Magenschutz leicht gemacht
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P.b.b. • 04Z035829 M • Verlagspostamt: 8020 Graz • 18. Jahrgang<br />
verlagdermediziner<br />
<strong>Magenschutz</strong><br />
<strong>leicht</strong> <strong>gemacht</strong>
Fachkurzinformation siehe Seite 39
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38<br />
COVERSTORY<br />
4<br />
FORTBILDUNG<br />
Gastroösophagealer Reflux und Säurehemmung –<br />
aktuelle Optionen und Management in der Praxis<br />
PD Dr. med. Jürgen M. Gschossmann,<br />
Alexander Sedensky, Dr. med. Manfred Essig<br />
Einfluss der Hemmung des Renin-Angiotensin-Systems<br />
auf Vorhofflimmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
Prim. Univ.-Doz. Dr. Johann Auer<br />
Hypoglykämien bei Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus –<br />
ein unterschätztes Risiko? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
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Adipositas in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />
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Dr. Susanne Abbrederis, Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Vogel<br />
Aktueller Stellenwert der medikamentösen<br />
Therapie beim Kolorektalkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
Dr. Gudrun Resch, Univ.-Prof. Prim. Dr. Josef Thaler<br />
Das Lungenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />
OA Dr. Klaus Kirchbacher<br />
FORUM MEDICUM<br />
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Fachkurzinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />
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INHALT UND IMPRESSUM<br />
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und Geschäftsführer: Peter Hübler.<br />
Projektleitung: Peter Abromeit. Redaktion:<br />
Elisabeth Abromeit-Wagner, Andrea Ballasch,<br />
Dr. Csilla Putz-Bankuti, Jutta Gruber, Anita Heilinger,<br />
Dr. Birgit Jeschek, Helga Rothenpieler.<br />
Anschrift von Verlag und Herausgeber: A-9375<br />
Hüttenberg, Steirer Straße 24, Telefon: 04263/<br />
200 34. Fax: 04263/200 74. Redaktion: A-8020 Graz,<br />
Payer-Weyprecht-Straße 33–35, Telefon: 0316/<br />
26 29 88. Fax: 0316/26 29 93. Produktion: Richard<br />
Schmidt. Druck: Medienfabrik Graz. E-Mail:<br />
office@mediziner.at. Homepage: www.mediziner.at.<br />
Einzelpreis: € 3,–. Erscheinungsweise: periodisch.<br />
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Siehe www.dinersclub.at<br />
Nähere Informationen auf<br />
Seite 38 und www.mediziner.at<br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser! Auf vielfachen<br />
Wunsch verzichten wir für eine bessere Lesbarkeit<br />
auf das Binnen-I und auf die gesonderte weibliche<br />
und männliche Form bei Begriffen wie Patient oder<br />
Arzt. Wir hoffen auf Ihr Verständnis und Ihre<br />
Zustimmung!<br />
4/2009 3
REFLUX<br />
Gastroösophagealer Reflux und Säurehemmung –<br />
aktuelle Optionen und Management in der Praxis<br />
4<br />
PD Dr. med. Jürgen M. Gschossmann, Alexander Sedensky, Dr. med. Manfred Essig<br />
Beschwerden im Zusammenhang mit<br />
pathologisch gesteigertem gastroösophagealen<br />
Reflux beziehungsweise erhöhter<br />
Sensibilität für Säureexposition<br />
sind weit verbreitet und repräsentieren<br />
einen bedeutenden Anteil der Symptome,<br />
welche zur ärztlichen Konsultation<br />
führen. Nicht zuletzt aus ökonomischen<br />
Gründen gilt es daher, zusammen mit<br />
dem Patienten die individuelle Vorgehensweise<br />
hinsichtlich Diagnostik und<br />
Therapie festzulegen. Während zur Diagnosestellung<br />
vor allem die Endoskopie<br />
zum Einsatz kommt und therapeutisch<br />
in erster Linie Säureblocker Verwendung<br />
finden, wurden in letzter Zeit verstärkt<br />
Anstrengungen zur Entwicklung<br />
von Alternativen unternommen.<br />
Gemäß epidemiologischen Erhebungen<br />
hat in den letzten Jahren die Prävalenz<br />
sowohl des gastroösophagealen<br />
Refluxes wie auch der gastroösophagealen<br />
Refluxerkrankung deutlich zugenommen.<br />
Dies geht einher mit der Beobachtung,<br />
dass von Patienten als Beweggrund<br />
für die Konsultation angegebene<br />
Beschwerden oft suggestiv für das Vorliegen<br />
einer säureassoziierten Erkrankung<br />
sind. Während die diesbezüglichen pathophysiologischen<br />
Mechanismen kom-<br />
4/2009<br />
plexer Natur sind und die medizinische<br />
Literatur auf eine multifaktorielle Genese<br />
der „typischen“ Refluxbeschwerden<br />
hindeutet, ist die aktuelle Therapie<br />
primär auf eine effektive Säuresuppression<br />
fokussiert. Leider kann mit den standardmäßig<br />
eingesetzten Medikamenten<br />
nicht bei allen Patienten gleichermaßen<br />
eine vollständige Beschwerdefreiheit bewirkt<br />
werden, sodass sich auch im Jahr<br />
2008 die Frage nach alternativen beziehungsweise<br />
weiterführenden Therapieoptionen<br />
stellt. Ziel der aktuellen Übersichtsarbeit<br />
soll deshalb sein, neben<br />
einem kurzen Überblick über den aktuellen<br />
Stand der Erkenntnisse zu Pathogenese<br />
und Diagnostik des gastroösophagealen<br />
Refluxes die verschiedenen<br />
momentan zur Verfügung stehenden<br />
Therapieoptionen darzustellen und in<br />
diesem Zusammenhang auch einen Blick<br />
in die mögliche Zukunft zu werfen.<br />
Pathogenese des<br />
gastroösophagealen Refluxes<br />
Eine zentrale Rolle bei der Pathogenese<br />
des gastroösophagealen Refluxes<br />
spielt das Versagen der physiologischen<br />
Anti-Reflux-Barriere im Bereich des<br />
gastroösophagealen Übergangs. Neben<br />
Tabelle 1<br />
Auswahl möglicher Symptome der gastroösophagealen Refluxerkrankung<br />
ösophageal supra-/extraösophageal<br />
retrosternales Brennen Husten, vor allem morgens<br />
retrosternale Schmerzen Halskratzen<br />
retrosternales Engegefühl Heiserkeit<br />
saures Aufstoßen Asthma/Atemnot<br />
Nause Tachykardie<br />
Thoraxschmerzen<br />
Tabelle 2<br />
Entscheidungskriterien zum Zeitpunkt<br />
der Endoskopie<br />
Gewichtsverlust Regurgitation<br />
Nachtschweiß Blutungszeichen<br />
Dysphagie Alter > 50 Jahre<br />
Odynophagie PPI-resistente Symptome<br />
der transienten Relaxation des unteren<br />
Ösophagussphinkters (transient lower<br />
esophageal sphincter relaxation =<br />
TLESR) ist hierbei der gastroösophageale<br />
Druckgradient von Bedeutung. Außer<br />
der Menge der gastralen Säuresekretion<br />
und der Zusammensetzung der nach proximal<br />
strömenden Flüssigkeit scheinen<br />
verschiedene weitere Faktoren, wie nur<br />
eingeschränkt wirksame endogene Reinigungsmechanismen<br />
des Ösophagus,<br />
mukosale Schutzmechanismen der ösophagealen<br />
Schleimhaut, aber auch Alterationen<br />
des autonomen Nervensystems<br />
mitbeteiligt zu sein. Die Frage, inwieweit<br />
Motilitätsstörungen des tubulären Ösophagus<br />
hierbei Ursache oder eher Folge<br />
der übermäßigen Säureexposition des<br />
Ösophagus sind, wird unterschiedlich<br />
beantwortet. Ebenso kontrovers diskutiert<br />
wird die Frage der Bedeutung einer<br />
Infektion mit Helicobacter pylori.<br />
• Zwischen dem Beschwerdegrad und<br />
dem Ausmaß des Säurerefluxes besteht<br />
keine zwingende Korrelation.<br />
• Neben erosiven Formen der Refluxerkrankung<br />
gibt es nichterosive Varianten,<br />
welche endoskopisch mit einem<br />
makroskopischen Normalbefund einhergehen.<br />
• Für den Zeitpunkt einer endoskopischen<br />
Untersuchung gibt es keine allgemeingültigen<br />
Richtlinien.
Abbildung 1<br />
Ösophaguskarzinom<br />
Symptomatik<br />
Bezüglich der vom Patienten im Zusammenhang<br />
mit gastroösophagealem<br />
Reflux angegebenen Beschwerden ist<br />
zwischen „typischen“ ösophagealen<br />
Symptomen und „atypischen“ suprabeziehungsweise<br />
extraösophagealen<br />
Symptomen zu unterscheiden (Tabelle 1).<br />
Klassischerweise berichten Patienten<br />
bei Vorliegen eines gastroösophagealen<br />
Refluxes über brennende Sensationen<br />
retrosternal, oftmals verbunden mit<br />
Schmerzen.Auch saure Regurgitationen<br />
werden oftmals von betroffenen Patienten<br />
angegeben. Postuliert wird ein möglicher<br />
kausaler Zusammenhang zwischen<br />
Säurereflux und einer Vielzahl<br />
von Erkrankungen, welche klassischerweise<br />
auf den Gebieten der Hals-Nasen-<br />
Ohren-Heilkunde und Pulmologie angesiedelt<br />
sind.<br />
Während jedoch für ösophageale Beschwerden<br />
mittlerweile der Stellenwert<br />
des Säurerefluxes allgemein akzeptiert<br />
wird, finden sich für supraösophageale<br />
Effekte der Magensäure zurzeit noch<br />
unterschiedliche und sich teilweise<br />
widersprechende Studien, sodass diesbezüglich<br />
kein abschließendes Urteil gesprochen<br />
werden kann. Hierzu gehören<br />
chronisch-rezidivierende Krankheitsbilder<br />
wie Laryngitiden ebenso wie<br />
24-Stunden-pH-Metrie<br />
Husten. Interessanterweise gilt aber<br />
unabhängig von der Lokalisation der<br />
potenziell mit dem Säurereflux assoziierten<br />
Beschwerden, dass zwischen dem<br />
Beschwerdegrad und dem Ausmaß des<br />
Säurerefluxes keine zwingende Korrelation<br />
besteht. Hier scheinen Faktoren wie<br />
der maximale pH-Abfall, aber auch die<br />
zeitliche Länge und die proximale Ausdehnung<br />
des Säurerefluxes eine entscheidende<br />
Rolle zu spielen.<br />
Diagnostik<br />
Oftmals führen bereits die vom<br />
Patienten beschriebenen Symptome zur<br />
Verdachtsdiagnose eines pathologischen<br />
gastroösophagealen Refluxes.Wie<br />
bereits erwähnt, besteht aber keine<br />
zwingende Assoziation zwischen dem<br />
Ausmaß des gastroösophagealen Refluxes<br />
beziehungsweise den damit verbundenen<br />
Schleimhautläsionen und den<br />
subjektiv vom Patienten empfundenen<br />
Symptomen.<br />
Neben einer indirekten Diagnostik<br />
durch positives Ansprechen der Symptome<br />
auf Einsatz eines Säureblockers<br />
in suffizienter Dosierung stehen verschiedene<br />
invasive diagnostische Verfahren<br />
zur Verfügung. Insbesondere zur<br />
Erfassung der effektiven mukosalen<br />
Schädigung sowie zum Ausschluss wichtiger<br />
Differenzialdiagnosen wie des<br />
Ösophaguskarzinoms (Abbildung 1) als<br />
Ursache der Dysphagie steht hierbei die<br />
Endoskopie im Mittelpunkt.<br />
Oft diskutiert wird die Frage des Zeitpunktes<br />
der endoskopischen Untersuchung<br />
(Tabelle 2). Hierbei gibt es keine<br />
allgemein gültigen Richtlinien. Abzuwägen<br />
sind damit verbundene Kosten und<br />
ein, wenn auch heutzutage nur noch minimales,<br />
periinterventionelles Risiko gegen<br />
die Gefahr einer Fehldiagnose und damit<br />
der unnötigen und potenziell gefährlichen<br />
Verzögerung der korrekten Diagno-<br />
Abbildung 3<br />
Refluxösophagitis<br />
REFLUX<br />
Abbildung 2<br />
sestellung, wobei vor allem die Möglichkeit<br />
eines Ösophaguskarzinoms berücksichtigt<br />
werden muss. So ist es durchaus<br />
gerechtfertigt, bei jungen Patienten ohne<br />
B-Symptomatik initial den Versuch einer<br />
medikamentösen Therapie durchzuführen,<br />
wohingegen bei älteren Patienten mit<br />
Risikofaktoren beziehungsweise bei Vorliegen<br />
von Hämatemesis oder anderen<br />
Alarmsymptomen eine endoskopische<br />
Klärung der lokalen Verhältnisse am Anfang<br />
des diagnostischen Algorithmus stehen<br />
muss.<br />
Vorteil der endoskopischen Untersuchung<br />
ist neben der direkten Visualisierung<br />
der Schleimhautverhältnisse die<br />
Möglichkeit der Biopsieentnahme. Dies<br />
ist vor allem zur Beantwortung der Frage<br />
nach dysplastischen Veränderungen,<br />
aber auch zum histologischen Beleg<br />
oder Ausschluss relevanter Differenzialdiagnosen<br />
wie der eosinophilen Ösophagitis<br />
unabdingbar.<br />
Erschwert wird die endoskopische<br />
Diagnostik der gastroösophagealen<br />
Refluxerkrankung jedoch dadurch, dass<br />
neben erosiven Formen der Refluxerkrankung<br />
auch nichterosive Varianten<br />
dieser Krankheit bestehen, welche<br />
endoskopisch mit einem makroskopischen<br />
Normalbefund einhergehen. Zur<br />
endoskopischen Einteilung der erosiven<br />
Ösophagitis (Abbildung 2) stehen verschiedene<br />
Klassifikationen zur Verfügung,<br />
von denen die Savary-Miller-Klassifikation<br />
und die Los-Angeles-Klassifikationen<br />
die am weitesten verbreiteten<br />
sind.<br />
Weiterführende diagnostische Optionen<br />
sind die Säuremessung im Ösophagus<br />
mittels 24-Stunden-pH-Metrie, die<br />
Erfassung von Gallereflux durch Bilitec-<br />
Messung und die Dokumentation von<br />
nichtsaurem Volumenreflux mittels<br />
Impedanzmessung (Abbildung 3). Eine<br />
4/2009 5
REFLUX<br />
zentrale Indikation zur 24-Stunden-ph-<br />
Metrie stellen persistierende Schmerzen<br />
trotz maximaler medikamentöser Säuresuppression<br />
dar. Auch lässt sich mit<br />
dieser Untersuchungstechnik eine Korrelation<br />
zwischen vom Patienten<br />
beschriebenen Beschwerden und effektiv<br />
gemessenem Säurereflux ermitteln,<br />
was einen wichtigen Hinweis für das<br />
Vorliegen einer ösophagealen Hypersensitivität<br />
liefern kann.<br />
6<br />
Abbildung 4<br />
Stufentherapie des gastroösophagealen<br />
Refluxes<br />
Protonenpumpeninhibitor (PPI)<br />
Standdarddosis<br />
PPI<br />
doppelte Standdarddosis<br />
PPI doppelte Standdarddosis<br />
plus<br />
H2-Blocker/(Baclofen)<br />
4/2009<br />
Antirefluxchirurgie<br />
Antirefluxchirurgie<br />
plus<br />
PPI<br />
Therapieziele<br />
Obwohl die gastroösophageale Refluxerkrankung<br />
generell als benigne Erkrankung<br />
betrachtet wird, besteht durch<br />
die teilweise deutliche Beeinträchtigung<br />
der Lebensqualität ein starker Behandlungswunsch<br />
seitens der Patienten. Von<br />
ärztlicher Seite darf darüber hinaus<br />
nicht vernachlässigt werden, auf die dem<br />
Patienten allgemein nicht bekannte<br />
mögliche Kaskade von der Refluxösophagitis<br />
bis hin zur Entwicklung eines<br />
Barrettösophagus und schließlich eines<br />
Ösophaguskarzinoms hinzuweisen und<br />
entsprechende therapeutische Schritte<br />
einzuleiten. Hieraus ergeben sich als<br />
Hauptziele einer Behandlung eines<br />
gastroösophagealen Refluxes<br />
• unmittelbar die subjektive Beschwerdefreiheit<br />
sowie die objektive Abheilung<br />
der endoskopisch und bioptisch<br />
gesicherten Ösophagitis und<br />
• langfristig die Vermeidung der Entwicklung<br />
beziehungsweise des Fort-<br />
schreitens von refluxassoziierten Komplikationen.<br />
Um diese Ziele zu erreichen, stehen<br />
dem behandelnden Arzt drei Säulen der<br />
Behandlung (allgemein, medikamentös<br />
und chirurgisch) zur Verfügung, welche<br />
in der Regel im Sinne einer Therapieeskalation<br />
zum Einsatz kommen (Abbildung<br />
4).<br />
Allgemeine Maßnahmen<br />
Neben der Modifikation der konsumierten<br />
Lebensmittel und Getränke (z.B.<br />
Alkohol, Koffein, kohlesäurehaltige Getränke,<br />
saures Obst und scharf gewürzte<br />
Speisen) sowie der Vermeidung der Nahrungsaufnahme<br />
kurz vor dem Schlaf sind<br />
dies vor allem Veränderungen der Schlafposition<br />
und die Reduktion des Körpergewichtes.<br />
Medikamentöse Behandlungsansätze<br />
Ausgehend von den Antazida waren<br />
H2-Blocker der erste entscheidende<br />
Schritt, auf medikamentöse Weise die<br />
Säuresekretion des Magens effektiv zu<br />
hemmen. Als Standardmedikation zur<br />
Säuresuppression abgelöst wurde die<br />
Substanzklasse der H2-Blocker durch<br />
die potenteren Protonenpumpeninhibitoren<br />
(PPI).Während H2-Blocker direkt<br />
die histaminvermittelte gastrale Säureproduktion<br />
hemmen, blockieren PPI die<br />
H + /K + -ATPase und verhindern so eine<br />
Sekretion der Magensäure in das Magenlumen.<br />
„Bottom-up“ oder „top down“?<br />
Nachdem in der Vergangenheit zwei<br />
gegensätzliche Behandlungsstrategien<br />
(„bottom up“ vs. „top down“) formuliert<br />
worden waren, setzte sich mittlerweile<br />
die letztere Variante des Top-down-Vorgehens<br />
durch. Während bei der Bottomup-Methode<br />
PPI erst nach einer erfolglosen<br />
Umstellung der Lebensgewohnheiten<br />
sowie dem erfolglosen Einsatz von<br />
Antazida und H2-Blockern zum Einsatz<br />
kamen, wird bei der Top-down-Methode<br />
direkt eine säuresuppressive Therapie<br />
mit einem PPI eingeleitet. Je nach dem<br />
Grad subjektiver Beschwerden beziehungsweise<br />
endoskopischem Befund<br />
wird mit einer Standarddosierung des<br />
jeweilig verwendeten PPI begonnen oder<br />
diese direkt verdoppelt. Die Dauer der<br />
initialen säuresuppressiven Behandlung<br />
beträgt in Abhängigkeit von der Intensität<br />
der Beschwerden und des Ausmaßes<br />
der Schleimhautschädigung vier bis acht<br />
Wochen. Der weitere Verlauf ist individuell<br />
unterschiedlich. In der Mehrzahl<br />
der Fälle ist die Akuttherapie ausreichend<br />
oder kann langfristig auf ein Einnahmeschema<br />
nach Bedarf umgestellt<br />
werden. Bei ausgeprägtem Reflux und<br />
damit verbundenen Beschwerden kann<br />
auch eine lang dauernde beziehungsweise<br />
permanente Säuresuppression notwendig<br />
werden.<br />
Was tun, wenn PPI nicht den<br />
gewünschten Erfolg bringen?<br />
Obwohl prinzipiell durch eine hohe<br />
Wirksamkeit gekennzeichnet, führen PPI<br />
nicht bei allen Patienten direkt zur gewünschten<br />
Wirkung. Als Lösungsansatz<br />
zur Steigerung der Säuresuppression bietet<br />
sich neben einer Dosissteigerung auch<br />
der Wechsel auf eine andere Wirksubstanz<br />
dieser Medikamentengruppe an.<br />
Neben einer gegebenenfalls eingeschränkten<br />
Patientencompliance spielen<br />
hier möglicherweise aber auch genetische<br />
Polymorphismen eine Rolle, welche<br />
individuell den Metabolismus der PPI<br />
und damit die individuelle Wirksamkeit<br />
beeinflussen können. Letztlich müssen<br />
aber auch mögliche Differenzialdiagnosen<br />
als Ursache der scheinbar refluxassoziierten<br />
Beschwerden in Erwägung gezogen<br />
und ausgeschlossen werden.<br />
Obwohl überaus erfolgreich und durch<br />
minimale Nebenwirkungen gekennzeichnet,<br />
stellen gelegentlicher nächtlicher<br />
Säuredurchbruch unter laufender<br />
PPI-Therapie und die fehlende Beeinflussung<br />
des nichtsauren Refluxes durch<br />
PPI den behandelnden Arzt noch immer<br />
vor nicht einfach zu lösende Probleme.<br />
Ersteres kann durch den zusätzlichen<br />
