Anwaltsblatt 2009/09 - Die Österreichischen Rechtsanwälte
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Abhandlungen<br />
380<br />
Konstruktion, näherhin auf die Problematik der Anfechtbarkeit<br />
bzw der Instanzenzüge.<br />
Bereitet ihre Feststellung in jenen Fällen keine<br />
Schwierigkeiten, in denen der fragliche Bescheid im<br />
Rahmen eines (Sach-)Verfahrens ergeht oder doch zumindest<br />
einem konkreten Vollziehungsbereich zugeordnet<br />
werden kann, 22) bleibt sie in jenen Fällen problematisch,<br />
in denen – wie für Bescheide insb der Bezirksverwaltungsbehörden<br />
charakteristisch – eine solche<br />
klare Zuordnung nicht möglich ist. Für derartige Fälle<br />
scheint nun das vorliegende Erkenntnis einer inhaltlichen<br />
Aufsplittung des formell einheitlichen Spruches<br />
in Einzelsprüche und damit -entscheidungen das Wort<br />
zu reden. Lässt die Entscheidung daher – mangels Spezifizierung<br />
– eine konkrete Zuordnung zu einem Vollziehungsbereich<br />
nicht zu, ist sie als in allen Vollziehungsbereichen<br />
ergangen zu beurteilen, in denen die<br />
erlassene Behörde grundsätzlich tätig werden kann. 23)<br />
Solcherart würde ein vergleichbarer Auftrag seitens<br />
einer Bezirksverwaltungsbehörde daher in zumindest<br />
vier Einzelentscheidungen aufzusplitten sein, zumal gegen<br />
ihre Bescheide jedenfalls Berufungen an die Landesregierung,<br />
den Landeshauptmann, die Sicherheitsdirektion<br />
und den UVS möglich sind; vereinzelt unterliegen<br />
bestimmte Bescheide der BVB jedoch keinem<br />
weiteren administrativen Instanzenzug. 24) Lassen sich<br />
derartige Fälle auch trotz ihrer erhöhten Komplexität<br />
Vergleich<br />
18 Cg 127/08b<br />
Klagende Partei: Österr. Rechtsanwaltsverein<br />
wirt. Org. d. <strong>Rechtsanwälte</strong> Österreichs,<br />
1010 Wien, dieser vertreten durch:<br />
RA Dr. Heinz-Peter Wachter, 1030 Wien<br />
Beklagte Parteien: Franz Pably und<br />
Sanierungsberatung „<strong>Die</strong> Idee“ Hilfsverein<br />
f. Menschen m. finanz. Problemen, beide<br />
1160 Wien, Lienfelderg. 66/46, beide<br />
vertreten durch: RA Dr. Walter Engler, 1010<br />
Wien<br />
wegen € 35.000,00<br />
<strong>Die</strong> beklagten Parteien verpflichten sich es<br />
zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr<br />
Schuldner in Insolvenzverfahren zu<br />
vertreten.<br />
Handelsgericht Wien, Abt 18<br />
HR Dr. Maria Charlotte Mautner – Markhof<br />
18.5.<strong>20<strong>09</strong></strong><br />
Zustellungsbevollmächtigung und Art 129 a B-VG<br />
Autoren: Dr. Nicolas Raschauer und Dr. Wolfgang Wessely, Wien<br />
sachgerecht lösen, so versagt ein solcher Versuch, wenn<br />
der Spruchinhalt einer solchen Aufsplittung entgegensteht<br />
– namentlich in den insoweit vergleichbaren Fällen<br />
von Ordnungs- und Mutwillensstrafen. Wer daher<br />
in den letztgenannten Fällen über eine Berufung zu<br />
entscheiden hätte, bleibt – nach dem Entfall der<br />
Zuständigkeit der UVS 25) – unklar. Erwogen werden<br />
könnte, allenfalls organisatorische Überlegungen in<br />
die Entscheidung einzubeziehen und etwa die Verhängung<br />
