30.11.2012 Aufrufe

Grundvorlesung Allgemeine Mikrobiologie

Grundvorlesung Allgemeine Mikrobiologie

Grundvorlesung Allgemeine Mikrobiologie

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Johannes Woestemeyer


<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Table of Contents<br />

Historisches, aber nicht nur...............................................................................................................................1<br />

Die <strong>Mikrobiologie</strong>: Der Weg von der Praxis zur modernen Wissenschaft.............................................1<br />

Die Hosenfrösche des Lazzaro Spallanzani.............................................................................................2<br />

Das Vierflaschen−Experiment.................................................................................................................3<br />

Die Sache mit dem Schwanenhals...........................................................................................................4<br />

Robert Koch und die Infektionsbiologie..................................................................................................4<br />

Die Koch'schen Postulate versagen bei Virus−Krankheiten....................................................................5<br />

Was sind Mikroorganismen?.............................................................................................................................7<br />

Die Entstehung des Lebens auf der Erde..........................................................................................................9<br />

Was ist alt, was ist neu?...........................................................................................................................9<br />

Unsere Lebensformen sind auf der Erde entstanden................................................................................9<br />

Die Bedingungen auf der frühen Erde: Enstehung organischer Moleküle..............................................9<br />

Coazervate..............................................................................................................................................10<br />

Die Entstehung von Zellen.....................................................................................................................10<br />

Die Pyrit−Theorie als Alternative zur Ursuppen−Vorstellung..............................................................11<br />

Was ist Leben? − Keine Definition, eher eine Sammlung von Kriterien..............................................12<br />

Die prokaryontische Zelle: Struktur, Organisation, Funktion.....................................................................13<br />

Makromoleküle der Zelle.......................................................................................................................13<br />

DNA als permanenter Informationsspeicher...................................................................................13<br />

Bakterien können Plasmide enthalten.............................................................................................14<br />

Proteine............................................................................................................................................14<br />

DNA gibt Informationen in Paketen an RNA ab............................................................................15<br />

Proteinbiosynthese findet an Ribosomen statt.................................................................................15<br />

Membranen............................................................................................................................................16<br />

Einschlußkörper, inclusion bodies, Speicherstoffe................................................................................17<br />

Die bakterielle Zellwand........................................................................................................................17<br />

Kapseln und Schleime............................................................................................................................18<br />

Geißeln und Beweglichkeit....................................................................................................................19<br />

Chemo− und Phototaxis.........................................................................................................................19<br />

Endosporenbildung: das Notfallprogramm zum Überleben..................................................................20<br />

Fremdwörterliste von Christiane Jaentsch....................................................................................................22<br />

Übungsaufgaben als Vorbereitung zu den Klausuren...................................................................................25<br />

i


Historisches, aber nicht nur<br />

Die <strong>Mikrobiologie</strong>: Der Weg von der Praxis zur modernen<br />

Wissenschaft<br />

Die <strong>Mikrobiologie</strong> ist gleichzeitig eine sehr alte und eine sehr junge Wissenschaft. Ganz alt, weil die bewußte<br />

Beschäftigung mit den Auswirkungen der Lebenstätigkeit von Mikroben mehrere Tausend Jahre alt ist. Diese<br />

sehr alten Aspekte der <strong>Mikrobiologie</strong> sind natürlich anwendungsorientiert und nicht im akademischen Sinn<br />

wissenschaftlich. Ganz jung, weil Mikroorganismen als Modellsysteme für die Erforschung grundlegender<br />

Lebensvorgänge eigentlich erst eine Entwicklung dieses Jahrhunderts ist. Die moderne molekulargenetisch<br />

orientierte Biologie basiert fast völlig auf der Verwendung experimentell einfach zu handhabender<br />

Mikroorganismen. Immer in der Hoffnung, daß die an Mikroorganismen gewonnenen Erkenntnisse im<br />

Grundsatz auf komplexere Lebewesen übertragen werden können, nennen wir diese besonders ausgesuchten<br />

Studienobjekte 'Modellorganismen'.<br />

Zurück zu den Anfängen: Wenn Sie die Bibel lesen, dann wird Ihnen an mehreren Stellen klar, daß vor<br />

mehreren Tausend Jahren unter den Medizinern im vorderen Orient ein erstaunliches Wissen über die<br />

Ausbreitung von Krankheiten bekannt war. Natürlich war das Wort 'Infektionskrankheiten' nicht bekannt.<br />

Natürlich hätte auch niemand von 'Krankheitserregern' im Sinne von kleinen Lebewesen gesprochen. Auch<br />

konnte noch niemand Bakterien oder Pilze in Form einzelner Zellen gesehen haben; schließlich sollte ja bis<br />

zur Erfindung des Mikroskops noch lange Zeit vergehen. Man wußte aber, daß Krankheiten ansteckend sein<br />

konnten; ansteckend von Mensch zu Mensch, ansteckend aber auch von verseuchten Kleidern und Möbeln auf<br />

den Menschen. Aus dieser Erkenntnis heraus entwickelten sich die in der Bibel mehrfach beschriebenen<br />

Hygiene−Techniken, nämlich Lepra−Kranke ('Aussätzige'; Erreger: Mycobacterium leprae) zu isolieren und<br />

ihre Kleidung und sonstige Habe zu verbrennen. Das klingt alles sehr unmenschlich, ist es wohl auch, ist aber<br />

unter epidemiologischen Gesichtspunkten durchaus wirkungsvoll.<br />

Insgesamt erscheint uns diese Interpretation von Krankheitsübertragung wissenschaftlicher, als die<br />

Auffassung des Mittelalters, die Krankheit in der Regel als unvermeidbar und gottgegeben und dann<br />

ausschließlich als "Strafe des Herrn" auffaßte. Solche aus dem religiösen und philosophischen Weltbild einer<br />

Zeit heraus entwickelten Interpretationen können weitreichende Folgen haben. Da die Krankheit ohnehin als<br />

unvermeidbare Geißel Gottes galt, fehlte für die meisten Naturinterpreten jener Zeit auch jeder Anreiz, sich<br />

unter naturwissenschaftlichen Aspekten mit Krankheiten auseinanderzusetzen. Entsprechend schlecht waren<br />

die Hygienemaßnahmen entwickelt, deren Bedeutung wegen der zugrundeliegenden Theorie einfach nicht<br />

erkannt werden konnten. Sie erkennen, daß unser Handeln stark von den Theorien bestimmt wird.<br />

Natürlich gibt es in jedem Zeitalter immer wieder einige Ausnahme−Menschen, die mit ihrer Gedankenwelt<br />

nicht ganz in ihre Zeit passen (Querdenker). Im späten Mittelalter, an der Grenze zur Neuzeit war einer dieser<br />

Querdenker Girolamo Fracastoro, der von 1483−1553 hauptsächlich in Padua lebte und lehrte. Dieser Mann<br />

wurde Zeuge einer verheerenden Pestepidemie und beschäftigte sich dann auch intensiv gedanklich damit.<br />

Das heißt: er machte erst sie Augen auf, interpretierte dann das Gesehene ohne eine á priori−Theorie und<br />

schrieb dann ein Buch darüber. Das ist auch deshalb etwas besonderes, weil dieser Mann gar kein Mediziner<br />

war sondern ein Poet. Fracastoro erkannte das Ansteckungsprinzip. Er erkannte, daß die Pest immer dann<br />

weitergegeben wird, wenn die noch gesunden in engen Kontakt mit Kranken kommen.Er erkannte auch, daß<br />

tote Gegenstände (Kleider, Möbel, Geschirr) die Krankheit übertragen können ohne selbst geschädigt zu<br />

werden. Fragen Sie sich doch bitte einmal selbst ganz kritisch, ob Sie den Mut hätten, ernsthaft von einer<br />

Krankheitsübertragung durch tote Gegenstände zu sprechen, wenn Sie nicht schon die 'Bazillen−Theorie' als<br />

gesellschaftlich verwurzeltes Allgemeinwissen zugrunde legen würden. Fracastoro sprach jedenfalls vor fast<br />

500 Jahren schon von den "Samen der Krankheit" und − ging damit erwartungsgemäß unter. Die Zeit war<br />

lange noch nicht reif für solche Ansichten. Sein Buch geriet in Vergessenheit und brauchte etwa 200 Jahre,<br />

um wiederentdeckt zu werden.<br />

Historisches, aber nicht nur 1


<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Der zweite sehr alte Aspekt der <strong>Mikrobiologie</strong> neben der Beschäftigung mit den Infektionskrankheiten ist die<br />

Biotechnologie. Glauben Sie bitte nicht, dies sei etwas Modernes. Seit Jahrtausenden hat die Menschheit in<br />

vielen angewandten Bereichen ein sehr fundiertes operationales Wissen. Denken Sie nur an die<br />

Fermentationsprozesse bei der Käseherstellung. Oder an die Herstellung solcher lebenswichtigen Dinge wie<br />

Wein und Bier. Vermutlich gibt es keine Kultur in der Menschheitsgeschichte, die nicht eine reproduzierbare<br />

Methode zur alkoholischen Gärung erfunden hätte. Auch zu diesem Bereich lohnt sich ein Durchblättern des<br />

Alten Testaments (Noah und der Wein).<br />

Machen wir den Sprung in die Neuzeit. Die beiden großen Mikrobiologen des 17. Jahrhunderts sind der<br />

Engländer Robert Hooke (1635−1703) und Anton van Leeuwenhoek aus Holland (1632−1732). Hooke war<br />

Kurator an der Royal Society of London und hatte sich ein kompliziertes, zusammengestztes Mikroskop<br />

gebaut, mit dem er auf die Jagd nach kleinen Organismen ging. Die Ergebnisse dieser Studien wurden dann in<br />

dem berümt gewordenen Buch 'Micrographia' publiziert. Aus diesem Buch ist besonders eine Zeichnung sehr<br />

bekannt geworden, die die Sporenbehälter bestimmter Schimmelpilze abbildet. Leider taugte Hooke's<br />

Mikroskop nicht viel, so daß er die einzelne Pilzsporen in den Sporenbehältern nicht sehen konnte. Auch<br />

Bakterien hat er mit Sicherheit nie gesehen. Sein Mikroskop war gemessen an der damals möglichen Präzision<br />

beim Linsenschleifen viel zu kompliziert.<br />

Das gelang aber seinem Zeitgenossen van Leeuwenhook aus Delft. Dieser Mann war ein Pedant, der die<br />

besten Mikroskope baute, die mit dem damaligen Glas und der damaligen Mechanik überhaupt möglich<br />

waren. Es waren extrem einfache Mikroskope mit nur einer einzigen Linse, die aber eine so große Auflösung<br />

hatten, daß van Leeuwenhoek wirklich einzelne Bakterienzellen sehen konnte. Die Untersuchungsobjekte<br />

wurden auf eine verstellbare Nadel vor einer erstklassigen, mit viel Akribie geschliffenen Linse gesteckt. Die<br />

Proben konnte er dann sehen, indem er das Mikroskop an sein Auge hielt und im richtigen Winkel eine<br />

Lichtquelle anvisierte. Damit erhielt van Leeuwenhoek eine Art Dunkelfeldbeleuchtung, in der sich die<br />

Mikroben als helle Objekte vor dunklem Hintergrund kontrastieren ließen.<br />

Unter anderem fragte sich van Leeuwenhoek, warum der Pfeffer scharf schmeckt. Eine wissenschaftlich<br />

haltbare Antwort auf diese Frage hat er nie gefunden. Er hatte aber eine Hypothese, die er mit seinen<br />

Mikroskopen überprüfen wollte. Sie sehen, van Leeuwenhoek war ein sehr moderner Mann. Er dachte, der<br />

scharfe Geschmack könnte von kleinen 'animacules' im Pfeffer verursacht werden. Er suspendierte also<br />

gemahlenen Pfeffer in Wasser und mikroskopierte. Zunächst sah er nichts. Da er aber ein sehr pedantischer<br />

Analytiker war, schaute er dieselbe Suspension immer wieder an, bis er am zehnten Tag eine Vielzahl von<br />

Mikroorganismen wahrnahm, die sich zum Teil heftig bewegten. Anhand seiner Zeichnungen und<br />

Größenabschätzungen können wir noch heute nachvollziehen, daß van Leeuwenhoek zum erstenmal in der<br />

Menschengeschichte Bakterien gesehen hat. Was er damals leider nicht begriffen hat war der Unterschied<br />

zwischen Ursache und bloßer Korrelation.<br />

Über diese und andere Beobachtungen berichtete van Leeuwenhoek über einen Zeitraum von 50 Jahren an die<br />

Royal Society in London. Manche der englischen Wissenschaftler glaubten ihm, andere nicht. Das lag unter<br />

anderem daran, daß niemand, auch nicht Hooke, in der Lage war, Mikroskope von derart exzellenter optischer<br />

Qualität zu bauen.<br />

In den Biowissenschaften war das folgende 18. Jahrhundert geprägt von der Grundsatzfrage nach der<br />

Entstehung des Lebens. Gibt es eine Urzeugung aus totem Material? Geht alles Leben auf die Schöpfung<br />

zurück? Das war wahrscheinlich die brennendste Frage dieser Zeit.Das klassische Experiment jener Zeit war<br />

Spallanzani's Hosenfrosch−Versuch.<br />

Die Hosenfrösche des Lazzaro Spallanzani<br />

Zur Lösung der Fortpflanzungsrätsel trugen van Leeuwenhoeks Beobachtungen zunächst nicht viel bei. Nach<br />

wie vor ging der internationale Streit zwischen Anhängern der Urzeugungstheorie und diverser anderer<br />

Theorien hin und her. Welche Argumente metaphysischer Art dabei oft eine Rolle spielten, sehen Sie am<br />

besten an einem Beispiel: Die Auffassung, daß alles Leben aus Eiern stammt, geht auf folgende Überlegung<br />

Die Hosenfrösche des Lazzaro Spallanzani 2


zurück: Saßen die Keime des zukünftigen Lebens im Sperma, dann mußten die Spermatozoen des Menschen<br />

eine Seele haben. Aber das war doch ganz offensichtlich Unsinn, da Tag für Tag Milliarden von Spermien<br />

zugrunde gingen. Wie konnten sie da beseelt sein? Wo wären die vielen Seelen geblieben? Also mußte das<br />

