15. Kohlenhydrate oder Saccharide
15. Kohlenhydrate oder Saccharide
15. Kohlenhydrate oder Saccharide
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>15.</strong> <strong>Kohlenhydrate</strong> <strong>oder</strong> <strong>Saccharide</strong><br />
<strong>15.</strong>1. Definition<br />
Der Name Kohlenhydrat erklärt sich aus der frühen Beobachtung, dass diese Substanzen<br />
neben Kohlenstoff immer ganzzahlige Anteile von Wasser besitzen, die der allgemeinen<br />
Formel C n (H 2 O) x gehorchen ("Hydrate des Kohlenstoffs"). Für Glucose gilt beispielsweise<br />
die Formel C 6 (H 2 O) 6 (eigentliche Summenformel ist C 6 H 12 O 6 ) und für Rohrzucker<br />
C 12 (H 2 O) 11 (eigentliche Summenformel ist C 12 H 22 O 11 ). <strong>Kohlenhydrate</strong> sind die Zucker<br />
<strong>oder</strong> <strong>Saccharide</strong>. Heute zählt man zu den <strong>Kohlenhydrate</strong>n aber beispielsweise auch Desoxyzucker<br />
und Aminozucker.<br />
Wichtigstes Merkmal: in einem monomeren Zucker befinden sich neben mehreren Alkoholfunktionen<br />
immer noch eine Aldehydgruppe <strong>oder</strong> eine Ketogruppe im Molekül.<br />
<strong>15.</strong>2. Allgemeine Eigenschaften<br />
<strong>Kohlenhydrate</strong> können monomer, oligomer und polymer vorkommen. Die <strong>Kohlenhydrate</strong><br />
stellen den größten Anteil an der Biomasse der Erde dar, insbesondere in Form der polymeren<br />
Cellulose. Einfache <strong>Kohlenhydrate</strong> sind aufgrund der vielen Hydroxylgruppen im Allgemeinen<br />
sehr gut wasserlöslich. Mit steigendem Molekulargewicht und steigender Verzweigung<br />
nimmt die Löslichkeit aber stark ab. Die niederen <strong>Kohlenhydrate</strong> schmecken süß.<br />
Glucose, Saccharose (Rohrzucker) und Stärke stellen wichtige Nahrungsbestandteile des<br />
Menschen dar.<br />
Die niederen <strong>Kohlenhydrate</strong> sind hochschmelzende (unter Zersetzung) kristalline Substanzen.<br />
Die höheren Glieder sind amorph und faserartig. Aufgrund vieler asymmetrischer Zentren<br />
sind die meisten Zucker optisch aktiv.<br />
<strong>15.</strong>3. Nomenklatur der <strong>Kohlenhydrate</strong><br />
Zucker erhalten die Endung -ose. Man unterscheidet Tetrosen mit vier C-Atomen, Pentosen<br />
mit fünf Kohlenstoffatomen und Hexosen mit sechs Kohlenstoffatomen. Je nachdem, aus<br />
wie viel Zuckerbausteinen ein Molekül aufgebaut ist, spricht man von Monosacchariden,<br />
Disacchariden, Oligosacchariden (bis 10) und Polysacchariden.<br />
Nach ihrem Reduktionsvermögen unterscheidet man noch reduzierende und nicht reduzierende<br />
Zucker. Zucker mit einer Aldehydgruppe sind Aldosen, solche mit einer Ketogruppe Ketosen. In<br />
der Regel findet man vor dem Namen eines Zuckers den Buchstaben D <strong>oder</strong> L. Sie weisen auf<br />
die stereochemische Anordnung der Hydroxylgruppen im Molekül hin. D und L sind Bezeich-
416 <strong>15.</strong> <strong>Kohlenhydrate</strong> <strong>oder</strong> <strong>Saccharide</strong><br />
nungen der Fischer-Nomenklatur. In den D-Zuckern befindet sich die von der Aldehyd- <strong>oder</strong> Ketogruppe<br />
am weitesten entfernte an ein chirales C-Atom gebundene Hydroxylgruppe auf der<br />
rechten Molekülseite, in den L-Zuckern auf der linken Molekülseite (Zucker in der Fischer-<br />
Projektion dargestellt). D- und L-Glucose sind enantiomer (spiegelbildlich) zueinander. Beachten<br />
Sie aber, dass alle chiralen Hydroxylgruppen in der L-Form gegenüber der D-Form ihre Konfiguration<br />
ändern. In der Natur kommen praktisch nur D-Zucker vor. Beispiel für eine Ausnahme: L-<br />
Arabinose in den Pentosanen (siehe <strong>15.</strong>4.7.2).<br />
Übliche Formelschreibweisen für Zucker: einfache offenkettige Monosaccharide werden<br />
am besten in der Fischer-Projektion, die cyclischen Zucker in der Formelschreibweise nach<br />
Tollens, in der vereinfachten Ringstruktur nach Haworth <strong>oder</strong> am besten in der konformativen<br />
Schreibweise als Sessel dargestellt. Di- und Polysaccharide werden ebenfalls bevorzugt<br />