Einsatz eines H2-Blockers, Letzteres<br />
durch eine Komedikation mit Baclofen<br />
erfolgreich angegangen werden. Bei diesem<br />
Präparat handelt es sich um einen<br />
GABA-B-Rezeptoragonisten, welcher<br />
inhibitorisch auf die TLESR (transient<br />
lower esophageal sphincter relaxation)<br />
wirkt. Eine neue Wirkstoffgruppe zur<br />
Säuresuppression stellen kaliumkompetitive<br />
Säureblocker (P-CAB) dar, welche<br />
sich von den klassischen PPI durch einen<br />
reversiblen Bindungsmechanismus<br />
unterscheiden.<br />
Invasive Therapien<br />
Besonders für Patienten mit säureassoziiertem<br />
oder nichtsaurem Reflux, deren<br />
Beschwerden nicht beziehungsweise nur
ungenügend auf die herkömmlichen<br />
medikamentösen Behandlungsschemata<br />
ansprechen, aber auch für Patienten, welche<br />
eine langfristige Einnahme eines PPI<br />
ablehnen, stellt sich die Frage nach alternativen<br />
Vorgehensweisen. Vor diesem<br />
Hintergrund wurden in den vergangenen<br />
Jahren zahlreiche endoskopische Techniken<br />
entwickelt, welche den gastroösophagealen<br />
Übergangsbereich artifiziell einengen<br />
sollen durch<br />
• eine Raffung des Gewebes,<br />
• die Applikation von Wärmeenergie,<br />
• die Injektion von inertem Material in<br />
die Muskelschichten.<br />
Obwohl theoretisch eine attraktive<br />
Vorgehensweise, konnten sich alle entsprechenden<br />
endoskopischen Techniken<br />
nicht etablieren und fanden bis heute<br />
einzig in Studien Verwendung.<br />
So ist auch im Jahr 2008 als allgemein<br />
anerkannte und belegte Alternative zur<br />
medikamentösen Therapie die Anti-<br />
Reflux-Chirurgie zu nennen, welche<br />
mittlerweile in der Regel laparoskopisch<br />
erfolgt. Einschränkend muss jedoch auch<br />
hierbei darauf hingewiesen werden, dass<br />
ein entsprechender chirurgischer Eingriff<br />
nicht zwingend von der Einnahme eines<br />
Säuresuppressors befreit, sondern vielmehr<br />
auch in der Langzeitbeobachtung<br />
zumindest ein Teil der operativ versorgten<br />
Patienten weiterhin einen PPI benötigt.<br />
Literatur beim Verfasser<br />
Quelle: Ars Medici Nr. 21/2008<br />
Seit 1. Oktober noch günstiger<br />
Neu! Pantip ® – <strong>Magenschutz</strong> <strong>leicht</strong> <strong>gemacht</strong><br />
Bereits seit 1. September überzeugt Pantip<br />
® aus der Gruppe der Protonenpumpenhemmer<br />
nicht nur die Verschreiber,<br />
sondern vor allem die Patienten. Neben<br />
der Topqualität sind die Wirksamkeit<br />
und die Ökonomie entscheidend. Die<br />
Refluxkrankheit nimmt immer mehr zu<br />
– der Schweregrad korreliert mit den Parametern<br />
des metabolischen Syndroms.<br />
Immer mehr Patienten benötigen rasch<br />
wirksame PPIs 1 wie Pantip ® .<br />
Pantip ® – sicher und wirksam<br />
Die Wirkung von Pantip ® entsteht durch<br />
die Hemmung der Protonenpumpe in<br />
den Zellen der Magenschleimhaut.<br />
Diese befördert normalerweise Wasserstoffionen<br />
(H + ; Protonen) zur Bildung<br />
der Magensäure in den Magen. Durch<br />
die verminderte Säurekonzentration<br />
(= erhöhter pH-Wert) kommt es zu einer<br />
schnelleren Abheilung von Schleimhautschäden<br />
verschiedener Ursachen.<br />
Pantip ® auf einen Blick 2<br />
• reduziert die Bildung der<br />
Magensäure schnell und effektiv;<br />
• Prävention und Behandlung<br />
des Refluxoesophagitis<br />
und aller damit verbundenen<br />
Symptome wie z.B.Sodbrennen,<br />
Schluckschmerz,<br />
Säureregurgitation;<br />
• Vorbeugung von Magen-<br />
Darm-Geschwüren während<br />
einer Behandlung mit<br />
Schmerzmitteln aus der<br />
Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika<br />
(NSAR);<br />
• Behandlung eines Magengeschwürs;<br />
• Behandlung eines Zwölffingerdarmgeschwürs;<br />
• Langzeitbehandlung von Erkrankungen,<br />
die mit einer Überproduktion<br />
von Magensäure einhergehen.<br />
Unser Tipp: Pantip ® mit bis<br />
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Topqualität zum Toppreis: Pantip ® ,<br />
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seit 1. Oktober 2009 bis zu 34%<br />
Preisvorteil und neben der 7- und 14-<br />
Stück-Packung auch die ökonomische<br />
Monatspackung zu 30 Stück.Da-<br />
REFLUX<br />
Priv.-Doz. Dr. med.<br />
Jürgen Gschossmann<br />
Chefarzt der Fachabteilung für Innere<br />
Medizin, Klinikum Forchheim<br />
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Quellen<br />
1. Kreis G.J.: Säure-assoziierte Erkrankungen 2009; Arzt & Praxis, Jahrgang<br />
63/955/2009 S.260-2<br />
2. Weitere Angaben zu den Indikationen vonzu Pantip ® 20 mg bzw.<br />
Pantip ® 40 mg mMagensaftresistente Tabletten siehe veröffentlichten<br />
Fachinformationen<br />
3. Vergleichspreise Erstanbieter: Öst. Apothekentaxe, Warenverzeichnis I.,<br />
Ausgabe Oktober 2009<br />
4/2009 7
VORHOFFLIMMERN<br />
Einfluss der Hemmung des Renin-Angiotensin-<br />
Systems auf Vorhofflimmern<br />
8<br />
Prim. Univ.-Doz. Dr. Johann Auer<br />
Vorhofflimmern zählt zu den häufigsten<br />
Arrhythmien und ist hinsichtlich der<br />
Behandlung komplex. Der Einsatz von<br />
pharmakologischen antiarrhythmischen<br />
Therapiestrategien zur Erhaltung von<br />
Sinusrhythmus ist auf Grund einer inadäquaten<br />
Effektivität und potentieller<br />
Nebenwirkungen limitiert 1 . Diese Tatsache<br />
resultiert in einem erhöhten Interesse,<br />
mittels neuer Behandlungskonzepte<br />
die Entwicklung eines Substrats für das<br />
Auftreten von Vorhofflimmern zu verhindern.<br />
Rezente Studien lassen vermuten,<br />
dass Hemmer des Angiotensin-Konversionsenzyms<br />
(ACE-Hemmer) und<br />
AT 1-Rezeptorblocker in diesem Zusammenhang<br />
vor allem bei Patienten mit<br />
linksventrikulärer Hypertrophie oder<br />
linksventrikulärer Dysfunktion vorteilhaft<br />
sein könnten 2 . Das klinische Poten-<br />
4/2009<br />
tial und die zugrundeliegenden Mechanismen<br />
werden gegenwärtig intensiv<br />
untersucht.<br />
Angiotensin II ist in atriale Umbauprozesse<br />
(„strukturelles Remodeling“)<br />
involviert und hat direkte elektrophysiologische<br />
Wirkungen 3,4 . Experimentielle<br />
Studien zeigen eine Schutzwirkung hinsichtlich<br />
struktureller und elektrischer<br />
Umbauprozesse („elektrisches Remodeling“)<br />
unter dem Einsatz von ACE-<br />
Hemmern und Angiotensin-Rezeptorblockern.<br />
Zusätzlich wurden Effekte auf<br />
kardiale Ionenkanäle beschrieben 5,6 .<br />
Derzeit verfügen wir über keine Ergebnisse<br />
aus prospektiven randomisierten<br />
doppelblinden Studien, die den Einsatz<br />
von ACE-Hemmern und Angioten-<br />
Das Renin-Angiotensin-System-Übersicht (mod. nach Ref. 7)<br />
Abbildung 1<br />
sin-Rezeptorblockern definitiv bewerten<br />
lassen würden. Allerdings werden solche<br />
Studien gegenwärtig durchgeführt und<br />
entsprechende Daten werden in naher<br />
Zukunft verfügbar sein (Abb. 1).<br />
Allgemeine Aspekte<br />
Es liegen zunehmend Daten für wichtige<br />
Effekte des Renin-Angiotensin-<br />
Aldosteron-Systems in Zusammenhang<br />
mit Vorhofflimmern vor. Angiotensinogen-Genpolymorphismen<br />
sind 8 mit einem<br />
erhöhten Risiko für Vorhofflimmern<br />
assoziiert und ACE-Hemmer oder<br />
Angiotensin-Rezeptorblocker können<br />
eine Prophylaxe vor dem Auftreten von<br />
Vorhofflimmern darstellen.<br />
Angiotensin II ist für die Regulation<br />
des Blutdrucks und darüber hinaus für<br />
Fibroblastenproliferation und kardiale<br />
Hypertrophie verantwortlich. Frühe klinische<br />
Studien konnten einen günstigen<br />
Effekt von ACE-Hemmern auf Morbidität<br />
und Mortalität bei Patienten mit Herzinsuffizienz<br />
zeigen 9,10 . ACE-Hemmer<br />
reduzieren auch ventrikuläre Arrhythmien<br />
nach Myokardinfarkt 11 . Eine retrospektive<br />
Analyse aus der SOLVD-Studie<br />
(Studies Of Left Ventricular Dysfunction)<br />
weist darauf hin, dass ACE-Hemmer bei<br />
Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz<br />
das Risiko für das Auftreten von<br />
Vorhofflimmern reduzieren können 12 .<br />
Andere Studien konnten protektive<br />
Effekte von ACE-Hemmern hinsichtlich<br />
des Auftretens von Vorhofflimmern bei<br />
Patienten mit Risikofaktoren wie arterieller<br />
Hypertonie mit Linksventrikelhypertrophie<br />
13 oder akutem Myokardinfarkt<br />
mit reduzierter linksventrikulärer Pumpfunktion<br />
nachweisen 14 . Eine rezente<br />
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38
VORHOFFLIMMERN<br />
Metaanalyse weist darauf hin, dass Inhibitoren<br />
des Renin-Angiotensins-Systems<br />
sehr eindrucksvoll das Risiko für das Auftreten<br />
von Vorhofflimmern bei Patienten<br />
mit linksventrikulärer Dysfunktion reduzieren<br />
können 15 .<br />
ACE-Hemmer reduzieren die<br />
Inzidenz von neu aufgetretenem<br />
Vorhofflimmern<br />
Inhibitoren des Renin-Angiotensin-<br />
Systems scheinen Patienten mit Hypertonie<br />
und Linksventrikelhypertrophie,<br />
Patienten nach Myokardinfarkt mit linksventrikulärer<br />
Dysfunktion und Patienten<br />
mit chronischer Herzinsuffizienz vor dem<br />
Auftreten von Vorhofflimmern zu schützen<br />
12,14,16,17 . Die deutlichste Evidenz besteht<br />
10<br />
4/2009<br />
Abbildung 2<br />
Das Wiederauftreten von Vorhofflimmern bei Patienten nach elektrischer Kardioversion<br />
mit vs. ohne Irbesartan-Therapie (mod. nach Ref. 21)<br />
für Patienten mit linksventrikulärer Dysfunktion<br />
und chronischer Herzinsuffizienz.<br />
Zumal Vorhofflimmern kein vordefinierter<br />
Endpunkt dieser retrospektiven<br />
Studie war, müssen die Ergebnisse in prospektiven<br />
Studien bestätigt werden.<br />
Die gegenwärtige Evidenz hinsichtlich<br />
Renin-Angiotensin-System-Antagonismus<br />
und Auftreten von Vorhofflimmern<br />
beschränkt sich auf Patienten, die eine<br />
obligatorische Indikation für die Anwendung<br />
von ACE-Hemmern/AT 1-Blocker<br />
(Hypertonie, Postmyokardinfarkt, chronische<br />
Herzinsuffizienz) haben 15 .Andere<br />
Patienten wurden bislang nicht systematisch<br />
getestet. Die derzeit laufende<br />
ACTIVE-Studie führt einen Studienarm,<br />
der Irbesartan vs. Placebo ver-<br />
Abbildung 3<br />
Das Wiederauftreten von Vorhofflimmern bei Patienten nach elektrischer Kardioversion<br />
mit vs. ohne Irbesartan-Therapie (mod. nach Ref. 21)<br />
Auftreten von Vorhofflimmern bei Patienten mit Herzinsuffizienz (CHARM)<br />
g<strong>leicht</strong> 18 . Eine weitere laufende Studie<br />
untersucht Olmesartan bei paroxysmalem<br />
Vorhofflimmern (ANTIPAF;Angiotensin-II-Antagonist<br />
In Paroxysmal<br />
Atrial Fibrillation).<br />
ACE-Hemmer verhindern<br />
Vorhofflimmerrezidiv nach<br />
elektrischer Kardioversion<br />
ACE-Hemmer führen zu günstigen<br />
hämodynamischen Effekten und verbessern<br />
die maximale Sauerstoffaufnahme<br />
bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz<br />
und Vorhofflimmern. Es zeigt<br />
sich darüber hinaus ein Trend zu einer<br />
besseren Erhaltung von Sinusrhythmus<br />
im Vergleich zu Placebo nach Kardioversion<br />
19 . Retrospektive Analysen aus<br />
Patienten der AFFIRM-Studie zeigten<br />
weniger Vorhofflimmerrezidive als bei<br />
mit ACE-Hemmern behandelten Patienten<br />
mit chronischer Herzinsuffizienz 20 .<br />
Madrid et al. führten eine prospektive<br />
Studie an Patienten nach elektrischer<br />
Kardioversion und unter Amiodaron-<br />
Therapie durch und randomisierten diese<br />
Patienten zu Irbesartan oder Placebo.<br />
Das Wiederauftreten von Vorhofflimmern<br />
war unter Irbesartan-Therapie<br />
signifikant reduziert 21 (Abb. 2).<br />
Ueng et al. konnten zeigen, dass die<br />
Therapie mit einem ACE-Hemmer,<br />
zusätzlich zu Amiodaron, das Wiederauftreten<br />
von Vorhofflimmern nach Kardioversion<br />
ebenfalls reduzieren kann 22 .<br />
Experimentielle Evidenz<br />
Drei potentielle Mechanismen können<br />
die antiarrhythmischen Wirkungen von<br />
ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptorblocker<br />
bei Vorhofflimmern erklären 2 :<br />
• Verbesserung der linksventrikulären<br />
Hämodynamik und reduzierte atriale<br />
Wandspannung.<br />
• Verminderte Angiontensin-II-induzierte<br />
Fibrose.<br />
• Direkte Modulation von Ionenkanalfunktionen.<br />
Prävention von Vorhofflimmern<br />
bei Patienten mit chronischer<br />
Herzinsuffizienz – Rolle der<br />
AT 1-Rezeptorblocker<br />
In der CHARM-Studie wurde in einem<br />
groß angelegten Programm der Effekt<br />
einer Angiotensin-Rezeptorblocker-Therapie<br />
im Hinblick auf kardiovaskuläre<br />
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VORHOFFLIMMERN<br />
Mortalität und Morbidität untersucht.<br />
Damit ergab sich die Gelegenheit, die<br />
Effekte von Cardesartan auf das Neuauftreten<br />
von Vorhofflimmern in dieser<br />
Population mit Herzinsuffizienz zu untersuchen.<br />
7.601 Patienten wurden mit symptomatischer<br />
Herzinsuffizienz zu Cardesartan<br />
oder Placebo randomisiert und<br />
im Mittel 37,7 Monate nachbeobachtet.<br />
Das Neuauftreten von Vorhofflimmern<br />
war ein vordefinierter sekundärer Endpunkt.<br />
83,9% der Patienten hatten kein Vorhofflimmern<br />
im Ausgangs-EKG. Von<br />
diesen Patienten entwickelten 6,15%<br />
während des Nachbeobachtungszeitraumes<br />
Vorhofflimmern. 5,55% der Patienten<br />
in der Candesartangruppe und 6,74%<br />
in der Placebogruppe zeigten während<br />
der Nachbeobachtung Vorhofflimmern<br />
(p = 0,048). Nach Anpassung für Unterschiede<br />
hinsichtlich der Patientencharakteristika<br />
ergab sich eine 20%-ige relative<br />
Risikoreduktion für das Auftreten<br />
des Vorhofflimmerns während des Be-<br />
12<br />
4/2009<br />
obachtungszeitraums 23 . Somit kann festgehalten<br />
werden, dass eine Therapie mit<br />
dem Angiotensin-Rezeptorblocker Candesartan<br />
das Neuauftreten von Vorhofflimmern<br />
bei Patienten mit symptomatischer<br />
Herzinsuffizienz reduzieren kann<br />
(Abb. 3).<br />
Daten aus der ValheFT-Studie konnten<br />
bei diesem Angiotensin-Rezeptorblocker-Effekt<br />
eine Reduktion des<br />
Risikos für das Auftreten von Vorhofflimmern<br />
bei Patienten mit chronischer<br />
Herzinsuffizienz bestätigen 24 .<br />
Schlussfolgerung<br />
Sowohl ACE-Hemmer als auch Angiotensin-Rezeptorblocker<br />
führen zu<br />
einer Reduktion der Vorhofflimmerinzidenz<br />
und können Komplikationen, die<br />
mit Vorhofflimmern in Zusammenhang<br />
stehen, reduzieren.<br />
Es sind allerdings weitere Daten aus<br />
doppelblinden prospektiven Untersu-<br />
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chungen erforderlich, um über eine solide<br />
Evidenz für den Einsatz von ACE-Hemmern<br />
und Angiotensin-Rezeptorblokkern<br />
für die ausschließliche Prävention<br />
von Vorhofflimmern zu verfügen.<br />
Derzeit laufende Studien werden die<br />
Bedeutung dieser Substanzen im gesamten<br />
Spektrum des Managements von<br />
Vorhofflimmern näher definieren helfen.<br />
Es besteht derzeit klinische Evidenz für<br />
günstige Effekte von ACE-Hemmern bei<br />
Patienten mit Risikofaktoren für Vorhofflimmern<br />
wie Herzinsuffizienz, Hypertonie<br />
mit Linksventrikelhypertrophie oder<br />
Postmyokardinfarkt mit linksventrikulärer<br />
Dysfunktion.<br />
Es fehlen gegenwärtig allerdings weitgehend<br />
experimentielle Daten über die<br />
Effekte der Inhibierung des Renin-<br />
Angiotensin-Systems nach bereits aufgetretenen<br />
strukturellen Schäden, die<br />
ein hohes Risiko für das Auftreten von<br />
Vorhofflimmern darstellen (Herzinsuffizienz,<br />
Myokardinfarkt, Linksventrikelhypertrophie).<br />
Zusätzlich ist der Effekt<br />
einer Kombination von ACE-Hemmern<br />
und Angiotensin-Rezeptorblockern zur<br />
Prävention von Vorhofflimmern gegenwärtig<br />
nicht ausreichend untersucht.<br />
Die klinisch nachzuweisenden „antiarrhythmischen“<br />
Effekte von ACE-Hemmern<br />
und Angiotensin-Rezeptorblokkern<br />
sind vermutlich auf eine Prävention<br />
von strukturellen Umbauprozessen („Remodeling“)<br />
zurückzuführen. Direkte<br />
Effekte auf Ionenkanäle könnten zusätzlich<br />
ebenso einen Beitrag leisten.Weitere<br />
experimentielle Daten aus derzeit laufenden<br />
Studien über atriales Remodeling und<br />
direkte elektrophysiologische Effekte der<br />
ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptorblocker<br />
werden in naher Zukunft eine<br />
weitere Charakterisierung und exaktere<br />
Klärung der zugrundeliegenden Pathomechanismen<br />
bringen.<br />
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Da die Blutdruckzielwerte bei der<br />
Mehrzahl der Hypertoniker mit einer<br />
Monotherapie nicht erreicht werden,<br />
empfehlen Fachgesellschaften wie die European<br />
Society of Hypertension (ESH)<br />
explizit den frühzeitigen Einsatz antihypertensiver<br />
Zweierkombinationen, v.a.<br />
bei Patienten mit sehr hohem Ausgangs-<br />
blutdruck und bei Hypertonikern mit erhöhtem<br />
kardiovaskulären Risiko.<br />
Mit den neuen Fix-Kombinationen von<br />
Blopress ® PLUS lassen sich die Blutdruckzielwerte<br />
bei guter Verträglichkeit noch<br />
besser erreichen. In einer Metaanalyse<br />
konnte gezeigt werden,dass in der Kombination<br />
mit HCTZ 12,5 mg die Steigerung<br />
von Candesartan von 16 auf 32 mg eine zusätzliche<br />
Blutdrucksenkung bewirkt 1 .<br />
Candesartan hat sich unter den AT1-<br />
Rezeptorblockern als potenter, langwirksamer<br />
Blutdrucksenker bewährt und ist<br />
das am häufigsten verschriebene Sartan<br />
in Österreich (IMS Austria 2009).<br />
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BLPR11092
DIABETES MELLITUS<br />
Hypoglykämien bei Patienten mit<br />
Typ-2-Diabetes mellitus –<br />
ein unterschätztes Risiko?<br />
OA Dr. Heidemarie Abrahamian<br />
Ziel einer leitliniengerechten modernen<br />
Diabetestherapie ist u.a. das Hypoglykämierisiko<br />
und vor allem die Frequenz<br />
von Hypoglykämien zu reduzieren, ohne<br />
die Qualität der Blutzuckereinstellung zu<br />
verschlechtern. Episoden von Hypoglykämien<br />
gehören zum Alltag von vielen<br />
Patienten mit Typ-1-DM und auch<br />
vielen Patienten mit fortgeschrittenem<br />
Typ-2-DM, bei denen „normale“ Blutzuckerwerte<br />
mit Insulintherapie angestrebt<br />
werden. Aber auch unter oraler<br />
antidiabetischer Therapie kann es zu unerwünschten<br />
