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Alois Senefelder – seine Bedeutung für die Druck- und Medientechnik

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Geschichte<br />

<strong>Alois</strong> <strong>Senefelder</strong> <strong>–</strong> <strong>seine</strong> <strong>Bedeutung</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> <strong>Druck</strong>- <strong>und</strong> Me<strong>die</strong>ntechnik<br />

Gutenberg entwickelte ein System zur<br />

Vervielfältigung von Text. Bildmotive<br />

wurden als Holzschnitte in <strong>die</strong>se Textdruckformen<br />

eingefügt, so z.B. Buchschmuck <strong>und</strong><br />

Illustrationen in der zwei<strong>und</strong>vierzigzeiligen<br />

Bibel von 1454. Der Typensatz ist eine<br />

Hochdruckform, seit Gutenbergs System zur<br />

Text- <strong>und</strong> Buchherstellung folgerichtig dann<br />

auch Buchdruck benannt. Wenn wir heute<br />

über Text bzw. Satz sprechen, denken wir an<br />

<strong>die</strong>ses System von Gutenberg. Nicht anders<br />

ist das beim heutigen Bilderdruck. Und damit<br />

sind wir bei <strong>Senefelder</strong>s Erfindungen!<br />

<strong>Senefelder</strong> erfand ein ganz neues <strong>Druck</strong>verfahren:<br />

das chemische Reaktionsdruckverfahren.<br />

Hierbei wird der Gegensatz von<br />

Fett <strong>und</strong> Wasser genutzt. Aus <strong>die</strong>sem ersten<br />

Flachdruckverfahren folgte später der Offsetdruck.<br />

Es ging ihm ähnlich wie Gutenberg<br />

um <strong>die</strong> <strong>Druck</strong>elemente. Das sind im<br />

Satz (Text) <strong>die</strong> Buchstaben <strong>und</strong> bei der Bildherstellung<br />

<strong>für</strong> den <strong>Druck</strong> vor allem <strong>die</strong><br />

Punkte oder auch Kreidekornstrukturen. Er<br />

benutzte als erster systematisch <strong>seine</strong> Feder-<br />

Punktiermethode direkt auf dem <strong>Druck</strong>stock,<br />

um Halbtöne im <strong>Druck</strong> wiedergeben<br />

zu können <strong>–</strong> kleine Punkte <strong>für</strong> helle Töne<br />

<strong>und</strong> größere Punkte <strong>für</strong> dunklere Töne.<br />

Aus <strong>Senefelder</strong>s Erfindungen entwickelte<br />

sich neben dem Stein- <strong>und</strong> Offsetdruck vor<br />

allem auch <strong>die</strong> Reproduktionstechnik <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> drei <strong>Druck</strong>verfahren <strong>–</strong> letztlich bis zu<br />

den heutigen Me<strong>die</strong>ntechniken. In der<br />

<strong>Druck</strong>vorstufe versteht man darunter Verfahren<br />

zur möglichst genauen Wiedergabe<br />

von Schrift <strong>und</strong> Bild. Die Lithographie war<br />

das erste Verfahren, das geeignet war, in<br />

einem Arbeitsgang Bilder <strong>und</strong> Texte auf<br />

<strong>die</strong> <strong>Druck</strong>form aufzubringen, um sie dann<br />

gemeinsam von einer einheitlichen <strong>Druck</strong>form<br />

vervielfältigen zu können.<br />

*aus <strong>Senefelder</strong> Album/ F. Schlotke, Hamburg 1818<br />

**siehe. <strong>Senefelder</strong> Lehrbuch 1818, ab S. 202<br />

Hanns-Peter Schöbel, Schutterwald (D)<br />

Gutenberg braucht nicht näher vorgestellt zu werden. Seine Ver<strong>die</strong>nste sind bekannt. Stark<br />

unterschätzt ist hingegen immer noch <strong>Alois</strong> <strong>Senefelder</strong>. Deshalb eine Würdigung <strong>–</strong><br />

aus Anlass <strong>seine</strong>s 240. Geburtstages.<br />

Bis heute werden <strong>die</strong>se Zusammenhänge<br />

so nicht wahrgenommen. Doch lässt sich<br />

durch <strong>die</strong> Reihe der Erfindungen <strong>und</strong> Verfahrenswege<br />

