flohmarkt - Bonewie
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Auf Spurensuche<br />
in Avenwedde<br />
VON STEFAN ALTEWISCHER<br />
Der folgende Aufsatz bezieht<br />
sich auf die kürzlich erschienene<br />
<strong>Bonewie</strong>-Artikelserie „Musikzentrum<br />
Stiftung Altewischer – Wie<br />
alles begann“ und nimmt insbesondere<br />
Bezug auf die auslaufende<br />
„Ära Eusterfelhaus“ und<br />
die sich daran anschließende<br />
„Ära Altewischer“ der alten<br />
Avenwedder Besitzung Nr. 3.<br />
Zur auslaufenden Ära<br />
Eusterfelhaus,<br />
Avenwedde Nr. 3<br />
Die Historie Avenwedder Bauernhöfe<br />
aufzuarbeiten, ist gewiss<br />
sehr mühselig. Dieses hatte sich<br />
auch bei der Erforschung der jüngeren<br />
Geschichte des Hofes Eusterfelhaus<br />
bis hin zum „Musikzentrum<br />
Stiftung Altewischer“<br />
herausgestellt. Was bei der Forschungsarbeit<br />
der Herren Felderhoff<br />
und zum Stickling zum Vorschein<br />
kam, war interessant und<br />
teilweise brisant zugleich.<br />
Insbesondere die zahlreichen<br />
zwischenzeitlichen jüdischen<br />
Gläubiger und Besitzer des Hofes<br />
Eusterfelhaus wie Levi Selig<br />
Porta und Salomon Porta aus<br />
Neuenkirchen, Abraham Stern aus<br />
Gütersloh, Jacob Grundmann,<br />
David Weinberg und L. Oswald<br />
aus Herford stimmen noch heute<br />
nach so vielen Jahren sehr nachdenklich.<br />
– Waren dies also jene<br />
Personen des 19. Jahrhunderts,<br />
die sich einst als „gewissenlose<br />
Wucherer“ … „in der Gemeinde<br />
breitgemacht“ hatten und aus<br />
deren „Klauen“ die Landbevölkerung<br />
zu befreien war, wie es<br />
noch in den 1950er Jahren in<br />
Avenwedde zu lesen war? Im<br />
Jahre 1936, als die Avenwedder<br />
Spar- und Darlehnskasse ihr 50jähri-ges<br />
Jubiläum feierte, war es<br />
in der Gütersloher Presse noch<br />
deutlicher formuliert worden:<br />
Das erste Ziel der Kassengründung<br />
im Jahre 1886 sei die „Befreiung<br />
der Avenwedder Bevölkerung<br />
aus Judenhand“ gewesen.<br />
Und weiter hatte es geheißen:<br />
„Ein typisches Beispiel jüdischer<br />
Methode lässt sich an dem Besitztum<br />
Otto<br />
Altewischer (jetzige Brennerei<br />
Schulte) nachweisen.“ Der Hof<br />
sei „in die Hände eines Herforder<br />
Juden“ gelangt, und bei der parzellenweisen<br />
Versteigerung einiger<br />
Flächen des Hofes habe<br />
dieser – wie er selbst beklagt<br />
habe – einen erheblichen Verlust<br />
erlitten, woraufhin ihm ein Auktionsteilnehmer<br />
unter dem Gelächter<br />
der Umstehenden zugerufen<br />
habe: „Davor bis du Dunnerschlag<br />
ock lange genog Bonnewiesker<br />
Buer wärn!“<br />
Wie wir heute wissen, war nicht<br />
nur der Avenwedder Hof Eusterfelhaus,<br />
sondern waren mit ihm<br />
auch viele andere Höfe in die<br />
Schuldenfalle hineingeraten. An<br />
der Verarmung der Bauern im 19.<br />
Jahrhundert waren aber nicht die<br />
jüdischen Kaufleute schuld ge-<br />
Logo der Brennerei Otto Altewischer aus den 1950er Jahren.<br />
wesen, sondern es hatte vielerlei<br />
Ursachen dafür gegeben, wie beispielsweise<br />
die Folgen des französischen<br />
Überfalls auf Europa<br />
unter Napoleon, die ungenutzten<br />
Ödflächen der Landwirtschaft,<br />
die veralteten Anbaumethoden,<br />
die Ernteausfälle und Hungerkrisen<br />
insbesondere der Jahre<br />
1816/17, 1830/31 und 1846/47<br />
und die sogenannte Bauernbefreiung<br />
mit ihren Folgen. Zudem<br />
fehlte es vor allem an geeigneten<br />
Kreditinstituten im Agrarbereich,<br />
so dass jüdische Geschäftsleute –<br />
aus welchen Motiven auch immer<br />
– in die Bresche springen<br />
konnten. Im Laufe der Zeit sind<br />
ja dann zahlreiche „Konsumvereine“<br />
und Raiffeisensche Genossenschaftsbanken<br />
gegründet worden.<br />
Anfang der 1880er Jahre, wahrscheinlich<br />
1884, war der gebürtige<br />
Gütersloher bzw. Sunderaner<br />
Otto Altewischer (1845-1932),<br />
der schon zuvor in Dortmund an<br />
der Rheinischen Straße 17 eine<br />
Destillation betrieben hatte, in<br />
den Besitz des Eusterfelhaus’schen<br />
Hofes gelangt. Mit etlichen<br />
Angestellten und insbesondere<br />
den Heuerlingsfamilien<br />
Eusterfelhaus, Wittenbrink und<br />
Heinrich Altewischer hatte er den<br />
Gesamtkomplex in Avenwedde<br />
Nr. 3 bewirtschaftet. Im Brennereibetrieb<br />
waren Max Winkelmann<br />
(1862-1935) und Heinrich<br />
Altewischer (1862-1917) seine<br />
engsten Mitarbeiter.<br />
Fortsetzung folgt<br />
<strong>Bonewie</strong> · Juni 2010|51