Journal Riga 2011 - Netzwerk Ost-West
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Sachverhalt 1 - Rettungsfolter<br />
5. Rechtsanwalt Berning als Verteidiger<br />
für Recht anerkannt:<br />
1. Der Angeklagte wird wegen Nötigung an Magnus Gäfgen zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen<br />
zu 100 € verurteilt.<br />
2. Dem Angeklagten werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.<br />
Angewandte Strafvorschriften: § 240 I, IV StGB.<br />
Gründe:<br />
I.<br />
1. Der Angeklagte Wolfgang Daschner besuchte nach dem Abitur an einem berliner Gymnasium<br />
die Polizeiakademie und ist seit seinem Abschluss im Jahr 1978 als Polizeikommissar<br />
tätig. Er ist verheiratet und wohnt zusammen mit seiner Ehefrau in einer Mietwohnung<br />
in der Barbarossastraße in Berlin. Die drei gemeinsamen erwachsenen Kinder sind<br />
bereits ausgezogen.<br />
2. Der Angeklagte war im Februar <strong>2011</strong> Kommissar bei den Ermittlungen zur Erpressung<br />
der Familie von Metzler durch Magnus Gäfgen. Gäfgen brachte den elfjährigen Sohn Jakob<br />
in seine Gewalt und tötete ihn. Anschließend erpresste er von der Familie des Kindes,<br />
die davon ausging, dass es noch lebte, ein Lösegeld. Bei der Abholung des Lösegelds<br />
wurde Gäfgen jedoch von der Polizei beobachtet und kurz darauf festgenommen.<br />
Die anschließenden Ermittlungen konzentrierten sich darauf, das Versteck des vermeintlich<br />
noch lebenden Jungen zu finden. Gäfgen leitete dabei durch seine Aussagen die Nachforschungen<br />
der Polizei mehrfach bewusst fehl. Deshalb drohte der Angeklagte ihm am Morgen<br />
des 12.2.<strong>2011</strong> an, sollte er weiterhin kein brauchbares Geständnis ablegen, unter ärztlicher<br />
Aufsicht physische Schmerzen zuzufügen und auf diese Weise erneut zu befragen.<br />
Er war der Auffassung, dass die Feststellung des Aufenthaltsortes des entführten Kindes<br />
keinen weiteren Aufschub duldete, da das Leben des Kindes unmittelbar in Gefahr gewesen<br />
sei. Deshalb diente die Befragung nicht der Aufklärung der Straftat, sondern ausschließlich<br />
der Rettung des Jungen. Daraufhin räumte Gäfgen ein, dass das Kind auch bereits<br />
tot sein könnte und nannte eine Hütte, in der wenig später tatsächlich die Leiche des<br />
Kindes gefunden wurde. Es kam deshalb nicht zum Einsatz des vom Angeklagten angedrohten<br />
physischen Zwangs.<br />
II.<br />
Dieser Sachverhalt steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund des glaubwürdigen<br />
Geständnisses des Angeklagten und der Aussagen des Zeugens Gäfgen.<br />
III.<br />
Der Angeklagte hat sich einer Nötigung i.S. des § 240 I StGB strafbar gemacht. Er drohte<br />
Gäfgen am Morgen des 23.4.2010, man werde ihm unter ärztlicher Aufsicht körperliche<br />
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