Leben an die erheblich weniger verschwenderisch behandelten Eier gebunden sein. Auch der Priester und<br />

nebenbei Professor der Metaphysik Lazzaro Spallanzani war ein Ovulist, der aber den Schritt zum<br />

experimentell arbeitenden Wissenschaftler schaffte. Er nahm sich vor zu beweisen, daß das Sperma den<br />

Anstoß zur Entwicklung des Lebens im Ei gab, etwa in der Art eines Katalysators. Sein Tier−Modell war der<br />

Frosch. Spallanzani schnitt etliche Froschweibchen während der Begattung auf, entnahm die Eier, legte sie in<br />

Wasser und stellte fest, daß sie ohne Entwicklung von Kaulquappen verfaulten. Eier aber, die den Mutterleib<br />

schon verlassen hatten und in Kontakt mit der Sperma−Flüssigkeit des Männchens gekommen waren,<br />

entwickelten sich zu Kaulquappen. In diesem Zusammenhang entdeckte Spallanzani die äußere Befruchtung.<br />

Die Frösche spritzten einen Spermastrahl in Richtung des Weibchens, die sich dann über die austretenden Eier<br />

verbreitete. Um sicher zu gehen, daß diese Flüssigkeit auch wirklich die Spermien enthielt, machte<br />

Spallanzani seinen berühmt gewordenen, recht witzigen Versuch, das sogenannte Hosenfrosch−Experiment.<br />

Einige der Froschmännchen bekamen festsitzende Höschen aus festsitzendem, gewachsten Taft angezogen<br />

und wurden derart adrett aufgemacht zu den paarungsbereiten Weibchen gesetzt. Erwartungsgemäß<br />

entwickelte sich unter diesen Umständen aus den Eiern gar nichts. Aus unserer heutigen Sicht würden wir<br />

Spallanzani's Experiment doch so interpretieren: Sowohl Spermien als auch die Eier sind notwendig, damit<br />

sich neues Leben entwickeln kann. Diesen letzten Schritt konnte Spallanzani, der selbstverständlich in das<br />

historische und intellektuelle Umfeld seiner Zeit eingebettet war, leider nicht vollziehen. Er blieb bis an sein<br />

Lebensende im Jahre 1799 ein vehementer Ovulist: Für ihn war das Sperma lediglich ein Stimulans für die<br />

Entwicklung des Lebens im Ei.<br />

Wir sollten heute bitte nicht überheblich sein: Selbstverständlich können auch wir nur vor unserem<br />

kulturgeschichtlichen Hintergrund denken und handeln. Somit bleibt abzuwarten, welche Irrtümer wir mit<br />

unseren Experimenten und Interpretationen heute begehen. Vielleicht sind auch wir gerade dabei, uns zum<br />

Gespött zukünftiger Generationen zu machen.<br />

Das Vierflaschen−Experiment<br />

<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Auch zur Frage der Herkunft von Mikroorganismen leistete der italienische Priester Lazzaro Spallanzani<br />

einen Beitrag, das berühmte Vierflaschen−Experiment. In alle Flaschen wurden abgekochte Pflanzensamen<br />

und anderes organisches Material gefüllt. Flasche 1 wurde luftdicht zugeschmolzen; Flasche 2 wurde mit<br />

einem Baumwollstopfen verschlossen; Flasche 3 bekam einen Korken und Flasche 4 blieb offen stehen. Nach<br />

drei Wochen wurde dann mikroskopiert. Erwartungsgemäß wimmelte es in der offenen Flasche; die verkorkte<br />

oder mit dem Wattestopfen verschossene Flasche enthielt immer noch eine ganze Menge Mikroben, aber die<br />

hermetisch abgeschmolzene Flasche war keimfrei. Dieses Ergebnis widersprach nach Spallanzani's Meinung<br />

der Urzeugungstheorie, Spallanzani jubelte und verkündete, die Mikroorganismen seien durch die Luft in die<br />

Gefäße eingedrungen und hätten sich dann vermehrt. Eine nicht ganz falsche Schlußfolgerung. Leider ist sein<br />

Experiment nicht stichhaltig gewesen. Denn die vier Flaschen unterschieden sich ja nicht nur durch die Art<br />

ihres Verschlusses, sondern eben auch durch die Versorgung mit Luft: fast keine in Flasche 1 und dann eben<br />

zunehmend mehr in den anderen drei Flaschen. In einem guten Experiment darf natürlich nur ein Parameter<br />

geändert werden. Das sahen auch Spallanzani's Zeitgenossen, die Urzeugungs−Vertreter, die somit diese<br />

Debatte zunächst gewonnen hatten.<br />

Diese Geschicht ist nicht nur aus historischer Sicht interessant. Sie können an diesem klassischen Modellfall<br />

lernen, wie gute Wissenschaft gemacht wird. Ausgehend von plausiblen Hypothesen werden Experimente<br />

erdacht und durchgeführt, die aus der Hypothese eine Theorie werden lassen. Diese jetzt gut begründete und<br />

experimentell untermauerte Theorie wird dann publiziert und von anderen Wissenschaftlern kritisch<br />

durchdacht. Haben die wissenschaftlichen Gegner gute Argumente und finden Schwächen im Experiment<br />

oder Fehler in der Interpretation, so gilt die Hypothese als widerlegt. Im Idealfall erwächst dann aus der<br />

wissenschaftlichen Debatte die nächste Hypothese, die dann hoffentlich tragfähiger ist.<br />

Das Vierflaschen−Experiment 3


<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Die Sache mit dem Schwanenhals<br />

Im Falle der Urzeugung von Mikroorganismen dauerte der nächste vernünftige Ansatz aber bis zur Mitte des<br />

nächsten, des neunzehnten Jahrhunderts. Den damit verknüpften Namen kennen Sie alle: Louis Pasteur<br />

(1822−1895), der eigentlich kein Biologe sondern Chemiker war. Pasteur hatte damals im Gegensatz zu dem<br />

deutschen Chemiker Justus Liebig klar zeigen können, daß die alkoholische Gärung von der Beteiligung von<br />

Hefen abhängig war, während Liebig alle Gärungen noch als rein chemische Reaktionen ansah. Auf dieser<br />

Basis war Pasteur dann auch in der Lage, die Urzeugungstheorie endgültig zu widerlegen. Im Grunde<br />

brauchte er ja auch nur Spallanzani's 100 Jahre alte Experimente zu wiederholen, aber eben so, daß der<br />

Luftsauerstoff ungehinderten Zugang zu dem sterilisierten organischen Material hatte. Die Lösung lag im für<br />

Gase offenen, aber für Partikel der Luft geschlossenen Schwanenhals−Kolben.<br />

Im Hinblick auf Ihre eigene wissenschaftliche Entwicklung sollten Sie sich an dieser Stelle fragen, warum<br />

Pasteur sich eigentlich die Mühe machte, die Urzeugungstheorie experimentell zu widerlegen. Er selbst und<br />

viele andere brauchten das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eigentlich nicht mehr. Es ist aber in den<br />

Wissenschaften enorm wichtig, nicht widerlegbare Klarheit zu schaffen. Das ist langfristig die beste und<br />

wahrscheinlich einzige Möglichkeit, unerfreuliche und unnötige, vom Aberglauben durchsetzte Hypothesen<br />

immer wieder auf den Tisch zu bekommen. Das ist auch heute noch so. Ich möchte Ihnen den dringenden Rat<br />

geben, bei wichtigen Behauptungen −egal in welchem Bereich− die zugrundeliegenden Fakten zu prüfen.<br />

Machen Sie Ihre wissenschaftlichen Überzeugungen nicht zu einer Frage von Glauben oder Nicht−Glauben!<br />

Prüfen Sie bitte die Daten! Ganz wichtig wird das, wenn biologische Argumente in der Politik gebraucht<br />

werden. Folgen Sie nicht blindlings den vorgebrachten, scheinbar plausiblen Argumenten. Prüfen Sie die<br />

Daten! Meist bleibt dann von wissenschaftlich verbrämten Schwachsinn nicht viel übrig. Beispiele gibt es<br />

viele; wir brauchen sie nicht zu vertiefen. Denken Sie vielleicht an die Rassenlehre des Dritten Reichs mit<br />

ihren unmenschlichen Konsequenzen, oder an Lyssenko's Auffassungen von Vererbung in der Stalin−Ära,<br />

oder auch an die wissenschaftlich verzierten Heilslehren mancher Sekten.<br />

Robert Koch und die Infektionsbiologie<br />

Eine andere brennende Frage im 19. Jahrhundert war die Entstehung von Krankheiten. Auch in dieser<br />

Hinsicht gab es überraschend moderne Ansichten. Es gab durchaus vereinzelt Leute, die Mikroorganismen als<br />

Krankheitserreger ansahen. Aber mit den vorhandenen Techniken ließ sich das nicht beweisen. Solange die<br />

Urzeugungstheorie nicht widerlegt war, hatte eine wissenschaftliche medizinische <strong>Mikrobiologie</strong> ohnehin<br />

keine Chance. Schließlich würden ja Krankheitserreger dann spontan und unvorhersehbar zufällig in Patienten<br />

auftreten. Reproduzierbare Experimente mit Krankheitserregern wären dann unmöglich. Sie sehen wieder, wie<br />

wichtig Theorien sind!<br />

Der führende Mann in der medizinischen <strong>Mikrobiologie</strong> des 19. Jahrhunderts war sicherlich Robert Koch<br />

(1843−1910). Koch war eigentlich Landarzt, der aber dieser Tätigkeit zum Leidwesen seiner Familie nichts<br />

abgewinnen konnte. Ruhelos verlegte er seinen Wohnsitz von einem tödlich langweiligen Dorf ins andere, bis<br />

er zuletzt in Wollstein in Posen dann doch seßhaft wurde. Er kaufte sich ein Mikroskop und widmete jede<br />

freie Minute und die halbe Nacht der mikrobiologischen Forschung. Insbesondere interessierte er sich für den<br />

Milzbrand. Sie kennen diese Krankheit. Sie befällt Weidetiere, Schafe und Kühe und kann auch auf den<br />

Menschen übertragen werden. Insbesonders Leute, die Kühe melken, sind in hohem Maße gefährdet. Die<br />

befallenen Tiere sterben sehr schnell, sie ist hochgradig ansteckend und kann riesige Herden in kurzer Zeit<br />

vernichten. Und schlimmer: Weiden, auf den Milzbrand−kranke Tiere waren, waren auch für lange Zeit<br />

danach nicht sicher. Immer wieder tritt die Krankheit auf. Im Blut kranker Tiere fand Koch schließlich<br />

stäbchenförmige Bakterien. Aber waren diese auch die Ursache der Krankheit? Koch's geniale Idee war, die<br />

Krankheit nicht an teuren und unpraktischen Kühen oder Schafen zu studieren, sondern ein Mäusemodell zu<br />

benutzen. Also wurde Blut von einem infizierten Schaf in Mäuse injiziert, die dann auch zuverlässig<br />

erkrankten und starben. Das Blut erkrankter Mäuse konnte dann wieder für die Infektion gesunder Tiere<br />

verwendet werden, und in jedem Fall fand Koch wieder die Bakterien im Blut und in der Milz. Was zunächst<br />

nicht gelang, war die Kultur dieser Bakterien in künstlichen Nährlösungen. Gerade bei pathogenen Bakterien<br />

Die Sache mit dem Schwanenhals 4


<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

finden Sie oft, daß die Anforderungen an das Medium so hoch sind, daß die Vermehrung nur im<br />

Wirtsorganismus möglich ist. Auch für dieses Problem fand Koch eine Lösung. Er verwendete die Flüssigkeit<br />

aus dem Auge von Kühen. In diesem Medium wuchsen die Bakterien zu hohen Zelldichten heran und bildeten<br />

schließlich hochgradig lichtbrechende Sporen (Endosporen). Auch diese Sporen konnten wieder als Inoculum<br />

zur Infektion neuer Tiere oder neuer Nährlösung verwendet werden. Damit war dann klar, daß diese<br />

Bakterien, die wir heute Bacillus anthracis nennen, weil sie Anthrax −also Milzbrand− hervorrufen,<br />

tatsächlich die Ursache der Erkrankung sind. Koch publizierte diese Ergebnisse 1877 und formulierte die<br />

sogenannten Koch'schen Postulate, die alle erfüllt sein müssen, wenn ein Mikroorganismus beweiskräftig als<br />

Krankheitsursache angesehen werden soll.<br />

1. Der Mikroorganismus muß in allen befallenen Wirten nachweisbar sein.<br />

2. Der Mikroorganismus muß isoliert und in Reinkultur genommen werden.<br />

3. Der in Kultur vermehrte Mikroorganismus muß wieder die Krankheit hervorrufen, wenn er zum<br />

Beimpfen eines gesunden Tieres verwendet wird.<br />

4. Im experimentell infizierten Tier muß derselbe Mikroorganismus wieder nachweisbar sein.<br />

Diese Arbeiten haben Koch weithin berühmt gemacht, und 1880 schließlich berief man ihn in das damalige<br />

Reichsgesundheitsamt. Zum erstenmal verfügte Koch über ein richtiges Laboratorium und einige Assistenten.<br />

Endlich hatte er auch ein Gehalt, das es ihm ermöglichte, die ungeliebte Arzt−Tätigkeit aufzugeben und<br />

täglich 16−18 Stunden als Naturforscher zu arbeiten. Aus diesem Labor sind bahnbrechende Erkenntnisse<br />

hervorgegangen, die wir hier nicht alle nachvollziehen wollen. Einen außerordentlich wichtigen technischen<br />

Fortschritt will ich Ihnen aber nicht vorenthalten. Gemäß dem zweiten Koch'schen Postulat müssen<br />

Mikroorganismen in Reinkultur genommen werden. Das ist oft nicht einfach, besonders wenn sie in einem<br />

