12.07.2015 Aufrufe

PDF - D A T E I

PDF - D A T E I

PDF - D A T E I

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

des säuselnden Hains,und lieben lernt ichunter den Blumen.Im Arme der Götter wuchs ich groß."Da griff aber in dieses idyllisch kindliche Leben fremde Willkür einerseits, verständnislosemütterliche Fürsorglichkeit andererseits ein: Schiller mußte, seinem und seiner Eltern Wunschentgegen, auf Befehl des Herzogs die Karlschule, um in deren soldatisch strenger Zucht zumherzoglichen Beamten oder Offizier gedrillt zu werden; Hölderlin hatte es insofern schwerer,als es die eigene verehrte Mutter war, die ihn in beschränkter Fürsorglichkeit undverständnisloser Liebe zum Pfarrer machen wollte, weil der Beruf ihr der Gottwohlgefälligste, angesehenste und gesicherteste schien, so daß sie ihn, den kaumVierzehnjährigen, dem naturfernen, freudlos düsteren Betrieb der Klosterschulen zuDenkendorf und Maulbronn auslieferte.Dieses bildsame, nach Licht und Liebe, Natur und Schönheit durstende Herz mußte sich ineine schwarze Kulte hüllen, mußte alles Natürliche, Schöne als eitel und verwerflich oder garals sündhaft bezeichnen hören.Schillers Umwelt und Zucht ist hart, derb, aber zweckmäßig und nüchtern auf klar erfaßbareZiele eingesteflt; Auflehnung gegen sie wird mit aller Härte bestraft, ist aber nicht Sünde. DasInnenleben, das Gewissen wird nicht angetastet und in Zwiespalt gestoßen. Man gerät nur mitder Willkür eines kleinen Fürsten, eines Menschen, mit den Mängeln einer zeitlichen undveränderlichen Staats- und Gesellschaftsform in Konflikt. Anders bei Hölderlin. Auflehnunggegen Form und Gehalt dessen, was hier im Kloster geboten wurde, bedeutete Auflehnunggegen eine Macht und Idee, die An-pruch auf Allgemeingiltigkeit und Ewigkeit erhob, einedie von sich aussagte, sie sei die Wahrheit und das Heil, Eine Macht also, die in erster Reihesich an die Seele und das Gewissen wendet, und der gegenüber es nicht um ein einfachesSichfügen und Unterordnen unter eine äußere Gewalt ging, sondern um letzte und tiefsteEntscheidungen. Dieses so frühe und schmerzliche Erleben legt die Keime für die künftigeWeltanschauung und Verkündung Hölderlins. Vorerst freilich ist nichts anderes ihm klar, alsdaß er Verkünder dieses anerzogenen Glaubens, der Natur und Schönheit als sündhaft. also imGegensatz zum Göttlichen, erachtet, nicht sein kann.Während Schiller gegen alles, was die Freiheit, die Gerechtigkeit, die Menschenwürdebeeinträchtigt, in dessen einzelnen Erscheinungsformen ankämpft, zögert, fragt und forschtHölderlin jahrelang nach der Wurzel des Übels, woher all diese Zwietracht, Bedrückung,Unnatur, dieses ganze Unheil stamme, und als er glaubt, es endlich in der Entfremdung vonder Natur und ihrem göttlichen Wesen, in der Ehrfurchtlosigkeit und Glaubenslosigkeit desüberlieblich gewordenen Geistes entdeckt zu haben: da erst setzt er zum Gegenangriff an, undzwar nicht gegen Einzel- und Folgeerscheinungen, sondern gegen die tiefste Wurzel dieserEntartung und Entfremdung vom ursprünglichen eigenen Wesen, und fordert die Besinnungauf die eigene Art des Glaubens, die wie das Vorbild der Ahnen zeigt, immer im Einklang mitder Natur und ihren göttlichen Gesetzen, immer stolz und frei in Selbstbehauptung undBewährung vor ihrer ehernen Notwendigkeit und dem Schicksal war.Die Freunde und sich selbst emporzureißen und zu stärken, ruft er die großen Vorbilder undSinnbilder der Menschheit zu Hilfe, die Heroen und Göttergestalten, die Tugenden und Idealein seinen Hymnen an die Freiheit oder Kühnheit, an die Schönheit oder Natur, an den Geniusder Jugend oder Griechenlands. Leidenschaftliches Feuer bricht aus all diesen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!