einen unverständlichen Eindruck hinterlassen hatte,wie ich entsprechenden Aussagen auf <strong>einem</strong> Fragebogen<strong>zu</strong> ihren bisherigen Erfahrungen <strong>mit</strong> Mathematikentnehmen konnte. Erwähnt wurden in dieserS<strong>tun</strong>de keine stochastischen Begriffe.Die Deu<strong>tun</strong>gen I) und II) sind nicht die einzigen Antworten,die bei Aufgabe a.) gegeben wurden – auchMischformen traten auf und nicht alle Antwortenkönnen <strong>einem</strong> Schema <strong>zu</strong>geordnet werden. Oft wurdenauch beide Sichtweisen <strong>mit</strong>einander verknüpft.Bei den 26 Studierenden, deren Lösungen ich korrigierenkonnte, wurde Sichtweise II) häufiger vertretenals Sichtweise I).Eine weitere Antwort, die öfters <strong>zu</strong> finden war, lautete:III) ,,Weniger als 10 Kinder (bzw. höchstens 9 Kinder)mögen Mathe nicht.”Zu ,,mindestens 10” wurde <strong>das</strong> <strong>Gegenteil</strong> ,,wenigerals 10” gebildet, aus ,,mögen Mathe” wurde ,,mögenMathe nicht”. Es wurde also sowohl die Aussageüber die Anzahl der Objekte negiert als auch die betrachteteEigenschaft. Dass dies einen völlig anderenSachverhalt darstellt und hier die beiden EbenenI) (wo auf den gleichen Sachverhalt aus der Sichtderjenigen, die Mathe nicht mögen, geschaut wird)und II) (wo auf andere Möglichkeiten, wieviel LeuteMathe mögen könnten, geschaut wird) vermengtwerden, war den Studierenden nicht ersichtlich. Dasshier nicht nur ein kleiner Fehler bzgl. der Zahlen 9oder 10 auftritt (,,Randfehler”) und die Studierendennicht eigentlich nur Ebene I) meinten, kann man beider Bearbei<strong>tun</strong>g von Aufgabe b.) erkennen.Hier wäre die Antwort nach I) ,,Weniger als 5 mögenMathe nicht.”,nach II) ,,Höchstens 15 mögen Mathe.”Studierende, die a.) gemäß II) beantwortet haben, habenauch b.) so beantwortet.Auch bei denen, die <strong>zu</strong>nächst gemäß I) geantwortethaben, lässt sich eine Antwort bezüglich des gleichenVerständnisses nachweisen.Nicht alle, aber die meisten, die a.) gemäß III) beantworteten,gaben bei b.) analoge Antworten.Zusammenfassend kann bis hierher festgestellt werden,<strong>das</strong>s die Sichtweise <strong>zu</strong> a.) und b.) bei fast allenkonstant war.Ein weiterer Aspekt taucht bei Aufgabe c.) auf: Das<strong>Gegenteil</strong> von ,,alle mögen Mathe” ist (?) ,,keinermag Mathe” und umgekehrt. Das scheint so tief imMenschen <strong>zu</strong> stecken, <strong>das</strong>s diese Antwort auftrat fas<strong>tun</strong>abhängig davon, wie a.) und b.) gesehen wurden.Eventuell hätte eine Verwendung des Begriffes ,,Gegenmenge”in der Aufgabenstellung <strong>zu</strong> anderen Ergebnissengeführt. Eine Nachfrage, ob jemand dieseAufgabe dann anders beantwortet hätte, wurde allerdingsvon niemand positiv beantwortet.Bei ,,mindestens” oder ,,mehr als” scheint es naheliegend,<strong>das</strong>s auch <strong>das</strong> <strong>Gegenteil</strong> <strong>etwas</strong> <strong>mit</strong> ,,mindestens”oder ,,höchstens” <strong>zu</strong> <strong>tun</strong> hat. Bei ,,alle” bzw.,,keiner” hat man <strong>das</strong> Bedürfnis, auch beim <strong>Gegenteil</strong>,,Eindeutiges” <strong>zu</strong> formulieren. Im Sinne des logischenQuadrats, <strong>das</strong> seit Aristoteles in der klassischenLogik verwendet wird, identifizieren die Studierendenhier <strong>das</strong> ,,<strong>Gegenteil</strong>“ <strong>mit</strong> dem konträrenGegensatz und nicht <strong>mit</strong> dem kontradiktorischen Gegensatz,dem die Sichtweise II) entsprechen würde(vgl. [3], S. 50).Bei ,,5 mögen Mathe” hatten auch einige <strong>das</strong> Bedürfnisnach ,,Eindeutigem“, aber bei weitem nichtso viele. Dabei schrieb ein Teil der Studierenden,,5 mögen Mathe nicht” und andere schrieben,,15 mögen Mathe nicht” (letzteres passend <strong>zu</strong>mVerständnis I)). Hier gibt es nicht <strong>das</strong> ,,krasse <strong>Gegenteil</strong>”,<strong>das</strong> ,,alle” und ,,keiner” konträr einander gegenüberstellt. Weitere Studierende lösten diese Aufgabegemäß Verständnis II) <strong>zu</strong> ,,mehr oder wenigerals 5 mögen Mathe”.Dass <strong>das</strong> <strong>Gegenteil</strong> <strong>zu</strong> ,,alle” gemäß II) ,,mindestenseiner nicht” sei, trat durchaus als Lösung auf,ebenso ,,mindestens einer” als <strong>Gegenteil</strong> <strong>zu</strong> ,,keiner“.Diese Studierenden hatten auch bei a.) und b.)<strong>das</strong> Verständnis II) <strong>zu</strong>grunde gelegt. Eine Lösunggemäß I) wie ,,keiner mag Mathe nicht” bzw. ,,allemögen Mathe nicht” wurde von niemandem abgegeben.Verständnis I) sitzt da<strong>mit</strong> vermutlich nichtso tief wie Verständnis II), <strong>das</strong> bei einigen Studierendenwohl doch im Stochastikunterricht geprägt wurde.(Die Befragung in einer Schulklasse <strong>zu</strong> Beginndes Stochastikunterrichts ergab, <strong>das</strong>s hier durchauseinige konsequent im Sinne von I) geantwortet haben– gerade die guten Schüler und Schülerinnen derKlasse).Bei der analogen Veranstal<strong>tun</strong>g ein Jahr später stellteich in einer Besprechung die beiden Lösungen I)und II) vor und versuchte den Studierenden die unterschiedlichenDenkansätze verständlich <strong>zu</strong> machen.Dies führte <strong>zu</strong> interessanten Diskussionen in der Vorlesung.Es gibt ja selten Anlässe, bei denen in derMathematik kontrovers diskutiert wird – und in mathematischenVorlesungen wird sowieso selten diskutiert.Daher war diese Vorlesungss<strong>tun</strong>de eine ganzbesondere S<strong>tun</strong>de.Sowohl die Version I) als auch die Version II) wurdenvon einigen Studentinnen verteidigt – und genauso4