nach Haworth <strong>oder</strong> in der konformativen Schreibweise dargestellt.<br />
Fischer-Projektion Tollenssche Ringformel Haworthsche Ringformel<br />
H O<br />
C<br />
H * C OH<br />
HO<br />
*<br />
C H<br />
H * C OH<br />
H * C OH<br />
H O<br />
C<br />
* OH<br />
HO *<br />
* OH<br />
* OH<br />
H<br />
H<br />
HO<br />
H<br />
H<br />
* C<br />
* C<br />
* C<br />
* C<br />
* C<br />
OH<br />
OH<br />
H<br />
OH<br />
HO<br />
H<br />
O<br />
HO<br />
H<br />
H<br />
* C<br />
* C<br />
* C<br />
* C<br />
* C<br />
H<br />
OH<br />
H<br />
OH<br />
O<br />
H<br />
HO<br />
CH2OH<br />
O<br />
H<br />
OH H<br />
H H<br />
OH HO<br />
CH2OH<br />
O<br />
H<br />
OH H<br />
OH<br />
H<br />
CH2OH CH2OH CH2OH CH2OH H OH H OH<br />
D-Glucose D-Glucose α-D-Glucose β-D-Glucose α-D-Glucose β-D-Glucose<br />
vereinfacht (pyranoide Formen)<br />
H<br />
H<br />
CH2OH<br />
O<br />
CH2OH<br />
O<br />
OH<br />
OH<br />
HO<br />
HO<br />
CH2OH<br />
H<br />
H<br />
O<br />
HO<br />
HO<br />
CH2OH H<br />
H<br />
CH2OH<br />
H<br />
HO<br />
H<br />
H<br />
HO<br />
OH<br />
OH<br />
α-D-Glucose β−D-Fructofuranose α-D-Glucose β-D-Glucose<br />
vereinfacht Konformationsschreibweise<br />
Beispiele für wichtige Zucker:<br />
Ribose (Aldopentose) β-Form Desoxyribose (Aldopentose) β-Form<br />
offen geschlossen offen geschlossen<br />
O<br />
H<br />
OH
<strong>15.</strong>3. Nomenklatur der <strong>Kohlenhydrate</strong> 417<br />
D-Glucose und D-Galactose unterscheiden sich nur in der Konfiguration der Hydroxylgruppen<br />
an C-4. Zucker, die sich nur in der Konfiguration an einem chiralen Zentrum unterscheiden,<br />
nennt man epimere Zucker.<br />
Weitere Beispiele:<br />
Saccharose (ein Disaccharid)<br />
nicht reduzierend<br />
Lactose (Milchzucker, ein Disaccharid)<br />
reduzierend
418 <strong>15.</strong> <strong>Kohlenhydrate</strong> <strong>oder</strong> <strong>Saccharide</strong><br />
α- und β-Zucker: Durch die intramolekulare Halbacetalbildung entsteht innerhalb des Moleküls<br />
ein neues chirales Zentrum. Beide Zucker sind diastereoisomer aber nicht enantiomer<br />
zueinander. Man nennt sie Anomere. Als α-Zucker in der D-Reihe wird diejenige Form bezeichnet,<br />
die das linear polarisierte Licht am weitesten nach rechts dreht, die andere Form<br />
bezeichnet man als β-Zucker.<br />
Beispiel: α-D-Glucose: [α] D = + 112,2 β-D-Glucose: [α] D = + 18,7<br />
Die absoluten Konfigurationen der α- und β-Zucker an dem neuen chiralen Zentrum entsprechen<br />
dann den in den Strukturformeln dargestellten. Sie wurden experimentell ermittelt.<br />
<strong>15.</strong>4. Die wichtigsten <strong>Saccharide</strong><br />
<strong>15.</strong>4.1. D-Ribose und 2-Desoxy-D-ribose<br />
Die Bedeutung dieser Aldopentosen (Formeln siehe <strong>15.</strong>3) liegt darin, dass sie Bestandteile<br />
der Nucleinsäuren darstellen, welche man chemisch als Polynucleotide bezeichnen kann.<br />
Die DNS ist die Desoxyribonucleinsäure (eng. DNA für Desoxyribonucleinic Acid) und die<br />
RNS ist die Ribonucleinsäure (engl. RNA für Ribonucleinic Acid). Der Säurecharakter beider<br />
Substanzen ergibt sich aus den Phosphorsäureresten. Die Ribose bzw. Desoxyribose liegen<br />
nicht frei vor, sondern sind N-glycosidisch (als β-Anomeres) an die Nucleinbasen (Purine<br />
und Pyrimidine) gebunden, so dass die Ringform (furanoide Form) fixiert ist. Die<br />
Hydroxylgruppe in 5-Stellung ist außerdem mit Phosphorsäure verestert. So einen Nucleinsäurebaustein<br />
nennt man Nucleotid, während man unter einem Nucleosid den phosphorsäurefreien<br />
Baustein versteht. Wichtige Nucleotide mit Purinbasen sind:
<strong>15.</strong>4. Die wichtigsten <strong>Saccharide</strong> 419<br />
Wichtige Nucleotide mit Pyrimidinbasen sind:<br />
In den Nucleinsäuren sind die einzelnen Nucleotide derart verbunden, dass jeweils eine 5’-<br />
Hydroxygruppe eines Nucleotids mit einer 3´-Hydroxylgruppe eines zweiten Nucleotids mit<br />
Phosphorsäure verestert sind.
