Liebe Freunde und Helfer der
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Mai 2012
Seit Jahrh<strong>und</strong>erten wird in El Salvador<br />
Baumwolle <strong>und</strong> Indigo für den Eigenbedarf<br />
an Tüchern <strong>und</strong> Stoffen kultiviert. Das<br />
Weberhandwerk ist eines <strong>der</strong> ältesten <strong>und</strong><br />
war schon lange vor <strong>der</strong> spanischen Eroberung<br />
eine Kunst <strong>der</strong> Indigenas.<br />
Als Cecilia Castro im Jahr 1973 El Salvador<br />
auf einer Messe in Berlin repräsentierte,<br />
entdeckte sie, dass es in Europa einen potentiellen<br />
Markt für Handwerkskunst aus<br />
Salvador gab. Das Interesse an den Webereien<br />
<strong>und</strong> Stoffen war groß, aber anfangs<br />
war die Diskrepanz zwischen den Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
des europäischen Marktes <strong>und</strong><br />
den realen Gegebenheiten bei den indigenen<br />
Handwerkern zu groß. Nur <strong>der</strong> unermüdliche<br />
Einsatz Cecilia Castros verhalf<br />
EXPORSAL schließlich zum Erfolg.<br />
Als EXPORSAL 1974 gegründet wurde,<br />
fehlten allen Beteiligten die Kenntnisse<br />
darüber, wie sie zu marktfähigen Produzenten<br />
werden könnten. Je<strong>der</strong> Weber arbeitete<br />
für sich allein <strong>und</strong> wusste nichts<br />
über die Organisation von Kooperativen.<br />
Eine große Hürde war die Rohstoffbeschaffung<br />
in guter Qualität <strong>und</strong> zu akzeptablem<br />
Preis; die Bearbeitung größerer<br />
Aufträge war mangels ausreichen<strong>der</strong><br />
Einfach schön:<br />
Ein Sommer<br />
in <strong>der</strong> Hängematte...<br />
Ressourcen unmöglich. Ebenso musste<br />
das Wissen über Qualitätskontrolle noch<br />
erlernt werden. Den Handwerkern fehlte<br />
jegliche Information über ihre potentiellen<br />
K<strong>und</strong>en, über Märkte <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Regeln.<br />
Wie kamen sie also dazu, sich auf den internationalen<br />
Messen zu präsentieren,<br />
heute die aktuellen Modetrends zu erkennen<br />
<strong>und</strong> ihre Designs an die Bestimmungslän<strong>der</strong><br />
anzupassen?<br />
Leicht war das alles nicht, aber die fast<br />
vierzigjährige Geschichte von EXPORSAL<br />
ist ein gelungenes Beispiel für Organisationsentwicklung<br />
im fairen Handel. Als<br />
nach den ersten acht Aufbaujahren die<br />
Grün<strong>der</strong>in Dona Cecilia im Alter von nur<br />
54 Jahren starb, übernahm die Tochter<br />
Cecilias, Elena Maria de Alfaro, die Organisation.<br />
Ihre Unerfahrenheit im Exportgeschäft<br />
brachte die Kooperative zunächst<br />
in eine schwierige Lage <strong>und</strong> zwang sie zur<br />
kompletten Umstrukturierung.<br />
Im Jahr 1987 bekam EXPORSAL dann einen<br />
speziellen Kredit für exportierende<br />
Handwerksgruppen, außerdem logistische<br />
<strong>und</strong> fi nanzielle Unterstützung zum Auftritt<br />
bei internationalen Handelsmessen.<br />
Alle Angestellten durchliefen Trainings-<br />
<strong>und</strong> Fortbildungsprogramme <strong>und</strong> die<br />
Handwerker erhielten technische Unterstützung.<br />
Elena María de Alfaro (vierte von rechts) mit Preisgewinnern<br />
<strong>der</strong> Exporsal-Familie<br />
FAIR-Handel GmbH <strong>der</strong> Abtei, 97359 Münsterschwarzach,<br />
Schweinfurter Str. 40, Tel: 0 93 24-20 273, FAX: 0 93 24-20 493<br />
e-mail: info@fair-handel-gmbh.de, www.fair-handel-gmbh.de<br />
Diese Hilfen stärkten EXPORSAL in seiner<br />
Wettbewerbsfähigkeit auf dem internationalen<br />
Markt: Es wurden bedarfsgerechtere<br />
Produkte entwickelt, auf gleichbleibend<br />
hohe Qualitätsstandards geachtet <strong>und</strong><br />
großen Wert auf einen guten K<strong>und</strong>enservice<br />
gelegt.<br />
Heute ist EXPORSAL als Fairhandelsorganisation<br />
anerkannt, die Arbeits- <strong>und</strong> Produktionsprozesse<br />
sind sozial- <strong>und</strong> umweltverträglich.<br />
Inzwischen beschäftigt EXPORSAL<br />
mehr als 200 Angestellte in ländlichen,<br />
strukturschwachen Gebieten <strong>und</strong> vierzehn<br />
Personen im Büro <strong>der</strong> Hauptstadt für die<br />
Verwaltung <strong>und</strong> die Exportabwicklung.<br />
Seit etwa 20 Jahren führen wir im Fair-<br />
Handel Münsterschwarzach die bunten,<br />
farbenfrohen Hängematten, Hängesitze<br />
<strong>und</strong> Kissenbezüge aus den Weberwerkstätten<br />
El Salvadors, ebenso wie die handbemalten<br />
El Salvador-Kreuze in großer<br />
Vielfalt <strong>und</strong> Auswahl.<br />
Viele dieser Produkte können unsere K<strong>und</strong>en<br />
im aktuellen Prospekt <strong>der</strong> Fair-Handel<br />
GmbH sehen o<strong>der</strong> in unserem web-shop<br />
unter www.fair-handel-gmbh.de bestellen
eDitOriaL<br />
iNhaLt<br />
Seite<br />
Br. Stephan Veith OSB<br />
Vorwort ................................................................... 3<br />
P. Anselm Grün<br />
Lernt von den Lilien ................................................... 4<br />
Br. Thomas Morus Bertram OSB<br />
Blumen als Geschenk Gottes ....................................... 6<br />
P. Jonathan Düring<br />
Blumen: ein unverblümtes Loblied auf die Vergangenheit . 8<br />
Sussan Ipaktschi<br />
mit Blumen Freude schenken – auch für afrika! ..........10<br />
Anja Legge<br />
Die Schöpfung in die Kirche holen .............................12<br />
Br. Thomas Morus Bertram<br />
Blumen kann man nicht essen ...................................14<br />
P. Patrick OSB<br />
arbeit im Garten – <strong>der</strong> Weg zu meiner Verwandlung ...16<br />
Wolfgang Hock<br />
Freude <strong>und</strong> Last für die menschen – Blumen in Kolumbien 18<br />
interview: mit ikebanameisterin<br />
Frau Gerburg Wagner ................................................ 20<br />
Projekt Prokura ........................................................ 21<br />
Werbung Prokura: ..................................................... 22<br />
Namen/Nachrichten .................................................. 24<br />
Dank ....................................................................... 30<br />
Br. Thomas Morus Bertram OSB<br />
aus dem Nähkästchen geplau<strong>der</strong>t ...............................31<br />
Mai 2012<br />
Frangipani: Ihre markanten Blüten<br />
verströmen einen süßen Duft.<br />
Portrait:<br />
Br. Bonaventura Gruben OSB<br />
imPreSSUm<br />
Ruf in die Zeit<br />
AUSGABE MAI 2012, NR. 2/12<br />
MISSIONSBENEDIKTINER<br />
MÜNSTERSCHWARZACH<br />
Das Magazin für <strong>Fre<strong>und</strong>e</strong>, För<strong>der</strong>er <strong>und</strong> Interessenten <strong>der</strong> Missionsarbeit<br />
<strong>der</strong> Abtei Münsterschwarzach<br />
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Redaktion<br />
Br. Stephan Veith (verantw.), Br. Thomas Morus Bertram (verantw.),<br />
Br. Alfred Engert, P. Jonathan Düring, Br. Joachim Witt, Br. Manuel Witt<br />
Herausgeber<br />
Missionsprokura <strong>der</strong> Abtei Münsterschwarzach<br />
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Br. Thomas Morus (S. 1, 5, 6, 12, 13, 14, 15, 22, 23, 28, 29, 31,<br />
32), Städels-Institut (S. 4), DPA (S. 18, 19, 26, 27), Spiegel (S. 7),<br />
P. Jonathan (S. 8, 9), Misereror (S. 11), A. Schösser (S. 16, 17), Anja<br />
Legge (S. 20, 21, 24, 25)<br />
Gesamtherstellung:<br />
Benedict Press, Vier-Türme GmbH, 97359 Münsterschwarzach Abtei<br />
Konzeption: Klaus Gold<br />
Br. StePhaN Veith OSB<br />
Missionsprokurator<br />
<strong>Liebe</strong><br />
Leserinnen <strong>und</strong><br />
Leser...<br />
...im „Ruf in die Zeit“ geht es diesmal um Blumen. Ein fröhliches Thema? Auch,<br />
aber nicht nur. Blumen sind nicht nur Zierde, son<strong>der</strong>n auch knallhartes Geschäft.<br />
Arbeiterinnen aus Kolumbien berichten darüber. Ein harmloses Thema? Gar nicht!<br />
Blumen haben eine religiöse Botschaft für uns. „Seht die Lilien auf dem Felde“,<br />
sagt Jesus. Er stellt uns – den Euro-Sorgen-Geplagten, den Geschäftigen, den<br />
von Burn-out Bedrohten – ganz provokativ eine Zierpfl anze als Vorbild für unsere<br />
Lebensführung hin.<br />
In den aktuellen Nachrichten kommen Blumen höchstens am Valentinstag o<strong>der</strong><br />
zum 1. Mai vor, weil wir dann möglichst viele kaufen sollen. Da geht es sehr stark<br />
ums Geld. Dabei wollen <strong>und</strong> können uns Blumen etwas ganz an<strong>der</strong>es lehren:<br />
innere Schönheit, <strong>Liebe</strong>, Werte jenseits von Nützlichkeit. Was wäre das Leben<br />
ohne solche Werte!<br />
Noch etwas können Blumen uns lehren: das Beten. Beim „Rosen-Kranz“ spüren<br />
wir, dass nicht nur die geschliffene theologische Aussage, nicht das tagesaktuelle<br />
Anliegen allein uns Gott näherbringt. Da gibt es noch etwas jenseits <strong>der</strong> Worte,<br />
etwas schwer Sagbares.<br />
„Lasst Blumen sprechen“ lautet ein alter Slogan. Ja, hören wir, schauen wir, was<br />
sie uns mitteilen wollen. In <strong>der</strong> Bibel, am Altar, im Ikebana-Gesteck, bei <strong>der</strong> Fronleichnamsprozession<br />
als Blumenteppich o<strong>der</strong> am Wegesrand. Wer sich öffnet – wie<br />
eine Blume –, dem gehen die Augen, dem geht das Herz auf.<br />
Ihr Br. Stephan Veith OSB<br />
3
ZUm thema<br />
Lernt von den Lilien!<br />
Blumen in <strong>der</strong> heiligen Schrift<br />
von P. Anselm Grün OSB<br />
Blumen, die aufblühen <strong>und</strong> die Menschen<br />
mit ihrer Schönheit <strong>und</strong> ihrem Duft erfreuen,<br />
sind in <strong>der</strong> Bibel ein Bild für den<br />
Menschen. Aber die Blumen verblühen<br />
auch. Und so verweisen sie die Menschen<br />
auf ihre Sterblichkeit. So heißt es<br />
im Buch Hiob 14,2: „Der Mensch geht wie<br />
die Blume auf <strong>und</strong> welkt, fl ieht wie ein<br />
Schatten <strong>und</strong> bleibt nicht bestehen.“ Der<br />
Psalmist sieht es ähnlich: „Des Menschen<br />
Tage sind wie Gras, er blüht wie die Blume<br />
des Feldes.“ (Ps 103,15) Das sieht <strong>der</strong><br />
Prophet Jesaja auch: „Das Gras verdorrt,<br />
die Blume verwelkt, wenn <strong>der</strong> Atem des<br />
Herrn darüber weht.“ (Jes 40,7)<br />
Im alttestamentlichen Hohenlied ist die<br />
Blume ein Bild für die <strong>Liebe</strong>. Die Braut<br />
selbst schmückt sich mit Blumen. Sie<br />
Paradiesgarten<br />
sagt von sich: „Ich bin eine Blume auf den<br />
Wiesen des Scharon, eine Lilie <strong>der</strong> Täler.“<br />
(Hld 2,1) Im 2. Kapitel stehen die Blumen<br />
allgemein für die <strong>Liebe</strong>, die jetzt aufblüht:<br />
„Auf <strong>der</strong> Flur erscheinen die Blumen; die<br />
Zeit zum Singen ist da.“ (Hld 2,12) Die<br />
Kirchenväter haben diese Bil<strong>der</strong> auf die<br />
Beziehung zwischen Christus <strong>und</strong> seiner<br />
Braut, <strong>der</strong> menschlichen Seele übertragen.<br />
Und sie haben Maria als die schönste Blume<br />
dargestellt. Maria wird von Künstlern<br />
oft im Rosengarten dargestellt o<strong>der</strong> im Paradiesgarten<br />
mit schönen Blumen.<br />
Vertrocknetes blüht auf<br />
Der Prophet Jesaja beschreibt das Heil, das<br />
durch den Messias kommt, im Bild einer<br />
aufblühenden Wüste. „Sie soll prächtig<br />
blühen wie eine Narzisse.“ (Jes 35,2) Die<br />
Narzisse pfl anzte man in Griechenland auf<br />
Gräbern. Man brachte sie mit dem Schlaf<br />
in Verbindung, weil sie sich als Zwiebelgewächs<br />
nach <strong>der</strong> Blüte zurückzieht <strong>und</strong> im<br />
Frühjahr wie<strong>der</strong> erscheint als eine <strong>der</strong> auffälligsten<br />
blühenden Pfl anzen. Wenn Gott<br />
das Heil seines Volkes wirkt, dann wird<br />
auch die Wüste aufblühen wie eine Narzisse.<br />
Das scheinbar Tote bricht auf <strong>und</strong> eine<br />
<strong>der</strong> schönsten Blüten erscheint. Das ist ein<br />
Symbol für uns selbst. Auch wir erleben<br />
uns oft als Wüste, leer <strong>und</strong> unfruchtbar,<br />
vertrocknet <strong>und</strong> farblos. Doch wenn Gott<br />
uns in seinem Sohn Jesus Christus berührt,<br />
dann blüht in uns die Wüste auf wie eine<br />
Narzisse.<br />
Der Prophet Ezechiel sieht Gottes Fürsorge<br />
für sein Volk wie die <strong>Liebe</strong> des Gärtners<br />
zu beson<strong>der</strong>s schönen Blumen: „Wie eine<br />
Blume auf <strong>der</strong> Wiese ließ ich dich wachsen.<br />
Und du bist herangewachsen, bist groß geworden<br />
<strong>und</strong> herrlich aufgeblüht.“ (Ez 16,7)<br />
Wir sind hier die Blumen. Und Gott sorgt<br />
dafür, dass unsere Blume gut wächst <strong>und</strong><br />
schön wird. Ezechiel lädt uns also ein, uns<br />
selbst in den Blumen zu entdecken. Das<br />
Bild <strong>der</strong> Blume öffnet unsere Augen, um<br />
all das Schöne in uns zu erkennen, das<br />
Gott uns geschenkt hat. Und wir sollen<br />
in unserem behutsamen Umgang mit den<br />
Blumen Gottes zärtlichen Umgang mit uns<br />
betrachten.<br />
Wie Gott für uns sorgt<br />
Jesus verweist uns Menschen in unseren<br />
täglichen Sorgen auf die Lilien des Feldes:<br />
„Was sorgt ihr euch um eure Kleidung?<br />
Lernt von den Lilien, die auf dem Feld<br />
wachsen: Sie arbeiten nicht <strong>und</strong> spinnen<br />
nicht. Doch ich sage euch: Selbst Salomo<br />
war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie<br />
eine von ihnen. Wenn aber Gott schon das<br />
Gras so prächtig kleidet, das heute auf dem<br />
4
Feld steht <strong>und</strong> morgen ins Feuer geworfen<br />
wird, wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen!“<br />
(Mt 6,28-30) Die Lilien sollen<br />
uns daran erinnern, dass Gott für uns sorgt.<br />
Jesus spricht davon, dass Gott die Lilien<br />
mit einem schönen Gewand kleidet. Und<br />
Gott bekleidet auch uns. Das Kleid steht<br />
in <strong>der</strong> Bibel nicht nur für die äußere Kleidung,<br />
die wir brauchen <strong>und</strong> für die wir Geld<br />
