GIESSEREI-RUNDSCHAU 58 (2011) HEFT 1/2Verbesserte mechanische Eigenschaften vonAl-Gussteilen durch den Einsatz von INOTEC ® KernenImproved mechanical Properties of Al-Castings by Application of INOTEC-CoresDipl.-Ing. Dr.mont. Thomas Pabel,nach der Ingenieursausbildung an der HTL inKapfenberg Studium der Werkstoffwissenschaftenund Promotion in Gießereiwesen an derMontanuniversität Leoben. Seit 2002 wissenschaftlicherSachbearbeiter in der AbteilungNichteisenguss als Schadensanalytiker, in derWerkstoffentwicklung und als Weiterbildungsbeauftragteram Österreichischen Gießerei-Institutin Leoben tätig.Dipl.-Ing.(FH) Christian Kneißl,nach Abschluss der Fachhochschule für Maschinenbauvon 1995–2006 beschäftigt am Institutfür Mathematik und Angewandte Geometrieder Montanuniversität Leoben. Seit 2006wissenschaftlicher Mitarbeiter am Österreichi -schen Gießerei-Institut Leoben, Abteilung fürWerkstoffentwicklung und Schadensanalytik.Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Jörg Brotzki,Studium zum Gießereiingenieur an der UniversitätDuisburg, seit 5 Jahren bei der ASK zuständig fürdie Anwendungstechnik international, zuvor TechnischerLeiter und Geschäftsführer der EisengießereiMonforts und Gießereileiter der WalzengießereiLobberich.Dipl. Chem. Dipl. Produktmanager (SGMI)Dr. Jens Müller,nach dem Studium der Chemie mit anschließenderPromotion tätig als Laborleiter für dieProduktentwicklung im Bereich Kernherstellungbei der ASK Chemicals, Hilden. Seit 2008Produktmanager für INOTEC- und Cold Box-Bindersysteme.EinleitungWenn sich Gießereien für anorganische Form- oder Kernherstellungsverfahreninteressieren, geschieht dies meistens ausder Motivation heraus, hierdurch Emissionen reduzieren zukönnen. Tatsächlich ist der Einsatz von anorganischen Bindersystemennicht nur für die Umwelt vorteilhaft.So können im Serieneinsatz auch Vorteile in Produktivitätund Qualität beobachtet werden. Der Einsatz des anorganischenBindersystems INOTEC erhöht nicht nur die Werkzeugverfügbarkeit,z. B. durch geringeren Reinigungsaufwand von Kernkastenund Kokille, sondern reduziert wesentlich den Putzaufwandvon Gussstücken, der maßgeblich von Kondensatanhaftungenabhängt.Eine ganz entscheidende Beobachtung war jedoch, dass nachdem INOTEC-Verfahren hergestellte Gussstücke einen geringerenAnteil an Porositäten zeigen. Dies war der Startpunkt für einProjekt, in dessen Rahmen der Einfluss des anorganischen Bindersystemsauf die Werkstoffeigenschaften von typischen Zylinderkopf-und Blocklegierungen untersucht werden sollte.In Zusammenarbeit zwischen der Ashland-Südchemie-Kernfest und dem Österreichischen Gießerei-Institut in Leobenwurde hierfür ein Versuchskonzept entworfen. Neben der Simulationund der Konstruktion des eigens für diese Untersuchungentwickelten Werkzeuges, bestehend aus Kernkasten undKokille, wurden auch metallographische Untersuchungen unddie Ermittlung von statischen und dynamischen mechanischenKennwerten durchgeführt. Die Abgüsse erfolgten mit INOTEC-Kernen und Coldbox-Kernen, die Ergebnisse wurden vergleichendbewertet.Das Bindersystem INOTECAnorganische Bindemittel haben eine lange Historie und werdenin vielen Prozessen erfolgreich eingesetzt. Dennoch erlebtdie Anorganik in der Gießerei eine Art Renaissance. Aber wasgenau unterscheidet INOTEC vom klassischen Wasserglasbinder?Die Basis des Binders ist nach wie vor ein Silicatsystem, ähnlichden klassischen Wassergläsern. Dieses bietet den Vorteil,dass außer Wasser keine Nebenprodukte bei der Kernherstellungoder beim Abguss freiwerden können und Emissionen, wiesie etwa im Bereich Cold-Box anfallen, der Vergangenheit angehören.Der Einsatz klassischer Wassergläser beschränkt sich zumeistauf relativ einfache Geometrien. Gründe hierfür sind dieschlechte Fließfähigkeit der Sandmischung und der Aushärtungsprozessmit CO 2 . Letzterer führt gleich zu zwei Nachteilen:geringe Endfestigkeiten und schlechterer Zerfall beim Abguss.INOTEC hingegen zeigt eine sehr hohe Fließfähigkeit, sodassauch komplizierte Geometrien, wie etwa filigrane Wassermäntel,gut ausgeschossen werden können. Die Aushärtung erfolgtüber einen Trocknungsprozess, der den Einsatz beheizbarerKernkästen (etwa 170 °C) und einer Heißluftspülung voraussetzt.Durch den Einsatz spezieller Additive, die sogenanntenPromotoren, können Systemeigenschaften, wie etwa Sofortfestigkeiten,Gussoberflächenbeschaffenheit (kein Schlichten, keinTalkumieren notwendig) oder auch die thermische Beständigkeit,gezielt gesteuert werden.Im Serieneinsatz zeigen sich folgende Vorteile:• Ökologie: keine Emissionen bei der Kernfertigung, emis sionsarmbeim Abguss• Qualität: keine Kondensatanhaftung am Gussteil, geringererPutzaufwand• Ökonomie: sehr geringe Verschmutzung von Kernkasten undKokille, daher sehr hohe Verfügbarkeit der Werkzeuge undhöhere Gießausbringung• Technologie: verbesserte Werkstoffeigenschaften durch wenigerPorositäten im GussteilKokillenkonzeptDas Grundkonzept sieht eine temperierbare, vertikal geteilte Kokillemit zwei symmetrisch angeordneten Formnestern und einemzentralen Einguss mit Filter vor (Bilder 1 und 2). In einFormnest wird ein INOTEC-Kern und in das zweite ein Coldbox-Kerneingelegt.Die Kerne sind stufenförmig ausgebildet, der Abguss bestehtaus vier Stufenplatten. Mit Hilfe der Stufenplatten lässt sich derEinfluss unterschiedlicher Kernstärken, Gussteildicken undBindersysteme auf die Gefügeausbildung und die mechanischenEigenschaften vergleichend beurteilen.Der Kernkasten zur Herstellung der INOTEC- bzw. Coldbox-Kerne ist entweder über Heizstäbe oder/und vollflächige Heizplattentemperierbar. Beim Kernschießen entweicht die Luftüber Schlitzdüsen, die aufgrund der Heizplatten seitlich nachaußen geführt werden müssen. Die Temperaturkontrolle bzw.Temperaturregelung erfolgt über ein Thermoelement in der Seitenwanddes Kernkastens. Der Kern wird über zwei Kernschlösserin der Kokille positioniert und gegen ein mögliches Aufschwimmengesichert.20
HEFT 1/2 GIESSEREI-RUNDSCHAU 58 (2011)Bild 2: Doppelstufenplattenkokilleim VollschnittBild 1: 3-Plattenwerkzeug mit zentralem Einguss (oberes Bild)und virtueller Abguss der Stufenplatten (unteres Bild)Bild 3:Erstarrungssimulation:VergleichInotec-Kern(links) undColdbox-Kern(rechts)21