420 <strong>15.</strong> <strong>Kohlenhydrate</strong> <strong>oder</strong> <strong>Saccharide</strong><br />
Verknüpfung zwischen den Nucleotiden in einem Nucleinsäuremolekül (RNA):<br />
<strong>15.</strong>4.2. Glucose (Traubenzucker, Dextrose)<br />
Glucose (Formel siehe <strong>15.</strong>3) ist die häufigste Aldohexose. Dieser Zucker stellt den wichtigsten<br />
Treibstoff der Muskeln und nahezu die einzige Energiequelle für das Gehirn dar. In Nahrungsmitteln<br />
ist sie in Saccharose (Rohrzucker) und Stärke enthalten. Glucose kommt aber<br />
auch in vielen süßen Früchten vor. Im Handel ist er als Traubenzucker (z.B. Dextropur ® )<br />
erhältlich. Da Glucose rasch in den Blutkreislauf gelangt, ist dieser Zucker für die Zelle<br />
schneller verfügbar als Saccharose, die im Organismus erst in ihre beiden Bestandteile Glucose<br />
und Fructose gespalten werden muss. Traubenzucker schmeckt nicht so süß wie Rohrzucker.<br />
Technisch gewinnt man Traubenzucker durch Hydrolyse von Kartoffelstärke <strong>oder</strong><br />
Maisstärke. Aber auch aus Cellulose lässt sich durch saure Spaltung Traubenzucker gewinnen<br />
(Holzverzuckerung).<br />
<strong>15.</strong>4.3. Fructose (Fruchtzucker)<br />
Fructose (Formel siehe <strong>15.</strong>3) ist die wichtigste Ketohexose. Sie kommt ebenfalls in Früchten<br />
vor. Sie schmeckt süßer als Rohrzucker. Technisch wird Fructose aus Inulin (siehe<br />
<strong>15.</strong>4.7.5) gewonnen.<br />
Auch bei der Spaltung von Saccharose mit Säuren <strong>oder</strong> mit Enzymen entsteht Fructose im<br />
Gemisch mit Glucose. Das Gemisch nennt man Invertzucker.
<strong>15.</strong>4. Die wichtigsten <strong>Saccharide</strong> 421<br />
<strong>15.</strong>4.4. Saccharose ("Zucker", Rohrzucker, Rübenzucker)<br />
Saccharose (Formel siehe <strong>15.</strong>3) ist Rohrzucker. Er ist ein alltägliches Nahrungsmittel. Er ist<br />
ein Disaccharid und besteht aus D-Glucose und D-Fructose, die acetalartig miteinander verknüpft<br />
sind. Dabei liegt die Glucose in der pyranoiden Form und die Fructose in der furanoiden<br />
Form vor. Die Verknüpfung an der Glucose erfolgt aus der α-anomeren Form heraus<br />
und die an der Fructose aus der β-anomeren Form. Die genaue Bezeichnung ist α-D-<br />
Glucopyranosyl-β-D-fructofuranose. Rohrzucker wird entweder aus Zuckerrohr in Südamerika,<br />
Kuba <strong>oder</strong> aus Zuckerrüben (Deutschland) gewonnen.<br />
<strong>15.</strong>4.5. Lactose<br />
Lactose ist Milchzucker. Lactose ist ein reduzierendes Disaccharid, welches aus D-Glucose<br />
und D-Galactose aufgebaut ist (Formel siehe <strong>15.</strong>3). Lactose kann in einer α-Form (Drehwert<br />
[α] D = +89.5 und einer β-Form (Drehwert [α] D = +35 auftreten (Gleichgewichtsdrehwert<br />
aus etwa 61% β- und 38% α-Form ist [α] D = +55.4). α-Lactose kommt in der<br />
Milch von Säugetieren vor. So ist sie in der Kuhmilch zu etwa 4.5 % und in der Frauenmilch<br />
bis zu 8% enthalten.<br />
<strong>15.</strong>4.6. Cyclodextrine<br />
Cyclodextrine sind Oligosaccharide aus Glucose, wobei die Moleküle zu einem Ring geschlossen<br />
sind. Die Glucoseeinheiten sind (1→4)-α-verknüpft. α-Cyclodextrin besteht aus<br />
sechs, β-Cyclodextrin aus 7 und γ-Cyclodextrin aus acht Glucoseeinheiten.<br />
α-Cyclodextrin β-Cyclodextrin γ-Cyclodextrin<br />
In jüngster Zeit haben die α-, β- und γ-Cyclodextrine Bedeutung erlangt, und zwar für den<br />
analytischen Nachweis von optisch aktiven Substanzen.
