möglich sein.Ein besonders kritischer Punkt im <strong>TTIP</strong>-Verhandlungsprozess ist die Frage desInvestitionsschutzes. Offenbar wollen US-Verhandler und die Europäische Kommission hiereinen sogenannten Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus vereinbaren. Dies würde esInvestoren ermöglichen, die EU oder Mitgliedsstaaten jenseits vom normalen juristischenVerfahren vor internationalen Schiedsgerichten direkt auf Entschädigung für entgangeneGewinne zu verklagen. Diese Schiedsgerichte sind höchst intransparent. So würde es privatenInvestoren ermöglicht, gegen von souveränen Staaten erlassene Gesetzgebung auch in denwichtigen Bereichen Gesundheit, Umwelt oder Verbraucherschutz vorzugehen. Das Beispielvon Vattenfall mit dem Versuch einer Klage gegen Deutschland auf 3,7 Milliarden EuroSchadenersatz im Rahmen des Atomausstiegs sollte warnendes Beispiel sein. Oft reicht aberauch allein die Androhung einer Klage, um Gesetzgebung zu verhindern oder zu verwässern.Zudem besteht die Gefahr, dass Investoren aus den USA, die in der EU tätig sind, auf diesemWege größere Rechte eingeräumt werden, als sie europäischen Unternehmen gewährt sind.Ein Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus zwischen Staaten mit zuverlässigen undentwickelten Rechtssystemen wie im Falle von <strong>TTIP</strong> ist aus Sicht der Sozialdemokratendeshalb abzulehnen. Australien hat in einem bilateralen Handelsabkommen mit den USA demVerlangen nach einem solchen Mechanismus eine Absage erteilt. Dies sollte als Vorbilddienen.5) Wer hat den Nutzen?Schon jetzt ist das Handelsvolumen mit den USA sehr groß (pro Tag werden etwa Güter undDienstleistungen im Wert von zwei Milliarden Euro bewegt). Etwa 15 Millionen Arbeitsplätzehängen an diesem Handel auf beiden Seiten des Atlantiks. Nun gibt es mehrere Studien übermögliche Effekte eines <strong>TTIP</strong> (EU -Kommission, Centre for Economic Policy Research,


Bertelsmann, IMK). Prognosen in Bezug auf wirtschaftliches Wachstum undBeschäftigungszuwachs durch ein transatlantisches Handelsabkommen sind aber mit Vorsichtzu genießen. Die Projektionen sind sehr statisch und basieren auf Langfristwirkungen (15Jahre), wobei niemand weiß, welche anderen ökonomischen Entwicklungen es in dieser Zeitgeben wird. Zudem ist völlig unklar, welchen Umfang das Abkommen haben wird. Die Frage,ob die zweifelsohne vorhandenen positiven wirtschaftlichen Effekte auch quasi automatisch zuInvestitionen und damit zu Arbeitsplätzen führen, wird ebenso nicht diskutiert. Das ist jedochein entscheidender Punkt. Wenn z.B. die deutsche Autoindustrie jährlich eine Milliarde Euro anZöllen spart, stellt sich die Frage, ob sie das Geld in Europa investiert oder in China, oder obes spekulativ angelegt wird. Insofern ist unsere Hausaufgabe in Europa, dieArbeitsbeziehungen so zu gestalten, dass die wirtschaftlichen Effekte auch zum Vorteil derArbeitnehmer_innen und zur Schaffung von hochwertigen Arbeitsplätzen genutzt werden.Deswegen und weil es sicher Gewinner und Verlierer geben wird, sind sichere undumfassende Tarifbindungen und eine Stärkung der Mitbestimmung die zentralen europäischenAufgaben zur Begleitung des <strong>TTIP</strong>.Klar ist aber auch, dass <strong>TTIP</strong> nicht der Schlüssel für die Lösung der wirtschaftlichen Problemein der EU ist. Dies darf auch nicht so dargestellt werden, da damit falsche Hoffnungen gewecktwerden. Die durch Finanzspekulationen hervorgerufene Krise und die damit verbundenenArbeitsplatzverluste sind um ein Vielfaches höher als die positivsten Prognosen der Effektedurch <strong>TTIP</strong>. Eine Lösung der wirtschaftlichen Krise und nachhaltiges Wachstum in der EUbringt nur eine andere makroökonomische Politik in der EU!6) Stand der DingeIn den bisherigen Verhandlungsrunden in 2013 wurden zunächst die unterschiedlichenPositionen gesichtet. Es liegen noch keine konkreten Verhandlungstexte vor. Voraussichtlicherst im März <strong>2014</strong> wird es erste Textbausteine als Verhandlungsgrundlage für ein Abkommengeben. Dies macht deutlich, dass noch viele Frage zu klären sind.Klar ist: Die Stärkung von Arbeitnehmerrechten und die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze –das passt zu uns Sozialdemokraten. Deshalb lohnt es sich, anzupacken und mitzugestalten.Es wäre grob fahrlässig, es nicht mindestens zu versuchen. Unsere sozialdemokratischenPositionen sind klar. Die EU-Kommission weiß also, worauf es den sozialdemokratischenEuropaabgeordneten ankommt. Sie muss in den Verhandlungen beweisen, dass sie Willensist, dies auch umzusetzen. Ansonsten werden wir Sozialdemokraten dem Abkommen nichtzustimmen. Ohne die Zustimmung des Europäischen Parlaments wird das Abkommen nicht inKraft treten. Dass wir unser Vetorecht sehr ernst nehmen, hat die deutliche Ablehnung desgeplanten ACTA-Abkommens durch das EP - und damit sein Scheitern - gezeigt. Bis zurEntscheidung über <strong>TTIP</strong> werden die Verhandlungen in engem Austausch mit derEuropäischen Kommission genauestens verfolgt. Das Europäische Parlament wird erst in dernächsten Legislatur frühestens in 2015 über seine Zustimmung zu dem Abkommenentscheiden. Dann hat das EP wieder das entscheidende Wort. Insofern sind die Wahlen zumnächsten Europäischen Parlament am 25. Mai <strong>2014</strong> auch in dieser Frage von grundlegenderpolitischer Bedeutung. Handel ist kein Selbstzweck, sondern muss die Situation vonArbeitnehmer_innen verbessern und grundlegende Umwelt- und Sozial<strong>stand</strong>ardsberücksichtigen, dafür stehen wir Sozialdemokraten.Brüssel, 12. Dezember 2013Zum Autor: Bernd Lange ist handelspolitischer Sprecher der Fraktion der Sozialdemokraten imEuropäischen Parlament. Mehr Informationen unter www.bernd-lange.de.


EUROPÄISCHES PARLAMENT 2009 – <strong>2014</strong>Plenarsitzungsdokument15.5.2013 B7-0195/2013ENTSCHLIESSUNGSANTRAGeingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommissiongemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnungzu den Verhandlungen der EU mit den Vereinigten Staaten von Amerika überein Handels- und Investitionsabkommen(2013/2558(RSP))Yannick Jadot, Franziska Keller, Bart Staesim Namen der Verts/ALE-FraktionRE\936321DE.docPE509.824v01-00DE In Vielfalt geeint DE


B7-0195/2013Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Verhandlungen der EU mit denVereinigten Staaten von Amerika über ein Handels- und Investitionsabkommen(2013/2558(RSP))Das Europäische Parlament,– unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des EU-US-Gipfeltreffens vom28. November 2011 und die gemeinsame Erklärung des Transatlantischen WirtschaftsratsEU-USA (TEC) vom 29. November 2011,– unter Hinweis auf den Abschlussbericht der Hochrangigen Arbeitsgruppe für Wachstumund Beschäftigung (HLWG) vom 11. <strong>Februar</strong> 2013 1 ,– unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung vom 13. <strong>Februar</strong> 2013 des US-PräsidentenBarack Obama, des Präsidenten der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso unddes Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy 2 ,– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates vom 7. und8. <strong>Februar</strong> 2013 3 ,– unter Hinweis auf den Projektabschlussbericht des Centre for Economic Policy Research(Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung, London) vom März 2013 mit dem Titel„Reducing Transatlantic Barriers to Trade and Investment: An Economic Assessment“(Abbau der transatlantischen Hindernisse für Handel und Investitionen: Einewirtschaftliche Bewertung) 4– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,A. in der Erwägung, dass die EU und die USA beim internationalen Handel und deninternationalen Investitionen weltweit an der Spitze stehen und gemeinsam fast die Hälftedes weltweiten BIP erwirtschaften und ein Drittel des Welthandels auf sich vereinigen;B. in der Erwägung, dass die Märkte der EU und der USA fest miteinander verflochten sind,wobei täglich Güter und Dienstleistungen im Wert von durchschnittlich knapp2 Mrd. EUR bilateral gehandelt und somit Millionen von Arbeitsplätzen in beidenVolkswirtschaften abgesichert werden, und in der Erwägung, dass die Investitionen derEU und der USA – die bilateralen Investitionen hatte 2011 einen Gesamtwert von über2,394 Billionen EUR – die eigentlichen Antriebskräfte der transatlantischen Beziehungensind;C. in der Erwägung, dass der von der Europäischen Kommission auf der Grundlage einesBerichts des Centre for Economic Policy Research erstellte Folgenabschätzungsbericht, in1 http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2013/februar/tradoc_150519.pdf2 http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-13-94_en.htm3 http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/en/ec/135324.pdf4 http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2013/märz/tradoc_150737.pdfDEPE509.824v01-00 2/8 RE\936321DE.doc


dem bis 2027 beträchtliche gesamtwirtschaftliche Gewinne sowohl für die EU(119,2 Mrd. EUR jährlich) als auch die USA (94,9 Mrd. EUR jährlich) vorausgesagtwerden, auf fragwürdigen Annahmen hinsichtlich der Anzahl und des Wertesanwendbarer nichttarifärer Handelshemmnisse und des Ausmaßes weltweiterAusstrahlungseffekte beruht;D. in der Erwägung, dass die EU und die USA gemeinsame Werte, vergleichbareRechtssysteme sowie hohe Arbeits- und Umweltschutznormen aufweisen, durch derenBerücksichtigung das Vorhaben einer transatlantischen Handels- undInvestitionspartnerschaft stärker gestützt würde als durch die fragwürdige Ökonometriedes berechenbaren allgemeinen Gleichgewichtsmodells;E. in der Erwägung, dass die EU und die USA neue Möglichkeiten für eine dauerhafte undnachhaltige Wirtschaftsbelebung entwickeln müssen;F. in der Erwägung, dass die HLWG im Anschluss an den EU-US-Gipfel im November 2011beauftragt wurde, Optionen zur Steigerung der Handels- und Investitionstätigkeit zuermitteln, um die Schaffung von Arbeitsplätzen, das Wirtschaftswachstum und dieWettbewerbsfähigkeit zum beiderseitigen Nutzen zu fördern; in der Erwägung, dass dieHLWG in ihrem Abschlussbericht zu dem Schluss gekommen ist, dass ein umfassendesHandels- und Investitionsabkommen beiden Volkswirtschaften den größten Nutzenbrächte;G. in der Erwägung, dass das Parlament in seiner Entschließung vom 23. Oktober 2012 1 dieNotwendigkeit bekräftigt, „die historische transatlantische Differenz bei Themen wie derAnpflanzung gentechnisch veränderter Organismen oder bestimmten Fragen zumTierschutz zu berücksichtigen“ (Ziffer 10), betont, „dass eine Angleichung derRegelungs<strong>stand</strong>ards der EU und der USA darauf ausgerichtet sein sollte, denhöchstmöglichen gemeinsamen Standard zu erzielen und auf diese Weise auch dieProduktsicherheit für Verbraucher zu verbessern“ (Ziffer 11), „vertritt die Ansicht, dassDatenschutz<strong>stand</strong>ards aufgrund der zunehmenden Bedeutung des elektronischen Handelseine wesentliche Rolle beim Schutz der Verbraucher sowohl in der EU wie auch in denUSA spielen“ (Ziffer 16), und „unterstreicht, dass die EU und die USA äußerstunterschiedliche Definitionen von öffentlichen Dienstleistungen und Dienstleistungen vonallgemeinem wirtschaftlichem Interesse vertreten, und empfiehlt eine genaue Definitiondieser Bedingungen“ (Ziffer 19);H. in der Erwägung, dass die Stärkung des multilateralen Systems auch weiterhin einentscheidendes Ziel ist, das eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaftallein durch ihr Gewicht im internationalen Handel stark beeinflussen würde, aber nichtinfrage stellen darf;I. in der Erwägung, dass die Kommission am 12. März 2013 vorgeschlagen hat, dieEröffnung von Verhandlungen und den Entwurf von Verhandlungsrichtlinien zur Prüfungdurch den Rat zu billigen;1. ist weiterhin in keiner Weise davon überzeugt, dass der Beginn der Verhandlungen über1 Angenommene Texte, P7_TA(2012)0388.RE\936321DE.doc 3/8 PE509.824v01-00DE


eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft derzeit dringlich ist; ist derAuffassung, dass die Erwartungen im Hinblick auf die von der Kommission auf derGrundlage der Folgenabschätzung prognostizierten wirtschaftlichen Gewinne, die sich fürdie EU aus einer Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft ergebenwürden, unrealistisch sind; ist daher der Auffassung, dass die Transatlantische HandelsundInvestitionspartnerschaft nicht als wesentlicher Beitrag zur Überwindung derderzeitigen Wirtschaftkrise in der Union angesehen werden kann; ist der Überzeugung,dass eine Stärkung der Arbeit des Transatlantischen Wirtschaftsrates (TEC) eher als eineTransatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zu einer engeren transatlantischenZusammenarbeit führen könnte, was die Festsetzung von Normen, insbesondere für dieMarkteinführung künftiger Technologien, angeht;Strategischer, politischer und wirtschaftlicher Kontext2. ist der Überzeugung, dass jede weitere Integration der Weltwirtschaft auf einengrundlegenden ökologischen Wandel unseres Wirtschaftsverhaltens und die langfristigeNachhaltigkeit unserer Volkswirtschaften ausgerichtet sein muss; ist der Überzeugung,dass die strategische Bedeutung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und denUSA erneut bestätigt und vertieft werden sollte, indem die EU und die USA gemeinsameWege konzipieren, um sich den gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungenzu stellen, die sich für den Welthandel, Investitionen und handelsbezogeneAngelegenheiten ergeben, wie etwa Standards, Normen und Vorschriften;3. ist sich bewusst, dass die Vertiefung der transatlantischen Integration und die Entwicklungneuer gemeinsamer Ansätze für den Welthandel tiefgreifende Auswirkungen auf andereVolkswirtschaften und die Funktionsfähigkeit der multilateralen Handelssysteme imRahmen der WHO haben werden; ist daher der Auffassung, dass die neuentransatlantischen Ansätze für den Welthandel dem Geist der bestehenden weltweitenAbkommen folgen müssen, in denen die sozialen und ökologischen Ziele sowie die Zielein Bezug auf die Menschenrechte festgelegt sind, und außerdem ein überzeugendesBeispiel für ihre gewissenhafte Umsetzung liefern müssen;4. erkennt die Herausforderungen an, die eine vertiefte transatlantische Integration für dieEU-Wirtschaft mit sich bringt, da die Wirtschaftsstrukturen der USA und der EU starkwettbewerbsgeprägt sind, was durch die andauernde Wirtschaftskrise, die Situation aufden Finanzmärkten und die Finanzierungsbedingungen, die hohe öffentlicheVerschuldung, hohe Arbeitslosenquoten und die mäßigen Wirtschaftsaussichten nochverstärkt wird; betont daher die Notwendigkeit einer ehrgeizigen gemeinsameneuropäischen Industriepolitik, die der Haltung der Union zur Abschaffung vonIndustriezöllen, der Rohstoff- und Energiepolitik, der Wettbewerbspolitik und der Politikauf dem Gebiet des geistigen Eigentums, den Standort- und Leistungsanforderungen, derRolle des öffentlichen Auftragswesens beim Übergang hin zu einer grünen Wirtschaft undder regulatorischen Zusammenarbeit bei Zukunftstechnologien als Grundlage dient;5. ist der Überzeugung, dass die geplante Transatlantische Handels- undInvestitionspartnerschaft von ihrer Konzeption her weit über die bisherigen bilateralenHandelsabkommen der EU hinausgeht und daher ein Höchstmaß an Transparenz und dieaktive Einbindung sämtlicher Interessenträger auf allen Verhandlungsebenen erforderlichDEPE509.824v01-00 4/8 RE\936321DE.doc


macht; fordert deshalb die Einrichtung eines Beratergremiums aus Interessenträgern, daskontinuierlich und umfassend von der Kommission über die laufenden Verhandlungenunterrichtet wird;Der Abschlussbericht der HLWG6. zeigt sich enttäuscht darüber, dass die im HLWG-Bericht ausgesprochene Empfehlung,Verhandlungen über ein umfassendes Handels- und Investitionsabkommen aufzunehmen,die die Grundlage des Entwurfs für das Verhandlungsmandat des Rates für dieKommission und die Benachrichtigung des US-Kongresses durch den US-Handelsbeauftragten darstellt, keinerlei Bezug auf andere Erwägungen nimmt, die überdie rein bilateralen Wirtschaftswachstumsparameter hinausgehen, welche überdiesangesichts der anhaltenden Wirtschafts- und Finanzkrise auf beiden Seiten des Atlantikfraglich sind;7. gibt warnend zu Bedenken, dass die im Abschlussbericht vorgenommene Betonung derAspekte (i) ehrgeizige Verbesserung des gegenseitigen Marktzugangs für Güter,Dienstleistungen, Investitionen und die öffentliche Auftragsvergabe auf allenVerwaltungsebenen, (ii) Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse und Verbesserung derVereinbarkeit von Regulierungsvorschriften, und (iii) Entwicklung gemeinsamer Regelnzum Umgang mit gemeinsamen globalen Herausforderungen und Möglichkeiten imBereich des Handels nur dann ihr Potential entfalten wird, wenn gemeinsame Wertezugrunde liegen, die auf eine transatlantische Führungsrolle bei der globalenÖkologisierung der wirtschaftlichen Tätigkeiten ausgerichtet sind; gibt zu bedenken, dasseine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft in Ermangelung einergemeinsamen ökologischen Grundlage im Wesentlichen dazu führen würde, dass sich derWettbewerbsdruck erhöht, die Arbeitslosigkeit steigt und die weltweite Kluft zwischenkonkurrierenden regionalen Wirtschaftsblöcken vergrößert, und somit zur Störung desmultilateralen Handelssystems beitragen würde;8. vertritt die Auffassung, dass angesichts der bereits bestehenden niedrigendurchschnittlichen Zölle der Schlüssel für die Ausschöpfung des Potentials dertransatlantischen Beziehungen in der Beseitigung nichttarifärer Handelshemmnisse liegenkönnte, die meist in den Zollverfahren und regulatorischen Beschränkungen hinter derGrenze bestehen, sofern dieses Konzept nicht missbraucht wird, um werteorientierteregulatorische Beschränkungen zu untergraben; betont, dass viele der regulatorischenBeschränkungen in transatlantischen Divergenzen hinsichtlich Gesundheits-, SicherheitsundUmwelt<strong>stand</strong>ards und der Rolle des Staates begründet liegen; hält eine gemeinsame,ehrgeizige Vision von den künftigen sozialen und ökologischen Anforderungen desglobalen Wirtschaftssystems für einen wesentlichen Faktor, um das Potential dertransatlantischen Beziehungen auszuschöpfen;9. begrüßt die Empfehlung, neue Wege zur Minderung von unnötigen regulierungsbedingtenKosten und verwaltungstechnischen Verzögerungen zu sondieren und gleichzeitig denGesundheits-, Sicherheits- und Umweltschutz auf einem Niveau sicherzustellen, das vonden beiden Seiten jeweils als angemessen erachtet wird oder anderweitig durchregulatorische Ziele gerechtfertigt ist; betont, dass es jeder Seite weiterhin frei stehenmuss, im Interesse höherer gemeinsamer Standards in Absprache mit der anderen Seite einRE\936321DE.doc 5/8 PE509.824v01-00DE


höheres Niveau beim Sozial-, Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltschutzvorzuschreiben;10. ist der Auffassung, dass der HLWG-Abschlussbericht in Bezug auf Arbeitsrechte undGesundheitsschutz nicht ehrgeizig genug ist; kritisiert außerdem den mangelnden Ehrgeizin Bezug auf eine einheitliche Standardisierung neu entstehender Technologien;Verhandlungsmandat11. fordert den Rat auf, die Eröffnung von Verhandlungen vom Abschluss eines Transparenz-Abkommens mit den Vereinigten Staaten abhängig zu machen, in dem im Einklang mitden bei NAFTA-Verhandlungen und von der WHO angewandten Standards die zeitnaheVeröffentlichung von Textentwürfen in allen Verhandlungsphasen vorgesehen wird; weistdarauf hin, dass es die regulatorische Zusammenarbeit als ein Schwerpunkt dertransatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft erforderlich macht,Regulierungsstellen und Legislativorgane sowie Interessenträger frühzeitig in dieVorschläge einzubinden; betont daher die Notwendigkeit eines kontinuierlichen,frühzeitigen und aktiven Austausches mit allen Interessenträgern auf der Grundlage einervölligen Transparenz des Verfahrens;12. fordert den Rat nachdrücklich auf, seine Beratungen über das Verhandlungsmandat für dieKommission direkt zu übertragen und sein endgültiges Verhandlungsmandat zuveröffentlichen, um ein Zeichen für einen neuen Geist der Transparenz beiHandelsverhandlungen zu setzen;13. bekräftigt seine Unterstützung für ein Handels- und Investitionsabkommen mit den USA,das auf die langfristige Tragfähigkeit beider Volkswirtschaften ausgerichtet ist und das dieSchaffung hochwertiger Arbeitsplätze für europäische Arbeitnehmer unterstützen, denVerbrauchern und der Umwelt zugute kommen, bestehende Normen in den BereichenVerbraucherschutz, Gesundheit, Tierschutz und Umwelt auf dem höchsten gemeinsamenNiveau verbinden und Unternehmen in der EU neue Möglichkeiten eröffnen würde;14. fordert den Rat auf, ein präzises Mandat vorzuschlagen und dabei anzugeben, welcheThemen innerhalb eines anderen Zeitrahmens und unabhängig von der TransatlantischenHandels- und Investitionspartnerschaft verhandelt werden könnten;15. fordert den Rat auf, von dem Verhandlungsmandat den Marktzugang zu öffentlichenDienstleistungen sowie jegliche regulatorische Zusammenarbeit ausdrücklichauszunehmen, die die Ausnahmeregelungen für öffentliche Versorgungseinrichtungen aufhorizontaler Ebene gefährdet oder unmittelbar oder mittelbar den Druck erhöht, denöffentlichen Dienstleistungssektor zu liberalisieren;16. fordert den Rat zudem auf, die Liberalisierung audiovisueller Dienste ausdrücklich vondem Verhandlungsmandat auszunehmen; betont, dass die regulatorische Zusammenarbeitin Bereichen im Zusammenhang mit der kulturellen und sprachlichen Vielfalt den Statusquo in der Union nicht gefährden darf, was das Recht auf kulturelle und sprachlicheVielfalt angeht;17. betont, dass es erwartet, dass das Verhandlungsmandat eine klare Zusicherung enthält,DEPE509.824v01-00 6/8 RE\936321DE.doc


dass der Besitz<strong>stand</strong> der Union hinsichtlich des Gesundheitsschutzes, derProduktsicherheit, des Tierschutzes und der Umwelt nicht verhandelbar ist, sowie eineBestätigung der Grundsätze verlangt, die der bestehenden Regulierungstätigkeit der Unionzugrunde liegen, wie etwa das Vorsorgeprinzip, das Recht auf Datenschutz, die Achtungder gemeinsamen Präferenzen, die Multifunktionalität der Landwirtschaft und dieSubsidiarität;18. weist darauf hin, dass der Schutz der Rechte des geistigen Eigentums (IPR) ein vongroßen Divergenzen zwischen den transatlantischen Partnern geprägter Bereich ist, dereine Abstimmung über Ausnahmen von Rechten, Beschränkungen der Rechtsmittel undeine angemessene Durchsetzung erfordert und daher erst in einer späterenVerhandlungsphase behandelt werden sollte;19. begrüßt insbesondere die Empfehlung der HLWG, dass sich die EU und die USA mitumwelt- und arbeitstechnischen Aspekten des Handels und der nachhaltigen Entwicklungbefassen sollten; fordert den Europäischen Rat und die Kommission auf, daraufhinzuwirken, dass die Arbeits- und Umweltvorschriften umfassend durchsetzbar sind;fordert den Rat auf, Verhandlungen über die ökologischen Auswirkungen vonProduktions- und Verarbeitungsmethoden sowie die Grundsätze eines gemeinsamen undmöglicherweise globalen CO 2 -Marktes in sein Mandat einzubeziehen;20. bekräftigt seine Unterstützung für den Abbau unnötiger regulatorischer Hindernisse, dienicht auf berechtigten Interessen in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit, Tier- undUmweltschutz beruhen;21. fordert den Rat auf, im Verhandlungsmandat zu bestätigen, dass es beiden Partnernfreisteht, auch im Falle wissenschaftlicher Unsicherheit Normen festzulegen unddurchzusetzen, die einen höheren Gesundheits- und Umweltschutz als nach demAbkommen erforderlich vorsehen, und festzustellen, dass solche Maßnahmen nach denBestimmungen des Abkommens nicht infrage gestellt werden können;22. fordert den Rat auf, im Verhandlungsmandat zu bestätigen, dass es beiden Partnernfreisteht, strikte Rechtsvorschriften über Finanzinstitutionen und Finanztransaktionen zuerlassen, und festzustellen, dass derartige Maßnahmen nach den Bestimmungen desAbkommens nicht infrage gestellt werden können;23. vertritt die Auffassung, dass das gut funktionierende Justizsystem und der strikte Schutzvon Rechten des geistigen Eigentums auf beiden Seiten des Atlantik spezifischeBestimmungen über den Investorenschutz überflüssig machen; fordert den Rat auf, US-Investoren nicht mehr Rechte zu gewähren als heimischen Investoren und die Option aufeine Streitbeilegung zwischen Investoren und dem Staat vom Verhandlungsmandatauszunehmen;24. ist der Auffassung, dass das Abkommen den Grundrechtsnormen der EU umfassendRechnung tragen sollte, indem eine Menschenrechtsklausel aufgenommen wird; ist derAnsicht, dass das Abkommen die EU-Datenschutzvorschriften, einschließlich der zuinternationalen Überweisungen, umfassend achten und eine Ausnahme in Bezug aufDatenschutz im Sinne von Artikel XIV des Allgemeinen Abkommens über den Handelmit Dienstleistungen (GATS) vorsehen sollte;RE\936321DE.doc 7/8 PE509.824v01-00DE


25. fordert den Rat auf, die Kommission zu beauftragen, in allen VerhandlungsphasenFolgenabschätzungen wie etwa Prüfungen der Wettbewerbsfähigkeit vorzusehen, die dieAuswirkungen einer bilateralen Liberalisierung des Handels auf die Arbeitsplätze und dieUmwelt ordnungsgemäß und branchenspezifisch analysieren, und alle Vorschlägehinsichtlich der Festlegung einer regulatorischen Äquivalenz oder der gegenseitigenAnerkennung in einer frühen Phase ihrer Verhandlungen den zuständigen gesetzgebendenKörperschaften vorzulegen;26. weist darauf hin, dass die Qualität Vorrang vor der Zeit haben sollte, und vertraut darauf,dass die Verhandlungen nicht in einem vorschnellen Abschluss münden, der nicht aufeiner aus Verbraucher- und Umweltsicht angemessenen Risikobewertung beruht undkeine greifbaren und substanziellen Vorteile für unsere Umwelt, unsere Unternehmen,Arbeitnehmer, Verbraucher und Bürger mit sich bringt;Die Rolle des Parlaments27. ist entschlossen, die Verhandlungen mit den USA aufmerksam zu verfolgen und zu einemerfolgreichen Ergebnis beizutragen; weist die Kommission auf ihre Verpflichtung hin, dasParlament in allen Verhandlungsphasen (vor und nach den Verhandlungsrunden)unverzüglich und umfassend zu unterrichten;28. ist entschlossen, eng mit dem Rat, der Kommission, dem Kongress der USA, derRegierung der USA und den betroffenen Parteien zusammenzuarbeiten, um daswirtschaftliche, soziale und ökologische Potential der transatlantischenWirtschaftsbeziehungen voll auszuschöpfen;29. weist darauf hin, dass das Parlament gemäß den Bestimmungen des Vertrags über dieArbeitsweise der Europäischen Union aufgefordert wird, seine Zustimmung zumkünftigen Abkommen über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zuerteilen, und dass seine Positionen daher in allen Phasen in angemessener Weiseberücksichtigt werden sollten;ooo30. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, denRegierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung der USA zuübermitteln.DEPE509.824v01-00 8/8 RE\936321DE.doc


