Grundvorlesung Allgemeine Mikrobiologie
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zielende Begriff Genophor. Allein aufgrund des Größenunterschieds von einem Faktor 10 3 zwischen dem<br />
Durchmesser einer Bakterienzelle und der Länge seiner DNA sehen Sie, daß die Nukleoide auch der<br />
Prokaryonten stark kondensierte, hochgradig strukturierte und organisierte Gebilde sein müssen. Das<br />
Nukleoid besteht aus rund fünfzig hochgradig überdrehten Schleifen von DNA. Diese Überdrehung der DNA<br />
führt zu ihrem aus räumlichen Gründen erforderlichen kondensierten Zustand. Den Begriff Supercoil für<br />
diese Konformation haben Sie bereits kennengelernt. An der Organisation dieser Suprastruktur der DNA sind<br />
außer der DNA selbst auch RNA und als Katalysator während der Bildung dieser Strukturen auch Proteine<br />
beteiligt. Für viele Prozesse während des Wachstums einer Bakterienzelle muß der hoch−kondensierte<br />
Zustand auch wieder aufgelockert werden. Im Experiment läßt sich die partielle Dekondensation durch<br />
Einführung von Einzelstrangbrüchen in die überspannte DNA−Doppelhelix simulieren. Eine weiteres<br />
topologisches Ordnungsprinzip ergibt sich dadurch, daß die DNA an die Cytoplasmamembran der Zelle<br />
gebunden ist. An diesen Membran−Anheftungsstellen findet die Verdopplung des Genophors statt. Dieser<br />
Prozeß heißt Replikation.<br />
Bakterien können Plasmide enthalten<br />
Zusätzlich zum Genophor kann die prokaryontische Zelle zusätzliches Erbmaterial in Form kleinerer<br />
ringförmiger DNA−Moleküle enthalten. Diese fakultativen Träger von Genen nennen wir Plasmide. Für das<br />
bloße Überleben der Zellen sind diese Plasmide in der Regel nicht notwendig; daher rührt ihr prinzipiell<br />
fakultativer Charakter. Trotzdem tragen Plasmide oft sehr nützliche genetische Informationen, die unter<br />
bestimmten Umweltbedingungen den Zellen enorme Selektionsvorteile vermitteln. So gibt es Plasmide, auf<br />
denen Informationen für die Resistenz gegenüber Antibiotika niedergelegt sind. Es gibt andere Plasmide, mit<br />
deren Hilfe giftige Substanzklassen, z.B. Phenole abgebaut und damit entgiftet werden können, oder auch<br />
Plasmide, die Virulenzfaktoren tragen. Virulenzfaktoren sind Eigenschaften, die eine Bakterie zum<br />
Krankheitserreger machen. Unter den passenden Lebensbedingungen sind das alles durchaus wünschenswerte<br />
genetische Eigenschaften.<br />
Proteine<br />
<strong>Grundvorlesung</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Mikrobiologie</strong><br />
Die DNA stellt den universellen Träger der Erbinformationen dar, ist aber nicht in der Lage, diese<br />
Informationen auch zu verwirklichen. Als Analogie zur DNA aus der Computerwelt können Sie sich die<br />
Informationen auf der Festplatte des Computers vorstellen. Ohne ein Ausgabemedium (Bildschirm, Drucker,<br />
Laufwerk, Netzanschluß) sind die Informationen zwar vorhanden aber nicht zugänglich. Außerdem brauchen<br />
Sie zumindest ein basales Betriebssystem für die input/output−Funktionen. Auch dafür finden Sie in der<br />
molekularen Biologie der Zelle ein Pendant.<br />
Für die Verwirklichung genetischer Infomation sind die Proteine zuständig. Proteine sind Makromoleküle, die<br />
sich aus zwanzig chemisch zwar verwandten, aber in ihren Eigenschaften durchaus verschiedenen<br />
Monomeren aufbauen, den Aminosäuren. Warum braucht die Natur so viele Aminosäuren? Ganz allgemein<br />
gilt, daß jede Klasse von Makromolekülen die geringstmögliche Anzahl von Bausteinen enthält. Viele<br />
Polysaccharide wie die Cellulose oder die Stärke enthalten nur einen einzigen Grundbaustein, die Glucose.<br />
Damit werden sie ihren Anforderungen als Zellwandsubstanz bzw. Speicherstoff vollauf gerecht. Im Laufe<br />
der Evolution bestand keine Notwendigkeit, die Struktur dieser Verbindungen zu komplizieren. Wir kennen<br />
auch Proteine, deren Aufgabe einfach ist. Solche Proteine, die ausschließlich als Strukturelemente dienen,<br />
sind in ihrem Aufbau oft ebenfalls einfach und schöpfen das Reservoir der zwanzig Aminosäuren bei weitem<br />
nicht aus. Ein Beispiel ist das Kollagen unserer Haut oder unserer Sehnen. Die streng repetitive<br />
Aminosäuresequenz des Kollagens heißt −(Gly−X−Y)n. Dabei ist Y fast immer Prolin oder ein nah<br />
verwandtes Derivat davon. Mit so wenig Grundbausteinen lassen sich ganz offensichtlich keine komplexen<br />
Strukturen ausbilden. Komplexe Strukturen sind aber die wesentliche Voraussetzung für die hohe Spezifität<br />
der chemischen Umsetzungen im lebenden Organismus. Jedes Protein ist durch die Sequenz seiner<br />
Aminosäuren eindeutig charakterisiert. Man schätzt, daß eine Bakterienzelle etwa 2000−3000 verschiedene<br />
Proteine und die Zelle eines Eukaryonten etwa 5000 verschiedene Proteine benötigt, um ihre vielfältigen<br />
Aufgaben wahrnehmen zu können.<br />
Bakterien können Plasmide enthalten 14