Anwaltsblatt 2009/09 - Die Österreichischen Rechtsanwälte
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Rechtsprechung<br />
396<br />
ten, um die Zusendung der Treuhandunterlagen an.<br />
<strong>Die</strong>se antwortete mit Schreiben vom 4. 5. 1995 und bestätigte<br />
dem Beklagten die Übernahme der Treuhandschaft<br />
mit Schreiben vom 10. 5. 1995.<br />
In weiterer Folge wurde – mangels Zustimmung des<br />
Wohnungsberechtigten – vergeblich versucht, eine Löschung<br />
des Wohnrechts bezüglich des Kaufgegenstandes<br />
gerichtlich zu erwirken. Schließlich erfolgte mit<br />
Schreiben vom 29. 9. 1998 die Wandlung des Kaufund<br />
Wohnungseigentumsvertrags seitens der Kläger<br />
gegenüber der Witwe des inzwischen verstorbenen<br />
Verkäufers. <strong>Die</strong> Verlassenschaft nach dem Verkäufer<br />
war jedoch überschuldet und wurde konkursmäßig abgehandelt.<br />
Der Beklagte wurde mit Schreiben vom<br />
12. 2. 1999 über diese Wandlung in Kenntnis gesetzt<br />
und zur Bezahlung des Kaufpreises aufgefordert.<br />
Das Begehren auf Rückzahlung des Kaufpreises vom<br />
Beklagten als Treuhänder wurde vom Erstgericht im<br />
Kern mit der Begründung abgewiesen, dass ein Rückerstattungsanspruch<br />
lediglich der kreditfinanzierenden<br />
Bank und nicht auch den Käufern als Kreditnehmer zustehe.<br />
Das Erstgericht vertrat die Ansicht, dass eine Aktivlegitimation<br />
der Kläger dem Sicherungszweck der<br />
Treuhandschaft widersprechen würde und der Treuhänder<br />
anderenfalls Gefahr laufen würde, „doppelt“<br />
in Anspruch genommen zu werden.<br />
Das OLG Linz als Berufungsgericht bejahte hingegen<br />
den Anspruch der Kläger. <strong>Die</strong> außerordentliche<br />
Revision wurde vom OGH ohne substanziierte Begründung<br />
als nicht zulässig erachtet.<br />
Aus der Begründung des OLG Linz:<br />
(. . .) Mit der Frage, wer Anspruch auf Ausfolgung des<br />
Treugutes hat, setzte sich der OGH iZm der Frage auseinander,<br />
wer im Fall des kreditfinanzierten Liegenschaftserwerbs<br />
das Risiko der Veruntreuung durch<br />
den Treuhänder zu tragen habe (. . .). In der E 1 Ob<br />
150/01 t (SZ 74/114) setzte sich der OGH mit der E<br />
4 Ob 504/80 (JBl 1981, 90) auseinander und trat ihr, soweit<br />
sie davon ausging, dass die Zahlung an den Treuhänder<br />
des Kreditgebers noch nicht als Kreditgewährung<br />
an den Kreditnehmer aufzufassen sei, nicht bei.<br />
Er vertrat – unter Hinweis auf Schubert in Rummel 3<br />
Vor § 983 Rz 1, sowie die E 2 Ob 590/93 und die<br />
jüngste Rsp zur Aufteilung des Veruntreuungsrisikos<br />
zwischen dem Kreditgeber und dem Kreditnehmer –<br />
die Ansicht, schon die Zahlung der Kreditvaluta an einen<br />
mehrseitigen Treuhänder sei als Kreditgewährung<br />
zu qualifizieren. Jedenfalls unter der Voraussetzung,<br />
dass der bestellte Rechtsanwalt mehrseitiger Treuhänder<br />
sei, erfülle die Kreditgeberin ihre Kreditschuld<br />
durch Überweisung der Kreditvaluta auf das Anderkonto<br />
des Treuhänders (. . .). Anknüpfend an die zuletzt<br />
zitierten Entscheidungen ergibt sich für den vorliegenden<br />
Fall, dass schon die Zahlung der Kreditvaluta durch<br />
die Raiffeisenkasse XYan den Beklagten als Treuhänder<br />