A N H A N GPresseschauA) Zweifelhafter Schutz für InvestorenSüddeutsche Zeitung, 5.2.<strong>2014</strong>Die EU-Kommission überarbeitet umstrittene Klauseln zum Freihandelsabkommen. Auch inden USA wächst der Wider<strong>stand</strong>München/ New York - Der Atomausstieg könnte für Deutschland teuer werden. Derschwedische Konzern Vattenfall hat gegen die Bundesregierung vor einem Schiedsgericht inden USA geklagt und verlangt mehr als drei Milliarden Euro Schadensersatz. SolcheInvestitionsschutzklagen könnte es künftig häufiger geben, wenn Europa und die USA ihrumstrittenes Freihandelsabkommen <strong>TTIP</strong> vereinbaren, warnen Kritiker -und bringen so dieEU-Kommission und das Abkommen unter Druck.EU-Handelskommissar Karel de Gucht will daher im März einen Vorschlag vorlegen, wiesolche missbräuchlichen Klagen zu stoppen sind. Ein Novum ist auch, dass dann erstmalsDetails aus dem Vertragsentwurf veröffentlicht werden sollen. Dabei geht es insbesondereum die Investitionsschutzklauseln. Bislang wird hinter verschlossenen Türen verhandelt, überden Inhalt der Gespräche ist kaum etwas bekannt. Nach Informationen der SüddeutschenZeitung soll eine Reihe von Regeln verhindern, dass Konzerne Umwelt- undGesundheits<strong>stand</strong>ards aushebeln und abkassieren. Schwammige Postulate in bisherigenAbkommen wie das Gebot eines "fairen" oder "gerechten" Umgangs mit Investoren bötenKonzernen zu viele Klagemöglichkeiten, heißt es aus der Kommission.Stattdessen sollen die Regelungen sicherstellen, dass eine Regierung etwa einen giftigenStoff verbieten oder Atomkraftwerke abschalten lassen kann, ohne dass dies als Enteignungschadensersatzpflichtig ist. Voraussetzung wäre nur, dass die Firma nicht anders behandeltwird als Konkurrenten. De Gucht will auch verhindern, dass Konzerne ihre Anwälte in einemSchiedsgericht über die Klage mitentscheiden lassen. Verliert eine Partei vor demSchiedsgericht, soll sie anders als bisher in Berufung gehen können.Der Handelskommissar will auch verhindern, dass Konzerne Regeln zum Investitionsschutzmissbrauchen. Beispiel ist der chinesische Versicherer Ping An. Als dieser 2007 bei derbelgischen Bank Fortis einstieg, war das sehr riskant: Seit einem halben Jahr kochte dieFinanzkrise. Fortis wurde vom Staat gerettet und zerschlagen, der Versicherer verlor vielGeld. Ping An verbucht das aber nicht als unternehmerisches Risiko, sondern klagt vor eineminternationalen Schiedsgericht gegen Belgien auf 1,8 Milliarden Euro Schadensersatz.Auch dem CDU-Abgeordneten Peter Beyer, Berichterstatter seiner Fraktion fürtransatlantische Beziehungen, bereitet der Schutz von Investoren Sorgen. Er reist derzeitdurch die USA, um die Chancen des Abkommens zu sondieren. "Deutschland will diesenInvestorenschutz nicht", sagte Beyer. Unternehmer könnten sich nicht jedes Risiko absichernlassen. Die Bundesregierung werde das Abkommen aber auch nicht an dieser Frage scheiternlassen. "Dazu ist <strong>TTIP</strong> viel zu wichtig." Wie es in New York hieß, könnte die Lösung in einem


"modifizierten Investorenschutz" liegen: Eine Firma könnte danach die umstrittenenSchiedsgerichte erst anrufen, wenn der ordentliche Rechtsweg ausgeschöpft ist.In Washington traf sich der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Harry Reid, mitPräsident Barack Obama. Reid hatte sich zuletzt überraschend deutlich von ObamasFreihandels-Programm distanziert. Die stellvertretende Handelsbeauftragte von Obama,Miriam Sapiro, warb in New York für das Abkommen. "Wir arbeiten hart, um mit starkerUnterstützung beider Parteien das Handelsproblem zu lösen. Zugleich ringen wir um. einAbkommen, das den Export von Gütern und Dienstleistungen erleichtert." Ängste, einAbkommenkönnte Umwelt- und Sicherheits<strong>stand</strong>ards aushebeln, seien unbegründet. A.HAGELÜKEN, S. LIEBRICH, N. PIPER (c) Süddeutsche Zeitung GmbH, MünchenB) Trojanisches Abkommen - GASTKOMMENTARHandelsblatt, Seite 13 (05.02.<strong>2014</strong>)Die transatlantische Freihandelszone weist viele Fallstricke auf, befürchtet Brun-HagenHennerkes.Das Wort "Freihandel" klingt nicht nur verlockend - Freihandel ist für viele exportorientiertedeutsche Firmen in der Tat von existenzieller Bedeutung. Mit mehr als 1 200Weltmarktführern beherrschen sie viele wichtige Geschäftsfelder im Maschinenbau, in derHauselektrik, Nahrungsmittelherstellung, Medizintechnik, Bauchemie und als Kfz-Zulieferer.Für diese deutschen Unternehmen ist eine transatlantische Freihandelszone eine durchausbegrüßenswerte Initiative.Der kluge Mittelständler jedoch hat längst erkannt, dass sich ein solches Abkommenzwischen der EU und den USA als trojanisches Pferd entpuppen könnte, falls nicht dieWirtschaftsverbände mit Unterstützung der deutschen Regierung von Beginn an einwachsames Auge auf diesen Vorgang werfen.Wie notwendig dies ist, zeigt die Erfahrung der jüngeren Vergangenheit. Seinerzeit hatte eininternational besetzter Board in London neue Bilanzregeln ins Gespräch gebracht, obwohlweder unsere Familienunternehmen noch die deutsche Regierung an diesen Gesprächenbeteiligt waren. Nur unter großen Mühen konnte der dort vorgelegte Entwurf nachträglichden deutschen Interessen angepasst werden.Die Situation heute ist keine andere: Wenn die EU mit den USA über das geplanteFreihandelsabkommen spricht, tritt die EU als Treuhänder unser aller Interessen auf. Es istkein gutes Signal, wenn diese Verhandlungen von der EU ausdrücklich als "geheim"eingestuft werden. Der Brüsseler Apparat hat sich stets darin gefallen, seine Unabhängigkeitzu beweisen, indem er sich nachdrücklich gegen deutsche Interessen gestellt hat.Die Beispiele hierfür sind Legion: Die Europäische Kommission war bisher nicht in der Lage,selbst so einfache Produkte wie deutsche Qualitätsfenster in Europa ohne Barrierenhandelbar zu machen. Deutsche Hersteller, die ihre Produkte auf den französischen Marktbringen wollten, mussten sich einer Untersuchung des staatlichen Prüflabors CSTB in


Frankreich unterziehen. Dabei ist es eine anerkannte Tatsache, dass der technischeLeistungs<strong>stand</strong>ard deutscher Fenster weltweit unangefochten an der Spitze steht.Auch der Streit um das Kältemittel in Autoklimaanlagen der Firma Daimler zeigt, mit welchenWiderständen alle deutschen Firmen in der EU-Spitze zu kämpfen haben. Die US-FirmaHoneywell versucht auf allen Wegen, das von ihr vertriebene Klimamittel gegen Daimler inStellung zu bringen. Obwohl das deutsche Kraftfahrzeugbundesamt dieses Produkt alsgesundheitsgefährdend eingestuft hat, erdreistete sich die EU, gegen Deutschland einVertragsverletzungsverfahren einzuleiten. Leider spielt die Berliner Politik diesen Vorgangherunter.Einen anderen Pferdefuß des Abkommens kennen wir schon: Verstöße eines Vertragsstaatesgegen den Investorenschutz sollen von einem international besetzten Schiedsgerichtverhandelt werden. Dort sitzen dann Anwälte internationaler Großkanzleien, die nach derPfeife der amerikanischen Investoren tanzen. Deutsche Unternehmenskultur - Begriffe wieNachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit und soziale Akzeptanz - sind in diesem Kreis völligunbekannt, sie werden dort eher belächelt.Der Autor ist Vor<strong>stand</strong> der Stiftung Familienunternehmen. Sie erreichen ihn unter:gastautor@handelsblatt.com (c) Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH, DüsseldorfC) Feuer unter FreundenSüddeutsche Zeitung, München, Seite 17 (04.02.<strong>2014</strong>)Die Gegner eines europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommens formieren sich underhalten nun Unterstützung der Demokraten im US-Kongress. Mit im Boot ist einer derwichtigsten Verbündeten von Präsident ObamaVON ALEXANDER HAGELÜKEN UND NIKOLAUS PIPERNew York/ München - Im Krieg würde man so etwas "friendly fire" nennen, Beschuss aus deneigenen Reihen. Harry Reid, 7 4, ist Senator des US-Bundesstaates Nevada, Mehrheitsführerder Demokraten im Senat und einer der wichtigsten Verbündeten von Barack Obama. Fürden Präsidenten ist es ohnehin schwierig, im Kongress etwas zu erreichen, ohne Reid ist esunmöglich. Dieser Harry Reid erklärte nun vorige Woche überraschend, er sei nicht bereit,ein "Fast-Track"-Gesetz zu unterstützen, das es dem Präsidenten erlauben würde,internationale Handelsverträge beschleunigt durch den Kongress zu bringen.Es war ein empfindlicher Schlag für Obama. Zu seinen Zielen gehört es, die US-Exporte zufördern und so neue Jobs zu schaffen. Nach anfänglichem Zögern hatte er sich auch hinterdas Projekt einer transatlantischen Freihandelszone gestellt. Und genau dieses Abkommen -die Transatlantic Trade and Investment Partnership könnte Opfer der neuen Taktik Reidswerden. "Fast Track" gehört zu den Feinheiten der Gesetzgebungsmaschine Washingtons,das Prinzip ist aber einfach: So kann der Kongress komplexe Handelsverträge der USAauseinandernehmen und über jeden Punkt einzeln abstimmen. Damit hätten die Senatorenund Abgeordneten die Möglichkeit, sich einfach die für sie angenehmsten Teile eines


Abkommens herauszupicken - kein Handelspartner der USA könnte sich auf so etwaseinlassen. Damit die Regierung überhaupt Handelsabkommen abschließen kann, muss derKongress auf sein Recht der Einzelabstimmung verzichten. Dieser Verzicht wird in einem"Fast-Track"-Gesetz festgehalten - und genau dem verweigert sich Reid jetzt.Über seine Motive muss man nicht lange spekulieren: Im November stehen in den USAKongresswahlen an, und die Demokraten müssen kämpf en, um ihre Mehrheit im Senat zuhaltenund ihren "Rück<strong>stand</strong> im Repräsentantenhaus nicht größer werden zu lassen. Dabeisind die Gewerkschaften als Verbündete der Demokraten von zentraler Bedeutung. Und diesind dem Freihandel gegenüber traditionell skeptisch eingestellt. Konkret geht es ihnenweniger um das transatlantische Abkommen <strong>TTIP</strong> - es wird in der amerikanischenÖffentlichkeit bisher kaum wahrgenommen -, sondern um das Abkommen TPP mit elfAnrainerstaaten des Pazifik. Die Gewerkschaften fürchten, mehr Freihandel werde lediglichdazu führen, dass noch mehr Jobs aus Amerika nach Asien exportiert werden. DerGewerkschaftsbund AFL-CIO lancierte eine Petition, um "Fast Track" zu stoppen. Diezuständige Referentin, Celeste Drake, erklärte, notwendig sei ein "neuer Ansatz in derHandelspolitik, der uns allen Vorteile bringt und nicht nur ein paar Privilegierten".Der Protest der US-Gewerkschaften mag sich gegen den Freihandel im Pazifik richten, erkönnte aber auch das transatlantische Abkommen zu Fall bringen. Der Grund: Auch inEuropa wird <strong>TTIP</strong> zunehmend unpopulärer. Beim Start der Verhandlungen vor einem Jahrwar die Freihandelszone zunächst ein Thema für Experten. Inzwischen habenglobalisierungskritische Gruppen ihre Anhänger gegen <strong>TTIP</strong> mobilisiert und im Netz allein inDeutschland 330 000 Stimmen für einen Stopp gesammelt. Die Kritiker fürchten, die USAwollten genveränderte Lebensmittel, hormonbehandeltes Fleisch oder mit Chlordesinfizierte Hühnchen exportieren.Zum Hauptstreitpunkt hat sich der Investorenschutz entwickelt. Dabei geht es um eineRegelung, nach der ein ausländischer Investor vor Schiedsgerichten auf Schadensersatzklagen kann, wenn er durch den Politikwechsel seine Rechte verletzt sieht.Freihandelsgegner fürchten, dass ausländische Unternehmen so nationale Standardsaushebeln könnten. Als Beispiel gilt ihnen der Fall Lone Pine. Das Unternehmen mit Sitz imUS-Bundesstaat Delaware hatte von der kanadischen Regierung das Recht erworben, inQuebec nach unkonventionellen Gasvorkommen zu bohren. Kurze Zeit danach verhängte dieProvinz Quebec ein Moratorium über das "Fracking"-Verfahren, mit dem das Erdgasgefördert wird. Daraufhin klagte Lone Pine auf 250 Millionen Dollar Schadensersatz undberief sich dabei auf das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta.EU-Handelskommissar Karel de Gucht sieht sich unter Druck und bereitet eine öffentlicheAnhörung der Kritiker vor. Gleichzeitig rief er Europas Regierungen auf, für das Abkommenzu werben. Doch so ganz kann er sich ihrer Unterstützung nicht mehr sicher sein. Auf einerSitzung des handelspolitischen Ausschusses der EU in Brüssel zitierte der deutsche Vertretereine zunehmende Ablehnung in der Öffentlichkeit. Er erklärte kühl, Investorenschutz perKlagerecht gehöre nicht zu den offensiven Interessen Deutschland, "wie allgemein bekannt .Als dann noch der französische Vertreter spezielle Investorenklagen generell ablehnte, <strong>stand</strong>de Gucht ohne die beiden größten Mitgliedsstaaten da.


Auch Rolf Langhammer, Handelsexperte des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, hält denInvestorenschutz für heikel; Bisher seien die Klagerechte begrenzt. "Wenn die Amerikaner sowas pushen, fragt man sich sofort: Warum? Wird die heimische Gerichtsbarkeitunterlaufen?" Er erwartet zwar mehr Wachstum durch ein Abkommen, sieht aber nochweitere Hürden. Die Gesetze seien zwischen den USA und Europa nur schwer anzugleichen:"Bei Konflikten um Gesundheit oder Umwelt sind die Amerikaner pro Handel, die Europäernach dem Vorsichtsprinzip im Zweifel dagegen". Schwierig werde auch der Export vonInformationstechnik und Finanzprodukten nach Europa. "Da kommt die NSA-Affäre mit demDatenschutz hoch." Tatsächlich forderten mehrere europäische Politiker, die Verhandlungenum <strong>TTIP</strong> wegen der Spionageaffäre auszusetzen.Die Befürworter des Freihandelsabkommens betreiben Schadensbegrenzung. ObamasHandelsbeauftragter Michael Froman versicherte den Europäern in der Financial Times, eingutes Abkommen werde die Unterstützung im Kongress finden. Siemens-Chef Joe Kaeserwarb im Wall Street Journal für <strong>TTIP</strong>: "So eine Partnerschaft könnte als entscheidenderSchritt zur Reindustrialisierung der Vereinigten Staaten und zur Erneuerung derWettbewerbsfähigkeit Europas dienen." EU-Handelskommissar De Gucht und seinamerikanischer Partner Froman werden am 17. <strong>Februar</strong> in Brüssel zusammentreffen. Danngeht es um die Vorbereitung der vierten Verhandlungsrunde für <strong>TTIP</strong> im März. (c)D) Kritik an FreihandelsgesprächenFrankfurter Rundschau, Seite 1 (04.02.<strong>2014</strong>)Politiker von SPD, CSU und Grünen warnen / Gabriel: Projekt ist eine Riesen-ChanceVon Peter RiesbeckDas von der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten angestrebteFreihandelsabkommen ist in der Bundesregierung zunehmend umstritten. Am Montagwarnte SPD-Parteichef und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel davor, das Projekteines transatlantischen Marktes kaputtzureden."Das Freihandelsabkommen ist für Europa, für Deutschland, eine Riesen-Chance", betonteGabriel nach einer Klausur der SPD-Spitze in Potsdam. Natürlich dürfe es keineStandardabsenkungen bei Löhnen, Kultur und sozialen Sicherungssystemen geben. Es müsseaber klar sein, dass dies ein großer Jobmotor werden könne.Zuvor hatten sich Politiker von SPD und CSU kritisch zu dem Abkommen geäußert. DerGrünen-Europaabgeordnete Martin Häusling fordert ein Aussetzen der Gespräche. "Derganze Verhandlungsprozess muss auf den Prüf<strong>stand</strong>", sagte er der Frankfurter Rundschau.Zugleich warnte er die EU-Kommission davor, vor ihrem Abtreten im Oktober, möglicheZwischenergebnisse der Gespräche vertraglich festzuschreiben: "Es dürfen jetzt keine Faktengeschaffen werden."Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sprach sich gegen die Einführung privaterSchiedsgerichte für Unternehmen im Zuge des geplanten Freihandelsabkommens aus.Investoren könnten solche Gerichte anrufen, um gegen EU-Regeln vorzugehen. "Das würde


edeuten, dass Großkonzerne ihre Interessen gegen die Gesetzgebung der Mitgliedsländerder EU durchsetzen können, und zwar ohne demokratische Kontrolle", sagte Hendricks"Spiegel Online".Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) mahnte, das Freihandelsabkommendürfe nicht dazu fuhren, dass die deutschen und europäischen Standards für die Qualität undSicherheit von Lebensmitteln aufgegeben werden. mit dpaE) Die Hürden zum Freihandel - Worüber Europäer und Amerikaner streitenFrankfurter Rundschau, Seite 12 (04.02.<strong>2014</strong>)Von Peter RiesbeckBRÜSSEL Für Ignacio Garcia Bercero gibt es keinen Zweifel. "Extrem nützlich" sei dasFreihandelsabkommen, sagte der stämmige Spanier vergangene Woche in Brüssel. Bercerowerkelt an einem der aktuell ehrgeizigsten Projekte der EU. Bercero ist EuropasChefunterhändler für ein Freihandelsabkommen mit den USA.Von Los Angeles bis Bukarest sollen die Waren künftig zollfrei fließen. Aber nach dreiVerhandlungsrunden sind nicht alle begeistert von der Idee des ungeschütztentransatlantischen Warenverkehrs. "Grundsätzlich stehen wir einem Abkommen mit den USAoffen gegenüber", sagte Monique Goyens bei einer Debatte mit Bercero. Doch dann ließ dieChefin des Europäischen Verbraucherschutzverbandes Beuc ein dickes "aber" folgen. Goyenswarnte Bercero vor "Geheimniskrämerei". Ein Blick auf die strittigen Punkte:Der Plan: Bei dem gewaltigen Volumen, das der transatlantische Handel hat, könnten beidurchschnittlichen Zöllen von drei Prozent jährlich mehrere Milliarden Euro eingespartwerden, erklärt der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary vor. Doch nicht nur das: Inseinem baden-württembergischen Wahlkreis sind Weltmarktführer wie Stihl, Kärcher undDaimler beheimatet. Da geht es auch um gemeinsame Standards: Für Caspary liegt einBeispiel nahe. Blinker sind in Europa orange, in den USA rot. Das könnte vereinheitlichtwerden. Doch sind nicht alle begeistert.Streitfall I: Die spinnen, die Franzosen! Das denken die Amerikaner. Denn die Franzosen (undandere Europäer) essen Roquefortkäse mit Schimmelpilzen. Pfui, Spinne! In den USAwiederum wird das Hähnchen im Chlorwasserbad behandelt. Undenkbar für EuropasVerbraucher. Die Landwirtschaft ist einer der Streitpunkte. Doch nähren Roquefort undChlorhühnchen gleichsam ihren Mann respektive Frau. Und Frankreichs Hühnermasterproduzieren die Chlorhähnchen gar für den Export.Für Johannes Kleis, Mitarbeiter von Monique Goyens beim Verbraucherschutzbund Beuc,steckt hinter den gegenseitigen Vorbehalten ein Kampf der Sicherheitskulturen: "In Europagilt das Unbedenklichkeitsprinzip: Ein Lebensmittel landet erst im Handel, wennnachgewiesen ist, dass es nicht die Gesundheit der Verbraucher gefährdet."Ein Beispiel: In der EU sind 1328 Zusatzstoffe für Kosmetika verboten, in den USA nur einBruchteil dessen. Ein anderes Beispiel sind genetisch veränderte Lebensmittel wie Gen-Sojaund Gen-Mais. "Ich würde die Debatte vom Bauch gerne auf den Kopf lenken", sagt der CDU-


Abgeordnete Caspary und erklärt: Ein Schoko-Riegel mit genetisch veränderten Zutaten wärein der EU schon heute erlaubt - auch ohne das geplante Abkommen -, wenn er entsprechendgekennzeichnet wird. Der Verbraucher kann heute und künftig selbst entscheiden, zuwelchem Riegel er greift. Kleis aber fürchtet einen Dammbruch. Er will genveränderteLebensmittel gar nicht erst im Regal haben. Der transatlantische Kulturunterschied gehtdurch den Magen. Streitfall II: Dreimal haben die 25 Arbeitsgruppen bislang getagt, die dasFreihandelsabkommen aushandeln sollen. Doch richtig informiert werden nurEuropaabgeordnete des Handelsausschusses wie Daniel Caspary. Zwei DIN-A4-Ordner kanner dem Besucher vorlegen, mehr darf er nicht zeigen. "Wer alles offenlegt, schwächt seineVerhandlungsposition", beharrt EU-Unterhändler Bercero. Aber nicht nur er kriegtGegenwind. "Vor allem Deutschland beharrt auf den Geheimverhandlungen", so TomJenkins vom Europäischen Gewerkschaftsverband Etuc.Die Kommission will ein wenig mehr Licht ins Verhandlungsdunkel bringen. In der Vorwochehat sie eine Beobachtergruppe aus je sieben Vertretern von Industrie sowieNichtregierungsorganisationen berufen. Auch Jenkins und Goyens gehören dem Rat an.Doch müssen sie über Verhandlungsdetails Stillschweigen bewahren. In den USA dürfenInteressenverbände die Verhandlungsunterlagen in einem Lesesaal einschen. Zugelassensind 600 Industrieverbände und eine Verbraucherschutzgruppe. Eine kleine Differenz.Streitfall III: "Geheimniskrämerei führt zu Verschwörungstheorien", erklärtVerbraucherschützerin Monique Goyens. Das gilt auch für die Debatte um internationaleSchiedsgerichte. Sie sollen schlichten, wenn sich ein ausländisches Unternehmen in einemLand diskriminiert fühlt. Kritiker wie Goyens fürchten das Aushöhlen der nationalen Justizund der nationalen Souveränität. Diese Befürchtung gibt es spätestens seit der US-ÖlkonzernLone Pine Ressources die kanadische Provinz Quebec auf 250 Millionen Dollar Schadenersatzverklagt hat, weil diese die Förderung von Schiefergas eingeschränkt hatte. Das US-Unternehmen sah seine Investitionen gefährdet und schritt vor ein internationalesSchiedsgericht.Mehr als 330000 Unterschriften hat das Aktionsbündnis Campact im Internet gegen denFreihandelsdeal gesammelt, Hauptkritikpunkt sind die Schiedsgerichte. Aber auch bei denBefürwortern eines Abkommens beginnt allmählich ein Umdenken. "Wir solltenRevisionsmöglichkeitenzulassen und klarstellen, dass ein solches Schiedsverfahren nur eintritt, wenn einInvestor gegenüber heimischen Unternehmen eindeutig benachteiligt wird und dernationale Rechtsweg ausgeschöpft worden ist", sagt Caspary. "Auch sollte man prüfen, obsolche Verfahren nicht auch öffentlich geführt werden können." Bislang nämlich nominierendie Streitparteien drei Richter - die fällen ihr Urteil hinter verschlossenen Türen.Es geht also um mehr als Zoll und Haben. Auch die Kommission denkt mittlerweile um. Überdie Schiedsgerichte wird vorerst nicht weiterverhandelt, von März an soll die Frage öffentlicherörtert werden. Drei Monate lang exakt bis nach der Europawahl. VerbraucherschützerinMonique Goyens hat aber grundsätzliche Bedenken: "Die Rechtskultur in den USA und derEU ist so hoch da brauchen wir keine außerstaatlichen Schiedsgerichte."SCHIEDSGERICHTE


Abkommen: EU und USA streben ein Freihandelsabkommen an. Ziel ist ein zollfreier Handelmit gleichen Standards auf einen Binnenmarkt mit 800 Millionen Menschen. Verhandelt wirdseit dem Herbst in 25 Arbeitsgruppen. Investorschutz: ISDS - Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren - ist einer der wichtigsten Kritikpunkte der Freihandelsgegner. Siefürchten internationale Schiedsgerichte, die hinter verschlossenen Türen überHandelsstreitigkeiten beraten. Deutschland hat ISDS 1959 erfunden, zum Schutz deutscherInvestitionen in Pakistan. Seither folgten 131 bilaterale Verträge zum Schutz deutscherFirmen im Ausland. . Kritik: Kritiker der Schiedsgerichte fürchten vor allem die hohenSchadenersatzsummen und die mögliche Untergrabung der Souveränität derNationalstaaten. Firmen wird damit ein weiterer Weg eröffnet, um politischeEntscheidungen anzufechten. (c) Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main GmbHF) EU-Freihandelsabkommen mit USA: Angst vor dem Zorn der BürgerSpiegel Online, 21.01.<strong>2014</strong>Von Claus Hecking, Michaela Schiessl und Gregor Peter SchmitzDie Gegner des geplanten Freihandelsabkommens zwischen EU und USA formieren sich,Kampagnen im Internet finden Hunderttausende Unterstützer. Nun reagiert die EU-Kommission: Handelskommissar de Gucht will mehr Offenheit wagen.Dem Mann reicht es. Seit einer Stunde läuft die Diskussionsveranstaltung in Brüssel, zu dereine EU-Botschaft eingeladen hat, und schon fällt es wieder, das böse Wort von den"Geheimverhandlungen". Eine "Sauerei" sei es, diesen Begriff zu verwenden, ruft derhochrangige Kommissionsbeamte erzürnt, die Ergebnisse dieser angeblichenGeheimverhandlungen müssten schließlich von Parlamentariern abgesegnet werden, zudemgäbe es regelmäßige öffentliche Informationen über den Verhandlungs<strong>stand</strong>.Es geht in der Diskussion um die Konsultationen zum Freihandelsabkommen zwischen derEU und den USA, ein historisches Projekt, das nach Schätzungen mancher ExpertenHunderttausende neuer Arbeitsplätze schaffen könnte. Doch es ist auch eine historischumstrittene Verhandlung, gerade in diesen Zeiten transatlantischer Verwerfungen - unddaher dringen solche technisch richtigen Argumente in der öffentlichen Debatte kaum nochdurch.Die wird bestimmt von Webseiten wie campact.de, auf denen steht: "Das <strong>TTIP</strong>-Handelsabkommen soll Konzernen Profite durch Fracking, Chlor-Hühner, Gen-Essen undlaxen Datenschutz erleichtern - und es bedroht Europas Demokratie." Bislang unterstütztenmehr als 320.000 Menschen den Campact-Aufruf, das Abkommen zu stoppen.Der Frust darüber und das Gefühl, missver<strong>stand</strong>en zu werden, ist groß in Brüssel - wie derAuftritt des Top-Beamten bei der Podiumsdiskussion zeigt. Deswegen geht der zuständigeEU-Kommissar Karel de Gucht jetzt in die Offensive: Am Dienstag erklärte er, die "echtenSorgen" europäischer Bürger über Teile des Abkommens zu verstehen. "Nun möchte ichIhnen die Gelegenheit zur Stellungnahme geben."Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel begrüßte die Entscheidung de Guchts. Die Debatteüber den Investitionsschutz und das damit zusammenhängende Investor-Staat-