Tropfen Nährlösung verschiedene Arten von Bakterien haben. Das ist der Normalfall. Ideal wäre es, wenn<br />

man auf festen Nährböden arbeiten könnte, auf denen sich die Bakterien nicht wieder vermischen können<br />

sondern zu isolierten Kolonien heranwachsen. Koch benutzte dazu zunächst angeschnittene frische Kartoffeln,<br />

dann Gelatine. Kartoffeln funktionierten nicht immer. Gelatine hatte gleich zwei entscheidende Nachteile.<br />

Zum einen gibt es viele Organismen, die die Gelatine als Nahrungsquelle benutzen und sie verflüssigen, zum<br />

anderen kann man sie nicht bei Temperaturen oberhalb von 30°C benutzen, weil sie dann auch ohne<br />

Mikroorganismen flüssig wird. Sie kennen das vom Wackelpudding her!<br />

Zum Glück hatte Koch einen Assistenten mit einer genialen Ehefrau. Lina Hesse benutzte 1881 erstmals die<br />

Substanz, die wir auch heute noch in der <strong>Mikrobiologie</strong> verwenden: Agar−Agar. Agar wird aus Rotalgen der<br />

tropischen Meere gewonnen, löst sich beim Kochen in Wasser auf und geliert beim Abkühlen auf unter 44°C.<br />

Selbst beim erneuten Erwärmen auf 70°C wird Agar noch nicht wieder flüssig. Auch Bakterien sind nur selten<br />

in der Lage, die Polysaccharide des Agars zu verdauen. Und wie kam Frau Hesse auf diese wunderbare Idee?<br />

Ganz klar, weil die Holländer den Agar aus der chinesischen Küche mit nach Europa gebracht hatten. Agar<br />

dient in China zum Andicken von Suppen, und Lina hatte ihn erfolgreich zum Verfestigen von Gelee<br />

verwendet. Von da bis zu seiner Anwendung in den Petrischalen war es dann nicht mehr weit. Die<br />

Petrischale selbst kommt übrigens auch aus Koch's Umgebung und ist die Erfindung von Richard Petri.<br />

Die Ursache von Krankheiten zu kennen, reicht natürlich nicht aus, um sie auch zu bekämpfen. Sehr wichtig<br />

ist es, ihre Ausbreitung zu unterbrechen. So wußte man schon im vorigen Jahrhundert, daß die Cholera durch<br />

verunreinigtes Wasser weitergegeben wird, das mit menschlichen Exkrementen verseucht ist.<br />

Choleraepidemien kann man also eindämmen, indem man die Verwendung solchen Wassers verhindert.<br />

Damit wird aber dem schon befallenen Individuum nicht geholfen. Ein anderer Weg besteht in der Impfung.<br />

Dazu wird der Mensch −möglichst bevor er die Krankheit schon hat− mit abgetöteten Erregern immunisiert.<br />

Bei den bakteriellen Krankheiten waren Tetanus und Diphtherie die ersten Krankheiten, die wenigstens<br />

einigermaßen erfolgreich kontrolliert werden konnten.<br />

Die Koch'schen Postulate versagen bei Virus−Krankheiten<br />

Eine bestimmte Gruppe von Krankheiten widerstand allen Versuchen, auf der Basis der Koch'schen Postulate<br />

erforschbar zu werden. Die Krankheiten waren zwar Infektionskrankheiten. Man fand aber mikroskopisch<br />

Die Koch'schen Postulate versagen bei Virus−Krankheiten 5


<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

keine Erreger. Auch ein Wachstum auf Nährböden gelang nicht. Solche Erreger nennen wir heute Viren. Sie<br />

sind sehr klein, haben keine Zellen und werden nur innerhalb lebender Zellen vermehrt. Sie können sich selbst<br />

überlegen, ob Sie so etwas ein Lebewesen nennen wollen oder nicht. Eines aber sollten Sie nicht: Sie können<br />

Viren nicht als Vorformen des zellulären Lebens ansehen. Nach den Regeln wissenschaftlicher Logik können<br />

sie erst entstanden sein, nachdem ihre Wirtsorganismen da waren.<br />

Gerade die Viren sind es, die für die moderne <strong>Mikrobiologie</strong> dieses Jahrhunderts eine enorme Bedeutung<br />

hatten und noch haben. Ein besonders glücklicher Umstand ist, daß auch Bakterien von Viren befallen<br />

werden. Diese besonderen Viren heißen Bakteriophagen −zu deutsch: Bakterienfresser− oder kurz Phagen.<br />

Diese Phagen sind sehr klein, haben nur geringe Mengen an Erbmaterial und eignen sich deshalb<br />

hervorragend als Modellorganismen für die Grundlagenforschung. Tatsächlich ist unser Jahrhundert in den<br />

Biowissenschaften geprägt vom Modellbegriff. Modell heißt: man studiert einen experimentell besonders gut<br />

handhabbaren Organismus in der Annahme, die hier gewonnenen Erkenntnisse können auf andere,<br />

komplexere Organismen übertragbar sein.<br />

Beispiel 1: Statt mit Mensch arbeitet der medizinische Mikrobiologe oft mit der Maus.<br />

Beispiel 2: Es ist wenig sinnvoll, Genetik mit einem Pilz zu treiben, der auf einfachen Nährböden nicht<br />

wächst. Gearbeitet wird mit allgemein mit allgemein verbreiteten, leicht kultivierbaren Schimmelpilzen.<br />

Beispiel 3: Viele Bakterien wachsen entweder gar nicht auf einfachen, chemisch definierten Medien oder nur<br />

unter großen Mühen und dann sehr langsam. Damit kann man nicht vernünftig arbeiten. Daher werden Sie in<br />

vielen Labors Modellsysteme finden wie das Darmbakterium Escherichia coli oder den Heubacillus Bacillus<br />

subtilis.<br />

Selbst auf der Ebene biotechnischer Anwendungen hat das Modelldenken durchaus positive Spuren<br />

hinterlassen. Natürlich können Sie nicht beliebige Leistungen beispielsweise in der Fermentation der<br />

ungezählten verschiedenen Käsesorten von einem einzigen Pilz erbringen lassen, auch wenn er ein noch so<br />

gutes Modellsystem für die Grundlagenforschung darstellt. Sie können aber im Einzelfall versuchen, die<br />

gewünschten Leistungen auf genetischer Ebene klar zu definieren, um dann mit den modernen molekularen<br />

Methoden die zugehörigen Gene zu isolieren, zu klonieren, wie wir meist sagen. Diese isolierten Gene können<br />

dann gelegentlich mit Erfolg in einen gut bekannten und technisch leicht beherrschbaren Organismus<br />

überführt werden. Das zugehörige Reizwort heißt Gentechnik und ist sicher nicht die Lösung aller Probleme.<br />

Im Einzelfall gilt es aber zu prüfen, ob gentechnische Verfahren nicht doch die besseren sind.<br />

Auch hier ein Beispiel: Vielleicht wissen Sie, daß die Gerinnungsfaktoren des menschlichen Blutes Proteine<br />

sind. Die Fähigkeit zur Synthese bestimmter Gerinnungsfaktoren fehlt Menschen mit der Bluterkrankheit. Zur<br />

Behandlung muß man solchen Menschen in krassen Fällen isolierte Gerinnungsfaktoren einspritzen, die aus<br />

menschlichem Blut isoliert wurden. Diese Isolationsprozeduren sind extrem aufwendig, und schlimmer: die<br />

Übertragung anderer, besonders viraler Krankheiten ist bei dieser Art der Herstellung nie mit Sicherheit<br />

auszuschließen. Die gentechnische Alternative ist in mancher Hinsicht die bessere. Das menschliche Gen für<br />

den Gerinnungsfaktor wird so in das Standard−Bakterium Escherichia coli eingeführt, daß große Mengen des<br />

gewünschten Gerinnungsproteins in das Wachstumsmedium abgegeben werden. Die Reinigungsprozedur ist<br />

dann erheblich einfacher, weil die Proteinmischung in der Kulturbrühe natürlich erheblich weniger komplex<br />

ist als im menschlichen Blut, und: Die Übertragung von Viren ist jetzt völlig ausgeschlossen, da Escherichia<br />

coli keine humanpathogenen Viren vermehren kann.<br />

Damit sind mit unserer kleinen historischen Einführung in der Moderne angelangt und wollen uns als nächstes<br />

der Frage zuwenden, was eigentlich Mikroorganismen sind.<br />

Die Koch'schen Postulate versagen bei Virus−Krankheiten 6


Was sind Mikroorganismen?<br />

Die Frage ist eigentlich schnell beantwortet. Die mikrobielle Welt setzt sich aus allen kleinen,<br />

mikroskopischen Organismen und den Viren zusammen. Das sind also die Viren, die Bakterien, die Protozoen<br />

oder einzelligen Tiere, die einzelligen Algen und die Pilze. Eine stammesgeschichtliche Einheit bilden die<br />

Mikroorganismen nicht. Mikrobiologen müssen sich mit einer Vielzahl verschiedener Organismen aus allen<br />

drei Dömanen der lebendigen Welt befassen: Prokarya, Archaea und Eukarya.<br />

Traditionell gibt es an unseren Universitäten Lehrstühle, deren Forschungsgebiete organismisch definiert sind.<br />

Nehmen Sie z.B. die Botanik: Botaniker fühlen sich fast immer zuständig für die Algen, da diese zwar meist<br />

klein, aber immerhin grün sind. Daher geben Mikrobiologen sich nur selten mit diesen Organismen ab. Und<br />

die Zoologie: Die Zoologen haben fast überall traditionsgemäß die einzelligen Tiere, die Protozoen,<br />

vereinnahmt. Auch damit brauchen wir uns also hier nicht zu beschäftigen. In die <strong>Mikrobiologie</strong> gehören aber<br />

ganz sicherlich die Bakterien; die wollen die anderen nämlich meist nicht. Und die Pilze? Manchmal nehmen<br />

sich die Botaniker dieser Gruppe an, manchmal die Mikrobiologen. An manchen Universitäten will niemand<br />

diese ungeheuer vielfältige Organismengruppe, und dann kommen sie nur ganz am Rande irgendwo vor. Das<br />

liegt daran, daß die Pilze in vielfacher Hinsicht etwas besonderes sind. Sie sind nicht grün, betreiben keine<br />

Photosynthese und gehören schon deswegen nicht so recht in die Botanik. Tiere sind sie wegen ihrer<br />

Vermehrung durch Sporen aber auch nicht. Deshalb verstehen wir die Pilze heute als eigenständiges Reich in<br />

der Organismenwelt. Phylogenetisch sind die Pilze deutlich näher mit den Tieren verwandt als mit den grünen<br />

Pflanzen. Besonders Sequenzdaten an mehreren verschiedenen Genen belegen diese Erkenntnis überzeugend.<br />

Man sagt: Die Pilze sind die Schwestergruppe der Metazoa.<br />

Wenn Sie hauptamtliche Mikrobiologen werden wollen, werden Sie spätestens an Ihrer Arbeitsstelle in der<br />

Industrie merken, wie wichtig die Pilze für Aufgaben in der Biotechnik sind. Ob Sie in die Qualitätskontrolle<br />

bei der Bierherstellung gehen oder in die Käserei, ob Sie mit der Herstellung und Verbesserung von<br />

Antibiotika zu tun haben werden oder ob Sie komplizierte Umwandlungen chemischer Stoffe vorzunehmen<br />

haben: Es werden sehr oft − manche sagen fast immer − Pilze sein, mit denen Sie arbeiten müssen. Dies ist<br />

einer der Gründe, warum wir uns hier am Institut für <strong>Mikrobiologie</strong> zu großen Anteilen den Pilzen<br />

verschrieben haben.<br />

Wohin gehören die Pilze stammesgeschichtlich?<br />

Alle Lebewesen lassen sich in drei große Domänen einsortieren, von denen zwei prokaryontisch sind, also<br />

keinen Zellkern haben: die Prokarya und die Archaea. Beide Domänen zusammen umfassen die bakteriellen<br />

Lebensformen mit ihren vielen genetisch und physiologisch hoch−differenzierten Reichen. Pilze haben einen<br />

Zellkern, gehören also in die Gruppe der Eukarya. Die Pilze bilden ein eigenes Reich (Regnum) der Eukarya.<br />

Die Reiche der Eukarya (stark vereinfacht):<br />

Protista<br />

Alle Mikroorganismen mit Zellkern, also die Protozoen, einige Algen und auch einige Organismen, die<br />

traditionsgemäß zu den Pilzen gerechnet werden. Phylogenetisch sind die Protisten sicher keine einheitliche,<br />

monophyletische Gruppe. Die Definition unabhängiger Reiche aus dieser Sammelgruppe heraus ist sinnvoll.<br />

• Protozoa<br />

• Myxomycota<br />

• Oomycota<br />

• ...............<br />

Mycota oder Fungi<br />

Was sind Mikroorganismen? 7


Die Pilze also die nicht photosynthetischen, heterotrophen Organismen mit den charakteristischen Formen<br />

ihrer Vermehrung und Verbreitung.<br />

Plantae<br />

• Chytridiomocota ('Urpilze')<br />

• Zygomycota ('Jochpilze')<br />

• Ascomycota ('Schlauchpilze')<br />

• Basidiomycota ('Ständerpilze')<br />

Die Pflanzen<br />

Animalia<br />

Die Tiere<br />

• Algen<br />

• Moose<br />

• Farne<br />

• Gefäßpflanzen<br />

• Schwämme<br />

• .......<br />

• Wirbeltiere<br />

<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Allein an der Tatsache, daß das Wort Pilze ('−mycota') gleich in zwei Reichen auftaucht, sehen Sie, daß zwar<br />

die Gruppe der Mycota stammesgeschichtlich eine gemeinsame Wurzel hat, daß aber das Wort 'Pilze'<br />

durchaus zusätzliche Organismen einschließt. Auch über die Einteilung in die Reiche kann und muß man<br />

diskutieren. Im Hinblick auf die Einteilung der Lebewesen in ein System, das die evolutionären Beziehungen<br />

reflektiert, sind andere Regnum−Grenzen denkbar, und wir selbst werden über Modifikationen im Verlauf<br />

dieser Vorlesung zu sprechen haben. Besonders bei den Mikroorganismen gibt es auch in Sachen Systematik<br />

und Phylogenie einen enormen Forschungsbedarf.<br />

Sie sehen auch, daß die Natur sich nicht an Lehrstuhlgrenzen hält. Gelegentlich kommt man als Zoologe nicht<br />

umhin, sich um die unter die Protisten einsortierten Pilz−artigen Organismen zu kümmern. Für Botaniker gilt<br />

das auch. Umgekehrt heißt das, daß wir Mikrobiologen gelegentlich auch Objekte der Zoologie und Botanik<br />

berücksichtigen. Und das ist gut so. Schließlich ist die Naturgeschichte keine Geschichte der<br />