Hypoglykämien kommen.<br />
Die Hypoglykämie ist nicht lediglich<br />
durch einen Laborwert definiert, sondern<br />
durch die „Whipple’sche Trias“: Plasmaglukose<br />
< 50 mg/dl, typische Symptome,<br />
Besserung der Klinik nach Kohlenhydratzufuhr<br />
(Service FJ ; 1995).<br />
Die Prävalenz von Hypoglykämien<br />
liegt für Typ-1-Diabetes bei 30% (1–1,7<br />
Episoden/ Person/Jahr) und für Typ-2-<br />
Diabetes bei 2,3–15% (0,02–0,35 Episoden/Person/Jahr).<br />
14<br />
Ursachen von Hypoglykämien<br />
Am häufigsten treten Hypoglykämien<br />
bei diabetischen Patienten zwischen 1 und<br />
3 Uhr nachts sowie am späten Nachmittag<br />
auf, da diese Zeiträume durch hohe<br />
Insulinempfindlichkeit gekennzeichnet<br />
sind. Ursachen für Hypoglykämien bei<br />
diabetischen Patienten sind in Tabelle 1<br />
angeführt. Spritzfehler und Diätfehler<br />
zählen zu den häufigsten Ursachen.<br />
Aber auch ungeplante vermehrte körperliche<br />
Aktivität ohne entsprechende<br />
Zufuhr von Extra-Kohlenhydraten führt<br />
nicht selten zu schweren Hypogly-<br />
4/2009<br />
kämien, wobei intensive Hausarbeit<br />
meist unterschätzt wird. Die Zufuhr von<br />
Alkohol kann bei Überschreiten einer<br />
gewissen Menge über die Verminderung<br />
der Laktataufnahme um bis zu 60% und<br />
damit über Substratmangel in einer<br />
Hemmung der hepatischen Glukoneogenese<br />
resultieren. Die Kumulation von<br />
manchen blutzuckersenkenden oralen<br />
Medikamenten und Insulin bei Niereninsuffizienz<br />
ist eine weitere nicht zu<br />
unterschätzende Hypoglykämieursache.<br />
Physiologische Reaktionen<br />
auf Blutzuckerabfall<br />
Der Abfall des Blutzuckers unter einen<br />
bestimmten Wert setzt verschiedene hierarchisch<br />
abgestufte Abwehrmechanismen<br />
in Gang. Bei gesunden Probanden<br />
wird zuerst die Insulinsekretion der<br />
Betazelle soweit reduziert, dass ein Blutzuckerspiegel<br />
zwischen 70–110 mg/dl<br />
aufrechterhalten werden kann. Die glykämische<br />
Schwelle für die Absenkung der<br />
Insulinsekretion liegt bei 80 mg/dl.Wenn<br />
die Blutzuckerspiegel weiter fallen, setzen<br />
in der Folge die Glukagonsekretion<br />
aus der Alphazelle und die Adrenalinsekretion<br />
aus dem Nebennierenmark ein.<br />
Der Blutzucker-Schwellenwert für diese<br />
Reaktionen, die über die Stimulation der<br />
hepatischen Glykogenolyse und Glukogenese<br />
zur Anhebung des Blutzuckers<br />
führen, liegt zwischen 65–70 mg/dl. Sollten<br />
alle diese Abwehrmechanismen<br />
nicht ausreichen um die Hypoglykämie<br />
zu korrigieren, kommen massivere Maßnahmen<br />
zum Tragen.Tiefere Blutzuckertriggern<br />
eine intensivierte sympathoadrenale<br />
Antwort, die autonome Symptome<br />
hervorruft. Bei weiterem Absinken<br />
der Blutzuckerwerte unter 60 mg/dl<br />
kommt es auch zur Stimulation der Cortisolproduktion<br />
in der Nebenniere und<br />
zur vermehrten Ausschüttung von Wachstumshormon<br />
aus der Hypophyse.<br />
Die Wahrnehmung der autonomen<br />
Symptome führt zu verschiedenen Abwehr-Reaktionen<br />
von Hypoglykämie wie<br />
Zufuhr von Nahrung. Auch neuroglukopenische<br />
Symptome beginnen bei tieferen<br />
Blutzuckerwerten, die sich in etwa<br />
bei 54 mg/dl bewegen.<br />
Wenn diese Reaktionskette nicht funktioniert<br />
und nicht zur Anhebung des<br />
Blutzuckers führt, kommt es zum funktionellen<br />
Versagen der Gehirnfunktionen,<br />
das von kognitiven Defiziten zu Beginn<br />
über aberrantes Verhalten zu zerebralen<br />
Krampfanfällen und schließlich zu Koma<br />
führen kann. Die Blutzuckerwerte liegen<br />
bei diesen Reaktionen in der Regel<br />
unter 30 mg/dl.<br />
Symptomatik der Hypoglykämie<br />
Die Symptome bei Hypoglykämie<br />
entstehen einerseits durch sympathoadrenale<br />
Aktivierung und andererseits<br />
durch Neuroglukopenie. (Tabelle 2) Bei<br />
genauer Befragung von Patienten,die an<br />
Hypoglykämien leiden, erfährt man,<br />
dass die Symptome nicht bei jedem Patienten<br />
gleich sind, und dass es individuelle<br />
„Leading-Symptome“ gibt, die<br />
sehr unterschiedlich sein können.<br />
Hypoglykämie und Hirn<br />
Hypoglykämie führt zu Substratmangel<br />
im Gehirn und triggert initial eine<br />
Reihe von physiologischen und behavioralen<br />
Abwehrmechanismen, die direkt<br />
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38
DIABETES MELLITUS<br />
oder indirekt zu einer Steigerung des<br />
Blutzuckers führen. Selten kann schwerste<br />
Hypoglykämie zumindest bei Primaten<br />
zum Hirntod führen.Abgesehen von<br />
einigen seltenen Ursachen wie Insulinom,<br />
ist in den meisten Fällen die Ursache<br />
von Hypoglykämien in der Anwendung<br />
von Insulinsekretagoga oder Insulin, oft<br />
in Zusammenhang mit inadäquater<br />
Kohlenhydtrazufuhr, zu sehen. Da das<br />
Gehirn nicht in der Lage ist, Glukose zu<br />
synthetisieren oder in substantiellen<br />
Mengen zu speichern, ist ein kontinuierliches<br />
Angebot aus der Blutbahn erforderlich.<br />
Der Glukosebedarf des zentralen<br />
Nervensystems liegt im Fastenzustand<br />
bei etwa 125 mg/min und wird vorerst<br />
durch die Glykogenolyse gedeckt und<br />
erst nach Erschöpfung dieser Reserve<br />
wird die Glukoneogenese aus Aminosäuren<br />
aktiviert.<br />
In der Regel kommt es nach Korrektur<br />
des Blutzuckerwertes zur Remission der<br />
zerebralen Ausfälle. Jedoch kann sehr<br />
schwere prolongierte Hypoglykämie mit<br />
Blutzuckerwerten unter 20 mg/dl zum<br />
Hirntod führen. In einer Studie an Affen<br />
wurde gezeigt, dass insulininduzierte<br />
Hypoglykämie über einen Zeitraum von<br />
fünf bis sechs Stunden mit einer Blutzukkerkonzentration<br />
tiefer als 20 mg/dl zur<br />
Hirnschädigung führte. Der durchschnittliche<br />
Blutzuckerwert in dieser Studie lag<br />
bei 13 mg/dl. Glücklicherweise ist Hypoglykämie<br />
in dieser Schwere und Dauer<br />
sehr selten bei Menschen mit DM und<br />
führt zwar zu funktionellen Störungen,<br />
jedoch nicht zum gefürchteten Hirntod.<br />
Interessant ist auch, dass die rasche Steigerung<br />
des Blutzuckerspiegels in hyperglykämische<br />
Bereiche nach schwerer<br />
Hypoglykämie zur Nekrose von Neuronen<br />
führte. Diese Schädigung erklärte<br />
man sich durch Zunahme von Superoxid<br />
und oxidativen Stress (Cryer PhE; 2007).<br />
Inwiefern zu starke Blutzuckerkorrektur<br />
nach Hypoglykämie in hyperglykämische<br />
Bereiche auch beim Menschen zur<br />
schweren Hirnschädigung führen kann,<br />
ist nicht untersucht. Jedoch scheint ein<br />
rascher hoher Blutzuckeranstieg nach<br />
Hypoglykämie nicht besonders günstig<br />
zu sein, sodass empfohlen wird, eine<br />
möglichst rasche Blutzuckerkorrektur in<br />
physiologische Bereiche (um 70–100<br />
mg/dl) anzustreben.<br />
16<br />
Hypoglykämie und Tod<br />
Das vielzitierte und oft hinterfragte<br />
„Dead in bed syndrome“ hat in den letz-<br />
4/2009<br />
ten Jahrzehnten seinen Schrecken verloren.<br />
Ursächlich dafür könnte die Abnahme<br />
von schweren und schwersten<br />
Hypoglykämien durch die Intensivierung<br />
von Schulungsmaßnahmen und durch<br />
den Einsatz moderner Insulinstrategien<br />
und moderner Insuline sein. Dennoch<br />
werden immer wieder Todesfälle bei<br />
Patienten mit Typ-2-DM und hohem<br />
Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen<br />
in Zusammenhang mit schweren<br />
Hypoglykämien beschrieben. In einer<br />
rezenten Studie wurde die Hypothese,<br />
dass Hypoglykämie zur Verschlechterung<br />
der kardiovaskulären autonomen<br />
Funktion führt, untersucht. Die autonome<br />
Funktion wurde durch die Messung<br />
der sympathischen, parasympathischen<br />
und Baroreflex-Funktion erfasst. Hypoglykämie<br />
wurde durch ein hyperinsulinämisches<br />
Clamp auf einen Blutzucker<br />
von 40 mg/dl erreicht. Hypoglykämie<br />
führte zu reduzierter Baroreflex-Sensitivität,<br />
reduzierter sympathischer Aktivität<br />
und reduzierter Plasma-Noradrenalin-<br />
Antwort auf hypotensiven Stress (Adler<br />
GK et al; 2009). Die Abschwächung der<br />
kardialen vagalen Baroreflex-Sensitivität<br />
ist ein unabhängiger Prädiktor der Mortalität<br />
bei Patienten nach Myokardinfarkt.<br />
Aufgrund dieser Ergebnisse sind<br />
weiterführende Untersuchungen erforderlich,<br />
um die Auswirkungen von schweren<br />
Hypoglykämien auf die kardiovaskuläre<br />
Mortalität zu evaluieren.<br />
Möglichkeiten der<br />
Hypoglykämieprävention<br />
Schulung mit Vermittlung von Skills für<br />
Selbstmanagement. Die Hypothese, dass<br />
eine höhere Frequenz von schweren<br />
Hypoglykämien Ausdruck verminderten<br />
Wissens zur Diabetestherapie sein könnte,<br />
wurde von Berger und Mühlhauser in den<br />
späten 1980er-Jahren konsequent verfolgt.<br />
Trainingseinheiten zur Hypoglykämievermeidung<br />
wurden in mehreren Diabeteszentren<br />
eingerichtet und schon bald konnte<br />
die obige Hypothese in kontrollierten<br />
prospektiven Studien bestätigt werden<br />
(Assal JP, Mühlhauser I, Berger M; 1985,<br />
1993, 2002). Blutglukose-Wahrnehmungstrainings<br />
wurden im Anschluss von Cox et<br />
al. entwickelt und bei Patienten mit Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörungen<br />
erfolgreich eingesetzt (Cox et al.; 1995).<br />
Unter Einsatz all dieser Programme ist es<br />
bei Patienten mit Typ-1 DM gelungen, die<br />
Blutzuckereinstellung zu verbessern und<br />
an den normoglykämischen Bereich anzunähern,<br />
ohne die Frequenz von schweren<br />
Hypoglykämien zu steigern.<br />
Nach Möglichkeit orale Antidiabetika<br />
einsetzten, die ein sehr niedriges bzw.<br />
kein Hypoglykämie-Risiko aufweisen<br />
wie Metformin, Glitazone und Gliptine.<br />
Verbesserung der Insulinresorption<br />
und -kinetik durch Verwendung von<br />
Insulinanaloga. Die Entwicklung von<br />
unterschiedlichen Techniken zur Veränderung<br />
der Struktur des Insulinmoleküls<br />
führte zu einer Verbesserung der Resorption<br />
der Insuline aus dem subkutanen<br />
Gewebe und damit zur Überwindung<br />
von Grenzen der subkutanen Insulintherapie.<br />
Trotz generell mäßiger Vorteile in<br />
Hinblick auf Verbesserung von HbA1c<br />
und Verminderung von Hypoglykämien<br />
ist es gelungen, insbesondere nächtliche<br />
Hypoglykämien zu reduzieren (Heller<br />
SR et al; 2004, Ashwell SG et al; Diabet<br />
Med 2006).<br />
Implementierung von Insulinpumpen-<br />
Therapie zur Reduktion von Hypoglykämien.<br />
Die kontinuierliche Verabreichung<br />
von Insulin über Insulinpumpe ist<br />
die derzeit beste und darüber hinaus eine<br />
praktikable Methode zur Imitierung der<br />
physiologischen Insulinsekretion. HbA1c-<br />
Verbesserungen von 0,6–0,4% unter Insulinpumpentherapie<br />
ohne Zunahme der<br />
Frequenz von Hypoglykämien werden<br />
berichtet (Jeitler K et al; 2008). Obwohl<br />
Daten zu Hypoglykämien vorerst auf<br />
Patienten mit Typ-1-Diabetes begrenzt<br />
sind, werden bei zunehmendem Einsatz<br />
von Insulinpumpen bei Typ-2-Diabetes in<br />
Kürze auch diesbezügliche Daten zur<br />
Verfügung stehen.<br />
Anwendung von Glukose-Monitoring<br />
zur Identifikation von nächtlichen und<br />
nicht wahrgenommenen Hypoglykämien.<br />
Die rezente Entwicklung von Möglichkeiten<br />
zum kontinuierlichen Blutzukkermessen<br />
über 48–72 Stunden eröffnet<br />
immer mehr die Möglichkeit, „versteckte“<br />
Hypoglykämien zu identifizieren.<br />
Derzeit wird diese Möglichkeit in nahezu<br />
allen Diabeteszentren angeboten.<br />
Tabelle 1<br />
Hypoglykämie-Ursache<br />
• Weglassen einer Mahlzeit<br />
• Insulindosierung fehlerhaft<br />
• Zu hohe Dosierung von Insulinsekretagoga<br />
• Vermehrte körperliche Aktivität ohne<br />
BE-Anpassung (bis 16 Stunden)<br />
• Erhöhte Insulinempfindlichkeit<br />
• Alkohlkonsum (vermindert Gegenregulation)<br />
• Verminderte Insulin-Clearence
DIABETES MELLITUS<br />
Tabelle 2<br />
Symptome bei Hypoglykämie<br />
Autonome Symptome Neuroglukopenie<br />
Kognitiv/motorisch<br />
Schwitzen Sehstörungen<br />
Zittern Sprachstörungen<br />
Weiche Knie Benommenheit<br />
Herzklopfen Konzentrationsschwierigkeiten<br />
Nervosität, Unruhe Müdigkeit<br />
Kopfschmerzen Kribbeln um Mund<br />
Hunger Konfusion<br />
Abnormes Benehmen<br />
Krämpfe,<br />
Bewusstlosigkeit/<br />
Koma<br />
Verbesserung der frühzeitigen Wahrnehmung<br />
von Hypoglykämie-Symptomen:<br />
Die Beobachtung, dass wiederholte<br />
Episoden von kurz dauernden milden<br />
Hypoglykämien die sympathoadrenale<br />
und symptomatische Reaktion auf nachfolgende<br />
Hypoglykämien verringern,<br />
zeigt, dass Defekte solcher Art funktioneller<br />
und nicht struktureller Natur sind.<br />
Daher ist auch eine Reversibilität gegeben.<br />
In mehreren Studien konnte gezeigt<br />
werden, dass die längerfristige bewusste<br />
Vermeidung von Hypoglykämien die<br />
Wahrnehmungsschwelle wieder verbessern<br />
kann (Heller RH; 2008).<br />
Spezielle Therapie zur<br />
Vermeidung von Hypoglykämien –<br />
teilweise experimentell<br />
Die in der Folge angeführten Therapien<br />
führen über eine Verstärkung der körpereigenen<br />
gegenregulatorischen Maßnahmen<br />
zu einer verbesserten Hypoglykämie-Wahrnehmung<br />
und damit zu einer<br />
Reduktion von schweren Hypoglykämien.<br />
Die Studiendaten sind zweifelsfrei<br />
von großem klinischen Interesse.<br />
Allerdings stellt sich die Frage, ob der<br />
Einsatz dieser Substanzen Patienten tatsächlich<br />
vor schweren Hypoglykämien<br />
bewahren kann.<br />
Koffein/Theophyllin: Die Adenosin-<br />
Antagonisten Koffein und Theophyllin<br />
sind die am besten untersuchten Substanzen<br />
zur Hypoglykämie-Prävention.<br />
Über eine Erhöhung der Katecholaminspiegel<br />
und damit Intensivierung der<br />
Symptome wurde in einigen Studien mit<br />
Koffein berichtet (Watson JM; 2000;<br />
Richardson T; 2005). Theophyllin wurde<br />
intravenös während eines hypoglykämischen<br />
Clamps verabreicht und führte in<br />
dieser Studienanordnung zur Steigerung<br />
Anzeige Plus<br />
38<br />
4/2009 17
DIABETES MELLITUS<br />
der Symptomatik (de Galan BE et al;<br />
2002). Obwohl diese Ergebnisse durchaus<br />
von Interesse sind, bleibt die Frage<br />
nach der klinischen Relevanz offen, da<br />
keine Studie vorliegt, die über einen ausreichend<br />
langen Zeitraum den Effekt<br />
dieser Substanzen auf die Hypoglykämie-<br />
Wahrnehmung oder Häufigkeit von<br />
Hypoglykämien untersucht. Die Reduktion<br />
des zerebralen Blutflusses durch<br />
diese Substanzen birgt sicher ein Gefahrenpotential,<br />
dessen Auswirkungen bei<br />
schweren Ereignissen nicht absehbar<br />
sind.<br />
Modafanil: Die Hypothese, dass die<br />
Modulation von Glukose-Sensing und<br />
insbesondere von hypothalamischen<br />
Hypoglykämie-Sensing über Effekte der<br />
Gamma-Aminobuttersäure (GABA)<br />
erfolgt, eröffnet weitere Therapieoptionen.<br />
Während eines hypogkylämischem<br />
Clamping konnte unter Modafanil eine<br />
Steigerung von adrenergen Symptomen<br />
beobachtet werden. Der Wirkmechanismus<br />
erklärt sich über die Hemmung von<br />
GABAminergen Neuronen, die den sympathoadrenalen<br />
Response verstärken<br />
können.<br />
Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-<br />
Hemmer (SSRI): Der Wirkmechanismus<br />
erfolgt über die Verstärkung der gegenregulatorischen<br />
Antwort durch Steigerung<br />
des sympathischen Outflow bei<br />
Blockade der Serotonin-Aufnahme.<br />
Orales Terbutalin zur Bettzeit: Die<br />
perorale Verabreichung von Terbutalin,<br />
einem Sympathomimetikum, kann die<br />
18<br />
4/2009<br />
Hypoglykämie<br />
Häufigkeit von nächtlichen Hypoglykämien<br />
reduzieren, allerdings unter<br />
Inkaufnahme eines höheren Nüchtern-<br />
Blutzuckerwertes (Saleh TY et al; 1997;<br />
Raju B et al; 2006).<br />
Insgesamt ist der Zeitpunkt zu früh,obige<br />
Therapien breit bei Typ-2-Diabetes einzusetzen.<br />
Langzeitdaten an einer größeren<br />
Patientengruppe existieren bis dato<br />
nicht, es handelt sich lediglich um „Proofof-principle-Studien“.<br />
Jedoch soll diese<br />
Übersicht zeigen,dass bei schweren Wahrnehmungsstörungen<br />
durchaus medikamentöse<br />
Interventionen neben dem etablierten<br />
Hypoglykämie-Unawareness-<br />
Training zum Tragen kommen könnten.<br />
ACCORD und Hypoglykämien<br />
Abschließend möchte ich noch zu den<br />
Ergebnissen der Accord-Studie (Action<br />
to control cardiovascular risk in Diabetes)<br />
in Hinblick auf schwere Hypoglykämien<br />
und kardiovaskuläre Mortalität<br />
Stellung nehmen. In der Accord-Studie<br />
wurde eine aggressive Blutzucker-Kontroll-Strategie<br />
unter Einsatz von multiplen<br />
oralen Antidiabetika und frühem<br />
Einsatz von prandialem und Bettzeit-<br />
Insulin umgesetzt, um ein Ziel von<br />
HbA1c ≤ 6% zu erreichen. Diese therapeutischen<br />
Regimes führten bei vielen<br />
Patienten zum Auftreten von schweren<br />
Hypoglykämien, die zur Steigerung der<br />
kardiovaskulären Mortalität beigetragen<br />
haben dürften. Die Hypoglykämie<br />
schien mit einer Hazard-Ratio von 4,04<br />
der stärkste Prädiktor für kardiovaskulären<br />
Tod zu sein.<br />
Abbildung 1<br />
Zusammenfassung<br />
Obwohl der Einsatz moderner Therapiestrategien<br />
und auch moderner diagnostischer<br />
Maßnahmen, wie oben beschrieben,<br />
zur Reduktion von Hypoglykämien<br />
geführt hat, ist dennoch weiterhin eine<br />
enge Assoziation zwischen Qualität der<br />
Stoffwechselsituation und Frequenz von<br />
Hypoglykämien gegeben. Wie bereits in<br />
den 1980er Jahren beschrieben, nimmt<br />
hier die Schulung zur Prävention von<br />
schweren Hypogklykämien nach wie vor<br />
eine zentrale Stellung ein.<br />
Ein weiterer Punkt ist die Definition<br />
der „sehr guten Blutzuckerkontrolle“ als<br />
Ziel der Diabeteseinstellung bei Patienten<br />
mit Typ-2-Diabetes. Die Frage nach<br />
„wie tief ist ausreichend und wie hoch<br />
kann toleriert werden“, wird uns in den<br />
nächsten Jahren insbesondere nach den<br />
publizierten Ergebnissen der ADVAN-<br />
CE-Studie und der VADTD-Studie und<br />
vor allem auch der UKPDS-Langzeit-<br />
Daten beschäftigen.<br />
OA Dr. Heidemarie Abrahamian<br />
3. Med. Abteilung im Krankenhaus<br />