Schiedsverfahren habe "zu großen Verunsicherungen geführt", sagte der SPD-MinisterSPIEGEL ONLINE. "Es ist gut, dass all diese berechtigten Fragen jetzt in einem offenenProzess geklärt werden."Drei Monate lange DenkpauseAnfang März will der Belgier de Gucht den europäischen Verhandlungsentwurf zumInvestitionsschutz-Teil des Abkommens öffentlich vorlegen, den dann Bürger "quer durchEuropa" kommentieren könnten, per Online-Fragebogen und Bürgersprechstunden. Zudemhat de Gucht am vorigen Freitag einen Brief an die Mitgliedstaaten gesandt. WichtigsteForderung darin ebenfalls: eine drei Monate lange Denkpause. "Die verbreitete Kritik amInvestitionsschutz überzeugt mich, dass öffentliches Nachdenken über die Ziele der EU nötigist, bevor wir weitermachen", heißt es in dem Schreiben, das SPIEGEL ONLINE vorliegt. DeGucht nimmt die Mitgliedstaaten in die Pflicht, die der Kommission schließlich dasVerhandlungsmandat für das Abkommen erteilt haben: "Ich rufe Sie und IhreMinisterkollegen auf, proaktiv Ihr Wissen in diese kritische Diskussion einzubringen."Wichtigster Diskussionspunkt: die im Abkommen vorgesehenen Investitionsschutzklauseln.Danach sollen internationale Schiedsgerichte bei Streitigkeiten von Unternehmen mitStaaten schlichten und über mögliche Entschädigungen für "wirtschaftliche Schäden" einesKonzerns entscheiden. Kritiker fürchten, dass Unternehmen diese neuen Instrumente fürgigantische Schadensersatzforderungen ausnutzen werden - wie die Milliardenklage desEnergiekonzerns Vattenfall gegen die Folgen der deutschen Energiewende zeige.Grundsätzlich gelten Schiedsgerichte als taugliches Instrument, um bei diskriminierendenMaßnahmen kompetent zu schlichten. Doch wie sie besetzt werden und nach welchenKriterien sie entscheiden, bleibt oft vage. "Das möchten wir ändern", heißt es aus de GuchtsUmfeld. Auch Schlupflöcher sollen geschlossen werden: Der US-Tabakkonzern Philip Morrisetwa hat Berichten zufolge eine Briefkastenfirma in Hongkong gegründet, um unter denStatuten des Freihandelsabkommens zwischen Australien und Hongkong klagen zu können."Wir wollen den potentiellen Missbrauch durch Briefkastenfirmen bekämpfen", schreibt deGucht.Wider<strong>stand</strong> im EU-ParlamentEinen Ausschluss der Investorenschutzregeln aus dem Abkommen hält der Kommissarfreilich nicht für praktikabel - schließlich hätten die EU-Mitgliedstaaten bereits 1400bilaterale Investorenschutzregeln mit anderen Ländern geschlossen. Wichtig sei vielmehr,durch "moderne, nachvollziehbare Vereinbarungen ein für alle Mal einen Missbrauch derInvestmentregeln" zu verhindern. Manche Vorschriften seien 60 Jahre alt undundurchsichtig.Auch sonst soll mehr Transparenz her: Bislang hält die Kommission zwar regelmäßigInformationsveranstaltungen zum Freihandelsabkommen ab, doch diese werden vor allemvon Industrievertretern genutzt. "Wir wollen eine öffentliche Debatte anregen", heißt es nunin Kommissionskreisen. Daniel Caspary, CDU-Abgeordneter im Europaparlament, begrüßtdas: "Die Kommission nimmt wahr, dass große Verunsicherung herrscht. Und gerade in


dieser Diskussion gibt es viel Halbwissen." So sollten Streitschlichtungsverträge ja nurgreifen, wenn in einem Drittland ein EU-Investor gegenüber einem einheimischenUnternehmen unzulässig benachteiligt werde und der Investor alle nationalen Gerichtedurchlaufen habe.Doch der Wider<strong>stand</strong> im EU-Parlament, das über das Abkommen abstimmen muss, bleibtbeträchtlich. Bernd Lange, SPD-Handelsexperte, sagt: "Konsultation hin oder her - es darfkein Abkommen mit irgendeiner Art von außergerichtlichem Streitschlichtungsmechanismusgeben. Davon profitieren nur die Großkonzerne."


PositionspapiereI. DGB.............................................................................................................II. ver.di ..........................................................................................................III. IG Metall ...................................................................................................IV.Position der Nichtregierungsorganisationen ..............................................


DeutscherGewerkschaftsbundBundesvor<strong>stand</strong><strong>stand</strong>AbteilungWirtschafts-, Finanz- undSteuerpolitikStellungnahme desDeutschen Gewerkschaftsbundes(DGB)Zu den geplanten Verhandlungen für ein Handels-und Investitionsabkommen zwischen der EU undden USA (<strong>TTIP</strong>)Berlin, 29.04.2013Herausgeber:DGB-Bundesvor<strong>stand</strong>Abteilung Wirtschafts-,Finanz- und SteuerpolitikVerantwortlich:Claus MateckiHenriette-Herz-Platz 210178 BerlinFragen an:Florian MoritzTel.: 0 30/2 40 60-247Fax: 0 30/2 40 60-218E-Mail: florian.moritz@dgb.de


1.) Zu den Verhandlungen allgemeinAm 12. März 2013 hat die Europäische Kommission den Entwurf eines Mandats zur Aufnahmevon Verhandlungen für ein umfassendes Freihandelsabkommen mit den USA („TransatlanticTrade and Investment Partnership“, <strong>TTIP</strong>) vorgelegt. Die Regierungen der EU-Mitgliedsstaatenberaten nun über den Mandatsentwurf. Voraussichtlich im Juni 2013 soll das Mandat fertig seinund die EU-Kommission mit dem Beginn der Verhandlungen beauftragt werden.Seit bekannt wurde, dass entsprechende Verhandlungen geplant sind, hat die Aussicht auf eintransatlantisches Freihandelsabkommen hohe Erwartungen geweckt. Es herrscht Einigkeit, dassein Abkommen zwischen politisch und wirtschaftlich so mächtigen Regionen, wie den USA undder EU, globale Auswirkungen hätte und entsprechend kein „gewöhnliches“ Handelsabkommenwäre. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ist der Ansicht, dass das geplante Abkommenüber den klassischen Ansatz bei Freihandelsabkommen hinausgehen sollte und die Verfahrensweisen,die Transparenz im Verhandlungsprozess und die wesentlichen Inhalte anders gestaltetwerden sollten, als bei bisherigen Abkommen der EU. So müssen beispielsweise soziale undökologische Zielsetzungen gleichrangig neben wirtschaftlichen Interessen im Abkommen verankertwerden.Politik und Unternehmensverbände erwarten im Zusammenhang mit den geplanten Verhandlungeninsbesondere vom Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse geringere Kosten, eine Intensivierungdes wirtschaftlichen Austausches und Wohl<strong>stand</strong>sgewinne auf beiden Seiten des Atlantiks.Im ersten Entwurf einer Stellungnahme des Europäischen Parlaments wird sogar der Anspruchgeäußert, das Abkommen könnte zur Lösung bzw. Abmilderung der herrschenden Krise im Euro-Raum beitragen.Der DGB vertritt ebenfalls die Position, dass von einem europäischen Handelsabkommen mit denUSA positive Wohlfahrtseffekte ausgehen können, warnt aber vor übertriebenen Erwartungen.Der Handel zwischen den USA und Europa ist bereits stark liberalisiert, ökonomische Effekte sindbei einem zukünftigen Abkommen insbesondere von einer Vereinheitlichung von Standards undNormen zu erwarten. Ein solcher Abbau von Unterschieden bei Normierung und Regulierung –also von Handelshemmnissen „hinter der Grenze“ – ist allerdings auch gar nicht ohne Weiteresumfassend möglich und unter Umständen auch gar nicht voll und ganz wünschenswert: Schließlichgibt es für viele spezifische Regelungen gute Gründe.In der Erwartung, dass zwar nicht alle unterschiedlichen Regulierungen vereinheitlicht werdenkönnen, ein Handelsabkommen aber dennoch umfassend und weitgehend ausfallen wird, rechnetdie EU-Kommission selbst mit langfristigen Wohl<strong>stand</strong>sgewinnen durch das Abkommen inHöhe von 0,27 bis 0,48 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung. Dabei ist auch zu beachten, dassStudien zu den ökonomischen Auswirkungen eines <strong>TTIP</strong> nicht ausreichend berücksichtigen, dassVerschiebungen in der Wirtschaftsstruktur aufgrund des Abkommens (Bedeutungsverschiebungenzwischen verschiedenen Branchen und Sektoren) nicht reibungslos und ohne Probleme vonstattengehen.Ein wirksames Mittel gegen die Krise im Euroraum (wie es sich Teile des Europäischen Parlamentsoffenbar erwarten) stellt das Abkommen vor diesem Hintergrund nicht dar. Dazu wären Maßnahmenganz anderer Dimension und ganz anderer Ausrichtung notwendig. Auch zur Förderungdes transatlantischen Handels und zur Stabilisierung der Weltwirtschaft sind Maßnahmen vorstellbar,die die positive Wirkung eines Freihandelsabkommens weit übertreffen würden: So führenbeispielsweise die starken Schwankungen beim Wechselkurs von Euro und Dollar zu hohen2


zusätzlichen Kosten für handelnde Unternehmen. Eine Stabilisierung der Wechselkurse – wie sieauch von der französischen Regierung ins Gespräch gebracht wurde – könnte die Kosten destransatlantischen Handels reduzieren. Zur Stabilisierung der Weltwirtschaft könnten eine stärkeremakroökonomische Koordinierung und Abstimmung der Wirtschaftspolitiken diesseits und jenseitsdes Atlantiks beitragen, die etwa auf einen Abbau globaler Ungleichgewichte gerichtet sind,den gemeinsamen Kampf gegen Steuerflucht und Steuervermeidung stärken oder die Einführungeiner weltweiten Finanztransaktionssteuer fördern. Von solchen – politischen – Gemeinschaftsprojektenwären deutlich größere Wohlfahrtseffekte zu erwarten, als von einer reinen Liberalisierungsagenda.Abgesehen davon hängt es von der konkreten Ausgestaltung des geplanten Freihandelsabkommenszwischen der EU und den USA ab, inwieweit mögliche gesamtwirtschaftliche Wohlfahrtsgewinneauch tatsächlich die Lebenssituation der Menschen in Europa und den Vereinigten Staatenverbessern. Damit das Abkommen eine positive Wirkung entfalten kann, muss es aus Sichtder Gewerkschaften insbesondere:- unter umfassender demokratischer Beteiligung der Parlamente und der Zivilgesellschaftverhandelt und kontrolliert werden,- klare, verbindliche und durchsetzbare Regelungen zum Schutz und Ausbau von Arbeitnehmerrechtensowie von Sozial- und Umwelt<strong>stand</strong>ards beinhalten und in keiner Weisesoziale und ökologische staatliche Regulierung behindern (wozu auch die Möglichkeitgehört, öffentliche Auftragsvergabe an die Einhaltung sozialer Bedingungen zu knüpfen),- garantieren, dass für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mindestens dieselben Arbeits<strong>stand</strong>ards und -rechte gelten, wie für andere Beschäftigte im Zielland,- nicht zu einer Liberalisierung oder Privatisierung öffentlicher Bereiche – insbesondere öffentlicherDienstleistungen – führen, oder Reregulierung behindern,- keine Regelungen zum Investitionsschutz enthalten, die zu einer Beeinträchtigung vonArbeitnehmerrechten führen könnten, oder die Möglichkeiten des Staates beschränken,sinnvolle Regelungen im Interesse der Bevölkerung oder der Umwelt zu erlassen.Eine klare soziale und ökologische Ausrichtung ist auch vor dem Hintergrund wichtig, dass dasAbkommen Ausstrahlungseffekte auf zukünftige Abkommen hätte und unter Umständen globaleStandards setzen würde.Der verhandelnden Europäischen Kommission müssen bezüglich dieser Punkte bereits im Verhandlungsmandatkonkrete Vorgaben gemacht werden. Dazu ist eine Veränderung des vorliegendenMandatsentwurfs notwendig. Im Folgenden werden die aus Sicht der Gewerkschaftenkritischen Punkte ausführlich erläutert.2.) Transparenz und Beteiligung der StakeholderEin transatlantisches Handelsabkommen kann gravierende Auswirkungen auf die Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmer, aber auch auf die Belange anderer Stakeholder haben – etwa durchmöglichen Einfluss auf Umwelt- oder Verbraucher<strong>stand</strong>ards. Vor diesem Hintergrund müssen ausSicht des DGB nicht nur die Parlamente auf nationaler und europäischer Ebene, sondern auch dieSozialpartner und andere Vertreter der Zivilgesellschaft von Anfang an intensiv und dauerhaft inden Verhandlungsprozess einbezogen werden.3


Das bedeutet auch, dass größtmögliche Transparenz in den Verhandlungen hergestellt werdenmuss. Ein Grundproblem, das bei allen EU-Handelsabkommen existiert, ist die Geheimhaltungdes Verhandlungsmandats der EU-Kommission. Nur wenn – wie im Falle des Entwurfs eines Verhandlungsmandatszum EU-USA-Abkommen – der Text über Umwege an die Öffentlichkeit gelangt,ist es zivilgesellschaftlichen Akteuren überhaupt möglich zu bewerten, was die Inhalte derVerhandlungen sein sollen.Bereits vor Verabschiedung des Verhandlungsmandats sollte eine umfassende und transparenteFolgenabschätzung – auch hinsichtlich möglicher sozialer und ökologischer Auswirkungen vorgenommenwerden.Die Einbeziehung der Parlamente und der Sozialpartner darf aber auch nach einem möglichenInkrafttreten des Abkommens nicht enden. Jedes Handelsabkommen muss aus Sicht des DGB inseinem Text einen verbindlichen, schlagkräftigen Monitoring-Mechanismus zur Überwachung derAuswirkungen des Abkommens, der Einhaltung von Regeln des jeweiligen Nachhaltigkeitskapitelsund anderer Be<strong>stand</strong>teile des Abkommens beinhalten. Bei diesen Monitoring-Verfahren musseine verbindliche und wirksame Beteiligung der Sozialpartner vorgeschrieben sein. Der Internationaleund der Europäische Gewerkschaftsbund haben für die Überwachung der Einhaltung vonNachhaltigkeitskapiteln bereits 2007 allgemeine Anforderungen definiert 1 : So sollen beispielsweiseverbindliche Mechanismen eingeführt werden, die Regierungen dazu verpflichten, aufgrundvon Beschwerden, Berichten und Hinweisen der Sozialpartner binnen bestimmter Fristentätig zu werden. Beschwerden über soziale Missstände sollen von unabhängigen, qualifiziertenExperten behandelt werden. Ein mit Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und NGO-Vertretern paritätischbesetztes Forum soll eingerichtet werden, dass sich mehrmals jährlich trifft und entsprechendeProbleme berät und Öffentlichkeit darüber herstellt. Unverständlich ist vor diesem Hintergrund,warum frühere, diesbezüglich bereits erreichte – wenn auch nicht ausreichende – Standards beider Beteiligung im Monitoring-Prozess (z.B. mittels „Nationaler Beratungsgruppen“ im Abkommenmit Südkorea) in anderen Abkommen jüngeren Datums nicht mehr erreicht werden.Angesichts der Bedeutung eines Abkommens zwischen der EU und den USA und angesichts seinesmöglichen Vorbild-Charakters für weitere (auch multilaterale) Abkommen und der Tatsache,dass durch das Abkommen globale Standards gesetzt werden könnten, schlagen die Gewerkschaftenvor, bei den anstehenden Verhandlungen noch einen Schritt weiter zu gehen: Zur demokratischenÜberwachung der Umsetzung und der Auswirkungen des Abkommens – hinsichtlichsozialer und ökologischer Auswirkungen, der Durchsetzung des Nachhaltigkeitskapitels, aberauch hinsichtlich anderer Be<strong>stand</strong>teile des Abkommens – sollte eine bilaterale parlamentarischeKommission (bestehend aus US- und EU-Parlamentariern) unter umfassender Einbeziehung derSozialpartner eingerichtet werden. Ein entsprechender Anspruch sollte bereits im Verhandlungsmandatder Kommission formuliert sein.3.) Arbeitnehmerrechte und NachhaltigkeitskapitelZwischen den USA und den EU-Staaten herrschen große Unterschiede in der Ausgestaltung undRegulierung der industriellen Beziehungen bzw. der Sozialpartnerschaft und in der Anwendungund Durchsetzbarkeit von Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechten. Der DGB betrachtet mitSorge, dass sogar sechs der acht grundlegenden Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation(IAO) von den USA nicht ratifiziert wurden, darunter die Konventionen 87 und 981 http://www.ituc-csi.org/IMG/pdf/TLE_EN.pdf4


zur Vereinigungsfreiheit und zum Recht auf Kollektivverhandlungen. Immer wieder kommt es inden USA zu einer Behinderung gewerkschaftlicher Aktivitäten - zum Teil sogar bei Tochterunternehmengroßer deutscher Konzerne. Die EU muss diese Probleme aus Sicht des DGB explizit inihrem Mandatsentwurf ansprechen.Höchste Standards setzenEin Ziel des Abkommens mit den USA muss es aus Sicht der Gewerkschaften sein, überall für eineVerbesserung des Schutzes von Arbeitnehmerrechten zu sorgen. Das heißt auch, überall Standardsfür Arbeitnehmerrechte, die industriellen Beziehungen und die Mitbestimmungsrechte zuetablieren, die mindestens dem höchsten Niveau entsprechen, das bislang in einem Land erreichtwurde. Es bedarf einer expliziten Klausel im Abkommen, die einen Abbau von Arbeitnehmerrechtenund Sozial<strong>stand</strong>ards verbietet und den jeweils höchsten erreichten Standard absichert. DasAbkommen darf in keiner Weise dazu beitragen, dass die Möglichkeit von staatlicher Regulierungeingeschränkt wird. Insbesondere darf das Abkommen die Vertragspartner nicht daran hindern,Gesetze in den Bereichen Arbeitsmarkt, Sozialversicherungen, Umweltschutz, Arbeits- und Gesundheitsschutzund Verbraucherschutz, Schutz von Minderheiten und Schutz der lokalen Wirtschaftzu erlassen und zu verändern oder andere Maßnahmen in den genannten Politikbereichenzu ergreifen. Das Abkommen darf die Vertragspartner nicht daran hindern, jede Maßnahme zuergreifen, um die Interessen der Beschäftigten und der Bevölkerung zu schützen.Internationale StandardsDie Vertragsparteien sollten sich zur Ratifizierung und zur vollständigen und wirksamen Umsetzungaller aktuellen IAO-Konventionen bekennen. Dazu gehören insbesondere – aber nicht ausschließlich– die Konvention 155 über Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und die sogenannten prioritären Übereinkommen (Konvention Nr. 81 und 129 über Arbeitsinspektionenbzw. -aufsicht, Nr. 122 über Beschäftigungspolitik und Nr. 144 über die Einbeziehung der Sozialpartner).Eine Ratifizierung und wirksame Umsetzung der IAO-Kernarbeitsnormen sehen wir alsSelbstverständlichkeit an. Schließlich hat auch Bundeskanzlerin Angela Merkel an anderer Stelleklargestellt, wie wichtig es ihr ist, „in einer globalisierten Welt mehr und mehr Kernarbeitsnormenin umfassendem Sinne zu verankern, also grundlegende Rechte wie die Vereinigungs- undKollektivvertragsfreiheit, das Verbot von Diskriminierung im Beruf, nicht zuletzt die Abschaffungvon Zwangsarbeit und vor allen Dingen von Kinderarbeit (…)“ 2 .Vertragspartner des Freihandelsabkommens müssen darüber hinaus insbesondere auf dem Gebietder Wirtschaftsförderung (Öffentliche Beschaffung, Investitionsschutz und Außenwirtschaftsförderung)für die Anwendung der OECD-Richtlinien für Multinationale Unternehmen und derDreigliedrigen Erklärung der IAO für multinationale Unternehmen und Sozialpolitik sorgen.DurchsetzbarkeitDiese Ansprüche sollten bereits im EU-Verhandlungsmandat formuliert sein und müssen im Textdes Abkommens gleichrangig mit anderen Regelungen und durchsetzbar festgeschrieben werden.Das bedeutet auch, dass der allgemeine Streitbeilegungsmechanismus für alle Regelungen mitsozialem und ökologischem Bezug, bzw. alle Be<strong>stand</strong>teile eines möglichen Nachhaltigkeitskapi-2 http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2011/06/2011-06-14-merkel-ilo.html5


tels anwendbar sein muss. Die kontinuierliche Verletzung von Mindestnormen in den genanntenBereichen muss durch die Aberkennung von Handelsprivilegien oder durch Geldstrafen geahndetwerden.Streitbeilegung muss auf einem unabhängigen und transparenten Beschwerdeverfahren beruhen,so dass Gewerkschaften und andere Vertreter der Zivilgesellschaft Beschwerden einbringen können.Der Austausch von Informationen zwischen Regierungen und Sozialpartnern und eine fristgerechteReaktion der Regierungen auf Beschwerden der Sozialpartner müssen sichergestelltsein. Unabhängige Experten der IAO sind in die Beurteilung von Beschwerden einzubeziehen.Die sozialen und ökologischen Regelungen im Abkommen müssen für alle staatlichen Ebenengelten.4.) Liberalisierung im Bereich DienstleistungenZwischen den USA und der EU bestehen erhebliche Unterschiede in Umfang und Zusammensetzungdes öffentlichen Dienstleistungssektors und hinsichtlich der Frage, auf welche Weise bestimmteDienstleistungen erbracht und finanziert werden sollten. Aus Sicht des DGB haben zudemerfolgte Liberalisierungs- und Privatisierungsschritte in der EU zum Teil negative Auswirkungenfür die Bevölkerung gehabt. In solchen Fällen muss es möglich sein, die Liberalisierung undPrivatisierung wieder rückgängig zu machen.Öffentliche DienstleistungenÖffentliche Dienstleistungen müssen aus Sicht des DGB komplett aus den Verhandlungen mit denUSA ausgenommen werden. Es bedarf einer entsprechenden Klarstellung im Mandatsentwurf.Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheitsversorgung, soziale Dienste, aber auch audiovisuelleund kulturelle Dienstleistungen, Wasserversorgung, Postdienstleistungen oder der öffentlicheNahverkehr dürfen nicht Gegen<strong>stand</strong> der Verhandlungen sein, auch wenn diese von einer odervon beiden Vertragsparteien bereits liberalisiert worden sein sollten. In jedem Fall muss dasSchutzniveau der bisherigen horizontalen Ausnahmen für öffentliche Dienstleistungen („PublicUtility-Klausel“ und „Subventionsvorbehalt“) gesichert sein. In keinem Fall dürfen die Regelungenzur Liberalisierung für die Ebenen unterhalb des Nationalstaats (in Deutschland insbesonderenicht für Länder und Kommunen) gelten. Die EU muss hier darauf beharren, dass keine Veränderunggegenüber bisherigen EU-Abkommen hinsichtlich der Formulierung und EU-seitigen Auslegungder Ausnahmen für öffentliche Dienstleistungen vorgenommen werden, die unmittelbaroder mittelbar zu einem höheren Liberalisierungsdruck im öffentlichen Bereich führen könnten.AusnahmenDas EU-Mandat muss die Beibehaltung der bisherigen Praxis für Verhandlungen im Bereich vonDienstleistungen aufrecht erhalten: Verpflichtungen zur Liberalisierung dürfen nur eindeutig imRahmen des sogenannten Positivlisten-Ansatzes (wie im GATS verwendet) eingegangen werden.Der DGB lehnt den Negativlisten-Ansatz (bei dem alle Bereiche liberalisiert werden müssen, dienicht explizit aufgelistet sind) und die Aufnahme von sogenannten Standstill- und Ratchet-Klauseln (die stets das jeweils höchste erreichte Liberalisierungs-Niveau verankern, eine Reregulierungverhindern und daher eine einseitige Entwicklung in Richtung immer weitgehender Liberalisierungbefördern) in die Vereinbarung strikt ab. Handelsabkommen müssen ausreichend poli-6


tischen Spielraum lassen, um auf negative Ergebnisse von Liberalisierungen reagieren und demokratischenForderungen zur (Re-)Regulierung nachkommen zu können. Regulatorische Flexibilitätmuss gewährleistet sein, eingegangene Liberalisierungsverpflichtungen müssen überprüfbar undänderbar sein. Diese Positionen müssen aus Sicht des DGB auch explizit im Verhandlungsmandatfestgeschrieben werden.Mode IVEine weitere Liberalisierung im Bereich der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungendurch Arbeitskräfte („Mode IV“) sollte nicht verhandelt werden, solange die Gefahr besteht,dass nationales Arbeitsrecht und Tarifvertragsbestimmungen im Rahmen der Entsendung vonArbeitskräften verletzt werden. Ein Problem sind in diesem Zusammenhang auch nach wie vorbestehende Unzulänglichkeiten bei der rechtsstaatlichen Verfolgung und Sanktionierung solcherVerstöße. Auch deshalb muss es im Falle der Nichteinhaltung entsprechender Regelungen möglichsein, den allgemeinen Streitbeilegungsmechanismus und Sanktionen in Form von Geldbußenwirken zu lassen. In jedem Fall ist hinsichtlich der Einhaltung von nationalen arbeitsrechtlichen,sozialen und tarifvertraglichen Regelungen das Ziellandprinzip festzuschreiben. Das Arbeitsortprinzipmuss von Anfang an bei allen entsandten Arbeitnehmern angewandt werden, sofern esfür sie günstiger ist.FinanzmarktliberalisierungAngesichts der anhaltenden Finanzkrise und der jüngsten negativen Erfahrungen mit Deregulierungenim Finanzsektor, sollten in diesem Bereich und beim Kapitalverkehr keine weiteren Liberalisierungsschritteunternommen werden. Liberalisierung geht stets mit dem Abbau nationalerRegelungen, also mit einer Deregulierung einher, was in diesem Bereich zu Instabilität und Krisenanfälligkeitführen kann. Es ist unbestritten, dass es im Finanzsektor zu einer umfassendenReregulierung und einer Verbesserung der Aufsichtsstrukturen kommen muss, um die Stabilitätund Funktionsweise des Sektors wieder herzustellen. Vor diesem Hintergrund hat die UN-Expertenkommission zur Reform des internationalen Finanzsystems Bedenken geäußert, dassRegelungen in Handelsabkommen einer notwendigen Reregulierung und verbesserten Aufsichtentgegenstehen könnten. Die Kommission empfiehlt deshalb, alle bestehenden Handelsabkommendarauf zu überprüfen, ob sie mit den Notwendigkeiten einer umfassenden, wirksamen Finanzmarktregulierungvereinbar sind. Es brauche eine kritische Analyse und Bewertung bisherigerAbkommen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die makroökonomische Stabilität. MakroökonomischeStabilität, ein effizientes regulatorisches Rahmenwerk und funktionierende Institutionenseien notwendige Voraussetzung für eine Liberalisierung. 3 Von einer solchen Situation sind wirnoch weit entfernt. Es wäre daher verantwortungslos, eine Liberalisierung im Finanzsektor weitervoranzutreiben. Erst recht darf es keine „Standstill“- Klauseln in einem Handelsabkommen mitden USA geben, die eine Rückführung des Liberalisierungsniveaus und eine Reregulierung verhindernwürde. Stattdessen sollte das Abkommen dazu genutzt werden, gemeinsame, umfangreicheStandards bei der Regulierung der Finanzmärkte zu erreichen, deren Be<strong>stand</strong>teile mindestensdem höchsten Niveau des in einem Land Erreichten entsprechen.3 http://www.un.org/ga/econcrisissummit/docs/FinalReport_CoE.pdf (Seite 103 ff.)7