Lehrstuhlgrenzen.<br />

Was sind Mikroorganismen? 8


Die Entstehung des Lebens auf der Erde<br />

Was ist alt, was ist neu?<br />

Vor rund 4 Milliarden Jahren sind auf einer sehr heißen, sehr lebensfeindlichen Erde aus einfachen<br />

Verbindungen sich selbst vermehrende Aggregate von Molekülen und schließlich Zellen entstanden. Aus<br />

diesen zunächst einfachen Verbänden mit einigen der Kriterien, die wir heute der Welt des Lebendigen<br />

zuschreiben, sind die heute lebenden Mikroorganismen, die Pflanzen und Tiere entstanden. Sehr oft stellen<br />

wir uns die heutigen Mikroorganismen als sehr ursprünglich und ähnlich den damals entstandenen<br />

Lebensformen vor. Das ist nicht unbedingt richtig. Bedenken Sie bitte, daß eine Bakterie wie wir sie heute vor<br />

uns haben, sehr lange Zeit für ihre Evolution zur Verfügung hatte. In dieser Zeit ist auf genetischer Ebene sehr<br />

viel passiert. Somit ist die Frage: Was ist alt? Was ist neu? im Einzelfall nicht leicht zu beantworten. Sehen<br />

wir uns einen bekannten Krankheitserreger des Menschen an, den morphologisch durchaus komplexen<br />

obligaten Parasiten und Erreger der Syphilis, Treponema pallidum. Offensichtlich kann dieser Organismus,<br />

der für seine Vermehrung auf warmblütige Säuretiere angewiesen ist und nicht in Kultur genommen werden<br />

kann, in seiner heute bekannten Form nicht älter sein als seine Wirtsorganismen. Die Syphilis ist unter<br />

evolutionärem Blickwinkel eine neue Krankheit. Ihren Erreger können wir nicht als ursprünglich oder<br />

'primitiv' ansehen. Selbstverständlich basieren auch die Eigenschaften 'neuer' Bakterien wie der Treponemen<br />

auf 'alten' genomischen Konzepten. Sie finden in jedem Organismus, ganz gleich wie 'modern' er ist, bis<br />

hinauf zu den Primaten sehr 'alte' Gene, die sich molekular, auf der Ebene der DNA−Sequenzen bis zu den<br />

Bacteria und Archaea zurückverfolgen lassen. Genome haben ein zuverlässiges Gedächtnis: Nur selten sind<br />

alte Informationen ganz verloren gegangen. Allerdings müssen Sie besonders bei obligaten Parasiten wie<br />

Treponema pallidum mit beträchtlichen genomischen Deletionen rechnen. In der geschützten Umgebung des<br />

Wirtes werden viele Funktionen der freilebenden Vorfahren nicht gebraucht. Es gibt somit keinen<br />

Selektionsdruck auf ihren Erhalt. Das Genom von Treponema pallidum ist komplett sequenziert worden. Mit<br />

nur 1,138,006 Basenpaaren aus 1041 Genen (open reading frames) ist das Genom sehr klein. Kleine Genome<br />

sind bei obligaten Parasiten ein Zeichen hoher Entwicklungsstufen. 'Klein' ist hier alles andere als<br />

'ursprünglich'.<br />

Unsere Lebensformen sind auf der Erde entstanden<br />

Das Leben auf der Erde ist auf der Erde entstanden. Das ist für einen Theologen auf der Basis der<br />

Schöpfungsgeschichte eine Selbstverständlichkeit. Und für Naturwissenschaftler? Wir dürfen heute aufgrund<br />

unserer Erkenntnisse über die Chemie der Entstehung komplizierter organisch−chemischer Moleküle in der<br />

frühen Geschichte der Erde und dann aufgrund unserer heutigen Kenntnisse über die Evolution der<br />

Lebewesen ebenfalls sicher sein, daß das Leben auf der Erde entstanden ist. Selbstverständlich ist das aber<br />

nicht. Im letzten Jahrhundert propagierte besonders der Chemiker Svante Arrhenius die sogenannte<br />

Panspermie−Hypothese. Danach soll das Leben woanders im Weltall unter dafür besonders geeigneten<br />

Bedingungen entstanden sein, um sich dann durch frei im Weltall durch herumdriftende Lebenskeime<br />

verbreitet zu haben. Besonders wenn Sie bedenken, wie lebensfeindlich die Bedingungen im Weltall sind<br />

(sehr tiefe Temperaturen, hohe Strahlungsintensitäten, etc.), besteht eigentlich kein vernünftiger Grund für<br />

solche komplizierten Annahmen. Wenn man überhaupt Evolution anstelle von Schöpfung − oder als<br />

Ergänzung dazu − akzeptiert, dann muß man den Ursprung des Lebens auf der Erde suchen. Die chemische<br />

Zusammensetzung unseres Planeten, die für die Synthese organischer Verbindungen sehr günstige<br />

Uratmosphäre der Erde sowie ungezählte Laborexperimente zeigen, daß das Leben auf plausiblen, chemisch<br />

und physikalisch nachvollziehbaren Wegen entstanden ist und sich bis zur heutigen Formenvielfalt<br />

weiterentwickelt hat. Daß wir den Ablauf der Evolution im Détail nur recht selten voll und ganz verstehen, ist<br />

angesichts der Komplexität dieser Vorgänge leicht verständlich.<br />

Die Bedingungen auf der frühen Erde: Enstehung<br />

organischer Moleküle<br />

Die Entstehung des Lebens auf der Erde 9


Die Umwelt auf der präbiotischen Erde war von der heutigen Situation drastisch verschieden. Unsere<br />

Atmosphäre wird dominiert von den Gasen Stickstoff und Sauerstoff. Nennenswerte Mengen Sauerstoff gibt<br />

es aber erst seit rund zwei Milliarden Jahren. Nahezu der gesamte Sauerstoff unserer Atmosphäre stammt aus<br />

der Photosynthese, aus der Spaltung von Wasser unter Verwendung von Lichtenergie. Wir verdanken unsere<br />

Atmosphare dem Wirken der frühen grünen Pflanzen. Die Uratmosphäre hingegen kommt uns heute sehr<br />

lebensfeindlich vor. Neben Stickstoff, Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Schwefelwasserstoff dominierten<br />

Methan, Wasserdampf und Ammoniak. Vermutlich kennen Sie die Versuche von Stanley Miller und Harald<br />

Urey aus den frühen Fünfziger Jahren, die in einer simulierten Uratmosphäre unter dem Einfluß von<br />

Blitzentladungen in erstaunlich kurzer Zeit eine Vielzahl auch komplizierter organisch chemischer Moleküle<br />

erhalten konnten. Da die präbiotische Evolution sehr viel länger Zeit hatte, läßt sich vermuten, daß im Laufe<br />

der Zeit in den Urmeeren sehr hohe Konzentrationen an den vielfältigsten chemischen Verbindungen<br />

entstanden sein müssen. Dazu − und auch das kann man im Simulationsexperiment zeigen − gehören auch<br />

Makromoleküle, Polymere aus Aminosäuren und auch Nukleinsäurebestandteile. Anders als heute existierten<br />

zunächst keine anderen als rein chemische Prozesse, die diese Verbindungen wieder abgebaut hätten;<br />

Lebewesen, die von organischen Substanzen gelebt hätten, waren noch lange nicht erfunden.<br />

Coazervate<br />

Unter diesen Bedingungen entstehen aus genügend konzentrierten Lösungen von Makromolekülen von selbst<br />

Tropfen und Kügelchen, die zwar noch leblos sind, aber doch in vielfacher Hinsicht schon an Zellen erinnern.<br />

Sie können solche Vesikel im Experiment sehr leicht erhalten, wenn Sie Moleküle wie die Lipide unserer<br />

heutigen Biomembranen in Kontakt mit Wasser bringen.<br />

• Ausrichtung an der Phasengrenze Wasser/Luft<br />

• Bildung von Mizellen und Liposomen<br />

• Entstehung der Doppelmembran<br />

• Stabilisierung durch Auflagerung von Proteinen<br />

Coazervate ("Zusammengehäuftes") nennt man solche Tröpfchen aus mehreren Polymeren. Die Größe solcher<br />

im Labor simulierten mutmaßlichen Vorformen des Lebens liegt zwischen 5 und 100 µm. Das ist tatsächlich<br />

so etwa in der Größe unserer heutigen Zellen. Besonders von Oparin, einem bedeutenden russischen<br />

Biochemiker dieses Jahrhunderts, wurden solche Coazervate als Vorformen lebender Zellen propagiert.<br />

Schließt man im Experiment bestimmte Enzyme in das Innere solcher Coazervate ein, so kann man<br />

beobachten, daß diese Tröpfchen so etwas wie einen Stoffwechsel entwickeln. Substanzen können ins Innere<br />

augenommen, dort durch die Enzyme umgewandelt und schließlich wieder nach außen abgegeben werden. Sie<br />

sehen, daß einige Kriterien, die sehr lebensnah wirken, durchaus im einfachen Experiment simulierbar sind.<br />

Die Entstehung von Zellen<br />

<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Richtiges Leben sind die Coazervate noch nicht. Auch ist der Weg vom Coazervat zur lebenden Zelle noch<br />

sehr weit; so weit jedenfalls, daß wir ihn in experimentell zugänglichen Zeiträumen nicht überwinden können.<br />

Die Evolution hat sehr lange Zeit gehabt. Leider haben wir auch nur sehr ungenaue Vorstellungen darüber,<br />

wie es zur Entstehung der ersten sich selbst vermehrenden Zellen gekommen ist. Fossilien aus dieser Zeit der<br />

Erdgeschichte gibt es natürlich nicht. Die ältesten bekannten Fossilien sind dann schon richtige Einzeller aus<br />

über zwei Milliarden Jahre alten Sedimentgesteinen. Eins ist aber klar: Sobald eine sich selbst vermehrende<br />

und sich immmer wieder reorganisierende Zelle erst einmal entwickelt hatte, hatte sie anfangs enorme<br />

Chancen, sich zu großen Stückzahlen zu vermehren. Mangel an organischen Verbindungen, die wir jetzt auch<br />

erstmalig als "Nahrung" ansprechen können, gab es zunächst nicht; die Ursuppe war recht dick. Freßfeinde<br />

gab es zunächst auch nicht. Zunächst: Denn als Folge der Vermehrung der ersten Zellen wurde die Ursuppe<br />

immer dünner, so daß es erstmals in der Geschichte des Lebens zu dem kam, was wir heute Selektionsdruck<br />

nennen. Unter dem Druck der knapper werdenden organisch−chemischen Ressourcen hatten manche Zellen<br />

einen Vorteil gegenüber anderen. Vorteilhaft war es sicherlich, mit wenig Material auszukommen; das konnte<br />

man aber nur, wenn man lernte, möglichst wenig nach außen zu verlieren und von außen Angebotenes<br />

Coazervate 10


<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

möglichst effizient aufzunehmen. Es kam zur Evolution gezielter Transportmechanismen. Vorteihaft war es<br />

auch, wenn man sich zusätzliche Nahrungsquellen erschließen konnte. Es kam zur Evolution von<br />

Freßmechanismen. Noch vorteilhafter war es, wenn man sich von vorgeformter, organischer Nahrung<br />

weitgehend unabhängig machen konnte. Ausgehend von der zunächst vollständig heterotrophen<br />

Lebensweise kam es zur autotrophen Daseinsform. Kohlenstoff konnte in Form der einfachen, gasförmigen<br />

Kohlenstoffverbindung CO2 aufgenommen und in zelleigenes Material umgewandelt werden. Die ersten<br />

einfachen und für lange Zeit einzelligen Pflanzen wurden erfunden.<br />

Bisher haben wir stillschweigend vorausgesetzt zu wissen, was Leben ist. Wir sollten vielleicht nicht<br />

unbedingt eine strikte Definition suchen, sollten uns aber wenigstens über die Kriterien des Lebens einig sein.<br />

Die Pyrit−Theorie als Alternative zur Ursuppen−Vorstellung<br />

Seit etlichen Jahren wird als Alternative oder Ergänzung zur 'Ursuppentheorie' eine andere Theorie zur<br />

Entstehung des Lebens auf der Erde diskutiert. Sie stammt von dem Münchner Chemiker und Patentanwalt<br />

Günter Wächtershäuser. Während nach der Ursuppentheorie die ersten Lebensformen heterotroph waren,<br />

schlägt Wächtershäuser ein Modell vor, das primär autotrophes Leben entstehen läßt. Natürlich können die<br />

ersten Lebewesen keine Photosynthese in Art der grünen Pflanzen oder auch nur der etwas einfacher<br />

aufgebauten photosynthetisch aktiven Cyanobakterien durchgeführt haben. Dazu sind schon in einer<br />

Minimalausstattung sehr komplizierte Strukturen erforderlich. Somit scheidet Licht als Energiequelle aus. Es<br />

gibt aber Alternativen. Sie werden noch lernen, daß es auch heute noch Bakterien auf der Erde gibt, die sich<br />

energieliefernde anorganisch−chemische Prozesse zunutze machen und auf dieser Basis autotroph sind. Wir<br />

nennen solche Organismen chemolithoautotroph. Manche Bakterien − und die sind nicht einmal selten −<br />

können sich sogar extrem exotherme Reaktionen wie die Knallgasreaktion zunutze machen. Natürlich ist auch<br />

das keine Alternative für die einfache Form der Autotrophie wie wir sie aus der Frühzeit der Geschichte des<br />

Lebens erwarten können. Es erfordert lange, sorgfältig kontrollierte Reaktionskaskaden, um diese Reaktion in<br />

kleine, nutzbare Teilreaktionen aufzulösen.<br />

Wächtershäuser suchte also nach einer viel sanfteren Reaktion, deren Energie in biochemische Prozesse<br />

einfließen kann. Sein Vorschlag war die Bildung von Pyrit aus Eisen(II)sulfid und Schwefelwasserstoff:<br />