von Ordnungsstrafen wegen keiner Materie zuordenbaren<br />
Anbringen dem inneren <strong>Die</strong>nst zuzurechnen.<br />
Zwingend ist auch das freilich nicht.<br />
b) Ein weiterer problematischer Aspekt ist in der Tatsache<br />
zu sehen, dass mangels Begründung im Erkenntnis<br />
dunkel bleibt, aus welchem Grund der Gerichtshof<br />
eine erweiterte Interpretation des Art 129 a B-VG, konkret<br />
die Erstreckung der Kompetenz der UVS als Berufungsbehörde<br />
auch auf Aufträge iSd § 10 ZustG, die<br />
losgelöst von einem „Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen“<br />
ergangen sind, für geboten erachtete.<br />
Man kann daher nur mutmaßen, ob der Gerichtshof<br />
letzten Endes eine Gleichstellung aller jener Aufträge,<br />
die ein bereits anhängiges Verwaltungsstrafverfahren<br />
betreffen, und solcher Aufträge, die losgelöst von einem<br />
anhängigen Verfahren (nämlich in dessen Vorfeld) ergehen,<br />
für erforderlich hielt.<br />
Dem Ansatz des VwGH ist entgegenzuhalten, dass<br />
weder Wortlaut, Systematik noch telos des Art 129 a<br />
Abs 1 Z 1 B-VG die vom Gerichtshof vertretene Auslegung<br />
des Anwendungsbereichs des Art 129 a zu tragen<br />
vermögen.<br />
" Art 129 a B-VG spricht von „Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen“.<br />
Nach bisher wohl einhelliger<br />
Ansicht im Schrifttum 26) musste ein Verwaltungsstrafverfahren<br />
– nicht notwendigerweise nur ein solches<br />
iSd VStG – bei der sachlich und örtlich zuständigen<br />
Verwaltungsstrafbehörde anhängig 27) sein, um<br />
22) Vgl statt aller Thienel, Verwaltungsverfahren 4 248.<br />
23) Man könnte natürlich auch überlegen, dass sich der Instanzenzug in<br />
den Fällen, in denen noch kein Verfahren anhängig ist, nach organisatorischen<br />
Gesichtspunkten richtet. Dafür können dem Erk jedoch<br />
keine tragenden Anhaltspunkte entnommen werden.<br />
24) <strong>Die</strong>s betrifft zumeist Entscheidungen über Entschädigungen. <strong>Die</strong>se<br />
Angelegenheiten sind jedoch nicht in die Betrachtung einzubeziehen,<br />
zumal sie systematisch nicht mit den anderen Fallkonstellationen<br />
vergleichbar sind und in den hier interessierenden Angelegenheiten<br />
die Anrufbarkeit der Zivilgerichte offensteht (sukzessive Kompetenz),<br />
wodurch die E der BVB außer Kraft tritt.<br />
25) § 36 AVG idF BGBl I 2008/4 und zuletzt BGBl I <strong>20<strong>09</strong></strong>/20.<br />
26) Vgl etwa Aichlreiter in Rill/Schäffer (Hrsg), Bundesverfassungsrecht<br />
Art 129 a B-VG Rz 1 ff, 31 ff; Grof in Machacek (Hrsg), Verfahren<br />
242; Köhler in Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundes-Verfassungsrecht<br />
Art 129 a B-VG Rz 39 (Stand 8. ErgLfg 2007); Thienel, Verwaltungsverfahren<br />
506 f. Vgl ferner den Ansatz des VfGH in VfSlg 14.957/<br />
1997.<br />
27) Ob das Stadium der Anhängigkeit bereits dann erreicht ist, wenn die<br />
zuständige Verwaltungsstrafbehörde eine bei ihr eingelangte Anzeige<br />
(zB eines Organs der öffentlichen Aufsicht) zu verfolgen hat (§ 25<br />
Österreichisches <strong>Anwaltsblatt</strong> <strong>20<strong>09</strong></strong>/<strong>09</strong>