422 <strong>15.</strong> <strong>Kohlenhydrate</strong> <strong>oder</strong> <strong>Saccharide</strong><br />
Trennprinzip: Die Zucker bilden konische Hohlräume, welche für α,β und γ jeweils verschieden<br />
groß sind. In diese können sich Fremdmoleküle mit geeigneter Größe einlagern.<br />
Da die Cyclodextrine chiral sind, werden auch die Enantiomeren von chiralen Verbindungen<br />
unterschiedlich eingelagert. Es resultiert eine unterschiedliche Wanderungsgeschwindigkeit<br />
beider Enantiomere, wodurch es zu einer Auftrennung innerhalb der chromatographischen<br />
Säule kommt. Für chromatographische Zwecke werden die Cyclodextrine immer sortenrein<br />
eingesetzt. Außerdem werden sie an den Hydroxylgruppen meistens chemisch verändert<br />
(beispielsweise methyliert <strong>oder</strong> acetyliert).<br />
<strong>15.</strong>4.7. Polysaccharide<br />
<strong>15.</strong>4.7.1. Cellulose<br />
Cellulose ist die wichtigste Gerüstsubstanz der Pflanzen. Baumwolle ist nahezu reine Cellulose<br />
(98%). In der Cellulose ist die Glucose (1→ 4)-β-glykosidisch verknüpft, was sie im<br />
Wesentlichen von der Stärke unterscheidet, und worin auch der Grund liegt, dass Cellulose<br />
vom Menschen nicht verdaut werden kann (fehlendes Enzymsystem zur Spaltung in Glucose).<br />
Wiederkäuer können Cellulose in Glucose spalten aufgrund von im Verdauungstrakt vorhandenen<br />
Bakterien, die ein cellulosespaltendes Enzym (die Cellulase) produzieren. Cellulose<br />
wird als Textilfaser nicht nur in Form von Baumwolle eingesetzt, sondern auch in chemisch<br />
veränderter veredelter Form (Beispiel: Acetatseide).<br />
<strong>15.</strong>4.7.2. Hemicellulosen<br />
Hemicellulosen sind neben der Cellulose und dem Lignin der dritte Bestandteil des Holzes.<br />
Sie bewirken eine feste Verbindung zwischen den Komponenten. Hemicellulosen sind wasserunlösliche,<br />
jedoch mit verdünnten Alkalien extrahierbare Polysaccharide. Die Monomeren<br />
sind L-Arabinose, D-Xylose, D-Glucose, D-Galactose, sowie D-Glucuronsäure und D-<br />
Galacturonsäure. Pentosane sind Hemicellulosen, die hauptsächlich aus den Pentosen L-<br />
Arabinose und D-Xylose aufgebaut sind. Beispielsweise ist Araban aus stark verzweigter L-<br />
Arabinose und die Hemicellulose Xylan aus ca. 90% D-Xylose aufgebaut.
<strong>15.</strong>4. Die wichtigsten <strong>Saccharide</strong> 423<br />
L-Arabinose D-Xylose D-Galacturonsäure<br />
<strong>15.</strong>4.7.3. Stärke<br />
Stärke (Amylum) besteht aus Glucoseeinheiten, die (1→4)-α-glycosidisch miteinander verbunden<br />
sind.<br />
Der menschliche Verdauungstrakt (bereits schon der Speichel) besitzt Enzyme (Amylasen),<br />
die in der Lage sind, Stärke in Glucose zu spalten. Sie kann im Gegensatz zur Cellulose als<br />
Nahrungsmittel dienen.<br />
Stärke ist das pflanzliche Reservekohlenhydrat. Aus diesem Grunde befindet sich Stärke<br />
vorwiegend in den Samen, Früchten und Wurzeln der Pflanzen; beispielsweise in Getreidekörnern,<br />
Maiskörnern, Reiskörnern, Kartoffeln (in der Knolle), und zwar in Form von winzigen<br />
Stärkekörnern.<br />
Stärke wird in zwei Teile unterschieden. Der eine ist in Wasser löslich (Amylose) und der<br />
andere ist in Wasser schwerlöslich (Amylopektin). Der Hauptbestandteil ist Amylopektin<br />
(ca. zu 80%). Beide Moleküle unterscheiden sich durch die Anzahl der Glucoseeinheiten<br />
und in der Molekülverzweigung. Amylose besteht aus relativ wenigen Glucosemolekülen<br />
(etwa eintausend bis zweitausend), die Kette ist nicht verzweigt, sondern linear (1→4)-αglycosidisch<br />
verknüpft. Amylopektin ist ein stark verzweigtes Kettenmolekül aus mehreren<br />
tausend Glucosemolekülen. Die Verzweigungen der Kette werden an der OH-Gruppe des<br />
C-6-Atoms ebenfalls α-glycosidisch gebunden.<br />
Übrigens: Amylose bildet leicht Helices aus. In diese können andere Moleküle eingeschlossen<br />
werden und Komplexe bilden, z.B. I 2 /Stärke-Komplex (blaue Farbe).<br />
Ausschnitt eines Amylopektinmoleküls:
424 <strong>15.</strong> <strong>Kohlenhydrate</strong> <strong>oder</strong> <strong>Saccharide</strong><br />
<strong>15.</strong>4.7.4. Glycogen<br />
Glycogen ist das Reservekohlenhydrat des tierischen Organismus (auch Mensch) und wird<br />