klarer erkennen, dass <strong>die</strong> modernen<br />

Reproduktionstechniken auf den<br />

Punkt als <strong>Druck</strong>element angewiesen sind.<br />

So beginnt <strong>die</strong> moderne Repro-Story mit<br />

den Erfindungen <strong>und</strong> Verfahrensbeschreibungen<br />

<strong>Senefelder</strong>s.<br />

<strong>Senefelder</strong>s wesentliche Erfindungen<br />

- 1796 erstes chemisches <strong>Druck</strong>verfahren<br />

(Gegensatz: Fettfarbe/Scheidewasser auf<br />

Stein) führte 1796 zum Steindruck als<br />

erstem Flachdruckverfahren.<br />

- 1797 Die erste Steindruckpresse 1797,<br />

zugleich erster <strong>Druck</strong>.<br />

- 1799 Fette Steintinte, fettige Kreide,<br />

<strong>und</strong> eine Stahlfeder ermöglichen <strong>die</strong><br />

Punktiertechnik (Lithographie) auf Stein<br />

<strong>für</strong> Bilder <strong>und</strong> Texte.**<br />

Ätzgr<strong>und</strong> <strong>und</strong> andere Präpariermittel <strong>für</strong><br />

den Stein sowie geeignete <strong>Druck</strong>farben <strong>für</strong><br />

den Steindruck;<br />

Solnhofener Kalksteine, speziell <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Lithographie.<br />

- Um 1808 Korn-, Spritz-, Strich- <strong>und</strong><br />

Punktiertechnik <strong>für</strong> Bilder, (führte später<br />

zur Chromolithographie/Ölgemäldedruck).<br />

- 1826 Umdruck: Übergang zu anderen<br />

<strong>Druck</strong>verfahren, (auch Überdruck/<br />

Auto-graphie genannt). Ausgangspunkt <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> Reprotechniken <strong>und</strong> später den<br />

Notendruck.*<br />

Ätz- <strong>und</strong> Graviertechniken am Stein<br />

Versuche mit Metallplatten <strong>und</strong> Steinpapier<br />

(Ersatz <strong>für</strong> Kalksteine).<br />

Techn. Avor<br />

Vorlagen<br />

Layout<br />

<strong>–</strong> Bild<br />

<strong>–</strong> Text<br />

<strong>–</strong> Daten<br />

Halbtonfoto<br />

Rasterfoto<br />

Montage<br />

Retusche<br />

Proof:<br />

manuell<br />

fotografisch<br />

digital<br />

Verschiedene Verfahrenstechniken erlangten<br />

in <strong>die</strong>sem Zusammenhang be-<br />

sondere <strong>Bedeutung</strong>. Das sind neben der<br />

Erfindung des Stein- bzw. Offsetdruck, der<br />

Lithographie, vor allem der Umdruck, als<br />

Ausgangspunkt <strong>für</strong> <strong>die</strong> reproduktionstechnischen<br />

Verfahren vor der Erfindung von<br />

Raster- <strong>und</strong> Reprofotografie.<br />

Offset, das zweite Flachdruckverfahren . . .<br />

Der Stein- <strong>und</strong> <strong>–</strong> <strong>seine</strong> Weiterentwicklung<br />

<strong>–</strong> der Offsetdruck sind <strong>die</strong> ersten <strong>Druck</strong>verfahren,<br />

