STADT IM - Wirtschaftsregion Heilbronn - Franken
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SPEZIAL�|�SOZIALDIENSTLEISTER IN DER REGION<br />
RESPEKT und SOLIDARITÄT<br />
Die demografische Entwicklung rückt die Sozialdienstleister in<br />
den Blickpunkt. Die neue Sozialministerin Katrin Altpeter setzt<br />
im pro-Interview auf den Ausbau des Pflegeangebots, die Qualifizierung<br />
von Fachkräften und das ehrenamtliche Engagement.<br />
PRO: Frau Ministerin, soziale Dienstleistungen<br />
gewinnen in unserer Gesellschaft<br />
an Bedeutung. Sehen Sie das aktuelle Angebot<br />
im Land als ausreichend an?<br />
ALTPETER: Sicherlich sind wir in Baden-Württemberg<br />
im Bereich der sozialen<br />
Dienstleistungen und Angebote grundsätzlich<br />
gut aufgestellt. Jedoch darf nicht<br />
vergessen werden, dass die demografische<br />
Entwicklung uns alle in Zukunft vor große<br />
Herausforderungen stellt. Die Zahl der<br />
hilfe- und pflegebedürftigen Menschen<br />
wird stark ansteigen. Die Pflege ist ein<br />
Ausdruck für Achtung, Respekt und Solidarität<br />
gegenüber den Menschen, die<br />
ihr Leben aus eigener Kraft nicht mehr<br />
bewältigen können und deshalb auf Hilfe<br />
angewiesen sind. Es wird daher das Ziel<br />
der Landesregierung sein, auch für die<br />
künftigen Generationen eine hervorragende<br />
pflegerische Versorgung im Falle<br />
von Hilfe- und Pflegebedürftigkeit sicherzustellen<br />
und zu gewährleisten. Mit dem<br />
geplanten Ausbau der Pflegestützpunkte<br />
im Land möchten wir dafür sorgen, dass<br />
für die Menschen passgenaue Angebote<br />
und Hilfen gefunden werden.<br />
PRO: Wo sehen Sie Nachholbedarf?<br />
Wo setzt die grün-rote Regierung neue<br />
Schwerpunkte?<br />
ALTPETER: Immer mehr Menschen<br />
wollen in ihrer vertrauten Umgebung alt<br />
werden. Das gewohnte häusliche Umfeld<br />
wirkt sich erheblich auf die Lebensqualität<br />
hilfe- und pflegebedürftiger Menschen<br />
aus. Die Landesregierung beabsichtigt daher,<br />
wohnortnahe ambulante Strukturen<br />
und Dienste zu schaffen und das vorhandene<br />
Netz auszubauen. Zudem sollen in<br />
Zukunft neue Wohnformen für Menschen<br />
mit Betreuungs-, Unterstützungs- und<br />
Pflegebedarf entstehen. Dabei soll auch<br />
das Zusammenwirken von professioneller<br />
Pflege und bürgerschaftlichem Engagement<br />
eine große Rolle spielen.<br />
FOTO: Guido Sawatzki<br />
Eine Allianz für Fachkräfte will Baden-Württembergs<br />
Sozialministerin Katrin Altpeter.<br />
PRO: Der demografische Wandel und<br />
einschneidende gesellschaftliche Veränderungen<br />
stellen das Sozialsystem vor große<br />
Herausforderungen. Muss einem nicht<br />
himmelangst werden, wenn man auf die<br />
wachsenden Sozialausgaben blickt?<br />
ALTPETER: Von Schreckensszenarien<br />
halte ich nichts. Der demografische Wandel<br />
lässt sich zwar nicht aufhalten, wir<br />
können ihn aber gestalten. Dazu müssen<br />
wir unser Denken verändern. Von zentraler<br />
Bedeutung ist, dass wir das tradierte,<br />
stark an den Defiziten orientierte Altersbild<br />
über Bord werfen und durch eine an<br />
Ressourcen und Potenzialen aller Generationen<br />
orientierte Sichtweise ersetzen.<br />
PRO: Der Fachkräftemangel im Gesundheits-<br />
und Sozialwesen wird zum<br />
Problem. Hinzu kommt der Wegfall des<br />
Zivildienstes durch die Aussetzung der<br />
Wehrpflicht. Wie kann man diesen sich<br />
abzeichnenden Mangel bekämpfen?<br />
ALTPETER: Die Landesregierung will<br />
gemeinsam mit ihren Partnern eine „Allianz<br />
für Fachkräfte“ ins Leben rufen und<br />
ein Bündel von Maßnahmen ins Auge fassen.<br />
Im Bereich Pflege- und soziale Berufe<br />
müssen die Aus- und Weiterbildung sowie<br />
die Rahmenbedingungen attraktiver gestaltet,<br />
adressatengerechte Angebote entwickelt<br />
und auch Berufsgruppen wie die<br />
hauswirtschaftlichen und pädagogischen<br />
Berufe einbezogen werden.<br />
Der Bund hat mit dem Bundesfreiwilligendienst<br />
ein Angebot geschaffen, einen<br />
Teil der entfallenden Plätze im Zivildienst<br />
zu ersetzen. Die Attraktivität des Angebots<br />
entscheidet, ob der Dienst angenommen<br />
wird. Zudem erfreut sich das Freiwillige<br />
Soziale Jahr (FSJ) zunehmender<br />
Beliebtheit, über 8300 Jugendliche haben<br />
es alleine im vergangenen Jahr abgeleistet.<br />
PRO: Die ehrenamtlichen Helfer spielen<br />
im Sozialwesen eine wichtige Rolle. Wie<br />
lässt sich dieses Ehrenamt stärken?<br />
ALTPETER: Wir haben uns im Koalitionsvertrag<br />
für die Stärkung des Ehrenamtes<br />
und der Freiwilligenarbeit ausgesprochen.<br />
Das Landesnetzwerk Bürgerschaftliches<br />
Engagement muss ausgebaut und<br />
mehr Bürger für dieses Thema begeistert<br />
werden. Untersuchungen zeigen, dass es<br />
trotz Spitzenstellung im bürgerschaftlichen<br />
Engagement noch eine große Bereitschaft<br />
gibt. Um Menschen für diese<br />
Aufgaben zu gewinnen, braucht es geeignete<br />
rechtliche Rahmenbedingungen, ein<br />
individuelles Qualifizierungsangebot und<br />
eine ausgeprägte Anerkennungskultur.<br />
Daran werden wir konsequent arbeiten.<br />
Interview: Thomas Zimmermann<br />
Zur Person<br />
Katrin Altpeter (47) ist seit 12. Mai Ministerin<br />
für Arbeit und Sozialordnung, Familie,<br />
Frauen und Senioren des Landes<br />
Baden-Württemberg. Die gelernte Altenpflegerin<br />
ist SPD-Mitglied und stammt<br />
aus Waiblingen.<br />
PRO-MAGAZIN 8/2011 53