FeS + H2S −−−−−> FeS2 + 2 H + + 2 e −<br />

Mit Hilfe der durch die Reaktion bereitgestellten Elektronen und der freiwerdenden Energie könnte<br />

Kohlendioxid reduziert und zu Makromolekülen umgewandelt werden. Tatsächlich findet man in extremen<br />

Biotopen, die von Archaebakterien besiedelt sind, oft auch Pyrit. Solche Organismen sind bei über 100°C in<br />

heißen Quellen unter Druck lebensfähig. Das sind genau die Bedingungen, unter denen das Leben auf der<br />

Basis der Pyritbildung entstanden sein soll. Im Experiment konnte man zeigen, daß auch einige heute lebende<br />

Archaebakterien Eisensulfid mit Hilfe von Schwefelwasserstoff in Pyrit umwandeln können. Der postulierte<br />

frühe Lebensprozeß im einzelnen:<br />

Die Ausgangsstoffe des frühen Stoffwechsels − Wasser, Kohlendioxid, Stickstoff, Ammoniak − werden von<br />

heißen, vulkanischen Quellen zur Verfügung gestellt (1). Aus Schwefel und Schwefelwasserstoff entsteht<br />

Pyrit, der eine positiv geladene Oberfläche hat. Die freigesetzte Energie dient zur Reduktion von CO2 und zur<br />

Synthese hochmolekularer Verbindungen. Negativ geladene organische Verbindungen bleiben an die<br />

Pyritoberfläche gebunden (2). Katalytisch aktive Verbindungen sorgen für einen Stoffwechsel zwischen<br />

Kristalloberfläche und Umgebung (doch Ursuppe?). Fett−ähnliche Reaktionsprodukte lösen sich von der<br />

Oberfläche ab und umgeben den Pyritkristall (3). Weiteres Wachstum war nur möglich, indem sich der<br />

Pyritkristall vergrößertre. Es entstand der Himbeer−Pyrit, den es am Boden der Meere auch tatsächlich gibt<br />

(4). Mit dem Abheben der Membran entwickelt sich ein Reaktionsraum, der auch unabhängig von der<br />

Katalyse an der Pyrit−Oberfläche einen Stoffwechsel entwickeln kann. Die folgenden, komplizierten Schritte<br />

bis zur Bildung richtiger Zellen lassen sich wie auch bei der Ursuppentheorie dann nicht mehr so einfach<br />

Die Pyrit−Theorie als Alternative zur Ursuppen−Vorstellung 11


<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

nachvollziehen. Es ist nicht möglich zu entscheiden, welche Theorie wahr und welche falsch ist.<br />

Experimentell besser untermauert ist sicherlich die Ursuppentheorie. Es spricht aber nichts dagegen, daß die<br />

Moleküle der frühen Ursuppe sich dann unter Zuhilfenahme der Pyritreaktion erheblich schneller zu<br />

komplexeren Strukturen anordnen konnten. Das bestechende an der Pyrittheorie ist sicherlich, daß die<br />

Pyritbildung auch gleich der Energielieferant für diverse Synthesen von Makromolekülen ist. Die Evolution<br />

könnte somit erheblich schneller abgelaufen sein. Darin liegt auch ein Vorteil gegenüber der Synthese von<br />

Makromolekülen an Ton−Oberflächen wie sie oft im Zusammenhang mit der Ursuppentheorie diskutiert wird.<br />

Was ist Leben? − Keine Definition, eher eine Sammlung von<br />

Kriterien<br />

• Ausbildung von Individuen mit definierter Gestalt<br />

• Stoffwechsel (als balanciertes Wechselspiel von Anabolismus und Katabolismus) hält ein<br />

Fließgleichgewicht aufrecht, das mit dem Gleichgewichtszustand im chemischen Sinne nichts gemein<br />

hat<br />

• Produktivität: Wachstum und Vermehrung<br />

• Reizbarkeit: Reaktion auf Änderungen der Umgebung, die nicht allein durch die unmittelbar<br />

zugeführte Energie zu erklären ist, sondern auf Energiereserven des Organismus zurückgreift<br />

• Mutabilität als treibendes Moment der Evolution<br />

Was ist Leben? − Keine Definition, eher eine Sammlung von Kriterien 12


Die prokaryontische Zelle: Struktur, Organisation,<br />

Funktion<br />

Bakterien haben eine zelluläre Organisation, die sich aber wesentlich von den Zellen der Pflanzen oder Tiere<br />

unterscheidet. Im Gegensatz zu diesen Lebewesen, die wir Eukaryonten nennen, weil sie einen Zellkern<br />

haben, sind die Bakterien Prokaryonten, haben also keinen Zellkern. Insgesamt erscheint uns die Organisation<br />

der Prokaryonten einfacher. Es ist wahrscheinlich, daß sich die heutigen Eukaryonten aus den Prokaryonten<br />

entwickelt haben. Die Wege der Evolution sind trotz enormer Anstrengungen nicht leicht nachzuvollziehen.<br />

Mit Blick auf rund 4 Milliarden Jahre Entwicklungsgeschichte des Lebendigen kann die retrospektive Analyse<br />

nicht leicht sein. Schließlich können wir nur aus den Genomen der rezenten Lebewesen Rückschlüsse auf<br />

diese enorme Zeitspanne ziehen. Außerdem verlief die Evolution zu keinem Zeitpunkt linear. Belegt durch<br />

viele Beobachtungen wissen wir, daß Gene nicht nur vertikal, von Müttern auf Töchter, sondern auch<br />

horizontal, durch Austausch von Genen zwischen Angehörigen verschiedener Arten weitergegeben wurden<br />

und auch heute noch weitergegeben werden. Wir werden somit von den klassischen Stamm−Bäumen mit<br />

ihren lineraren Strukturen zu Stamm−Netzwerken gelangen müssen, wenn wir Evolution verstehen wollen.<br />

Makromoleküle der Zelle<br />

DNA als permanenter Informationsspeicher<br />

Den grundlegenden Aufbau der DNA mit den Nukleotiden als Monomeren Grundbausteinen kennen Sie<br />

vermutlich. 1953 stellten James Watson und Francis Crick ihr Modell der DNA−Doppelhelix vor. Damit<br />

schien das Problem der DNA−Struktur zunächst einmal gelöst. Die beiden Polynukleotidstränge im<br />

Doppelstrangmodell von Watson und Crick liegen antiparallel und sind in Form einer rechtshändigen<br />

Schraube umeinander gewunden. Die beiden Stränge werden durch Wasserstoffbrückenbindungen zwischen<br />

den Basen zusammengehalten. Zwischen den Basen Guanin und Cytosin werden drei, zwischen Adenin und<br />

Thymin zwei Wasserstoffbrücken ausgebildet. Zusätzlich zu diesen Wasserstoffbrücken basiert die Stabilität<br />

der DNA auf der Interaktion von π−Elektronen in der Längsrichtung der Doppelhelix zwischen den parallel<br />

übereinander gestapelten Basenpaaren. Wir nennen diese Kräfte stacking interactions oder Stapel−Energie.<br />

Die Oberfläche der DNA weist zwei schraubige Furchen oder Rillen auf, eine große und eine kleine. Die<br />

englischen Ausdrücke dafür sind major groove und minor groove.<br />

Die DNA wurde lange Zeit als starre, unveränderliche Struktur betrachtet. Wir wissen heute, daß dies nicht<br />

stimmt. Das DNA−Molekül ändert seine Konformation dynamisch. Die DNA ist in der Zelle nahezu immer<br />

zu einer Supra−Struktur überdreht, die wir Superhelix, Supercoil oder Supertwist nennen.<br />

Die Informationen zur Ausprägung der Zellform und auch die Informationen für die Stoffwechselleistungen<br />

der Zelle sind als Gene in dem Makromolekül Desoxyribonukleinsäure (DNA) niedergelegt. DNA−Moleküle<br />

sind sehr lang, auch in der Bakterienzelle. Ein beträchtlicher Anteil des Cytoplasmas einer Bakterienzelle wird<br />

von seiner DNA ausgefüllt. Mit Hilfe der Feulgen−Färbung kann man diesen Bereich auch mikroskopisch<br />

sichtbar machen. Mikroskopiker nennen diesen Teil des Cytoplasmas die Kernregion; eine begrenzende<br />

Membran dieser Region gibt es nicht. Dies ist der deutlichste und somit namengebende Unterschied zwischen<br />

Pro− und Eukaryonten.<br />

Bakterien enthalten − mit Ausnahmen − ihre gesamte genetische Information auf einem einzigen, riesigen<br />

DNA−Molekül. Bei fast allen in dieser Hinsicht untersuchten Zellen ist die DNA ringförmig. Um Ihnen eine<br />

Vorstellung von der Größe zu geben: Die DNA eines typischen Bakteriums hat eine Länge von etwa einem<br />

Millimeter; das ist rund das Tausendfache des Durchmessers der Bakterienzelle! Im Sprachgebrauch des<br />

Labors nennt man diese DNA das Bakterienchromosom. Begrifflich korrekt ist das nicht, da die typische<br />

Wickelstruktur von echten Chromosomen der Eukaryonten fehlt. Exakter sind die cytologischen Begriffe<br />

Kernäquivalent oder Nukleoid oder der genetische, auf die Funktion als Träger der Erbinformationen<br />

Die prokaryontische Zelle: Struktur, Organisation, Funktion 13


zielende Begriff Genophor. Allein aufgrund des Größenunterschieds von einem Faktor 10 3 zwischen dem<br />

Durchmesser einer Bakterienzelle und der Länge seiner DNA sehen Sie, daß die Nukleoide auch der<br />

Prokaryonten stark kondensierte, hochgradig strukturierte und organisierte Gebilde sein müssen. Das<br />

Nukleoid besteht aus rund fünfzig hochgradig überdrehten Schleifen von DNA. Diese Überdrehung der DNA<br />

führt zu ihrem aus räumlichen Gründen erforderlichen kondensierten Zustand. Den Begriff Supercoil für<br />

diese Konformation haben Sie bereits kennengelernt. An der Organisation dieser Suprastruktur der DNA sind<br />

außer der DNA selbst auch RNA und als Katalysator während der Bildung dieser Strukturen auch Proteine<br />

beteiligt. Für viele Prozesse während des Wachstums einer Bakterienzelle muß der hoch−kondensierte<br />

Zustand auch wieder aufgelockert werden. Im Experiment läßt sich die partielle Dekondensation durch<br />

Einführung von Einzelstrangbrüchen in die überspannte DNA−Doppelhelix simulieren. Eine weiteres<br />

topologisches Ordnungsprinzip ergibt sich dadurch, daß die DNA an die Cytoplasmamembran der Zelle<br />

gebunden ist. An diesen Membran−Anheftungsstellen findet die Verdopplung des Genophors statt. Dieser<br />

Prozeß heißt Replikation.<br />

Bakterien können Plasmide enthalten<br />

Zusätzlich zum Genophor kann die prokaryontische Zelle zusätzliches Erbmaterial in Form kleinerer<br />

ringförmiger DNA−Moleküle enthalten. Diese fakultativen Träger von Genen nennen wir Plasmide. Für das<br />

bloße Überleben der Zellen sind diese Plasmide in der Regel nicht notwendig; daher rührt ihr prinzipiell<br />

fakultativer Charakter. Trotzdem tragen Plasmide oft sehr nützliche genetische Informationen, die unter<br />

bestimmten Umweltbedingungen den Zellen enorme Selektionsvorteile vermitteln. So gibt es Plasmide, auf<br />

denen Informationen für die Resistenz gegenüber Antibiotika niedergelegt sind. Es gibt andere Plasmide, mit<br />

deren Hilfe giftige Substanzklassen, z.B. Phenole abgebaut und damit entgiftet werden können, oder auch<br />

Plasmide, die Virulenzfaktoren tragen. Virulenzfaktoren sind Eigenschaften, die eine Bakterie zum<br />

Krankheitserreger machen. Unter den passenden Lebensbedingungen sind das alles durchaus wünschenswerte<br />

genetische Eigenschaften.<br />

Proteine<br />

<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Die DNA stellt den universellen Träger der Erbinformationen dar, ist aber nicht in der Lage, diese<br />

Informationen auch zu verwirklichen. Als Analogie zur DNA aus der Computerwelt können Sie sich die<br />

Informationen auf der Festplatte des Computers vorstellen. Ohne ein Ausgabemedium (Bildschirm, Drucker,<br />

Laufwerk, Netzanschluß) sind die Informationen zwar vorhanden aber nicht zugänglich. Außerdem brauchen<br />

Sie zumindest ein basales Betriebssystem für die input/output−Funktionen. Auch dafür finden Sie in der<br />

molekularen Biologie der Zelle ein Pendant.<br />

Für die Verwirklichung genetischer Infomation sind die Proteine zuständig. Proteine sind Makromoleküle, die<br />

sich aus zwanzig chemisch zwar verwandten, aber in ihren Eigenschaften durchaus verschiedenen<br />

Monomeren aufbauen, den Aminosäuren. Warum braucht die Natur so viele Aminosäuren? Ganz allgemein<br />

gilt, daß jede Klasse von Makromolekülen die geringstmögliche Anzahl von Bausteinen enthält. Viele<br />

Polysaccharide wie die Cellulose oder die Stärke enthalten nur einen einzigen Grundbaustein, die Glucose.<br />

Damit werden sie ihren Anforderungen als Zellwandsubstanz bzw. Speicherstoff vollauf gerecht. Im Laufe<br />

der Evolution bestand keine Notwendigkeit, die Struktur dieser Verbindungen zu komplizieren. Wir kennen<br />

auch Proteine, deren Aufgabe einfach ist. Solche Proteine, die ausschließlich als Strukturelemente dienen,<br />

sind in ihrem Aufbau oft ebenfalls einfach und schöpfen das Reservoir der zwanzig Aminosäuren bei weitem<br />

nicht aus. Ein Beispiel ist das Kollagen unserer Haut oder unserer Sehnen. Die streng repetitive<br />