Hietzing mit Neurologischem<br />
Zentrum Rosenhügel<br />
Wolkersbergenstraße 1, A-1130 Wien<br />
Tel.: +43/1/801 10, Fax-DW: -2109<br />
dr.abrahamian@mednlp.com
Adipositas in der Praxis<br />
Priv. Doz. Dr. Susanne Kaser<br />
Mehr als die Hälfte der männlichen<br />
Bevölkerung Österreichs ist übergewichtig<br />
(43%) oder adipös (12%), Österreichs<br />
Frauen sind zwar etwas seltener übergewichtig<br />
(29%), der Anteil adipöser Frauen<br />
ist jedoch größer (13%) als bei Männern.<br />
Abgesehen von den individuellen<br />
gesundheitlichen und sozialen Folgen<br />
stellt die zunehmende Adipositas Prävalenz<br />
weltweit auch ein enormes gesundheitsökonomisches<br />
Problem dar – die<br />
durch Adipositas verursachten jährlichen<br />
Kosten in den USA werden laut Centers<br />
for Disease Control and Prevention<br />
(CDC) auf umgerechnet 103 Milliarden<br />
Euro geschätzt.<br />
Die Langzeitfolgeerkankungen umfassen<br />
Störungen des Kohlehydratstoffwechsels<br />
(gestörte Nüchternglukose/ Glukosetoleranz,<br />
Diabetes mellitus Typ-2)<br />
sowie des Lipidstoffwechsels (Hypertriglyzeridämie<br />
verbunden mit niedrigem<br />
HDL-Cholesterin), Hyperurikämie, arterielle<br />
Hypertonie sowie daraus resultierend<br />
ein beträchtlich erhöhtes Risiko für<br />
kardiovaskuläre Erkrankungen. Auch das<br />
Ursachen von Adipositas<br />
Malignomrisiko ist bei Adipositas deutlich<br />
erhöht, zusätzlich erkranken adipöse<br />
Patienten häufiger an pulmonalen Erkrankungen<br />
(z.B. Schlafapnoe Syndrom)<br />
und hepatologischen Erkrankungen<br />
(Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung,<br />
Cholezystolithiasis). Endokrinologische<br />
Folgen treten häufig in Form von polyzystischem<br />
Ovarialsyndrom und Hyperandrogenämie<br />
bei Frauen sowie verminderter<br />
Testosteronkonzentration beim Mann<br />
auf. Abgesehen von den psychosozialen<br />
Konsequenzen führen auch die häufig<br />
auftretenden degenerative Erkrankungen<br />
des Bewegungsapparats zu einer beträchtlichen<br />
Einschränkung der Lebensqualität<br />
von adipösen Patienten.<br />
Die häufigsten Ursachen für Übergewicht<br />
oder Adipositas (Klassifikation<br />
siehe Tabelle 1) sind ein relativer Energieüberschuß<br />
durch Bewegungsmangel<br />
und Fehlernährung sowie Gewichtszunahme<br />
im Rahmen von Rauchentwöhnung,<br />
Schwangerschaft oder Immobilisierung.<br />
Bei Frauen kommt es häufig<br />
während des Klimakteriums zu einer<br />
• Diätfehler, Bewegungsmangel, soziale Faktoren, Prädisposition, Alter<br />
• Essstörungen (Night Eating Syndrome, Binge-Eating Disorder)<br />
• Medikamentös:<br />
Antipsychotika: z.B. Thioridazin, Olanzapin, Clozapine, Risperidon, Quetiapin<br />
Antidepressiva: z.B. Amitryptilin, Mirtazapin, Paroxetin<br />
Antikonvulsiva: z.B. Valproat, Carbamazepin, Gabapentin<br />
Antidiabetika: z.B. Sulfonylharnstoff, Insulin, Glitazone<br />
Antihistaminika: z.B. Cyproheptidin<br />
Antihypertensiva: z.B. Propranolol, Terazosin<br />
Steroidhormone: z.B. Kontrazeptiva, Glukokortikoide, Progesteron<br />
• neuroendokrine Formen: hypothalamische Adipositas, Hyperkortisolismus,<br />
Hypothyreoidismus, GH Defizienz, PCOS<br />
• genetische/kongenitale Formen (z.B. Leptindefizienz, Prader-Willi-Syndrom)<br />
Abbildung 1<br />
ADIPOSITAS<br />
Gewichtszunahme, die auch mit einer<br />
metabolisch besonders ungünstigen Umverteilung<br />
des gluteofemoralen Fettgewebes<br />
(„subkutane Adipositas“) hin zur<br />
abdominellen Akkumulation („viszerale<br />
Adipositas“) verbunden ist. Auch der<br />
Einsatz zahlreicher Medikamente ist mit<br />
teils signifikanten Gewichtszunahmen<br />
verbunden, an vorderster Stelle sind hier<br />
Antipsychotika und Antidepressiva zu<br />
nennen. Seltenere Ursachen stellen<br />
psychiatrische, endokrinologische Erkrankungen<br />
wie Hypothyreose oder<br />
Hyperkortisolismus oder genetische<br />
Formen dar (Abbildung 1).<br />
Im Anschluß an die Abklärung der<br />
Genese und Evaluierung von potentiell<br />
bereits vorliegender Begleiterkrankungen<br />
ist eine Risikostratifizierung zur<br />
Festlegung einer risikoadaptierten Therapie<br />
hilfreich: Anders als die subkutane<br />
Form ist die viszerale Adipositas aufgrund<br />
der ektopen Fettgewebsakkumulation<br />
vor allem in Leber, Muskulatur<br />
und Myokard eng mit dem Auftreten<br />
von Folgeerkrankungen verbunden.<br />
Abgesehen von der Berechnung des<br />
Body Mass Index (kg/m 2 ) ist daher die<br />
Bestimmung des Taillenumfangs bzw.<br />
der waist to hip ratio (WHR) sinnvoll.<br />
Bei Frauen ist ein Taillenumfang > 88 cm<br />
und eine WHR > 0,85, bei Männern ein<br />
Taillenumfang > 102 cm und eine WHR<br />
> 1,0 mit einem deutlich erhöhten Risiko<br />
für metabolische Komplikationen verbunden.<br />
Eine weiterführende Diagnostik<br />
durch bildgebende Verfahren (Sonographie,<br />
Computertomographie, MRI)<br />
zur Bestimmung des Adipositas-Typs<br />
bzw. dessen Ausmaß ist meist nicht erforderlich.<br />
Die Body-Impedanz-Analyse<br />
ermöglicht abhängig vom Hydratationszustand<br />
eine annähernde Quantifizie-<br />
4/2009 19
ADIPOSITAS<br />
rung von Fettgewebe und Muskulatur,<br />
gibt jedoch keine Information über das<br />
Fettverteilungsmuster.<br />
Jede Form von Übergewicht und Adipositas<br />
stellt eine Indikation zur Lebensstilmodifikation<br />
dar (Tabelle 3). Aus<br />
medizinischer Sicht ist bei jedem Patient<br />
mit einem BMI ≥ 30,0 kg/m 2 und bei<br />
Patienten mit einem BMI zwischen 25,0–<br />
29,9 kg/m 2 mit abdominellem Fettverteilungsmuster<br />
oder präexistenter Komorbidität<br />
(arterielle Hypertonie, Diabetes<br />
mellitus Typ-2, Erkrankungen, die durch<br />
Übergewicht verschlimmert werden,<br />
psychosozialer Leidensdruck) eine konservative<br />
Therapie indiziert (Österreichische<br />
Adipositasgesellschaft).<br />
Basis jeder Gewichtsabnahme ist eine<br />
entsprechende Ernährungstherapie. Diese<br />
sieht eine Reduktion der Energiezufuhr<br />
sowie gegebenenfalls eine Änderung<br />
der Nährstoffzusammensetzung<br />
vor. Der individuelle Energiebedarf kann<br />
durch Schätzung des Grundumsatzes<br />
(GU) (1 (m) bzw. 0,9 (f) kcal/h/kg KG)<br />
unter Berücksichtigung des individuellen<br />
sogenannten Physical Activity Levels<br />
(PAL) (Tabelle 2) berechnet werden:<br />
20<br />
4/2009<br />
Klassifikation<br />
Energiebedarf = GU x PAL<br />
Tabelle 1<br />
BMI (kg/m 2 ) Beispiel: Körpergröße 180 cm<br />
Untergewicht < 18,5 < 60<br />
Normalgewicht 18,5–24,9 60–80<br />
Übergewicht 25–29,9 81–96<br />
Adipositas I 30–34,9 97–112<br />
Adipositas II 35–39,9 113–129<br />
Adipositas III/Adipositas permagna ≥ 40 ≥ 130<br />
Tabelle 2<br />
Beispiele für Physical Activity Levels (PAL)<br />
Arbeitsintensität PAL Beispiel<br />
Sitzend/liegend 1,2 alte, gebrechliche Menschen<br />
Sitzend, wenig Freizeitaktivität 1,4–1,5 Büroangestellter, Feinmechaniker<br />
Sitzend, zeitweilig gehend, stehend 1,6–1,7 Laboranten, Kraftfahrer, Studierende, Fließband<br />
Überwiegend gehend oder stehend 1,8–1,9 Hausfrauen, Verkäufer, Kellner, Mechaniker<br />
Körperlich anstrengende Berufe 2,0–2,4 Bauarbeiter, Landwirt, Bergarbeiter, Sportler<br />
Tabelle 3<br />
BMI (kg/m2 Indikationen zur Therapie bei Übergewicht und Adipositas<br />
)<br />
25–26,9 27–29,9 30–34,9 35–39,9 ≥ 40<br />
Diät, Bewegung,<br />
Verhalten<br />
+ bei RF/Komorbiditäten + + +<br />
Pharmakologische – + bei RF / + + +<br />
Therapie Komorbiditäten<br />
Bariatrische Chirurgie – – – + bei<br />
Komorbiditäten<br />
+<br />
RF, Risikofaktor NHLBI Guidelines, 2000<br />
Eine Reduktion der Energiezufuhr<br />
für Personen mit einem BMI zwischen<br />
27–34,9 kg/m 2 im Ausmaß von 300–500<br />
kcal sowie für Personen mit einem BMI<br />
≥ 35 kg/m 2 im Ausmaß von 500–1.000<br />
kcal ermöglicht meist die angepeilte Gewichtsreduktion<br />
von ca. 10% des Ausgangsgewichts<br />
innerhalb von sechs<br />
Monaten. Entsprechend werden mäßig<br />
hypokalorische Kostformen (Low Calorie<br />
Diets, LCD) mit einer Energiezufuhr<br />
von 1.000 bzw. 1.600 kcal/d empfohlen<br />
(Österreichische Adipositasgesellschaft).<br />
Stark hypokalorische Diäten<br />
(< 450–800 kcal/d) (Very-Low-Calorie-<br />
Diets VLCD) sind aufgrund der häufig<br />
auftretenden Nebenwirkungen und der<br />
Problematik der längerfristigen Gewichtsstabilisierung<br />
nur für Hochrisikopatienten<br />
unter ärztlicher Aufsicht zu<br />
empfehlen. Zudem müssen sie mindestens<br />
50 g Protein, 45 g Kohlenhydrate<br />
und 7 g Fett bei gleichzeitiger Substitution<br />
von Mineralstoffen, Vitaminen und<br />
Spurenelementen enthalten und sollen<br />
nicht länger als vier bis sechs Wochen<br />
eingenommen werden. Nulldiäten sind<br />
aufgrund der Nebenwirkungen, insbe-<br />
sondere des Proteinabbaus kontraindiziert.<br />
Formuladiäten können bei Patienten<br />
mit BMI ≥ 35 kg/m 2 zur Motivationssteigerung<br />
als Einstieg oder längerfristig<br />
auch als Ersatz einzelner Mahlzeiten<br />
eingesetzt werden.<br />
Hinsichtlich Nährstoffzusammensetzung<br />
werden zahllose Diäten angeboten.<br />
Obwohl kohlenhydratarme Diäten<br />
(„low carb diet“, KH < 10 kcal%/60 g)<br />
zu einem zumindest kurzfristig ausgeprägteren<br />
Gewichtsverlust führen als<br />
fettreduzierte Diäten, werden diese aufgrund<br />
fehlender Langzeitzeitbeobachtungen<br />
nicht empfohlen. Einfache Zukker<br />
sollten laut Empfehlungen eingeschränkt<br />
werden (< 10 kcal%), der<br />
Kohlenhydratanteil sollte jedoch über<br />
55 kcal% liegen und vorwiegend Polysaccharide<br />
beinhalten. Im Gegensatz zu<br />
„low carb“ Diäten konnte für fettreduzierte<br />
(< 30 kcal%) Diäten gezeigt werden,<br />
dass diese keinen nachteiligen<br />
Effekt auf kardiovaskuläre Risikofaktoren<br />
haben. Daraus ergibt sich die Empfehlung<br />
für das Einhalten einer fettreduzierten/-moderaten,<br />
ballaststoffreiche<br />
Diät mit einem reduzierten Anteil an<br />
gesättigten Fettsäuren, Cholesterin und<br />
einfachen Zucker.<br />
Einen zweiten wichtigen Baustein in<br />
der Gewichtsreduktion stellt die Bewegungstherapie<br />
dar.Vermehrte körperliche<br />
Aktivität erhöht den täglichen Energiebedarf,<br />
ein zusätzlicher Energieverbrauch<br />
von 2.500 kcal pro Woche (entsprechend<br />
mindestens fünf Stunden körperlicher<br />
Bewegung) ist für eine signifikante Gewichtsabnahme<br />
erforderlich. Besondere<br />
Bedeutung kommt der Bewegungstherapie<br />
in der Phase der Gewichtsstabilisierung<br />
zu, da eine relevante Gewichtsreduktion<br />
mit einer Reduktion des Energiebedarfs<br />
einhergeht.<br />
Eine Verhaltenstherapie ist unter anderem<br />
zur Verbesserung der Selbstbeobachtung,<br />
Selbstkontrolle und zum Rückfallund<br />
Prophylaxetraining indiziert.<br />
Eine Indikation zur additiven pharmakologischen<br />
Therapie besteht nach erfolgloser<br />
Basistherapie durch Lifestyle<br />
Modifikation bei Patienten mit einem<br />
BMI ≥ 30 kg/m 2 oder bei Patienten mit<br />
einem BMI ≥ 27 kg/m 2 und entsprechenden<br />
Komorbiditäten bzw. Risikofaktoren.<br />
Aktuell sind in Österreich zwei Substanzen<br />
zur Gewichtsreduktion zugelassen.<br />
Sibutramin (Reductil ® ) und Orlistat
(Xenical ® ,Alli ® ). Sibutramin ist ein selektiver<br />
Serotonin- und Noradrenalin Reuptake<br />
Inhibitor, der durchschnittlich zu<br />
einer Gewichtsreduktion von 5–10% bei<br />
einem Großteil der Patienten führt. Als<br />
wichtigste potentielle Nebenwirkungen<br />
werden eine Erhöhung des systolischen<br />
und diastolischen Blutdrucks um 2–3 mm<br />
Hg und eine Erhöhung der Herzfrequenz<br />
um 3–7 bpm angeführt. In Italien<br />
wurde Sibutramin vorübergehend die<br />
Zulassung entzogen, nachdem ein<br />
Zusammenhang zwischen zwei Todesfällen<br />
durch kardiovaskuläre Ereignisse<br />
und der Sibutramineinnahme nicht ausgeschlossen<br />
werden konnte. Die derzeit<br />
laufende SCOUT-Studie wird in kurzer<br />
Zeit Klarheit über Benefits oder Risken<br />
einer Langzeit Sibutramintherapie bzgl.<br />
kardiovaskulärer Mortalität bringen. Im<br />
Gegensatz zum zentralnervös wirksamen<br />
Sibutramin bewirkt Orlistat eine Inhibierung<br />
der gastrointestinalen Lipase, was<br />
zu einer vermehrten Ausscheidung von<br />
nichtabsorbiertem Fett mit den Faeces<br />
führt. Eine gleichzeitige Einnahme einer<br />
fettreichen Mahlzeit gemeinsam mit<br />
Orlistat kann demzufolge zu einer Steatorrhoe<br />
führen. Die zu erwartende<br />
Gewichtsabnahme ist durchschnittlich<br />
etwas geringer als unter einer Sibutramintherapie.<br />
Studien haben belegt, dass<br />
Orlistat die Manifestation eines Diabetes<br />
mellitus Typ-2 bei Patienten mit gestörter<br />
Nüchternglukose/Glukosetoleranz reduziert/verzögert.<br />
Einige Substanzen aus<br />
der Gruppe der selektiven Hemmer der<br />
Serotonin Reuptake Inhibitoren führen<br />
ebenfalls häufig zu einer <strong>leicht</strong>en<br />
Gewichtsreduktion und sind zur Behandlung<br />
von Depressionen im Zusammenhang<br />
mit Adipositas zugelassen. Metformin<br />
und Acarbose, die ebenso mit einem<br />
reduzierten Diabetes mellitus Typ-2 Risiko<br />
verbunden sind, führen zu einer geringen<br />
Gewichtsabnahme, sind aber gesichert<br />
nur zur Diabetesprävention und –<br />
Therapie geeignet. Seit Einführung der<br />
Glukagon-like peptide 1 Analoga (Exenatide<br />
(Byetta ® ), Liraglutide (Victoza ® ) stehen<br />
in der Therapie des Diabetes mellitus<br />
Typ-2 weitere potente Medikamente zur<br />
Verfügung, die mit einer signifikanten Gewichtsabnahme<br />
einhergehen.<br />
Die Swedish Obese Subjects (SOS)<br />
Studie erbrachte ernüchternde Resultate,<br />
was das Langzeit-Outcome von alleiniger<br />
Lifestyle Modifikation zur Gewichtsreduktion<br />
betrifft. Nach durchschnittlich 10<br />
Jahren führte eine alleinige Lebensstil<br />
Umstellung zu keiner Gewichtsabnahme.<br />
Im Gegensatz dazu zeigten sich jedoch<br />
sehr positive Ergebnisse nach bariatrischen<br />
Operationen. Magenband (gastric<br />
banding) Operationen führten langfristig<br />
zu einer bleibenden Gewichtsabnahme<br />
von mehr als 10%, Gastric-Bypass-Operationen<br />
sogar zu einer mehr als 25%igen<br />
Reduktion des Körpergewichts. Die<br />
Gewichtsabnahmen waren verbunden<br />
mit einer signifikanten Reduktion der<br />
ADIPOSITAS<br />
Mortalität sowie einer deutlichen Verbesserung<br />
sämtlicher metabolischer Parameter<br />
sowie der Malignomrate gegenüber<br />
konservativ behandelten Patienten. Bei<br />
der Magenband-Operation wird laparoskopisch<br />
ein Silikonband im Bereich des<br />
Magenfundus plaziert, sodass es durch<br />
Verkleinerung des Magens zu einer Nahrungseinschränkung<br />
kommt (restriktives<br />
Verfahren). Im Gegensatz dazu handelt<br />
es sich bei der Roux-en-Y-Gastric-Bypass<br />
Operation um ein kombiniert restriktiv<br />
und malabsorptives Verfahren, bei dem<br />
der operativ hergestellte Restmagen<br />
unter Umgehung des Zwölffingerdarms<br />
an die Dünndarmwand angeschlossen<br />
wird. Eine Indikation zur bariatrischen<br />
Operation besteht bei Patienten mit<br />
einem BMI ≥ 35 kg/m 2 mit Komorbidität<br />
bzw. bei Patienten mit einem BMI<br />
> 40 kg/m 2 , bei denen konservative Versuche<br />
einer Gewichtsreduktion fehlgeschlagen<br />
sind.<br />
Priv.-Doz. in Dr. Susanne Kaser<br />
Univ.-Klinik für Innere Medizin I<br />
(Stoffwechsel-Ambulanz)<br />
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4/2009 21
VIRUSHEPATITIS<br />
Therapie der Virushepatitis<br />
Dr. Susanne Abbrederis, Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Vogel<br />
22<br />
4/2009<br />
Hepatitis B<br />
Die Hepatitis B zählt nach wie vor zu<br />
den weltweit häufigsten Infektionskrankheiten.<br />
0,6–1 Million Menschen<br />
sterben pro Jahr an den Folgen einer<br />
Hepatitis B, als chronisch infiziert sind<br />
ca. 5% der Weltbevölkerung anzusehen.<br />
Von dementsprechender Wichtigkeit ist<br />
eine möglichst effiziente Therapie. In<br />
den letzten Jahren ließen sich diesbezüglich<br />
einige Neuerungen verzeichnen,<br />
betreffend sowohl die Auswahl an verschiedenen,<br />
teilweise neuen Präparaten,<br />
als auch Therapiestrategien.<br />
Therapieziel ist die Eradikation des<br />
Virus bzw. Hemmung der Virusreplikation<br />
und dadurch Verhinderung der Entzündungsaktivität,<br />
was in weiterer Folge<br />
das Fortschreiten der Lebererkrankung<br />
verhindert.<br />
Bei der Therapieindikation ist die<br />
quantitative Bestimmung der Hepatitis-<br />
B-Virus-DNA (HBV) mittlerweile zum<br />
zentralen Element geworden.Verwendet<br />
werden hierzu heute fast ausschließlich<br />
PCR-basierte Tests, deren Nachweisgrenze<br />
bei ca. 10 2 copies/ml anzusetzen ist<br />
(z.B. Cobas AmpliPrep ® /TaqMan ® ). Der<br />
Cut-off-Wert zur Therapieentscheidung<br />
liegt aktuell bei 10 4 copies/ml (entsprechend<br />
2.000 IU/ml), da nachgewiesen<br />
werden konnte, dass darüberliegende<br />
Werte mit einem deutlich höheren Risiko<br />
der Entwicklung einer Leberzirrhose<br />
und eines hepatozellulären Karzinoms<br />
vergesellschaftet sind. Weiters von Bedeutung<br />
bei der Therapieindikation sind<br />
der HBV-Genotyp – Genotypen A und<br />
B sprechen besonders gut auf Interferon<br />
an – und auch der Fibrosegrad (Histologie).<br />
Den Transaminasen kommt aufgrund<br />
häufig fluktuierender Werte eine<br />
eher untergeordnete Bedeutung zu.<br />
Bei fortgeschrittener Lebererkrankung<br />
besteht eine Therapieindikation unabhängig<br />
von der Virämie, ebenso bei leber-<br />
Tabelle 1<br />
Wirksamkeit verschiedener Virostatika (48 bzw. 52 Wochen Therapiedauer)<br />
Substanz HBeAg+ HBeAg-<br />
HBV-DNA HBV-DNA<br />
< 300 copies/ml < 300 copies/ml<br />
Lamivudin 36% 72%<br />
Adefovir 25% 51%<br />
Entecavir 67% 90%<br />
Telbivudin 60% 88%<br />
Tenofovir 74% 91%<br />
GPT-Normalisierung GPT-Normalisierung<br />
Lamivudin 60% 72%<br />
Adefovir 48% 38%<br />
Entecavir 77% 78%<br />
Telbivudin 68% 74%<br />
Tenofovir 69% 77%<br />
transplantierten Hepatitis-B-Patienten (+<br />
Immunglobulin). Im Falle geplanter<br />
Immunsuppression oder Chemotherapie<br />
sollen Anti-HBc-positive Patienten zuvor<br />
und zumindest drei bis sechs Monate<br />