ausgeben. Die Bibel kennt das Kleid auch<br />
als Bild für das Kleid <strong>der</strong> Gnade. Der Kolosserbrief<br />
mahnt uns: „Bekleidet euch mit<br />
aufrichtigem Erbarmen, mit Güte, Demut,<br />
Milde, Geduld.“ (Kol 3,12) Die Lilien sollen<br />
uns also an dieses Ehrenkleid erinnern, das<br />
uns Christus selbst in <strong>der</strong> Taufe überwirft<br />
<strong>und</strong> das wir rein <strong>und</strong> sauber bewahren sollen.<br />
Die christliche Tradition hat die weiße<br />
Lilie als Symbol <strong>der</strong> Reinheit <strong>und</strong> Unschuld<br />
vor allem Maria zugeordnet. Sie wird gerne<br />
mit einer weißen Lilie dargestellt.<br />
Weisheit Jesu,<br />
Weisheit <strong>der</strong> Natur<br />
Jesus hat nicht nur von den Blumen des<br />
Feldes gesprochen. Er hat – so sagt uns<br />
<strong>der</strong> frühchristliche Theologe Clemens von<br />
Alexandrien – auch einen buntblumigen<br />
Rock getragen. Für Clemens ist das ein<br />
Bild <strong>der</strong> Weisheit Jesu, <strong>der</strong> die Weisheit <strong>der</strong><br />
Narzisse in <strong>der</strong> Wüste<br />
Abt Michael, <strong>der</strong> Rosenfre<strong>und</strong><br />
Natur, wie sie in den vielen Blumen zum<br />
Ausdruck kommt, in sich vereinigt hat. Die<br />
Bibel selbst hat die Weisheit Jesu im Bild<br />
<strong>der</strong> Myrrhe beschrieben. Die Magier aus<br />
dem Osten bringen dem Kind in <strong>der</strong> Krippe<br />
ihre Schätze: Gold, Weihrauch <strong>und</strong> Myrrhe<br />
(Mt 2,11). Die Myrrhe ist für die Alten ein<br />
Paradieseskraut. Es weist hin auf den Zustand<br />
des Paradieses, nach dem wir uns<br />
alle sehnen. Und Myrrhe ist Heilmittel für<br />
unsere W<strong>und</strong>en. In <strong>der</strong> Myrrhe bringen die<br />
Weisen aus dem Osten zum Ausdruck, dass<br />
dort, wo Jesus ist, das Paradies für uns entsteht.<br />
Dort kommen wir in Einklang mit uns<br />
selbst. Dort sind wir offen für Gott. Dort<br />
blüht unser Leben so auf, wie es ursprünglich<br />
gedacht ist. Und die Myrrhe steht für<br />
die Weisheit Jesu, die uns heilt. Heilung<br />
geschieht nicht nur durch die Berührung,<br />
son<strong>der</strong>n auch durch die Weisheit, durch die<br />
weise Lebensführung, durch die richtige<br />
Sicht auf uns <strong>und</strong> unser Leben.<br />
Die Bibel sieht in den Blumen Symbole<br />
<strong>der</strong> Fruchtbarkeit, <strong>der</strong> Schönheit <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Liebe</strong>. Ihr geht es nicht um biologische<br />
Betrachtungen, son<strong>der</strong>n immer um eine<br />
symbolische Sicht. Gott spricht durch die<br />
Natur zu uns. Er bietet uns in den Blumen<br />
einen Spiegel, in dem wir das Geheimnis<br />
unseres Lebens <strong>und</strong> unserer Erlösung<br />
schauen. Schauen Sie mit dem Blick <strong>der</strong><br />
Bibel <strong>und</strong> vor allem mit dem Blick Jesu auf<br />
die Blumen. Dann werden Sie sich selbst<br />
darin erkennen. Sie werden in den Blumen<br />
entdecken, wie Gott an Ihnen handelt <strong>und</strong><br />
welche Schönheit <strong>und</strong> Fruchtbarkeit er Ihnen<br />
schenkt.<br />
P. Anselm Grün OSB<br />
Geboren 1945 in Junkershausen<br />
•Profess 1965 • Priesterweihe<br />
1971 • Seit 1977 Cellerar <strong>der</strong> Abtei<br />
Münsterschwarzach • Geistlicher<br />
Begleiter <strong>und</strong> Bestsellerautor<br />
christ licher Spiritualität<br />
5
ZUm thema<br />
Blumen als Geschenk Gottes<br />
meine mutter <strong>und</strong> die rosen<br />
von Br. Thomas Morus<br />
Bertram OSB<br />
Es war Mai, Marienmonat. Unser Vater<br />
hatte uns Kin<strong>der</strong>n auf die Schrankwand<br />
ein Muttergottesbild gestellt. Mit meiner<br />
älteren Schwester ging ich auf die<br />
Wiese <strong>und</strong> wir pfl ückten für unseren Minialtar<br />
Gänseblümchen <strong>und</strong> stellten sie<br />
in ein Wasserglas neben das Bild. Lei<strong>der</strong><br />
überdauerte unser Blumenschmuck<br />
nicht die kommenden Tage <strong>und</strong> so wan<strong>der</strong>ten<br />
wir wie<strong>der</strong> auf die Wiese, um <strong>der</strong><br />
Muttergottes neue Gänseblümchen zu<br />
bringen.<br />
Ganz an<strong>der</strong>e Blumen bekam unsere Mutter<br />
zum jährlichen Hochzeitstag. Unser<br />
Vater schenkte ihr jedes Jahr einen Strauß<br />
dunkelroter Baccara-Rosen. Die hegte<br />
<strong>und</strong> pfl egte sie, um möglichst lange etwas<br />
von ihnen zu haben. Damit war das<br />
Thema Rosen für meine Mutter aber nicht<br />
erledigt.<br />
1) 2)<br />
Rosen für mich <strong>und</strong> für dich<br />
Wir hatten einen Garten, <strong>und</strong> für sie gab<br />
es nichts Schöneres, als selber Rosenstöcke<br />
im Garten zu haben. Ich wurde von ihr<br />
in die Kunst <strong>der</strong> Pfl ege eingewiesen. Das<br />
Herunterschneiden <strong>und</strong> Einwintern war<br />
allerdings ihre Sache.<br />
Im Schnee sahen die Rosensträucher aus<br />
wie kleine Pyramiden. Mutters ganzer Stolz<br />
war eine wuchtige, stark duftende „Gloria<br />
Dei“-Rose (gelb <strong>und</strong> rosa). Später kamen<br />
die Sorten „Feuerzauber“ (fl ammenrot) <strong>und</strong><br />
„Duftwolke“ (rot) dazu, die ich gerne hatte.<br />
Von Mal zu Mal wurde ein Rosenstrauß ins<br />
Haus gebracht <strong>und</strong> brachte einen betörend<br />
frischen Duft in die Stube. Auch verschenkte<br />
meine Mutter gern einmal Rosen aus<br />
dem Garten. Dabei war ihr großes Vorbild<br />
<strong>der</strong> erste B<strong>und</strong>eskanzler <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland (1949 bis 1963), Konrad<br />
Adenauer, <strong>der</strong> sich als Rosenzüchter einen<br />
Namen gemacht hatte. So wie meiner Mut-<br />
ter, geht es vielen Menschen, die sich von<br />
<strong>der</strong> Schönheit <strong>und</strong> dem Duft <strong>der</strong> Rose in<br />
den Bann ziehen lassen. Schauen wir uns<br />
die Rose einmal näher an.<br />
Die Königin <strong>der</strong> Blumen<br />
Schon die griechische Antike bezeichnet sie<br />
als „Königin <strong>der</strong> Blumen“. Was viele nicht<br />
wissen: Die Rose hat auch eine Frucht, die<br />
Hagebutte. Nur durch den frühzeitigen<br />
Beschnitt <strong>der</strong> Rose bildet sie diese Frucht<br />
nicht aus, blüht dafür aber umso kräftiger.<br />
Beides ist also die gleiche Pfl anze.<br />
Aber neben ihrem Duft <strong>und</strong> <strong>der</strong> Hagebuttenfrucht<br />
haben Rosen Stacheln, die<br />
<strong>der</strong> Volksm<strong>und</strong> im Allgemeinen „Dornen“<br />
nennt. Je nach Zählart, <strong>und</strong> hier handelt<br />
es sich um die Auffassung des Bearbeiters,<br />
umfasst die Gattung Rose zwischen 100<br />
<strong>und</strong> 250 Arten. Begonnen hat die Rosenzucht<br />
<strong>und</strong> Liebhaberei vor Jahrtausenden<br />
6
in Persien. Hier pfl anzte man gefüllte <strong>und</strong><br />
stark duftende Rosen in so genannte Rosengärten.<br />
Wahrscheinlich war hier auch<br />
<strong>der</strong> Ursprung <strong>der</strong> Rosenölgewinnung, denn<br />
die Frauen (nicht nur zur damaligen Zeit)<br />
wollten so herrlich durften wie die Rosen.<br />
Von China wissen wir, dass um 2.750 v.<br />
Chr. königliche Rosengärten in Peking<br />
angelegt wurden, die selbst Konfuzius in<br />
seinen Aufzeichnungen beschreibt.<br />
In Europa waren es die Griechen, die mit<br />
<strong>der</strong> Rosenkultur begannen. Viele Dichter<br />
verherrlichten die Rose, wie zum Beispiel<br />
Homer in seiner Ilias. Bei den Römern<br />
entwickelte sich sogar eine Hochblüte des<br />
Rosenkultes. Im kälteren Norden Europas<br />
fi nden wir sie im Mittelalter in den Klostergärten,<br />
<strong>und</strong> hier als Heilpfl anze. Auch<br />
Hildegard von Bingen hält sie ihrer Heilwirkung<br />
wegen. Einen Durchbruch erlebt<br />
die Rose endlich in <strong>der</strong> Renaissance, wo<br />
neue Kulturrosen kultiviert werden. Ebenfalls<br />
um diese Zeit beginnt in Bulgarien die<br />
erste namhafte Rosenölgewinnung, <strong>und</strong><br />
im Barock setzt sich die Rose als „Königin<br />
<strong>der</strong> Blumen“ durch. Eine <strong>der</strong> größten Rosenliebhaberinnen<br />
war Kaiserin Josephine<br />
von Frankreich (1804 bis 1809), <strong>der</strong>en Rosengarten<br />
weltberühmt wurde.<br />
Betrachten wir die Symbolik, so steht die<br />
rote Rose seit dem Altertum für <strong>Liebe</strong>,<br />
Freude <strong>und</strong> Jugend. Aber auch die Vorstellung<br />
von Schmerz ist vorhanden, denn<br />
es heißt „Keine Rose ohne Dornen“.<br />
Der Rosen-Kranz<br />
3)<br />
In den Anfängen des Christentums entwickelte<br />
sich in Rom eine Rosensymbolik <strong>und</strong><br />
im Mittelalter entsteht die Rosen-Mystik.<br />
Maria als Rose ohne Dornen, auf Bil<strong>der</strong>n<br />
im Rosengarten <strong>und</strong> <strong>der</strong> Rosenkranz als<br />
Gebetsschnur <strong>der</strong> Gläubigen zeigen, wie<br />
stark diese Blume in den christlichen Glauben<br />
hineingewirkt hat. Immer wie<strong>der</strong> tref-<br />
1) Blühende Rose<br />
2) verblühende Rose<br />
3) Konrad Adenauer als Rosenzüchter<br />
fen wir im Lauf <strong>der</strong> Jahrh<strong>und</strong>erte auf die<br />
Rose, als Wappen, im Märchen (Dornröschen)<br />
o<strong>der</strong> bei Kirchbauten, wo man seit<br />
<strong>der</strong> Gotik große Rosettenfenster über dem<br />
Portal anordnete.<br />
Heute wird die Rose als Zierpfl anze sowie<br />
Schnittblume genutzt. Daneben stellen<br />
Rosenöl für die Parfumindustrie <strong>und</strong><br />
Rosenwasser wichtige Produkte dar. Die<br />
Hagebutte hilft bei Erkältung <strong>und</strong> Darmleiden<br />
<strong>und</strong> frisch wird sie zu einer wohlschmeckenden,<br />
vitaminreichen Marmelade<br />
verarbeitet. Selbst das Rosenholz wir<br />
in <strong>der</strong> Kunstschreinerei für Drechsler- <strong>und</strong><br />
Einlege arbeiten benützt.<br />
Die Rose – wahrlich eine Königin.<br />
Br. Thomas Morus Bertram OSB<br />
Geboren 1954 in Göttingen •<br />
Profess 1985 • Diplom-Agraringenieur<br />
• Tansania 1981 – 1984 <strong>und</strong><br />
1987 – 2001. Seit 2001 Mitarbeit<br />
in <strong>der</strong> Missionsprokura<br />
7
ZUm thema<br />
Blumen – ein unverblümtes<br />
Loblied auf die Vergänglichkeit<br />
von P. Jonathan Düring OSB<br />
Ist Vergänglichkeit ein<br />
Zeichen von Vergeblichkeit?<br />
Du bist vergänglich! – dieses Wort wirkt<br />
für viele Menschen wie eine Kriegserklärung.<br />
Durch die Art wie sie leben <strong>und</strong><br />
schaffen (<strong>und</strong> raffen) zeigen sie, wie sehr<br />
sie bemüht sind, die Tatsache aus ihrem<br />
Bewusstsein fernzuhalten, dass auch sie<br />
vergänglich sind. Je länger das Leben<br />
dauert, umso besser. Leben muss für<br />
sie immer wachsen. Dass Leben genauso<br />
ein Vergehen ist, wollen sie nicht an<br />
sich heranlassen. Wortschöpfungen wie<br />
„Nullwachstum“ o<strong>der</strong> „Minuswachstum“<br />
machen nur offenbar, welche Angst vor<br />
dem Lebensausdruck <strong>der</strong> Vergänglichkeit<br />
in diesen Kreisen herrscht. Warum wehren<br />
wir Menschen uns so sehr gegen unsere<br />
Vergänglichkeit? Warum setzen wir<br />
soviel von unserer Energie, von unseren<br />
Ressourcen <strong>und</strong> geistigen Fähigkeiten<br />
ein, um etwas von Dauer zu schaffen?<br />
Warum bekommt die Vergänglichkeit in<br />
unserem Bewusstsein den Beigeschmack<br />
<strong>der</strong> Vergeblichkeit? Warum soll nur das<br />
Bleibende <strong>und</strong> Wachsende wertvoll <strong>und</strong><br />
sinnvoll sein <strong>und</strong> nicht auch das (wie<strong>der</strong>)<br />
Vergehende?<br />
Nur was vergeht,<br />
kann auch schön sein<br />
Es stellt sich die provozierende Frage, was<br />
es mit <strong>der</strong> Unvergänglichkeit auf sich hat.<br />
Ist sie wirklich so erstrebenswert? Das gilt<br />
vor allem für die sogenannte ewige Schönheit.<br />
Wenn wir Schönheit haltbar machen<br />
wollen, wird sie zur mehr o<strong>der</strong> weniger<br />
ausdruckslosen Fassade o<strong>der</strong> Maske. Was<br />
nicht vergeht, kann auch nicht schön sein.<br />
Schönheit gibt es nur, wo es die Vergänglichkeit<br />
gibt. Es ist gerade die immerwährende<br />
Vergänglichkeit, dieser Rhythmus<br />
von Werden <strong>und</strong> Vergehen, <strong>der</strong> das Schöne<br />
erzeugt <strong>und</strong> bezeugt. Was hin<strong>der</strong>t uns daran,<br />
das Erkennen <strong>der</strong> Schönheit mit dem<br />
Vertrauen zu verbinden, dass auf dem Boden<br />
ihrer Vergänglichkeit unendlich viele<br />
neue Schönheit darauf wartet, uns verzaubern<br />
zu dürfen?<br />
Blumen als die immerwährende<br />
Vergänglichkeit des Ewigen<br />
Den besten Anschauungsunterricht in Sachen<br />
Schönheit <strong>und</strong> Vergänglichkeit geben<br />
uns die Blumen. Ich erinnere mich an<br />
meine Kin<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendzeit, in <strong>der</strong> ich<br />
täglich drei Kilometer mit dem Fahrrad in<br />
die Schule <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> zurück zu fahren<br />
hatte. Ich war immer wie<strong>der</strong> fasziniert<br />
davon, wie sich während <strong>der</strong> Jahreszeiten<br />
mit den unterschiedlich blühenden <strong>und</strong><br />
welkenden Blumen <strong>und</strong> Gräsern das Farbenspiel<br />
am Straßenrand verän<strong>der</strong>te. Damals<br />
hat mich das Bild von den Blumen<br />
als „Fußspuren Gottes auf <strong>der</strong> Erde“ angesprochen.<br />
Es machte mir nichts aus, dass<br />
sie auch wie<strong>der</strong> vergingen. Ich hatte sie<br />
bemerkt <strong>und</strong> mich darüber freuen können.<br />
„Ewig“ bekam für mich den Geschmack<br />
von „verlässlich". Die Blumen zeigten mir,<br />
dass da schon „Jemand“ vorneweg ging,<br />