Aminosäuresequenz des Kollagens heißt −(Gly−X−Y)n. Dabei ist Y fast immer Prolin oder ein nah<br />

verwandtes Derivat davon. Mit so wenig Grundbausteinen lassen sich ganz offensichtlich keine komplexen<br />

Strukturen ausbilden. Komplexe Strukturen sind aber die wesentliche Voraussetzung für die hohe Spezifität<br />

der chemischen Umsetzungen im lebenden Organismus. Jedes Protein ist durch die Sequenz seiner<br />

Aminosäuren eindeutig charakterisiert. Man schätzt, daß eine Bakterienzelle etwa 2000−3000 verschiedene<br />

Proteine und die Zelle eines Eukaryonten etwa 5000 verschiedene Proteine benötigt, um ihre vielfältigen<br />

Aufgaben wahrnehmen zu können.<br />

Bakterien können Plasmide enthalten 14


<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

DNA gibt Informationen in Paketen an RNA ab<br />

Die Sequenzen der Aminosäuren in den Proteinen ergeben sich anhand von Anweisungen, die in der<br />

Reihenfolge der Nukleotide in der DNA enthalten sind. Um die Information der DNA nutzbar zu machen,<br />

wird sie zunächst in die mRNA (messenger RNA) überschrieben. Dieser Prozeß heißt Transcription. Die<br />

Transcriptionsmaschinerie der Zelle weiß aufgrund bestimmter Signale, welcher Strang der<br />

DNA−Doppelhelix der sinnvolle ist; sie weiß auch, wo die korrekten Start− und Stop−Stellen der<br />

Transcription sind. Die mRNA wird komplementär zur DNA synthetisiert. Die Prinzipien der Basenpaarung<br />

sind dieselben wie beim Watson−Crick−Modell der DNA: Guanin paart mit Cytosin und Adenin paart mit<br />

Uracil. Uracil ist so etwas wie eine Ausnahme und vertritt in der RNA die Rolle von Thymin. Chemisch sind<br />

beide Nucleobasen zwar verschieden, die von den Wasserstoffbrücken abhängigen Basenpaarungen sind aber<br />

die gleichen.<br />

Der zweite Unterschied zwischen DNA und RNA liegt im Zuckeranteil des Nukleotids. Während DNA immer<br />

Desoxyribose enthält, gibt es in der RNA immer Ribose. Der Unterschied − eine einzige Hydroxylgruppe −<br />

kommt uns sehr gering vor, ist aber für die Biologie sehr entscheidend. Ribose−5−Phosphat bildet sehr gerne<br />

ein zyklisches Phosphat zwischen der 3− und der 2− Position. Passiert das innerhalb eines<br />

RNA−Makromoleküls, so ist die Folge ein Bruch der Nukleotidkette. Die RNA degradiert. Tatsächlich gibt es<br />

viele Enzyme, die diesen chemisch und energetisch ohnehin einfachen Schritt katalysieren. Da diese Enzyme<br />

RNA abbauen, werden sie Ribonukleasen genannt.<br />

Für die Zelle ist diese chemische und enzymatische Labilität der RNA vorteilhaft. Schließlich wird die<br />

Information vieler Gene nur zu bestimmten Zeiten des Zellteilungszyklus oder unter ganz bestimmten<br />

Umweltbedingungen gebraucht. Zu anderen Zeiten oder unter anderen Bedingungen werden solche Gene<br />

nicht in RNA überschrieben, und die schon transcribierte mRNA soll rasch wieder verschwinden, um nicht<br />

völlig unnötige Proteine zu synthetisieren. Bei der DNA ist das anders: Der Träger aller Erbinformationen und<br />

auch aller Informationen für die Synthese von Proteinen muß chemisch weitgehend stabil sein. Da die<br />

Hydroxylgruppe in der 2'−Position des Zuckers fehlt, können die erwähnten cyclischen Phosphatester nicht<br />

gebildet werden. Der Abbau von DNA ist chemisch schwieriger als der von RNA. Es ist kein reiner Zufall,<br />

daß seit Beginn der Evolution für den Informationsspeicher die stabile DNA, für den Informationsüberträger<br />

aber die labilere RNA verwendet wurde.<br />

Proteinbiosynthese findet an Ribosomen statt<br />

Die Informationen der mRNA werden in Proteine übersetzt. Dieser Schritt des Informationsflusses heißt<br />

Translation. Dieser Prozeß läuft an kleinen Partikeln des Cytoplasmas ab, den Ribosomen. Die bakteriellen<br />

Ribosomen bestehen zu 40% aus Proteinen und zu 60% aus RNA. Aus aufgebrochenen Zellen können sie mit<br />

Hilfe der differentiellen Zentrifugation recht leicht rein dargestellt werden, so daß sie der biochemischen<br />

Analyse gut zugänglich sind.<br />

Man hat die physikochemischen Eigenschaften der Ribosomen zunächst in der Ultrazentrifuge studiert. Die<br />

Sedimentation von Makromolekülen und kleinen Partikeln im extremen Schwerefeld der Ultrazentrifuge von<br />

mehreren 10 5 g hängt sowohl von ihrer Dichte, als auch von ihrer Form und Größe ab. Die Rate, mit der die<br />

Partikel sedimentieren wird in den so genannten Svedberg−Einheiten gemessen. Bakterielle Ribosomen<br />

sedimentieren mit einer Svedberg−Konstante von 70S. Diese 70S−Partikel sind bei einer Konzentration von<br />

etwa 5mM Mg 2+ stabil, dissoziieren aber bei bei geringeren Magnesiumionen−Konzentrationen in die 30S−<br />

und die 50S−Untereinheit. Die S−Werte sind nicht additiv!<br />

Die 30S−Untereinheit besteht aus einem RNA−Molekül mit einer Sedimentationskonstanten von 16S und 21<br />

verschiedenen Polypeptiden. Die ribosomale 50S−Untereinheit enthält zwei verschiedene RNA−Moleküle<br />

von 23S und 5S, sowie 31 Proteine. Wenn alle diese Komponenten unter den richtigen Salzbedingungen in<br />

der richtigen Reihenfolge miteinander gemischt werden, entstehen wieder funktionsfähige ribosomale<br />

Untereinheiten. Unter den Bedingungen des bakteriellen Cytoplasmas binden die beiden Untereinheiten<br />

nacheinander an die Startstellen der Translation auf der mRNA (ribosomale Bindungsstelle oder<br />

DNA gibt Informationen in Paketen an RNA ab 15


Shine/Dalgarno−Box). Das gebundene Ribosom beginnt dann damit, die Information der mRNA in die<br />

Aminosäuresequenz der Proteine zu übersetzen. Die Information der mRNA wird in Gruppen von jeweils drei<br />

Nukleotiden abgelesen die wir Codons nennen. Somit bewegen sich Ribosomen im Dreierschritt über die<br />

mRNA. Sobald die Startstelle für die Proteinsynthese wieder frei ist, bindet ein zweites Ribosom. Es entsteht<br />

somit eine Kette von Ribosomen auf der mRNA, die in kurzem Abstand hintereinander herlaufen. Diese<br />

Struktur nennen wir Polysom oder auch Polyribosom.<br />

In Prokaryonten sind Transkription und Translation räumlich und zeitlich eng gekoppelt, da die DNA nicht<br />

durch Membranen vom Cytoplasma getrennt ist. Da das 5'−Ende der mRNA zuerst transcribiert wird, und die<br />

Translation der mRNA am 5'−Ende beginnt, fangen die Ribosomen bereits mit ihrer Arbeit an, bevor das<br />

mRNA−Molekül fertig ist.<br />

Membranen<br />

<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Jede Zelle wird von einer Cytoplasmamembran umgeben, die das Innere der Zelle von der Umgebung<br />

abschirmt und verhindert, daß die Zelle wichtige Substanzen verliert. Die Zellmembran ist semipermeabel,<br />

d.h., sie stellt eine selektive Barriere dar. Gewünschte Nährstoffe, aber durchaus nicht beliebige Substanzen<br />

können aufgenommen werden. Unerwünschte Endprodukte des Stoffwechsels werden abgegeben; benötigte<br />

Substanzen werden aber sehr effizient in der Zelle gehalten und entkommen nicht nach außen. Was sich<br />

innerhalb der Cytoplasma−Membran befindet, nennen wir Cytoplasma. Im Cytoplasma laufen die<br />

chemischen Prozesse des Stoffwechsels, die Synthese der DNA und die Synthese der vielen verschiedenen<br />

Proteine ab. Einige Prokaryonten besitzen innerhalb des Cytoplasmas noch zusätzliche Membranen, an denen<br />

spezifische Aufgaben des Stoffwechsels ablaufen. Von Membranen vollständig abgegrenzte Reaktionsräume<br />

innerhalb der Zellen, wie sie in Eukaryonten vorkommen, gibt es aber in Prokaryonten nicht. Wir sagen: Die<br />

Kompartimentierung, die Unterteilung des Cytoplasmas in abgegrenzte, definierte Reaktionsräume, ist in<br />

Prokaryonten strukturell einfacher als in Eukaryonten.<br />

Der prinzipielle Aufbau der Membran ist derselbe wie in Eukaryonten. Im Elektronenmikroskop hat so eine<br />

Membran eine Dicke von 7−8 nm und ist deutlich dreischichtig. Die chemische Analyse zeigt, daß die<br />

Cytoplasmamembran zu rund 30% aus Lipiden besteht und zu etwa 70% aus Proteinen. In dem<br />

Standardbakterium der Bakteriengenetiker und Molekularbiologen, dem Darmbakterium Escherichia coli sind<br />

alle Lipide der Cytoplasmamembran Phospholipide. Die hydrophoben Fettsäure−Enden der Phospholipide<br />

weisen nach innen und werden durch hydrophobe Wechselwirkungen zusammengehalten. Die hydrophilen,<br />

weil elektrisch geladenen Phosphatgruppen orientieren sich nach außen und interagieren mit einer Vielzahl<br />

von aufgelagerten Proteinen. Während in unserem Schema Innenseite und Außenseite der Membran zunächst<br />

gleich sind, ist dies in der Natur anders: Membranen sind asymmetrisch! Es leuchtet unmittelbar ein, daß<br />

Außen− und Innenseite der Cytoplasmamembran verschiedene Aufgaben wahrnehmen müssen.<br />

Nährstoffmoleküle müssen durch die Membran immer von außen nach innen transportiert werden, niemals<br />

umgekehrt. Bestandteile der bakteriellen Zellwand, die ja außerhalb der Membran liegt, müssen hingegen<br />

immer von innen nach außen transportiert werden. Die Umkehrung dieses Prozesses wäre sinnlos. Diese<br />

strenge Gerichtetheit der Membran wird von ein− und aufgelagerten, sehr spezifischen Proteinmolekülen<br />

vermittelt. Sie dürfen sich die Cytoplasmamembran nicht als starres Gebilde vorstellen. Zwar sind Außen−<br />

und Innenseite im Normalfall eindeutig definiert, innerhalb der Membran sind die Moleküle aber in ständiger<br />

Bewegung. Wir dürfen uns die in die Lipidschicht eingelagerten Proteinkomplexe vielleicht wie<br />

schwimmende Inseln auf einem See vorstellen.<br />

In etlichen Bakterien, aber bei weitem nicht in allen, findet man Einstülpungen der Cytoplasmamembran, die<br />

weit in das Innere der Zelle hineinragen. Diese Strukturen haben den Namen Mesosom erhalten. Wir wissen<br />

nicht genau, wozu das Mesosom dient. Es gibt ernsthafte Hinweise darauf, daß die DNA der Bakterien in<br />

diesem Bereich an die Membran anheftet ist. Es erscheint also möglich, daß das Mesosom bei der Teilung der<br />

bakteriellen Zelle in die Verteilung der beiden DNAs auf Mutter− bzw. Tochterzelle eingebunden ist.<br />

Vorsicht: Es ist auch möglich, daß diese membranösen Strukturen Präparationsartefakte der Aufbereitung für<br />

die Elektronenmikroskopie sind!<br />

Membranen 16


Keine Artefakte sind die Membranstapel der photosynthetisch aktiven Cyanobakterien. Sie beherbergen den<br />

Photosyntheseapparat der Zellen mit dem Bakteriochlorophyll und den akzessorischen Licht−sammelnden<br />

Pigmenten.<br />

Auch Bakterien, die ihre Energie aus der Oxidation von Nitrit, Ammonium oder Methan gewinnen, haben<br />

ausgedehnte interne Membransysteme. Über diesen Membranen bildet sich der Protonengradient aus, der für<br />

die Synthese von ATP gebraucht wird.<br />

Einschlußkörper, inclusion bodies, Speicherstoffe<br />

Die Speicherstoffe des bakteriellen Stoffwechsels sind oft in Form kleiner, granulärer Einschlußkörper in das<br />

Cytoplasma eingebettet. Es gibt sehr viele verschiedene solcher Granula. Viele dienen als echte Energiedepots<br />

für Kohlehydrate oder Fette, die bei Bedarf wieder mobilisiert und verwertet werden können. Andere<br />

speichern bestimmte Proteine, und bei manchen wasserbewohnenden Bakterien findet man auch Einschlüsse<br />

von Gas in Form der sogenannten Gasvakuolen. Mit ihrer Hilfe können Wasser−bewohnende Bakterien ihre<br />

Dichte der des umgebenden Wassers anpassen, so daß sie in der Schwebe bleiben und nicht absinken. Diese<br />

bakteriellen Einschlußkörper sind nie von einer Membran umgeben, können aber eine Hülle von Proteinen<br />

haben, die dann funktionell durchaus eine Membranfunktion wahrnehmen kann.<br />

Eine häufig eingelagerte Substanz ist die Poly−ß−hydroxybuttersäure (PHB). Unter geeigneten<br />

Wachstumsbedingungen können bis zu 90% der Trockenmasse bestimmter Bakterien aus dieser Subastanz<br />

bestehen. Es gibt auch Verfahren für die Gewinnung von Poly−ß−hydroxybuttersäure in großen Mengen<br />

und in reiner Form aus Bakterienkulturen, die dann in großem Stil in riesigern Fermentern gezüchtet werden.<br />