in der Leber und in Muskeln gespeichert. Es ist aus Glucose aufgebaut und ähnelt dem<br />
Amylopektin im Aufbau ((1→4)-α-glycosidische Verknüpfung mit 1,6-Verzweigungen), jedoch<br />
ist der Verzweigungsgrad und das Molekulargewicht nicht viel größer (einige zehntausend<br />
Glucoseeinheiten).<br />
<strong>15.</strong>4.7.5. Chitin<br />
Was der Pflanze die Cellulose, ist dem Käfer das Chitin. Diese Gerüstsubstanz (auch für<br />
Krebse und Langusten) besteht aus N-acetylierten Aminoglucosemoleküle, die (1→4)-βglycosidisch<br />
verknüpft sind.<br />
H O<br />
H<br />
C<br />
* C NH2<br />
HO<br />
*<br />
C H<br />
H * C OH<br />
H * C OH<br />
CH2OH<br />
HO<br />
HO<br />
H<br />
H<br />
CH2OH<br />
H<br />
HN<br />
H<br />
C O<br />
CH3<br />
O<br />
H<br />
HO<br />
O<br />
H<br />
H<br />
O<br />
CH3 C<br />
HN<br />
H<br />
H<br />
CH2OH<br />
D-Glucosamin Chitin<br />
<strong>15.</strong>4.7.6. Inulin<br />
O<br />
H<br />
O<br />
HO<br />
H<br />
H<br />
CH2OH<br />
H<br />
H<br />
HN<br />
C O<br />
CH3<br />
O<br />
H<br />
HO<br />
O<br />
H<br />
n<br />
H<br />
O<br />
HN OH<br />
H<br />
CH3<br />
C<br />
H<br />
CH2OH<br />
Inulin ist ein Polysaccharid aus Fructose, welches in den Knollen von Artischocken und<br />
Spitzwegerich vorkommt. Aus Inulin wird Fructose hergestellt.<br />
O<br />
H
<strong>15.</strong>5. Die wichtigsten Reaktionen der <strong>Saccharide</strong> 425<br />
Ausschnitt aus einem Inulinmolekül<br />
<strong>15.</strong>5. Die wichtigsten Reaktionen der <strong>Saccharide</strong><br />
Zucker können sowohl an den Carbonylgruppen als auch an den Alkoholgruppen die für<br />
diese Gruppe charakteristischen Reaktionen geben.<br />
<strong>15.</strong>5.1. Acetalbildung<br />
Die Aldehyd- und die Ketogruppe in Zuckern lässt sich acetalisieren. Aufgrund der vielen<br />
OH-Gruppen im Molekül erfolgt die Acetalbildung auch intramolekular:<br />
Es entsteht dabei ein Halbacetal, dessen Bildung reversibel erfolgt. Bei der intramolekularen<br />
Halbacetalbildung erfolgt nicht nur Ringschluss, sondern es entsteht auch ein neues Asymmetriezentrum.<br />
Je nachdem, wie die Konfiguration an diesem neuen Asymmetriezentrum ist,<br />
unterscheidet man die α- bzw. β-Form. Es handelt sich um Isomere, die man in diesem speziellen<br />
Fall Anomere nennt. In der α-D-Glucose hat das neue Chiralitätszentrum die S-<br />
Konfiguration, in der β-D-Glucose die R-Konfiguration.<br />
Wichtig: In den Halbacetalformen der Zucker ist die Aldehydfunktion noch vorhanden, sie liegt<br />
in wässriger Lösung mit den beiden Anomeren in einem Gleichgewicht vor. Diesen Effekt kann
426 <strong>15.</strong> <strong>Kohlenhydrate</strong> <strong>oder</strong> <strong>Saccharide</strong><br />
man mit Hilfe eines Polarimeters verfolgen. Löst man reine α-D-Glucose in Wasser, so verändert<br />
sich kontinuierlich der Drehwert, bis zu einem bestimmten konstanten Wert. Dieser Drehwert<br />
stellt sich auch ein, wenn man reine β-D-Glucose in Wasser löst. Man nennt diese Erscheinung<br />
Mutarotation. Die Änderung führt über die offene Form des Zuckers.<br />
Die Zuckerhalbacetale können wie alle Aldehyde <strong>oder</strong> Ketone auch in Vollacetale umgewandelt<br />
werden. Die Vollacetale sind konfigurationsstabil. Sie liegen nicht im Gleichgewicht<br />
mit ihren Anomeren und sie zeigen keine Mutarotation. Man bezeichnet Zucker, die in<br />
der Vollacetalform vorliegen, als Glycoside, im Falle von Glucose auch Glucoside. Korrekterweise<br />
spricht man von einem α-Glycosid <strong>oder</strong> β-Glycosid. Diese Unterscheidung ist äußerst<br />
wichtig, da biochemisch ein großer Unterschied zwischen einer α- und βglycosidischen<br />
Bindung besteht (vergleiche Cellulose und Stärke).<br />
Merke: Glycoside stellen Vollacetale der Zucker dar, in ihnen ist die Aldehydfunktion blockiert.<br />
In den Disaccharide, Oligosacchariden und Polysacchariden sind die Zucker meistens auch<br />
glycosidisch miteinander verbunden. In Disacchariden beispielsweise kann ein Zucker in der<br />
Vollacetalform vorliegen, ein anderer in der Halbacetalform (reduzierende Disaccharide,<br />
Beispiel: Lactose).<br />
Merke: Ein Zucker wirkt nur reduzierend, wenn er noch eine freie Aldehyd- <strong>oder</strong> Ketofunktion<br />
aufweist.