auf dessen Anwesenheit ich mich verlassen<br />
konnte. Die Blumen <strong>und</strong> Kräuter am<br />
Wegrand ließen mich so gerade durch<br />
ihre immerwährende Vergänglichkeit das<br />
Ewige ahnen.<br />
8
Blumen sind mehr<br />
als nur die Blüte<br />
Blumen sind natürliche Botschafter von<br />
Herz zu Herz. Botschafter <strong>der</strong> Schönheit<br />
<strong>und</strong> <strong>Liebe</strong>, des Vertrauens <strong>und</strong> des Frohsinns<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Lebendigkeit. Was uns an<br />
den Blumen anrührt, ist ihr farbenfrohes<br />
Leuchten, ihr Duft, ihre Schönheit. Das<br />
alles aber ist nur eine Phase ihres Wachstums,<br />
die Phase <strong>der</strong> Blüte. Blumen sind<br />
auch dann Blumen, wenn sie nur aus einem<br />
stakeligen Stiel bestehen o<strong>der</strong> nach <strong>der</strong><br />
Blüte nur noch aus Blättern. Sie sind selbst<br />
dann noch Blumen, wenn sie bei uns auf<br />
dem Komposthaufen landen. Es ist gerade<br />
ihre Vergänglichkeit, die dem Leben dient.<br />
Blumen haben ihre ganz bestimmte Zeit.<br />
Die meisten blühen nur kurz – aber sie<br />
blühen immer wie<strong>der</strong>.<br />
Samenkörner bewahren<br />
das Geheimnis<br />
Die Frucht <strong>der</strong> bestäubten Blüte sind die<br />
Samenkörner. In ihnen ist alles vorhan-<br />
den, die ganze Botschaft <strong>der</strong> Blume, die<br />
ganze Art, das ganze Wesen – alles ist<br />
bereits vollständig enthalten. Wenn diese<br />
Samenkörner nun in die entsprechende<br />
Erde fallen, können sie keimen <strong>und</strong> sich<br />
entfalten. Auch hier gilt die Vergänglichkeit.<br />
Der Keim ist <strong>der</strong> Tod des entstandenen<br />
Samenkorns. Erst wenn das Korn<br />
aufgerissen ist, kann es die in ihm schlummernde<br />
Botschaft, sein Blumenwesen mit<br />
bew<strong>und</strong>ernswerter Schubkraft dem Licht<br />
<strong>der</strong> Sonne entgegen wachsen lassen. Was<br />
könnten wir daraus alles für den Umgang<br />
mit unserem eigenen Leben <strong>und</strong> dem, was<br />
in ihm vergeht, lernen! Und was wäre das<br />
für eine Freiheit, wenn wir das Ewige im<br />
Vergänglichen entdecken könnten!<br />
Weil auch Menschen<br />
wie Blumen sind<br />
Als ich nach zwanzig Jahren Jugendarbeit<br />
in unser Priorat nach Damme übersiedelte,<br />
hatte sich <strong>der</strong> Altersdurchschnitt <strong>der</strong><br />
Menschen, mit denen ich tags über zu tun<br />
hatte, schlagartig um 50 Jahre erhöht.<br />
Blumengarten in Damme<br />
Es war nicht mehr die frische jugendliche<br />
Blüte, die mich umgab wie in den Jahren<br />
als Schulseelsorger. Recht schnell aber<br />
hab ich in unserem Gästehaus erkennen<br />
dürfen, zu welch w<strong>und</strong>ervollen Menschen<br />
viele unserer Gäste durch das geworden<br />
sind, was wir Leben nennen, mit all dem,<br />
was es mit sich bringt <strong>und</strong> womit es unsere<br />
Pläne durchkreuzt. Gerade jene, die<br />
sich nicht <strong>der</strong> Tatsache <strong>der</strong> Vergänglichkeit<br />
entgegenstemmen, son<strong>der</strong>n sie mit<br />
einem natürlichen „Ja, das ist so <strong>und</strong> darf<br />
auch so sein“ annehmen können, wirken<br />
als die schönsten Botschafterinnen <strong>und</strong><br />
Botschafter des UNVERGÄNGLICHEN. Ich<br />
erlebe sie als Seine „Herzspuren“ <strong>und</strong><br />
auch sie begegnen mir überall <strong>und</strong> zu<br />
allen Jahreszeiten.<br />
P. Jonathan Düring OSB<br />
Geboren 1960 in Iphofen • Profess<br />
1984 • Priesterweihe 1989<br />
• Seit Oktober 2008 im Priorat<br />
Damme als Subprior <strong>und</strong> Seelsorger<br />
tätig<br />
9
ZUm thema<br />
Mit Blumen Freude schenken<br />
– auch für Afrika!<br />
Fairhandel gegen miserable arbeitsbedingungen <strong>und</strong> Umweltzerstörung<br />
Blumen machen unser Leben<br />
bunter, als Geschenk, als Zeichen<br />
<strong>der</strong> Dankbarkeit o<strong>der</strong><br />
Zuneigung. Damit dies nicht<br />
auf Kosten von Mensch <strong>und</strong><br />
Natur in Afrika o<strong>der</strong> Lateinamerika<br />
geschieht, engagiert<br />
sich das kirchliche Hilfswerk<br />
Misereor für einen fairen<br />
Handel.<br />
Mehr als drei Milliarden Euro<br />
geben allein die Deutschen<br />
jährlich für Schnittblumen<br />
aus. Das ist <strong>der</strong> Spitzenwert in<br />
Europa. Nur etwa 19 Prozent<br />
<strong>der</strong> hier verkauften Blumen<br />
werden auch in Deutschland<br />
erzeugt. Der Rest stammt vor<br />
allem aus den Nie<strong>der</strong>landen<br />
<strong>und</strong> südlichen Län<strong>der</strong>n wie<br />
Kolumbien, Ecuador, Kenia<br />
<strong>und</strong> Simbabwe. Doch auch<br />
<strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong> Blumen, die<br />
wir aus den Nie<strong>der</strong>landen beziehen,<br />
stammt aus Afrika <strong>und</strong><br />
Lateinamerika. Dies hat einen<br />
plausiblen Gr<strong>und</strong>: optimale<br />
klimatische Bedingungen.<br />
Selbst aus ökologischen Gesichtspunkten<br />
ist <strong>der</strong> Anbau<br />
von Schnittblumen in diesen<br />
Län<strong>der</strong>n sinnvoller als die<br />
Produktion in mitteleuropäischen<br />
Gewächshäusern. Das<br />
ist aber nur die eine Seite.<br />
Außerdem sehr lohnend für<br />
die Blumenindustrie sind die<br />
extrem niedrigen Lohnkosten<br />
in Entwicklungslän<strong>der</strong>n,<br />
schlechte Arbeitsbedingungen<br />
<strong>und</strong> keine o<strong>der</strong> niedrige<br />
Umweltschutzstandards. Die<br />
Gehälter orientieren sich oft<br />
unterhalb <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Mindestlöhne (die ohnehin<br />
10
schon sehr niedrig angesetzt sind). Arbeitsverträge<br />
<strong>und</strong> soziale Sicherheit gibt es<br />
nur selten, 52-St<strong>und</strong>en-Wochen sind für die<br />
meist weiblichen Beschäftigten das Normale,<br />
Gewerkschaftsgründungen werden<br />
oft verhin<strong>der</strong>t.<br />
Der Slogan „Hol dir die Natur ins Haus“<br />
wird angesichts des Pestizideinsatzes in<br />
<strong>der</strong> Blumenproduktion zur blanken Ironie.<br />
Hier werden Chemikalien verwendet, die<br />
bei uns als höchst giftig <strong>und</strong> krebserregend<br />
gelten. Die Arbeiterinnen werden kaum<br />
davor geschützt, <strong>und</strong> klagen oft über Ges<strong>und</strong>heitsprobleme<br />
von Kopfschmerzen bis<br />
hin zu Leukämie <strong>und</strong> Fehlgeburten.<br />
Umweltbelastung<br />
Auch wenn die Energiebilanz positiv ist,<br />
belastet die Blumenproduktion in den<br />
Län<strong>der</strong>n des Südens Mensch <strong>und</strong> Umwelt<br />
erheblich. Ein Beispiel für die drastischen<br />
Auswirkungen ist <strong>der</strong> Anbau r<strong>und</strong> um den<br />
See Naivasha in Kenia, <strong>der</strong> 70 Prozent <strong>der</strong><br />
Blumenproduktion des Landes ausmacht.<br />
Aufgr<strong>und</strong> des hohen Wasserverbrauchs –<br />
täglich werden für den Anbau 60.000 Liter<br />
Wasser pro Hektar benötigt – ist <strong>der</strong> Wasserstand<br />
des Sees erheblich gesunken <strong>und</strong><br />
die Trinkwasserversorgung <strong>der</strong> Menschen<br />
gefährdet. Außerdem gelangen die Pfl anzenschutzmittel<br />
ungeklärt in den See <strong>und</strong><br />
stellen eine Gefahr für Mensch <strong>und</strong> Tiere<br />
dar – obwohl <strong>der</strong> See bereits 1995 zu einem<br />
nationalen Schutzgebiet erklärt wurde.<br />
Gerechte Welt durch Blumenkauf<br />
Verbraucherinnen <strong>und</strong> Verbraucher unterschätzen<br />
oft den Einfl uss, den sie auf die<br />
Herstellungsprozesse unserer Konsumgüter<br />
haben. Auch durch den bewussten Kauf von<br />
Blumen kann je<strong>der</strong> seinen Wunsch nach ei-<br />
ner gerechten Welt ausdrücken. Dabei muss<br />
niemand auf die Blumenfreude verzichten.<br />
Inzwischen gibt es mehrere Initiativen, die<br />
zeigen, dass das Geschäft mit den Blumen<br />
auch an<strong>der</strong>s möglich ist. Zum Beispiel das<br />
unter an<strong>der</strong>em durch Misereor initiierte<br />
Fair Trade Siegel. Die Rosenfarmen, die<br />
durch Fair Trade zertifi ziert sind, produzieren<br />
nach klar festgelegten sozialen <strong>und</strong><br />
ökologischen Standards. Konkret bedeutet<br />
dies, menschenwürdige Löhne <strong>und</strong> soziale<br />
Gr<strong>und</strong>sicherung, Gewerkschaftsfreiheit,<br />
Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Umweltschutz für die<br />
Arbeiterinnen. Die Blumen werden direkt<br />
gehandelt, gehen also nicht über die Blumenbörse<br />
in Holland, wie <strong>der</strong> Großteil<br />
des weltweiten Blumenmarktes. Mit <strong>der</strong><br />
Fairtrade-Prämie von zehn Prozent des<br />
Einkaufspreises, über <strong>der</strong>en Verwendung<br />
Management <strong>und</strong> Arbeiterschaft gemeinsam<br />
entscheiden, werden vielfältige Projekte<br />
für die Arbeiterinnen, ihre Familien<br />
<strong>und</strong> Gemeinden fi nanziert. Solche Projekte<br />
sind zum Beispiel die Unterstützung von<br />
Kin<strong>der</strong>tagesstätten <strong>und</strong> Schulen o<strong>der</strong><br />
die Anschaffung von Trinkwasserfi ltern<br />
o<strong>der</strong> Moskitonetzen. Gleichzeitig wird <strong>der</strong><br />
ökologisch verträgliche Anbau geför<strong>der</strong>t<br />
<strong>und</strong> ein nachhaltiges Wassermanagement<br />
vorgeschrieben. Rosen mit dem Fairtrade-<br />
Siegel gibt es in Deutschland in vielen<br />
Supermärkten <strong>und</strong> in Blumenfachgeschäften,<br />
die unter www.fairtrade-deutschland.<br />
de angegeben sind.<br />
Auch das Siegel des „Flower Label Programms“<br />
garantiert die Einhaltung von<br />
Menschenrechten <strong>und</strong> umweltfre<strong>und</strong>lichem<br />
Anbau. Floristikgeschäfte, die diese<br />
Blumen vertreiben, fi ndet man unter www.<br />
fairfl owers.de. Und natürlich gibt es auch<br />
noch die heimische Alternative. Wer sicher<br />
gehen will, dass <strong>der</strong> Blumenschmuck nicht<br />
Tausende von Kilometer um die Welt zurückgelegt<br />
hat o<strong>der</strong> energieintensiv in Ge-<br />
wächshäusern gezüchtet wurde, kann auf<br />
das saisonale Blumenangebot zurückgreifen.<br />
Nach biologisch-ökologischen Kriterien<br />
angebaute Blumen gibt es außerdem<br />
unter den Siegeln Bioland <strong>und</strong> Naturland.<br />
Weitere Informationen:<br />
Siegel zu fairen Blumen: www.fairtradedeutschland.de;<br />
www.fairfl owers.de<br />
Hintergründe: www.vamos-muenster.de:<br />
Der Vamos e.V. hat eine Ausstellung zum<br />
Thema mit dem Titel „FairFlowers“ erstellt,<br />
die Ausstellung, aber auch eine Broschüre<br />
mit u.a. einem Saisonkalen<strong>der</strong> <strong>und</strong> Informationen<br />
zur fairen kirchlichen Beschaffung,<br />
können Sie dort leihen. www.oekofair.de,<br />
die Seite <strong>der</strong> Verbraucherinitiative<br />
Sussan Ipaktschi<br />
Referentin Fairer Handel<br />
MISEREOR<br />
11
ZUm thema<br />
ZUm thema<br />
Die Schöpfung in die Kirche holen<br />
Blumenschmuck für die Abteikirche<br />
von Anja Legge<br />
Ein frischer Duft liegt an diesem Morgen<br />
über den 35 etwas abgetragenen, in Reih’<br />
<strong>und</strong> Glied hängenden schwarzen Chormänteln.<br />
Zwischen St<strong>und</strong>enbüchern <strong>und</strong><br />
Kerzenleuchtern duftet es nach Morgentau<br />
<strong>und</strong> Spätsommerwiese, nach Dahlien<br />
<strong>und</strong> Herbstastern. Auf den Tischen türmen<br />
sich ganze Arme voll frisch geschnittener<br />
Sonnenblumen, über den Fußboden<br />
wuchern Berge zarten Schleierkrauts.<br />
Für ein paar St<strong>und</strong>en in <strong>der</strong> Woche verwandelt<br />
sich die Sakristei <strong>der</strong> großen Münsterschwarzacher<br />
Abteikirche in eine regelrechte<br />
Floristenwerkstatt. Mit geübter<br />
Hand schneidet Erika Beck einige Sonnenblumen<br />
auf die richtige Länge zu <strong>und</strong><br />
drapiert sie in einer bauchigen Terrakotta-<br />
Erika Beck <strong>und</strong> Bru<strong>der</strong> Samuel Paulus OSB mit Blumenschmuck<br />
Vase. Noch ein paar Zweige Schleierkraut<br />
dazu <strong>und</strong> schon ist das erste Entedank-<br />
Arrangement fertig. „Schlicht, dezent,<br />
aber wirkungsvoll soll <strong>der</strong> Blumenschmuck<br />
für die Kirche sein“, erklärt die gelernte<br />
Floristin, die bereits seit mehreren Jahren<br />
für den Blumenschmuck im Gästehaus <strong>der</strong><br />
Abtei zuständig ist <strong>und</strong> seit 2009 auch<br />
für den Blumenschmuck in <strong>der</strong> Abteikirche<br />
sorgt. „Mit normaler Floristik hat das<br />
eigentlich sehr wenig zu tun“, fährt sie fort.<br />
Denn in <strong>der</strong> riesigen hallenartigen Kirche<br />
wirke je<strong>der</strong> „Schnickschnack“ irgendwie<br />
verloren <strong>und</strong> fehl am Platze. Puristisch,<br />
einfach, nicht überladen soll es vielmehr<br />
sein. So könnten große Blüten überraschend<br />
wirkungsvolle Akzente setzen.<br />
Einzelstücke betonen die jeweils ureigene<br />
Schönheit je<strong>der</strong> Blume. Weniger ist eben<br />
auch hier mehr.<br />
Wo ziehen die Mönche ein?<br />
Doch Schönheit ist beileibe nicht alles –<br />
auch <strong>und</strong> vor allem beim Blumenschmuck<br />
in <strong>der</strong> Kirche. Denn neben <strong>der</strong> ästhetischen<br />
Wirkung gilt es verschiedene liturgische<br />
<strong>und</strong> praktische Aspekte zu beachten: Wo<br />
ziehen die Mönche ein? Welcher Bereich<br />
muss für die Umr<strong>und</strong>ung des Altars mit<br />
Weihrauch frei bleiben? Wo wird die Kelchkommunion<br />
gereicht? Nicht zuletzt aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong> ist Erika Beck froh, dass ihr seit<br />
Frühjahr 2011 Bru<strong>der</strong> Samuel Paulus zur<br />
Hand geht. „Bru<strong>der</strong> Samuel ist für mich die<br />