Als Bakterium kann dafür Alcaligenes eutrophus verwendet werden, das auf Essigsäure als Kohlenstoffquelle<br />

angezogen wird. Der Polyester Poly−ß−hydroxybuttersäure ist bei vernünftigen Temperaturen plastisch<br />

verformbar, hat gute Kunststoff−Eigenschaften und ist sehr gut biologisch abbaubar. Leider ist die<br />

Herstellung trotz der guten Ausbeuten der Bakterienkultur noch immer nicht sonderlich billig, so daß dieser<br />

Prozeß zwar vielleicht Zukunft, aber noch kaum eine Gegenwart hat.<br />

Viele Bakterien, unter anderem auch das bereits erwähnte Darmbakterium Escherichia coli, lagern als<br />

Energiespeicher Glykogen ein. Glykogen ist ein hochgradig verzweigtes Polymer der Glucose, das auch in der<br />

menschlichen Muskulatur und in der Leber als Energiespeicher verwendet wird. Im Détail müssen sich Säuger<br />

und Mikroorganismen also nicht unbedingt so sehr unterscheiden!<br />

Die bakterielle Zellwand<br />

<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Die Zellwände der Bakterien sind chemisch ziemlich komplex. Die Hauptaufgabe der Wand besteht sicherlich<br />

darin, die Zelle daran zu hindern, unter dem enormen osmotischen Innendruck zu explodieren. Es gibt drei<br />

verschiedene Typen bakterieller Zellwände, die sich erheblich voneinander unterscheiden. Die Zellwand der<br />

gram−positiven Bakterien, die der gram−negativen Bakterien und die Zellwand der Archaebakterien. Das<br />

sind zunächst einmal nur Fremdwörter, die wir so nach und nach mit Inhalt füllen wollen.<br />

Die Färbung von Bakterien nach Gram (1884) teilt die Bakterien in zwei große Gruppen ein, solche, die sich<br />

mit Kristallviolett dauerhaft färben lassen (gram−positiv) und solche, die sich eben nicht dauerhaft abfärben<br />

lassen (gram−negativ). Diese Färbungseigenschaften lassen sich auf die Struktur der Zellwand zurückführen,<br />

so daß aufgrund der Gramfärbung Aussagen über den Zellwandaufbau gemacht werden können.<br />

Gram−positive Bakterien haben eine dicke, weitgehend homogene Zellwand, die aus einem hochgradig<br />

vernetzten Mischpolymer aus Kohlehydraten und Peptiden besteht. Diese Substanz nennen wir Murein.<br />

N−Acetlylglucosamin und N−Acetylmuraminsäure sind ß−1,4−glycosidisch miteinander verbunden und<br />

bilden lange Polymere. Die unverzweigten Polymere sind quervernetzt über kurze Peptid−Seitenketten.<br />

Typische Aminosäuren dieser Seitenketten sind:<br />

Einschlußkörper, inclusion bodies, Speicherstoffe 17


L−Alanin, D−Alanin, D−Glutaminsäure und eine der beiden basischen Aminosäuren Lysin oder<br />

Diaminopimelinsäure. Die zweite Aminogruppe der Diaminopimelinsäure geht mit der Carboxylgruppe des<br />

terminalen D−Alanins einer benachbarten Seitenkette eine Peptidbindung ein und vernetzt somit die<br />

Polysaccharidketten.<br />

In gram−positiven Bakterien, besonders gut untersucht ist Staphylococcus aureus, wird die Quervernetzung<br />

von rund 25 Mureinschichten durch ein zusätzliches Peptid aus fünf Gycin−Resten erreicht, das an die<br />

basische Aminosäure der ersten Kette und an das terminale D−Alanin der zweiten Kette gebunden ist.<br />

Die Mureinschicht liegt unmittelbar der Cytoplasmamembran auf und bildet ein einziges, riesiges<br />

Makromolekül. Man spricht auch von einem Murein−Sacculus, der die Zelle einhüllt. An diese<br />

Peptidoglycan−Schicht sind zusätzlich die sogenannten Teichonsäuren angeheftet, die aus Polyribitol− und<br />

Polyglycerin−Phosphaten bestehen. Diese Verbindungen kommen ausschließlich bei gram−positiven<br />

Bakterien vor. Auf die Außenseite des Mureinsacculus' können bei manchen Bakterien noch spezielle<br />

Proteine aufgelagert sein.<br />

Die Zellwand der gramnegativen Bakterien ist komplizierter: Die Mureinschicht ist hier viel dünner und<br />

schmiegt sich nicht so fest an die Cytoplasmamembran an. Sie schwebt sozusagen über der Membran.<br />

Außerhalb der Wand folgt dann eine zweite Membran, die sogenannte äußere Membran. Den Raum<br />

zwischen innerer und äußerer Membran nennen wir den periplasmatischen Raum. Der periplasmatische<br />

Raum ist ein sehr wichtiges Kompartiment der gram−negativen Zelle. Hier findet sich eine Vielzahl von<br />

Bindeproteinen, die die Aufnahme verschiedenster Stoffe in das Cytoplasma erleichtern. Hier finden sich auch<br />

die Enzyme, die für die Synthese der Peptidoglycan−Schicht zuständig sind und auch Enzyme für die<br />

Entgiftung unerwünschter Substanzen. Die äußere Begrenzung der Gram−negativen ist die erste Barriere für<br />

alle Substanzen, die von außen an die Zelle herankommen. Sie ist zwar durchlässig für kleinere Moleküle,<br />

bildet aber eine Barriere für Makromoleküle. Sie ist etwas anders zusammengesetzt als die<br />

Cytoplasmamembran und enthält neben Proteinen und Lipiden auch Lipoproteine und Lipopolysaccharide.<br />

Die interessantesten Proteine der äußeren Membran sind die Porine, die die Poren zur Aufnahme von<br />

Substanzen in den periplasmatischen Raum bilden. Die Porine bilden ein selektives Sieb, das nur hydrophile<br />

Moleküle mit einer Molmasse von unter 600−900 durchläßt. Alle größeren Moleküle müssen draußen bleiben.<br />

Die Zellwand der Archaebakterien ist ganz anders aufgebaut. Leider bietet der Zellwandaufbau der<br />

Archaebakterien kein einheitliches Bild. Die chemische Zusammensetzung variiert sehr stark; verbreitet sind<br />

Proteine, Polysaccharide und auch Glycoproteine. Der häufigste Zellwandtyp ist die parakristalline S−layer<br />

('Oberflächenschicht') in hexagonaler Symmetrie aus Proteinen und Glycoproteinen.<br />

Peptidoglycan wie bei den Bacteria kommt bei den Archaea nie vor, sondern eine ähnliche Verbindung, die<br />

als Pseudopeptidoglycan bezeichnet wird. Die Monomere dieses Polysaccharids sind N−Acetylglucosamin<br />

und N−Acetylalosaminuronsäure. Außerdem sind beide Baustein ß−1,3−verknüpft.<br />

Kapseln und Schleime<br />

<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Viele Bakterien haben jenseits der Zellwand noch Auflagerungen aus stark gequollenem also wasserhaltigen,<br />

schleimigen Material. Ist diese Schicht nach außen scharf begrenzt, sprechen wir von Kapseln, ansonsten ist<br />

die korrekte Bezeichnung 'Schleimhüllen'. Da die Unterscheidung zwischen Schleim und Kapsel in der<br />

bakteriologischen Praxis nicht einfach ist, wird gelegentlich auch der beides umfassende Begriff Glycocalyx<br />

benutzt. Lebenswichtig sind diese Kapseln und Schleime nicht. Sie sind aber zum Beispiel für pathogene<br />

Bakterien bei Tier und Mensch oft sehr bedeutsam, weil sie den Erregern helfen können, sich vor dem<br />

Abwehrsystem der befallenen Wirte zu verstecken. In diesem Zusammenhang sind die Schleimhüllen<br />

wichtige Pathogenitätsfaktoren. Zum Beispiel verhindern manche Schleimhüllen, daß die Bakterien von<br />

menschlichen Freßzellen (Makrophagen) aufgenommen und damit inaktiviert werden. Auch für die<br />

Anheftung der Bakterien an Unterlagen sind Schleimhüllen von großer Bedeutung. Viele Bakterien, die zum<br />

Krankheitsbild der Karies führen, kleben mit ihren Schleimen am Zahn und verhindern damit, weggespült zu<br />

werden. Die Hüllen sind teilweise erheblich dicker als die Zelle selbst; allerdings hängt ihre Bildung in hohem<br />

Kapseln und Schleime 18


Maße von den Wachstumsbedingungen der Bakterien ab. Man kann die Kapseln im Mikroskop sehr einfach<br />

sichtbar machen, indem man einen Farbstoff zusetzt, der nicht in die Kapsel eindringt. Am einfachsten kann<br />

man dazu schwarze Tusche verwenden. Vor dem Hintergrund der Rußpartikel hebt sich die Zelle mit ihrer<br />

Hülle ab. Diese Färbetechnik heißt Negativ−Kontrastierung.<br />

Die chemische Zusammensetzung der Schleime kann sehr verschieden sein. Am verbreitesten sind Schleime<br />

aus Polysacchariden. Die genaue Zusammensetzung der Polysaccharide kann auch innerhalb der Art stark<br />

variieren. Damit wird nochmals klar, welche Bedeutung die Polysaccharide für Pathogene haben können.<br />

Obwohl im Innern prinzipiell dasselbe Bakterium steckt, kann die Immunabwehr sehr unterschiedlich<br />

reagieren, da die Bakterien von außen anders aussehen.<br />

Besonders bei Arten der Gattung Bacillus gibt es auch Kapseln, die aus Aminosäuren aufgebaut sind. Der<br />

Erreger des Milzbrandes, Bacillus anthracis baut seine Kapsel aus einem Polymer der Glutaminsäure auf.<br />

Geißeln und Beweglichkeit<br />

Bei Bakterien sind zwei Möglichkeiten zur Fortbewegung verwirklicht:<br />

• durch flexible Bewegungen der gesamten Zelle, die zu einem Gleiten führen. Das ist die typische<br />

Fortbewegungsart der Myxobakterien, die auf feuchten Oberflächen leben. Unter geeigneten<br />

Bedingungen können das durchaus auch andere Bakterien − sogar Escherichia coli.<br />

• durch das Schlagen von Geißeln. Diese Fortbewegungsart funktioniert natürlich nur in flüssigem<br />

Medium.<br />

Bakterielle Flagellen oder Geißeln sind entweder an einem Ende der Zelle inseriert (monotrich) oder an<br />

beiden Enden (amphitrich) oder aber sind um die gesamte Zelle herum verteilt (peritrich). Es gibt dann noch<br />

die polare Begeißelung in Schopf−artiger Form (lophotrich). Flagellen sind mit 20 nm so dünn, daß man sie<br />

im Lichtmikroskop nicht sehen kann. Sie sehen aber die Auswirkungen des Geißelschlags: Bakterien können<br />

im Lebendpräparat enorm schnell sein.<br />

Die Geißeln der Gram−negativen Bakterien durchdringen ausgehend von ihrer Einbettung in die<br />

Cytoplasmamembran die gesamte Zellwand. Sie sind aufgebaut aus dem Basalkörper, der Hakenregion und<br />

dem Filament. Der Basalkörper besteht aus zwei Paaren von Ringen, die das hohle Filament der Geißel<br />

umgeben. Diese Struktur ist dann in die Zellwand eingelassen, so daß der untere oder M−Ring in der<br />

Cytoplasmamembran sitzt. Der äußere Ring sitzt in Höhe der äußeren Membran. Dieser komplizierte<br />

Basalkörper ist aus 10−13 verschiedenen Proteinen aufgebaut. Moleküle von einem bestimmten dieser<br />

Proteine aggregieren spontan zu der Hakenregion. Das Filament ist ein langes, dünnes Rohr, das in der Regel<br />

aus nur einem einzigen Protein, dem Flagellin aufgebaut ist. Es wird vermutet, daß sich das Filament<br />

außerhalb der Zelle Proteinmolekülen zusammensetzt, die durch den ebenfalls hohlen Basalkörper nach außen<br />

transportiert werden, sich am distal gelegenen Ende in die Flagellenstruktur einordnen und sie somit<br />

verlängern. Die Struktur der Flagellen in gram−positiven Organismen ist ganz ähnlich, nur daß der<br />

Basalkörper aus nur zwei Ringen aufgebaut ist. Der innere sitzt in der Cytoplasmamembran und verankert die<br />

Geißel, der äußere sitzt in der Peptidoglycan−Schicht der Zellwand. Die Funktion der Ringe können SIe sich<br />

etwa wie die eines Gleitlagers in der Technik vorstellen.<br />

Die Flagellen setzen die bakterielle Zelle in Bewegung, indem der Basalkörper rotiert; die Drehrichtung kann<br />

sich umkehren. Die Energie für die Geißelbewegung dazu wird von ATP−liefernden Stoffwechselvorgängen<br />

am M−Ring erzeugt.<br />

Chemo− und Phototaxis<br />

<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Bakterien können auf chemische und physikalische Stimuli antworten, d.h., sie können sich auf eine<br />

Reizquelle zu− oder sich von ihr wegbewegen. Chemotaxis nennen wir die Reaktion auf chemische Reize.<br />

Geißeln und Beweglichkeit 19


<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Als physikalischer Reiz ist das Licht recht weit verbreitet; die Reaktion darauf nennen wir Phototaxis.<br />

Bakterien bewegen sich meist durch Rotation der Flagellen im Uhrzeigersinn fort. Die Geißeln eines Endes<br />

werden bei dieser Bewegung zu einem Schopf zusammengewunden. Dadurch werden die Bewegungen der<br />

Geißeln in gewisser Weise koordiniert, und das Ergebnis ist eine gerichtete Bewegung. Gelegentlich wird<br />

diese gerichtete Bewegung durch Schlagen der Geißeln im Gegenuhrzeigersinn unterbrochen. Die<br />

Drehrichtung hat sich umgekehrt, und die Bakterien geraten in eine taumelnde Bewegung, die es den<br />

Bakterien erlaubt, ihre Fortbewegungsrichtung zu wechseln. Wenig später wird dann die Bewegung der<br />

