Hörgerichtete Frühförderung hoch- gradig hörgeschädigter ... - Sonos

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� Bis auf den heutigen Tag nicht institutionalisiert ist eine quasi automatische Untersuchung der Neugeborenen auf das Vorliegen von Hörschädigungen. Vielmehr ist das Interventionssystem nach wie vor in den allermeisten Fällen darauf angewiesen, daß Eltern, Ärzte etc. einen Erstverdacht äußern. � Wird diesem Verdacht nachgegangen, kommt es im nächsten Schritt zu einer Erstdiagnose durch eine Klinik oder einen Facharzt. � Bestätigt sich der Verdacht, werden in den meisten Fällen zunächst Hörgeräte verordnet und entweder durch die Klinik/den Facharzt selber oder durch einen Akustiker erstmals angepaßt. Zugleich wird die betroffene Familie weitervermittelt zur jeweils örtlich zuständigen Förderstelle für hörgeschädigte Kinder. � Diese Stelle, die häufig einer der staatlichen Schulen für Hörgeschädigte angeschlossen ist, lädt die Familie in der Regel bald zu einem ersten Beratungsgespräch ein und bietet die Durchführung von ambulanter Hausfrühförderung sowie anderer Förder- und Beratungsgelegenheiten an. Eine schematische Darstellung dieser Grundstruktur bietet die folgende Abbildung. 2 Interventionsstrukturen im Bereich der Frühförderung hörgeschädigter Kinder in der Bundesrepublik Deutschland. Erstverdacht durch Eltern, Ärzte oder andere (In Ausnahmefällen: Neugeborenen-Screening) Erstdiagnose in Kliniken oder bei Fachärzten (Meist mittels Verfahren der BERA) Erstversorgung mit Hörgeräten durch Kliniken oder Akustiker (CI-Versorgung) Frühförderung meist durch spezialisierte Abteilungen der Schulen für Hörgeschädigte mit den Aufgabenfeldern Pädaudiologische Beratung Ambulante Therapie Wechselgruppe Hausfrühförderung Stationäre Wechsel- gruppe Integrative Betreuung
2. Stand der Forschung Die Hörgeschädigtenpädagogik hat in den vergangenen 40 Jahren verschiedene Ansätze entwickelt, um die Kommunikationsfähigkeit hörgeschädigter Kinder zu verbessern. Eine neuere Konzeptionen ist der hörgerichtete Ansatz. Er geht von der Überzeugung aus, daß „... heutzutage für die meisten prä- oder perinatal hörgeschädigten Kinder die Möglichkeit (besteht), bei einer intensiven Nutzung der vorhandenen Rehabilitationstechniken auf der Basis natürlicher Lernprozesse die Entwicklung der auditiven Zentren ... in Gang zu bringen und eine natürliche Hör- , Sprech- und Sprachkompetenz zu entwickeln“ (Frerichs 1995, 8). Der hörgerichtete Ansatz wendet sich damit programmatisch ab von allen bisher in der Hörgeschädigtenpädagogik zusätzlich benutzten manualen Methoden, die durch das Anbieten von visuellen Sprach-, Sprech- oder Schriftzeichensystemen die Kommunikationsfähigkeit Gehörloser herstellen wollen. Ebenso von Konzepten, die unter den Schlagwörtern Bilingualismus oder Total Communication eine Einbeziehung von Gebärden in die Hör- und Sprachförderung hörgeschädigter Kleinkinder befürworten. � Die Grundidee des hörgerichteten Ansatzes basiert zum einen auf Forschungsergebnissen aus dem Bereich der Neurophysiologie des Hörens, die zeigen, daß sich auch bei hochgradig hörgeschädigten Kindern die physiologischen und funktionellen Reifungsprozesse des Hörsystems wie bei normalsinnigen Kindern entwickeln können. � Darüber hinaus belegen die neuesten Erkenntnisse der Spracherwerbstheorie die Vermutung, daß der Spracherwerb von hörgeschädigten Kindern, wenngleich durch gewisse Startschwierigkeiten verzögert, grundsätzlich denselben Entwicklungsschritten folgt wie der anderer Kinder auch. Was die empirische Überprüfung der seit den 60er Jahren neu entwickelten Konzepte der Hörgeschädigtenpädagogik angeht, so sind zumindest für den deutschsprachigen Raum lediglich einige Einzelfallstudien, gezielte Beobachtungen, Begleitforschungen und empirisch gestützten Untersuchungen an kleineren Populationsgrößen bekannt, die zum Ziel hatten, die Möglichkeiten des Spracherwerbs hörgeschädigter Kinder wissenschaftlich zu untersuchen, z. B. Willer 1966, Prillwitz 1982, Kratzmeier 1989, Kallinge 1995. Prillwitz veröffentlichte 1988 Untersuchungsergebnisse eines Modellversuchs, in dem zehn hörgeschädigte Kinder primär gebärdensprachlich gefördert wurden. Eine vergleichbare Studie, in der untersucht wurde, wie die Entwicklung von Kindern unter hörgerichteter Frühförderung verläuft, gab es vor der hier besprochenen Studie nicht. Die Einordnung des Projekts hörgerichtete Frühförderung in den gegenwärtigen Forschungskontext der Hörgeschädigtenpädagogik macht deutlich, daß hier ein bisher im deutschsprachigen Raum noch kaum bearbeitetes Forschungsfeld betreten wurde. Es ist noch immer zutreffend, daß es sich bei diesem Projekt um die bislang einmalige, umfänglich angelegte, empirische und systematisch kontrollierte Untersuchung der Hör- und Sprachentwicklung von hochgradig hörgeschädigten Kindern in der Bundesrepublik Deutschland handelt. 3
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