direkte Verbindung zum Kloster. Er kennt<br />
die Vorgaben <strong>und</strong> Maßstäbe <strong>der</strong> Mönche“,<br />
erklärt Erika Beck. Darüber hinaus kommen<br />
immer wie<strong>der</strong> Mitbrü<strong>der</strong> vorbei, um<br />
an Einzelaspekte zu erinnern o<strong>der</strong> Son<strong>der</strong>wünsche<br />
zu formulieren. So informiert Pater<br />
Pascal Herold an diesem Morgen über<br />
liturgische Beson<strong>der</strong>heiten an Erntedank<br />
<strong>und</strong> Pater Dominikus Trautner plant den<br />
Chorauftritt am Abend.<br />
„Alles an<strong>der</strong>e wi<strong>der</strong>spricht mir“<br />
Bru<strong>der</strong> Samuel hat bereits im Noviziat<br />
kleinere Gestecke arrangiert. Wie seine<br />
professionelle Kollegin schätzt auch <strong>der</strong><br />
gebürtige Oberpfälzer an dieser Arbeit das<br />
hohe Maß an Selbständigkeit <strong>und</strong> Kreativität,<br />
<strong>und</strong> Erika Beck fügt hinzu: „Beim<br />
Blumenstecken kann man sich total fallen<br />
lassen.“ In <strong>der</strong> Regel werden Hauptaltar,<br />
Marienaltar, Sakramentsaltar <strong>und</strong> Krypta<br />
wöchentlich neu geschmückt. Hinzu<br />
kommt <strong>der</strong> Blumenschmuck für die Hochfeste<br />
Ostern, Pfi ngsten <strong>und</strong> Weihnachten,<br />
für Erntedank, Kirchweih, Jubiläen <strong>und</strong> die<br />
Namenstage <strong>der</strong> Heiligen an den Seitenaltären.<br />
Die Auswahl <strong>der</strong> Blumen orientiert<br />
sich an den Jahreszeiten – „alles an<strong>der</strong>e<br />
wi<strong>der</strong>spricht mir“, sagt Erika Beck. Zu grossen<br />
Teilen kommen die Blumen aus <strong>der</strong> klo-<br />
12
stereigenen Gärtnerei: im Frühjahr<br />
Tulpen <strong>und</strong> Narzissen, im Sommer<br />
Dahlien <strong>und</strong> Gerbera, im Herbst<br />
Sonnenblumen <strong>und</strong> Astern. Während<br />
<strong>der</strong> Wintermonate muss Erika<br />
Beck auf Blumen aus dem Großhandel<br />
wie Weihnachtssterne, Orchideen<br />
o<strong>der</strong> Lilien zurückgreifen.<br />
Abwechslung ist damit garantiert.<br />
Blumenschmuck o<strong>der</strong><br />
gar Erntedank gibt es<br />
in Peramiho kaum<br />
Ein beson<strong>der</strong>er Fall ist <strong>der</strong> Erntedankschmuck<br />
im Oktober. „Die<br />
Symbolik am Altar – das sprudelnde<br />
Wasser, <strong>der</strong> Weinstock, das Brot<br />
– lässt sich hier w<strong>und</strong>erbar einbinden“,<br />
erklärt Bru<strong>der</strong> Samuel. Außerdem<br />
steuern die Klosterbetriebe<br />
ihre vielfältigen Produkte bei: erntefrisches<br />
Gemüse aus <strong>der</strong> Gärtnerei,<br />
goldgelbes Getreide aus <strong>der</strong> Landwirtschaft,<br />
Wurst <strong>und</strong> Schinken aus<br />
<strong>der</strong> Metzgerei, Brot aus <strong>der</strong> Bäckerei<br />
– alles ist reichlich vorhanden.<br />
Angesichts dieser beinahe schon<br />
Überfülle schleicht sich bei Bru<strong>der</strong><br />
Samuel zuweilen aber auch ein beklemmendes<br />
Gefühl ein: „Während wir hier<br />
mehr haben als wir zum Leben brauchen,<br />
fehlt es an<strong>der</strong>en Menschen am Überlebensnotwendigen“,<br />
meint er nachdenklich.<br />
Bru<strong>der</strong> Samuel weiß dies nur allzu gut aus<br />
eigener Anschauung: Drei Jahre lang war<br />
er als Missionar auf Zeit in Peramiho (Tansania)<br />
<strong>und</strong> hat dort den sehr einfachen<br />
Lebensstil <strong>der</strong> Menschen hautnah erlebt.<br />
Als frappierend, ja befremdlich empfi ndet<br />
er es, dass „die Menschen dort, obwohl sie<br />
viel erdverb<strong>und</strong>ener sind <strong>und</strong> näher an <strong>der</strong><br />
Natur leben, keine intensive Beziehung zur<br />
Schöpfung haben. Blumenschmuck o<strong>der</strong><br />
gar Erntedank gibt es in Peramiho kaum!“<br />
Erntedankgaben in <strong>der</strong> Abteikirche<br />
Blumen bringen Leben<br />
Dennoch hält er Blumen in <strong>der</strong> Kirche für<br />
sehr wichtig: „Auf diese Weise können wir<br />
die Schöpfung in die Kirche holen <strong>und</strong> ihre<br />
unglaubliche Schönheit vor Augen stellen.“<br />
Gerade, aber nicht nur an Erntedank<br />
sollten die Menschen voller Dankbarkeit all<br />
das, was <strong>der</strong> Mensch mit Gottes Hilfe gepfl<br />
egt <strong>und</strong> geschaffen hat, vor Gott tragen.<br />
Darüber hinaus ist <strong>der</strong> bunte Blumenstrauß<br />
für ihn ein Sinnbild für den bunten Strauß<br />
<strong>der</strong> Gemeinschaft, aber auch für das beständige<br />
Werden <strong>und</strong> Vergehen alles Irdischen.<br />
„So wie die Blumen grau werden<br />
<strong>und</strong> Flecken bekommen, stehe auch ich<br />
nicht immer in Blüte <strong>und</strong> werde alt.“ Vor<br />
allem aber, meint Bru<strong>der</strong> Samuel lächelnd,<br />
bringen Blumen Leben in das nüchterne<br />
Gebäude: „Und wo es lebendig ist, hält<br />
man sich doch viel lieber auf, o<strong>der</strong>?!“<br />
Anja Legge<br />
Geboren 1973 in Würzburg •<br />
Studium <strong>der</strong> Germanistik <strong>und</strong> Romanistik<br />
(Französisch <strong>und</strong> Italienisch)<br />
in Würzburg <strong>und</strong> Avignon<br />
• 1998/1999 Staatsexamen für<br />
Lehramt an Gymnasien • verheiratet, zwei Kin<strong>der</strong><br />
• seit 2000 als selbständige Journalistin<br />
in Würzburg tätig.<br />
13
ZUm thema<br />
Blumen kann man nicht essen …<br />
eine etwas an<strong>der</strong>e Safari durch tansania<br />
von Br. Thomas Morus<br />
Bertram OSB<br />
Wenn Sie an Tansania in Ostafrika denken,<br />
fallen Ihnen da nicht schöne Bil<strong>der</strong> ein?<br />
Der Kilimanjaro, Afrikas höchster Berg,<br />
die Nationalparks – wie die Serengeti –<br />
mit ihren riesigen Tierherden <strong>und</strong> bizarren<br />
Landschaften, die großen Seen <strong>und</strong> die<br />
Küste am indischen Ozean <strong>und</strong> nicht zu<br />
vergessen <strong>der</strong> Archipel Sansibar. Da ich als<br />
Landwirt <strong>und</strong> Gärtner 18 Jahre in diesem<br />
Land lebte, möchte ich Sie auf eine Reise<br />
mitnehmen. Es soll um Blumen gehen,<br />
aber Vorsicht, es geht nicht systematisch<br />
zu, denn ich möchte aus meinem „Blumen<br />
Nähkästchen“ plau<strong>der</strong>n.<br />
Selbstwertgefühl durch<br />
die Blume<br />
„Blumen kann man nicht essen. Warum soll<br />
man sie pfl anzen? Das ist doch Kazi bure<br />
1)<br />
(nutzlose Arbeit).“ Dieser Meinung waren<br />
damals unsre Schülerinnen <strong>der</strong> Hauswirtschaftschule.<br />
Keine von ihnen wäre auf die<br />
Idee gekommen, Blumen ums Haus zu pfl anzen.<br />
Heute sieht das ganz an<strong>der</strong>s aus. Viele<br />
unserer ehemaligen Schülerinnen haben eine<br />
Familie <strong>und</strong> voller Stolz zeigen sie mir, wie<br />
sie ihr Heim mit Blumen <strong>und</strong> Blütenbüschen<br />
schmücken. Dann kommt oft ein „Weißt Du<br />
noch …“ <strong>und</strong> wir lachen über die vergangenen<br />
Zeiten. So berichtet mir Schwester<br />
Digna Volkwein, Vinzentinerin von Untermarchtal<br />
<strong>und</strong> seit Jahrzehnten Missionarin<br />
<strong>und</strong> Leiterin <strong>der</strong> Hauswirtschaftsschule vom<br />
Dorf Maguu in den Umatengobergen. Weiter<br />
erzählt sie: „Was war das für ein Kampf,<br />
die Mädchen dazu zu bewegen, schöne Blumenrabatten<br />
auszulegen <strong>und</strong> dann noch zu<br />
gießen. Am liebsten hätten sie alles wie<strong>der</strong><br />
rausgerupft <strong>und</strong> Gemüse gepfl anzt. Es<br />
war ein hartes Stück Weg, ihnen das reine<br />
Nützlichkeitsdenken zu nehmen <strong>und</strong> dafür<br />
den Sinn für das Schöne <strong>der</strong> Schöpfung zu<br />
eröffnen. Das war für mich missionarische<br />
Arbeit, denn es war Teil <strong>der</strong> Ausbildung, um<br />
ihnen mehr Selbstwertgefühl zu geben. Sie<br />
erlebten sich später nicht mehr als lebende<br />
Hacke, son<strong>der</strong>n als wertvoll – wie eine schöne<br />
Blume.“ So wie Schwester Digna Volkwein<br />
ging es vielen Schwestern in den Hauswirtschaftsschulen<br />
im Land. Die Geschichten<br />
glichen sich fast wie ein Ei dem an<strong>der</strong>en.<br />
Mit indischem Blumenrohr<br />
auf Safari<br />
Im Jahre 1989 machten wir zu dritt eine<br />
Reise von Peramiho im Südwesten in den<br />
Norden von Tansania. In Handeni, am<br />
Rand <strong>der</strong> Massaisteppe, sah ich zum ersten<br />
Mal herrliche Helikonien um das Pfarrhaus.<br />
Die rot-gelben Blüten leuchteten durch das<br />
dunkle Grün <strong>der</strong> Blätter. So etwas Schönes<br />
wollten wir gerne im Garten von Peramiho<br />
pfl anzen. Kurz entschlossen nahm Schwester<br />
Karin Kraus einen Tontopf, füllte ihn<br />
mit Erde <strong>und</strong> setzte eine kleine Helikonie<br />
2<br />
14
hinein. Die musste auf <strong>der</strong> langen Safari<br />
einiges aushalten.<br />
Weiter ging unsere Reise in die Usambaraberge,<br />
die Heimat <strong>der</strong> Usambara-Veilchen.<br />
Danach fuhren wir zum Kilimanjaro <strong>und</strong> besuchten<br />
die Franziskanerinnen von Maua.<br />
Gegründet wurde die afrikanische Gemeinschaft<br />
von drei Schwestern aus Luzern in<br />
<strong>der</strong> Schweiz. Eine von ihnen, Schwester<br />
Immaculata Haas, war Gärtnerin, Floristin<br />
<strong>und</strong> verstand sich in <strong>der</strong> Kunst des Makramee-Knüpfens.<br />
All diese Fertigkeiten hatte<br />
sie den jungen Schwestern beigebracht.<br />
Wir konnten das in <strong>der</strong> Kapelle bew<strong>und</strong>ern,<br />
wo drei riesige Makramee-Blumenampeln<br />
den Raum schmückten. Auf dem Gelände<br />
<strong>der</strong> Schwestern gab es neben vielen<br />
Rosenbüschen auch allerlei Blumen <strong>und</strong><br />
Sträucher in Hülle <strong>und</strong> Fülle. Dort erblickten<br />
wir auch das indische Blumenrohr in<br />
verschiedenen Farben, besser bekannt als<br />
Canna. Zwei beson<strong>der</strong>s schöne packen wir<br />
in den Landrover zu <strong>der</strong> Helikonie. Von <strong>der</strong><br />
Canna existieren viele Sorten als Zierpfl anzen,<br />
<strong>und</strong> in Tansania habe ich die unterschiedlichsten<br />
Farbspiele in Parks <strong>und</strong> Gärten<br />
bew<strong>und</strong>ert. Nach zwei Wochen kamen<br />
wir in Peramiho an <strong>und</strong> konnten unsere<br />
Schätze dem Gartenboden anvertrauen.<br />
Was blüht denn alles<br />
in Peramiho<br />
In <strong>und</strong> um das Kloster gab es die unterschiedlichsten<br />
Blumen <strong>und</strong> Blüten. Sicher<br />
waren die Tutzinger Missionsbenediktinerinnen<br />
fe<strong>der</strong>führend mit einem eigenen<br />
Blumengarten. Aber auch unser Gemüse-<br />
<strong>und</strong> Obstgarten hatte einiges zu bieten.<br />
Neben Rosenstöcken waren Helikonien <strong>und</strong><br />
Canna die Hingucker, gefolgt von den kleinen<br />
Tagetes <strong>und</strong> Ringelblumen auf den Gemüsebeeten.<br />
Am Garten standen die Blütenbäume<br />
Jakaranda <strong>und</strong> Flammenbaum,<br />
<strong>der</strong> eine mit violetten <strong>und</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e mit<br />
fl ammendroten Blüten zur Weihnachtszeit.<br />
1) Hauswirtschaftsschule in Maguu<br />
2) Helikonienstaude im Garten<br />
von Peramiho<br />
3) Indisches Blumenrohr-Canna<br />
4) Blüte vom Flammenbaum<br />
5) Duftende Frangipani<br />
6) Bougainvillea in leuchtenden Farben<br />
fi ndet man häufi g<br />
3) 4) 5) 6)<br />
Weihnachtssterne mit einer Höhe bis vier<br />
Metern standen im Wald, <strong>und</strong> auf dem<br />
Friedhof waren es die Frangiphanibäumchen<br />
(Titelbild), <strong>der</strong>en markante Blüten<br />
die Umgebung mit süßem Duft erfüllte.<br />
Von den Schwestern gelernt<br />
Von den Afrikanern waren es vor allem die<br />
Ärztefamilien, die um ihre Häuser einen<br />
schönen Blumenschmuck anlegten. Danach<br />
gefragt, sagte mir Frau Dr. Mushi, dass sie<br />
die <strong>Liebe</strong> zu Blumen in ihrer Schule in Nordtansania<br />
von Schwestern gelernt hätte. Also<br />
Blumen kann man nicht essen, aber mit ihnen<br />
sprechen, denn sie reagieren auf uns.<br />
Br. Thomas Morus Bertram OSB<br />
Geboren 1954 in Göttingen •<br />
Profess 1985 • Diplom-Agraringenieur<br />
• Tansania 1981 – 1984 <strong>und</strong><br />
1987 – 2001. Seit 2001 Mitarbeit<br />
in <strong>der</strong> Missionsprokura<br />
15
ZUm thema<br />
Arbeit im Garten<br />
Der Weg zu meiner Verwandlung<br />
von P. Patrick Mariano, Digos<br />
Meine <strong>Liebe</strong> zu Blumen, Pfl anzen <strong>und</strong><br />
Obstbäumen hat ihre Wurzeln in <strong>der</strong> Vergangenheit,<br />
in meiner Volksschulzeit. Mein<br />
Vater sagte mir immer wie<strong>der</strong>: Bub, Du<br />
musst wissen: Was Du jetzt pfl anzt, das<br />
wird dir selber zum Segen werden!“ Ich<br />
konnte damals nicht verstehen, was er damit<br />
sagen wollte. Ich erinnere mich nur an<br />
den Schmerz, den Kampf, das Murren in<br />
meinem Herzen, denn ich wollte bei den<br />
an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n sein <strong>und</strong> spielen ... ein<br />
leichtes Leben haben. Viele Jahre sind seitdem<br />
vergangen. Was mich mein Vater lehrte,<br />
erwies sich als außerordentlich wertvoll.<br />
Ich habe tatsächlich erfahren, dass jener<br />
Segen seine Wirkung brachte im Werden<br />
<strong>der</strong> Person, die ich jetzt bin.<br />
Im Jahr 1986 trat ich ins Kloster ein. Im<br />
Augenblick, als ich den Platz vor <strong>der</strong> Kirche<br />
betrat, spürte ich unmittelbar, dass ich<br />
hier daheim war. Tief in meinem Innern<br />
meldete sich eine Art Verb<strong>und</strong>enheit, ja<br />
Gemeinschaft mit <strong>der</strong> Erde an diesem Ort.<br />
Natürlich wäre ich unehrlich, wenn ich<br />
behaupten wollte, mein Leben im Kloster<br />
seit dieser Zeit sei immer wie im Rosengarten<br />