Geißeln im Uhrzeigersinn wieder aufgenommen, so daß wieder eine längere Strecke gerichtet zurückgelegt<br />

wird. Der Trick mit der Chemotaxis liegt darin, daß die Bakterien den koordinierten Geißelschlag in der<br />

gewünschten Richtung länger aufrecht erhalten als in allen anderen Richtungen. Netto resultiert aus dieser Art<br />

von Intervalltraining mit einer zufälligen Taumelbewegung nach jeder Sprint−Einlage eine Bewegung in<br />

Richtung auf das gewünschte Ziel.<br />

Bakterien können auf vielfältige chemische Reize reagieren. Die zugehörigen Substanzen nennen wir<br />

Chemo−Effektoren. Solche Effektoren binden an spezifische Rezeptoren im periplasmatischen Raum oder<br />

an der Cytoplasmamembran.<br />

Unabhängig von den Geißeln, die der Fortbewegung dienen, gibt es noch weitere Anhängsel, die ganz ähnlich<br />

aufgebaut sind, die aber unbeweglich sind. Diese Strukturen nennen wir Pili (Einzahl: der Pilus). Die Pili<br />

dienen zum Anheften von Bakterien an Partner mit denen sie genetisches Material austauschen. Da dies ein<br />

prinzipiell sexueller Vorgang ist, werden solche Anhängsel auch Sex−Pili genannt. Auch zum Anheften der<br />

Bakterien an Oberflächen, die besiedelt werden sollen, sind Pili nützlich. Zusätzlich dienen sie noch als<br />

Anheftungsstellen für manche Bakteriophagen. Bakteriophagen sind die Viren der Bakterien: Auch<br />

Bakterien können krank werden.<br />

Endosporenbildung: das Notfallprogramm zum Überleben<br />

Manche Bakterien können auch unter extrem ungünstigen Umweltbedingungen das Überleben garantieren,<br />

indem sie Dauerformen, die sogenannten Sporen bilden. Ungünstige Umweltbedingungen sind sicherlich<br />

große Hitze und besonders das Austrocknen. Bakterielle Sporen gehören zu den Trocken− und<br />

Hitze−resistentesten Lebensformen, die wir kennen. Sie werden innerhalb der Mutterzellen gebildet und<br />

werden daher Endosporen genannt.<br />

Die Sporenmutterzelle, die wir in diesem Zusammenhang auch die vegetative Zelle nennen, fängt an zu<br />

sporulieren, sobald sie das Signal 'schlechte Bedingungen' bekommen hat. Im Lichtmikroskop erkennen Sie<br />

die Sporulation daran, daß sich ein helles, also stark Licht−brechendes Körperchen bildet. Diese Endosporen<br />

sind ziemlich komplizierte Gebilde. Eine Kopie der DNA wird an einen Pol der Zelle gebracht. Die<br />

Plasmamembran stülpt sich dann an dieser Stelle ein. Im Gegensatz zur normalen Zellteilung, die immer in<br />

der Mitte der Zelle angelegt wird, wird diese Membran unsymmetrisch eingezogen. Schließlich wird die<br />

Region der zukünftigen Spore ganz von einer Doppelmembran umgeben. Zwischen innerer und äußerer<br />

Membran wird dann die Wand der zukünftigen Spore, das Exosporium angelegt. Die äußere Membran bleibt<br />

nicht erhalten. Innerhalb des Exosporiums liegt die Sporenwand, deren äußere Schicht aus Proteinen<br />

aufgebaut ist. Diese Schicht umgibt den Cortex der Spore, der aus einem speziellen Peptidoglycan aufgebaut<br />

ist. Während dieser Wandbildung wird das Cytoplasma im Innern immer weiter kondensiert und entwässert.<br />

Von irgendeinem Zeitpunkt an wird die Spore refraktil. Dieser Zeitpunkt koinzidiert mit der Fähigkeit zur<br />

Hitzeresistenz. Begleitet wird dieser Vorgang von der Einlagerung von Dipicolinsäure und von<br />

Calcium−Ionen im Innern der Spore. Schließlich löst sich die Sporenmutterzelle auf (Autolysis) und die<br />

Spore wird in die Umgebung entlassen.<br />

Beachten Sie bitte, daß die Endosporenbildung nichts mit Vermehrung zu tun hat, wohl aber in sehr effizienter<br />

Weise mit der Verbreitung der Sporen. Die fertigen Endosporen enthalten nur noch 15% Wasser, haben<br />

keinen nachweisbaren Stoffwechsel mehr und können viele Jahre überleben.<br />

Endosporenbildung: das Notfallprogramm zum Überleben 20


<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Sporen können zum Leben erweckt werden, indem man sie aktiviert. Dazu gehören günstige<br />

Umweltbedingungen und oft auch ein Hitzeschock in Form einer Erwärmung für etwa 10 Minuten auf 65°C.<br />

Bei der Keimung werden die Sporen−spezifischen Strukturen aufgelöst und der Protoplast der Spore bildet<br />

eine neue vegetative Zelle.<br />

Die wenigen bakteriellen Gattungen, die Endosporen bilden können, müssen Sie kennen:<br />

Anaerobe Sporenbildner:Clostridium, Desulfotomaculum<br />

Aerobe Sporenbildner:Bacillus, Sporolactobacillus, Sporosarcina, Thermoactinomyces<br />

Endosporenbildung: das Notfallprogramm zum Überleben 21


Fremdwörterliste von Christiane Jaentsch<br />

Fachausdruck Übersetzung, Erklärung<br />

amphitrich bipolar begeißelt; Geißeln<br />

à priori suspekt von vornherein verdächtig<br />

Artefakt künstlich; von Hand hergestellt<br />

Biologismen biologisch untersetzte allgemeine Aussagen<br />

bipolar begeißelt amphitrich, an beiden Zellpolen begeißelt<br />

Chemotaxis Bewegung in Richtung eines chemischen Reizes<br />

Codon (das / die Codons) funktionelle Einheit von drei Nucleotiden, die gemeinsam für<br />

eine Aminosäure kodieren<br />

DNA, DNS Desoxyribonukleinsäure<br />

Einzelkolonie Kolonie, die auf eine einzelne Zelle zurückgeht; im Idealfall ein<br />

Klon<br />

Endospore Spore, die im Innern einer Mutterzelle angelegt wird;<br />

Verbreitungsformen mit Resistenz gegen Hitze<br />

Eubacteria eine der drei Domänen der Lebewesen: Archaea, Eubacteria,<br />

Eucarya<br />

Epidemiologie Seuchenlehre − Wissenschaft von der Entstehung und<br />

Verbreitung epidemischer Krankheiten<br />

Evidenz Evidenz<br />

Exospore Spore, die von einer Mutterzelle nach außen abgegeben wird;<br />

typische Vermehrungsform der Streptomyceten<br />

exprimieren verwirklichen; ausdrücken; Umsetzung der Information von der<br />

DNA über RNA in Protein<br />

Flagellum (das / die Flagellen) bakterielle Geißel<br />

Fungi = Mycota; ein Monophylum: nicht−photosynthetische,<br />

C−heterotrophe Organismen mit Chitin in der Zellwand<br />

Gen funktionelle, transkribierbare Einheit von Promotor und<br />

Strukturgen<br />

Genexpression Verwirklichung der genetischen Information<br />

Genom, das Gesamtheit aller Gene<br />

horizontale Vererbung Vererbung innerhalb der Generation, auch zwischen den Arten<br />

hydrophil Wasser anziehend<br />

hydrophob Wasser abweisend<br />

in vitro (Experimente) im Reagenzglas<br />

in vivo (Experimente) im lebenden Organismus<br />

inclusion bodies Einschlußkörper, z.B. mit Speicherstoffen: Phosphat,<br />

Kohlehydrate, Fett, Glycogen, poly−ß−Hydroxybuttersäure<br />

Kausalität ursächlicher Zusammenhang<br />

Kokken<br />

Fremdwörterliste von Christiane Jaentsch 22


kugelförmige Bakterien (Mikro−, Diplo−, Strepto−,<br />

Staphylokokken)<br />

Kompartimentierung Abgrenzung von Reaktionsräumen in der Zelle<br />

Korrelation Verhältniszwischen zwei Größen, nicht−kausale Beziehung, in<br />

Zahlen darstellbar<br />

Magnetotaxis Ausrichtung, Bewegung im Magnetfeld<br />

major groove große Rille oder Furche der DNA; vgl. minor groove<br />

marginal randständig (marginale Bedeutung = wenig Bedeutung)<br />

Medium das Substrat, die Unterlage, die Zusammensetzung, auf der<br />

Mikroorganismen wachsen können<br />

Mikroorganismen alle 'kleinen' Organismen; alles, was Zoologie und Botanik nicht<br />

haben wollen; − keine organismischen Beschränkungen<br />

Minimalmedium Medium, in dem die Bakterien alle Aminosäuren und<br />

Nukleosidbausteine selbst synthetisieren müssen und nur die<br />

basalen Nährstoffansprüche erfüllt werden<br />

minor groove kleine Rille oder Furche der DNA; vgl. major groove<br />

monopolare Geißel Geißel nur an einem Zellpol<br />

monotrich mit nur einer Geißel<br />

Murein bakterielle Wandsubstanz, = Peptidoglucan; mur Wand<br />

Mycota Fungi<br />

Myxosporen Mutterzelle verwandelt sich in eine Spore (eine Art der<br />

Cystenbildung)<br />

non sequitur daraus folgt nicht; Fehlschluß<br />

Nucleosid Base plus Zucker<br />

Nucleotid Nucleosid plus Phosphat<br />

Ovulismus alte (kirchliche) Lehre: Alles Leben kommt aus dem Ei<br />

peritrich über die gesamte Zelle verteilt begeißelt<br />

Phage (der/die Phagen) Bakteriophage; Virus, das Bakterien befällt<br />

Plasmid (das/die Plasmide) ringförmige DNA vorzugsweise bei Bakterien, zusätzlich zur<br />

genomischen DNA<br />

Propagation Fortpflanzung (Sporen = Propagationsformen von Mucor−Pilzen<br />

Protisten * Mikroorganismen mit einem Zellkern, außer Pilzen; kein<br />

Monophylum!<br />

Reinkultur isolierter Mikroorganismus auf sterilem Medium<br />

retrospektiv in die Vergangenheit schauend<br />

rezente Organismen jetzt lebende, heutige, 'moderne' Organismen<br />

RNA, RNS Ribonucleinsäure<br />

Sedimentationskonstante Maß für die Geschwindigkeit, mit der ein Teilchen sich im<br />

Schwerefeld der Ultrazentrifuge bewegt<br />

Sporulation Sporenbildung (Endo−, Exo−, Myxosporen)<br />

steril keimfrei<br />

<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

Fremdwörterliste von Christiane Jaentsch 23


<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />

supercoil / supertwist Bezeichnung für verdrillte, verdrehte Plasmide<br />

Transkription RNA−Synthese<br />

Translation Proteinsynthese<br />

Urzeugungstheorie Aus totem Material können Lebensformen entstehen. Beisp.: Aus<br />

Müll 'entstehen' Fliegen<br />

vertikale Vererbung Vererbung von Müttern auf Töchter; vgl. horizontale Vererbung<br />

Virus (das /die Viren) * Lebewesen, deren Leben nicht an Zellen gebunden ist;<br />

geborgtes Leben<br />

Vollmedium Medium mit allen Nährstoffen; optimiert für schnelles Wachstum<br />

* keine allgemeine Definition; nur eine Umschreibung oder Aufzählung<br />

Fremdwörterliste von Christiane Jaentsch 24


Übungsaufgaben als Vorbereitung zu den<br />

Klausuren<br />

• Nennen Sie die Ihnen bekannten Unterscheidungskriterien zwischen Bacteria, Archaea und Eukarya!<br />

• Beschreiben Sie den Ablauf eines DNA−Sequenzierungsexperiments nach der<br />

Kettenabbruchmethode!<br />

• Schreiben Sie die Strukturformeln der beiden Aminosäuren Alanin und Phenylalanin und geben Sie<br />

an, wie beide Bausteine eine Peptidbindung eingehen!<br />

• Welche Typen bakterieller Sporulation kennen Sie? Geben Sie zu jedem Typ einen Gattungsnamen<br />

als charakteristisches Beispiel an!<br />

• Was verstehen Sie unter den Koch'schen Postulaten? Worin liegt ihre Bedeutung für die moderne<br />

<strong>Mikrobiologie</strong>?<br />

• Nennen Sie die wesentlichen chemischen Bestandteile der Zellwand eines Gram−positiven<br />

Bakteriums! Wie sind sie zusammengesetzt?<br />

In einer l−lysogenen Bakterienkultur mit der Zelldichte von 3 x 10 7 Zellen/ml wird der Prophage<br />

durch geeignete Behandlung in allen Zellen zum lytischen Wachstum induziert. Anschließend wird<br />

der Phagentiter gemessen. In einer Dreifachbestimmung werden nach Ausbringen von jeweils 0.2 ml<br />

einer 10 −7 •<br />

− fachen Phagenverdünnung auf drei Parallelplatten 112, 131 und 99 Plaques gezählt. Wie<br />

groß ist der Phagentiter? Wie groß ist die Phagennachkommenschaft eines Wirtsbakteriums? Der Weg<br />

Ihrer Rechnung muß deutlich werden.<br />

• Nennen Sie die Ihnen bekannten Gruppen photosynthetisch aktiver Bakterien! Welche sind anoxygen<br />

welche oxygen? Alle dieser Bakterien produzieren mit Hilfe der Lichtenergie Reduktionsäquivalente.<br />

Woher kommen diese? Wozu werden sie gebraucht?<br />

• Welche nitrifizierenden Bodenbakterien kennen Sie? Welche Energie−liefernden Reaktionen<br />

benutzen diese?<br />

• Wie wird im Anschluß an die Infektion die Unterscheidung zwischen lytischem und lysogenem Weg<br />

des Bakteriophagen l auf molekularer Ebene realisiert?<br />

© by Johannes Wöstemeyer<br />

Last modified: 10. April 2007 Sun May 8 16:53:50 2005 (top)<br />

Übungsaufgaben als Vorbereitung zu den Klausuren 25

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!