als Kreditgewährung an die Kläger zu qualifizieren ist.<br />
Mit dem Zustandekommen des Kreditvertrags entstand<br />
auch die Rückzahlungsverpflichtung der Kläger. Können<br />
die Kläger als Kreditnehmer aber selbst von ihrer<br />
Gläubigerin aus dem Kreditvertrag in Anspruch genommen<br />
werden, muss ihnen auch ein Rückerstattungsanspruch<br />
gegenüber dem Beklagten zustehen,<br />
der einen Kaufpreis vereinbarungswidrig an den Verkäufer<br />
weiterleitete, obwohl die Löschungserklärung<br />
des Wohnungsberechtigten noch nicht vorlag (vgl<br />
Strasser in Rummel 3 § 1002 Rz 4 m). Daher ist die Anspruchslegitimation<br />
der Kläger zu bejahen (. . .).<br />
(. . .) Ein mehrseitiger Treuhandvertrag zwischen<br />
Käufern, Verkäufer, Treuhänder und Bank liegt hier<br />
nicht vor: (. . .). Nach Pkt II. des Kaufvertrags sollte<br />
der Beklagte den bei ihm treuhändig erlegten Kaufpreis<br />
Zug um Zug gegen Aushändigung der (. . .) und allfälliger<br />
für die vertragsgemäße Einverleibung des Eigentumsrechts<br />
erforderlicher „Freilassungserklärungen“<br />
an die verkaufende Partei auszahlen (. . .). <strong>Die</strong>se Treuhandvereinbarung<br />
war Teil des zwischen den Klägern<br />
und dem Verkäufer abgeschlossenen Kaufvertrags.<br />
Ein Hinweis auf die Art der Aufbringung des Kaufpreises<br />
ergibt sich aus dieser Regelung und – wie aus dem<br />
Kaufvertrag vom 28. 4. 1995 ergänzend festgestellt<br />
wird – auch sonst aus dem Kaufvertrag nicht.<br />
Erst nach Abschluss des Kaufvertrags traf der Beklagte<br />
mit der Raiffeisenkasse XY eine Vereinbarung<br />
über die treuhändige Abwicklung der Finanzierung<br />
des Kaufpreises (. . .). Durch diese persönliche Haftungsverpflichtung<br />
übernahm der Beklagte gegenüber<br />
der kreditgewährenden Bank die Garantie für die Erfüllung<br />
der Bedingungen, die die Raiffeisenkasse XY<br />
an die Überweisung des Kaufpreises auf das Treuhandkonto<br />
knüpfte (vgl OLG Linz 1 R 221/05 h; 6 Ob 150/<br />
06 m; 2 Ob 586/87). <strong>Die</strong> Verpflichtung, den Kaufpreis<br />
erst nach Vorliegen der Löschungserklärung des Wohnungsberechtigten<br />
an den Verkäufer, der in diese Vereinbarung<br />
nicht einbezogen war, auszuzahlen, übernahm<br />
der Beklagte gegenüber der Bank nicht. Er übernahm<br />
die Kaufpreisvaluta daher nicht (auch) zur<br />
Wahrung der Interessen der Raiffeisenkasse XY in<br />
Verwahrung.<br />
Somit ist hier von zwei voneinander unabhängigen<br />
Treuhandverhältnissen und nicht von einer mehrseitigen<br />
Treuhandvereinbarung zwischen Käufern, Verkäufer,<br />
Treuhänder und Bank auszugehen (. . .).<br />
(. . .) Mangels Vorliegens einer mehrseitigen Treuhand<br />
kommen die für diese geltenden Regeln, nach denen<br />
ua ein Treugeber allein die Treuhandschaft nicht<br />
rechtswirksam widerrufen kann (Umlauft in Apathy,<br />
<strong>Die</strong> Treuhandschaft 67; Strasser, aaO § 1002 Rz 42 i;<br />
Apathy in Schwimann, ABGB IV 3 § 1020 Rz 5), hier<br />
nicht zum Tragen.<br />
Es ist den Klägern darin zu folgen, dass dieses Schreiben<br />
[scil: vom 12. 2. 1999] als (schlüssiger) Widerruf des<br />
Österreichisches <strong>Anwaltsblatt</strong> <strong>20<strong>09</strong></strong>/<strong>09</strong>