gewesen. Nein, da gab es auch genug<br />
Dornengestrüpp. Aber es ist wirklich wahr:<br />
Mein Gefühl <strong>der</strong> Gemeinschaft mit diesem<br />
Ort wuchs langsam durch die tägliche Arbeit<br />
im Garten. Ich fühlte mich sehr wohl<br />
<strong>und</strong> verspürte große Freude, so oft ich die<br />
Gartenwerkzeuge in Händen hielt, meine<br />
Finger schmutzig machte <strong>und</strong> unter <strong>der</strong><br />
glühenden Sonne schwitzte.<br />
Ja, das ist Teil meines Charakters geworden.<br />
Obstbäume wachsen jetzt, wo immer<br />
es möglich ist. Doch offensichtlich waren<br />
meine Hände nicht zufrieden mit <strong>der</strong> Arbeit<br />
im Obstgarten allein. Es wurde meine<br />
Leidenschaft, die unmittelbare Umgebung<br />
des Klosters schön zu gestalten. Ich erkannte<br />
immer mehr, dass Gott mir nicht<br />
nur <strong>Liebe</strong> <strong>und</strong> Geschick für den Garten<br />
geschenkt hat, son<strong>der</strong>n auch die Bereitschaft,<br />
zu schwitzen <strong>und</strong> Opfer auf mich zu<br />
nehmen. Das zeigte sich während meiner<br />
Zeit als Student, als wir unser neues Studienhaus<br />
in Davao bezogen. Während <strong>der</strong><br />
Sommerferien machten wir uns daran, die<br />
Anlage des Rasens zu planen. Die Sache<br />
lief gut an, doch die vielen kleinen Schritte<br />
<strong>der</strong> Durchführung blieben mir überlassen,<br />
bis die ganze Arbeit getan war. Das Resultat<br />
befriedigte mich sehr <strong>und</strong> ebenso<br />
die kleine Gemeinschaft meiner Mitbrü<strong>der</strong>.<br />
Dieses herausfor<strong>der</strong>nde Unternehmen entwickelte<br />
eine Art Energie in mir, die ich<br />
im Herzen bewahrte. Und diese Energie<br />
brennt bis jetzt weiter in mir.<br />
Gleichgewicht<br />
durch Gartenarbeit<br />
Seit Jahren leite ich nun unser Exerzitienhaus,<br />
begegne Menschen in allen Lebensla-<br />
16
gen <strong>und</strong> höre ihnen zu, wenn sie aus ihrem<br />
Leben erzählen. Ich spürte immer mehr,<br />
dass ich etwas brauchte, um im Gleichgewicht<br />
zu bleiben. Arbeit im Garten ist die<br />
Antwort! Sie gibt mir, was ich brauche,<br />
<strong>und</strong> schafft dazu noch eine fre<strong>und</strong>liche<br />
<strong>und</strong> für die Seele wohltuende Atmosphäre<br />
in <strong>der</strong> Natur um das Kloster herum.<br />
Normalerweise leiste ich meine kurzen<br />
Einsätze im Garten fast jeden Tag je nach<br />
<strong>der</strong> Zeit, die mir zur Verfügung steht. Gelegentlich<br />
sind längere Perioden notwendig,<br />
wenn schwerere Arbeiten anstehen. Wenn<br />
ich sehe, dass die Blumen <strong>und</strong> Pfl anzen gut<br />
„antworten“, indem sie ihre Schönheit entfalten,<br />
fi nde ich Frieden <strong>und</strong> innere Freude.<br />
Es ist sehr interessant festzustellen, wie<br />
mich das positiv beeinfl usst. Irgendwie hat<br />
sich die Beziehung einer Symbiose zwischen<br />
mir <strong>und</strong> den Pfl anzen entwickelt.<br />
Je mehr Schweiß ich aus <strong>Liebe</strong> zu ihnen<br />
vergieße, desto reizvoller sehen sie aus als<br />
Antwort auf meine Sorge für sie. Auch an-<br />
<strong>der</strong>e Leute strahlen übers ganze Gesicht ...<br />
Rufe des Staunens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Freude wechseln<br />
sich ab, wenn Gäste Einlass erhalten<br />
<strong>und</strong> den Garten in <strong>der</strong> Klausur des Klosters<br />
„riechen“ dürfen.<br />
Gärten geben Energie<br />
Für mich persönlich ist die Arbeit im Garten<br />
mehr als eine Therapie. Wenn ich meine<br />
Gartenwerkzeuge in <strong>der</strong> Hand habe,<br />
vergesse ich die Zeit. Ich bin zutiefst beeindruckt<br />
von <strong>der</strong> Schönheit, <strong>der</strong>en Mit-Schöpfer<br />
ich mit meinen Händen sein darf. Kein<br />
W<strong>und</strong>er, ich bin wie angehängt an meine<br />
geliebten Gärten. Sie geben mir neue Energie<br />
<strong>und</strong> wecken meine müde gewordenen<br />
Lebensgeister wie<strong>der</strong> auf nach einer Reihe<br />
von Einkehrtagen, in denen ich jede<br />
Menge von „verrückten“ Geschichten aus<br />
den Wirren des Lebens angehört habe. Das<br />
Schwitzen bei <strong>der</strong> Gartenarbeit hat mich<br />
näher zu meiner eigenen Person gebracht.<br />
Es ist ein Weg für meine Verwandlung geworden<br />
<strong>und</strong> lässt mich leichter mit den<br />
Schattenseiten meines „eigenen Patrick“<br />
zurechtkommen. Ja, es hat mir geholfen,<br />
in mir selbst zu stehen.<br />
Jetzt verstehe ich viel besser, was mir mein<br />
Vater sagte, als ich noch ein Kind war. Wie<br />
ein Garten musste ich mich entwickeln, wie<br />
eine Pfl anze musste ich zurechtgeschnitten<br />
werden so wie Gott mich haben wollte,<br />
um fähig zu werden, hier <strong>und</strong> jetzt Zeichen<br />
seiner Gegenwart zu sein.<br />
17<br />
P. Patrick Mariano OSB<br />
Geboren 1959 in Bansalan/<br />
Philippinen • Profess 1988,<br />
Priesterweihe 1993 • Subprior<br />
<strong>der</strong> Gemeinschaft <strong>und</strong> Leiter des<br />
Exer zitienhauses im Digos
ZUm thema<br />
Freude <strong>und</strong> Last<br />
für die Menschen<br />
Blumen in Kolumbien<br />
Von drei Mitarbeiterinnen aus<br />
einer Blumenfabrik im Boyota<br />
In Kolumbien ist es langer Brauch, sich an<br />
vielen Jahrestagen Blumen zu schenken.<br />
Zum Muttertag im Mai, zum Tag <strong>der</strong> <strong>Liebe</strong><br />
<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>schaft am zweiten Sonntag im<br />
September, An Allerheiligen, zu Weihnachten,<br />
zum Tag <strong>der</strong> Sekretärin (24. April). All<br />
diese Tage sind wichtig, aber auch im Alltag<br />
schenken wir uns oft Blumen, zum Geburtstag,<br />
um sich zu entschuldigen, Trauergebinde<br />
zur Beerdigung, um jemandem<br />
Komplimente zu machen, um die Wohnung<br />
zu schmücken. Es gibt ganz viele Gründe<br />
für Blumen, sie sind einfach Teil unseres<br />
täglichen Lebens.<br />
Blumen als Schmuck beim Blumenfest in Medellin, Kolumbien<br />
Was kosten Blumen? Etwa ein Dutzend<br />
kostet zwischen 1,20 <strong>und</strong> 1,50 Euro, aber<br />
das hängt natürlich von <strong>der</strong> Sorte ab, ob es<br />
teurere Rosen o<strong>der</strong> preiswertere Schlüsselblumen<br />
o<strong>der</strong> Margariten sind bei r<strong>und</strong> 200<br />
Euro Mindestlohn macht ein Strauß Blumen<br />
demnach knapp ein Prozent des Lohnes<br />
aus). In <strong>der</strong> Stadt Medellin feiern wir ein<br />
weltweit berühmtes Blumenfest, wo Blumenträger<br />
reich dekorierte Blumengestelle<br />
auf dem Rücken durch die Stadt tragen, <strong>und</strong><br />
wir die Landschaft mit Blumen schmücken.<br />
Sind Blumen wichtig im täglichen Leben?<br />
Ja, überaus wichtig, sie sind natürlich auch<br />
ein Zeichen für Verliebte, ihre Zuneigung<br />
auszudrücken, <strong>Liebe</strong>szeichen an die Mütter<br />
<strong>und</strong> man schenkt auch viele Blumen für die<br />
Gräber. Das ganze Jahr über sieht man in<br />
den Dörfern auf den Friedhöfen ganz viele<br />
Blumen.<br />
Soziale Verantwortung<br />
Sicher ist das Problem mit den großen Gewächshäusern<br />
in Bogota auch in Europa<br />
bekannt. Es gibt die Berichte von Frauen,<br />
die dort unter unfairen Bedingungen arbeiten.<br />
Wir meinen, dass sich einiges relativ<br />
verbessert hat. Es bleibt aber ein Thema<br />
für die soziale Verantwortung <strong>der</strong> Betriebe.<br />
Die großen Anpfl anzungen befi nden sich<br />
in <strong>der</strong> Umgebung <strong>der</strong> Hauptstadt Bogota<br />
18
Die Gewächshäuser sind voll mit giftigen Chemikalien<br />
in den großen Ebenen. Die Orte heißen<br />
beispielsweise Madrid, Mosquera, Funza,<br />
Subacoque, Rosál, Facatativa, Chía. 60<br />
Prozent des Preises macht die Handarbeit<br />
mit den Blumen aus, die zu 80 Prozent<br />
von Frauen geleistet wird. Viele von Ihnen<br />
sind alleinstehende Mütter mit mehreren<br />
Kin<strong>der</strong>n, von den Männern verlassen <strong>und</strong><br />
aus schwierigen sozialen Verhältnissen. In<br />
diesen Berufen verdient man nur den gesetzlichen<br />
Mindestlohn von 200 Euro, dazu<br />
ein wenig Sozialleistung.<br />
Fleißige Frauen<br />
Sehr oft sind die Frauen gezwungen, ihre<br />
Kin<strong>der</strong> sich selbst zu überlassen, da sie<br />
niemanden haben, <strong>der</strong> sich um ihre Kin<strong>der</strong><br />
kümmern könnte. Sie fi nden bei an<strong>der</strong>en<br />
Familien Zufl ucht. Es sind fl eißige Frauen<br />
mit einem hohen Grad an Verantwortung,<br />
die sich wirklich anstrengen, etwas zu sparen,<br />
um ein kleines Häuschen zu bauen.<br />
Sie stehen etwa um halb vier Uhr morgens<br />
auf, bereiten ihren Kin<strong>der</strong>n Frühstück <strong>und</strong><br />
Mittagessen vor, nehmen ihr Essen in die<br />
Betriebe mit, kommen am Nachmittag<br />
von <strong>der</strong> Arbeit zurück, kümmern sich um<br />
Hausaufgaben, Bedürfnisse <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>,<br />
kochen, waschen ohne Waschmaschine,<br />
bügeln, räumen auf, putzen, um am nächsten<br />
Morgen wie<strong>der</strong> vor Tagesanbruch auf<br />
den Beinen zu sein.<br />
„Wir brauchen diese Industrie“<br />
Manche Betriebe behandeln die Mitarbeiter<br />
gerecht. Wir brauchen diese Industrie, weil<br />
sie viele Arbeitsplätze für uns Frauen anbietet,<br />
beson<strong>der</strong>s in den ländlichen Gebieten,<br />
wo es außer Ackerbau keine Arbeitsmöglichkeiten<br />
gibt. Manchmal bieten sich da<br />
nur saisonale Gelegenheitsarbeiten im Akkordlohn<br />
auf dem Feld, ohne Kontinuität,<br />
ohne Urlaub, ohne soziale Absicherung. Nur<br />
wenn die Ernte gut ist, braucht man uns<br />
<strong>und</strong> bezahlt etwas. Deshalb ist die Blumenindustrie<br />
für uns ein sehr gutes Angebot.<br />
Ist die Arbeit im Gewächshaus gefährlich?<br />
Es gibt viele Gerüchte über die Gefahr mit<br />
den chemischen Giften in <strong>der</strong> Blumenarbeit.<br />
Klar, ein bestimmtes Risiko besteht<br />
im Umgang mit den Chemikalien. Deshalb<br />
ist es so wichtig, sorgfältig damit umzugehen,<br />
die Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten,<br />
dass kein Unfall passiert. Beim Anbau<br />
muss man sich gut schützen mit Schürze,<br />
Schutzanzug, Handschuhen, Stiefeln <strong>und</strong><br />
ebenso sind beim Gießen <strong>und</strong> Düngen<br />
Gesichtsmasken, Atemschutz <strong>und</strong> alle genannten<br />
Schutzklei<strong>der</strong> notwendig.<br />
Aufmerksam müssen wir jeden Arbeitsgang<br />
vom Säen, Schneiden, Klassifi zieren,<br />
Gebinde anfertigen, Verpacken <strong>und</strong> Verschicken<br />
begleiten, bis unsere Blumen in<br />
alle Welt <strong>und</strong> auch zu Euch kommen.<br />
Blumenarbeiterinnen in Kolumbien, die<br />
aus Angst ihre Namen nicht nennen wollen<br />
19
iNterVieW<br />
„Je<strong>der</strong> Zweig for<strong>der</strong>t mich neu!“<br />
interview mit ikebanameisterin Gerburg Wagner<br />
Ikebana erfreut sich in Europa immer<br />
größerer Beliebtheit. Auch <strong>der</strong> Benediktinerbru<strong>der</strong><br />
Willigis Stöcklein aus Münsterschwarzach<br />
war fasziniert von dieser<br />
aus dem Buddhismus stammenden Kunst.<br />
Bis zu seinem Tod im Jahr 2000 hat er<br />
unzählige Ikebanakurse geleitet <strong>und</strong> die<br />
japanische Kunst des Blumensteckens an<br />
viele Schüler weitergegeben. Eine seiner<br />
Schülerinnen ist Gerburg Wagner aus Ochsenfurt.<br />
Seit nunmehr 20 Jahren ist die<br />
pensionierte Lehrerin mit gestalttherapeutischer<br />
Zusatzausbildung als Ikebanameisterin<br />
<strong>der</strong> Kiku- <strong>und</strong> <strong>der</strong> Sogetsu-Schule<br />
tätig, gibt Kurse <strong>und</strong> bildet Schüler aus.<br />
Im Interview gewährt sie Einblicke in Ursprung,<br />
Techniken <strong>und</strong> Zielsetzungen des<br />
Ikebana.<br />
Gerburg Wagner<br />
Wie kamen Sie zur Kunst des Ikebana?<br />
Vor 25 Jahren habe ich bei Bru<strong>der</strong> Willigis<br />
Stöcklein meinen ersten Kurs belegt. Eigentlich<br />
wollte ich einfach nur ein bisschen<br />
Blumen stecken. Doch dann war ich bald<br />
tief beeindruckt von <strong>der</strong> charismatischen<br />
Persönlichkeit von Bru<strong>der</strong> Willigis. Es hat<br />
mir imponiert, wie er mit Blumen umgeht,<br />
Br. Willigis Stöcklein<br />
wie unspektakulär er arrangiert. Nach fünf<br />
Jahren bin ich Bru<strong>der</strong> Willigis’ Schülerin<br />
<strong>und</strong> Assistentin geworden <strong>und</strong> habe dann<br />
begonnen, selbst Kurse zu geben <strong>und</strong> mich<br />
fortzubilden.<br />
Was ist Ikebana?<br />
Von <strong>der</strong> Wortbedeutung her leitet sich<br />
Ikebana von japanisch „ikeru“ (= lebendig)<br />
<strong>und</strong> „bana“ (= Blume) her. Ikebana<br />
bedeutet also zunächst einmal „lebendige<br />
Blumen stecken“. Um 600 nach Christus<br />
kam diese Kunst von China nach Japan:<br />
Als Zeichen ihrer Bew<strong>und</strong>erung brachten<br />
die Gläubigen Blumenopfer zu den Altären<br />
Buddhas, die dann von den Mönchen zu<br />
Arrangements zusammengestellt wurden.<br />
Vor allem in Japan entfaltete sich Ikebana<br />
zur vollen Blüte <strong>und</strong> entwickelte sich zu einer<br />
eigenen Kunstform mit klaren Formen,<br />
Stilen <strong>und</strong> unzähligen Schulen.<br />
Ist Ikebana eine Son<strong>der</strong>form <strong>der</strong> Floristik?<br />
Auf keinen Fall. Die Floristik will schmücken<br />
<strong>und</strong> dekorieren. Ikebana hingegen<br />
hat feste Regeln, klare Linien, lebt von<br />
Asymmetrie <strong>und</strong> Kontrast.<br />
Welche Schulen sind die wichtigsten <strong>und</strong><br />
welche praktizieren Sie heute?<br />
Neben zahlreichen kleineren Schulen gibt es<br />
im Wesentlichen vier große Schulen, nämlich<br />
Adachi, Ikenobo, Ohara <strong>und</strong> Sogetsu.<br />