bei dem <strong>die</strong> druckenden wie <strong>die</strong><br />

nichtdruckenden Elemente auf einer Ebene<br />

liegen.<br />

Nachdem man schon 1890 im Blechdruck<br />

den indirekten <strong>Druck</strong> praktizierte, baute<br />

Caspar Hermann 1907 in Saarbrücken <strong>seine</strong><br />

erste Offsetmaschine <strong>für</strong> C. G. Roeder, Leipzig.<br />

Hermann erhielt ausserdem ein Patent<br />

<strong>für</strong> den «Homogendruck». Damit konnte<br />

man auf Offsetplatten manuell lithographieren.<br />

Das wurde damals auch genutzt, um<br />

noch kurz vor dem Auflagendruck Farb-<br />

bzw. Tonwertkorrekturen ausführen zu können.<br />

. . . zu den Reproduktionstechniken<br />

Die wesentlichsten Weiterentwicklungen<br />

neben dem <strong>Druck</strong> selbst entstehen aus der<br />

Lithographie <strong>und</strong> dem Umdruck heraus zu<br />

den Reprotechniken. Hier liegt der zweite<br />

entscheidende Beitrag von <strong>Senefelder</strong>s Erfindung.<br />

Die Reproduktionstechniken der<br />

<strong>Druck</strong>vorstufen ermöglichen eine genaue<br />

Wiedergabe <strong>und</strong> umfassende Korrekturmöglichkeiten.<br />

Ein Blick auf <strong>die</strong> Arbeitsab-<br />

Tiefdruckform<br />

Hochdruckform<br />

Flachdruckform<br />

Offset<br />

Datentransfer Datentransfer<br />

Abb. 1: Arbeitsablauf Organisation der Reproduktionstechniken, beispielhaft <strong>für</strong> alle <strong>Druck</strong>verfahren.<br />

© Hanns-Peter Schöbel<br />

9 Fachhefte grafische Industrie 6.2011<br />

<strong>Druck</strong>:<br />

Tiefdruck<br />

Hochdruck<br />

Flachdruck


läufe in der <strong>Druck</strong>vorstufe soll das verdeutlichen<br />

(Abb. 1).<br />

Wie heute bei der me<strong>die</strong>ntechnischen<br />

Bearbeitung von Text <strong>und</strong> Bild steht am Anfang<br />

<strong>die</strong> Arbeitsvorbereitung, gefolgt von<br />

der Datenerfassung. Im Steindruck war <strong>die</strong>s<br />

das Punktieren, Kreiden. In der Fotografie<br />

sind es dann <strong>die</strong> Aufnahmen, Aufrasterungen<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> Endmontage mit Text <strong>und</strong> einem<br />

Kontrollabdruck (heute Proof). Nach dem<br />

OK des K<strong>und</strong>en erfolgt <strong>die</strong> Aufbringung der<br />

Daten auf <strong>die</strong> jeweilige <strong>Druck</strong>form.<br />

<strong>Bedeutung</strong> des Punktes als<br />

<strong>Druck</strong>element<br />

Erst wenn man <strong>die</strong> <strong>Bedeutung</strong> des Punktes<br />

als <strong>Druck</strong>element <strong>für</strong> den Bilderdruck <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> Notwendigkeit von Korrekturmöglichkeiten<br />

berücksichtigt, ist <strong>die</strong> verfahrensübergreifende,<br />

reprotechnische Entwicklung<br />

seit <strong>Senefelder</strong> korrekt einschätzbar.<br />

Das geht von der Lithographie aus zur «Chemigraphie»<br />

<strong>für</strong> den Hochdruck (Klischee)<br />

<strong>und</strong> später zur Tiefdruck-Reproduktion.<br />

Dabei spielt <strong>Senefelder</strong>s Umdruck <strong>die</strong> entscheidende<br />

Rolle.<br />

Was wir heute als Umdruck bezeichnen,<br />

beschreibt <strong>Senefelder</strong> in <strong>seine</strong>m Lehrbuch<br />

als «Überdruck». Dabei wird das <strong>Druck</strong>element<br />

mittels Umdruckpapier auf einen<br />

Kalkstein oder eine Metallplatte übertragen.<br />

Die Vorlage kann eine mit fettiger Farbe auf<br />

Papier gefertigte Zeichnung oder Schrift<br />

sein. Ebenso ist der Umdruck von Stein zu<br />

Stein, oder desgleichen mit Metallplatten<br />

(z.B. Zink) möglich. Zur Übertragung wird<br />

holzfreies, mit Stärkekleister beschichtetes<br />

Papier benutzt. Das Verfahren wurde um<br />

etwa 1930 so intensiv genutzt, dass der<br />

Fachhandel es als Berliner Überdruckpapier<br />

anbot. <strong>Senefelder</strong> bewertet <strong>die</strong>ses Verfahren<br />

als «. . . <strong>die</strong> wichtigste meiner ganzen<br />

Erfindung(en) . . .». Das Umdruckverfahren<br />

wurde eingesetzt <strong>für</strong> Textabzüge (50 pro<br />

St<strong>und</strong>e), den Notendruck, <strong>die</strong> Übertragung<br />

der Umrisszeichnung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Farblithographie<br />