nach Abschluss der immunmodulatorischen<br />
Therapie virostatisch behandelt<br />
werden.<br />
In der Schwangerschaft ist die Therapieindikation<br />
nach wie vor nicht exakt<br />
definiert – nach derzeitiger Empfehlung<br />
kann bei bekannter chronischer Hepatitis<br />
B im 1. und 2. Trimenon unter engmaschigen<br />
Kontrollen auf eine antivirale<br />
Therapie verzichtet werden (sofortiger<br />
Therapiebeginn mit Nukleosid- oder<br />
Nukleotidanalogon bei steigender<br />
Virusreplikation oder zunehmenden<br />
Transaminasenwerten), während im 3.<br />
Trimenon eine virostatische Therapie<br />
häufiger notwendig zu sein scheint. Bei<br />
vorbestehender antiviraler Therapie<br />
wird ein Wechsel auf Lamivudin (oder<br />
Telbivudin oder Tenofovir, entsprechend<br />
FDA-Richtlinien) empfohlen.<br />
Bei der akuten Hepatitis B besteht<br />
aufgrund des zumeist benignen selbstlimitierten<br />
Verlaufes (beim immunkompetenten<br />
Patienten) keine Therapieindikation.<br />
Keine klare Therapieempfehlung<br />
gibt es bei noch nachweisbarer HBV-<br />
DNA drei Monate nach Krankheitsbeginn,<br />
da hier nicht sicher zwischen akuter<br />
Hepatitis B und akutem Schub einer<br />
zuvor nicht bekannten, jedoch bestehenden<br />
chronischen Hepatitis B unterschieden<br />
werden kann. Auch bei der fulminanten<br />
Hepatitis B gibt es derzeit keine<br />
definierte Therapieindikation, allerdings<br />
wurde von gutem Ansprechen auf Lamivudin<br />
berichtet.<br />
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38
VIRUSHEPATITIS<br />
Das Therapieansprechen bei der chronischen<br />
Hepatitis B wird durch verschiedene<br />
Termini klassifiziert – virologischer<br />
(komplett oder inkomplett, abhängig<br />
vom Ausmaß der Hemmung der Virusreplikation),<br />
biochemischer (Abfall zuvor<br />
erhöhter Transaminasen) und histologischer<br />
(Abnahme der entzündlichen Aktivität<br />
und/oder des Fibrosegrades) Response,<br />
außerdem initialer (innerhalb von<br />
drei bis sechs Monaten nach Therapiebeginn),<br />
maintained (MTR, anhaltendes<br />
Ansprechen unter Therapie), end of<br />
treatment (ETR, Ansprechen zum Zeitpunkt<br />
des Therapieendes) und sustained<br />
(SR, nicht nachweisbare HBV-DNA<br />
mindestens 12 Monate nach Therapieende)<br />
Response.<br />
Zur Therapie der chronischen Hepatitis<br />
B stehen Interferon alpha, Nukleosid-<br />
und Nukleotidanaloga zur Verfügung,<br />
hierauf soll im Folgenden eingegangen<br />
werden.<br />
Zur Interferontherapie wird heute<br />
ausschließlich pegyliertes Interferon<br />
alpha eingesetzt (im Vergleich zum früher<br />
verwendeten Standard-Interferon<br />
alpha Applikation nur 1x/Woche notwendig).<br />
Die Therapiedauer ist auf ein<br />
Jahr limitiert. Gute Erfolge sind zu<br />
erwarten bei therapienaiven HBeAgpositiven<br />
Patienten mit niedriger Viruslast,<br />
hohen Transaminasenwerten, therapienaiven<br />
Patienten und nicht fortgeschrittener<br />
Lebererkrankung. Bei<br />
Leberzirrhose ist Interferon kontraindiziert,<br />
wie auch bei stark erhöhten Transaminasenwerten<br />
(> 10faches der Norm),<br />
Schwangerschaft und Stillzeit.<br />
Im Gegensatz zum Interferon zeigen<br />
Nukleosid- und Nukleotidanaloga ein<br />
deutlich günstigeres Nebenwirkungsprofil,<br />
sie werden außerdem (für den Patienten<br />
angenehmer) oral verabreicht und<br />
können auch bei fortgeschrittener und<br />
dekompensierter Lebererkrankung angewendet<br />
werden.<br />
Die Therapiedauer ist laut aktuellen<br />
Daten nach wie vor nicht exakt definiert.<br />
Falls eine HBeAg-Serokonversion<br />
eintritt, sollte jedenfalls noch für mindestens<br />
sechs Monate weitertherapiert<br />
werden, bei HBsAg-Serokonversion<br />
kann die Therapie beendet werden.<br />
HBeAg-negative Verläufe sollten dauertherapiert<br />
werden. Es steht mittlerweile<br />
eine große Auswahl an Virostatika<br />
zur Verfügung,Wirksamkeit siehe Tabelle<br />
1.<br />
24<br />
4/2009<br />
Ein großer Nachteil bei der Anwendung<br />
von Nukleosid- und Nukleotidanaloga<br />
ist in der Resistenzentwicklung zu<br />
sehen – gemäß aktuellen Daten für<br />
Lamivudin 71% nach vier Jahren, Adefovir<br />
30% nach fünf Jahren, Telbivudin<br />
18% nach zwei Jahren und Entecavir 1%<br />
nach drei Jahren. Gegen Tenofovir sind<br />
auch nach zwei Jahren noch keine Resistenzen<br />
aufgetreten. Resistenzen entstehen<br />
besonders häufig bei initial hoher<br />
Virämie, langer Therapiedauer, Noncompliance,<br />
Immunsuppression und<br />
Gabe von Nukleosid-/Nukleotidanaloga<br />
mit geringer antiviraler Aktivität und<br />
geringer genetischer Barriere.<br />
An Nukleosidanaloga stehen derzeit<br />
Lamivudin (gute antivirale Wirksamkeit,<br />
aber häufige Resistenzentwicklung), Telbivudin<br />
(vergleichsweise weniger Resistenzen)<br />
und Entecavir (kaum Resistenzen<br />
bei Nukleosid-naiven Patienten, sehr<br />
gutes Langzeitansprechen) zur Verfügung,<br />
Clevudin und Emtricitabin (als<br />
Kombinationspräparat mit Tenofovir<br />
Reservemedikament) ist in Österreich<br />
noch nicht zugelassen. Im Bereich der<br />
Nukleotidanaloga kommen Adefovir<br />
(gut wirksam bei Lamivudinresistenz,<br />
jedoch relativ langsamer Wirkungseintritt)<br />
und Tenofovir (sehr gute antivirale<br />
Wirksamkeit, gut wirksam auch bei<br />
Lamivudinresistenz und Nichtansprechen<br />
auf Adefovir, bislang keine Resistenzen)<br />
zur Anwendung.<br />
2007 wurde für den Fall eines Non-<br />
Response bzw. ungenügenden Therapieansprechens<br />
auf initiale Therapie ein<br />
neues Schema zur Therapieempfehlung<br />
erarbeitet:<br />
• Bei fehlender Virussuppression nach 12<br />
Wochen sollte auf ein anderes Medikament<br />
umgestellt werden („Switch“).<br />
• Bei ungenügendem Ansprechen (Viruslast<br />
> 10 4 copies/ml nach 24 Wochen)<br />
wird Switch oder Hinzufügen eines<br />
anderen Nukleosid-/Nukleotidanalogons<br />
(„Add-on“) empfohlen.<br />
• Bei partiellem Ansprechen (Viruslast<br />
300–10 4 copies/ml nach 24 Wochen)<br />
Add-on und<br />
• im Falle eines kompletten Response<br />
(nicht nachweisbare HBV-DNA nach<br />
24 Wochen) soll die HBV-DNA alle<br />
sechs Monate kontrolliert werden.<br />
Diese „Roadmap“ ist allerdings als<br />
Orientierung zu sehen, es liegen noch<br />
keine prospektiven Daten vor. Die bisherigen<br />
Untersuchungen zeigen tenden-<br />
ziell bessere Ergebnisse für die Add-onals<br />
für die Switch-Therapie, sowohl<br />
betreffend Suppression der HBV-DNA<br />
als auch Resistenzentwicklung und Progression<br />
der Lebererkrankung.<br />
Hepatitis C<br />
Die Prävalenz der chronischen Hepatitis<br />
C liegt in Österreich zwischen 0,5%<br />
und 0,8% (Nord-Süd-Gefälle in Niedrigendemiegebieten:Nordeuropa-Prävalenz<br />
< 0,5%, Südeuropa 1–2%). Durch<br />
fortschreitende Verbesserung der Hygienemaßnahmen<br />
konnte das Hepatitis-C-<br />
Infektionsrisiko aus dem medizinischen<br />
Bereich zumindest in Europa weitgehend<br />
verdrängt werden und konzentriert<br />
sich nun hauptsächlich auf i.v.-Drogenabhängige<br />
(in zunehmendem Ausmaß<br />
Ansteckung auch z.B. im Homosexuellenbereich).<br />
Etwa 50% der akuten symptomatischen<br />
Hepatitis-C-Infektionen heilen<br />
spontan aus, in der anderen Hälfte der<br />
Fälle kommt es zu einem chronischen<br />
Verlauf, dessen Fortschreiten von mehreren<br />
Faktoren – ungünstig sind z.B.<br />
höheres Alter bei Ansteckung, männliches<br />
Geschlecht, Superinfektion mit<br />
Hepatitis B oder HIV – abhängt. Neben<br />
der Fettlebererkrankung ist die chronische<br />
Hepatitis C in den westlichen Industrieländern<br />
die häufigste Ursache für<br />
die Entwicklung einer Leberzirrhose.<br />
Ziel der Therapie ist die Viruseliminierung,<br />
was derzeit bei ca. 55% der Patienten<br />
erreicht werden kann. Zur Standardtherapie<br />
wird eine Kombination aus<br />
pegyliertem Interferon alpha und Ribavirin<br />
eingesetzt. Die Therapiedauer<br />
hängt hauptsächlich ab vom Hepatitis-C-<br />
Genotyp (HCV-GT; in Westeuropa v.a.<br />
GT 1, weniger GT 2 und 3, in Nordafrika<br />
und Kleinasien vornehmlich GT 4, in<br />
Asien hauptsächlich GT 5 und 6), weiters<br />
auch von der HCV-RNA-Konzentration<br />
vor Therapiebeginn, dem Stadium<br />
der Lebererkrankung und der Geschwindigkeit<br />
des Abfalls der Viruslast<br />
unter Therapie.<br />
Nach derzeitigen Empfehlungen, die<br />
weitgehend durch prospektive randomisierte<br />
Studien abgesichert sind, beträgt<br />
beim HCV-GT 1 die Standard-Therapie-Dauer<br />
48 Wochen. Optimale Ergebnisse<br />
werden erreicht, wenn nach drei<br />
Monaten die HCV-RNA nicht mehr<br />
nachweisbar ist (= „complete early virologic<br />
response“, cEVR). Im Falle eines
HCV-RNA-Abfalls in Woche 4 auf nicht<br />
messbare Werte (unter 12–15 IU/ml; =<br />
‚rapid virlogic response’, RVR) ist eine<br />
Therapieverkürzung auf 24 Wochen<br />
möglich. Voraussetzung hierfür ist eine<br />
initiale HCV-RNA-Konzentration < 6 x<br />
10 5 IU/ml. Bei ‚slow response’, das heißt,<br />
wenn erst in Woche 24 die HCV-RNA-<br />
Last < 12–15 IU/ml abgefallen ist, wird<br />
eine Verlängerung der Therapie auf 72<br />
Wochen empfohlen. Weiters sollte ein<br />
Therapieabbruch vorgenommen werden,<br />
wenn in Woche 12 der Abfall der<br />
HCV-RNA-Last < 2 log-Stufen beträgt<br />
bzw. in Woche 24, falls der HCV-PCR-<br />
Nachweis anhaltend positiv ist.<br />
Beim HCV-Genotyp 2 und 3 dauert<br />
die Standardtherapie 24 Wochen. Bei<br />
RVR (siehe oben) ist eine Beendigung<br />
nach 12 bzw. 16 Wochen möglich, falls<br />
die initiale HCV-RNA-Last < 4–8x10 5<br />
IU/ml war. Im Falle eines slow response,<br />
das bedeutet in diesem Fall einen Abfall<br />
der HCV-RNA-Last erst in Woche 12<br />
> 2 log-Stufen, wird eine Verlängerung<br />
der Therapie auf 48 Wochen empfohlen.<br />
Ein Therapieabbruch soll erfolgen,<br />
wenn in Woche 12 der HCV-RNA-<br />
Abfall < 2 log-Stufen beträgt.<br />
Generell keine Therapieverkürzungen<br />
sollen bei fortgeschrittener Fibrose<br />
(Bestimmung mittels Histologie bzw.<br />
Fibroscan, wobei im „Graubereich“ zwischen<br />
6kPa und 12kPa gemäß neuester<br />
Daten zur weiterführenden Abklärung<br />
bezüglich Therapieindikation eine Leberpunktion<br />
empfohlen wird) oder Zirrhose<br />
sowie Koinfektion mit HIV vorgenommen<br />
werden, eventuell auch nicht<br />
bei Insulinresistenz und metabolischem<br />
Syndrom.<br />
An der Entwicklung neuer Therapieen<br />
wird intensiv gearbeitet. Im Bereich<br />
der Interferone ist das Albumin-Interferon<br />
derzeit am weitesten fortgeschritten,<br />
der Vorteil liegt in der nur alle zwei<br />
bis vier Wochen notwendigen Applikation.<br />
In Entwicklung sind außerdem spezifische<br />
Protease- und Polymeraseinhibitoren<br />
(„specially targeted antiviral<br />
therapy in hepatitis C“ – „STAT-C“),<br />
erste viel versprechende klinische<br />
Ergebnisse liegen vor für Telaprevir und<br />
Boceprivir.<br />
Hepatitis A<br />
Die Hepatitis A wird beinahe ausschließlich<br />
auf fäkal-oralem Weg übertragen<br />
und spielt vor allem in der Reise-<br />
medizin eine Rolle. Gegen Ende der<br />
Inkubationszeit (zwei bis sechs Wochen)<br />
wird das Hepatitis-A-Virus (HAV) in<br />
hoher Konzentration im Stuhl ausgeschieden,<br />
wo es nach Krankheitsausbruch<br />
nur noch in ca. 50% der Fälle<br />
nachweisbar ist. Ca. 25% der Erwachsenenverläufe<br />
sind asymptomatisch, in<br />
den meisten Fällen kommt es jedoch zu<br />
typischen Symptomen einer akuten<br />
Hepatitis wie Ikterus mit lästigem protrahiertem<br />
Juckreiz, Oberbauchbeschwerden,<br />
Fieber etc. Fulminante Verläufe<br />
sind sehr selten (bei über 40-Jährigen<br />
in ca. 2%). Chronische Verläufe<br />
kommen nicht vor, nach durch<strong>gemacht</strong>er<br />
Infektion bleibt lebenslange Immunität.<br />
Eine spezifische Therapie der Hepatitis<br />
A existiert nicht, im Falle einer<br />
Erkrankung ist symptomatische Therapie<br />
wie Flüssigkeitszufuhr, Bettruhe etc.<br />
ausreichend.<br />
Für die Grundimmunisierung werden<br />
zwei Dosen Totimpfstoff im Abstand<br />
von sechs bis zwölf Monaten verabreicht,<br />
die Impfung ist nicht nur in der<br />
Reisemedizin oder für klinische Berufe,<br />
sondern jedem Menschen zu empfehlen.<br />
Hepatitis E<br />
Die Hepatitis E ist in ihrer Charakteristik<br />
der Hepatitis A sehr ähnlich,<br />
unterscheidet sich jedoch in einigen sehr<br />
wesentlichen Aspekten von derselben.<br />
Hauptverbereitungsgebiet ist Zentralund<br />
Südostasien, Nord- und Westafrika,<br />
Mittelamerika und Mittlerer Osten, der<br />
Übertragungsweg ist auch fäkal-oral und<br />
die Inkubationszeit mit durchschnittlich<br />
40 Tagen etwas länger. Das klinische Bild<br />
ist dem der Hepatitis A sehr ähnlich, der<br />
Verlauf jedoch meist schwerer (Mortalität<br />
4% versus 2% bei der Hepatitis A).<br />
Aus bisher unklaren Gründen besteht<br />
bei Schwangeren, die an Hepatitis E<br />
erkranken, eine deutlich gesteigerte<br />
Mortalität von bis zu 20%.<br />
Beim Menschen sind vier Hepatitis-E-<br />
Genotypen bekannt (1–4), welche sich<br />
durch regionale Verteilung auszeichnen.<br />
Auch in Österreich werden immer wieder<br />
Hepatitis-E-Fälle beobachtet – 2006<br />
13 Fälle, 2007 4 Fälle, 2008 7 Fälle –, zum<br />
Teil eingeschleppt aus dem suptropischen<br />
Bereich oder der ehemaligen<br />
UdSSR, es treten aber vereinzelt auch<br />
lokale Infektionen auf.<br />
VIRUSHEPATITIS<br />
Bei immunkompetenten Patienten<br />
wurden bislang keine chronischen Verläufe<br />
beobachtet, rezenten Daten zufolge<br />
konnte jedoch eine Chronifizierung<br />
bei immunsupprimierten Patienten<br />
dokumentiert werden (beschrieben bei<br />
Z.n. Leber-, Nieren- und Pankreastransplantation<br />
sowie nach Chemotherapie).<br />
Dies könnte in manchen Fällen die bisher<br />
unklare Ursache für Post-Transplant-Hepatitis<br />
oder Zirrhoserezidiv<br />
darstellen.<br />
Eine spezifische Therapie der Hepatitis<br />
E existiert nicht, wie bei der Hepatitis<br />
A ist man auf symptomatische Therapie<br />
beschränkt. Ein Hepatitis-E-Impfstoff<br />
wurde bereits entwickelt und wird<br />
derzeit noch getestet.<br />
Literatur bei den Verfassern<br />
Dr. Susanne Abbrederis,<br />
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Vogel<br />
Univ.-Klinik für Innere Medizin<br />
Klinische Abteilung für<br />
Gastroenterologie und Hepatologie<br />
Anichstraße 35, A-6020 Innsbruck<br />
susanne.abbrederis@i-med.ac.at<br />
4/2009 25
KOLOREKTALKARZINOM<br />
Aktueller Stellenwert der medikamentösen<br />
Therapie beim Kolorektalkarzinom<br />
Dr. Gudrun Resch, Univ.-Prof. Prim. Dr. Josef Thaler<br />
Das kolorektale Karzinom ist mit fast<br />
5.000 Neuerkrankungen pro Jahr nach<br />
dem Brustkrebs der zweithäufigste maligne<br />
Tumor bei der Frau und nach dem<br />
Bronchial- und dem Prostatakarzinom<br />
der dritthäufigste Tumor beim Mann in<br />
Österreich. Das entspricht einer jährlichen<br />
Inzidenz zwischen 50 und 60 pro<br />
100.000 Einwohner oder 15% aller<br />
Krebserkrankungen. Oft wird die Erkrankung<br />
erst im fortgeschrittenen Stadium<br />
diagnostiziert. Entscheidend für die<br />
Prognose und die Therapieoptionen ist<br />
das Ausbreitungsstadium zum Zeitpunkt<br />
der Diagnose. Die schematische Darstellung<br />
in Abbildung 1 spiegelt die Überlebenswahrscheinlichkeit<br />
nach fünf Jahren<br />
je nach Tumorstadium wider. Während<br />
für lokoregionale Stadien (UICC I–III<br />
oder Dukes A–C) die Operation mit kurativen<br />
Ziel im Zentrum des therapeutischen<br />
Vorgehens steht und durch (neo-)<br />
26<br />
4/2009<br />
adjuvante Therapiemaßnahmen ergänzt<br />
wird, steht die systemische Therapie im<br />
metastasierten Stadium (UICC IV oder<br />
Dukes D) im Mittelpunkt der therapeutischen<br />
Bemühungen.<br />
Prävention<br />
Genetische und epidemiologische Studien<br />
zeigen, dass ein Kolorektalkarzinom<br />
durch komplexe Interaktion zwischen<br />
genetischen Risikofaktoren und<br />
Umweltfaktoren entsteht. Zur Risikoreduktion<br />
eines kolorektalen Karzinoms<br />
sollten regelmäßige körperliche Tätigkeiten<br />
durchgeführt werden sowie eine<br />
Gewichtsreduktion bei übergewichtigen<br />
Personen angestrebt werden (< 25<br />
BMI). Zwei Kohortenstudien konnten<br />
zeigen, dass bereits 30 bis 60 Minuten<br />
tägliche moderate körperliche Aktivität<br />
mit einem verringerten Karzinom- und<br />
Abbildung 1<br />
Kolorektales Karzinom: Stadium und Überlebenswahrscheinlichkeit nach fünf Jahren<br />
Rezidivrisiko einhergeht. Ein weiterer<br />
wichtiger Risikofaktor ist eine Fehlernährung.<br />
Zuviel Fett und Cholesterin in<br />
der Ernährung führt zu einer erhöhten<br />
Produktion und hepatischen Ausscheidung<br />
von Gallensäuren. Der vermehrte<br />
Anfall der Gallensäure im Darm übt<br />
eine karzinogene Wirkung aus. Insbesondere<br />
der tägliche Genuss von rotem<br />
Fleisch (Rind, Schwein, Lamm) erhöht<br />
das Darmkrebsrisiko, täglicher Fischgenuss<br />
hingegen senkt das Risiko. Eine höhere<br />
Zufuhr von Obst und Gemüse sowie<br />
Reduktion von Alkohol und Nikotin<br />
leisten ebenso einen Beitrag zur Risikoreduktion.Derzeit<br />
liegen keine gesicherten<br />
Daten zur wirksamen Prävention<br />
des kolorektalen Karzinoms durch erhöhte<br />
Zufuhr von Kalzium, β-Carotin,<br />
Vitamin A, Folsäure und Selen vor.<br />
Vorsorgeuntersuchungen<br />
Einen wichtigen Stellenwert zur Früherkennung<br />
des Dickdarmkrebses ist die<br />
Vorsorgeuntersuchung. Durch Screeninguntersuchungen<br />
kann die Erkrankung<br />
nicht nur in einem frühen, heilbaren<br />
Stadium erkannt werden, sondern<br />
auch bei Entdeckung und Entfernung<br />
von Polypen verhindert werden. Die Koloskopie<br />
ist die sensitivste Methode. Es<br />
wird eine Stuhltestung auf okkultes Blut<br />
jährlich ab dem 40. Lebensjahr empfohlen.<br />
Aus drei aufeinander folgenden<br />
Stuhlgängen sollten je zwei Proben pro<br />
Stuhlgang auf okkultes Blut getestet<br />
werden.Ein positives Testergebnis erfordert<br />
eine endoskopische Untersuchung<br />
des gesamten Magen-Darm-Traktes.<br />
Eine Dickdarmspiegelung sollte ab dem<br />
50. Lebensjahr alle zehn Jahre durchgeführt<br />
werden.