5.) InvestitionsschutzBei den Vertragsparteien EU und USA handelt es sich um Jurisdiktionen mit hochentwickeltemRechtssystem, umfassendem Schutz von Eigentumsrechten und mit hoher Investitionssicherheit.Dass Investoren keinerlei Bedenken haben, in der jeweils anderen Weltregion zu investieren,zeigt sich bereits daran, dass rund 30 Prozent der europäischen ausländischen Direktinvestitionen(ADI) in den USA investiert sind und der Be<strong>stand</strong> an ADI in der EU sogar zu rund 40 Prozent USamerikanischenUrsprungs ist. Auch im Mandatsentwurf betont die Europäische Kommissionausdrücklich und an zentraler Stelle, dass sich sowohl die USA, als auch die EU auf die Herrschaftdes Rechts stützen. Der Sachverhalt stellt sich hinsichtlich der Notwendigkeit eines zusätzlichverankerten Investitionsschutzes bei einem Abkommen zwischen den USA und der EU also objektivanders dar, als bei Abkommen mit Staaten, bei denen unter Umständen Zweifel an einemwirksamen Schutz von Investitionen bestehen könnten.Diese Argumente sollten von der Bundesregierung in aller Deutlichkeit dazu genutzt werden, dieanderen Mitglieder des Rates davon zu überzeugen, dass im Verhandlungsmandat für die EU-Kommission keinerlei Regelungen zum Investitionsschutz enthalten sein sollten. Die EU solltevielmehr in den Verhandlungen mit Bestimmtheit dafür eintreten, dass sich auch im Abkommenkeine Passagen zum Investitionsschutz wiederfinden.Das ist insbesondere vor dem Hintergrund relevant, dass Schutzrechte für Investoren in der Vergangenheitviel zu breit ausgelegt wurden, was zu Missbrauch und zu einer Einschränkung vondemokratisch legitimierten staatlichen Regulierungsmöglichkeiten geführt hat. Beispielsweisegibt es Berichte über den Versuch eines Französischen Unternehmens unter Rückgriff auf bestimmteInvestoren-Klagerechte unter anderem gegen Maßnahmen zur Erhöhung des Mindestlohnesin Ägypten vorzugehen. Ähnliche Klagerechte von Investoren gegen Staaten werden derzeitgenutzt, um Entschädigungen in Milliardenhöhe wegen des in Deutschland erfolgten Atomausstiegsvor internationalen Schiedsgerichten durchzusetzen. Es ist nicht hinzunehmen, wennder Schutz von Arbeitnehmerrechten oder der Umwelt oder andere staatliche Maßnahmen imSinne der Bevölkerung den Interessen ausländischer Investoren untergeordnet werden.Sollten dennoch Bestimmungen zum Investitionsschutz im <strong>TTIP</strong>-Abkommen aufgenommen werden,ist mindestens Folgendes zwingend zu beachten: Es darf keine Klagerechte von Investorengegen Staaten geben, die es Investoren erlauben, den ordentlichen Rechtsweg vor nationalen(oder europäischen) Gerichten zu umgehen. Diesbezüglich bedarf es dringend einer Änderungdes EU-Mandatsentwurfs. Das US-Präsidialamt hat in seiner offiziellen Unterrichtung des US-Kongresses über die geplanten Verhandlungen explizit klargestellt, dass ausländische Investorenin den USA hinsichtlich des Investitionsschutzes keine größeren Rechte, als inländische Investorenhaben sollten. Das muss aus Sicht des DGB auch für die Frage des Rechtswegs und der Klagerechtegelten. Die EU sollte explizit klarstellen, dass ausländischen Investoren in der EU keineMöglichkeit gegeben werden darf, die europäischen Gerichte durch Anrufung von Schiedsgerichtenzu umgehen. Im EU-Mandat sollte außerdem klargestellt werden, dass im Abkommen keineso genannten Schirmklauseln („umbrella clause“) eingefügt werden dürfen, die beispielsweisedazu führen können, dass eine mutmaßliche Verletzung anderweitiger vertraglicher Verpflichtungengegenüber einem Investor direkt als Verletzung des Abkommens gewertet werden – mitentsprechenden Konsequenzen. Auch hinsichtlich der anderen üblichen Regelungen in Investitionsschutzkapiteln(Inländerbehandlung, Meistbegünstigung, Enteignung etc.) muss sichergestellt8


sein, dass ein Missbrauch und eine zu umfangreiche Auslegung verhindert werden. Dazu hat derEuropäische Gewerkschaftsbund aktuell relevante Kriterien benannt. 46.) Öffentliche AuftragsvergabeDie öffentliche Auftragsvergabe kann ein geeignetes Mittel sein, um Unternehmen dazu zu bringen,soziale und ökologische Standards einzuhalten. Etwa indem die Auftragsvergabe an dieEinhaltung von Tarifverträgen, die Zahlung von Mindestlöhnen und ähnliche Bedingungen geknüpftwird. Die anstehenden Verhandlungen mit den USA sollten dazu genutzt werden, diesesPrinzip sozial-ökologischer Vergabekriterien diesseits und jenseits des Atlantiks weiter voranzutreiben.In keinem Fall darf eine Liberalisierung der Beschaffungsmärkte dazu führen, dass entsprechendebestehende Regelungen bei der Vergabe nicht mehr angewendet werden können. Vor diesemHintergrund sollte insbesondere auch das IAO-Übereinkommen Nr. 94 in Bezug auf das öffentlicheBeschaffungswesen und Tarifverträge berücksichtigt werden. Bestehende Ausnahmen solltenbeibehalten werden können – auch solche zugunsten von kleinen und mittleren Unternehmen.Das Abkommen darf keine Verpflichtung zur Öffnung oder Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesensauf subnationaler Ebene, einschließlich der kommunalen Ebene, beinhalten.Entsprechende Klarstellungen im Mandatsentwurf sind notwendig.7.) Liberalisierung des Güterhandels / Sonstige RegelungenDer Agrarbereich sollte aus Sicht des DGB nicht Gegen<strong>stand</strong> der Verhandlungen sein. Eine Liberalisierungdes Handels mit Agrargütern wird keine positiven Effekte für Beschäftigten in der Landwirtschaftin Europa bringen. Zudem ist zu befürchten, dass Verpflichtungen in einem Abkommenes noch schwieriger machen werden, Kompromisse in der europäischen Landwirtschaftspolitik zufinden.Wenn gemeinsame Produkt<strong>stand</strong>ards angestrebt werden – was im EU-Verhandlungsmandaterstaunlich wenig Raum einnimmt – muss drauf geachtet werden, dass dies nicht zulasten desGesundheits-, Arbeits-, Verbraucher- und Umweltschutzes geschieht. Ausschlaggebend solltedabei das jeweils gesellschaftlich gewünschte Schutzniveau sein, unabhängig von vermeintlichwissenschaftlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen.4 http://www.etuc.org/a/110259


ver.di Bundesverwaltung –Bereich Politik und PlanungBereich WirtschaftspolitikDezember 2013Angriff auf Löhne,Soziales und UmweltWas steckt hinter dem transatlantischenFreihandelsabkommen <strong>TTIP</strong>?Die Ideologie des freien Handels .................................. 2Das Transatlantische Handels- undInvestitionsabkommen (<strong>TTIP</strong>) ........................................ 4Die großen Versprechen ................................................ 8Gefahren und Risiken ................................................... 11Forderungen und Perspektiven ................................... 14Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft – Bundesvor<strong>stand</strong> – Paula-Thiede-Ufer 10 – 10179 Berlin – Ressort 1 – Frank BsirskeBereich Wirtschaftspolitik: Dierk Hirschel, Ralf Krämer, Sabine Reiner, Norbert Reuter, Josephine Schulz, Anita WeberKontakt: wirtschaftspolitik@verdi.deBereich Politik und Planung: Martin Beckmann, Wolfgang Uellenberg-van Dawen, Uwe Wötzel


ver.di Bundesvor<strong>stand</strong> Berlin – Seite 2Erste Berichte über ein geplantes Freihandels-Abkommen zwischen der EU und den USA gabes bereits Anfang der 1990er Jahre. Aber erst im <strong>Februar</strong> 2013 hat US-Präsident Obama dieEröffnung von Sondierungsgesprächen bekannt gegeben. Seitdem wächst das Interesse anden konkreten Inhalten und möglichen Vor- und Nachteile eines solchen Abkommens. Aufder Website der EU-Kommission wird es als „das größte Handelsabkommen der Welt“ bezeichnet.Europäische und amerikanische Verhandlungsführer betonen vor allem die positiven Wirkungeneines solchen Abkommens auf Wachstum, Preise und Arbeitsplätze. Kritiker befürchtendagegen weitreichende Einschränkungen der nationalen Souveränität und insbesondere eineerhebliche Beeinträchtigung der ordentlichen Gerichtsbarkeit durch einen umfassenden „Investorenschutz“.Investoren sollen vor eigenen Schiedsgerichten klagen können, wenn sie sichdurch nationale Regulierungen in ihren Profiterwartungen geschädigt sehen. Dessen ungeachtethat sich die Große Koalition darauf geeinigt, beim <strong>TTIP</strong> einen „zügigen Abschluss“ anzustreben.Die Ideologie des freien HandelsDer Glaube, durch den freien Welthandel Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> für alle Menschen zufördern, ist so alt wie der Kapitalismus. In den Modellwelten der Ökonominnen und Ökonomenlässt sich das auch wunderbar darstellen. Die Realität sieht aber anders aus. Die wirtschaftlichMächtigeren ziehen in der Regel den größten Vorteil aus einem weitgehendunregulierten Handel. Deshalb unterstützen auch vor allem große Unternehmen und ihreVerbände den Abbau sogenannter Handelsschranken. Dass diese oft auch dem Schutz vonBeschäftigten, Sozialstaat und Umwelt dienen, bleibt unerwähnt. Spezifische Einzelinteressenwerden als Allgemeininteresse verkauft.Vom unregulierten Freihandel profitieren vor allem die Starken undMächtigen.In der Geschichte wechselten sich Phasen von Freihandel und mehr oder weniger starken Eingriffenvon Staaten zur Lenkung des Außenhandels (Protektionismus) ab. Nachdem die Weltwirtschaftskrise1929 eine liberale Phase des Welthandels beendet hatte, reagierten die meistenStaaten mit einer Politik des nationalen Protektionismus. Nach dem Zweiten Weltkriegwurde zunächst im Rahmen der Bretton Woods-Verhandlungen ein System fester Wechselkursemit dem US-Dollar als Ankerwährung geschaffen. Hierbei ging es um die WiederherstellungEuropas als Wirtschaftszentrum und als wichtiger Handelspartner der USA. Eine allmählicheLiberalisierung des Welthandels sowie regionale Wirtschaftsgemeinschaften wie die EuropäischeWirtschaftsgemeinschaft förderten vor allem das Wachstum in Europa und den USA.In diesem Prozess blieben die ehemaligen Kolonien bzw. die Wirtschaften der asiatischen


ver.di Bundesvor<strong>stand</strong> Berlin – Seite 3Länder, Lateinamerikas und Afrikas lange Zeit von der westlich dominierten Weltwirtschaftabhängig. Die Handelsbeziehungen waren von einseitigen Regeln zu ihren Lasten bestimmt.Nach dem Ende der Systemkonfrontation und der Öffnung der Länder des „Ostblocks“ undChinas für die kapitalistische Marktwirtschaft sollte durch die Welthandelsorganisation (WTO)der freie und unbegrenzte Handel mit Kapital, Waren und Dienstleistungen weltweit durchgesetztwerden. Allerdings blockierten sich die an den Verhandlungen beteiligten Länder langeZeit und die WTO drohte in die Bedeutungslosigkeit abzusinken.Ende 2013 ist es allerdings erstmals gelungen, im Rahmen der seit 2001 laufenden Doha-Runde zur Liberalisierung des Handels mit Gütern und Dienstleistungen in Bali ein Abkommenzu verhandeln, das von fast 160 Staaten angenommen wurde. Das sogenannte Bali-Paketbeinhaltet Handelserleichterungen, den Abbau von Agrarsubventionen sowie Hilfen für Entwicklungsländer.Die Internationale Handelskammer (ICC) lobt das Abkommen als „historisch“,während etwa Attac Deutschland es als „ein Desaster für eine gerechte Welthandelsordnung“sieht. Dieses Urteil hängt damit zusammen, dass die WTO seit langem als „handelsverzerrend“bezeichnete Agrarsubventionen beseitigen will. Viele Entwicklungsländersubventionieren Grundnahrungsmittel, um die Ernährung ihrer Bevölkerung sicherstellen. Einevorgeschlagene Abschaffung innerhalb von vier Jahren stieß auf den Wider<strong>stand</strong> der G33-Entwicklungsländer. Ein erneutes Scheitern drohte. Vereinbart wurde schließlich, dass dieSubventionen weiter möglich sind, aber nur solange, bis eine dauerhafte Anpassung des Agrarabkommensbeschlossen ist. Das Thema bleibt also weiterhin auf der WTO-Tagesordnung.Die WTO ist einseitig auf freien Handel ausgerichtet. Die Rechte derMenschen drohen zu kurz zu kommen.Demgegenüber haben die großen Industriestaaten keine Probleme, weiterhin umfassendeSubventionen zur Sicherung ihrer eigenen Exporte einzusetzen, obwohl diese aus entwicklungs-und handelspolitischer Sicht besonders problematisch sind. Auch in Bali blockierten dieEU und die USA den Versuch, zumindest eine Verringerung von Obergrenzen festzulegen.Deshalb profitieren vor allem die wirtschaftlich starken Länder und Wirtschaftsgebiete (USA,EU, Japan) von diesem Abkommen, während die Interessen der aufstrebenden Länder Lateinamerikas,Afrikas und Asiens kaum Gehör finden und ihre Politik immer wieder als „handelsverzerrend“in Frage gestellt wird.Soziale Rechte, wie sie in den Normen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgelegtsind, sind bis heute nicht im WTO-Abkommen verankert und werden ebenso wie Umwelt<strong>stand</strong>ardsden Handelsinteressen untergeordnet. Dazu gehören u.a. das Verbot der Kinderarbeit,von Zwangsarbeit und das Recht auf freie gewerkschaftliche Betätigung.Die langanhaltende Blockade der WTO-Verhandlungen hatte in der Vergangenheit dazu geführt,dass u.a. von den USA aber auch von der EU mit einzelnen Ländern und Wirtschaftsre-


ver.di Bundesvor<strong>stand</strong> Berlin – Seite 4gionen Freihandelsabkommen vereinbart worden waren – z.B. das Nordamerikanische Freihandelsabkommen(Nafta) der Länder USA, Kanada und Mexiko. Die wirtschaftlich fortgeschrittenenLänder drängen vor allem auf die Liberalisierung des Handels mit Waren undDienstleistungen aber auch auf die Öffnung des jeweiligen öffentlichen Beschaffungswesensfür Anbieter aus anderen Ländern. Soziale und ökologische Standards werden dabei kaumund wenn dann unzureichend verbindlich vereinbart.Das Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen (<strong>TTIP</strong>)Mit dem <strong>TTIP</strong> starten die USA und die EU nun einen weiteren Versuch, Liberalisierungen imWelthandel durchzusetzen. Handelserleichterungen, die bisher schon in der WTO sowie inanderen bilateralen Abkommen wie dem Nafta ausgehandelt wurden, sollen festgeschriebenund weiterentwickelt werden.Ein faires und die Interessen aller Länder und Kontinente beachtendesWelthandelsabkommen geht anders!Vor allem aber soll das Gewicht des neu entstehenden Handelsblocks der Wirtschaft enormeWettbewerbsvorteile auf den Weltmärkten bringen und damit auch ihre politische Machtstärken. 44 Prozent der Weltproduktion, knapp 60 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen,42 Prozent der globalen industriellen Wertschöpfung finden in den USA und der EUstatt, in denen aber nur gut 12 Prozent der Weltbevölkerung arbeiten und leben. Die AchsenEU und USA - globale SchwergewichteAnteile am Weltniveau in Prozentver.di Bundesvor<strong>stand</strong>Bereich WirtschaftspolitikBevölkerung 20124,77,4USAEU27Anteil am Weltexport 20118,115,1Wertschöpfungsanteilder Industrie 200918,623,5BIP in Dollar 201021,123,2Direktinvestitionen 201218,837,40% 10% 20% 30% 40% 50% 60%Quelle: OECD, Weltbank, UNCTAD, Eurostat, WTO, IG Metall


ver.di Bundesvor<strong>stand</strong> Berlin – Seite 5der Weltwirtschaft sollen zu Gunsten dieses Blocks verschoben werden. Aufstrebende Länderwie Brasilien, Russland, China und Indien werden sich den von diesem Block gesetzten Regelnanpassen müssen oder müssen mit erheblichen Nachteilen rechnen.Die VerhandlungenDie Verhandlungen zum <strong>TTIP</strong> wurden in Kooperation mit Wirtschaftslobbyisten und unterstrengster Geheimhaltung vorbereitet. Die EU und die USA beauftragten dazu den 2007 vondem damaligen US-Präsidenten George W. Bush, Bundeskanzlerin Angela Merkel und demEU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso gegründeten transatlantischen Wirtschaftsrat(Transatlantic Economic Council) mit der Organisation einer Arbeitsgruppe. Mitglieder derdaraufhin eingesetzten „Hochrangigen Arbeitsgruppe für Arbeitsplätze und Wachstum“(High Level Working Group) waren u.a. die Bertelsmann Stiftung, Business Europe, der EuropeanAmerican Business Council und der Transatlantic Business Dialogue (TABD). NGOs oderGewerkschaften hatten auf die Vorbereitungen der Verhandlungen keinen Einfluss.Nachdem im Mai 2013 das Europäische Parlament und der US-Kongress mit einigen Auflagendie Verhandlungsmandate gebilligt hatten, begann am 8. Juli 2013 in Washington die ersteVerhandlungsrunde. Inzwischen läuft die Dritte. Verhandlungspartner sind der EU-Kommissarfür Handel und der US-Handelsminister. Gebildet wurden 32 Arbeitsgruppen zu den einzelnenFragekomplexen.Bei den Verhandlungen zum <strong>TTIP</strong> hatten Gewerkschaften oderUmwelt- oder Verbraucherverbände keine Mitsprachemöglichkeit.Hinter verschlossenen Türen wurde über Dienstleistungen, Investitionen, Energie, Rohstoffeund Regulierungsmaßnahmen verhandelt. Nach der ersten Verhandlungsrunde wurden dieVertreter der Wirtschaft, der Gesellschaft wie Gewerkschaften und NGOs, Umwelt- und Verbraucherschützerals sogenannte Stakeholder angehört, ebenso ein Ausschuss des EU-Parlaments. Beteiligt wurden sie aber nicht. Hinter den Kulissen hat jedoch vor allem die Wirtschaftdie Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Laut Bericht der Süddeutschen Zeitung vom11.12.2013 dürfen mehr als 600 Vertreter der Wirtschaftslobby ihre Positionen und Vorschlägeeinbringen. Sie hätten auch Zugang zu wichtigen Dokumenten, die noch nicht einmal denRegierungen der einzelnen EU-Länder vorlägen.Gegen<strong>stand</strong> der VerhandlungenZiel des <strong>TTIP</strong> ist es, nicht nur tarifäre Handelsbarrieren, also Zölle und Quoten, sondern insbesonderedie nicht-tarifären Handelshemmnisse auf ein Minimum zu reduzieren. Letztere sindin erster Linie Vorschriften, die Unternehmen oder Investoren den Zugang zum jeweils anderenMarkt erschweren können. Dazu gehören Qualitäts<strong>stand</strong>ards, Verpackungsvorschriften,


ver.di Bundesvor<strong>stand</strong> Berlin – Seite 6Herkunftsangaben und technische oder rechtliche Anforderungen an importierte Produkte.Auch die Förderung eigener Exporte zum Beispiel durch Steuervorteile gehört hierzu.Die Zölle zwischen Europa und den USA sind mit Durchschnittswerten von 5,2 Prozent in derEU und 3,5 Prozent in den USA bereits sehr niedrig. Lediglich in einigen Branchen finden sichnoch hohe Spitzenzölle. So schützt die EU ihre Landwirtschaft mit Zöllen von bis zu 205 Prozent,die USA erhebt dagegen hohe Zölle auf einige Industriegüter (Textilien 42 Prozent, Bekleidung32 Prozent sowie Leder und Schuhwerk 56 Prozent).Durch wegfallende Kontroll- und Genehmigungsverfahren und vereinheitlichteStandards und Regelungen werden dem Verbrauchersinkende Preise versprochen.Angesichts der insgesamt niedrigen Zollschranken schätzt man die Herabsetzung nichttarifärerHandelshemmnisse als ungleich wirkungsstärker ein. Allerdings unterscheiden sichdiese nicht-tarifären Regulierungen zwischen den USA und der EU mitunter erheblich. Diesbedeutet für Unternehmen, die auf beiden Märkten agieren, oft zusätzlichen Kosten durchz.B. doppelte Kontroll- und Genehmigungsverfahren. Bereits der Wegfall dieser Kosten würdezu sinkenden Preisen führen, so das Versprechen der Befürworter.Im sogenannten „initial position paper“ der Kommission 1 , die auf Seiten der EU die Verhandlungenführt, ist als Ziel festgelegt, Vergleichbarkeit von Regelungen herzustellen und auf ihregegenseitige Anerkennung hinzuwirken, sowie langfristig Regelungen und Standards anzugleichenund gemeinsame Richtlinien zu entwickeln. Dabei ist vorgesehen, dass Regulierungsinstitutionenbeider Seiten in Zukunft stärker kooperieren und bereits im Vorfeld neuerRechtssetzungen umfassende Konsultationsprozesse stattfinden, um eine zunehmende Einheitlichkeitder Regelungen zu gewährleisten.Ein weiterer wichtiger Punkt in den Verhandlungen ist die Liberalisierung des Dienstleistungssektors.In Übereinstimmung mit dem Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen(GATS) soll hier das höchste Maß bereits vereinbarter Liberalisierungen festgeschriebenund verbliebene Barrieren abgebaut werden. Im Fokus steht dabei auch die Liberalisierungdes öffentlichen Beschaffungswesens. US-Amerikanische Firmen müssten demnachbei der Vergabe öffentlicher Aufträge in einem EU-Land die gleichen Chancen haben wie einheimischeUnternehmen (und umgekehrt). Die Gleichberechtigung ausländischer Anbieterbeim Zugang zu öffentlichen Aufträgen soll auf allen Ebenen der staatlichen Institutionen,also auch auf regionaler und kommunaler Ebene verwirklicht werden.In diesem Zusammenhang sollen vor allem die Investorenrechte gestärkt werden. Geplant istein Streitschlichtungsmechanismus der es den Investoren erlaubt, gegen staatliche Vorschrif-1„Initial papers“ der EU-Kommission: http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=943


ver.di Bundesvor<strong>stand</strong> Berlin – Seite 7ten zu klagen, wenn diese diskriminierend wirken bzw. die geplante Rendite negativ beeinflussen.StreitpunkteAuf beiden Seiten des Atlantiks sind über die Jahre hinweg komplexe, völlig unterschiedlicheRegulierungssysteme gewachsen. Für Streit dürfte vor allem das ewige Sorgenkind des Freihandels– die Landwirtschaft – sorgen. Die EU und die USA könnten hier mit Blick auf dieStandards und Regelungen kaum unterschiedlicher sein. Beispielsweise ist es in den USA normal,das Fleisch hormonbehandelter Tiere zu essen. Die EU verbietet dagegen die Einfuhr.Im Unterschied zu den USA müssen hierzulande Lebensmittel, die gentechnisch verändertePflanzen enthalten, gekennzeichnet sein.Auch in Punkto Finanzprodukte- und Dienstleistungen sind die regulatorischen Diskrepanzenenorm. Allerdings sind die strengeren Regeln in diesem Fall auf Seiten der USA zu finden. 2Die USA fordern zusammen mit großen Konzernen noch mehr Exklusivrechte an „geistigemEigentum“. Zivilgesellschaftliche Gruppen und andere Kritiker fürchten daher die Rückkehrdes abgelehnten Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) 3 zum Urheberrechtsschutzunter dem Deckmantel des <strong>TTIP</strong>. 2012 wurde das ACTA-Abkommen von einer Welle der öffentlichenEmpörung gestoppt. Es hätte der Medienindustrie umfangreiche Monopolrechteund die Kontrolle des Internets beschert.Die Liste der Diskrepanzen und Streitpunkte ließe sich von Datenschutzrichtlinien bis hin zuRichtlinien für Chemikalien beliebig fortsetzen. Einzig die audiovisuellen Medien sind aufDrängen Frankreichs bis auf Weiteres aus den Verhandlungen ausgeklammert, um die kulturelleund sprachliche Vielfalt Europas zu schützen.2Als Reaktion auf die Finanzkrise wurde im Rahmen des Dodd Frank Act in den USA eine Art Trennbankensystemeingerichtet, welches den Eigenhandel von Banken einschränkt und deren Beteiligungen an Hedge- undInvestmentfonds weitgehend unterbindet. Die Ratingagenturen wurden der Finanzaufsicht unterstellt und könnenfür grobe Fehleinschätzungen leichter auf Schadensersatz verklagt werden. Damit geht der Dodd Frank Actstrukturelle Probleme an, die in der EU noch nicht gelöst sind. Die hiesigen Regulierungsmaßnahmen konzentrierensich bisher eher auf höhere Eigenkapitalanforderungen und eine Koordinierung der nationalen Finanzaufsichten.3Das ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) ist ein multilaterales Handelsabkommen, welches durch internationaleStandards zum Schutz geistigen Eigentums gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungenvorgehen soll. Vom Europäischen Parlament wurde ACTA jedoch wegen massiver öffentlicher Proteste 2012abgelehnt.