<strong>und</strong> ebenso <strong>für</strong> Überdrucke von Gravuren,<br />

Holzschnitten oder alten Buchdruckschriften.<br />

Die Möglichkeit des Umdruckens der Lithographien<br />

vom Stein auf Zink brachte<br />

nach der Erfindung der Zinkätzung um 1851<br />

Vorteile. Damit waren zum ersten Mal Korrekturen<br />

an Punkten am Zinkklischee möglich.<br />

Die dazu nötige Zinkätztechnik hat<br />

nach Höfel (1840) Gillot 1851 in Paris entwickelt<br />

<strong>und</strong> lange geheim gehalten. Das angewendete<br />

Nasswalzverfahren kommt aus<br />

dem Steindruck (Fett/Wasser). Um 1869<br />

nannte Angerer in Wien <strong>die</strong>ses Gillot-Verfahren<br />

«Chemigraphie».<br />

Noch um 1910 wurde in Stuttgart <strong>die</strong>ser<br />

Weg als Gerstenlauer-Reisacher Verfahren<br />

vom Klischee <strong>für</strong> den 4-Farben-Offsetdruck<br />

eingesetzt. <strong>–</strong> So entwickelte sich <strong>die</strong> Reprotechnik<br />

noch vor den Erfindungen der Reprofotografie<br />

um 1850 <strong>und</strong> der Rasterung<br />

Geschichte <strong>Alois</strong> <strong>Senefelder</strong> <strong>–</strong> <strong>seine</strong> <strong>Bedeutung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Druck</strong>- <strong>und</strong> Me<strong>die</strong>ntechnik<br />

Abb. 2: Chromolithographie in 17 Farben inkl. Skalendruck, mit Detail zur Darstellung der Punktiertechnik<br />

von R. Schulze, Leipzig 1880. Sammlung Schulze, Ludwigburg<br />

(Meisenbach um 1882) durch <strong>die</strong> oben beschriebenen,<br />

manuellen Verfahren. Ohne<br />

Rasterungsmöglichkeit ging das auch nicht<br />

anders.<br />

Schon <strong>die</strong> frühen Chromolithographien<br />

(G. Engelmann, Paris) waren von bis dahin<br />

unerreichter Qualität. Farb- <strong>und</strong> Tonwertanpassungen<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> hohe Farbtiefe erreichte<br />

man durch Übereinanderdruck von bis zu<br />

20 Einzelfarben. Notwendige Korrekturen<br />

wurden mit weiteren Zusatzfarben erzielt.<br />

Das war auf Dauer zu aufwändig! Ent-<br />

scheidende Fortschritte wurden durch<br />

neue Punktier- <strong>und</strong> Rasterungstechniken<br />

erzielt. (Abb. 2)<br />

Durch Meisenbach zu den Rastertechniken*<br />

Das Tangieren kam schon zur Zeit der Chromolithographie<br />

auf <strong>und</strong> wurde bis um 1950<br />

in der Lithographie, auch der späteren Fotolithographie<br />

wie Chemigraphie genutzt. Anfänglich<br />

wurden mit der Feder punktierte,<br />

glatte Töne von einer mit Umdruckfarbe<br />

präparierten Folie auf den Stein übergedruckt.<br />

Seit ca. 1910 ist eine verbesserte<br />

Vorrichtung bekannt, mit der dann auch<br />

Kreuzlinienraster, Kornraster, Linien <strong>und</strong><br />

* Zwischen der Erfindung der Fotografie 1839/50 <strong>und</strong><br />

der Entwicklung der Rastertechnik 1881/1882 vergingen<br />

über 30 Jahre, bis <strong>die</strong> Fotografie <strong>für</strong> <strong>die</strong> Reprotechnik<br />

wirksam werden konnte. Auch zwischen der Einführung<br />

des Rasters bis zur Anwendung in der Fotolithographie<br />

vergingen nochmals etwa 20 Jahre. Damit wird<br />

exemplarisch <strong>die</strong> <strong>Bedeutung</strong> von <strong>Senefelder</strong>s Punktier-<br />

methode <strong>und</strong> des Umdrucks deutlich.<br />

Abb. 3: Tangiereinrichtung um 1910, genutzt vom<br />

Verfasser noch 1950, zur Übertragung von vorgefertig-<br />

ten Tonwerten, vornehmlich auf den Stein direkt.<br />

Bildnachweis: Otto Krüger / Brockhaus, Leipzig 1949.<br />

Muster als grafische Effekte passgenau übertragen<br />

werden konnten. (Abb.3)<br />

Den entscheidenden Fortschritt brachte<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> Reproduktionstechnik neben der Fotografie<br />