<strong>15.</strong>5. Die wichtigsten Reaktionen der <strong>Saccharide</strong> 427<br />
In einigen Zuckern ist eine glycosidische Bindung nicht über ein Sauerstoffatom, sondern<br />
stattdessen über ein Stickstoffatom erfolgt. Man spricht dann von einer N-glycosidischen<br />
Bindung. Diese liegt in den Nucleinsäuren vor. Die Basen sind über eines ihrer Stickstoffatome<br />
glycosidisch an einen Zucker gebunden.<br />
Bei der Ringbildung einer Hexose <strong>oder</strong> Pentose kann es zu einem Sechsring <strong>oder</strong> zu einem<br />
Fünfring kommen. Man spricht dann von Pyranosen (pyranoide Form des Zuckers) <strong>oder</strong> Furanosen<br />
(furanoide Form des Zuckers).<br />
Fischer-Synthese: Hierunter versteht man die Reaktion von z.B. Glucose mit einem Alkohol in<br />
Gegenwart einer starken Säure. Unter Wasserabspaltung entstehen dabei die Alkylglycoside. Da<br />
die Zucker in Alkoholen nicht löslich sind, muss die Reaktion, um Nebenreaktionen wie Mehrfachveretherung,<br />
Polymerisation des Zuckers und Bräunung möglichst zu vermeiden, vorsichtig<br />
durchgeführt werden. Die Reaktion spielt technisch eine große Rolle um Alkylpolyglucoside<br />
(APG, Glucopon ® ) herzustellen. Dies sind nichtionische Tenside der neuen Generation, die aus<br />
nachwachsenden Rohstoffen (Pflanzenölen und Zucker) hergestellt werden. Die Herstellung erfolgt<br />
derart, dass Gemische aus Fettalkoholen (C8-C16) mit Glucose umgesetzt werden. Die anfallenden<br />
APG stellen komplexe Mischungen dar.<br />
<strong>15.</strong>5.2. Hydrazon-Bildung<br />
Wie andere Aldehyde und Ketone reagieren auch Zucker mit Phenylhydrazin zu den Phenylhydrazonen.<br />
Allerdings bleibt die Reaktion nicht auf dieser Stufe stehen, sondern in einer<br />
kompliziert ablaufenden Umsetzung entstehen die sogenannten Osazone, bei denen die ersten<br />
beiden Kohlenstoffatome eine Hydrazonbildung eingegangen sind. Bei der Reaktion<br />
werden Anilin und Ammoniak frei, was auf einer formalen Oxidation einer Hydroxylgruppe<br />
durch Phenylhydrazin beruht.
428 <strong>15.</strong> <strong>Kohlenhydrate</strong> <strong>oder</strong> <strong>Saccharide</strong><br />
D-Glucose D-Glucosephenylhydrazon<br />
D-Glucosephenylosazon<br />
Übrigens: Fructose, Mannose und Glucose bilden das gleiche Osazon.
<strong>15.</strong>5. Die wichtigsten Reaktionen der <strong>Saccharide</strong> 429<br />
<strong>15.</strong>5.3. Reduktions- und Oxidationsreaktionen<br />
Die Aldehyd- <strong>oder</strong> Ketofunktion in Zuckern lässt sich mit Wasserstoff an einem Hydrierkatalysator<br />
zum Zuckeralkohol reduzieren. Aus Glucose entsteht so Sorbit, der als Zuckeraustauschstoff<br />
verwendet wird. Sorbit dient auch der Vitamin-C-Herstellung. Die Reduktion<br />
kann auch mit komplexen Hydriden durchgeführt werden, vorteilhaft mit Natriumborhydrid,<br />
da dieses wie die Zucker in Wasser löslich ist. In etherischer Lösung mit Lithiumalanat sind<br />
die Zucker nicht reduzierbar, da sie sich nicht in Ether lösen.<br />
Mit milden Oxidationsmitteln lassen sich die Aldosen zu den Aldonsäuren mit gleicher Kohlenstoffatomanzahl<br />
an C-1 oxidieren. Beispielsweise mit Bromwasser <strong>oder</strong> Hypoiodid wird<br />
Glucose in die D-Gluconsäure überführt. Durch Oxidation an C-2 lassen sich daraus Ketoaldonsäuren<br />
erhalten. Mit konzentrierter Salpetersäure wird auch die primäre Alkoholfunktion<br />
an C-6 oxidiert. Es entstehen Dicarbonsäuren (Trivialname Zuckersäuren) <strong>oder</strong> Aldarsäure.<br />
So entsteht aus D-Glucose die D-Glucarsäure (Trivialname Zuckersäure). Eine<br />
andere wichtige Aldarsäure ist die Schleimsäure (meso-Galactarsäure). Ist nur die Alkoholfunktion<br />
an C-6 zur Säure oxidiert spricht man von Uronsäuren. Beispiele Glucuronsäure<br />
und Galacturonsäure.