Die großen Versprechenver.di Bundesvor<strong>stand</strong> Berlin – Seite 8Wachstumsgewinne?Die EU und die USA werben für das Abkommen mit den Aussichten auf eine ganze Reihe positiverEffekte. Diese großen Versprechen haben Tradition. Im Vorfeld freihandelspolitischerBestrebungen wurde nie mit optimistischen Prognosen gespart. Ihre Treffsicherheit ist jedochsehr gering. Vor Schaffung des EU-Binnenmarkts versprach der so genannte Cecchini-Reportumfangreiche Wachstums- und Beschäftigungsgewinne. Letztere konnten jedoch nie realisiertwerden.Jetzt könnte sich Geschichte wiederholen. Laut einer von der Europäischen Kommission inAuftrag gegebenen Studie des Center for Economic Policy Research könnte das <strong>TTIP</strong> bis 2027wegen sinkender Kosten unter anderem aufgrund wegfallender Prüf- und Genehmigungsverfahrenoder Produktionsvorgaben (z.B. Verbot von Gentechnik) zu einem Wachstumszuwachsvon 0,5 Prozent in der EU und 0,4 Prozent in den USA führen. 4 Obwohl dies gerade einmalein zusätzliches Wachstum pro Jahr von 0,034 Prozentpunkten für die EU und von 0,028 Prozentpunktenfür USA darstellen würde, wird das <strong>TTIP</strong> zum kräftigen Konjunkturpaket hochstilisiert.Prognostizierte minimale Wachstumssteigerungen werden zum großenKonjunkturpaket hochgejubelt.Hinzu kommt, dass die auf das Jahr herunter gerechneten sehr bescheidenen Wachstumsprognosender CEPR-Studie auch noch auf einem optimistischen Szenario beruhen. U.a. werdenein völliger Zollabbau und ein sehr weitreichender Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnissevorausgesetzt. Gelingt das nicht im vollen Umfang oder in einem längeren Zeitraum alsangenommen, würde die Steigerung der Wirtschaftsleistung selbst in diesem Szenario nochgeringer ausfallen.Ohnehin wird die wirtschaftliche Entwicklung sowohl in der EU als auch in den USA in ersterLinie von der Binnenwirtschaft und nicht von der Exportwirtschaft bestimmt. Die Handelsbeziehungenzwischen den Vertragspartnern sind zwar seit jeher eng, haben jedoch im letztenJahrzehnt zugunsten der Schwellenländer, insb. der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien,China und Südafrika), an Bedeutung verloren. Hatten die USA 1999 noch einen Anteil von22,3 Prozent an den Gesamteinfuhren der EU, so ist er bis 2012 auf 11,5 Prozent gefallen.Ähnlich bei den Ausfuhren der EU. 1999 gingen noch 27,4 Prozent der Gesamtausfuhren indie USA, 2012 nur noch 17,3 Prozent 5 .4Europäische Kommission (2013): Transatlantic Trade and Investment Partnership. The economic analyses explained,S. 2.5Stephan, S./Löbbing, J. (2013): Außenhandel der EU27. Eine regionale und sektorale Analyse, in: IMK Report83.


ver.di Bundesvor<strong>stand</strong> Berlin – Seite 9Und schließlich ist zu berücksichtigen, dass im transatlantischen Handel bisher vor allem Industriegüterdominieren. Da die Zölle hier ohnehin schon niedrig sind, können von einer weiterenReduktion keine signifikanten Handels- und Wachstumsschübe erwartet werden.Als weiteres Versprechen wird angeführt, dass aufgrund sinkender Preise als Folge des erhöhtenWettbewerbs und geringerer Kosten das reale Einkommen eines durchschnittlichen EuropäischenHaushaltes jährlich um zusätzliche 500 Euro steigen soll. Doch auch dieser Wertergibt sich ausschließlich aus Modellrechnungen. Erfahrungen mit Freihandelsabkommen derVergangenheit zeigen, dass das versprochene Ausmaß von Preissenkungen nie eingetreten ist.Positive Effekte sollen sich auch global ergeben. Wenn die USA und die EU ihre gleichermaßenhohen Arbeits-, Sozial,- und Umwelt<strong>stand</strong>ards harmonisieren – so das Argument – hättedies eine positive Auswirkung auf Drittstaaten, die sich über kurz oder lang an diesen dannangeblich immer noch hohen Standards orientieren würden.Profitieren würden Staaten außerhalb des Bündnisses auch von der Reduktion nicht-tarifärerHandelshemmnisse, die ihnen den Zugang zu beiden Märkten vereinfachen könnten. Dennauch Drittstaaten müssten, wenn sie in die EU und die USA exportieren, zum Beispiel keinezusätzlichen Kosten für zwei verschiedene Prüf- und Genehmigungsverfahren aufwenden.


ver.di Bundesvor<strong>stand</strong> Berlin – Seite 10Beschäftigungsgewinne?Darf man den Befürwortern glauben, bringt das <strong>TTIP</strong> sowohl den USA als auch der EU nebenmehr Wachstum und höheren Einkommen auch mehr Arbeitsplätze. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftungprophezeit die Schaffung von über zwei Millionen Arbeitsplätzen, davonknapp über eine Million in den USA und ca. 181.000 in Deutschland prognostiziert. 6 Da sichdieser Zuwachs an Beschäftigung aber erst im Verlauf der nächsten 10 bis 20 Jahre ergebensoll, ist dieser Effekt kaum der Rede wert.Gewinner werden vor allem multinationale Konzerne sein. In den USA sind es die großenDienstleistungsanbieter, die sich Zugang zum Europäischen Markt erhoffen, der bisher weitweniger liberalisiert ist, als der Dienstleistungsmarkt der USA. Besonders US-amerikanischeAnbieter von Transport-, Versicherungs- und Finanzdienstleistungen könnten von einem Abbauder Handelsbarrieren profitieren. Aber auch europäische Dienstleistungsanbieter bestimmterBranchen beispielsweise der Luft- und Schifffahrt, sowie Kurierdienste spekulierenauf Marktzuwächse in den USA. Auf europäischer Seite würden darüber hinaus insbesonderedie Industrieexporteure (z.B. Automobilhersteller) von den Harmonisierungsbestrebungen bezüglichqualitativer und technischer Standards profitieren. Auf beiden Seiten erhoffen sichgroße Konzerne außerdem aus der Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens neue Geschäftsfelderund daraus resultierende Gewinne. Hier waren die Zugänge u.a. aufgrund des„Buy American Acts“ (Verpflichtung zum Kauf amerikanischer Waren) bisher vielfach beschränkt.Die Gefahren und eigentlichen Profiteure des <strong>TTIP</strong> werden bewusstverschleiert.Von Freihandelsabkommen profitieren insbesondere exportorientierte Unternehmen, währendUnternehmen auf dem Binnenmarkt durch die verstärkten Importe verstärkt unter Druck geraten.Kommt es aufgrund des verschärften Wettbewerbs zu Konkursen, wechseln laut Theoriediese Beschäftigten einfach in boomende Exportbranchen. Dass es hierbei zu erheblichenZeitverzögerungen und Problemen aufgrund nicht passender Qualifizierung, Kultur- undSprachdifferenzen kommen kann, bleibt im Modell ebenso unberücksichtigt wie die Bewältigungder Folgen umfassender Wanderungsbewegungen. Selbst eine Entvölkerung ganzerRegionen ist im Modell kein Problem, in der Realität aber mit erheblichen sozialen und strukturellenVerwerfungen verbunden.In den Modellen werden Beschäftigte zu Nomaden. Immer auf der Suchenach Arbeitsplätzen und Einkommen.6Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.) (2013): Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP). Wemnutzt ein transatlantisches Freihandelsabkommen? Teil 1: Makroökonomische Effekte, S. 41.


Gefahren und Risikenver.di Bundesvor<strong>stand</strong> Berlin – Seite 11Investorenschutz schlägt Demokratie?Die Europäische Kommission will, dass Investoren stärker vor direkter und indirekter Enteignunggeschützt werden sollen. Der Begriff „indirekte Enteignung“ eröffnet dabei einen relativweiten Interpretationsspielraum. Theoretisch könnten darunter alle politischen Maßnahmenver<strong>stand</strong>en werden, die Profite oder lediglich zukünftig erwartete Profite von Konzernen negativbeeinträchtigen. Mit Hilfe des Investoren/Staat-Streitschlichtungsmechanismus könnenausländische Investoren Staaten auf Schadenersatz verklagen, wenn bestimmte Gesetze, diezum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, der Beschäftigten oder der Umwelt dienen, ihrenerwarteten Gewinn beeinträchtigen. Privaten Unternehmen wird hiermit die Möglichkeit gegeben,gegen einen Staat zu klagen. So wird beispielsweise befürchtet, dass auf diese Weisedas „fracking“, also die Ausbeutung sogenannter „unkonventioneller“ Gasvorkommen, gegenden Willen von Staaten und ihren Einwohnern durchgesetzt werden könnte.Investoren/Staat-Schiedsgerichte sind völlig intransparent und findenim Geheimen statt. Sie widersprechen demokratischen Verfahren.Die Schiedsgerichte selbst sind keine Institutionen des demokratischen Rechtsstaats, sondernagieren auf der Basis von Handels- und Investitionsschutzverträgen außerhalb nationalstaatlicherRechtssysteme. Entscheidungsträger bzw. Richter sind hier drei Juristen, von denen dererste vom Unternehmen/Investor, der zweite vom Staat und der dritte im Konsens beider Parteien,oder von einer anderen Institution nominiert werden. Berufungsverfahren oder einehöhere Instanz, die solche Entscheidungen widerrufen könnte, gibt es nicht.Beispiele solcher Verfahren, die wegen der Zusammensetzung der „Gerichte“ meist zugunstender Investoren entschieden werden, gibt es zur Genüge – weltweit bereits mehr als 500.Auch der Schwedische Konzern Vattenfall hat den deutschen Staat wegen Einbußen aufgrunddes Atomausstiegs auf Schadensersatz in Höhe von 3,7 Milliarden Euro verklagt. DerAusgang dieses in Washington anhängigen Verfahrens ist offen. Solche Klagemöglichkeitenführen dazu, dass Gesetze zum Schutz von Bürgerinnen und Bürger wie von sozialen Standardsprofitgeleiteten Unternehmerinteressen zum Opfer fallen und damit der Rechtsstaatunterlaufen wird.Transatlantisches Lohn- und Sozialdumping?Hinsichtlich der Auswirkungen des <strong>TTIP</strong> auf Löhne und Sozialstaat ist alarmierend, dass dieUSA bisher nur zwei der acht ILO-Kernarbeitsnormen ratifiziert haben. In den USA ist deshalbdie Vereinigungs- und Kollektivverhandlungsfreiheit teilweise beträchtlich eingeschränkt. Dadurchwird die Arbeit insbesondere von Gewerkschaften erheblich erschwert. Ein Beispiel dafürist der Konzern T-Mobile USA, der gewerkschaftliche Interessenvertretung zu verhindern


ver.di Bundesvor<strong>stand</strong> Berlin – Seite 12versucht. In den USA gibt es in den Betrieben und Verwaltungen vordemokratische Verhältnisse.Zwar ist im Mandat der Kommission festgehalten, dass nationale Arbeits- und Sozial<strong>stand</strong>ardserhalten bleiben sollen, nichtdestotrotz besteht die Gefahr, dass es im Rahmen einer transatlantischenFreihandelszone zu einer Abwärtsspirale bei den Standards kommt, und Konzernedie unterschiedlich hohen Standards so ausnutzen, dass für sie nur die niedrigsten angewandtwerden. Auf diese Weise könnten nationale Regelungen ebenfalls umgangen werden.Die Gefahr einer solchen Abwärtsspirale hat sich bei anderen Freihandelsabkommen bereitsbestätigt. Mit Blick auf die EU wird beispielsweise sichtbar, wie schwache bzw. fehlende Sozial<strong>stand</strong>ardsim liberalisierten Binnenmarkt zu einem Anstieg prekärer Arbeitsverhältnisse, steigendenEinkommensunterschieden und verstärktem Druck auf Löhne und Arbeitsbedingungenführen. So gelten etwa gemäß der europäischen Dienstleistungsrichtlinie für Dienstleistungserbringerdie rechtlichen Bestimmungen ihres Herkunftslandes (sog. Herkunftslandprinzip).Seitdem arbeiten in Deutschland Arbeiter aus Osteuropa in großer Zahl zu Billiglöhnenund unter miserablen sozialen Bedingungen u.a. in deutschen Schlachthöfen. Entweder sindsie bei ausländischen Leiharbeitsfirmen angestellt oder die deutschen Schlachthöfe habenWerkverträge mit ausländischen Subunternehmen abgeschlossen. In vielen Betrieben derdeutschen Schlachtindustrie gibt es heute kaum noch fest angestellte Beschäftigte.Fehlende verbindliche Vorgaben im <strong>TTIP</strong> können zu einer Abwärtsspiralebei Arbeits- und Sozial<strong>stand</strong>ards führen.Werden also in den <strong>TTIP</strong>-Verhandlungen keine verbindlichen Absprachen zu Arbeits<strong>stand</strong>ardsgetroffen, besteht die Gefahr, dass Unternehmen die niedrigeren Standards einiger Länderausnutzen. Lohndumping, Steuerflucht und die Aushöhlung gewerkschaftlicher Einflussmöglichkeitenwären die Folge.Einschränkung des Umwelt-, Verbraucher- und Klimaschutzes?Zwar hat die EU-Kommission versichert, in den Verhandlungen einen ehrgeizigen Kurs zu verfolgenund vorhandene Standards nicht zu unterlaufen. Amerikanischen und europäischenLobbyisten sind jedoch die europäischen Vorschriften zum Umwelt-, Verbraucher- und Klimaschutzein Dorn im Auge. Nicht nur die europäischen Nachhaltigkeits<strong>stand</strong>ards bei Biokraftstoffen,auch die angeblich zu langsame Zulassung und Kennzeichnung von Gentechnik-Lebensmitteln, die Weiterentwicklung der EU-Chemikalienrichtlinie REACH und der EURO-Norm für Auto-Emissionswerte laufen den US-Exportinteressen zuwider. Unternehmen undInteressenvertreter der Wirtschaft üben somit Druck auf das in den EU-Verträgen festgelegteVorsorgeprinzip aus. Eine entscheidende Rolle könnte hier auch das Investoren/Staat-Streitschlichtungsverfahren spielen, indem es Firmen die Möglichkeit bietet gegen UmweltundKlimaschutzvorschriften zu klagen.


ver.di Bundesvor<strong>stand</strong> Berlin – Seite 13Privatisierungen der öffentlichen Daseinsvorsorge?Die weitgehende Liberalisierung und Privatisierung von gesellschaftlich notwendigen Güternwie Wasser, Bildung und Gesundheit stellt schon lange ein besonderes Interesse vieler privatwirtschaftlicherDienstleistungsanbieter dar. Im Zuge des <strong>TTIP</strong> könnte es daher auf Druck solcherUnternehmen zu Regelungen kommen, die Privatisierungen forcieren. Die profitorientierteVermarktung z.B. von Bildung und Gesundheit birgt die Gefahr von Qualitätseinbußen,Preissteigerungen und einer Ausgrenzung einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen.Ähnlich stellt sich das Problem im Hinblick auf die Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesensdar. Wenn ausländische Firmen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen völliggleichbehandelt werden müssen, sind Bund, Länder und Kommunen kaum mehr in derLage lokale Wirtschaften anzukurbeln oder bestimmte Wirtschaftszweige gezielt zu unterstützen.Auch könnten Entscheidungen von Kommunen bestimmte öffentliche Dienstleistungenin eigener Regie anzubieten, von privaten Unternehmen zum Gegen<strong>stand</strong> von Schiedsgerichtsverfahrengemacht und so möglicherweise vereitelt werden. Damit besteht die Gefahr,dass dann die Deckung öffentlicher Bedarfe angesichts privater Profitinteressen nicht mehrgewährleistet ist. Es ist auch fraglich, ob es den jeweiligen Behörden weiterhin möglich seinwird, Aufträge auf Grundlage sozialer und ökologischer Kriterien zu vergeben. Ihnen wird aufdiese Weise ein wichtiges Instrument genommen, um auf regionale WirtschaftsentwicklungenEinfluss zu nehmen. Auch der Bayerischer Städtetag warnt vor einer Bedrohung der kommunalenDaseinsvorsorge durch das <strong>TTIP</strong>: Die EU-Kommission könnte in Zukunft mit Hinweis aufinternationale Abkommen eine Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen in Europa durchsetzen.Damit drohe ein weiterer Privatisierungsschub bei Bildung, Kulturförderung, Gesundheit,sozialen Dienstleistungen, Abwasser- und Müllentsorgung, Energie, Verkehr und Wasserversorgung.Die Einflussmöglichkeiten von Bund, Ländern und Kommunen auf dieregionale Wirtschaftsentwicklung sind massiv bedroht.Angriff auf die Demokratie?Freihandelsabkommen und WTO-Verhandlungen stehen seit jeher wegen Intransparenz undgeringer Beteiligungsmöglichkeiten in der Kritik. Das <strong>TTIP</strong> bildet keine Ausnahme.Dokumente aus den Verhandlungen oder von Konsultationsprozessen mit Interessenvertreterinnenund Vertreter der Wirtschaft sind nicht zugänglich. Es ist daher kaum nachvollziehbar,welche Lobbygruppen in den Verhandlungen angehört werden, wie groß deren Einfluss istund welche Inhalte besprochen werden. Ohnehin scheint ein erhebliches Ungleichgewicht derInteressenvertretung im Konsultationsprozess zu bestehen. Zwar werden auf Druck des EU-Parlaments und der Öffentlichkeit zunehmend auch Akteure der Zivilgesellschaft konsultiert,


ver.di Bundesvor<strong>stand</strong> Berlin – Seite 14privilegierte Informations- und Beratungszugänge der Unternehmenslobbyisten bleiben jedochbestehen.Die <strong>TTIP</strong>-Verhandlungen finden hinter verschlossenen Türen statt.Welche Lobbygruppen Zugang und Einfluss haben ist undurchsichtig.Hier erweist sich bereits das Mandat der Kommission als problematisch. Der Inhalt dieses vomEuropäischen Rat verliehenen, weitreichenden Verhandlungsmandats sollte ebenso wie dieInhalte der Verhandlungen vor der Öffentlichkeit geheim gehalten werden. Dies muss schondeswegen kritisiert werden, weil das ganze Verfahren nicht demokratischen Standards entspricht,die Vertragsinhalte des <strong>TTIP</strong> aber „auf allen Ebenen vollständig bindend“ sein sollen,d.h. auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene. Gleichzeitig haben weder die Vertreterinnenund Vertreter der Nationalstaaten noch subnationaler Ebenen direkten Einfluss aufdie Verhandlungsergebnisse. Auf diese Weise können im Rahmen des <strong>TTIP</strong> Einigungen getroffenwerden, die nationale, demokratische Gesetzgebung aushebeln, ohne dass die BetroffenenGestaltungsmöglichkeiten haben. Auch die Tatsache, dass das Europäische Parlament das<strong>TTIP</strong> ratifizieren muss, kann dieses Demokratiedefizit nicht heilen. Ähnlich wie bei WTO-Verhandlungen kann dem Ergebnis nur als Gesamtpaket zugestimmt werden. Damit hat aufdie konkrete Ausgestaltung einzelner Regelungen auch das Europäische Parlament keinenEinfluss. Zudem wäre das <strong>TTIP</strong>, einmal abgeschlossen, praktisch nie wieder zu verändern. Weildafür alle Vertragspartner zustimmen müssen, können die USA oder schon ein einziges EU-Land jede Änderung blockieren.Forderungen und PerspektivenDie Gewerkschaften haben sich von Beginn der Verhandlungen an klar positioniert. 7 An ersterStelle steht die Forderung nach völliger Transparenz und umfassender Beteiligung der Parlamente,der Zivilgesellschaft und der Gewerkschaften an den Verhandlungen. Die Regierungender EU-Mitgliedsstaaten müssen ihren Parlamenten und den Organisationen der Zivilgesellschaftalle relevanten Dokumente zugänglich machen und umfassend über die Verhandlungeninformieren. Das gilt erst Recht für die EU-Kommission.Im Einzelnen fordern ver.di, der DGB und die Europäischen Gewerkschaften:• Soziale und ökologische Ziele müssen gleichrangig mit den wirtschaftlichen Zielen verfolgtwerden. Das heißt: Anpassung von Umweltvorschriften und Standards jeweils aufdem höchsten Niveau, vollständige Ratifizierung aller ILO-Sozial<strong>stand</strong>ards in der EU wie7Vgl. die Stellungnahme des DGB unter http://www.dgb.de/themen/++co++aaaea4dc-bc 89-11e2-bf0d-00188b4dc422; des Europäischen Gewerkschaftsbundes unter http://www.etuc.org/a/11025. Auch zivilgesellschaftlicheOrganisationen wie Attac und Campact beschäftigen sich mit dem geplante Abkommen und habenPositionen formuliert und Protestaktionen gestartet, siehe unter http://www.attac.de/index.php?id=71050;https://www.campact.de/ttip/.


ver.di Bundesvor<strong>stand</strong> Berlin – Seite 15in den USA, Sicherung von Mitbestimmungs- und Arbeitnehmerrechten in transatlantischenUnternehmen auf höchsten Standard. Wenn Beschäftigten zur Arbeit in die USAoder nach Europa entsandt werden, dann muss das Ziellandprinzip gelten: GleicherLohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort.• Die Rechte von Verbraucherinnen und Verbraucher müssen ebenfalls auf höchstem Niveaugeschützt werden. Der Schutz von persönlichen Daten und der Schutz von Urheberrechtenmuss gewährleistet werden.• Öffentliche Dienstleistungen sind aus dem Abkommen auszuklammern. Bisherige EU-Vereinbarungen zum Schutz öffentlicher Dienstleistungen dürfen nicht durch die Hintertürdurch das <strong>TTIP</strong> bedroht werden. Das in der EU geltende Subsidiaritätsprinzip,wonach Kommunen, Länder und Mitgliedsstaaten ihre Daseinsvorsorge weitgehendselbst gestalten, muss strikt beachtet werden. Auch für das öffentliche Beschaffungswesendürfen keine Regelungen erfolgen, die zu weiterer Liberalisierung oder Privatisierungöffentlicher Dienstleistungen führen.• Investoren/Staat-Streitschlichtungsmechanismen sichern einseitig die Privilegien für Investoren.Sie schützen ihre Profite und bewahren sie vor den Kosten von notwendigensozialen und ökologischen Veränderungen in den Vertragsstaaten. Deshalb lehnen wirInvestoren/Staat-Streitschlichtungsverfahren im <strong>TTIP</strong> ab. Die Rechtsordnungen beiderWirtschaftsräume bieten ausreichenden Schutz für Investoren.• Die Entscheidung der EU nicht über audiovisuelle Dienstleistungen als Träger kulturellerVielfalt zu verhandeln, muss ebenso Be<strong>stand</strong> haben wie die UNESCO-Konvention zumSchutz der Vielfalt der Kultur.Wenn diese Mindestanforderungen an ein transatlantisches Freihandelsabkommen nicht erfülltwerden, dann bleibt nur die Ablehnung. In den nächsten Monaten wird ver.di gemeinsammit seinen Bündnispartnern das <strong>TTIP</strong> zum Gegen<strong>stand</strong> gesellschaftlicher Auseinandersetzungenmachen.


WirtschaftspolitischeInformationenGrundsatzfragen und GesellschaftspolitikVor<strong>stand</strong>Nr. 03 / August 2013Kurz und bündig Die Hauptzielregionen deutscherAusfuhren verschieben sich: DerTrend: Weniger in europäische,mehr in außereuropäische Länder Nur in der Eurozone gingen diedeutschen Ausfuhren zurück.Aufgrund der Kürzungspolitik in denKrisenländern entwickelten sich dieImporte schwächer. Der Ausfuhrüberschuss der deutschenMetall-Elektro-Industrie erreichte2012 mit über 250 MilliardenEuro einen neuen Rekordwert. Deutsche Ausfuhrüberschüsse tragennicht zur Stabilisierung bei. 2013 entwickelten sich Metall-Elektro-Ausfuhren eher rückläufig. Im Juni 2013 erteilte der EU-Rat derEU-Kommission das Verhandlungsmandatfür die TransatlantischeHandels- und Investitionspartnerschaft.Die Gespräche sollenbereits Ende <strong>2014</strong> abgeschlossensein. Ziel ist die weitgehende Liberalisierungdes Handels zwischender EU und den USA. Konkret gehtes um die Abschaffung tarifärer undnicht-tarifärer Handelsbeschränkungen. Nur bei einer „tiefen“ Liberalisierungund der Berücksichtigung von„Handelsumlenkungseffekten“ sindspürbare Wirkungen zu erwarten:ein steigendes BIP-Pro-Kopf inDeutschland um 4,7 Prozent und181.092 Arbeitsplätze. Andere Studien bezweifeln, dasses zu Wirkungen in diesem Umfangkommen wird. Voraussetzung für mehr Wohl<strong>stand</strong>ist die Wahrung hoher Arbeits-,Sozial- und Umwelt<strong>stand</strong>ardsund eine wirksame Begrenzungdes Investitionsschutzes. Unser Ziel muss sein: Nutzung derWachstumschancen für die Sicherungund Förderung von Standortenund Beschäftigung und gleichzeitigeWahrung eines hohen Niveaus beiArbeits-, Sozial- und Umwelt<strong>stand</strong>ards.Mehr Wachstum und Wohl<strong>stand</strong>durch liberalisierten Außenhandel?Die IG Metall fordert: Transatlantisches Abkommen zwischen der EUund den USA nur mit höchsten Arbeits- und Sozial<strong>stand</strong>ards!Die Weltwirtschaft erholt sich – wenn überhaupt – im Vergleich zu vergangenenKrisen nur sehr langsam von der jüngsten Finanz- undWirtschaftskrise. Hartnäckig steckt die Eurozone in der Rezession. Dieexportabhängige deutsche Wirtschaft sucht zunehmend andere Absatzwegeaußerhalb Europas, z.B. in dynamisch wachsenden Schwellenländern.Deutsche Exporteure profitieren von noch nicht gesättigtenMärkten und von einer expansiveren Wirtschaftspolitik in anderenTeilen der Welt. Ein liberalisierter transatlantischer Handel soll einenweiteren Wachstumsimpuls bringen. Welche Chancen und Risikensind mit der geplanten transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaftverbunden?Mit dem Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU könnte eingewaltiger gemeinsamer Wirtschaftsraum entstehen (siehe Abbildung unten).Das würde einen nahezu schrankenlosen Handel ermöglichen. SteigendeProduktivität sowie sinkende Kosten und Preise könnten mehrWachstum und Wohl<strong>stand</strong> schaffen. Im Kern geht es um die Frage, ob aufdiese Weise tatsächlich mehr Wachstum entstehen kann. Sollten sich dieErwartungen der Befürworter erfüllen, können spürbare Effekte nur entstehen,wenn weitreichend liberalisiert wird. Das ginge aber zu Lasten vonDrittstaaten. Ob sich der Wohl<strong>stand</strong> auf diese Weise in allen beteiligtenLändern mehren lässt, hängt letztlich auch davon ab, ob es gelingt, wohl<strong>stand</strong>sförderndeArbeits-, Sozial- und Umwelt<strong>stand</strong>ards gegenüber einemschrankenlosen Investitionsschutz zu behaupten.Im ersten Teil beschreibt diese Wirtschaftspolitische Information die Außenhandelsentwicklunginsgesamt und in der Metall- und Elektroindustrie. Imzweiten Teil geht es um Auswirkungen des geplanten Freihandelsabkommenszwischen der EU und den USA. Im dritten Teil bewerten wir abschließenddas Vorhaben aus Sicht der IG Metall.Relatives Gewicht der EU und der USA aus globaler PerpektiveAnteile am Weltniveau in ProzentDirektinvestitionen (Bestände) - 2012BIP (in US-Dollar) - 2012Wertschöpfungsanteil der Industrie - 2009*Anteil am Weltexport - 2011Bevölkerung - 20124,7*= ohne Griechenland und Zypern, reale Werte 2005=100Quelle: OECD, Weltbank, UNCTAD, WTO, Eurostat, eigene Berechnungen8,118,821,118,67,415,123,523,237,40 10 20 30 40 50 60USAEU27Grafik: IG Metall FB Grundsatzfragen