Was alle Schulen verbindet, ist die Vorstellung<br />
von Himmel, Erde <strong>und</strong> Mensch. Aus<br />
<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>form werden verschiedene Aufbaustile<br />
entwickelt, die zum Beispiel dem<br />
Neigungswinkel o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Länge verpfl ichtet<br />
sind. Bru<strong>der</strong> Willigis hat bei Mrs. Georgie<br />
Davidson gelernt, die wie<strong>der</strong>um in ihrer Heimat<br />
England bei einer Japanerin studiert<br />
hatte. Mrs. Davidson hat dann 1972 in Düsseldorf<br />
eine eigene Kiku-Schule gegründet.<br />
Das Reizvolle an dieser Schule ist, dass sie<br />
Gestaltungsformen aus vielen Schulen aufnimmt.<br />
Kiku war auch die Gr<strong>und</strong>lage für<br />
Bru<strong>der</strong> Willigis <strong>und</strong> mich in Münsterschwarzach.<br />
Nach dem Tod von Bru<strong>der</strong> Willigis habe<br />
ich sowohl eine Sogetsu-Lehrer-Ausbildung<br />
gemacht als auch eine Zeit lang in Japan<br />
gelernt. Dort hat mir <strong>der</strong> Ikebanameister Kuwahara<br />
Sensei in seiner klassischen Schule<br />
in Kyoto viele wertvolle <strong>und</strong> zukunftsweisende<br />
Impulse mitgegeben.<br />
Alle Schulen <strong>und</strong> Stile eint die Vorstellung<br />
von Himmel, Erde <strong>und</strong> Mensch…<br />
Richtig, die drei Hauptlinien Shin, Soe <strong>und</strong><br />
Hikae symbolisieren Himmel, Mensch <strong>und</strong><br />
Erde. Diese Linien bilden die die Gr<strong>und</strong>lage<br />
für alle Schalen- <strong>und</strong> Vasenarrangements.<br />
Der Mensch steht dabei – auf welche Art<br />
auch immer – zwischen Himmel <strong>und</strong> Erde.<br />
Was ist beim Arrangieren noch zu beachten?<br />
Das beginnt bereits mit dem Standort. Die<br />
verwendete Vase kann den Stil vorgeben:<br />
Es gibt Vasen, die sich schlank nach oben<br />
öffnen, o<strong>der</strong> Schalen, die mit Hilfe eines<br />
Steckigels besteckt werden. Eine Rolle<br />
spielt auch die Farbenlehre. Ich orientiere<br />
mich hier am Farbkreis von Johannes Itten,<br />
das heißt ich arbeite entwe<strong>der</strong> mit Kontra-<br />
20
sten o<strong>der</strong> Ton in Ton. In <strong>der</strong> Praxis ist das<br />
natürlich nicht ganz so einfach: Obwohl ich<br />
ein großes Blumenfeld vor <strong>der</strong> Haustüre<br />
habe, merke ich immer wie<strong>der</strong>, dass in sich<br />
geschlossene Farbthemen sehr schwierig<br />
zu realisieren sind. Ganz wichtig ist für den<br />
Japaner auch die Beachtung <strong>der</strong> Jahreszeit.<br />
Die Kirschblüte zum Beispiel wird im<br />
Frühjahr verwendet, die Chrysantheme nur<br />
im Oktober.<br />
Bru<strong>der</strong> Willigis Stöcklein defi nierte<br />
Ikebana einmal mit den Worten „Blumen<br />
<strong>und</strong> Zweige zu ihrer vollen Schönheit<br />
entfalten“. Ist das das Hauptziel<br />
dieser Kunst?<br />
Ikebana verfolgt eigentlich mehrere Ziele.<br />
Zum einen erfor<strong>der</strong>t die Technik lebenslanges<br />
Üben <strong>und</strong> Lernen: Zweige werden in<br />
die gewünschte Linienform gebogen o<strong>der</strong><br />
so angeschnitten, dass sie in <strong>der</strong> Vase genau<br />
in die gewünschte Richtung kippen.<br />
Und da for<strong>der</strong>t mich wirklich je<strong>der</strong> Zweig<br />
neu! Wenn Bru<strong>der</strong> Willigis immer sagte,<br />
dass er „noch am Anfang“ stehe, klang das<br />
für mich immer wie falsche Bescheidenheit.<br />
Heute weiß ich: Das war es nicht! Ikebana<br />
ist ein riesiger Schatz an Wissen <strong>und</strong> Erfahrung,<br />
den man langsam ansammelt. Zum<br />
an<strong>der</strong>en dient man mit <strong>der</strong> Ikebana-Kunst<br />
schlicht <strong>und</strong> einfach den Blumen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Schönheit <strong>der</strong> Natur. Vor allem aber ist<br />
Ikebana ein esoterischer Übungsweg, eine<br />
Entwicklung, die man selbst durchmacht.<br />
Mit den Jahren kommt <strong>der</strong> Übende immer<br />
tiefer an seinen Wesens-Kern heran.<br />
Und was ist <strong>der</strong> Kern?<br />
Wo kommt man hin?<br />
Man verän<strong>der</strong>t sich selbst. Ich beobachte<br />
heute viel besser als früher, ich sehe mehr.<br />
Meine Gedanken sind langsamer <strong>und</strong> bewusster<br />
geworden. Das Gestalten im Außen<br />
führt auf den Weg nach Innen. Ikebana<br />
hat da ganz viel Meditatives…<br />
Hana wa kagami<br />
watakushi ga hana o miru<br />
hana ga watakushi o miru<br />
hana ni natta watakushi<br />
ga watakushi o miteriru.<br />
Blumen sind ein Spiegel:<br />
Ich betrachte die Blume,<br />
die Blume betrachtet mich,<br />
ich – zur Blume geworden –<br />
schaue mich an.<br />
Kurisaki Noburo,<br />
Ikebana-Meister<br />
Steckt da nicht auch etwas Christliches<br />
drin?<br />
Ich denke, wir leben in einer Zeit, in <strong>der</strong><br />
sich die einzelnen Glaubensvorstellungen<br />
einan<strong>der</strong> annähern können. Wenn etwas<br />
wirklich stimmig ist, dann stimmt es in sich<br />
immer, egal welche äußere Form es hat.<br />
Was nehmen die Kursteilnehmer aus Ihren<br />
Kursen mit?<br />
Natürlich gibt es Teilnehmer, die einfach<br />
nur lernen wollen, dekorative Blumengestecke<br />
herzustellen. Bei 90 Prozent <strong>der</strong><br />
Kursteilnehmer verän<strong>der</strong>t sich jedoch etwas.<br />
Sie merken, dass sie ein Stück weit zu<br />
sich selber kommen <strong>und</strong> stoßen an Grenzen,<br />
an die sie im wirklichen Leben vermutlich<br />
auch gelangen. Ikebana-Gestecke<br />
sagen deshalb ganz viel über ihren Gestalter<br />
aus. Wenn Sie sich einzelne Aufnahmen<br />
aus dem Ikebana-Kalen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Abtei<br />
ansehen, werden sie in <strong>der</strong> aufstrebenden<br />
Linie mit verspielten, zarten Ausläufern<br />
eine Frau entdecken können, die sensibel<br />
<strong>und</strong> pragmatisch zugleich ist. O<strong>der</strong> in den<br />
vielen Linien, die sich aus einer bauchigen<br />
Vase erheben, eine Frau, die mit beiden<br />
Beinen auf <strong>der</strong> Erde steht, viele Aufgaben<br />
wahrnimmt <strong>und</strong> doch ganz in sich ruht.<br />
Herzlichen Dank für das Interview<br />
Das Interview führte Anja Legge<br />
21
PrOJeKt<br />
In Afrika gibt es<br />
keinen Muttertag.<br />
Dabei hätte eine afrikanische mutter ihn durchaus<br />
verdient… Sie können ihr eine Freude machen!<br />
… eine afrikanische Mutter würde sich über ein Moskitonetz<br />
freuen, damit sie ihre Kin<strong>der</strong> vor <strong>der</strong> heimtückischen<br />
Malaria schützen kann.<br />
1 Moskitonetz kostet 3 Euro<br />
… wenn die Kin<strong>der</strong> Schulhefte hätten, die nicht so teuer<br />
wären, dann wäre das für eine afrikanische Mutter so,<br />
als hätte man ihr einen w<strong>und</strong>erschönen Blumenstrauß<br />
geschenkt<br />
Schulhefte für ein Jahr 10 Euro<br />
Spendenaufruf<br />
Machen Sie einer afrikanischen<br />
Mutter ein Muttertagsgeschenk:<br />
Moskitonetze o<strong>der</strong> Schulspeisung<br />
o<strong>der</strong> Schuluniform o<strong>der</strong> Schulhefte<br />
Herzlichen Dank für Ihre Hilfe<br />
im Namen von afrikanischen Müttern.<br />
Ihr Br. Stephan Veith OSB<br />
… sie wäre froh, hätten ihre Kin<strong>der</strong> einen Platz<br />
im Kin<strong>der</strong>garten, wo sie täglich eine warme<br />
Mahlzeit erhielten<br />
Monatliche Schulspeisung 10 Euro<br />
… es wäre ihr eine große Hilfe, hätte sie das Geld<br />
für die Schuluniform, o<strong>der</strong> ein Gönner würde<br />
ihr die Uniform besorgen<br />
1 Schuluniform 10 Euro<br />
22
...auch ich bin wertvoll<br />
Missionshilfe muss nicht nur<br />
aus Geld bestehen.<br />
Auch<br />
Briefmarken,<br />
Uhren,<br />
Postkarten,<br />
alter Schmuck,<br />
Münzen,<br />
Papiergeld,<br />
o<strong>der</strong><br />
Telefonkarten<br />
geben uns die Möglichkeit,<br />
in Ihrem Namen zu helfen!<br />
Bitte wenden Sie sich an:<br />
Missionsprokura<br />
Abtei Münsterschwarzach<br />
Tel. 09324 - 20 275<br />
Fax 09324 - 20 270<br />
missionsprokura@abtei-muensterschwarzach.de<br />
www.z-e-n-a-r-t.com
NameN/NachrichteN<br />
„Jung, dynamisch <strong>und</strong> cool“<br />
– auch so kann Kirche sein<br />
Seit 30 Jahren gibt es die Jugendvesper in münsterschwarzach<br />
Die „Aktiven <strong>der</strong> Jugendvesper”<br />
30 Jahre ist es her, als die erste Jugendvesper<br />
in <strong>der</strong> Abtei Münsterschwarzach<br />
gefeiert wurde. Trotz ihres nicht mehr<br />
ganz jugendlichen Alters hat diese Form<br />
gemeinschaftlichen Betens <strong>und</strong> Singens<br />
nichts von ihrer Attraktivität <strong>und</strong> Aktualität<br />
eingebüßt.<br />
Der Anfangsimpuls für das Projekt „Jugendvesper“<br />
in Münsterschwarzach fi el<br />
wohl bei <strong>der</strong> Ostertagung <strong>der</strong> Salzburger<br />
Äbtekonferenz im Jahr 1982 in Kremsmünster,<br />
vermutet Pater Jesaja Langenbacher,<br />
<strong>der</strong> die Jugendvesper seit 2009 leitet. Abt<br />
Bonifaz Vogel waren damals begeisterte<br />
Berichte über die dortigen Jugendvespern<br />
zu Ohren gekommen. Nach seiner Rückkehr<br />
klopfte er deshalb bei Pater Anselm<br />
Grün an, ob man so etwas nicht auch in<br />
Münsterschwarzach machen könne… Man<br />
konnte: Gemeinsam mit Pater Meinrad<br />
Dufner <strong>und</strong> Pater Udo Küpper machte<br />
sich Pater Anselm ans Werk. Bereits im<br />
Mai 1982 fand die erste Jugendvesper in<br />
<strong>der</strong> Abtei statt – <strong>und</strong> „<strong>der</strong> Zuspruch muss<br />
überwältigend gewesen sein, die Krypta<br />
war rappelvoll“.<br />
Das Feuer am Brennen halten<br />
Bis heute ist die Jugendvesper ein zentraler<br />
Baustein <strong>der</strong> Münsterschwarzacher<br />
Jugendarbeit <strong>und</strong> ein wichtiges Bindeglied<br />
zwischen den Jugendkursen, die alljährlich<br />
an Silvester, Ostern <strong>und</strong> Pfi ngsten stattfi nden.<br />
Für viele Menschen ist dieser Abend<br />
eine Tankstelle, um das Feuer am Brennen<br />
zu halten. Mancher habe hier gar den ersten<br />
Kontakt zum Klosterleben geknüpft,<br />
berichtet Pater Jesaja. So habe nicht nur er<br />
selbst hier „angedockt“, son<strong>der</strong>n auch Abt<br />
Michael Reepen <strong>und</strong> viele an<strong>der</strong>e seiner<br />
Mitbrü<strong>der</strong>.<br />
Glaube ist hochaktuell<br />
Jeden dritten Freitag im Monat lädt die<br />
Abtei via Handzettel, Internet <strong>und</strong> Facebook<br />
zur Jugendvesper in die Krypta ein.<br />
Zielgruppe sind Jugendliche, junge Erwachsene<br />
<strong>und</strong> Firmlinge ebenso wie jung<br />
gebliebene Fans. Viele wohnen in <strong>der</strong> näheren<br />
Umgebung, manche reisen von weiter<br />
her an – aus Aschaffenburg, Frankfurt,<br />
Bamberg, Forchheim, ja sogar aus Freiburg.<br />
Einige ehemalige Jugendkursler kommen<br />
seit 20 Jahren… „Unser Anliegen ist es, jungen<br />
Menschen zu zeigen, wie hochaktuell<br />
<strong>und</strong> alltagsrelevant <strong>der</strong> Glaube für unser<br />
Leben ist. Wir wollen ihnen Impulse für das<br />
eigene Leben mitgeben <strong>und</strong> die benediktinische<br />
Spiritualität, die ja aus uralten Quellen<br />
gespeist wird, für das Hier <strong>und</strong> Heute<br />
fruchtbar machen“, umreißt Pater Jesaja<br />
das Anliegen des Jugendvesper-Teams.<br />
Zum mehrköpfi gen Team gehören neben<br />
einigen jungen Mitbrü<strong>der</strong>n auch ganz bewusst<br />
„Externe“ wie <strong>der</strong> Sozialpädagoge<br />
Thomas Tribula <strong>und</strong> Theologiestudent Stefan<br />
Sauerbrey. „Wir brauchen Menschen,<br />
die mit dem Herzen dabei sind, die Erfahrungen<br />
mit Gott gemacht haben <strong>und</strong> wissen,<br />
dass sich dieser Weg lohnt“, begründet<br />
Pater Jesaja: „Schließlich sind wir Mönche<br />
nicht allein die geistlichen Experten. Was<br />
zählt, ist das Miteinan<strong>der</strong>.“<br />
P. Jesaja Langenbacher<br />
24
Fußball-WM <strong>und</strong> Heiliger Geist<br />
Miteinan<strong>der</strong> macht man sich auch auf die<br />
Suche nach einem monatlichen Thema,<br />
das oft ungewöhnlich, zuweilen provokant<br />
klingen mag. Bewusst schöpft man dabei<br />
aus allen Lebensbereichen – aus dem aktuellen<br />
Weltgeschehen ebenso wie aus dem<br />
eigenen (Glaubens-)Leben. Das Spektrum<br />
reicht von <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> „Hoffnung<br />
Jugendvesper in <strong>der</strong> Krypta<br />
in deinem Leben“ über die Verbindung von<br />
„Fußball-WM <strong>und</strong> Heiligem Geist“ bis hin<br />
zu Ausblicken über den eigenen Tellerrand.<br />
Natürlich spricht nicht jedes Thema alle<br />
gleichermaßen an. Klare Besucherspitzen<br />
registriert Thomas Tribula aber „immer<br />
dann, wenn eine direkte Betroffenheit<br />
da ist o<strong>der</strong> große Katastrophen passiert<br />
sind“. Immer dann wird das Gebet aktuell,<br />
taucht Vergessenes aus <strong>der</strong> Tiefe auf. So<br />
sei die Krypta beispielsweise während <strong>der</strong><br />
Golfkriege o<strong>der</strong> kurz nach dem Reaktorunglück<br />
in Fukushima brechend voll gewesen.<br />
„Wenn es den Menschen aber gut geht,<br />
brauchen sie Gott nicht“, bedauert Tribula.<br />
Wahre Schatztruhe<br />
Für die, die dennoch kommen, ist die Jugendvesper<br />
ein echter Gewinn. Viel trägt<br />
dazu die ganz eigene Mischung aus Tradition<br />
<strong>und</strong> Innovation bei. Beispiel Psalm-<br />
lesung: Was im ersten Moment etwas antiquiert<br />
klingt, erweist sich bei genauerem<br />
Hinsehen als wahre Schatztruhe. Immer<br />
wie<strong>der</strong> gelingt es den Mönchen, die Sprache<br />
<strong>der</strong> jahrtausendalten Texte ins Heute<br />
zu übersetzen – <strong>und</strong> wenn es anhand <strong>der</strong><br />
Gegenüberstellung mit einem Liedtext von<br />