430 <strong>15.</strong> <strong>Kohlenhydrate</strong> <strong>oder</strong> <strong>Saccharide</strong><br />
Auch der Zuckernachweis mittels Fehlingscher Lösung beruht auf der leichten Oxidierbarkeit<br />
der Aldehydgruppen.<br />
Prinzip des Nachweises: Cu 2+ wird zu rotbraunem Cu(I)-oxid reduziert, welches schwerlöslich<br />
ist und als Niederschlag ausfällt.<br />
Ketosen lagern sich in alkalischer Lösung nach folgendem Gleichgewicht in Aldosen um<br />
(Keto-Enol-Tautomerie !) und werden ebenfalls oxidiert:<br />
<strong>15.</strong>5.4. Veretherung<br />
Die Hydroxylgruppen in den Zuckern lassen sich verethern. Industriell bedeutsam ist die<br />
Veretherung der OH-Gruppen in der Cellulose nach Art einer Williamson-Ethersynthese mit<br />
Methylchlorid in alkalischer Lösung:
<strong>15.</strong>5. Die wichtigsten Reaktionen der <strong>Saccharide</strong> 431<br />
Es entstehen Methylcellulosen, die als Textilhilfsmittel <strong>oder</strong> als Kleister (beispielsweise im<br />
Tapetenkleister Metylan ® ) verwendet werden.<br />
Durch Reaktion mit Chloressigsäure entstehen die Carboxymethylcellulosen, die schwache<br />
Kationenaustauscher darstellen:<br />
<strong>15.</strong>5.5. Veresterung<br />
Die OH-Gruppen in Zuckern lassen sich sowohl mit organischen als auch mit anorganischen<br />
Säuren verestern. Bei der Reaktion mit Acetanhydrid entsteht Cellulosetriacetat (löslich in<br />
Dichlormethan), welches durch partielle Hydrolyse in das "Cellulose-2,5-diacetat" überführt<br />
wird. Dieses ist im Gegensatz zum "Triacetat" in Aceton löslich. Die Lösungen sind hochviskos.<br />
Acetatseide (Acetat-Reyon): In Aceton <strong>oder</strong> Dichlormethan gelöstes "Cellulose-2,5diacetat"<br />
wird durch Spinndüsen gepresst, das rasch verdampfende Lösungsmittel hinterlässt<br />
einen dünnen Faden (Trockenspinnverfahren).<br />
Ein anderes, sehr altes Verfahren, um Cellulose in verspinnbare Fäden umzuwandeln ist die<br />
Herstellung von Viskoseseide.<br />
Viskoseseide: Cellulose (beispielsweise aus Nadelholz) wird mit Natronlauge behandelt und<br />
es entsteht zunächst die sogenannte Natroncellulose. In einer nachfolgenden Reifungszeit<br />
unter dem Einfluss von Luftsauerstoff wird der Polymerisationsgrad der Cellulose erniedrigt.<br />
Danach wird die Natroncellulose mit Schwefelkohlenstoff (Kohlendisulfid CS 2 ) umgesetzt<br />
und es entsteht das Natriumcellulosexanthogenat in Form einer hochviskosen alkalischen<br />
Lösung. Nach mehreren Verarbeitungsschritten wird die hochviskose alkalische<br />
Lösung von Natriumcellulosexanthogenat, die man Viskose nennt, zum Verspinnen durch<br />
feine Spinndüsen gepresst und die entstehenden Fäden in verdünnte Säure gebracht. Dabei<br />
wird die Cellulose ("regenerierte Cellulose") wieder als dünner seidenähnlicher Faden abgeschieden.<br />
Dieses Spinnverfahren nennt man Nassspinnverfahren.
432 <strong>15.</strong> <strong>Kohlenhydrate</strong> <strong>oder</strong> <strong>Saccharide</strong><br />
Xanthogenate: Salze der Xanthogensäure RO-CS-SH, welche Sauerstoffester der Thiolthionkohlensäure<br />
HO-CS-SH sind. Xanthogenate sind in Säuren instabil und zerfallen wieder<br />
in Alkohol und Schwefelkohlenstoff. Einige Xanthogenate dienen als Flotationshilfsmittel<br />
bei der Erzaufbereitung, z.B. Kaliumethylxanthogenat EtO-CS-SK.<br />
Cellophan wird ebenfalls aus Viskose hergestellt, wobei keine Fäden, sondern Folien erzeugt<br />
werden. Als Weichmacher wird Glycerin verwendet.<br />
Behandelt man Cellulose mit Nitriersäure, so entstehen Celluloseester der Salpetersäure,<br />
nämlich Cellulosenitrat ("Nitrocellulose").<br />
Je nach Nitriergrad lassen sich Mono-, Di- und Trinitrocellulose herstellen. Schießbaumwolle<br />
stellt hoch nitrierte Cellulose dar, die als Treibladung für Geschosse verwendet wird. Kollodiumwolle<br />
ist eine gelartige Lösung von Schießbaumwolle in Ethanol/Ether.<br />
Mit Campher als Weichmacher entsteht eine knetbare Masse, die nach verdunsten der Lösungsmittel<br />
erhärtet. Dies ist das Celluloid. Celluloid ist der älteste thermoplastische Kunststoff,<br />
aus dem beispielsweise noch heute Tischtennisbälle, Zeichengeräte und Kämme hergestellt<br />
werden.
