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die datenschleuder. - Chaosradio - CCC

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EROTISCHES ZUR NACHT<br />

Wenn alle Katzen grau sind<br />

von alexander <br />

Zwei Schweissperlen zogen ihre silbrig glänzenden Spuren, als sie ihren Hals<br />

hinunter um <strong>die</strong> Wette rannten. Sie war ziemlich ausser Atem. Irgendwie wirkten<br />

<strong>die</strong> körperliche Anstrengung und ihre Aufregung wie zwei Faktoren einer Gleichung,<br />

deren Ergebnis nun in Form von Adrenalin durch ihr wild pulsierendes Herz<br />

strömte.<br />

Eine präventive Massnahme nannten sie es. Es ginge<br />

um <strong>die</strong> Sicherheit der Infrastruktur, <strong>die</strong> durch seine<br />

‘Kenntnisse und Fähigkeiten’ bedroht sei.<br />

“Nationale Sicherheit, klar!”, flüsterte sie lautlos und<br />

fragte sich was in deren Namen wohl schon alles getan<br />

wurde. Sie schloss <strong>die</strong> Augen und prompt fand sie sich<br />

in einem rasenden Alptraum wieder, welcher damit<br />

endete, dass der einzige Mensch auf <strong>die</strong>sem Planeten,<br />

dem sie wirklich vertraute, den sie bedingungslos liebte,<br />

gegrillt wird. Wie ein Stück Vieh, dass für dessen<br />

Konsum vorbereitet wird, wehrlos, hoffnungslos.. Festgeschnallt<br />

auf einem Stuhl des Todes. ..click!<br />

Erschrocken riss sie <strong>die</strong> Augen auf. In ihren klaren<br />

grauen Augen spiegelten sich <strong>die</strong> hellen Blitze aus dem<br />

dichten Nebel wie ein Nachleuchten ihrer Gedanken.<br />

Laserstrahlen zitterten auf ihrer Haut, als sei ihr ganzer<br />

Körper eine Elektrode in einem physikalischen Experiment.<br />

Sie war wie erstarrt stehengeblieben und hatte<br />

den Atem angehalten. “Jetzt bloss keinen Mist bauen,<br />

so kurz davor!”, dachte sie und drängelte sich bis zur<br />

Bar durch, wo sie sich ein glass Wasser bestellte und<br />

versuchte sich zu entspannen.<br />

Vor zwei Tagen war es genau 6 Monate her, seit sie<br />

ihren Freund verhaftet hatten. Anscheinend wussten<br />

sie aber nichts von ihrer Beziehung. Zugegeben, <strong>die</strong>se<br />

ge<strong>die</strong>h <strong>die</strong> meiste Zeit an fernen Orten, geschützt<br />

durch ein Spinnennetz aus verschlüsselten Verbindungen.<br />

Nur wenige Male hatten ihre Finger <strong>die</strong> Gelegenheit,<br />

sich ohne trennende Tasten aus Plastik zu berühren.<br />

Sie hatten sich auf einem <strong>die</strong>ser Kongresse kennengelernt.<br />

Dort waren <strong>die</strong> unterschiedlichsten Menschen<br />

zu finden, deren einzige Schnittmenge sich am besten<br />

als brennende Neugier und unbändiger Wissens-<br />

48 48<br />

#83 / 2004<br />

durst beschreiben lässt. Die folgenden Veranstaltungen<br />

<strong>die</strong>ser Art waren dann auch schon <strong>die</strong> nächsten Gelgenheiten,<br />

um <strong>die</strong> inzwischen übers Netz aufgeflammte<br />

Liebe, zu verfestigen. Irgendwann wollten Sie dann<br />

auch zusammenziehen.<br />

Doch nun ist er offline. Gefangen in einer Zeitschleife<br />

in der jeder Tag wie der vorherige zu sein scheint, nur<br />

länger. Umrahmt von Beton, Stahl und Verzweiflung.<br />

Nur noch <strong>die</strong> unsichtbare Verbindung zwischen ihnen<br />

zieht ihre Gedanken wie ein Magnet aneinander.<br />

Mit einem Knall den sie selbst durch <strong>die</strong> Wand aus<br />

Schall noch hörte, stoppte ein Glas mit einer durchsichtigen<br />

schwappenden Flüssigkeit darin, mitten in ihrem<br />

Blickfeld. Sie fühlte sich wie in Trance. Sie ging selten<br />

in Discos. Aber <strong>die</strong>ser Raum, geflutet mit dunklen, alles<br />

durchdringenden Bässen und bunt ausgeleuchteten<br />

Nachtwesen, gefiel ihr wirklich gut. Sie hatte mehr als<br />

zwei Wochen lang nach einem passenden Ort gesucht<br />

in dem sie nicht auffiel und sich einigermassen sicher<br />

fühlte. Und bekanntlich findet man <strong>die</strong> grösste Stille im<br />

Auge des Orkans. Das gilt für das Datenmeer sowie für<br />

<strong>die</strong> reale Welt, welche mit jedem Display, jedem Sensor<br />

und jeder Kamera immer stärker miteinander verwebt<br />

waren.<br />

“Ganz schön heiss hier, was? ... Äh, hallo?”. Eine aufdringlich<br />

wedelnde Hand vor ihrem Gesicht riss sie<br />

wieder in <strong>die</strong> Bio-Welt ihrer Spezies zurück, wo eines<br />

deren Exemplare sich gerade mutig, aber ebenso verkrampft<br />

grinsend, vor ihr aufgebaut hatte. Sie ging im<br />

Schnelldurchlauf <strong>die</strong> Möglichkeiten den Typen loszuwerden<br />

durch, während sie nur nickte und demonstrativ<br />

von ihrem Wasser schlürfte. Ihre Laune war wirklich<br />

schlecht an <strong>die</strong>sem Abend und das Lächeln viel ihr<br />

immer schwerer, also entschied sie ein wenig zu lügen<br />

und beugte sich zu ihm rüber. Die Vorfreude auf seine<br />

<strong>die</strong> <strong>datenschleuder</strong>

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