(1839/50) <strong>die</strong> Erfindung G. Meisenbachs<br />

Kreuzlinienraster (um 1882) in der<br />

Kamera. Zuerst nutzte man das in der<br />

Klischeeherstellung <strong>für</strong> Autotypien, später<br />

dann im Flachdruck als Photolithographie<br />

(um 1910), bis 1950 noch in Kombination<br />

mit der Chromolithographie. Korrekturen<br />

waren nun weitaus einfacher durchzuführen.<br />

In der Autotypie durch Ätzen des Punktes<br />

auf dem Klischee, in der Fotolithogra-<br />

10 Fachhefte grafische Industrie 6.2011


Geschichte <strong>Alois</strong> <strong>Senefelder</strong> <strong>–</strong> <strong>seine</strong> <strong>Bedeutung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Druck</strong>- <strong>und</strong> Me<strong>die</strong>ntechnik<br />

Abb. 4: Retuschesaal um 1960 in Bern. Bildnachweis: Ernst Born, Basel<br />

phie durch Abschwächen / Ätzen der Punkte<br />

auf dem Repro-Filmmaterial.<br />

Zur fotomechanischen Reproduktion<br />

Die Fotografie wurde durch Daguerres Patent<br />

1839 bekannt, aber erst ca. 10 Jahre<br />

später in der Reproduktionstechnik <strong>für</strong><br />

Halbtonaufnahmen verwendet. Zwei Jahre<br />

danach entwickelte Archer das Jodsilber-<br />

Kollodium-Verfahren <strong>und</strong> 1861 verhalf<br />

Maxwells Filtertechnik zu besseren Farbauszügen.<br />

Diese Halbtonaufnahmen hatten<br />

viele Mängel in der Zeichnung- <strong>und</strong> Einzelfarbentrennung<br />

gegenüber der Vorlage.<br />

Maskierverfahren, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Mängel korrigieren<br />

halfen, kamen erst im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

nach <strong>und</strong> nach auf. So lässt sich der<br />

grosse Retuscheaufwand bis in <strong>die</strong> Zeit um<br />

1950 erklären (Abb. 4)<br />

Mit Dr. Ing. Rud. Hell zur<br />

elektronischen Reproduktion<br />

Ab 1951 kam <strong>die</strong> elektronische Reproduktion<br />

auf. Zuerst durch <strong>die</strong> Hell-Klischee-Graviermaschine<br />

«Klischograf». Im Hell-Scanner<br />

wurden ab 1963 <strong>die</strong> Farbauszüge bezüglich<br />

Farbtrennung <strong>und</strong> Tonwertgenauigkeit einschliesslich<br />

Aufrasterung hergestellt. Der<br />

manuelle Retuscheaufwand sinkt. Das gilt<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> Klischeeherstellung <strong>und</strong> ebenso <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> Offset- <strong>und</strong> Tiefdruck-Reproduktionen.<br />

Besonderheiten gibt es bei der Rasterung<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> Tiefdruckform. Die Übertragung des<br />