03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite- 2 -1. Entwicklung des deutschen AußenhandelsDer deutsche Außenhandel bleibt sich treu: Die Ausfuhrenund Ausfuhrüberschüsse steigen weiter und strebenneue Höchstmarken an. Während Ausfuhrüberschüsseeinerseits erheblich zum Wohl<strong>stand</strong>swachstum inDeutschland beitragen, gefährden sie andererseits dieStabilität in den Ländern mit Handelsbilanzdefiziten.1.1. Außenhandel Welt und EuropaAbb. 1.1: Europa – Deutschlands bester KundeDeutsche Ausfuhren nach Ländergruppen 2012Anteile in Milliarden Euro und ProzentIn allen anderen Ländergruppen außer der Eurozonekonnten Deutschlands Unternehmen mehr als im Vorjahrabsetzen (Abb. 1.3).Abb. 1.3: Ausfuhr-Zielregionen verschieben sichDeutsche Ausfuhren in ausgewählte Ländergruppen2010 bis 2012, in Mrd. Euro6757527563884212010 2011 2012411Afrika; 21,8 Mrd.€, 2%Amerika; 128,5Mrd. €,11,7%Asien; 179,2 Mrd.€, 16,3%Australien undOzeanien; 10,7Mrd. €, 1%207 214183125 130104202122128991101791681489911121 127100Europa Eurozone Nicht-Eurozone Europa ohne EU Afrika Amerika Asien Australien undOzeanienBRICQuelle: Statistisches Bundesamt, März 2013 Grafik: IG Metall, FB GrundsatzfragenEuropa ohne EU;130,3 Mrd.€,11,9%Europa:Nicht-Eurozone;214,2 Mrd. €,19,5%Eurozone;411,4 Mrd. €,37,5%Quelle: Statistisches Bundesamt, Stand März 2013 Grafik: IG Metall, FB GrundsatzfragenWeit über die Hälfte aller deutschen Ausfuhren gehenin Länder der Europäischen Union (2012: 57%).Das entspricht 626 Mrd. von 1,1 Billionen Euro. Dochhinter diesen beeindruckenden Zahlen stecken zweiEntwicklungen, die alles andere als positiv sind: Erstensgeht der EU-Anteil an allen deutschen Ausfuhren kontinuierlichzurück. 2007 waren es noch fast 65 Prozent,das entspricht einem Rückgang von acht Prozentpunktenin fünf Jahren. Zweitens mussten die deutschen Exporteure2012 seit dem krisenbedingten Einbruch erneuteine Abnahme des Ausfuhrvolumens in die EUverzeichnen (-0,3%).Abb.1.2: Weniger Exporte in die EurozoneDeutsche Ausfuhren in ausgewählte Ländergruppen 2012Veränderung gegenüber Vorjahr in ProzentEuropadav.: Eurozonedav.: Nicht-Eurozonedav.: Europa ohne EUAfrikaAmerikaAsienAustralien und OzeanienBRIC-2,2Quelle: Statistisches Bundesamt, März 20130,53,44,65,14,56,913,116,3Grafik: IG Metall, FB GrundsatzfragenWie bereits erwähnt: Noch macht die EU den Löwenanteilan den deutschen Ausfuhren aus. Doch die Zuwachsratender EU bei der Einfuhr deutscher Produktesind in der Regel kleiner als bei den übrigen Ländergruppen.Während 2012 gegenüber 2011 in die EU etwasweniger exportiert wurde (-0,3%), legten die Ausfuhrenin europäische Nicht-EU-Staaten um 4,6 Prozentzu, nach Afrika um 5,1, nach Asien um 6,9, nach Australienund Ozeanien um 13,1 und nach Amerika um16,3 Prozent. Insgesamt stiegen die deutschen Ausfuhren2012 um 3,4 Prozent an. Bei dieser Entwicklunghandelt es sich nicht um eine statistische Momentaufnahme.Vielmehr zeichnet sich hier ein eindeutigerTrend ab. Das heißt: Seit Jahren verschiebt sich dieBedeutung der einzelnen Länder(gruppen) für die deutscheExportwirtschaft. Die Tendenz: Weniger in die EU,mehr in europäische Länder außerhalb der EU, nach Afrika,Amerika, Australien-Ozeanien und insbesonderenach Asien.Neben den europäischen Ländern außerhalb der EU,Amerika insgesamt und Asien gewinnen vor allem dieBRIC-Staaten, also Brasilien, Russland, Indien undChina, für deutsche Exporteure weiterhin an Bedeutung.Seit Jahren klettern sie auf der Rangliste „Anteile derBRIC-Staaten am Gesamthandel mit Deutschland“ nachoben.Rangplätze der BRIC-Staaten gemessen an ihrem Anteil am Gesamthandel mit DeutschlandAusfuhrEinfuhr2000 2008 2010 2012 2000 2008 2010 2012China 16 11 7 5 10 3 1 2Russland 19 12 13 11 13 8 10 7Brasilien 22 23 19 20 25 21 22 21Indien 40 24 21 22 36 28 26 25Quelle: Statistisches Bundesamt, März 20132007 importierten die BRIC-Staaten insgesamt noch 7,5Prozent aller deutschen Ausfuhren. 2012, also nur fünfJahre später, waren es bereits 11,6 Prozent, bei weitersteigender Tendenz.


03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite - 3 -Demgegenüber führten die USA 2007 7,6 Prozent allerdeutschen Ausfuhren ein. Nach leichten Schwankungenin den letzten Jahren waren es 2012 lediglich 7,9 Prozent.Für deutsche Exporteure stieg damit die Bedeutungder USA nur unwesentlich. Nichtsdestotrotz verzeichnetendie USA als Einzelland im letzten Jahr dashöchste Wachstum bei der Abnahme deutscher Produkte(+ 17,7% gegenüber 2011).Das ist auch deswegen besonders erwähnenswert, weilgerade deutsche Befürworter eines Handelsabkommenszwischen der EU und den USA künftig hoheWachstumszahlen bei den Exporten in Aussicht stellen,sollte der geplante Vertrag tatsächlich Wirklichkeit werden.Wie man sieht, sind hohe Zuwächse bei den Ausfuhrenauch ohne ein solches Handelsabkommen möglich.Durch die expansive Geldpolitik in den USA wurdedie Konsumnachfrage gestärkt. Dadurch stiegen auchdie US-amerikanischen Importe.Abb. 1.4: Die meisten Überschüsse mit EuropaDeutsche Außenhandelsüberschüsse und -defizite 2012in Milliarden EuroEuropaEUEurozoneAmerikaNicht-EurozoneAsienAfrika -2,113,148,646,369,3120,7115,6nicht verleugnen, dass auch Deutschland Nutznießerdieser Ungleichgewichte war. Sie trugen zum Wohl<strong>stand</strong>szuwachsin Deutschland bei und erhöhten gleichzeitigdie Verschuldung der Krisenländer.Die Rangfolge der zehn wichtigsten Zielländer deutscherAusfuhren wurde auch 2012, wie in den Jahrenzuvor, eindeutig von Frankreich angeführt. Waren imWert von über 100 Milliarden Euro kauften die Franzosenaus deutscher Produktion, das entspricht einem Anteilan allen deutschen Exporten von immerhin 9,5 Prozentund ist damit deutlich größer als der Anteil deutscherExporte in die USA (7,9 Prozent). Dieser Anteilblieb über die letzten fünf Jahre konstant. Während dieAusfuhren in die USA (2. Platz) seit 2007 leicht zulegten,gingen sie nach Großbritannien etwas zurück (3.Platz). Dennoch verdrängten die Briten die Niederländerauf Platz 4. China verbleibt weiterhin auf Platz fünf.Abb. 1.5: Frankreich importiert mehraus Deutschland als die USA.Die 10 wichtigsten Zielländer deutscher Exporte 2012 und 2011in Mrd. EuroFrankreichUSAUKNiederlandeVR ChinaÖsterreichItalienSchweizBelgienPolenQuelle: Statistisches Bundesamt, März 201365,669,464,957,957,7566248,847,944,64742,243,573,866,672,27186,8101,420122011Grafik: IG Metall, FB Grundsatzfragen104,5Quelle: Statistisches Bundesamt Grafik: IG Metall, FB GrundsatzfragenBetrachtet man nicht nur die Entwicklung der Ausfuhren,sondern die Salden aus Exporten minus Importen,ergibt sich ein etwas anderes Bild. Noch führt Europadie Rangfolge der Handelsüberschüsse nach Regionenan (Abb. 1.4). In der Rangfolge der höchsten Außenhandelsüberschüssestehen, je nach Blickwinkel, Europainsgesamt, die EU und die Eurozone ganz oben. Allerdingsist das kein Grund zum Jubeln. Auch dieserZu<strong>stand</strong> hält seit langem an und trägt massiv zu denLeistungsbilanzungleichgewichten in Europa bei. Denndie Überschüsse der einen sind die Defizite der anderen.Mit der zunehmenden Verschuldung der Defizitländersteigt für die Gläubigerstaaten das Kreditausfallrisiko.Darüber hinaus widerspricht diese Entwicklung bzw.dieser Zu<strong>stand</strong> dem Ideal einer ausgeglichenen Handelsbilanzwie es im Stabilitäts- und Wachstumsgesetzvon 1967 formuliert ist. Handelsbilanzungleichgewichtekönnen das Ergebnis von einer ungleichen Entwicklungder Wettbewerbsfähigkeit sein. In einer Währungsunionfällt die Möglichkeit, diese Ungleichgewichte durch eineAnpassung der Wechselkurse auszugleichen, weg. Daherkönnen sich Handelsbilanzungleichgewichte verfestigen.Somit bleiben nur Korrekturmöglichkeiten beiGewinnmargen und Entgelten. Wer die Handelsbilanzdefiziteder europäischen Krisenländer kritisiert, darfBeim Blick auf die Entwicklung des Handels zwischender EU und den USA zeigt sich eine weitere interessanteEntwicklung: Die Ein- und Ausfuhranteile der USA amGesamthandel der EU sind in den letzten zehn Jahrenzurückgegangen (Abb. 1.6). Andere Länder bzw. Ländergruppenhaben, wie bereits beschrieben, nicht nuraus dem Blickwinkel Deutschlands, sondern auch derEU, hinsichtlich des Außenhandels, an Bedeutung gewonnen.Abb. 1.6: USA verlieren an Bedeutung im EU-HandelAußenhandel EU - USA, 2012 gg. 2002Ein- und Ausfuhranteile der USA am Gesamtein- bzw. ausfuhrwert der EUVeränderungen in Prozentpunkten-10,5-8,0Quelle: Eurostat, Stand: 01.08.2013Einfuhranteil(aus USA in EU)Ausfuhranteil(aus EU in USA)Grafik: IG Metall ,FB Grundsatzfragen


03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite - 4 -Nichtsdestotrotz legten die Ausfuhren aus der EU in dieUSA stärker zu als die Einfuhren. Daher stieg der Exportüberschussder EU gegenüber den USA um 32,5Prozent (Abb. 1.7).Abb. 1.7: Außenhandel EU – USA legt weiter zuAußenhandel EU - USA, 2012 gg. 2002Ein- und Ausfuhren, BilanzsaldoVeränderungen in ProzentEinfuhrenAusfuhrenBilanzsaldoQuelle: Eurostat, Stand: 01.08.201312,417,732,5Grafik: IG Metall ,FB Grundsatzfragen1.2. Außenhandel GesamtwirtschaftDeutschland ist ein exportorientiertes Land. Bis auf dieJahre 1950 und 1951 erzielte die deutsche Gesamtwirtschaftstets einen Ausfuhrüberschuss. Das heißt, sieexportierte mehr, als sie importierte. 1989 wurde einerster Höhepunkt mit knapp 69 Milliarden Euro erreicht.Nach 1989 stiegen für zwei bis drei Jahre die Einfuhrenstärker als die Ausfuhren, was eine deutliche Abschmelzungdes Ausfuhrüberschusses bewirkte. Danach„normalisierte“ sich die Situation wieder. Der Exportüberschussstieg erneut und erreichte nach 95,5Milliarden (2001) eine neue, vorläufige Höchstmarkevon knapp 133 Milliarden in 2002. Der absolute Höhepunktwurde 2007 mit über 195 Milliarden Euro erreicht.Dann kam eine krisenbedingte „Delle“ (2009: 139 Milliarden),die seit einigen Jahren wieder ausgeglichen ist.2012 lag der Ausfuhrüberschuss bei gut 188 MilliardenEuro und setzt den Aufstiegstrend fort.Abb. 1.8: Außenhandelsüberschuss steigt weiter anAußenhandelsüberschuss der deutschen Gesamtwirtschaftin Mrd. Euroumgesetzt bzw. ernstgenommen wurde (vgl. S. 3). Dieanderen Ziele dieses Gesetzes waren: ein hoher Beschäftigungsgrad,Preisniveaustabilität und ein angemessenesWirtschaftswachstum. Der leitende Gedankedabei war, dass der Staat durch wirtschaftspolitischesEingreifen makroökonomische Ungleichgewichte beseitigensollte und könnte. Diese nach dem damaligenWirtschaftsminister Karl Schiller benannte „Globalsteuerung“orientierte sich an den Ideen von John MaynardKeynes.Leichte Außenhandelsüberschüsse sind kein Problem.Steigen diese jedoch unaufhaltsam und erreichen Größenordnungenvon über sechs bis sieben Prozent desBIP, trägt das kurz- bis mittelfristig zu Wirtschaftskrisenbei. Geraten Länder mit Handelsbilanzdefiziten in eineKrise, kann sich diese sehr schnell auf die Überschussländerübertragen. Das gilt insbesondere für Ungleichgewichteinnerhalb einer Währungsunion, da hier einAusgleich über flexible Wechselkurse entfällt.1.3. Außenhandel Metall-ElektroindustrieNach dem krisenbedingten Einbruch 2009 legten dieExporte der deutschen Metall-Elektroindustrie, wie dieAusfuhren in der Gesamtwirtschaft, wieder kräftig zu(siehe Abb. 1.9). Der Vorkrisenhöchst<strong>stand</strong> (2008: 599Milliarden Euro) wurde bereits 2011 mit gut 640 MilliardenEuro deutlich übertroffen. 2012 wurde eine neueHöchstmarke mit 654 Milliarden Euro erreicht.Während die Ausfuhren seit der Krise kontinuierlichstiegen, gingen die Importe 2012, nach zweijährigemZuwachs, leicht zurück. Das Resultat war ein erneuterRekord beim Außenhandelsüberschuss. Fast 260 MilliardenEuro exportierten deutsche Metall-Elektro-Unternehmen mehr, als sie importierten.Abb. 1.9: 2012: Größter AußenhandelsüberschussAußenhandel 2000 bis 2012: Metall- und Elektroindustriein Mrd. Euro700200,0150,0100,050,059,195,5132,8129,9156,1 158,2 159,0 195,3178,3138,7154,9158,7188,3600500400300200100AusfuhrEinfuhr02000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012Quelle: Statistisches Bundesamt, statistischer Bruch 2008, da neue Klassifikation2012:HöchsterÜberschuss:258,3 Milliarden EuroGrafik: IG Metall, FB Grundsatzfragen0,02000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012Quelle: Statistisches BundesamtGrafik: IG Metall, FB GrundsatzfragenWas zeigt uns diese Entwicklung? Unter anderem, dassdas Ziel eines außenwirtschaftlichen Gleichgewichtsdes Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes von 1967 nichtIn beiden Größen, Ausfuhren und Überschuss, wird dieBedeutung der Metall-Elektro-Industrie für die deutscheGesamtwirtschaft deutlich. 60 Prozent aller Ausfuhrenkommen aus dem Metall-Elektrobereich. Dieser Anteilist seit Jahren stabil. Beim Überschuss leistet die deutscheMetall-Elektroindustrie einen überdurchschnittlichhohen Anteil. Während der gesamtwirtschaftliche Über-


03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite - 5 -schuss 2012 knapp 190 Milliarden Euro betrug, lag derMetall-Elektro-Ausfuhrüberschuss bei knapp 260 MilliardenEuro.Abb. 1.10: Die Hälfte aller ME-Exporte geht in die EUDie Hälfte aller M+E-Exporte geht in die EUAnteil an allen M+E-Exporten in %, 2012Exporte im Wertvon über 651Mrd. Euroverteilten sich imJahr 2012 auffolgendeLändergruppen...Quelle: Statistisches Bundesamt, März 2013EU; 50,5%= 328,5 Mrd. €davon: 31,7% indie Eurozone= 206,3 Mrd. €Amerika; 14,1%=91,5 Mrd. €USA: 9,6%;62,6 Mrd. €Sonstige;15,2% = 99,2Mrd. €Russland; 3,9%=25,3 Mrd.€Asien; 20,3%= 131,9 Mrd.€China: 8,4%54,7 Mrd. €Grafik: IG Metall, FB GrundsatzfragenWie bei den Ausfuhren der Gesamtwirtschaft ist die EuropäischeUnion das Hauptzielgebiet deutscher Metall-Elektro-Ausfuhren(2012: 50,5%). Die andere Hälfteverteilte sich auf Amerika, Asien und sonstige Länderwie z.B. Russland. Knapp 32 Prozent aller Ausfuhrengingen in die Eurostaaten, also über 200 Milliarden Euro.Dabei zeichnet sich bei der Verschiebung wichtigerZielländer seit Jahren dieselbe Tendenz wie in der Gesamtwirtschaftab: Weniger nach Europa, in die EUbzw. Eurozone, mehr nach Amerika, Asien und Russland.Abb. 1.11: Noch importiert Frankreich am meistenMetall- und Elektroindustrie: Die 15 größten Ausfuhrländer Deutschlands 2012in Milliarden Euro und Veränderung zum Vorjahr in ProzentFrankreichUSAChinaUKItalienÖsterreichNiederlandeRussische FöderationSchweizPolenBelgienSpanienTschechische RepublikTürkeiSchweden-17,3-15,9-6,7-7,2Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen-4,0-4,5-1,2-1,2-1,9-2,50,61,24,613,613,210,120,418,318,017,817,726,326,225,324,229,244,354,762,665,2Veränderung zum Vorjahr in %in Mrd. EuroGrafik: IG Metall, FB Grundsatzfragenden Ausfuhren hatten. Die bereits erwähnte Verschiebungin der Wichtigkeit der Ausfuhrländer ist also auchund gerade in der Metall-Elektro-Industrie in vollemGange.Die meisten Metall-Elektro-Einfuhren bezieht Deutschlandaus China mit fast 50 Milliarden Euro, gefolgt vonFrankreich mit knapp 35 Milliarden und den USA mit gut26 Milliarden Euro.Abb. 1.12: Die meisten ME-Importe aus ChinaMetall- und Elektroindustrie: Die 15 größten Einfuhrländer Deutschlands 2012in Milliarden Euro und Veränderung zum Vorjahr in ProzentChinaFrankreichUSAItalienTschechische RepublikÖsterreichVereinigtes KönigreichNiederlandeSchweizJapanPolenUngarnSlowakeiSpanienBelgien-9,9-8,1-7,9-6,2-4,7-5,1-3,0-3,7-3,2-4,0-1,9-3,4Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen1,70,75,613,613,112,112,416,715,519,018,117,721,220,122,826,434,749,3Veränderung zum Vorjahr in %in Mrd. EuroGrafik: IG Metall, FB GrundsatzfragenWelche Metall-Elektro-Branchen sind die ausfuhrstärksten?Über die Hälfte (54%) aller ME-Exportekommen aus der Auto- und Maschinenbauindustrie. Andritter Stelle folgt die „Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten,elektronischen und optischen Erzeugnissen“(13%), dann die „Herstellung von elektrischen Ausrüstungen“(10%). Die restlichen 22 Prozent der ME-Ausfuhren verteilen sich auf die Herstellung von Metallerzeugnissen,Metalle und Bahn-, Schiff- und Flugzeugbau.Gegenüber 2011 gab es hier keine wesentlichenVeränderungen.Abb. 1.13: Über 50 Prozent der ME-Ausfuhren sindAutos und MaschinenAusfuhren Metall- und Elektroindustrie 2012Anteile der M+E-Branchen (Wert in Mrd. Euro und in Prozent)an den Gesamtausfuhren der Metall- und ElektroindustrieBahn‐, Schiff‐,Flugzeugbau; 51;8%Autoindustrie;190,2; 29%Metalle; 58,1; 9%M+E insgesamt:652,5 Mrd. EuroMetallerzeugnisse37,2; 6%Frankreich führt die Rangfolge der Zielländer deutscherMetall-Elektro-Ausfuhren erneut an. Knapp dahinter dieUSA und China, die allerdings auch erheblich mehrEinwohner und damit Abnehmer haben. Es fällt auf,dass europäische Zielländer, mit Ausnahme Russlands,eher geringe bis negative Veränderungsraten 2012 beiMaschinen; 164,2;25%Quelle: Statistisches Bundesam t , eigene BerechnungenDV, elektr. u. opt.Erzeugn.; 86; 13%ElektrischeAusrüstungen;65,8; 10%Grafik: IG Metall, FB Grundsatzfragen


03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite - 6 -Die stärksten Zuwächse bei den Exporten erzielte der„Sonstige Fahrzeugbau“ (Bahnen, Schiffe und Flugzeuge).Da das Auftragsvolumen dieser Branche aufgrundvon temporären Großaufträgen schwankt, sollte derkräftige Zuwachs 2012 gegenüber 2011 mit 22,6 Prozentanerkannt, aber nicht überbewertet werden. Plus2,5 Prozent erzielte dem gegenüber die Autoindustrie.Damit lagen beide Branchen über dem Metall-Elektro-Durchschnitt von 1,9 Prozent. Alle anderen Metall-Elektrobranchen verzeichneten geringere Zuwächseoder gar Rückgänge.Abb.: 1.14: Die Exporte der einzelnen Metall-Elektrobranchenentwickelten sich verschiedenAusfuhren der Metall- und Elektroindustrie2012 gegenüber 2011, Veränderung in ProzentBahn-, Schiff-, FlugzeugbauAutoindustrie2,522,61.4 Zusammenfassung und AusblickSowohl im gesamtwirtschaftlichen Außenhandel wieauch in der Metall-Elektroindustrie verschiebt sich seitJahren die Bedeutung einzelner Ländergruppen bzw.Kontinente. Dabei fällt besonders der Rückgang derdeutschen Exporte in die Eurozone auf. Das ist eineFolge der Kürzungspolitik, denn über ein sinkendes BIPund eine sinkende Beschäftigung verringerten sich nichtnur die Binnennachfrage, sondern auch die Importe derKrisenstaaten. Damit wird deutlich, dass man sich auseiner Krise nicht „heraussparen“ kann. Nur ein „Herauswachsen“ist möglich.Der folgende Teil erläutert, wer, wenn überhaupt, Nutznießereines geplanten Freihandelsabkommens zwischender EU und den USA sein könnte. Soviel kannbereits jetzt gesagt werden: Zum allgemeinen Ausgleichim weltweiten Handel wird es wohl kaum beitragen.Metall-ElektroindustrieMaschinenDV, elektr. u. opt. Erzeugn.Metallerzeugnisse1,90,70,20,12. Die geplante Handels- und InvestitionspartnerschaftEU – USA2.1 Was bisher geschahElektrische AusrüstungenMetalle-4,5-1,2Quelle: Statistisches Bundesamt , eigene BerechnungenGrafik: IG Metall, FB GrundsatzfragenOb diese relativ günstige Ausfuhrentwicklung im laufendenJahr erneut erreicht werden kann, ist noch nicht abzuschätzen.Das erste Vierteljahr 2013 entwickelte sichdeutlich schlechter als das Gesamtjahr 2012. Lediglichder Sonstige Fahrzeugbau konnte einen Zuwachs melden.In allen anderen ME-Branchen gingen die Ausfuhrenzurück, die Metall-Elektro-Industrie insgesamt um2,7 Prozent.Abb. 1.15: Metall-Elektro-Ausfuhren rückläufigAusfuhren der Metall- und ElektroindustrieJanuar - April 2013 gegenüber Vorjahreszeitraum, Veränderung in ProzentSonstige FahrzeugeElektrische AusrüstungenMetallerzeugnisseMetall- und ElektroindustrieKraftwagen- und -teileMaschinenDV-Geräte, elektr. u. opt. Erzeugn.Metalle -7,1Quelle: Statistisches Bundesamt , eigene Berechnungen-3,6-4-2,7-2,7-1,604,5Grafik: IG Metall, FB GrundsatzfragenEs ist Bewegung in die Außenhandelsbeziehungen zwischenden Vereinigten Staaten und der EU gekommen.Während ein Schwerpunkt in den vergangenen Jahrendem Ausbau der Handelsbeziehungen zu Partnerländerndes Pazifischen Raumes galt, richtet sich der Blickder US-Amerikaner nun auf Europa. Daher befasstesich auch Obama in seiner Antrittsrede zur zweitenAmtszeit mit den Beziehungen der USA zu Europa.Ein Freihandelsabkommen soll nun den Waren- undDienstleistungsaustausch zwischen den beiden Kontinentenintensivieren und Wachstumspotenziale nutzen:die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft(Transatlantic Trade and Investment Partnership– <strong>TTIP</strong>, im Folgenden auch: „Freihandelsabkommen“).Am 13. <strong>Februar</strong> 2013 kündigten EU-KommissionspräsidentBarroso, EU-Ratspräsident van Rompuy und US-Präsident Obama an, Verhandlungen über eine transatlantischeHandels- und Investitionspartnerschaft aufzunehmen.Bereits im März dieses Jahres wurde demRepräsentantenhaus der Vereinigten Staaten der Ergebnisberichteiner hochrangigen Arbeitsgruppe, bestehendaus US-amerikanischen und europäischen Experten,vorgelegt. Die Arbeitsgruppe befasste sich seit etwaeinem Jahr mit den möglichen Wirkungen des Freihandelsabkommens.Dabei gehen die Experten davonaus, dass über eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeitmehr Wachstum und Beschäftigung in den Ländern derVertragsparteien entstehen.Im Gegensatz zum Repräsentantenhaus in den USAwurde das Europäische Parlament (EP) erst sehr spätin die Debatte einbezogen. Die EU-Kommission begründetdie spärlichen Informationen und den „sensiblen“Umgang mit Dokumenten mit verhandlungstakti-


03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite - 7 -schen Überlegungen insbesondere in Bezug auf möglicheReaktionen von Drittstaaten. Bei der Abstimmungüber das Verhandlungsmandat Ende Mai stimmten dieEP-Abgeordneten mehrheitlich dafür. Aber gleichzeitigwurde auf Drängen Frankreichs beschlossen, dassDienste mit kulturellen oder audiovisuellen Inhaltenausdrücklich vom Verhandlungsauftrag an die Kommissionausgenommen werden. Damit soll die kulturelleund sprachliche Vielfalt in der EU geschützt werden.Befremdlich wirkt der straffe Zeitplan: Am 14. Juni entschiedder EU-Rat positiv über das Verhandlungsmandatan die EU-Kommission. Die Gespräche begannenim Juli 2013 und sollen bereits Ende <strong>2014</strong> abgeschlossenwerden. Mit der Mandatserteilung an die EU-Kommission bekommt die Liberalisierung des Welthandelseinen weiteren Schub. Die Erwartungen sind hoch,dadurch auch die Krise im Euroraum leichter zu überwinden.Damit kommt ein nach wie vor großes Vertrauenin die Lenkungskraft deregulierter Märkte zum Ausdruck,die zu einem effizienten Einsatz von Arbeit undKapital führen soll. Durch eine höhere Produktivität sollmehr Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> entstehen (siehe Kasten).Es gibt gute Gründe für eine Beschränkung des ungehindertenAustauschs von Waren und Dienstleistungen.Zum einen, um den unterschiedlichen (Arbeits-, SozialundUmwelt-)Normen und Werten der am Handel beteiligtenGesellschaften gerecht zu werden, aber auch, umIndustrien und damit auch den Beschäftigten in einerfrühen Phase Schutz zu gewähren gegenüber einermöglicherweise weiterentwickelten ausländischen Konkurrenz(„Erziehungszollargument“ – Friedrich List1827, siehe Kasten).2.2 Die Bedeutung der Handels- und Investitionspartnerschaftfür die WeltwirtschaftAbgesehen davon, dass die USA für Deutschland –gemessen am Exportvolumen – der zweitwichtigsteHandelspartner sind, sprechen weitere Fakten für dieaußergewöhnliche Rolle des geplanten Abkommens(Abb. 2.1): Fast 60 Prozent der Bestände an ausländischenDirektinvestitionen (Vermögensanlagen im Auslanddurch inländische Investoren mit einem Anteil anden Unternehmen von mindestens 10 Prozent) und ca.44 Prozent der Weltproduktion in US-Dollar entfielen imJahr 2011 auf die EU und die USA zusammen.Abb. 2.1: Bedeutung des FreihandelsabkommensLiberalisierung oderSchutz der heimischen Produktion?–Kontroversen in der AußenhandelstheorieEin liberalisierter und damit wettbewerbsintensiverinternationaler Handel wurde von den klassischenÖkonomen als Idealzu<strong>stand</strong> beschrieben, da er dieWohlfahrt der am Handel beteiligten Länder erhöht.Die Idee ist dabei ganz simpel: liberalisierter, alsoungehinderter Handel führt dazu, dass die Produktein jenen Ländern hergestellt werden, die sie am kostengünstigstenherstellen können. Durch die Ausnutzungvon absoluten (Adam Smith – 1776) aber auchvon komparativen (David Ricardo – 1817) Kostenvorteilengegenüber anderen Ländern kommt es zu einerSpezialisierung der Produktion. Sollte mehr produziertwerden, als das Inland konsumiert, werden dieProdukte auf dem Weltmarkt mit Produkten getauscht,die in anderen Ländern günstiger hergestelltwerden. Insgesamt erhöht sich somit der Wohl<strong>stand</strong>der spezialisierten und am Handel beteiligten Länder.Das bekannteste Beispiel stammt von David Ricardo.Es beschreibt die vollständige Spezialisierung vonEngland auf Stoffe und Portugal auf Wein, weil Englandgegenüber Portugal einen relativen Kostenvorteilbei der Produktion von Stoffen hatte.Kosten- und damit Wettbewerbsvorteile können sichauch aufgrund einer unterschiedlichen Faktorausstattungergeben und begründen eine unvollständige undwohl<strong>stand</strong>smehrende Spezialisierung der Länder(Heckscher-Ohlin-Theorem, 1919/1933). Darüber hinausbeeinflusst auch die Nachfrage Richtung undStruktur des Außenhandels und erklärt insbesondereden intraindustriellen Handel (Export und Import gleicherGütergruppen), der insgesamt wohl<strong>stand</strong>sförderndwirkt (Paul Krugman, 1979/1980).Handelsbeschränkungen und damit Schutz der inländischenWirtschaft vor ausländischer Konkurrenzverursachen in diesen Modellen Wohlfahrtsverluste.Protektionismus hat aber auch positive Seiten. Esgibt zahlreiche Beispiele dafür, dass die heutigen Industrieländersich nur deswegen so entwickeln konnten,weil sie durch Zölle vor ausländischer Konkurrenzgeschützt wurden (z.B. Schutz der USA und derdeutschen Staaten gegenüber dem fortschrittlichenEngland Anfang/Mitte des 19. Jahrhunderts, maßgeblichgefordert von Friedrich List 1827: „Erziehungszollargument“).Einig sind sich viele Experten auchdarin, dass der Aufhol- und IndustrialisierungsprozessChinas nur aufgrund massiver Abschottung undRegulierung des heimischen Güter- und Kapitalmarktesmöglich war. Darüber hinaus betont insbesondereDani Rodrik (2011) die Gefahr des Wohlfahrtsverlustsdurch einen demokratisch nicht legitimierten Globalisierungsprozess,der sich auf Kosten regionaler bzw.länderspezifischer Werte und Normen durchsetzt.