Mittleres Überleben beim metastasierenden Kolorektalkarzinom<br />
Für Verwandte ersten Grades von Patienten<br />
mit kolorektalem Karzinom ist<br />
das Risiko zwei- bis dreifach erhöht. Das<br />
Risiko steigt, wenn der Indexpatient vor<br />
dem 45.Lebensjahr oder mehr als ein Verwandter<br />
ersten Grades von einem Dickdarmkrebs<br />
betroffen sind. Verwandte<br />
zweiten Grades haben ein <strong>leicht</strong> erhöhtes<br />
Karzinomrisiko. Verwandte ersten Grades<br />
sollten in einem Lebensalter, das zehn<br />
Jahre vor dem Alterszeitpunkt des Auftretens<br />
des Karzinoms des Indexpatienten<br />
liegt, erstmals komplett koloskopiert werden.<br />
Die Dickdarmspiegelung sollte mindestens<br />
alle zehn Jahre wiederholt werden.<br />
Zu den Hochrisikopatienten zählen<br />
auch Patienten, die an Colitis ulercerosa<br />
oder Morbus Crohn leiden. Auch hier ist<br />
eine frühzeitige, regelmäßige Koloskopie<br />
empfehlenswert.<br />
Adjuvante Therapie des<br />
Kolonkarzinoms<br />
Eine adjuvante Chemotherapie im<br />
Stadium III verlängert signifikant das<br />
krankheitsfreie Überleben und das Gesamtüberleben.<br />
Weiterhin unklar ist jedoch<br />
der Stellenwert der adjuvanten Behandlung<br />
im Stadium II.<br />
UICC-Stadium I (T1,2, N0,M0)<br />
Im Stadium I reicht eine alleinige Operation<br />
mit kurativer Intention sowie engmaschige<br />
Verlaufskontrollen aus. Eine<br />
adjuvante Chemotherapie ist nicht indiziert.<br />
UICC-Stadium II (T3,4, N0,M0)<br />
Das Rezidivrisiko mit alleiniger Operation<br />
liegt bei nur 20–25%. Der Stellen-<br />
Abbildung 2<br />
wert der adjuvanten Chemotherapie ist<br />
derzeit noch unklar. Die absolute Rezidivrisikoreduktion<br />
durch eine 5-FU-haltige<br />
Chemotherapie beträgt 3–5%, mit<br />
nur einem marginalen Überlebensvorteil<br />
von 1–5%. Es wird daher die adjuvante<br />
Chemotherapie nicht standardmäßig für<br />
alle Patienten im Stadium II empfohlen.<br />
Nach den ASCO-Empfehlungen 2004<br />
und den ESMO-Guidelines 2008 sollte<br />
eine adjuvante Chemotherapie im Stadium<br />
II in bestimmten Risikosituationen<br />
(Perforation,T4-Stadium, G3-Tumor, < 12<br />
untersuchte Lymphknoten, Gefäßinvasion,<br />
Lymphangiosis, hohe CEA-Spiegel)<br />
mit dem Patienten diskutiert werden.<br />
Unserer Meinung nach sehen wir die<br />
Datenlage als ausreichend um nodal-negative<br />
Patienten mit diesen Hochrisikofaktoren<br />
und fehlenden Komorbiditäten<br />
zu einer Behandlung mit 5-FU/LV (De-<br />
Gramont-Schema) oder Capecitabine<br />
zu raten.<br />
UICC-Stadium III (Tx, N1,2, M0)<br />
Mit der Veröffentlichung der amerikanischen<br />
Intergroup-Studie an über 900<br />
Patienten durch Moertel et al. im Jahr<br />
1990 wurde die adjuvante Chemotherapie<br />
mit 5-FU + Levamisol über zwölf Monate<br />
zum Standard im Stadium III des<br />
Kolonkarzinoms. Nachfolgende Studien<br />
zeigten eine gleiche Wirksamkeit einer<br />
sechsmonatigen 5-FU-Bolus- + -Leucovorin-Therapie<br />
(Mayo-Clinic-Schema)<br />
wie das zwölfmonatige Moertel-Schema.<br />
Die Rezidivrate kann um 30–40% gesenkt<br />
werden und das 5-Jahresüberleben<br />
um 20–30% gesteigert werden. Vergleiche<br />
von 5-FU-Bolus-Schemata mit infusionalen<br />
5-FU zeigten eine gleich gute<br />
KOLOREKTALKARZINOM<br />
Wirksamkeit, bei jedoch gesteigerter Toxizität<br />
beim 5-FU-Bolus-Schema. Infusionale<br />
5-FU-Therapien werden deshalb<br />
standardmäßig eingesetzt (z.B. De-Gramont-Schema).<br />
Capecitabine, ein orales<br />
5-FU-Prodrug,hat sich als mindestens genauso<br />
effektiv und weniger toxisch wie<br />
Bolus-5-FU/LV erwiesen.<br />
Erst kürzlich konnte durch Zugabe<br />
von Oxaliplatin (FOLFOX-4) eine 4–<br />
6%-ige Verbesserung des krankheitsfreien<br />
Überlebens als auch ein signifikanter<br />
Vorteil im Gesamtüberleben im<br />
Stadium III erreicht werden. Aufgrund<br />
dieser Ergebnisse gilt FOLFOX-4 (5-<br />
FU, LV, Oxaliplatin) als Standard zur adjuvanten<br />
Chemotherapie des Kolonkarzinoms<br />
im Stadium III. Bei Risiko für<br />
höhere Toxizitäten oder sonstige Kontraindikation<br />
gegen Oxaliplatin sind infusionale<br />
5-FU/LV-Regime- (De Gramont)<br />
und Capecitabine-Therapiealternativen<br />
in der adjuvanten Behandlung<br />
anzuraten.<br />
(Neo)adjuvante Therapie<br />
des Rektumkarzinoms<br />
Beim Rektumkarzinom besteht neben<br />
dem Risiko der Fernmetastasierung das<br />
besondere Problem des Lokalrezidivs. In<br />
konsekutiven Studien konnte gezeigt<br />
werden, dass durch eine postoperative<br />
Strahlentherapie die Lokalrezidivrate,<br />
durch die adjuvante Chemotherapie die<br />
Fernmetastasierungsrate, gesenkt werden<br />
kann. Bereits Anfang der 90-iger<br />
Jahre konnte deshalb die kombinierte<br />
Radiochemotherapie (RCT) mit 5-FU<br />
(am besten als kontinuierliche Infusion<br />
appliziert) als Standard in der adjuvanten<br />
Therapie für die Stadien II + III etabliert<br />
werden. Damit kann die Rezidivrate gesenkt<br />
und das Überleben signifikant verlängert<br />
werden.<br />
Ausgehend von den Ergebnissen bei<br />
primär inoperablen Patienten wurde besonders<br />
von europäischen Arbeitsgruppen<br />
die neoadjuvante Radiotherapie und<br />
Radiochemotherapie bei Patienten mit<br />
operablen Rektumkarzinomen entwikkelt.<br />
Jüngste Daten belegen klar, dass die<br />
neoadjuvante der adjuvanten RCT hinsichtlich<br />
Lokalrezidivrate und auch hinsichtlich<br />
Toxizität überlegen ist.<br />
Zusammenfassend kann man festhalten,<br />
dass für Patienten mit Rektumkarzinom<br />
im klinischen Stadium T3, T4 die<br />
neoadjuvante RCT (RT), gefolgt von<br />
Operation und adjuvanter Chemothera-<br />
4/2009 27
KOLOREKTALKARZINOM<br />
pie, die heutige Standardtherapie darstellt.<br />
Ausführliche Konsensusempfehlungen<br />
zur Diagnostik und interdisziplinären<br />
Therapie des Rektumkarzinoms<br />
wurden von der ABCSG (Austrian Breast<br />
and Colorectal Cancer Study Group)<br />
gemeinsam mit den relevanten österreichischen<br />
Fachgesellschaften erarbeitet<br />
(siehe WiKliWo 117/4:154-171; 2005<br />
oder ABCSG-Homepage).<br />
28<br />
Kolorektales Karzinom im<br />
Metastasenstadium<br />
Chirurgische Resektion und<br />
ablative Verfahren<br />
Im Unterschied zu fast allen anderen<br />
Malignomen kann beim kolorektalen<br />
Karzinom mit resektablen Lebermetastasen<br />
durch die alleinige chirurgische Entfernung<br />
und/oder ablative Verfahren in<br />
25–30% eine Kuration erzielt werden.<br />
Grundlage dafür ist, dass die Metastasierung<br />
beim kolorektalen Karzinom primär<br />
über den Pfortaderkreislauf in die<br />
Leber und erst später über den systemischen<br />
Kreislauf erfolgt. Entscheidende<br />
Faktoren für eine Kuration sind das Vorliegen<br />
von wenigen (< 4) Herden, eine<br />
maximale Metastasengröße von < 5 cm,<br />
das Fehlen von extrahepatischen Metastasen,<br />
ein längeres Intervall (> 2 Jahre)<br />
zwischen Primäroperation und Lebermetastasierung<br />
sowie ein niedriger Wert des<br />
Tumormarkers CEA. In vorwiegend retrospektiven<br />
Studien konnte darüber hinaus<br />
gezeigt werden, dass bei isolierter Lebermetastasierung,<br />
die primär als nicht<br />
resektabel eingestuft wurde, nach einer<br />
systemischen Chemotherapie bei einem<br />
Teil der Patienten die chirurgische Entfernung<br />
möglich wurde. Diese Patienten<br />
hatten in der Folge ein ähnliches Langzeitergebnis<br />
wie die primär resektablen.<br />
Insgesamt sollte daher im Stadium IV<br />
mit isoliertem Organbefall (Leber ><br />
Lunge > andere) immer die Möglichkeit<br />
einer radikalen chirurgischen Resektabilität<br />
geprüft werden. Laut einer kürzlich<br />
veröffentlichten Studie wird durch<br />
eine zusätzliche perioperative Gabe von<br />
FOLFOX-4 die Rezidivrate gesenkt.<br />
Palliative Chemotherapie<br />
Ein kurativer Ansatz ist im metastasierten<br />
Stadium leider nur bei 5–10% aller<br />
Patienten möglich, sodass für die überwiegende<br />
Mehrzahl der Patienten mit kolorektalem<br />
Karzinom der Therapieansatz<br />
palliativ ist. Die wirksamsten Chemothe-<br />
4/2009<br />
Abbildung 3<br />
Signaltransduktion durch Aktivierung am extrazellulären Teil eines Rezeptors (R)<br />
durch einen Wachstumsfaktor (WF)<br />
rapeutika beim kolorektalen Karzinom<br />
sind das seit über 30 Jahren in dieser Indikation<br />
etablierte Flurouracil (5-FU) sowie<br />
die neueren Substanzen Irinotecan<br />
und Oxaliplatin. In letzter Zeit konnte<br />
durch Zugabe von monoklonalen Antikörpern<br />
gegen den vaskulären endothelialen<br />
Wachstumsfaktor (VEGF) und den<br />
epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor<br />
(EGFR) in Kombination mit Chemotherapie<br />
oder sogar als Monotherapie eine<br />
Verbesserung der Behandlungsmöglichkeit<br />
erzielt werden.<br />
5-Fluoruracil (5-FU)<br />
5-Fluorouracil wurde bereits 1957 entwickelt.<br />
Es handelt sich um ein fluoriniertes<br />
Uracil-Analogon, das als Prodrug erst<br />
intrazellulär zu seinen aktiven Formen<br />
metabolisiert wird. Ein Metabolisierungsprodukt<br />
von 5-FU (5-FdUMP) bindet in<br />
der Zelle an ein Schlüsselenzym der<br />
DNA-Biosynthese, die Thymidilatsynthase<br />
(TS). Dadurch wird die DNA-Synthese<br />
und in der Folge die weitere Zellteilung<br />
der Tumorzellen gehemmt. Ein zweiter<br />
Weg der 5-FU-Wirkung ist der Einbau<br />
als falsche Base in die RNA und damit die<br />
Hemmung kritischer Zellfunktionen. Wir<br />
wissen heute, dass dieser zweite Wirkmechanismus<br />
über die RNA-Hemmung vor<br />
allem bei hohen 5-FU-Spiegeln (Bolusgabe)<br />
dominiert, während die Hemmung<br />
der DNA-Synthese bei länger anhaltenden,<br />
niedrigen 5-FU-Spiegeln (kontinuierliche<br />
Infusion) die entscheidende Rolle<br />
spielt. 5-FU „ist“ somit zwei verschiedene<br />
Medikamente mit nur partieller Kreuzresistenz<br />
und unterschiedlichem Toxizitätsprofil.<br />
Die Wirkung des 5-FU wird somit<br />
in starkem Maße von der Applikationsart<br />
beeinflusst. Große Vergleichsstudien zeigen<br />
eine höhere Ansprechrate und in einer<br />
Metaanalyse auch ein geringfügig verlängertes<br />
Überleben (11,3 vs. 12,1 Monate)<br />
zugunsten der kontinuierlichen<br />
Infusion. Entscheidender ist jedoch der<br />
Unterschied im Nebenwirkungsprofil.<br />
Die kontinuierliche Infusion ist hochsignifikant<br />
weniger hämatotoxisch als die Bolusgabe,<br />
hat jedoch häufiger das Hand-<br />
Fuß-Syndrom zur Folge. In den letzten<br />
drei Jahrzehnten wurde versucht die<br />
Wirksamkeit von 5-FU durch Kombination<br />
mit Leukovorin (LV), Methotrexat<br />
oder Interferon-α zu erhöhen. Dies ist<br />
durch alle drei Substanzen gelungen, das<br />
günstigste Nebenwirkungsprofil hat LV<br />
zum Routinepartner von 5-FU <strong>gemacht</strong>.<br />
LV stabilisiert die Bindung von 5-FdUMP<br />
an die TS und verstärkt damit die Wirkung<br />
von 5-FU.<br />
Insgesamt haben sich kontinuierliche<br />
(z.B.Ardalan-Schema) oder Hybrid-Schemata<br />
(z.B. De-Gramont-Schema) in der<br />
klinischen Routine vor allem auf Grund<br />
der besseren Verträglichkeit durchgesetzt.<br />
Orale 5-FU-Prodrugs<br />
Da 5-FU nur intravenös verabreicht<br />
werden kann, gibt es schon seit vielen Jahren<br />
intensive Anstrengungen,so genannte<br />
„Prodrugs“ zu finden, welche oral resorbiert<br />
und dann im Körper in 5-FU umgewandelt<br />
werden können. Mit UFT und<br />
Capecitabine sind mittlerweile zwei Substanzen<br />
zugelassen, welche diese Bedingung<br />
erfüllen. In Studien wurde gezeigt,<br />
dass ihre Wirkung beim metastasierenden<br />
kolorektalem Karzinom und in der adjuvanten<br />
Situation vergleichbar mit einem<br />
Anzeige Plus<br />
38
Fachkurzinformation siehe Seite 39
KOLOREKTALKARZINOM<br />
5-FU-Bolusschema (Mayo-Protokoll) ist.<br />
Capecitabine zeigt in diesen Studien sogar<br />
eine höhere Ansprechrate und kommt damit<br />
in den Wirkungsbereich von kontinuierlichen<br />
5-FU-Schemata. Die Besonderheit<br />
dieser Substanz liegt dabei im letzten<br />
Metabolisierungsschritt der Umwandlung<br />
von Capecitabine in 5-FU. Dieser Schritt<br />
erfolgt intrazellulär durch das Enzym<br />
Thymidinphosphorylase. Da dieses Enzym<br />
in Tumorzellen in fünf- bis sechsfach<br />
höherer Konzentration als in normalen<br />
Zellen vorliegt, kommt es zu einer gewissen<br />
tumorselektiven Wirkung. Insgesamt<br />
ersetzen die oralen 5-FU-Prodrugs mehr<br />
und mehr die kontinuierlichen 5-FU-Infusionen.<br />
Dosislimitierende Toxizitäten sind<br />
das Hand-Fuß-Syndrom (Schmerzen,Rötung,<br />
Schuppung und Schwellung an den<br />
Händen und Füßen) sowie Durchfall.<br />
30<br />
Irinotecan (CPT-11)<br />
Irinotecan hemmt das für die DNA-<br />
Synthese wichtige Enzym Topoisomerase-1.Durch<br />
Bindung von Irintotecan an<br />
diesem Enzym werden irreversible<br />
Strangbrüche induziert und die DNA-<br />
Replikation und die Bildung von mRNA<br />
gestört. Nach erfolgtem Nachweis seiner<br />
Wirksamkeit in der Zweitlinientherapie<br />
beim metastasierten Kolonkarzinom<br />
wurde Irinotecan in Kombination mit<br />
5-FU/LV in der Erstlinientherapie untersucht.<br />
In zwei großen prospektiv randomisierten<br />
Studien mit insgesamt über<br />
1.000 Patienten wurde die Überlegenheit<br />
der 5-FU/LV/Irinotecan-Kombination<br />
(FOLFIRI) im Vergleich zu 5-FU/LV<br />
klar belegt. Überlegenheit bedeutet dabei<br />
Verdopplung der Ansprechrate, Verlängerung<br />
der Dauer des Ansprechens<br />
und Verlängerung des Überlebens. Die<br />
Nebenwirkungsrate der Irinotecan-Kombination<br />
ist zwar relevant (Diarrhoe und<br />
Neutropenie), aber beherrschbar und<br />
durch die höhere Ansprechrate hinsichtlich<br />
der Lebensqualität mehr als kompensiert.<br />
Unmittelbar nach der Infusion tritt<br />
häufig ein akutes cholinerges Syndrom<br />
mit Durchfall, Bauchkrämpfen und Speichelfluss<br />
auf, weshalb prophylaktisch ein<br />
Parasympatholytikum (Atropin 0,25 mg<br />
s.c.) verabreicht wird. Akute Diarrhoe<br />
oder in 30% der Fälle auftretende verzögerte<br />
Diarrhoe sind durch adäquate Behandlung<br />
mit Loperamid beherrschbar.<br />
4/2009<br />
Oxaliplatin<br />
Das Platinderivat Oxaliplatin bindet<br />
vor allem an guaninhaltige Nukleotide<br />
der DNA, wodurch Quervernetzungen<br />
induziert werden. In der Erstlinientherapie<br />
führt Oxaliplatin in Kombination mit<br />
5-FU/LV zu Ansprechraten vergleichbar<br />
mit der 5-FU/LV/Irinotecan-Kombination.<br />
Das Nebenwirkungsspektrum von<br />
Oxaliplatin ist verglichen mit den anderen<br />
Platinen günstig, limitierend ist allerdings<br />
auch bei dieser Substanz die kumulative<br />
Neurotoxizität. Parästhesien<br />
werden häufig durch Kälteexposition<br />
ausgelöst und treten vor allem an den<br />
Extremitäten und perioral auf. Diese<br />
Symptome sind meist selbstlimitierend.<br />
Persistierende periphere Neuropathien<br />
mit funktioneller Einschränkung der<br />
Feinmotorik und Sensibilität treten mit<br />
zunehmender kumulativer Oxaliplatindosis<br />
auf. Durch eine rechtzeitige Dosisreduktion<br />
oder Pausierung von Oxaliplatin<br />
ist die Neuropathie bei ca. 80%<br />
der Fälle innerhalb von mehreren Monaten<br />
reversibel.<br />
Antikörpertherapie<br />
Der Einsatz von monoklonalen Antikörpern<br />
hat in den letzten Jahren die Behandlungsmöglichkeiten<br />
des kolorektalen<br />
Karzinoms entscheidend verbessert.<br />
Nachfolgend eine Übersicht derzeit verwendeter<br />
Antikörper mit Wirkprinzip<br />
und wichtigsten Daten zur klinischen<br />
Wirksamkeit.<br />
Rezeptormoleküle und<br />
Wachstumsfaktoren<br />
Die Funktion und das Wachstum normaler<br />
Körperzellen werden durch Botenstoffe<br />
reguliert. Bestimmte Botenstoffe,<br />
so genannte Wachstumsfaktoren, binden<br />
sich an Empfängermoleküle (Rezeptoren)<br />
an der Außenseite der Zellmembran<br />
und können dadurch Signale in das<br />
Innere der Zelle senden und diese zur<br />
Zellteilung anregen. Wie in Abbildung 3<br />
dargestellt, führt die Bindung des Wachstumsfaktors<br />
an den extrazellulären Anteil<br />
des Rezeptors zum Zusammenrükken<br />
der beiden Dimere des Rezeptors<br />
und damit zur Aktivierung der Tyrosinkinase<br />
(TK) am intrazellulären Anteil des<br />
Rezeptors. Durch diese aktivierte TK<br />
werden weitere intrazelluläre Signalwege<br />
und in der Folge verschiedene Zellfunktionen<br />
beeinflusst. Fehlsteuerungen solcher<br />
Signalwege bei Krebszellen tragen<br />
wesentlich zum Wachstum und zur Ausbreitung<br />
der Krebserkrankung bei.<br />
Antikörper gegen Rezeptormoleküle:<br />
Cetuximab, Panitumumab<br />
Durch monoklonale Antikörper wird<br />
in der Krebstherapie ganz gezielt versucht,<br />
die fehlgesteuerten und meistens<br />
dadurch aktivierten Signalwege zu blokkieren.<br />
Ein typisches Beispiel einer solchen<br />
Blockade ist in Abbildung 4 schematisch<br />
dargestellt. Der Antikörper bindet<br />
an den extrazellulären Anteil des<br />
Rezeptors, verhindert damit das Andokken<br />
des Wachstumsfaktors und damit<br />
auch die Aktivierung der intrazellulären<br />
TK. Beim kolorektalen Karzinom ist der<br />
epidermale Wachstumsfaktorrezeptor<br />
(EGFR) in 80–90% verstärkt exprimiert.<br />
Die monoklonalen Antikörper<br />
Cetuximab und Panitumumab blockieren<br />
diesen Rezeptor und führen bei einem<br />
Teil der Patienten selbst bei Versagen<br />
aller sonstigen Therapiemaßnahmen<br />
Abbildung 4<br />
Hemmung der Signaltransduktion durch einen Antikörper (AK) am extrazellulären<br />
Teil eines Rezeptors
Abbildung 5<br />
Akneiformes Exanthem unter Therapie<br />
mit Cetuximab<br />
für eine bestimmte Zeit zu einer Tumorkontrolle.<br />
Eine gegen den EGFR-Signalweg<br />
gerichtete Therapie des kolorektalen<br />
Karzinoms ist jedoch nur bei Patienten erfolgversprechend,<br />
deren Tumor den Wildtyp<br />
des KRAS-Gens aufweist. Diese Konstellation<br />
trifft statistisch gesehen auf 60%<br />
aller Patienten mit einem kolorektalen<br />
Karzinom zu.Bei Patienten mit einem mutierten<br />
KRAS-Gen ist das Ras-Signalprotein<br />
daueraktiviert, unabhängig davon, ob<br />
EGFR stimuliert oder therapeutisch gehemmt<br />