auskorrigierten Halbtonrepros auf den Zylinder<br />

erfolgte bis in <strong>die</strong> 1960er-Jahre mittels<br />

Ätzung. Man kopierte <strong>die</strong> Montage der<br />

Positivfilme mit Bild <strong>und</strong> Text auf ein gleichmässig<br />

vorgerastertes Pigmentpapier <strong>und</strong><br />

übertrug das dann auf <strong>die</strong> Kupferschicht des<br />

175 Jahre Flachdruck <strong>–</strong> <strong>die</strong> Briefmarke von 1972 zu<br />

Ehren des Erfinders.<br />

Zylinders. Durch Ätzung entstanden im<br />

<strong>Druck</strong>zylinder <strong>die</strong> Rasternäpfchen-Punkte.<br />

Ab 1962 kam dann durch <strong>die</strong> Hell-Helio-<br />

Klischografen <strong>die</strong> elektronische Gravur<br />

der Näpfchen auf. Um 1980 nutzte man<br />

übergangsweise das OT-Verfahren, hierbei<br />

Hanns-Peter<br />

Schöbel,1936,<br />

Gelernter Chromo-/<br />

Fotolithograph<br />

(Meister), stud.<br />

Werbewirtschaft,<br />

bis 1985 Geschäftsführer/Gesellschafter<br />

der EKG Elektron<br />

Klischee GmbH, Stuttgart, danach Ressortleiter<br />

Vorstufentechnik der Burda <strong>Druck</strong>ereien.<br />

Fachautor, Vorsitzender Reprotechnik<br />

nationaler <strong>und</strong> internationaler Verbände der<br />

<strong>Druck</strong>industrie, zuletzt Unternehmensberatung<br />

<strong>Druck</strong> vorstufe / Projektleitung.<br />

Derzeit tätig in der Me<strong>die</strong>nforschung <strong>und</strong><br />

Mitglied im IADM (Internationaler Arbeitskreis<br />

<strong>Druck</strong> + Me<strong>die</strong>n.)<br />

wurden Offset-Rasterfilme gravurtechnisch<br />

«entrastert» auf den <strong>Druck</strong>zylinder übertragen.<br />

Die Herstellung der <strong>Druck</strong>formen nimmt<br />

schliesslich <strong>für</strong> den Offsetdruck <strong>die</strong> <strong>Druck</strong>plattenkopie<br />

<strong>und</strong> im Tiefdruck wie dargestellt<br />

<strong>die</strong> Zylinderherstellung vor. Während<br />

im Buchdruck <strong>die</strong> <strong>Druck</strong>elemente am <strong>Druck</strong>stock<br />

(Klischee) auch direkt korrigiert werden<br />

konnten, war <strong>und</strong> ist das bei der Herstellung<br />

der <strong>Druck</strong>zylinder im Tiefdruck nur<br />

bedingt <strong>und</strong> bei der Offsetplatte nicht möglich.<br />

Was bleibt? <strong>–</strong> über Apple zur<br />

Me<strong>die</strong>ntechnik<br />

Text <strong>und</strong> Bild entstanden seit jeher in getrennter<br />

Herstellung. Erst durch Bild- <strong>und</strong><br />

Schriftlithographie kam ein gemeinsamer<br />

Herstellungsweg auf. Die elektronische,<br />

wie <strong>die</strong> digitale Technik heute ermöglichen<br />

<strong>die</strong> gemeinsame Verarbeitung von Text <strong>und</strong><br />

Bild im Computer. Die Me<strong>die</strong>ntechnik heute<br />

hat ihre Vorläufer in der elektronischen<br />

Reproduktion <strong>und</strong> Satztechnik sowie der<br />

Entwicklung der PC-Technologie (u.a. Apple/<br />

Mac 1980). Um das alles digital <strong>und</strong> automatisiert<br />

herstellen zu können, entwickelten<br />

sich z.B. <strong>Druck</strong>-Kontrollsysteme (mittels<br />

spezieller Rasterelemente), Farbstandards<br />

(Euroskala/<strong>Druck</strong>), Colormanagement-Systeme<br />

usw.<br />

So bleibt uns in der Me<strong>die</strong>n- <strong>und</strong> <strong>Druck</strong>technik<br />

<strong>die</strong> gesamte Erfahrung seit <strong>Senefelder</strong>,<br />

besonders <strong>die</strong> fotografische Farbtrennung,<br />

<strong>die</strong> gesamte Retuschemethodik. Das<br />

alles verpackt in Software. Am deutlichsten<br />

entdecken wir <strong>Senefelder</strong> noch, wenn eine<br />

Bildkopie nur mittels Rasterung (Punkten)<br />

kopierbar ist. Die grossen Zeitdifferenzen<br />

zwischen Erfindung / Patentanmeldung <strong>und</strong><br />

praktischer Nutzung zeigen, dass Entwicklungen<br />

nicht nur über ein neues Verfahren,<br />

sondern vor allem über deren praktische<br />

Anwendbarkeit bewertet werden müssen.<br />

Das ging der elektronischen Bildverarbeitung<br />

nicht anders als den Softwareentwicklungen<br />

heute.<br />

Wenn man aber dem Bilderdruck eine<br />

kulturpolitisch ähnliche, wichtige <strong>Bedeutung</strong><br />

zuordnen würde, wie dem Text, er-<br />

gibt sich aus den dargestellten Zusammenhängen,<br />

besonders jedoch durch <strong>die</strong><br />

Erfindungen <strong>Senefelder</strong>s <strong>und</strong> deren Weiterentwicklung,<br />

dass wir <strong>die</strong>sen Erfindern<br />

eine deutlich höhere Aufmerksamkeit zukommen<br />

lassen sollten, als das derzeit<br />

der Fall ist.<br />

Hanns-Peter.Schoebel@t-online.de<br />

11 Fachhefte grafische Industrie 6.2011

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