Udo Lindenberg ist. „Solche prägnanten<br />
Impulse sollen verdeutlichen, dass in<br />
den Psalmen viel Allgemeinmenschliches<br />
steckt, das bis heute aktuell ist“, erklärt<br />
Pater Jesaja. Und plötzlich berühren die<br />
Psalmen auch diejenigen, die bisher nicht<br />
viel mit diesen alttestamentlichen Texten<br />
anfangen konnten (ca. 1100 bis 100 v.<br />
Chr.). Ähnliches passiert bei Schriftlesung<br />
<strong>und</strong> Predigt. Die sehr persönlichen Ansprachen<br />
wollen Anregungen geben, Mut zur<br />
Verän<strong>der</strong>ung machen, zu mehr Einsatz <strong>und</strong><br />
Engagement auffor<strong>der</strong>n. Und auch bei den<br />
Fürbitten geht es alles an<strong>der</strong>e als konventionell<br />
zu: Mal legen die Besucher ihre Hände<br />
auf den Altar, mal steigen die Bitten in Form<br />
von Weihrauch auf, mal werden frei formulierte<br />
Bitten vorgetragen. „In dieser beinahe<br />
intimen Stimmung trauen sich viele,<br />
ihre persönlichen Anliegen auszusprechen“,<br />
sagt Thomas Tribula – die Sorge um den<br />
schwer erkrankten Vater, eine gescheiterte<br />
Beziehung, Angst vor <strong>der</strong> Prüfung. „Hier<br />
kann ich mich eben total öffnen, ohne dass<br />
ich Angst haben muss, mich zu entblößen.“<br />
Kraftvoll-fetzige Rhythmen<br />
zum Mitwippen<br />
Eines <strong>der</strong> Erfolgsgeheimnisse <strong>der</strong> Jugendvesper<br />
liegt jedoch in <strong>der</strong> Musik. Die<br />
musikalische Basis bilden meist Thomas<br />
Tribula (Gitarre), Stefan Sauerbrey (Percussion)<br />
<strong>und</strong> Bru<strong>der</strong> Julian Glienke (Geige).<br />
Oft gesellen sich an<strong>der</strong>e Instrumente dazu<br />
– spontanes Mitmusizieren ist ausdrücklich<br />
erwünscht. Es entsteht eine Musik,<br />
die aus dem Herzen kommt. „Die muss<br />
nicht absolut perfekt sein, aber sie muss<br />
ankommen“, meint <strong>der</strong> leidenschaftliche<br />
Musiker Tribula. Und das tut sie auch: Mal<br />
verführen kraftvoll-fetzige Rhythmen zum<br />
Mitwippen, mal entführen zarte meditative<br />
Klänge in die Tiefen <strong>der</strong> Seele. „Am<br />
Ende herrscht eine intensive Stimmung“,<br />
resümiert Stefan Sauerbrey. Überhaupt ist<br />
für ihn die Jugendvesper <strong>der</strong> lebendige<br />
Beweis dafür, dass Kirche auch „jung, dynamisch<br />
<strong>und</strong> cool“ sein kann. „Man muss<br />
nur bereit sein, etwas zu verän<strong>der</strong>n“, sagt<br />
er: „Dann hat Kirche auch Zukunft!“<br />
25
NameN/NachrichteN<br />
„Liturgie“ eines Fußballspiels <strong>und</strong><br />
Sehnsucht nach Gemeinschaft<br />
Fußballfans gibt es auch bei Mönchen<br />
<strong>und</strong> Nonnen. Wie auf dem Klosterberg in<br />
Königsmünster so auch im Maintal des<br />
Klosters Münsterschwarzach. Zur bevorstehenden<br />
Fußballeuropameisterschaft<br />
vom 8. Juni bis 1. Juli 2012 in Polen/<br />
Ukraine einige Gedanken von P. Maurus<br />
Runge OSB, Abtei Königsmünster<br />
Samstagnachmittag, 16:45 Uhr. Eine<br />
himmlische Stille breitet sich über <strong>der</strong> Abtei<br />
Königsmünster aus. Das ganze Kloster<br />
bereitet sich auf den Sonntag vor. Das ganze<br />
Kloster? Aus mindestens einem Zimmer<br />
sind ungewohnte Töne zu hören. In den paradiesischen<br />
Frieden mischt sich Torjubel,<br />
<strong>und</strong> manchmal hört man den überraschten<br />
Ausruf: „Elfmeter!“ Sie hat wie<strong>der</strong> begonnen,<br />
die samstägliche B<strong>und</strong>esliga-Radiokonferenz.<br />
Für mich ist sie seit meiner Jugend<br />
ein festes Ritual. Für viele Menschen<br />
hat sie Kultstatus. Sie versammeln sich um<br />
einen Radioempfänger (o<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ner: einen<br />
PC/Handy mit Internetanschluss) <strong>und</strong><br />
lauschen gebannt dem Spielverlauf ihres jeweiligen<br />
Lieblingsvereins. Die Sprache verrät<br />
es schon: Wir haben es hier mit Anklängen<br />
an eine mo<strong>der</strong>ne Liturgie zu tun. Auch<br />
Fußballfans mit Schals (Stola)<br />
sonst fi nden sich zwischen Fußball <strong>und</strong><br />
Religion zumindest Anknüpfungspunkte.<br />
Es gibt Menschen, die sich allwöchentlich<br />
in beson<strong>der</strong>e Gewän<strong>der</strong> hüllen <strong>und</strong> prozessionsartig<br />
mit Lie<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Gesängen in<br />
das Stadion ihres Lieblingsvereins pilgern.<br />
Schon rein äußerlich haben die Stadien einen<br />
fast sakralen Charakter – von <strong>der</strong> architektonischen<br />
Gestaltung bis zu den hymnenartigen<br />
Gesängen, die dort erschallen.<br />
„Liturgische Bekleidung“<br />
Das Fußballstadion – die Kathedrale <strong>der</strong><br />
Neuzeit? Vielleicht erscheint dieser Vergleich<br />
manchem etwas überspitzt, doch<br />
ich fi nde die aufgezeigten Parallelen <strong>der</strong><br />
beiden „Liturgien“ bedenkenswert. Was<br />
macht die Faszination aus, die nicht nur<br />
in B<strong>und</strong>esligazeiten, son<strong>der</strong>n mehr noch<br />
bei Welt- <strong>und</strong> Europameisterschaften<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>en (sportlichen) Großveranstaltungen<br />
Tausende ansonsten ganz normale<br />
Menschen ergreift? Zeigt sich da nicht<br />
eine zutiefst menschliche Sehnsucht, die<br />
früher die Religion erfüllen konnte, die<br />
aber mittlerweile aus den Kirchen u. a.<br />
in die Fußballstadien abgewan<strong>der</strong>t ist? Im<br />
Phänomen des Fußballfans mit seiner „liturgischen<br />
Bekleidung“ aus Trikot, Schal,<br />
Schirmmütze <strong>und</strong> Flagge (alles in den<br />
Farben des jeweiligen Vereins) <strong>und</strong> dem<br />
quasi religiösen Liedgut <strong>der</strong> National- <strong>und</strong><br />
Vereinshymnen zeigt sich eine Sehnsucht<br />
nach Zugehörigkeit <strong>und</strong> Gemeinschaft,<br />
die in jedem Menschen angelegt ist, ob<br />
er nun einer offi ziellen Religion angehört<br />
o<strong>der</strong> nicht. Wir alle möchten irgendwo<br />
dazugehören, uns mit an<strong>der</strong>en solidarisieren,<br />
unsere Vereinzelung durchbrechen<br />
auf an<strong>der</strong>e Menschen <strong>und</strong> auf ein<br />
größeres Ziel hin. Der Mensch ist nun<br />
einmal ein Gemeinschaftswesen. Von Geburt<br />
an leben wir in Gemeinschaften, zunächst<br />
uns vorgegeben, später dann selbst<br />
gewählt. Der Schriftsteller Arnold Stadler<br />
spricht von einem „Dazugehörigkeitsverlangen“<br />
des Menschen. Es ist uns sozusagen<br />
fest eingeschrieben, irgendwo dazugehören<br />
zu wollen <strong>und</strong> das auch durch<br />
äußere Zeichen kenntlich zu machen. Das<br />
klassische religiöse Beispiel ist das Ordensgewand,<br />
doch auch im wirtschaftlichen<br />
<strong>und</strong> politischen Leben spricht man immer<br />
mehr von einer corporate identity, die sich<br />
in einer bestimmten Kleidung Ausdruck<br />
verschafft (z.B. in einer speziellen Firmenkrawatte).<br />
Und beim Fußball ist es eben<br />
die Fankleidung.<br />
Ich gehöre zu Jesus<br />
Auch Christen sind vom „Dazugehörigkeitsverlangen“<br />
nicht ausgenommen. Aber<br />
– <strong>und</strong> ist das nicht das eigentliche W<strong>und</strong>er?<br />
– unser Verlangen wird ernst genommen.<br />
Wir dürfen zu einer großen, weltumspannenden<br />
Gemeinschaft, <strong>der</strong> Kirche, gehören.<br />
Und noch mehr: In Jesus Christus fi ndet<br />
unsere tiefste Sehnsucht, dazuzugehören,<br />
ihre Erfüllung. Ganz so, wie es auf einem<br />
Fußballtrikot des ehemaligen brasilia-<br />
26
Auch Jesus hat Fans<br />
nischen Weltfußballers Kaká einmal stand:<br />
I belong to Jesus – „Ich gehöre zu Jesus“.<br />
Ich fi nde es w<strong>und</strong>erbar, dass ich zu einem<br />
solchen Team gehören darf. Einem Team<br />
ganz unterschiedlicher Menschen, in dem<br />
jede <strong>und</strong> je<strong>der</strong> seine <strong>und</strong> ihre ganz eigene<br />
Begabung entfalten darf. Bei den Aposteln<br />
hat das ja schon angefangen: das war eine<br />
Mannschaft von höchst individuellen, fast<br />
schon eigenwilligen Charakteren: Simon<br />
Petrus, <strong>der</strong> Spielführer, <strong>der</strong> capitano, <strong>der</strong><br />
erst langsam in seine Rolle hineinwachsen<br />
muss; Jakobus <strong>und</strong> Johannes, die leicht aufbrausenden<br />
„Donnersöhne“, immer für einen<br />
fl otten Spruch gut, ohne an die Folgen<br />
zu denken – Oliver Kahn lässt grüßen; Thomas,<br />
<strong>der</strong> erst durch die Nacht des Zweifels<br />
hindurch muss, um Jesus berühren zu können;<br />
Matthäus, <strong>der</strong> Zöllner <strong>und</strong> Lebemann<br />
(von Caravaggio auf seinem berühmten<br />
Gemälde zumindest so dargestellt); Judas<br />
Iskariot, <strong>der</strong> tragisch Gescheiterte, <strong>der</strong> so<br />
große Ziele hatte <strong>und</strong> daran zerbrach, dass<br />
Jesus ganz an<strong>der</strong>s war, als er es sich vorgestellt<br />
hatte. Bei diesen Aposteln gibt es<br />
offensichtlich nichts, was es nicht gibt, <strong>und</strong><br />
auf den ersten Blick scheinen sie auch nicht<br />
viel gemeinsam zu haben. Bis auf das eine:<br />
Irgendwann in ihrem Leben hat <strong>der</strong> Ruf<br />
Jesu sie getroffen, sein Blick sie angerührt,<br />
<strong>und</strong> da haben sie alles verlassen <strong>und</strong> sind<br />
ihm nachgefolgt, weil sie spürten: da ist<br />
einer, für den zu leben sich lohnt, da ist ein<br />
Ziel, auf das hin ich leben kann. Und dieses<br />
Ziel schweißt diese so unterschiedlichen<br />
Menschen zu einer Mannschaft zusammen,<br />
die Jesu Botschaft bis in die<br />
hintersten Winkel <strong>der</strong> Erde<br />
trägt. Zusammengehalten<br />
werden sie von einem ganz<br />
beson<strong>der</strong>en Teamgeist. Die<br />
Apostel – <strong>und</strong> das gilt auch<br />
für uns, die wir nach ihrem<br />
Vorbild leben <strong>und</strong> wirken sollen<br />
– haben sich ihren Dienst<br />
nicht ausgesucht, son<strong>der</strong>n<br />
sind dazu berufen worden.<br />
Ganz ähnlich, wie ein Fußballspieler<br />
in die Nationalmannschaft<br />
„berufen“ wird – schon<br />
die Wortwahl ist die gleiche.<br />
Irgendeiner hat sie entdeckt;<br />
sich selbst rufen kann keiner.<br />
Papst Benedikt XVI: Was <strong>der</strong><br />
Fußball lehrt.<br />
Vor 30 Jahren, zur WM 1978, hat <strong>der</strong> damalige<br />
Erzbischof von München, Joseph<br />
Kardinal Ratzinger, eine bemerkenswerte<br />
R<strong>und</strong>funkansprache gehalten. Darin sagt<br />
er: „Der Fußball lehrt den Menschen vor<br />
allem das disziplinierte Miteinan<strong>der</strong>; als<br />
Mannschaftsspiel zwingt er zur Einordnung<br />
des Eigenen ins Ganze. Er verbindet durch<br />
das gemeinsame Ziel; Erfolg <strong>und</strong> Misserfolg<br />
jedes einzelnen liegen in Erfolg <strong>und</strong> Misserfolg<br />
des Ganzen. Und er lehrt schließlich<br />
ein faires Gegeneinan<strong>der</strong>, bei dem die gemeinsame<br />
Regel, <strong>der</strong> man sich unterstellt,<br />
in <strong>der</strong> Gegnerschaft das Verbindende <strong>und</strong><br />
Einende bleibt. Im Zuschauen identifi zieren<br />
sich die Menschen mit dem Spiel <strong>und</strong> den<br />
Spielern <strong>und</strong> sind so selber am Miteinan<strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> Gegeneinan<strong>der</strong>, an seinem Ernst <strong>und</strong><br />
seiner Freiheit beteiligt. Die Spieler werden<br />
zum Symbol des eigenen Lebens.“ Und<br />
so wird auch weiterhin die samstägliche<br />
Stille unseres Klosterberges durch hoffentlich<br />
viele Tore meines Lieblingsvereins<br />
unterbrochen. Und nicht zuletzt bei allen<br />
Spielen <strong>der</strong> Deutschen Nationalmannschaft<br />
während <strong>der</strong> bevorstehenden Fußballweltmeisterschaft<br />
in Polen/Ukraine.<br />
„Ich gehöre zu Jesus“ Ricardo Kaka<br />
27
NameN/NachrichteN<br />
60 Jahre Profess am 13. mai<br />
Bru<strong>der</strong> Vitalis Kapper<br />
geboren am 7. September 1931 in Roxheim/Pfalz, Landkreis Ludwigshafen. Nach dem Besuch des Gymnasiums in<br />
Worms-Bensheim kam Bru<strong>der</strong> Vitalis im Jahre 1950 nach Münsterschwarzach <strong>und</strong> trat in unsere Abtei ein. 1952 war<br />
seine zeitliche Profess <strong>und</strong> durch die ewige Profess am 19. Mai 1955 schloss er sich auf Lebenszeit unserer Gemeinschaft<br />
an. Nach seinem Klostereintritt erlernte er den Beruf des Gärtners <strong>und</strong> arbeitete in <strong>der</strong> Klostergärtnerei. Von 1955 bis<br />
1960 wirkte er in <strong>der</strong> Münsterschwarzacher Nie<strong>der</strong>lassung Hendon in London/England. Dort kümmerte er sich um Haus<br />
<strong>und</strong> Garten. Von 1960 bis 1964 war er im Kloster St. Ludwig bei Wipfeld tätig. Ab 1967 war er für fünf Jahre in <strong>der</strong><br />
Klosterdruckerei eingesetzt. 1972 bis 1993 betreute er die großen Parkanlagen des Klosters. Seit 1993 ist Bru<strong>der</strong> Vitalis<br />
als Hausmeister in den Klostergebäuden eingesetzt. Aber er ist weiterhin nebenbei noch gärtnerisch tätig. Er liefert die Blumen, die er zum Teil<br />
in seinem eigenen Gärtchen heranzieht, für den Kirchenschmuck <strong>und</strong> damit erfreut er auch die Mitbrü<strong>der</strong> an ihren Festtagen wie Geburtstage<br />
<strong>und</strong> Jubiläen. Hobbys von Bru<strong>der</strong> Vitalis sind neben den Blumen, das Briefmarkensammeln <strong>und</strong> das Bergwan<strong>der</strong>n.<br />
Bru<strong>der</strong> Sturmius Stöcklein<br />
geboren am 3. November 1933 in Dörfleins, bei Bamberg. 1950 trat er in unser Kloster ein. Der berufliche Lebensweg<br />
von Bru<strong>der</strong> Sturmius im Kloster war von Anfang an vom graphischen Gewerbe geprägt <strong>und</strong> er war bis vor einigen Jahren<br />