ist.Trotz einer Anti-EGFR-Therapie<br />
bleibt deshalb bei Patienten mit einem<br />
mutierten KRAS-Gen das Ras-Signalprotein<br />
aktiviert, der Tumor spricht nicht auf<br />
die Behandlung an.<br />
Cetuximab ist bereits Teil der Standardtherapie<br />
des metastasierenden kolorektalen<br />
Karzinoms.Aufgrund der Daten<br />
der BOND-Studie (Cetuximab alleine<br />
vs. Cetuximab + Irinotecan) wurde<br />
Cetuximab 2004 in Kombination mit Irinotecan<br />
nach Progression einer Irinotecan-haltigen<br />
Therapie bei EGFR-exprimierendem<br />
metastasierten Kolorektalkarinom<br />
zugelassen. 2008 erfolgte die<br />
Zulassungserweiterung in Kombination<br />
mit einer Chemotherapie in der Erstlinientherapie.<br />
Panitumumab ist in Europa<br />
als Monotherapie bei Versagen von der<br />
Standardchemotherapie beim fortgeschrittenen<br />
Kolonkarzinom ohne Nachweis<br />
einer KRAS-Mutation zugelassen.<br />
Als Nebenwirkungen dieser Antikörper<br />
sind selten allergische Reaktionen,<br />
Diarrhoe und akneiforme Hautreaktion<br />
zu beobachten. Die gravierendste Nebenwirkung<br />
ist die Hauttoxizität, die auf<br />
die hohe EGFR-Expression der Haut<br />
zurückzuführen ist. Interessant dabei ist,<br />
dass das Auftreten von Hautreaktionen<br />
(Abbildung 5) mit dem Tumoransprechen<br />
korreliert. Allergische Reaktion<br />
treten häufiger beim chimären monoklonalen<br />
Antikörper Cetuximab als<br />
beim voll humanisierten monoklonanen<br />
Antikörper Panitumumab auf. Erst<br />
kürzlich konnte in einer von uns durchgeführten<br />
retrospektiven Analyse gezeigt<br />
werden, dass Panitumumab nach<br />
einer allergischen Reaktion auf Cetuximab<br />
eingesetzt werden kann.<br />
Antikörper gegen Angiogenese:<br />
Bevacizumab<br />
Eine besondere Form einer Antikörpertherapie<br />
stellt die Blockade der Gefäßneubildung<br />
(Angiogenese) dar. Jeder Tumor<br />
benötigt ab einer bestimmten Größe zum<br />
weiteren Wachstum neue Blutgefäße, die<br />
ihn versorgen. Dazu produzieren Tumorzellen<br />
bestimmte lösliche Faktoren, welche<br />
die Angiogenese stimulieren. Ein entscheidender<br />
Faktor für die Angiogenese<br />
ist der VEGF (vascular endothelial growth<br />
factor). Eine klinisch nachgewiesene, sehr<br />
wirksame Form der „Anti-Angiogenese“<br />
konnte durch den humanisierten monoklonalen<br />
Antikörper Bevacizumab gezeigt<br />
werden. Dieser Antikörper bindet sich<br />
spezifisch an den VEGF, so dass dieser<br />
Wachstumsfaktor den VEGF-Rezeptor<br />
nicht stimulieren kann und damit die Angiogenese<br />
blockiert ist. Beim metastasierenden<br />
kolorektalen Karzinom konnte gezeigt<br />
werden, dass Bevacizumab allein wenig<br />
Effekt hat, aber in Kombination die<br />
Wirksamkeit der verschiedenen etablierten<br />
Chemotherapien deutlich steigern<br />
kann. Dieser Antikörper wird daher routinemäßig<br />
in der Erstlinien- oder Zweitlinientherapie<br />
des metastasierenden kolorektalen<br />
Karzinoms eingesetzt. Als Nebenwirkungen<br />
dieses Antikörpers sind eine<br />
Hypertonie, allergische Reaktionen und<br />
Darmperforationen (selten) zu beobachten.<br />
Der Antikörper sollte erst vier bis<br />
sechs Wochen nach einem chirurgischen<br />
Eingriff verabreicht werden,um Wundheilungsstörungen<br />
so gering wie möglich zu<br />
halten.<br />
Überlebensvorteil durch<br />
die Chemotherapie<br />
Mehrere prospektiv randomisierte<br />
Studien konnten zeigen, dass eine 5-FUhältige<br />
Chemotherapie im Vergleich zu<br />
alleinigen supportiven Therapie das<br />
Überleben signifikant von im Median<br />
ca. sechs Monaten auf zwölf Monate verlängern<br />
kann. Die Überlebensverlängerung<br />
in der Zweitlinientherapie nach 5-<br />
FU-Versagen ist in zwei Studien mit Irinotecan<br />
belegt. Durch die Sequenz der<br />
modernen Kombinationen 5-FU/LV/Irinotecan<br />
und 5-FU/LV/Oxaliplatin kön-<br />
KOLOREKTALKARZINOM<br />
nen heute mittlere Überlebenszeiten<br />
von über 20 Monaten erreicht werden,<br />
durch den zusätzlichen Einsatz monoklonaler<br />
Antikörper kann die 2-Jahresschwelle<br />
überschritten werden (Abbildung<br />
2). Für die Wahl des monoklonalen<br />
Antikörper zusätzlich zur Standardchemotherapie<br />
ist die Kenntnis des KRAS-<br />
Status entscheidend, da die EGFR-Antikörper<br />
Cetuximab und Panitumumab<br />
bei einer KRAS-Mutation nicht wirksam<br />
sind und nicht zum Einsatz kommen<br />
dürfen. Der klinische Benefit einer Bevacizumab-Therapie<br />
ist unabhänig vom<br />
KRAS-Status und kann sowohl für den<br />
mutierten als auch für den KRAS-Wildtyp<br />
eingesetzt werden. Die sequentielle<br />
Gabe von FOLFOX/FOLFIRI bzw.<br />
FOLFIRI/FOLFOX in der Erst-/Zweitlinienbehandlung<br />
zeigt keinen signifikanten<br />
Unterschied für die Remissionsraten,<br />
das progressionsfreie Überleben<br />
sowie für das Gesamtüberleben.<br />
Positiver Einfluss der Chemotherapie<br />
auf die Lebensqualität<br />
Das Thema Lebensqualität ist in der<br />
palliativen Situation von höchster Bedeutung.<br />
Die schwedisch-norwegische<br />
Gruppe um Glimenius beschäftigte sich<br />
bereits Ende der 80-iger Jahre intensiv<br />
mit diesem Thema. In einer Studie mit<br />
198 Patienten zeigten sie, dass praktisch<br />
alle Patienten mit objektivem Ansprechen<br />
(partielle + komplette Remission)<br />
unter Chemotherapie mit 5-FU auch<br />
eine subjektive Besserung ihres Befindens<br />
berichteten. Dazu zeigten aber<br />
auch zwei Drittel der Patienten mit stabiler<br />
Erkrankung sowie 12% der Patienten<br />
mit progredienter Erkrankung eine<br />
subjektive Besserung. Weitere Untersuchungen<br />
anderer Arbeitsgruppen, zuletzt<br />
auch mit modernen Instrumenten<br />
zu Messung der Lebensqualität (z.B.<br />
EORTC-C30-Fragebogen) bestätigen<br />
diese Ergebnisse. Daraus lässt sich<br />
schließen, dass nicht nur die Patienten<br />
mit objektivem Ansprechen, sondern<br />
auch ein zusätzlicher, ähnlich großer Anteil<br />
der Patienten durch die Krankheitsstabilisierung<br />
von der Chemotherapie<br />
im Sinne einer Palliation profitieren.<br />
Vorteil der Behandlung<br />
asymptomatischer Patienten<br />
In der palliativen Indikation stellt sich<br />
bei asymptomatischen Patienten die<br />
Frage des optimalen Zeitpunktes der<br />
Chemotherapie, d.h. sofortiger Beginn<br />
oder Beginn erst bei Auftreten von Be-<br />
4/2009 31
KOLOREKTALKARZINOM<br />
schwerden. Hier stehen der aktuell fehlenden<br />
Beschwerdesymptomatik potentielle<br />
Nebenwirkungen der Chemotherapie<br />
gegenüber. Diese Frage wurde in einer<br />
prospektiven Studie (5-FU-Schema)<br />
der Gruppe um Glimenius mit 182 Patienten<br />
untersucht. Das symptomfreie<br />
Überleben war erwartungsgemäß bei sofortigem<br />
Beginn der Chemotherapie länger<br />
(2 vs. 10 Monate). Überraschenderweise<br />
konnte aber durch den sofortigen<br />
Beginn der Chemotherapie im Vergleich<br />
mit derselben Chemotherapie jedoch mit<br />
Beginn erst bei Beschwerden eine signifikante<br />
Überlebensverlängerung erzielt<br />
werden (9 vs. 14 Monate). Die im Durchschnitt<br />
nur zwei Monate dauernde symptomfreie<br />
Zeit und die gezeigte Überlebensverlängerung<br />
sprechen für einen sofortigen<br />
Beginn der Chemotherapie<br />
auch bei asymptomatischen Patienten.<br />
32<br />
4/2009<br />
Dieser Effekt dürfe durch die moderne,<br />
bedeutend wirksamere Therapie beträchtlich<br />
verstärkt werden.<br />
Aktuelle Studien<br />
Die ABCSG versucht derzeit im Rahmen<br />
ihrer klinischen Studien C-05 und C-<br />
06 durch den Einsatz der Antikörper Cetuximab<br />
und Bevacizumab die adjuvante<br />
Therapie des Kolonkarzinoms in den Stadien<br />
II und III zu verbessern (weitere Information<br />
in der ABCSG-Homepage<br />
und Zentrale). In der Studie LM 1 wird<br />
bei operablen Lebermetastasen der Stellenwert<br />
von Bevacizumab untersucht.<br />
ABCSG-Studien:<br />
Kolorektalkarzinom adjuvant:<br />
• C05 – PETACC 8: FOLFOX +/- Cetu-<br />
ximab<br />
• C06 – QUASAR 2: Capecitabine +/-<br />
Bevacizumab<br />
• LM1 – ACO-ASSO: Xelox + Bevacizumab<br />
perioperativ<br />
Dr. Gudrun Resch,<br />
Univ.-Prof. Prim. Dr. Josef Thaler<br />
Abteilung für Innere Medizin IV,<br />
Hämatologie und internistische<br />
Onkologie,<br />
Nephrologie und Dialyse,<br />
Palliativmedizin und<br />
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FB
Das Lungenkarzinom<br />
OA Dr. Klaus Kirchbacher<br />
Inzidenz und Mortalität<br />
Betrachtet man die Statistik der häufigsten<br />
Todesursachen in Österreich im Jahr<br />
2007, so zeigt sich, dass in der Altersgruppe<br />
der 40–69-Jährigen „Krebs“ an<br />
erster Stelle steht. Zum Zeitpunkt der<br />
Diagnose sind etwa 50% der Patienten<br />
jünger als 70 Jahre. 2006 lagen in der Tumorstatistik-ÖsterreichNeuerkrankungen<br />
des Lungenkarzinom bei den Männern<br />
mit einem Anteil von 13% an dritter<br />
Stelle (1. Stelle Prostata 26%, gefolgt von<br />
Darm 14%) und mit 8% bei den Frauen<br />
an vierter Stelle (Brust 28%, Darm 13%,<br />
Gebärmutter 8%). Absolut waren das<br />
2.593 Männer (1983:2.829) und 1.310<br />
Frauen (1983:754). Im selben Jahr verstarben<br />
2.354 Männer (1983:2.518) und<br />
1.059 Frauen (1983:649) an dieser Erkrankung.<br />
Ätiologie<br />
Der wesentlichste ätiologische Faktor<br />
für das Lungenkarzinom ist das inhalative<br />
Zigarettenrauchen. Etwa 85–90% aller<br />
Lungenkarzinome sind als tabakassoziert<br />
anzusehen. Das Risiko an einem Lungenkrebs<br />
zu erkranken ist für Raucher etwa<br />
20-mal höher als für Nichtraucher. Andere<br />
Faktoren wie Umwelt und Arbeitsplatz(Radon,Uran,Asbest,Strahlen,Partikel,…)<br />
machen etwa 10–15% aus.<br />
Screening<br />
Ein Screening zur Senkung der Mortalität<br />
des Lungenkarzinoms ist derzeit<br />
nicht etabliert. Sputumuntersuchungen<br />
sowie Lungenröntgen erwiesen sich als<br />
ungeeignet.Die Wertigkeit des Low-Dose<br />
CT-Thorax wird in laufenden Studien<br />
noch genauer untersucht, nachdem es ge-<br />
lang in Risikogruppen (starke Raucher)<br />
in 0,5 bis 2,8% ein Lungenkarzinom zu<br />
entdecken,wobei es sich dabei in 90% um<br />
ein Frühstadium handelte.<br />
Symptome<br />
Nur etwa 6–13% der Patienten sind bei<br />
der Diagnosestelllung beschwerdefrei.<br />
Etwa 30% zeigen allgemeine Tumorsymptome<br />
(unklarer Gewichtsverlust,Appetitlosigkeit,<br />
Schwäche). Husten findet<br />
sich bei 8–75%, Hämoptysen in 6–35%,<br />
über Dyspnoe klagen 30–60% (Pleuraerguß,<br />
Stenosen, Atelektasen, Lymphangiose).<br />
Fieber findet sich in bis zu 20%,<br />
nicht selten therapierefraktär bei rezidivierenden,<br />
poststenotischen Pneumonien.<br />
Thoraxschmerzen beschreiben bei<br />
Diagnosestellung 20–50% der Patienten.<br />
Weitere Symptome bzw. Syndrome, die<br />
zur Diagnose führen können sind das<br />
Horner-Syndrom (Ptosis, Miosis, Enophthalmus),<br />
eine obere Einflussstauung<br />
oder Heiserkeit aufgrund einer Recurrensparese.<br />
Paraneoplastische Syndrome finden<br />
sich bei etwa 10% der Patienten und umfassen<br />
vorwiegend endokrinologische<br />
(z.B. Hypercalciämie, SIADH, Cushing),<br />
neurologische (Polyneuropathien, neuromuskuläre<br />
Syndrome) und auch hämostasiologische<br />
(TVT, PE) Zustandsbilder.<br />
Typische Lokalisationen für Metastasen<br />
sind hiläre, mediastinale und supraklavikuläre<br />
Lymphknoten, sowie Nebennieren,<br />
Gehirn und Knochen.<br />
Entscheidende Faktoren für die<br />
Therapiewahl<br />
Hierzu zählen im Wesentlichen die Gewebszuordnung<br />
(kleinzellig versus nicht-<br />
LUNGENKARZINOM<br />
kleinzellig), die Tumorausbreitung, patientenbezogene<br />
Faktoren und in letzter<br />
Zeit auch molekulare Veränderungen im<br />
Tumorgewebe.<br />
Histologisch/zytologisch lässt sich das<br />
Lungenkarzinom in zwei große Gruppen<br />
unterteilen: nichtkleinzellige (NSCLC:<br />
vor allem Adeno- und Plattenepithelkarzinome,<br />
aber auch andere wie das großzellige<br />
Karzinom) und kleinzellige Karzinome<br />
(SCLC). Das Verhältnis beträgt<br />
etwa 80% NSCLC zu 20% SCLC, wobei<br />
der Anteil des SCLC kontinuierlich abnimmt.<br />
Das therapeutische Vorgehen bei<br />
NSCLC und SCLC unterscheidet sich erheblich.<br />
Zusätzlich erkannte man in den<br />
letzten Jahren, dass auch innerhalb des<br />
NSCLC die histologische Zuordnung<br />
(Plattenepithel vs nicht-Plattenepithel)<br />
für die Wahl der optimalen medikamentösen<br />
Therapie von Bedeutung ist. Weitere<br />
tumorspezifische Faktoren, welche<br />
die Auswahl der Medikamente beeinflussen<br />
können sind beispielsweise die<br />
Expression bestimmter Enzyme (Thymidylat-Synthase<br />
oder ERCC1), sowie die<br />
Expression und/oder Mutation von Rezeptoren<br />
der Tumorzellen, wie des Epidermal<br />
Growth Faktor Rezeptors<br />
(EGFR).<br />
Die Stadieneinteilung erfolgt beim<br />
NSCLC nach dem üblichen TNM-System,<br />
indem entsprechend dem Tumorausmaß<br />
(T0-T4), dem Lymphknotenbefall<br />
(N1-N3) und dem Vorhandensein von<br />
Metastasen (M0, M1) eine Zuordnung in<br />
die Stadien I bis IV erfolgt. Diese Einteilung<br />
ist 2009 in aktualisierter Form präsentiert<br />
worden (7. Version), wobei die<br />
angeführten Therapieangaben sich noch<br />
weiter auf die „alte“ (6. Version) Einteilung<br />
beziehen.Auch beim SCLC wird in-<br />
4/2009 33
LUNGENKARZINOM<br />
ternational zunehmend das TNM-System<br />
herangezogen, wobei doch zumeist noch<br />
die Einteilung in „Limited Disease“ (Erkrankung<br />
beschränkt auf einen Hemithorax<br />
und für ein Strahlenfeld geeignet<br />
ohne malignen Pleuraerguß) und die darüber<br />
hinausgehende „Extensive Disease“<br />
erfolgt.<br />
Unter den patientenbezogenen Faktoren<br />
nimmt der Allgemeinzustandes (Performance<br />
Status) eine ganz wesentliche<br />
Position ein.Andere Faktoren wie das Vorhandensein<br />
einer Polyneuropathie (z.B.<br />
bei Diabetikern), renalen oder kardialen<br />
Insuffizienz beeinflusst die Therapiewahl<br />
ebenso.Alter per se ist kein Grund einem<br />
Patienten eine entsprechend angepasste<br />
Therapie vorzuenthalten. Ebenso ist das<br />
soziale Umfeld des Patienten insbesondere<br />
hinsichtlich allenfalls notwendiger<br />
Betreuung zu berücksichtigen.<br />
34<br />
Diagnostik und Staging<br />
Diese beiden Schritte gehen oft Hand<br />
in Hand. Grundsätzlich sollte die Diagnose<br />
geweblich abgesichert sein, wobei<br />
in den meisten Fällen ein zytologischer<br />
Befund einem histologischen gleichwertig<br />
ist. Die Gewebsgewinnung kann im<br />
Rahmen der Bronchoskopie, durch CTgezielte<br />
Punktion der pulmonalen Manifestationen<br />
oder auch durch Punktion<br />
von Metastasen erfolgen.Für die Bestimmung<br />
der bereits erwähnten molekularen<br />
Parameter ist nun öfters als zuvor ein<br />
zytologisch gewonnener Zellblock oder<br />
histologisch verwertbares Material notwendig.<br />
Für das Staging ist das CT-Thorax die<br />
Basisuntersuchung und sollte auf jeden<br />
Fall Nebennieren und wenn möglich auch<br />
die Leber mit einschließen. Ein MR des<br />
Thorax hilft nur in besonderen Fällen weiter,wie<br />
die Abgrenzbarkeit des Tumors zu<br />
anderen intrathorakalen Strukturen<br />
(Nerven, Gefäße, Mediastinum) genauer<br />
beurteilen zu können. Für die Beurteilung<br />
des Gehirns ist das MR Standard.<br />
Liegt nach Durchführung von CT-Thorax<br />
und MR-Gehirn eine operable Situation<br />
vor, sollte in der Regel ein PET-Scan die<br />
Eingangsuntersuchungen abschließen.<br />
Durch den PET-Scan können in etwa 10–<br />
20% der Fälle Metastasen entdeckt und<br />
damit unnötige Operationen vermieden<br />
werden. Die Stärke des PET liegt in seinem<br />
negativen Vorhersagewert, dass<br />
heißt, dass PET-negative Areale auch als<br />
tumorfrei bewertet werden. Strukturen,<br />
die im PET speichern, sollten geweblich<br />
4/2009<br />
abgeklärt werden, da diese in bis zu 20%<br />
falsch positiv sind. Steht kein PET zur<br />
Verfügung kann alternativ eine CT des<br />
Abdomens und eine Knochenszintigraphie<br />
durchgeführt werden.<br />
Ein besonders Problem im Rahmen<br />
der Diagnostik/Staging kann die Abklärung<br />
der mediastinalen Lymphknotensituation<br />
sein, die für die Operabilität von<br />
entscheidender Bedeutung ist. Das CT-<br />
Thorax hat dabei eine mäßige Sensitivität<br />
(57%) und Spezifität (82%). Hier ist der<br />
PET-Scan ebenfalls eine Bereicherung<br />
mit einer Steigerung der Sensitivität<br />
(84%) und Spezifität (89%). Ein PET-negatives<br />
Mediastinum muss beim NSCLC<br />
nicht mehr zusätzlich invasiv abgeklärt<br />
werden. Beim SCLC und geplanter Operation<br />
ist die Situation des PET zur Beurteilung<br />
des Mediastinum noch unklar.<br />
Eine weitere, wenn auch nur mehr geringe<br />
Verbesserung im Staging ist durch<br />
Fusion von PET und CT oder durch eine<br />
PET/CT möglich.<br />
Eine invasive Abklärung des Mediastinums<br />
kann bei PET-positiven Lymphknoten<br />
und funktioneller Operabilität<br />
notwendig sein.Bisheriger Goldstandard<br />
ist die Mediastinoskopie (Sensitivität<br />
81%, Spezifität 100%), der nun zunehmend<br />
durch den endobronchialen Ultraschall<br />
im Rahmen der Bronchoskopie<br />
(EBUS) der Rang abgelaufen wird (Sensitivität<br />
89%, Spezifität 100%). Vorteile<br />
des EBUS sind die geringere Invasivität<br />
und die Erreichbarkeit nahezu aller mediastinaler<br />
Lymphknotenstationen.<br />
Ganz wesentlich ist aber, dass bei Feststellung<br />
einer palliativen Situation (z.B.<br />
maligner Pleuraerguß oder Metastasen<br />
bereits im CT-Thorax) die weitere Diagnostik<br />
nur mehr jene Bereiche abdekken<br />
sollte, die dem Patienten aktuell Beschwerden<br />
machen.<br />
Sollte ein operativer Eingriff zur Sanierung<br />
sinnvoll sein, ergänzen funktionelle<br />
Untersuchungen das Vorgehen. Die Basisuntersuchung<br />
stellt die Lungenfunktion<br />
mit Diffusionsmessung dar. Liegt der<br />
FEV1 und die DLCO über 80% des Sollwertes<br />
ist selbst eine Pneumonektomie<br />
bei kardiologisch unauffälligen Patienten<br />
problemlos durchführbar. Sind die Werte<br />
aber niedriger, empfiehlt sich zur weiteren<br />
