die datenschleuder. - Chaosradio - CCC
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Bisher waren <strong>die</strong> Möglichkeiten, Informationen über<br />
eine Person zu erlangen, recht beschränkt. Abhängig<br />
vom Status des Fragenden und seiner Ressourcen,<br />
also z.B.<br />
Surfer, Headhunter<br />
oder<br />
Polizist, stehen<br />
mehr oder<br />
weniger Informationsquellen<br />
zur Verfügung.<br />
Die möglichen<br />
Quellen musste<br />
man alle einzeln<br />
abfragen. Ausgehend<br />
von der<br />
Mail Adresse<br />
etwa mit Google,<br />
Whois und<br />
PGP.<br />
Will ich <strong>die</strong> Kontaktdaten<br />
von<br />
einer Bekanntschaft<br />
dauert<br />
es ein bis zwei<br />
Mate, bevor ich<br />
alle beisammen<br />
habe. Natürlich,<br />
Konzerne und<br />
Staaten haben<br />
es da etwas einfacher.<br />
Community-Seiten und Techniken, <strong>die</strong> Beziehungen<br />
zwischen Daten herstellen, sind wirkungsvolle Mechanismen,<br />
um sie zu erheben und zu verbreiten. Aber<br />
Orkut schmeisst <strong>die</strong>se Daten eben nicht jedermann<br />
zum Frass vor. Orkut vertreibt sie in seinem eigenen<br />
Netz. Das ist auch genau der Punkt, <strong>die</strong> “Intention hinter<br />
Orkut”. Besitz und Kontrolle des Marktes durch <strong>die</strong><br />
grösste Benutzerbasis.<br />
Das Google Prinzip birgt eine Reihe von Problemen,<br />
<strong>die</strong> im Artikel von Cryx schon angedeutet wurden. Die<br />
Daten sind in Besitz einer Firma und werden dort zentral<br />
gespeichert.<br />
Vollen Zugriff haben nur <strong>die</strong> Orkut Administratoren,<br />
der Benutzer wird in einen HTML-Käfig eingeschlossen,<br />
aus dem auch mit automatisierten Skripten zur<br />
Abfrage der Seite nicht zu entkommen ist.<br />
Die Rechtevergabe ist ungenau bis nicht vorhanden. Es<br />
ist nicht möglich Felder anzufragen und für eine einzelne<br />
Anfrage freizuschalten: “Hans Wurst möchte ihre<br />
Telefonnummer”. Es existieren keine nutzbaren Vertrauensketten,<br />
ausser für Foren, <strong>die</strong> eigentlich nur das<br />
Usenet in schlecht nachbauen: “Karl A. wurde von<br />
ihren Freunden mit 500 Punkten bewertet und will ihre<br />
Homepage sehen”.<br />
<strong>die</strong> <strong>datenschleuder</strong><br />
GEGENDARSTELLUNG<br />
#83 / 2004<br />
Obwohl Orkut viele Geeks angelockt hat, scheint es<br />
das erklärte Ziel der Entwickler zu sein, lediglich eine<br />
weitere Dating-Plattform zu bauen. Die Idee von<br />
FOAF wurde unzureichend<br />
implementiert, das dargestellte<br />
soziale Netz gleicht lediglich<br />
einem Poesiealbum.<br />
Die Code Basis von Orkut ist<br />
schlecht. Der Code befindet<br />
sich im Besitz von Google,<br />
wird niemals der Community<br />
zugute kommen und ist allem<br />
Anschein nach aus Visual Studio<br />
rausgefallen.<br />
Orkut erinnert mich an <strong>die</strong><br />
Anfänge des Instant Messagings.<br />
Fehlerhafte Software,<br />
rasch wachsende Benutzerzahlen<br />
und ein paar grosse<br />
Firmen <strong>die</strong> sich den Markt<br />
teilen.<br />
Es hat Jahre gedauert, bis sich<br />
dort <strong>die</strong> besseren Konzepte,<br />
zum Beispiel Jabber, durchsetzen<br />
konnten. Und bis zum<br />
heutigen Tag werden wir <strong>die</strong><br />
Altlasten nicht los. Die Zahl<br />
der ICQ Benutzer kann man<br />
nicht ignorieren. Ob Familie,<br />
Arbeit oder Wohnheim, alle<br />
haben ihre Adressen bei ICQ<br />
und ihre Anwesenheit dort unterstützt ein schlechtes<br />
Protokoll, eine böse Firma.<br />
Nocheinmal ein wenig Utopie.<br />
Ein Netz, in welches ich meine Daten gerne einspeisen<br />
würde und das auch mit meinem Handy Adressbuch<br />
sprechen darf, sollte folgende Punkte realisieren:<br />
• Starke Verschlüsselung<br />
• Dezentrale Speicherung und eine verteilte Serverstruktur<br />
• Komplexe Rechtevergabe<br />
• Offener Quelltext<br />
• Offene Schnittstellen<br />
Google, Amazon und Ebay sind meiner Ansicht nach<br />
<strong>die</strong> Firmen, <strong>die</strong> als erste solche Wissensstrukturen aufbauen<br />
werden. Viele andere Betriebe werden <strong>die</strong>se<br />
Techniken in ihren internen Netzen einsetzen. Wir wollen<br />
unsere Adressbücher nicht ihren Servern ausliefern,<br />
wir wollen Kontrolle darüber, wann sie uns welche<br />
Werbung anzeigen. Meine Hoffnung ist, dass sich <strong>die</strong>ses<br />
Mal frühzeitig ein Protokoll durchsetzt, das technisch<br />
in der Lage ist, <strong>die</strong> Anliegen des Datenschutzes<br />
und der informellen Selbstbestimmung umzusetzen.<br />
Jabber und Freenet sind da vielleicht <strong>die</strong> grössten Hoffnungsträger.<br />
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