03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite - 8 -Der Wertschöpfungsanteil der Industrie an der globalenindustriellen Wertschöpfung beträgt über 40 Prozent.Insgesamt haben die EU und die USA zusammen einenAnteil am Weltexport im Umfang von 23,2 Prozent, alsobeinahe ein Viertel. Diese Zahlen beeindrucken insbesonderedeswegen, weil beide Wirtschaftsräume zusammennur etwa 12 Prozent der Weltbevölkerung beheimaten.Das Freihandelsabkommen sprengt alle bisherigen Dimensionenbilateraler Abkommen. Beide Wirtschaftsräumebilden zusammen ein wirtschaftliches Machtzentrum.Die Handels- und Investitionspartnerschaft wirddeswegen nicht nur den bilateralen Handel, sondernauch den Waren- und Dienstleistungsaustausch innerhalbder Europäischen Union und der EU, bzw. der US-Amerikaner mit Drittländern beeinflussen.2.3 Worüber wird verhandelt?Ziel der Verhandlungen ist es, alle noch bestehendentarifären und nicht-tarifären Handelsbeschränkungen imHandel zwischen den USA und Europa weitestgehendzu beseitigen. Zu den tarifären Handelshemmnissenzählen Import-Zölle, die auf den Preis einer Ware beider Einfuhr in ein Land zu entrichten sind. Dadurch verteuernsich die importierten Waren, sofern sie über höherePreise an die Kunden weitergereicht werden können.Andererseits schützt der Importzoll inländischeProduzenten und damit auch die Beschäftigten. DieWettbewerbsbeschränkung belastet allerdings die Konsumenten,da sie einen höheren Preis sowohl für dieimportierte als auch für die im Inland hergestellte Warebezahlen müssen als unter Freihandelsbedingungenmöglich wäre. Die Zolleinnahmen stellen aber auch eineEinnahmequelle für die Staaten dar, die wohlfahrtsmehrendwirken können, wenn sie sinnvoll eingesetzt werden.Zu den wichtigsten nicht-tarifären Handelshemmnissenfür Einfuhren in die USA gehören z.B. auferlegte Qualitätsanforderungen,verwaltungstechnische Hürden amZoll, Kennzeichnungspflichten und Regeln zum Schutzgeistigen Eigentums. Ein bekanntes Importverbot ausder jüngsten Zeit ist das Importverbot für Rindfleisch indie USA, das nach massivem Auftreten von BSE-Erkrankungen in den 90er-Jahren ausgesprochen wurde.Umgekehrt gelten EU-Beschränkungen für den Importgenetisch veränderter Pflanzen aus den USA. Inbeiden Fällen soll die Gesundheit der Bevölkerung geschütztwerden. Ein berechtigtes, nicht zu unterschätzendesAnliegen!Jedoch werden solche Argumente häufig vor allemdeswegen angeführt, um die inländischen Produzentenvor unerwünschtem Wettbewerb zu schützen. Einerseitserhöhen nicht-tarifäre Handelshemmnisse die Kostenfür Exporteure, da sie zum Beispiel den Qualitätsanforderungendadurch nachkommen müssen, dass sie dieProduktion der exportierten Ware anders organisierenmüssen und auch den Nachweis erbringen müssen,dass sie die Qualitäts<strong>stand</strong>ards des Empfängerlandeseinhalten. Andererseits drücken sich in diesen Kostengesellschaftlich gewünschte und wohl<strong>stand</strong>sförderndeSchutzbedürfnisse von Beschäftigten und Verbrauchernaus. Um nicht auf den höheren Kosten sitzen zu bleiben,erhöhen die Unternehmer den Preis um diese Kosten,sodass die Wirkung im Ergebnis dieselbe ist wie beiZöllen: Das Produkt verteuert sich für die Konsumentendes Bestimmungslandes.2.4 Bestehende Handelsbeschränkungenzwischen den USA und der EUUm ermessen zu können, wie sich die Abschaffung vontarifären und nicht-tarifären Handelshemmnissen aufden Waren- und Dienstleistungsaustausch und somitauf das Wachstum und die Beschäftigung auswirkt,müssen die momentanen Belastungen erfasst und bewertetwerden. Was für die Zollbelastungen noch relativeinfach machbar ist, ist für nicht-tarifäre Handelsbeschränkungennur mithilfe aufwändiger Schätzungenmöglich.Abb. 2.2: Handelsbarrieren – ZölleZollbelastung von Importen in die EU und USAin Prozent im Jahr 20070 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12BekleidungLederprodukteErdöl, Kohle-ProdukteTextilienMineralienprodukteMetallprodukteMetalleKraftfahrzeuge und FahrzeugteileChemische, Gummi- und KunststoffMaschinen und Maschinelle AnlagenElektronikgeräteEisenmetallHolzprodukteFahrzeugbauPapierprodukteDurchschnitt IndustriegüterDurchschnitt Agrargüter8,810,17,13,96,61,55,26,32,63,12,42,22,32,42,28,11,71,91,31,30,60,40,2Durchschnittliche0,4Zollbelastung für Industriegüter beim0,21,20,00,02,82,82,63,90,2Import in die USA und in die1,0Europäische Union = 2,8 Prozent.Zollbelastung importierter Waren aus der EU in die USA; MFN-Zollsatz gegenüber dem ammeisten begünstigten Land gewichtet nach HandelsvolumenZollbelastung importierter Waren aus den USA in die EU; MFN-Zollsatz gegenüber dem ammeisten begünstigten Land gewichtet nach HandelsvolumenQuelle: ifo-Institut , TRAINS Data von WITSGrafik: IG Metall, FB GrundsatzfragenQuelle: ifo-Institut (2013a, S. 39), MFN – Zollsatz gegenüber dem ammeisten begünstigten Land (Most Favoured Nation), gewichtet nachHandelsvolumenDas Ifo-Institut hat hierzu Anfang 2013 eine Studie veröffentlicht.Die Ergebnisse knapp zusammengefasst:Der Vergleich der Zollbelastungen zeigt, dass europäischeund US-amerikanische Importeure im industriellenBereich im Durchschnitt in etwa gleichen Belastungenausgesetzt sind. Die durchschnittlichen Zollsätze liegen


03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite - 9 -mit ca. 2,8 Prozent (gewichtet mit den Anteilen der Produkteam Importvolumen) auf einem niedrigen Niveau(Abb. 2.2). Zwischen den Branchen gibt es deutlicheUnterschiede. Exporte der EU in die USA in den BereichenBekleidung, Erdöl/Kohle-Produkte und Textiliensind mit den höchsten Zöllen belastet. Aus den USAexportierte Kraftfahrzeuge und Fahrzeugteile verteuernsich beim Import in die EU um etwa 8,1 Prozent.Es ist zu vermuten – und das zeigen auch die Schätzungen–, dass durch die Beseitigung der durchschnittlichrelativ geringen industriellen Zollsätze keine starkenHandels- und Wohlfahrtseffekte ausgelöst werden. Aufgrundvon asymmetrischen Belastungen in einzelnenBranchen könnte sich die Zollbeseitigung allerdings aufdas Verhältnis von Importen und Exporten in den Sektorenauswirken.Ein anderes Bild ergibt sich gemäß den Schätzungendes Ifo-Instituts dagegen bei den nicht-tarifären Handelsbeschränkungen.Diese erreichen in einzelnen Industriesektorenin der Europäischen Union eine geschätzte(preisliche) Belastung, die in etwa einem Zollsatzvon über 50 Prozent entsprechen würde. Zu denSektoren mit der höchsten Belastung von Importen ausden USA in die EU zählen Chemie (111,5 Prozent), Papierprodukte(73,5 Prozent) und die Lederproduktion(50,1 Prozent). In diesen Bereichen dürfte eine Beseitigungoder Harmonisierung der nicht-tarifären Handelshemmnissezu mehr Exporten aus den USA in die EUführen.Dagegen ist der europäische Markt für Produkte desMaschinen- und Anlagenbaus für US-Importe barrierefrei.Hier vertrauen die Europäer offenbar auf starkeWettbewerbsvorteile ihrer Produkte. Das sehen die US-Amerikaner ähnlich, denn diese behindern ihrerseits mitnicht-tarifären Handelsbeschränkungen den Import indie USA im Bereich des Maschinen- und Anlagenbausim Umfang einer (preislichen) Belastung von geschätzten46 Prozent. Von einer Beseitigung oder Harmonisierungder nicht-tarifären Handelshemmnisse könnte somitder deutsche Maschinen- und Anlagenbau profitieren.Die relativ hohen Hürden für Exporte in die USA imnicht-tarifären Bereich werden in einer Befragung von60 Branchenverbänden im Rahmen der ifo-Studie bestätigt.Die drei wichtigsten Beschränkungen sind demnach:1. administrative Hürden am Zoll bei der Einfuhr in dieUSA (Zollprozedur, Herkunftsbescheinigung etc.),2. auferlegte Qualitätsanforderungen auf importierteWaren in die USA (gesundheitliche, sicherheitsrelevanteRegelungen, Produktklassifizierung etc.) sowie3. besondere Etikettierungspflichten für importierte Warenin die USA.Technische Standards prägen die Produktions- und Absatzbedingungender industriellen Branchen in Deutschland. Was soll sich hier konkret ändern? Ein internesArbeitspapier der EU-Kommission schlägt für die EUundUSA-Automobilregulierungen eine weitgehendeAngleichung bzw. Anerkennung von technischen Standardsund Normen vor (EU-Commission, 2013). UnterschiedlicheRegelungen z.B. hinsichtlich der Stoßstangenlängeoder Farbe des Blinkers bzw. der CO 2 -Abgaswerte (die sich in den USA auf die Fläche des Autosbeziehen, in Europa auf das Gewicht) führen dazu,das einzelne Modelle nicht auf beiden Märkten angebotenwerden (Wirtschaftskammer Österreich, 2013). EineAngleichung der Standards würde die Produktivität erhöhenund die Herstellungskosten senken. Die Wettbewerbsfähigkeitverbessert sich. Ein Angebot zu niedrigerenPreisen wäre möglich. Der Absatz könnte steigen.2.5 Was bringt ein Freihandelsabkommen denbeteiligten Ländern?Naheliegend sind zunächst die direkten Wirkungen aufdas Handelsvolumen. Die Studie des ifo-Instituts zeigt,dass die handelsschaffenden Effekte umso größer sind,je mehr liberalisiert wird. Bei einer umfassenden Liberalisierung(Beseitigung tarifärer und nicht-tarifärer Handelsbeschränkungen)schätzt die Studie einen starkendurchschnittlichen Zuwachs des Handels zwischen denUSA und der EU um etwa 79 Prozent. Auch sollen exportorientiertemittelständische Unternehmen durchverbesserte Marktzutrittsbedingungen profitieren. InDeutschland seien die stärksten Zuwächse in den WirtschaftszweigenTextil und Leder, aber auch MaschinenundKraftfahrzeugbau und im Bereich der bilateralenDienstleistungsexporte (Transport/Logistik) zu erwarten.Tabelle 2.1: Effekte nach der Beseitigung von tarifärenund nicht-tarifären HandelsbeschränkungenUSA EU 26 DeutschlandWohlfahrtseffekte, reales BIP pro Kopf,Veränderung in Prozent2,2 1,7 1,6Arbeitsplätze (Netto-Effekt) 68.790 98.910 25.220Durchschnittlicher Reallohn,Veränderung relativ zum2,2 1,7 1,6Basisgleichgewicht in ProzentDurchschnittliche gewichteteArbeitsproduktivität, Veränderungrelativ zu Basisgleichgewicht in1,1 1,3 1,1ProzentPreisindex, Veränderung relativ zumBasisgleichgewicht in Prozent-2,1 -1,0 -0,6Quelle: ifo Institut (2013a, S. 96 ff)Ein Blick auf die makroökonomischen Effekte ist allerdingsernüchternd. Unter der realistischen Annahme,dass es zu keiner vollständigen Integration, d.h. zu einemBinnenmarkt nach Europäischen Muster mit freiemKapitalverkehr und vollständiger Freizügigkeit der Arbeitskräftekommt, sondern lediglich tarifäre und nichttarifäreHandelsbeschränkungen abgeschafft werden,entstehen in Deutschland (netto) ca. 25.000 Arbeitsplätze.Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf wächst um 1,6Prozent auf ein höheres Niveau, die Arbeitsproduktivitätsteigt um 1,1 Prozent, das Preisniveau sinkt um 0,6Prozent und der durchschnittliche Reallohn steigt um1,6 Prozent (Tabelle 2.1).


03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite - 10 -In Relation zu 41,6 Millionen Erwerbstätigen im Jahr2012 in Deutschland wären das nur 0,06 Prozent mehr.Und im Verhältnis zu 29,9 Millionen sozialversicherungspflichtigBeschäftigten ergäbe sich ein Zuwachsum 0,08 Prozent. Nur unter der ebenso ambitioniertenwie unrealistischen Annahme, dass ein Binnenmarktnach europäischem Muster entsteht (Freizügigkeit derArbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und freier Kapitalverkehr),könnten in Deutschland 110.000 Arbeitsplätzegeschaffen werden.Dabei ist zu bedenken, dass die hier geschätzten zusätzlichenArbeitsplätze nur den Nettoeffekt abbilden.Hinter dieser Zahl verbergen sich Anpassungs- undVerlagerungsprozesse in und zwischen den Branchenund Regionen, die einen viel größeren Umfang einnehmenkönnen, als der Nettoeffekt vermuten lässt. Damitverbunden sind enorme Anforderungen an Flexibilitätund Mobilität der Beschäftigten und unter Umständenhohe zeitliche Wirkungsverzögerungen. Zugleich wirddeutlich: Es ist die Flexibilität, die die Voraussetzungdafür schafft, dass sich im Ergebnis ein positiver Gesamteffekteinstellt.Die mit dem Freihandelsabkommen verbundenen Handelsumlenkungseffektedeuten auf größere Veränderungender globalen Handelsströme hin. Das ist das Ergebniseiner weiteren Studie des ifo-Instituts im Auftragder Bertelsmann-Stiftung, die im Juni 2013 veröffentlichtwurde. In die Berechnungen flossen die Daten von 126Ländern ein. Auf eine umfassende Darstellung desSchätzansatzes muss hier verzichtet werden. Zentral istallerdings die sehr grob-vereinfachende Annahme,„…dass der Handel zwischen den USA und den EU-Mitgliedsstaaten im Durchschnitt um genau das Ausmaßsteigt, das […] für vergleichbare existierende Abkommenin den Daten [ge-]messen [werden kann] (ifoInstitut 2013b, S. 13).“Die Anpassungsschätzungen beruhen auf messbarenReaktionen des Handels infolge sinkender Handelskostenin vergleichbaren Abkommen in der Vergangenheit.Schon an der Vergleichbarkeit muss gezweifelt werden,da die Ausgangsbedingungen und besonderen Handelsstrukturenzwischen der EU und den USA nichtidentisch sind mit dem innereuropäischen Handel unddem Handel zwischen den Partnern des Nord-Amerikanischen-Freihandels-Abkommens (North AmericanFree Trade Agreement, NAFTA), die als Referenz-Handelsräume dienten. Der Anpassungszeitraum bleibtzudem unklar. Dieser kann sehr lange sein, sodass dieEffekte sich entsprechend verteilen und kurzfristig kaumdie erhofften Wachstumsimpulse auslösen werden.Während Deutschland sich im Falle einer intensivenLiberalisierung auf eine Zunahme der Exporte und Importein und aus den USA hoffen darf, sinkt sowohl derExport als auch der Import Deutschlands in und aus denEU-Krisenländern (Griechenland, Italien, Irland, Portugalund Spanien). Insgesamt kommt es zu einer „Entflechtung“der EU-Länder untereinander, während sichdie transatlantischen Handelsströme intensivieren. Erwähnenswertist auch, dass der Handel Deutschlandsund der USA mit den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland,Indien, China und Südafrika) deutlich zurückgehenwird.Tabelle 2.2: Effekte einer „tiefen“ Liberalisierungunter Berücksichtigung vonHandelsumlenkungseffektenWohlfahrtseffekte, reales BIP proKopf, Veränderung in ProzentUSADeutschland13,4 4,7Arbeitsplätze (Netto-Effekt) 1.085.501 181.092Durchschnittlicher Reallohn,Veränderung relativ zumBasisgleichgewicht in ProzentQuelle: ifo Institut (2013b)3,7 2,2Ein sinkendes Preisniveau und die zunehmende Nachfragenach Arbeitskräften (steigende Beschäftigung) erhöhenden Reallohn in Deutschland um 2,2 und in denUSA um 3,7 Prozent. Das verfügbare reale Einkommensteigt und wirkt konsumfördernd.Die Studie lässt für Deutschland eine Zunahme des realenBruttoinlandsprodukts pro Kopf (plus 4,7 Prozent)und einen deutlichen Beschäftigungseffekt erwarten(netto plus 181.092 Arbeitsplätze). 1Der Gesamteffekt entspricht folgender Logik: Die sinkendenHandelskosten führen dazu, dass die Exportebilliger werden, die Exportnachfrage steigt. Die Beschäftigungnimmt zu, das Bruttoinlandsprodukt steigt,das real verfügbare Einkommen sowie die Konsumnachfrageim Inland und die Importe wachsen und erhöhenüber die Handelsverflechtung die Beschäftigungund das Bruttoinlandsprodukt in den Partnerländern.Der Gesamteffekt fällt somit höher aus als die auslösendeReduktion der Handelskosten zunächst erwartenlässt (Tabelle 2.2).Umgeleitete Handelsströme wirken sich auf das realePro-Kopf-Einkommen in den beteiligten Ländernaus. Europa und die USA gewinnen, während dieanderen zum Teil sehr deutlich verlieren (Abb. 2.3).Sehr deutlich wird aufgrund der Handelsumlenkungseffekte,dass die positiven Wirkungen für die TransatlantischeHandels- und Investitionspartnerschaft auf Kostender übrigen Handelspartner gehen. Eine Wachstumsstrategie,die auf Liberalisierung setzt, bedeutet einenVerlust an Wettbewerbsfähigkeit für die nicht an1 Da nicht für alle EU27-Länder Informationen vorliegen, können zuden Beschäftigteneffekten auf diesem Niveau keine Angaben gemachtwerden.


03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite- 11 -Abb. 2.3: Mögliche Auswirkungen des Freihandels- und Investitionsabkommens zwischen den USA undder EU auf das reale Pro-Kopf-Einkommen weltweit, Veränderungsraten in ProzentQuelle: ifo Institut (2013b, S. 30)diesem Abkommen beteiligten Länder und erhöht denAnpassungsdruck. Das liest sich im Bericht des ifo-Instituts ungetrübt optimistisch: „Diese Länder [Ländermit substantiellen Verlusten des Pro-Kopf-Einkommens]haben also starke Anreize, die Liberalisierung nichttarifärerBarrieren mitzugestalten“ (ifo Institut (2013b),S. 43). Im Klartext: Der Wettbewerbsdruck nimmt zu.Eine Folge könnte auch sein, dass die Lohnkosten einmalmehr ins Zentrum der Auseinandersetzung ummehr Wettbewerbsfähigkeit rücken und eine Abwärtsspiralein Gang gesetzt wird, an deren Ende die Beschäftigtendie Verlierer sind – sowohl in den Drittstaaten,aber auch in der EU und in den USA.Die „diskriminierende“ Wirkung für Schwellen- und Entwicklungsländerlassen sich kaum dadurch abwenden,dass ein Beitritt zur <strong>TTIP</strong> durch Drittstaaten möglichsein soll. Denn dies würde auch eine Öffnung der Agrarmärkteder Entwicklungsländer voraussetzen. InsbesondereIndien war dazu bislang nicht bereit. Daranscheiterte im Übrigen eine weitere multilaterale Liberalisierungim Rahmen der Welthandelsorganisation WTO(Doha-Runde, Mitte 2007) (vgl. Langhammer, R., 2013,S. 10).Zu einer skeptischen Einschätzung hinsichtlich dermöglichen Wachstumsimpulse kommt eine aktuelleStudie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung(IMK). Demnach ist zwar wegengroßen Handelsvolumina von Exporten und Importeninnerhalb der Sektoren (intra-sektoraler Handel, Abb.2.4) und auch zwischen verbundenen Firmen mit einerIntensivierung der Handelsbeziehungen zwischen derEU und den USA zu rechnen. Aber nennenswerte kurzfristigegesamtwirtschaftliche Wachstumsimpulse seiennicht zu erwarten (IMK Report 83, Juni 2013, S. 14).Eine weitere Studie des IMK bezweifelt den langfristigprojizierten 13-prozentigen Pro-Kopf-BIP-Zuwachs inden USA. Die Bedeutung der Exporte der US-Amerikanerin die EU (gemessen an deren Anteil am BIP mit2,4 Prozent) sei zu gering, als dass durch die Liberalisierungeine nennenswerte Wirkung entstehen könnte(IMK Report 85, Juli 2013, S. 17).