in <strong>der</strong> Druckerei mit Leib <strong>und</strong> Seele tätig. Es begann mit einer Lehre als Schriftsetzer, gefolgt von <strong>der</strong> Buchdruckerlehre,<br />
die er erfolgreich mit <strong>der</strong> Meisterprüfung zum Schriftsetzer abschloss. Seine über 55 Jahre in <strong>der</strong> Klosterdruckerei, sind<br />
zugleich Geschichte. Er führte die kleine Hausdruckerei zu einem erfolgreichen Unternehmen, <strong>der</strong> heutigen Benedict Press<br />
in <strong>der</strong> Vier-Türme-GmbH, die durch kontinuierliches Wachstum auf eine Belegschaft von 35 Mitarbeitern angewachsen<br />
ist. Die Druckerzeugnisse waren von einem optimalen <strong>und</strong> umfassenden Qualitätsstandard, vor allem im Bereich <strong>der</strong><br />
Kunstkataloge. Hobby von Bru<strong>der</strong> Sturmius sind die Briefmarken. Seit Jahren betreut er die Briefmarkensammlung des Klosters <strong>und</strong> ist aktives<br />
Mitglied des Briefmarkenvereins Kitzingen. Nach einigen Jahren Aufenthalt im Haus Benedikt in Würzburg ist Bru<strong>der</strong> Sturmius wie<strong>der</strong> in die<br />
Abtei zurückgekehrt <strong>und</strong> verbringt hier einen aktiven Lebensabend, er springt ein, wo er gebraucht wird, beson<strong>der</strong>s im Vier-Türme-Verlag.<br />
Bru<strong>der</strong> Theodor Gabel<br />
geboren am 18. April 1930 in Löffelstelzen, (Main-Tauber-Kreis). Nach dem Besuch <strong>der</strong> Volksschule in Löffelstelzen bis<br />
1944, half er einige Jahre in <strong>der</strong> elterlichen Landwirtschaft mit. 1947 bis 1950 Buchbin<strong>der</strong>-Lehre bei Fa. H. Kling in Bad<br />
Mergentheim. Am 20. März 1950 Eintritt in unser Kloster, zeitliche Profess 1952. Durch die ewige Profess am 19. Mai 1955<br />
schloss er sich für immer unserer Gemeinschaft an. Nach einigen Jahren auf verschiedenen Posten in <strong>der</strong> Hausmeisterei<br />
<strong>und</strong> Bauabteilung, kam Bru<strong>der</strong> Theodor 1954 wie<strong>der</strong> in die Buchbin<strong>der</strong>ei. 1956 bestand er die Meisterprüfung mit bestem<br />
Erfolg in Würzburg <strong>und</strong> führt seit dieser Zeit die Kloster-Buchbin<strong>der</strong>ei. Bru<strong>der</strong> Theodor hat in diesen 58 Berufsjahren mit<br />
seinen Mitarbeitern unzählige Bücher geb<strong>und</strong>en. Beson<strong>der</strong>es Können erfor<strong>der</strong>t von ihm die Restaurierung alter Bücher, die<br />
zum Teil über 500 Jahre alten Werke sind häufig stark beschädigt. Hobby von Bru<strong>der</strong> Theodor ist das Sammeln von alten Münzen. Außerdem<br />
ist er Sakristan für die evangelische Gemeinde, wenn diese im Torhaus <strong>der</strong> Abtei ihre Sonntagsgottesdienste feiert.<br />
Bru<strong>der</strong> Raphael Hollweck<br />
geboren am 10. Oktober 1932 in Neumarkt in <strong>der</strong> Oberpfalz. Von 1939 bis 1947 besuchte er die Volksschule in Neumarkt.<br />
Bereits 1947 führte sein Weg nach Münsterschwarzach. Im Lehrlingsheim des Klosters konnte er den Beruf des Schlossers<br />
erlernten. Im Jahre 1950 bat er um Aufnahme in die Abtei. 1952 legte er seine zeitliche Profess <strong>und</strong> 1955 seine ewigen<br />
Gelübde ab. Die Tätigkeit in seinem erlernten Beruf als Schlosser beendete er schon 1952. Die Ordensoberen wurden<br />
aber schon bald darauf aufmerksam, welche weiteren Fähigkeiten in Bru<strong>der</strong> Raphael stecken. Er hat beson<strong>der</strong>e Eignung<br />
<strong>und</strong> Gespür im Umgang mit den Menschen. So wechselte er in die Missionsprokura. Dabei trat Bru<strong>der</strong> Raphael mit vielen<br />
Wohltätern des Klosters in Verbindung <strong>und</strong> kümmerte sich um <strong>der</strong>en Anliegen <strong>und</strong> Sorgen. Diese Tätigkeit in Münsterschwarzach<br />
<strong>und</strong> im Kloster St. Benedikt in Würzburg verrichtete er über 25 Jahre. 1980 wurde in <strong>der</strong> Abtei für die große Münsterschwarzacher<br />
Kirche ein Sakristan gebraucht. Dafür wurde Bru<strong>der</strong> Raphael ausgewählt <strong>und</strong> er versah diesen Dienste im Hause Gottes bis 1994 in großer Treue<br />
<strong>und</strong> Gewissenhaftigkeit. Diesen Sakristans-Dienst verrichtete er von 1956 bis 1959 auch im Stift Lambach in Österreich. Ab 1994 arbeitete<br />
er im Fairhandel-Lager. Seit einigen Jahren ist er nun im „Makonde-Laden“ im Torhaus <strong>der</strong> Abtei anzutreffen <strong>und</strong> verkauft die Produkte aus<br />
dem Fairhandel. Mit großem Geschick <strong>und</strong> Einfühlungsvermögen versteht er es, die Waren aus den Missionslän<strong>der</strong>n zu verkaufen, <strong>und</strong> damit<br />
vielen Menschen in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n helfen. Er ist nicht nur Verkäufer, son<strong>der</strong>n vielen Menschen auch Seelsorger.<br />
28 28
Abt Michael Reepen<br />
geboren am 24. Juni 1959 in Freiburg/Breisgau. Schüler am Aufbaugymnasium Heimschule Len<strong>der</strong> in Sasbach. 1979<br />
Abitur, 1981 bis 1982 Studium <strong>der</strong> katholischen Theologie an <strong>der</strong> Universität Freiburg. 1982 Klostereintritt in Münsterschwarzach.<br />
Am 17. September 1983 zeitliche Profess. 1983 bis 1986 Fortsetzung seines Studiums <strong>der</strong> Theologie in<br />
Würzburg, am 6. Januar 1987 Feierliche Profess. Priesterweihe durch Weihbischof Gnädinger von Freiburg am 11. Juli<br />
1987 in Münsterschwarzach. Präfekt <strong>und</strong> Erzieher im Lehrlingsseminar St. Plazidus. 1989 bis 1991 Missionar in <strong>der</strong> Abtei<br />
Ndanda/Tansania. Danach Rektor im Lehrlingsseminar St. Plazidus <strong>und</strong> Schulseelsorger am Egbert-Gymnasium. Von<br />
1997 bis 2006 war Pater Michael Novizenmeister in <strong>der</strong> Abtei Münsterschwarzach. Am 20. Mai 2006 wählten ihn die<br />
Mönche <strong>der</strong> Abtei zum Abt von Münsterschwarzach. Seit nunmehr sechs Jahren führt <strong>und</strong> leitet Abt Michael mit viel Freude <strong>und</strong> Engagement<br />
die Klostergemeinschaft gemäß seinem Wahlspruch „In <strong>der</strong> Freude des Heiligen Geistes“.<br />
<strong>Liebe</strong> <strong>Fre<strong>und</strong>e</strong> <strong>und</strong> Wohltäter!<br />
25 Jahre Priester am 11. Juli<br />
Als ich vor Monaten mein Motto: ‚Lasst uns Taten sehen <strong>und</strong> nicht nur Worte hören’ nie<strong>der</strong>schrieb, ahnte ich nicht, welche<br />
Reaktion damit ausgelöst würde. Mit so einer Resonanz auf unsere Baumpfl anzung in Ndanda habe ich nicht gerechnet. So<br />
möchte ich an dieser Stelle allen Spen<strong>der</strong>n recht herzlich danken. Vielleicht noch ein Nachtrag zur Aufforstung in unserem<br />
Gebiet. Wir hier in Ndanda bevorzugen Edelhölzer wie den Teakbaum, da wir davon ausgehen können, dass diese Bäume<br />
eine lange Standdauer haben werden, bis man sie zu Möbelholz <strong>und</strong> Inneneinrichtungen verarbeitet. Dadurch kann unser<br />
Wald alt werden <strong>und</strong> viele Funktionen im Umweltbereich übernehmen.<br />
<strong>Liebe</strong> Spen<strong>der</strong>, jetzt heißt es, Taten folgen zu lassen <strong>und</strong> genügend Baumsetzlinge für die nächste Regenzeit heranzuziehen.<br />
Nochmals danke ich Ihnen, auch im Namen meiner Mitarbeiter, für Ihre fi nanzielle Hilfe.<br />
Ihr dankbarer Bru<strong>der</strong> Godehard Hell OSB<br />
29 29
DaNK/Serie<br />
<strong>Liebe</strong> <strong>Fre<strong>und</strong>e</strong> <strong>und</strong> <strong>Helfer</strong><br />
<strong>der</strong> „Aktion Schulhefte,<br />
<strong>der</strong> Aufruf des Missionsprokurators von<br />
Münsterschwarzach, Br. Stephan, zu <strong>der</strong><br />
Aktion Schulhefte hat reichliche Früchte<br />
getragen. Ich bedanke mich bei allen Spen<strong>der</strong>n<br />
dafür mit einem ganz herzlichen Vergelts<br />
Gott, o<strong>der</strong> mit einem „Asante sana”,<br />
wie wir es in Suaheli, <strong>der</strong> Landessprache<br />
von Tansania ausdrücken.<br />
Ausbildung ist die beste Form <strong>der</strong> Entwicklungshilfe.<br />
„Ausbildung ist <strong>der</strong> Schlüssel<br />
zum Leben”, ist ein beliebtes Sprichwort<br />
hier zu Lande. Nach diesem Motto haben<br />
wir bereits vor 15 Jahren ganz klein mit<br />
<strong>der</strong> „Aktion Schulhefte“ begonnen <strong>und</strong> sie<br />
ist inzwischen zu einer festen Einrichtung<br />
geworden. Anfangs waren es hauptsächlich<br />
kleine Schulhefte, die wir druckten. Inzwischen<br />
sind die Schulen umgestiegen auf<br />
große DIN A4 Hefte, welche wir in fünf<br />
verschieden Stärken <strong>und</strong> Seitenzahlen herstellen.<br />
Wir verarbeiten jährlich ca. 50 – 60<br />
Tonnen Papier, nur für die Herstellung dieser<br />
Hefte. Es geht uns nicht um das große<br />
Geschäft, son<strong>der</strong>n um eine konkrete Hilfe<br />
für die Schulkin<strong>der</strong>, welche die Hefte zum<br />
halben Preis von uns bekommen. Die zweite<br />
Hälfte des Preises wird durch Spenden fi -<br />
nanziert. Dass diese Aktion so ganz nebenbei<br />
auch noch Arbeitsplätze sichert, ist für<br />
viele Menschen in Tansania eine große Hilfe.<br />
Die Eltern müssen Schuluniformen kaufen<br />
<strong>und</strong> für die höheren Schulen auch Schulgeld<br />
bezahlen, was eine große Belastung für<br />
das geringe Einkommen ist. Von uns erhalten<br />
sie die Schulhefte zu einem günstigen<br />
Preis. Ganz verschenken wollen wir sie aus<br />
erzieherischen Gründen nicht. Was nichts<br />
kostet, ist ja bekanntlich auch nichts wert!<br />
Ich erfahre immer wie<strong>der</strong> den Dank <strong>der</strong><br />
Eltern, Lehrer <strong>und</strong> Schüler für unsere Aktion.<br />
Diesen Dank gebe ich gerne an Sie<br />
weiter. Ich freue mich sehr, Ihre Unterstützung<br />
weitergeben zu dürfen, für eine gute<br />
Ausbildung von vielen jungen Menschen<br />
in Tansania.<br />
Ihr dankbarer Br. Markus Forster OSB<br />
Diese Schulhefte wurden von Ihnen, liebe Wohltäter gespendet. Br. Markus in mitten einer Schulklasse<br />
30
„Plastik blumen“<br />
Kati sang schon den ganzen Morgen<br />
irgendwelche Lie<strong>der</strong>, in denen Rosen<br />
vorkamen. Im Augenblick trällerte<br />
sie aus vollem Halse: „Schenkt man<br />
sich Rosen in Tirol.“ Tom hielt sich<br />
die Ohren zu. Er konnte nichts dagegen<br />
machen, denn Kati war verliebt,<br />
ihr Gesicht leuchtete wie eine rote<br />
Tomate. „Kati, Zettelsuche!“ Das war<br />
Matata.<br />
Mit einem Schlag war die Musik aus.<br />
„Wo? Wer? Ich!“ <strong>und</strong> ehe die an<strong>der</strong>en<br />
sich versahen, wühlte Kati im<br />
Nähkästchen <strong>und</strong> hatte einen Zettel<br />
mit Rosenduft in <strong>der</strong> Hand. „Hier –<br />
lies“, damit streckte Kati den Zettel<br />
Bahati hin <strong>und</strong> die nahm ihn, faltete<br />
ihn auseinan<strong>der</strong> <strong>und</strong> las:<br />
„Kuba, Havanna im Mai 2010. Ich,<br />
das Mädchen Benita Blanca <strong>und</strong><br />
mein Fre<strong>und</strong> Manolito möchten euch<br />
eine Geschichte erzählen. Wir wohnen<br />
in Kubas Hauptstadt Havanna<br />
in <strong>der</strong> Karibik. Oft spielen wir mit<br />
an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n bei <strong>der</strong> alten spanischen<br />
Festung <strong>und</strong> ließen uns von<br />
<strong>der</strong> Meeresgischt bespritzen Einige<br />
Nachmittage in <strong>der</strong> Woche hilft<br />
Manolito nach <strong>der</strong> Schule seinem<br />
Onkel Fernando Blumen zu verkaufen.<br />
Er hat ganze Körbe voller Plastikblumen<br />
<strong>und</strong> die Leute kaufen<br />
diese Blumen, weil sie so haltbar<br />
<strong>und</strong> pfl ege leicht sind.<br />
An einem Sonn tag waren Manolito<br />
<strong>und</strong> ich in <strong>der</strong> Kathedra le <strong>und</strong> nach<br />
dem Gottesdienst kam <strong>der</strong> Küster<br />
auf mich zu <strong>und</strong> fragte: „Darf ich Dir<br />
eine Blume schenken. Ich habe nämlich<br />
eine übrig.“ Zum ersten Mal hielt<br />
ich eine wirkliche Blume in <strong>der</strong> Hand.<br />
Es war eine Rose. Und wie sie duftete.<br />
Manolito konnte sich gar nicht<br />
satt riechen an dem herzlichen Duft.<br />
Ich nahm sie mit heim, stellte sie in<br />
das Wasserglas <strong>und</strong> täglich saßen<br />
Manolito <strong>und</strong> ich vor unsrer Rose.<br />
Nach ein paar Tagen verän<strong>der</strong>te sich<br />
unsere Blume, die Blütenblätter fi ngen<br />
an zu welken <strong>und</strong> unsere geliebte<br />
Rose begann zu sterben. Ich war<br />
ganz traurig. Da nahm mich Manolito<br />
in die Arme <strong>und</strong> sagte: „Mein Opa hat<br />
mir mal gesagt, dass alles Lebendige<br />
einmal sterben muss. Wenn du<br />
nicht sterben willst, darfst du nicht<br />
geboren werden – aber dann erfährst<br />
du auch die Schönheit des Lebens<br />
nicht.“ Dann hat er mich ganz lieb<br />
gedrückt <strong>und</strong> mein Schmerz wurde<br />
kleiner. Zum Schluss haben Manolito<br />
<strong>und</strong> ich je<strong>der</strong> ein Blütenblatt in ein<br />
Buch gelegt – als bleibende Erinnerung<br />
an unsere Rose.
DaS POrtrait<br />
STECKBRIEF:<br />
Name: Br. Bonaventura Gruben OSB<br />
Geboren: 04.08.1931 in Hilden bei Düsseldorf<br />
1945 – 1948: Gärtnerlehre<br />
15.09.1954: Klostereintritt<br />
September 1956: Zeitliche Profess<br />
15.05.1960: Ewige Profess<br />
23.08.1960: Aussendung in unser Haus Hendon/Großbritannien<br />
bis April 1984<br />
15.05.1984 bis 12.1999: Priorat Damme<br />
Seit 2000: Abtei Münsterschwarzach.<br />
Tätigkeiten: Gartenarbeit, Postbote, gelegentlich<br />
Pfortendienst <strong>und</strong> die Verteilung von Zeitungen.<br />
Meine Meinung zum Thema dieser Ruf-Ausgabe:<br />
In je<strong>der</strong> Blume, die blüht, sagt Gott, dass er mich gerne hat. Mögen die Leser <strong>und</strong> Leserinnen dies insbeson<strong>der</strong>e<br />
durch die Ruf-Ausgabe erfahren.<br />
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