<strong>15.</strong>5. Die wichtigsten Reaktionen der <strong>Saccharide</strong> 433<br />
<strong>15.</strong>5.6. Kupferseide<br />
Cellulose löst sich unter Komplexbildung in ammoniakalischer Kupfersulfatlösung<br />
(Schweitzer-Reagenz) auf. Die viskose Lösung wird durch Spinndüsen in heißes Wasser<br />
gepresst, wodurch die Fäden ausfallen. Diese werden in mehreren Verarbeitungsschritten<br />
noch entkupfert und gestreckt. Es entsteht ein seidenähnliches Produkt.<br />
<strong>15.</strong>5.7. Mercerisieren<br />
Dies ist ein wichtiges Verfahren, um Baumwolle zu veredeln. Benannt ist es nach dem englischen<br />
Chemiker John Mercer. Durch Behandlung mit kalter konzentrierter Natronlauge erhält<br />
die Faser einen seidenartigen Glanz und höhere Festigkeit. Wichtig: Die Faser muss<br />
während des ganzen Prozesses unter Spannung gehalten werden, da sie sonst schrumpft.<br />
<strong>15.</strong>5.8. Maillard-Reaktion<br />
Hierunter versteht man komplizierte Reaktionen von reduzierenden Zuckern mit Aminosäuren<br />
der Proteine, die beim Braten, Kochen und Backen auftreten. Die hierbei entstehenden<br />
Produkte spielen eine wesentliche Rolle für die Aromabildung. Bei der Modellreaktion von<br />
Glucose mit Cystein entstehen beispielsweise Pyrazine und Furane, deren Aromen mit geröstet,<br />
nussartig u.Ä. angegeben werden.
434 <strong>15.</strong> <strong>Kohlenhydrate</strong> <strong>oder</strong> <strong>Saccharide</strong><br />
<strong>15.</strong>6. Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe<br />
Unter Süßstoffen versteht man synthetische, süßschmeckende Stoffe, die keine Kalorien<br />
enthalten (Ausnahme: Aspartam mit einem sehr geringen Kaloriengehalt). Sie haben verglichen<br />
mit den Zuckern völlig unterschiedliche chemische Strukturen, auch untereinander. Die<br />
Süßstoffe wurden meist per Zufall entdeckt.<br />
Zuckeraustauschstoffe stellen dagegen wie die Zucker ebenfalls <strong>Kohlenhydrate</strong> dar <strong>oder</strong><br />
sind Zuckeralkohole. Sie besitzen ähnlich wie Zucker einen hohen Kaloriengehalt. Im Gegensatz<br />
zu diesen sind sie aber wie die Süßstoffe für Diabetiker geeignet. Süßstoffe und Zuckeralkohole<br />
sind nicht kariogen.<br />
<strong>15.</strong>6.1. Süßstoffe<br />
In Deutschland sind die folgenden Süßstoffe zugelassen: Saccharin, Cyclamat, Aspartam<br />
und Acesulfam K. Wegen einer möglichen krebserzeugenden Wirkung ist Saccharin in den<br />
USA nur beschränkt und in Kanada gar nicht zugelassen. Aus dem gleichen Grunde ist die<br />
Verwendung von Cyclamat in den USA, Großbritannien, Frankreich und Japan verboten.<br />
Saccharin ist der älteste Süßstoff, er wurde 1879 entdeckt und bereits fünf Jahre später industriell<br />
hergestellt. Wegen Zuckermangels wurden insbesondere während des zweiten<br />
Weltkrieges in Deutschland bereits bis zu 500000 kg produziert (1944).<br />
Cyclamat wurde 1937 in den USA entdeckt. In hohen Konzentrationen schmeckt dieser<br />
Süßstoff metallisch. Cyclamat wird meist in Kombination mit Saccharin angeboten.<br />
Aspartam ist ein künstliches Dipeptid, welches sich aus der L-Asparaginsäure und L-<br />
Phenylalanin zusammensetzt. Die Carboxylgruppe ist mit Methanol verestert. Aspartam<br />
wurde 1965 in den USA entwickelt. Es ist nicht lagerstabil und hitzestabil, es eignet sich<br />
nicht zum Backen und Kochen. Aspartam findet sich beispielsweise in Cola light Getränken.<br />
Als einziger Süßstoff besitzt Aspartam 4 kcal/g (16.75 kJ/g). Grund: Es besteht aus Aminosäuren,<br />
die im Körper abgebaut werden. Da es Phenylalanin enthält, ist es für Personen<br />
mit der angeborenen Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie gefährlich. Die Herstellung von<br />
Aspartam erfolgt aus den beiden Aminosäuren durch Peptidbildung.<br />
Acesulfam K (Sunette ® ) wurde 1967 in Deutschland (Firma Hoechst AG) entdeckt. Es<br />
wird häufig in Kombination mit Aspartam benutzt. Die Herstellung erfolgt aus der Amidosulfonsäure<br />
und Diketen.
<strong>15.</strong>6. Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe 435<br />
(500 x so süß wie Zucker) (35 x Zucker) (150 x Zucker) (200 x Zucker)<br />
<strong>15.</strong>6.2. Zuckeraustauschstoffe<br />
Zu den Zuckeraustauschstoffen gehören der Fruchtzucker (Fructose, Formel siehe <strong>15.</strong>3)<br />
sowie die Zuckeralkohole D-Mannit (D-Mannitol), D-Sorbit (D-Sorbitol, siehe 10.1) und<br />
Xylit (siehe 10.1), die jeweils aus Mannose, Glucose und Xylose (siehe <strong>15.</strong>4.7.2) durch Reduktion<br />
erhalten werden.<br />
Die Zuckeraustauschstoffe sind als gesundheitlich unbedenklich einzustufen, jedoch können<br />
sie bei übermäßigem Genuss zu Durchfällen führen (beispielsweise 10 g Mannit).