03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite - 12 -Abb. 2.4: Intraindustrieller HandelIntraindustrieller Handel zwischen den USA und EU27 in 2012Anteile an Im- und Exporten in ProzentChemieRestliche GüterMaschinenComputer/Elektrotechnikdavon: ElektrotechnikEnergieträgerStraßenfahrzeugeMetalle und…Rohstoffedavon: PKW und -teileNahrungsmittelComputerPapier, -erzeugnisseTextilien/BekleidungKautschukwarenAnteil an den Ausfuhren der EU27 in die USA in ProzentAnteil an den Einfuhren der EU27 aus den USA in Prozent0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0Quelle: IMK Report 83, EurostatGrafik: IG Metall, FB GrundsatzfragenQuelle: IMK Report 83, Juni 2013, S. 13Die insgesamt positive Bewertung des ifo-Instituts wird– allerdings nur schwach – gestützt durch eine Studiedes Centers for Economic Policy Resarch (CEPR,03/2013), die methodisch komplett anders angelegt istals die ifo-Studie und deswegen auch zu anderen Ergebnissengelangt. Die Studie im Auftrag der EU-Kommission erwartet im Vergleich zur Projektion desIst-Zu<strong>stand</strong>s im Falle einer umfassenden Liberalisierungbis 2027 insgesamt (also über den gesamten Zeitraum!)ein um 0,5 Prozent höheres BIP in der EU undein um 0,4 Prozent höheres BIP in den USA. Die Anforderungenan eine zunehmende Flexibilität der Beschäftigtenseien vernachlässigbar, da nur in geringem Umfangdamit zu rechnen sei, dass Beschäftigte den Arbeitsplatzwechseln und auch in einen anderen Sektorwandern müssten.Insgesamt haftet den bislang existierenden Studien zuden Effekten des <strong>TTIP</strong> eine große Unsicherheit an. Zudemscheinen die Wirkungen selbst bei einer ambitioniertenbzw. umfassenden Liberalisierung nur sehr geringzu sein. Deutliche Wirkungen in der EU und in denUSA, das zeigt die ifo-Studie, sind verbunden mit einerUmverteilung des globalen Wohl<strong>stand</strong>s zu Lasten derEntwicklungs- und Schwellenländer. Der Wettbewerbsdrucksteigt global.2.6 Anforderungen an eine transatlantischeHandels- und Investitionspartnerschaftim Interesse der BeschäftigtenDer Teufel steckt bekanntlich im Detail. Die zu erwartendenWohlfahrtswirkungen der transatlantischenHandels- und Investitionsabkommens hängen wenigerdavon ab, ob eine vollkommene Liberalisierung umgesetztwird, sondern eher davon, wie sich die Interessender Beschäftigten und Verbraucher der teilnehmendenLänder gegenüber den Interessen der Investoren behauptenkönnen.Die Wirkungsanalysen vernachlässigen soziale undökologische Effekte. Es handelt sich dabei weniger umqualitative Wohlfahrts-, sondern lediglich um quantitativeWirtschaftswachstumsanalysen. Das liegt zum einensicherlich an der Bewertungsproblematik, zum anderenaber auch an der ungeklärten Frage, ob im Zuge derHandelsliberalisierung soziale und ökologische Standardsbeibehalten, aufgehoben oder harmonisiert werden.Es kam deshalb schon im Vorfeld der Mandatserteilungzu heftigen Debatten in den Gewerkschaftenund anderen Nicht-Regierungs-Organisationen mit demZiel, auf die Eckpfeiler des Verhandlungsmandats Einflusszu nehmen.Grundsätzlich begrüßen die DGB-Gewerkschaftenunter bestimmten Bedingungen ein Freihandelsabkommenzwischen der EU und den USA. Für mancheSektoren besteht die Hoffnung, dass durch die Liberalisierunggerade durch einheitliche technische StandardsProduktivitätsfortschritte erzielt und Wachstumspoten-


03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite - 13 -zial genutzt werden können. Allerdings besteht großeSkepsis hinsichtlich des Umfangs des Wachstumsschubsund somit eines wirksamen Beitrags zur Überwindungder Krise im Euroraum.Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Entscheidendsind Transparenz und Beteiligung der Parlamente undZivilgesellschaften. Aufgrund bisheriger Erfahrungenvon IndustriAll Europe bei der Überwachung von Freihandelsabkommengenügt es nicht, Zivilgesellschaften(NGOs) in einer Art „Beratungsgremium“ zu berücksichtigen(z.B. nach dem Vorbild der „Advisory-Group“ unterBeteiligung von NGOs im Rahmen des Süd-Korea-EU-Freihandelsabkommens). Mehr Kontrolle und Öffentlichkeitkann erreicht werden, wenn es gelingt, eine bilateraleparlamentarische Kommission zu bilden unterEinbeziehung von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbändenund anderen NGOs – so die Empfehlung von IndustriAllEurope. Dass dies so kommen wird, muss bezweifeltwerden, es wäre ein Novum im Spektrum bisherigerFreihandelsabkommen der EU.Zentrale Positionen des DGB zurFreihandels- und Investitionspartnerschaftzwischen der EU und den USAumfassende demokratische Beteiligung undKontrolle durch die Parlamente und die Zivilgesellschaften,klare, verbindliche und durchsetzbare Regelungenzum Schutz und Ausbau von Beschäftigtenrechtensowie von Sozial- und Umwelt<strong>stand</strong>ardsund keine Behinderung von sozialenund ökologischen staatlichen Regulierungen,eine Garantie dafür, dass für entsandte Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmer mindestensdieselben Arbeits<strong>stand</strong>ards und -rechte gelten,wie für andere Beschäftigte im Zielland,keine weitere Liberalisierung oder Privatisierungöffentlicher Bereiche – insbesondere öffentlicherDienstleistungen – oder Vereinbarungen,die eine Regulierung behindern,keine Regelungen zum Investitionsschutz, diezu einer Beeinträchtigung von Arbeitnehmerrechtenführen können oder die Möglichkeit desStaates beschränken, sinnvolle Regelungen imöffentlichen Interesse und / oder zum Schutzder Umwelt zu erlassen.Die Verhandlungen müssen als Chance ver<strong>stand</strong>enwerden, ein hohes Niveau internationaler Arbeitsschutz<strong>stand</strong>ardszu erreichen bzw. zu sichern. ZentraleForderung der DGB-Position ist, dass im Rahmendes Freihandelsabkommens zumindest die grundlegendenKernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation(IAO) auch von den USA ratifiziert werden.Bislang ratifizierten die USA nicht die Konventionen 87und 98 zur Vereinigungsfreiheit und zum Recht auf Kollektivverhandlungen.Wenn die Arbeitnehmerrechte inden USA im Zuge der Verhandlungen auf einen höherenStandard gehoben werden, ist das ein Erfolg.Darüber hinaus sollten auch IAO-Konventionen überGesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und weitereprioritäre Übereinkommen (Konvention Nr. 81 und 129über Arbeitsinspektionen bzw. -aufsicht, Nr. 122 zurBeschäftigungspolitik und Nr. 144 über die Einbeziehungder sogenannten Sozialpartner) ratifiziert und umgesetztwerden.Was nützt das Recht, informiert und gehört zu werden,wenn Missstände nicht benannt und durch ein zuverlässigesVerfahren im Rahmen des erprobten „Streitbeilegungsverfahrens“der Welthandelsorganisation ausgeräumtwerden können? Es entspricht der Regel bisherigerFreihandelsabkommen, einen umfassenden Investitionsschutzdurch ein „allgemeines Streitbeilegungsverfahren“zu sichern.Besser wäre, die Wechselkurse zu stabilisieren undglobale Ungleichgewichte abzubauen, indem Wirtschaftspolitikländerübergreifend stärker koordiniertwird. Auch eine gemeinsame Initiative gegen Steuerfluchtund -vermeidung sowie die Einführung einerweltweiten Finanztransaktionssteuer wären zielführend,denn die Steuereinnahmen könnten zur Finanzierungnotwendiger Investitionen in die europäische Infrastrukturbeitragen. So käme es zu einem unmittelbarenWachstumsimpuls mit Multiplikatorwirkung, anstatt aufmittel- bis langfristige produktivitätssteigernde und kostensenkendeWirkungen durch die Liberalisierung desHandels zu vertrauen.Unter diesem Schutz kam es auch zu Klagen von Investorengegenüber Staaten, wenn deren Renditeerwartungenund -ziele durch staatliche energie- und umumweltpolitischeMaßnahmen vereitelt wurden (z.B.„Energiewende“: Vattenfall vs. Bundesrepublik Deutschland).Nach Auffassung der DGB-Gewerkschaften darfder Investitions- und damit Renditeschutz nicht so weitgehen, dass die Regulierungsmöglichkeiten der Staatenim Interesse der Menschen oder der Umwelt beschnittenwerden.Um einen gerechten Ausgleich der Interessen zu erreichen,sollte darüber hinaus der allgemeine Streitbeilegungsmechanismusauch für alle Regelungen zu Arbeitnehmerrechtenund mit sozialem und ökologischemBezug gelten. Hier geht es um ein unabhängiges undtransparentes Beschwerdeverfahren mit einem Austauschvon Informationen zwischen Regierungen, Gewerkschaftenund Arbeitgeberverbänden sowie anderenNGOs und unabhängigen Experten der InternationalenArbeitsorganisation.Nach alledem, was bislang bekannt wurde, siehtdas Verhandlungsmandat nicht vor, auch Auseinandersetzungenim Zusammenhang mit Arbeitnehmerrechtensowie sozialen und ökologischenBelangen in den allgemeinen Streitbeilegungsme-


03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite - 14 -chanismus einzubeziehen. Ein „Ausklammern“ dieserRechtsbereiche entspricht offenbar den Vorstellungender EU-Kommission.Dass der Investitionsschutz nicht das Recht der Staatenbeschränken sollte, soziale oder ökologische Interessendurch eine entsprechende Regulierung der Märktedurchzusetzen, ist nur in Nebensätzen des Mandats alsangestrebtes Ziel formuliert. Wenn aber der Investitionsschutzim Vertrag nicht ausdrücklich beschränktwird auf einen sehr eng und klar definierten „Eigentumsbegriff“,der z.B. eine Garantie für bestimmte Renditezieleausschließt, sind Klagen der Investoren gegenVerbesserungen im Bereich der Arbeitnehmerrechtesowie im Bereich der sozialen und ökologischen StandardsTür und Tor geöffnet. Das würde auch die Hoffnungder US-amerikanischen Gewerkschaften auf eineRatifizierung der IAO-Kernarbeitsnormen zunichtemachen(siehe auch die Position der American Federationof Labor and Congress of Industrial Organization –AFL-CIO).3. Wie geht es weiter?Der Glanz und der Glaube an den Nutzen einer ungezügeltenGlobalisierung durch Liberalisierung der Märktehaben mit der letzten Finanz- und Wirtschaftskrisedeutliche Kratzer bekommen und Zweifel geweckt. DieMenschen haben zu spüren bekommen, welchenSchaden deregulierte bzw. liberalisierte globale Finanzmärkteanrichten können. Märkte sind nicht vollkommen.Die Politik war bislang nicht in der Lage, dieenthemmten Finanzmärkte durch eine zuverlässige,verständliche und transparente Regulierung wirksam indie Schranken zu weisen.Diese Erfahrung sollte unsere Wachsamkeit schärfen,was alle weiteren Schritte in Richtung einer umfassenderenGlobalisierung betrifft. Dazu gehört auch dasFreihandels- und Investitionsabkommen zwischen denUSA und der EU.Angesichts der zu erwartenden moderaten bzw. unsicherenWachstumseffekte in unbekannten Zeiträumen,die eine solche Liberalisierung mit sich brächte, sindfolgende Risiken zu bedenken:1. Gefährdung hoher Arbeits-, Sozial- und Umwelt<strong>stand</strong>ards,die für die Europäische Wertegemeinschaftwohlfahrtsstiftend sind,2. Gefahr des Verlustes an demokratischer Kontrolledadurch, dass die Regeln zur Schaffung und Überwachungder Freihandelszone in außerparlamentarischenGremien verhandelt werden,3. weitreichender völkerrechtlich abgesicherter Investitionsschutz,der im Extremfall auch unter Missachtungvon grundlegenden internationalen Arbeitsnormendurchgesetzt werden kann.Unverzichtbar ist aus Sicht der IG Metall gemeinsammit den anderen DGB-Gewerkschaften die Ratifizierungder Kernarbeitsnormen der InternationalenArbeitsorganisation (IAO). Obwohl die USA Mitgliedder IAO sind, haben sie – im Gegensatz zu Deutschlandund weiteren über 120 IAO-Mitgliedsstaaten –zentrale Kernarbeitsnormen nicht ratifiziert.Die acht Kernarbeitsnormen derInternationalen Arbeitsorganisation (IAO)87 – Vereinigungsfreiheit und Schutz desVereinigungsrechts, 1948*Artikel 2: Die Arbeitnehmer und dieArbeitgeber … haben das Recht,… Organisationen nach eigener Wahl zubilden und solchen Organisationen beizutreten,wobei lediglich die Bedingung gilt,dass sie deren Satzung einhalten.98 – Vereinigungsrecht und Recht zuKollektivverhandlungen, 1949*29 – Zwangsarbeit, 1930*105 – Abschaffung der Zwangsarbeit, 1957100 – Gleichheit des Entgelts männlicher undweiblicher Arbeitskräfte für gleichwertigeArbeit, 1951*111 – Diskriminierung in Beschäftigung undBeruf, 1958*138 – Mindestalter für die Zulassung zurBeschäftigung, 1973*182 – Verbot und unverzügliche Maßnahmen zurBeseitigung der schlimmsten Formen derKinderarbeit, 1999*= Kernarbeitsnormen, die nicht von den USAratifiziert wurden, Stand: August 2013Im Zuge der Verhandlungen gilt es, höchste internationaleArbeits-, Umwelt- und Sozial<strong>stand</strong>ards zu verteidigenund sich darüber hinaus einer Entwertung und Reduktionbestehender nationaler, bzw. europäischerUmwelt<strong>stand</strong>ards zu widersetzen. Sie sind Errungenschaftendemokratischer Prozesse und Ausdruck gesellschaftlicherWohlfahrt.Besonders kritisch ist, dass das Verhandlungsmandatder EU-Kommission bislang als „geheimes“ Dokumentbehandelt wird. Dies schränkte eine demokratische undtransparente Debatte während der Vorbereitungsphasefür das Verhandlungsmandat und in der ersten Verhandlungsphaseein. DIE LINKE forderte die Bundesregierungauf, das Verhandlungsmandat für die EU-Kommission abzulehnen. SPD und Grüne drängten imDeutschen Bundestag auf eine regelmäßige, umfassendeund kontinuierliche Information.


03/2013 Wirtschaftspolitische Informationen: Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> durch Liberalisierung? Seite - 15 -Jetzt wird es ernst!Das Verhandlungsmandat ist erteilt.Nicht-Regierungsorganisationen sind gefordert, ihrePositionen deutlich zu machen, um mit genügend politischemDruck Einfluss auf das Verhandlungsergebnisauszuüben. Der Europäische Gewerkschaftsbund, derDGB, IndustriAll Europe und die IG Metall intensivierenden Austausch untereinander. Mit Vertretern der USamerikanischenGewerkschaften stehen wir im Kontakt.Unsere gemeinsamen Ziele:Nutzung der Wachstumschancen für die Sicherungund Förderung von Standorten und Beschäftigungbei gleichzeitiger Wahrung eines hohen Niveaus beiArbeits-, Sozial- und Umwelt<strong>stand</strong>ards.Wir in der IG Metall sind davon überzeugt: Ein hohesWohl<strong>stand</strong>sniveau ist nicht zu vereinbaren mit einemRaubbau an Beschäftigtenrechten und der Preisgabeoder Aufweichung hoher Arbeits-, Sozial- und Umwelt<strong>stand</strong>ardsim Rahmen einer rigorosen Liberalisierung.Globalisierung kann und darf nicht heißen: Verzicht auf(europäische) Werte und demokratische Prinzipien.Wachstum und Wohl<strong>stand</strong> brauchen Lenkung und Kontrolle– im Interesse der Menschen.ImpressumWirtschaftspolitische Informationen03 / 201322. August 2013Autoren:Martin Krämer und Beate ScheidtGrafiken:Martin Krämer, Sandra Naumann, Beate ScheidtBezugsmöglichkeiten:IG Metall Vor<strong>stand</strong>FB Grundsatzfragen und GesellschaftspolitikSarah MenacherD-60519 Frankfurt am MainTelefon: +49 (69) 6693 - 2091Fax : +49 (69) 6693 80 2091Web:www.igmetall.de/downloadInteresse an weiteren ökonomischen Publikationen?Bitte Email an: sarah.menacher@igmetall.deLiteraturverzeichnisAFL-CIO (2013): Response to Request of Commentson the “Trans-Atlantic Trade and Investment Partnership”,Federal Register, April 1, 2013, Docket NumberUSTR-2013-0019Behringer, J.; Kowall, N. (2013): Außenhandel derUSA – eine regionale und sektorale Analyse, IMK Report85, Düsseldorf, Juli 2013Center for Economic Policy Research (2013): ReducingTransatlantic Barriers to Trade and Investment –An Economic Assessment, Final Project Report, London,March 2013DGB (2013): Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes(DGB) zu den geplanten Verhandlungenfür ein Handels- und Investitionsabkommen derEU und den USA, BerlinEGB (2013): ETUC position on the Transatlantic Tradeand Investment Partnership, BrusselsEU-Commission, Directorate E, Unit E1 (2013): Traderelations with the United States and CanadaHandelskammer Österreich (2013): Dossier WirtschaftspolitikFHP Trade Policy, Brief 06/2013Heckscher, E. (1919): The Effect of Foreign Trade onthe Distribution of Income, in: Economisk Tidskrift, 21,497-512Ifo-Institut (2013a): Dimensionen und Auswirkungeneines Freihandelsabkommens zwischen der EU undden USA – Studie im Auftrag des Bundesministeriumsfür Wirtschaft und Technologie, Endbericht, MünchenIfo-Institut (2013b): Die Transatlantische Handels- undInvestitionspartnerschaft (THIP) – wem nutzt eintransatlantisches Freihandelsabkommen? – Studie imAuftrag der Bertelsmann-StiftungKrugman, P. (1979): Increasing Returns, MonopolisticCompetition and International Trade, Journal of InternationalEconomics 9, 469-479Krugman, P. (1980): Scale Economies, Product Differentiationand Patterns of Trade, American EconomicReview 70, 950-959Langhammer, R. (2012): TAFTA: Der endgültige Abschiedvon der Doha-Runde, in: ifo Schnelldienst,6/2013, S. 10-12Ohlin, B. (1933): Interregional and International Trade,Harvard University Press, CambridgeRodrik, D. (2011): The Globalization Paradox - Democracyand the Future of the World Economy, W.W.Norton & Company Ltd., LondonStephan, S.; Löbbing, J. (2013): Außenhandel der EU-27 – Eine regionale und sektorale Analyse, IMK Report83, Düsseldorf Juni 2013


„<strong>TTIP</strong>“ NEIN DANKE!TRANSATLANTISCHE PARTNERSCHAFT GEHT ANDERSPositionspapier deutscher Nichtregierungsorganisationen zumgeplanten Freihandels- & Investitionsabkommen EU – USA (<strong>TTIP</strong>)Die Regierungen Europas und der USA planen das »transatlantischeFreihandels- und Investitionsabkommen« (<strong>TTIP</strong>).BMW und Monsanto freuen sich; auch Deutsche Bank undJP Chase Morgan, BASF und Google, Bertelsmann undExxonMobil. Doch brauchen die Menschen in Europa,den USA und im Rest der Welt wirklich einen großen, dereguliertentransatlantischen Markt? Eine Antwort auf dieeigentlichen Fragen gibt <strong>TTIP</strong> nicht: Wie wollen wir leben?Was ist ‚gutes Leben‘ ohne die Ausbeutung von Mensch,Tier und Umwelt? Wie können wir in den ökologischenGrenzen des Planeten wirtschaften und dabei gute, fairbezahlte Arbeit sichern? Wie können wir Ernährungssouveränitätfür alle erreichen?Schon jetzt stecken wir in ökologischen, sozialen undwirtschaftlichen Krisen. Wir erleben viel zu wenig - nichtzu viel – Demokratie, soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz,Finanzmarktkontrolle. Wir erleben zu wenig − nicht zuviel − solidarisches Wirtschaften, Schutz kleinbäuerlicherund gemeinwohlorientierter (Land-)Wirtschaft sowie wirksamenVerbraucher-, Daten- und Rechtsschutz gegenüberden Geschäftsinteressen internationaler Konzerne.Mit dem <strong>TTIP</strong>-Abkommen versprechen Wirtschaftsvertreterin der EU und den USA mehr Wachstum. Sie wollenmehr Handelsströme und mehr Marktfreiheit für Unternehmen.In der Realität kann das aber bedeuten: Gentechnik-Lebensmittel und Hormonfleisch landen ungekennzeichnetauf unseren Tellern. Das geplatzte ACTA-Abkommenzum Urheberrecht kommt durch die Hintertür erneut −Meinungsfreiheit und Datenschutz bleiben auf der Strecke.Nur die niedrigeren Verbraucherschutz- und Umwelt<strong>stand</strong>ardsbleiben übrig. Bundesregierung und EU-Kommissionsetzen auf Geheimverhandlungen unter weitgehendemAusschluss der Öffentlichkeit und der Parlamente.WIR WOLLEN:Demokratie und Transparenz: Statt Geheimverhandlungenbraucht es eine breite öffentliche Diskussion umein soziales und ökologisches Verhandlungsmandat aufbeiden Seiten. Hierzu müssten umfassende und aktuelleInformationen und der vollständigen Einblick in alleVerhandlungsdokumente für die Öffentlichkeit und Par-


lamente gewährleistet sein. Zudem muss die Kommissioneine umfassende Nachhaltigkeitsprüfung von unabhängigerSeite durchführen lassen.Rechtschutz für Menschen – statt privilegierte Klagerechtefür Konzerne: Wir lehnen es ab, dass US-Konzerne Klagerechte gegen europäische Umwelt- undSozialgesetze bekommen. Die besonders von der EUgeforderten Sonderklagerechte für Unternehmen im Rahmenso genannter Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeitunterlaufen grundlegende Prinzipien des Rechtsstaats.Kernprinzipien des Klima- und Umweltschutzes, sowie sie 1992 in Rio aufgestellt wurden, sind das Vorsorge-wie auch das Verursacherprinzip: Wenn von Produktenoder Technologien Risiken ausgehen können, dannmüssen diese Risiken vorausschauend vermieden werden.Im <strong>TTIP</strong> aber sollen auf Druck von US-Exportinteressenbereits bestehende wie geplante Regeln, die diesenPrinzipien folgen, zum Handelshemmnis erklärt werden.Ein besonderer Dorn im Auge der US-Lobbygruppensind v.a. die in ihren Augen zu langsame Zulassung unddie Kennzeichnung von Gentechnik-Lebensmitteln in Europaund die europäischen Nachhaltigkeits<strong>stand</strong>ardsvon Biokraftstoffen. Aber auch die Weiterentwicklung derEU-Chemikalienrichtlinie REACH und der EURO-Normfür Auto-Emissionswerte wie auch die EU-Strategie zurBegrenzung der von Kunststoffe ausgehenden Umweltgefahrenlaufen den US-Exportinteressen zuwider. Auchfür neue Technologien muss das Vorsorgeprinzip gelten,etwa für die gefährliche Gewinnung von Gas mit Fracking.Wir brauchen eine klima- und ressourcenschonendereund gerechtere Wirtschaftsweise auf beidenSeiten des Atlantiks. Die niedrigsten Standards dürfennicht zur Richtschur werden. Verbote sind dafür genausoerforderlich wie Steuern und Zölle für besonders schädlicheVerfahren. Das ist mit der <strong>TTIP</strong>-Freihandelslogik nichtzu vereinbaren.Hohe Verbraucher- und Gesundheits<strong>stand</strong>ards: Diestrengeren europäischen Standards müssen Grundlage allerVerhandlungen sein. Zudem ist eine umfassende Kennzeichnungspflichtzwingend – auch für verarbeitete Produkte.Arbeits- und Menschenrechte durch klare unddurchsetzbare Regelungen verbindlich schützen: DerÖffentlichkeit wird <strong>TTIP</strong> als Motor für die Schaffung vonArbeitsplätzen verkauft. Dabei haben bestehende Freihandelsabkommenwie der NAFTA-Vertrag zwischen denUSA, Kanada und Mexiko eher das Gegenteil bewirkt. Gewerkschaftenbeklagen Arbeitsplatzverluste in der Industrie,sinkende Löhne, Unterlaufen vor Arbeitsmindest <strong>stand</strong>ardsund wachsende Einkommensunterschiede als Folge desFreihandels, indem Arbeits<strong>stand</strong>ards an das jeweils niedrigereNiveau nach unten angeglichen werden. In der EUsind Massenarbeitslosigkeit, Druck auf Löhne und die Aus -weitung prekärer Beschäftigung die Folgen schwacher Sozial<strong>stand</strong>ardsim liberalisierten Binnenmarkt. Dies ist keinModell für eine transatlantische Freihandelszone.Internationale Solidarität und Kooperation statt immermehr Wettbewerbsdruck. Mit dem <strong>TTIP</strong> wollen EU undUSA ihre globale Vormachtstellung absichern. AufstrebendeSchwellen- und Entwicklungsländer sollen durch das AbkommenMarktanteile verlieren.Schutz und Ausbau öffentlicher Dienstleistungenstatt weiterer Liberalisierungsoffensive. Essentielle Dienstleistungender Daseinsvorsorge – z.B. in den Bereichen Bildung,Gesundheit, Wasser, Energie oder Verkehr – dürfennicht privatisiert werden. Sie müssen für alle zugänglichsein und hohen qualitativen, sozialen und umweltpolitischenStandards genügen. Den dazu nötigen Gestaltungsspielraumauf nationaler und kommunaler Ebene drohendie <strong>TTIP</strong> Verhandlungen weiter zu beschneiden – mehrDruck in Richtung Privatisierung ist zu erwarten.Kleinbäuerliche und ökologischere Landwirtschaftschützen: Bauern und Verbrauchern in Europa bringt<strong>TTIP</strong> keine Vorteile. In den USA ist der Verzehr von KlonundHormonfleisch sowie von Milch von mit gentechnischerzeugten Wachstumshormonen gedopten Turbo-Kühen erlaubt. Geflügelfleisch wird mit Chlor behandelt,für gentechnisch veränderte Pflanzen gibt es weder eindurchgängiges, stringentes Zulassungsverfahren nocheine Kennzeichnungspflicht. Gentechnisch veränderterLachs steht vor der Zulassung. Alles das wäre dann auchin Europa erlaubt. Auch das Patent- und Haftungsrechtunterscheidet sich in beiden Handelszonen an vielenStellen. <strong>TTIP</strong> öffnet die Türen für Agrar-Exportschlachtenzu Dumpingpreisen. Europäische Bauern gerieten unternoch mehr Wettbewerbsdruck. US-Exporteure würdenverstärkt mit Soja und Milchprodukten auf den EU-Marktdrängen und unsere Bemühungen, Soja durch einheimischeFutterpflanzen zu ersetzen, unterlaufen. Statt nochmehr „Wachsen oder Weichen“ brauchen wir den Schutzkleinbäuerlicher und ökologischer Landwirtschaft.Schutz und Förderung der Vielfalt kulturellenAusdrucksformen statt weiterer Liberalisierung. DieUNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderungder Vielfalt kultureller Ausdrucksformen sichert beispielsweiseFilm-, Theater, Orchester- und weitere Kulturförderungsowie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit seinenLandesprogrammen. Dieser Gestaltungsraum wird durchdie <strong>TTIP</strong> Verhandlungen zur Disposition gestellt.Regulierung des Finanzsektors und Abbau ökonomischerUngleichgewichte statt mehr Deregulierungund Freihandel. Die Liberalisierung der Finanzmärkte undökonomische Ungleichgewichte innerhalb der EU infolgevon Lohnkonkurrenz sind eine wesentliche Ursache dereuropäischen Wirtschaftskrise. Mit <strong>TTIP</strong> sollen Finanzdienstleistungennoch weiter liberalisiert werden. Die politischeMacht der Finanzindustrie würde gestärkt, LohnundSteuerdumping und damit sinkende Einnahmen deröffentlichen Haushalte wären die Folge.2


Innovationen, Bildung und Informationsfreiheitstatt noch mehr Exklusivrechte an „geistigem Eigentum“der Konzerne: Schützbares „geistiges Eigentum“ findetsich in vielen Sektoren – Technologien, Pharmaprodukte,Saatgut, Filme und Musik. Unter dem Vorwand, die Urheberzu schützen gängeln die großen Verlage, Labels undMedienkonzerne die Nutzer von Kultur und Informationimmer stärker. Wissenschaft und Bildung werden behindert,immer mehr Werke verwaisen und gehen endgültigverloren, weil ihre Digitalisierung nicht erlaubt wird. Wirbrauchen einen fairen Interessenausgleich zwischen Urhebern,Nutzern und Verwertern! 2012 wurde das ACTA-Abkommen von einer Welle der öffentlichen Empörunggestoppt – der Medienindustrie hätte es umfangreiche Monopolrechteund die Kontrolle des Internets beschert. <strong>TTIP</strong>ist ein neuer Anlauf, diese Monopolrechte einzuführen.Wir rufen daher alle interessierten Menschen undOrganisationen auf, sich aktiv an der Debatte um diesesneue Abkommen zu beteiligen! Machen wir – zusammenmit unseren Freundinnen und Freunden in Europa und denUSA − den Politikern und Wirtschaftskapitänen deutlich,dass Freihandels- und Investorenschutz-Rezepte aus dem20. Jahrhundert keine Lösung für die aktuellen Herausforderungensind. Eine transatlantische Partnerschaft für diesozial-ökologische Transformation, die wir im 21. Jahrhundertso dringend brauchen, sieht ganz anders aus!Auch in den USA und anderen Ländern Europas regtsich der Wider<strong>stand</strong> gegen dieses geplante Abkommen –gemeinsam werden wir es stoppen!UNTERZEICHNENDE ORGANISATIONEN:• Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)• Attac• Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) e.V.• Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW)• BUND − Bund für Umwelt und NaturschutzDeutschland e.V.• Bündnis für eine gentechnikfreie Landwirtschaft in Niedersachsen,Bremen, Hamburg• Campact• Christliche Initiative Romero e.V.• DNR – Deutscher Naturschutzring e.V.• FDCL – Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V.• Forum Umwelt und Entwicklung• Gen-ethisches Netzwerk e.V.• INKOTA-netzwerk e.V.• Kampagne „Meine Landwirtschaft“• KLJB – Bundesverband der KatholischeLandjugendbewegung Deutschlands e.V.• klima-allianz deutschland• NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.• PAN Germany – Pestizid Aktions-Netzwerk e.V.• PowerShift e.V.• Save our Seeds• WEED• Zukunftsstiftung LandwirtschaftHerausgeber:Forum Umwelt und EntwicklungMarienstr. 19–20 | 10117 BerlinTelefon: +49 (0)30 / 678 17 75 93E-Mail: info@forumue.deInternet: www.forumue.deDas Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet undkoordiniert die Aktivitäten deutscher NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträgerist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände e.V. (DNR).Berlin, Juni 2013Dieses Papier wurde gemeinsam von den unterzeichnenden Organisationen erarbeitet.3

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