Risikoabschätzung vorrangig eine<br />
Spiroergometrie. Liegen die postoperativ<br />
zu erwartenden Werte für das FEV1 oder<br />
die DLCO unter 40% ist von deutlich<br />
vermehrten kardiopulmonalen Kompli-<br />
kationen und einer erhöhten perioperativen<br />
Mortalität auszugehen.<br />
Therapie (entsprechend der<br />
„alten“, 6. Stadieneinteilung)<br />
Nichtkleinzelliges Bronchuskarzinom<br />
(NSCLC)<br />
Stadium I (T1 N0 und T2 N0) und II (T1<br />
N1,T2 N1 und T3 N0):Umfasst etwa 25%<br />
aller Patienten mit Lungenkrebs. N1 beschreibt<br />
den ipsilateralen intrapulmonalen<br />
oder hilären Lymphknotenbefall. Bei<br />
fehlender Kontraindikation ist eine fachgerechte<br />
Resektion des Tumors mit Lymphadenektomie<br />
die Therapie der Wahl.<br />
Nach onkologisch korrekter kompletter<br />
Resektion beträgt das 5-Jahresüberleben<br />
im Stadium I 60–80% und im Stadium II<br />
40–50%.Aufgrund der aktuellen Studienlage<br />
ist im Stadium I eine anschließende<br />
adjuvante Chemotherapie außerhalb klinischer<br />
Studien nicht indiziert. Im Stadium<br />
II wird die adjuvante Chemotherapie<br />
empfohlen und führt zu einer Verbesserung<br />
des 5-Jahresüberlebens um bis zu<br />
15%. Eine postoperative Strahlentherapie<br />
führt nach kompletter Resektion in<br />
diesen Tumorstadien zu einer Verschlechterung<br />
der Langzeitergebnisse und ist daher<br />
nicht durchzuführen. Für einige Patienten,<br />
die aufgrund ihrer medizinischen<br />
Begleiterkrankungen inoperabel sind,<br />
kann eine kurativ angelegte Strahlentherapie<br />
sinnvoll sein.<br />
Das Stadium III (etwa 30% zum Diagnosezeitpunkt)<br />
beinhaltet Patienten mit<br />
sehr unterschiedlicher Tumorausdehnung.<br />
Stadium IIIA (T3 N1, T1-T3 N2 M0):<br />
Patienten mit T3 N1 sollten primär radikal<br />
operiert werden und im Anschluss<br />
eine adjuvante Chemotherapie erhalten.<br />
Der Befall ipsilateraler, mediastinaler<br />
Lymphknoten (N2) kann sehr unterschiedlich<br />
ausgeprägt sein und reicht<br />
von einem intraoperativen Zufallsbefund<br />
bis zu einem ausgedehnten<br />
mediastinalen Lymphknotenkonglomerat<br />
(bulky disease). Die Prognose verschlechtert<br />
sich mit zunehmendem Ausmaß<br />
des Lymphknotenbefalles. Das 5-<br />
Jahresüberleben nach alleiniger radikaler<br />
Operation liegt zwischen 14 und 30%.<br />
Zeigt sich in präoperativ als unauffällig<br />
beurteilten ipsilateralen mediastinalen<br />
(N2) Lymphknoten trotzdem in der histologischen<br />
Aufarbeitung ein Tumorbe-
fall, ist eine adjuvante Chemotherapie indiziert.<br />
Eine anschließende Strahlentherapie<br />
scheint die Ergebnisse weiter zu<br />
verbessern, wobei prospektiv erhobene<br />
Daten noch ausstehen.<br />
Wurde aber bereits im Rahmen der<br />
präoperativen Tumorabklärung (Staging)<br />
der Verdacht auf einen Befall der ipsilateralen<br />
N2-Lymphknoten (z.B.Vergrößerung<br />
im CT-Thorax) geäußert und<br />
konnte dieser Verdacht durch weiterführende<br />
Abklärung (PET) erhärtet bzw. bestätigt<br />
werden (Biopsie bei Bronchoskopie<br />
oder Mediastinoskopie) wird eine<br />
kombinierte Radiochemotherapie mit<br />
platinhältigen Kombinationen als definitive<br />
Therapie empfohlen. In klinischen<br />
Studien versuchte man primär durch<br />
Chemotherapie, fallweise simultan mit<br />
Strahlentherapie, ein Downstaging der<br />
mediastinalen Lymphknoten zu erzielen.<br />
Gelang dies und konnte eine onkologisch<br />
korrekte Tumorresektion ohne Pneumonektomie<br />
durchgeführt werden, verbesserte<br />
sich das Langzeitüberleben der<br />
Patienten deutlich.<br />
Das Stadium IIIB ist entweder durch<br />
den Befall supraklavikulärer oder kontralateraler<br />
hilärer/mediastinaler Lymphknoten<br />
(T1-4 N3 M0) und/oder durch<br />
eine Invasion des Primärtumors in umgebende<br />
Strukturen oder durch Metastasen<br />
im selben Lungenlappen (T4 Nx) gekennzeichnet.<br />
Liegt ein N3-Befall vor ist<br />
eine Kombination von Chemo- und Radiotherapie<br />
indiziert. Die Überlebensraten<br />
erhöhen sich durch eine simultane<br />
Chemo-Radiotherapie im Vergleich zur<br />
sequentiellen nach drei Jahren von 18,1<br />
auf 23,8%, allerdings bei etwas erhöhter<br />
Toxizität. Im Falle eines T4-Tumors ohne<br />
Befall der mediastinalen oder supraklavikulären<br />
Lymphknoten kann fallweise<br />
entsprechend der Lokalisation nach<br />
Durchführung einer (Radio)-Chemotherapie<br />
eine Resektion des Tumors durchgeführt<br />
werden. Die Langzeitergebnisse<br />
nach anschließender radikaler Tumorresektion<br />
sind vielversprechend (5- Jahresüberleben<br />
bis zu über 50%).<br />
Auch Patienten mit einem malignen<br />
Pleura- und/oder Perikarderguß, im internationalen<br />
Sprachgebrauch bisher<br />
auch als IIIB-wet bezeichnet, werden<br />
dem Stadium IIIB hinzugerechnet, wobei<br />
die Behandlung dieser Patientengruppe<br />
wie bei Patienten im Stadium IV erfolgt.<br />
Zum Stadium IV zählen alle Patienten<br />
mit einer Metastasierung (M1) unabhän-<br />
gig von Größe und Lokalisation des Primärtumors.<br />
Zum Zeitpunkt der Diagnose<br />
befinden sich bereits etwa 40%<br />
der Patienten in diesem Stadium.<br />
Die Behandlung erfolgt angepasst an<br />
den Allgemeinzustand (Performance Status,<br />
PS), das Alter und eventuell vorliegender<br />
Ko-Morbiditäten. Aufgrund der<br />
palliativen Therapiesituation steht die<br />
Lebensqualität der Patienten im Vordergrund.<br />
Bei alleiniger supportiver Therapie<br />
(Best Supportive Care, BSC) liegt das<br />
mediane Überleben bei vier bis sechs<br />
Monaten. Patienten in gutem Allgemeinzustand<br />
(PS 0-1) sollten vier bis maximal<br />
sechs Zyklen einer platinhältigen Kombination<br />
mit einem Chemotherapeutikum<br />
der dritten Generation (Pemetrexed,<br />
Gemcitabine, Vinorelbine, Paclitaxel<br />
oder Docetaxel) erhalten. Durch diese<br />
Zweierkombinationen kann eine Ansprechrate<br />
von bis zu 40% erzielt werden<br />
mit einem medianen Überleben von acht<br />
bis zwölf Monaten. Das 1-Jahresüberleben<br />
liegt etwa bei 30 bis 40%, das 2-Jahresüberleben<br />
beträgt bis zu 20%.<br />
Cisplatin ist bei fehlenden Kontraindikationen<br />
aufgrund der besseren Wirksamkeit<br />
Carboplatin vorzuziehen. Die<br />
Auswahl des Kombinationspartners<br />
kann einerseits durch die zu erwartenden<br />
primären Nebenwirkungen (Neutropenie,<br />
Thrombopenie, Neuropathie, Haarausfall),andererseits<br />
durch das Vorliegen<br />
präexistenter Ko-Morbiditäten (z.B. eingeschränkte<br />
Leber- oder Nierenfunktion,<br />
Polyneuropathie) beeinflusst werden.<br />
2008 wurden Daten einer prospektiven<br />
randomisierte Phase III Studie<br />
veröffentlicht, in der erstmals gezeigt<br />
werden konnte, dass die Histologie des<br />
NSCLC für die die Auswahl des Chemotherapeutikums<br />
von Bedeutung ist. Pemetrexed/Cisplatin<br />
zeigte im Vergleich<br />
zu Gemcitabine/Cisplatin beim Adenound<br />
großzelligen Karzinom einen signifikanten<br />
Überlebensvorteil,war aber beim<br />
Plattenepithelkarzinom unterlegen. Die<br />
Kombination von zwei Drittgenerationssubstanzen<br />
gilt als Alternative zu einer<br />
platinhältigen Kombination, wird aber<br />
nicht als Therapie der ersten Wahl angesehen.Durch<br />
Hinzugabe einer dritten zytotoxischen<br />
Substanz (Triplet) konnte,<br />
bei höherer Toxizität, kein klinisch relevanter<br />
Überlebensvorteilerzielt werden.<br />
Für ältere Patienten (70 bis 79 Jahre)<br />
wird aufgrund prospektiver Studien eine<br />
Monotherapie mit einem Drittgenerations-Chemotherapeutikum<br />
empfohlen.<br />
LUNGENKARZINOM<br />
In retrospektiven Analysen großer Studien<br />
zeigte sich aber, dass „fitte“ Patienten<br />
zwischen 70 und 79 Jahren denselben<br />
Benefit von einer platinhältigen Zweierkombination<br />
hatten wie Jüngere und<br />
diese daher für „fitte Ältere“ empfohlen<br />
werden kann.<br />
Für Patienten über 80 Jahre liegen sehr<br />
wenige Daten vor, sodass die Therapieempfehlung<br />
individuell zu stellen ist.<br />
Bei Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand<br />
(≥ PS 2) ist primär eine Monotherapie<br />
in Erwägung zu ziehen.<br />
Eine Zweitlinientherapie erhalten derzeit<br />
etwa 50% der Patienten. Zugelassene<br />
Substanzen sind Docetaxel, Pemetrexed,<br />
Erlotinib und bei entsprechend<br />
ausgewählten Patienten auch Gefitinib.<br />
Die Ansprechraten liegen unter 10%, es<br />
lässt sich aber im Vergleich zu BSC (Best<br />
Supportive Care) doch eine relevante<br />
Krankheitsstabilisierung in etwa 50%<br />
und zusätzlich eine wesentliche Linderung<br />
krankheitsassoziierter Symptome<br />
erzielen. Im Vergleich zu BSC verbessert<br />
sich das ein Jahres-Überleben absolut<br />
um 10%.<br />
Unter Erhaltungstherapie versteht<br />
man eine Fortführung der antitumorösen<br />
medikamentösen Behandlung unmittelbar<br />
nach Abschluss der Erstlinientherapie.<br />
Dadurch zeigte sich in einigen Studien<br />
eine relevante Verzögerung der<br />
Krankheitsprogression. In zwei rezenten<br />
Untersuchungen, die 2009 präsentiert<br />
wurden fand sich zusätzlich eine Verlängerung<br />
des Überlebens durch Pemetrexed<br />
beziehungsweise Erlotinib. Da aber<br />
bisher noch nicht alle Studiendaten publiziert<br />
wurden, ist eine abschließende Beurteilung<br />
der Erhaltungstherapie derzeit<br />
nicht möglich, sodass diese Behandlung<br />
noch als experimentell anzusehen ist.<br />
Zielgerichtete Therapien etablierten<br />
sich in den letzten zwei Jahren in der Behandlung<br />
des fortgeschrittenen NSCLC.<br />
Ihre Wirkung beruht auf der Beeinflussung<br />
tumorrelevanter Prozesse, die für<br />
das maligne Verhalten einer Zelle oder<br />
eines Zellkons von Relevanz sind. Zwei<br />
Mechanismen,die Blockade des Vascular<br />
Endothelian Growth Factor (VEGF)<br />
und des Epidermal Growth Factor<br />
(EGF) Rezeptor sind bereits für die Praxis<br />
relevant.<br />
VEGF: Um über eine Größe von etwa<br />
zwei Millimeter wachsen zu können, be-<br />
4/2009 35
LUNGENKARZINOM<br />
darf es unter anderem einer Gefäßneubildung<br />
im Bereich des Tumors. Dazu sezerniert<br />
die Tumorzelle den Vascular Endothelian<br />
Growth Factor (VEGF) in die unmittelbare<br />
Umgebung. Durch die Gabe<br />
eines Antikörpers gegen den Vascular<br />
Endothelian Growth Factor (VEGF),<br />
Bevacizumab (Avastin), kann das Wachstum<br />
des Tumors blockiert werden. In<br />
Kombination mit Chemotherapie erbrachte<br />
eine in den USA durchgeführte<br />
Studie eine signifikante Verbesserung der<br />
Überlebenszeit, die europäische Vergleichstudie,<br />
allerdings mit einer anderen<br />
Chemotherapie, zeigte diesen Effekt<br />
nicht. Da Bevacizumab aber mit Sicherheit<br />
in bestimmten Patienten einen positiven<br />
Effekt hat, gilt es in Zukunft eben<br />
diese herauszufinden. Wichtig ist die entsprechende<br />
Patientenselektion auch um<br />
schwere Nebenwirkungen wie fallweise<br />
tödlich verlaufende pulmonale Blutungen<br />
zu vermeiden.<br />
EGFR: Über Aktivierung des EGF-<br />
Rezeptors (EGFR), der in 80% der<br />
NSCLC nachweisbar ist, werden innerhalb<br />
der Tumorzellen Signalkaskaden<br />
aktiviert, die zu einem malignen Verhalten<br />
der Zelle führen (gesteigerte Proliferation,<br />
Hemmung des programmierten<br />
Zelltodes, gesteigerte Gefäßneubildung<br />
und Tendenz zur Metastasierung). Die<br />
Blockade des EGFR kann durch monoklonale<br />
Antikörper wie das intravenös<br />
zu verabreichende Cetuximab (Erbitux)<br />
oder durch oral zu applizierende Tyrosinkinasehemmer<br />
(TKI´s) wie Erlotinib<br />
(Tarceva) und Gefitinib (Iressa) erfolgen.<br />
Für beide Therapieformen liegen<br />
positive Studienergebnisse vor.<br />
Die EGFR-TKI´s wurden zunächst<br />
ohne eine dem Ziel entsprechende Selektion<br />
(EGFR-Status) verabreicht. In der<br />
Erstlinientherapie waren die Kombinationen<br />
mit Chemotherapie nicht erfolgreich.<br />
In der Rezidivtherapie etablierte<br />
sich zunächst Erlotinib als Monotherapie.<br />
Gefitinb hatte dagegen mit einer placebo-kontrollierten<br />
Studie keinen Erfolg.<br />
Erst durch eine erfolgreiche Vergleichsstudie<br />
mit der zugelassenen Rezidivtherapie<br />
Docetaxel (Taxotere) konnte dieses<br />
Manko ausgeglichen werden.In den zahlreichen<br />
Studien mit den beiden Substanzen<br />
zeigte sich, dass Asiaten, Nie-Raucher,<br />
Frauen und Patienten mit einem<br />
Adenokarzinom besonders profitieren.<br />
Daher untersuchte eine asiatische Studiengruppe<br />
die Wirkung von Gefitinib in<br />
genau diesen Patienten im Vergleich zu<br />
einer Chemotherapie. Das Gesamtüber-<br />
36<br />
4/2009<br />
leben war ident, unabhängig ob die Patienten<br />
zuerst mit der traditionellen Chemotherapie<br />
oder einem EGFR-TKI behandelt<br />
wurden. Untersuchungen des<br />
EGF-Rezeptors ergaben, dass es den Rezeptor<br />
aktivierende Mutationen gibt, die<br />
in den angeführten Patientengruppen<br />
(Asiaten, Nie-Raucher...) häufiger aber<br />
nicht immer zu finden sind. Tatsächlich<br />
scheinen nur jene Patienten von einer Behandlung<br />
mit einem EGFR-TKI zu profitieren,<br />
in denen die aktivierenden<br />
EGFR-Mutationen im Tumorgewebe<br />
nachgewiesen werden können. Die Häufigkeit<br />
liegt in der westlichen Bevölkerung<br />
um 10%, bei Asiaten zwischen 30%<br />
und 40%.<br />
Der Antikörper gegen EGFR (Cetuximab)<br />
zeigte in einer randomisierten<br />
Phase III Studie in Kombination mit Vinorelbine/Cisplatin<br />
einen signifikanten<br />
Überlebensvorteil bei EGFR-positiven<br />
Patienten. Die europäische Zulassungsbehörde<br />
EMEA verweigerte aber Ende<br />
November 2009 Erbitux die Zulassung<br />
für die Behandlung des fortgeschrittenen<br />
NSCLC.<br />
Kleinzelliges Bronchuskarzinom<br />
(SCLC)<br />
Insgesamt macht das SCLC 13 bis 20%<br />
aller Bronchuskarzinome aus (etwa 30%<br />
Limited-Disease bei Diagnose). Unbehandelt<br />
liegt das mediane Überleben<br />
zwischen zwei und vier Monaten, mit<br />
entsprechender Behandlung erreicht<br />
man für Limited-Disease 16 bis 22 Monate<br />
und im Stadium Extensive-Disease<br />
zehn Monate.<br />
In sehr frühen Stadien (T1-2 und N0-1)<br />
ist eine Resektion mit anschließender adjuvanter<br />
Chemotherapie (4 Zyklen Etoposid/Cisplatin)<br />
und prophylaktischer<br />
Ganzhirnbestrahlung (PCI) indiziert.<br />
Die restlichen Patienten mit Limited-<br />
Disease sollten bei entsprechendem Allgemeinzustand<br />
eine kombinierte Radiochemotherapie<br />
erhalten (4 Zyklen Etoposid/Cisplatin<br />
alle drei Wochen). Die<br />
bislang besten Langzeitergebnisse wurden<br />
mit einer zweimal täglichen Bestrahlung<br />
über drei Wochen (Gesamtdosis 45<br />
Gy) beginnend am ersten Tag der Chemotherapie<br />
erzielt. Es gibt Hinweise,<br />
dass ein späterer Beginn der Strahlentherapie<br />
die Ergebnisse negativ beeinflusst.<br />
Bei Erreichen einer kompletten oder guten<br />
partiellen Remission ist eine zusätzliche<br />
PCI indiziert.<br />
Patienten mit Extensive-Disease erhalten<br />
je nach Ansprechen vier bis sechs<br />
platinhältige Chemotherapiezyklen. Die<br />
Kombination Etoposid/Platin ist weiterhin<br />
als Standard anzusehen, da Platinkombinationen<br />
mit Irinotecan, Topotecan<br />
und Pemetrexed keine Verbesserungen<br />
erbrachten. Wird eine komplette<br />
Remission der extrathorakalen Tumormanifestationen<br />
erzielt und intrathorakal<br />
zumindest eine partielle Remission,<br />
kann eine thorakale Radiatio angeschlossen<br />
werden. Neueste Daten empfehlen<br />
bei respondierenden Patienten<br />
auch eine prophylaktische Ganzhirnbestrahlung<br />
(PCI), da diese das Risiko symptomatischer<br />
Gehirnmetastasen im ersten<br />
Jahr um etwa 30% absolut senkt<br />
und auch das Gesamtüberleben verbessert.<br />
Die Durchführung einer Zweitlinientherapie<br />
wird bei entsprechendem Allgemeinzustand<br />
empfohlen. Bei längerem<br />
Intervall (> drei Monate) seit Beendigung<br />
der Erstlinientherapie kann bei gutem<br />
primären Ansprechen durchaus eine<br />
Wiederholung in Betracht gezogen werden.<br />
Die einzige zugelassene Substanz in<br />
der Zweitlinientherapie ist Topotecan.<br />
Abschließend ist festzuhalten, dass in<br />
den letzten Jahren in der Behandlung<br />
von Patienten mit Lungenkrebs deutliche<br />
Fortschritte <strong>gemacht</strong> wurden. Trotz<br />
allem ist aber die Mortalität weiter hoch,<br />
selbst in den Frühstadien. Aufgrund der<br />
bekannten Kausalität muss, neben der<br />
Fortführung der medizinischen Forschung,<br />
der Prävention (Nikotinkarenz)<br />
eine höhere Aufmerksamkeit gewidmet<br />
werden.<br />
OA Dr. Klaus Kirchbacher<br />
Facharzt für Innere Medizin<br />
Additivfach Hämato-Onkologie<br />
2. Medizinische Abteilung-<br />
Lungenabteilung<br />
Wilhelminenspital der Stadt Wien<br />
Montlearstraße 37, A-1160 Wien<br />
Tel.: +43/1/491 50<br />
klaus.kirchbacher@wienkav.at<br />
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38<br />
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38
IRESSA ® (Gefitinib) Paradigmenwechsel<br />
in der Lungenkarzinomtherapie<br />
Beim fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen<br />
Bronchialkarzinom (NSCLC) steht<br />
mit IRESSA ® erstmals ab der ersten Behandlungslinie<br />
eine zielgerichtete orale<br />
Monotherapie zur Verfügung.<br />
Bei Patienten mit aktivierenden Mutationen<br />
in der EGFR*-Tyrosinkinase<br />
(*epidermaler Wachstumsfaktorrezeptor)<br />
zeigte die neue Behandlungsoption<br />
mit Gefitinib (IRESSA ® ) gegenüber einer<br />
Chemotherapie-Kombination eine<br />
signifikante Verbesserung der Ansprechraten,<br />
eine signifikante Verlängerung des<br />
progressionsfreien Überlebens und eine<br />
klinisch relevante Verbesserung der<br />
Lebensqualität (IPASS-Studie, NEJM<br />
2009). Der epidermale Wachstumsfaktor-<br />
Rezeptor ist ein Schlüsselmolekül in der<br />
Pathogenese des NSCLC und liegt bei<br />
etwa ca. 10% bis 15% der europäischen<br />
Patienten mutiert vor.<br />
In der IPASS-Studie hat der EGFR-Tyrosinkinasehemmer<br />
Gefitinib eine besondere<br />
Wirksamkeit bei Patienten mit<br />
EGFR-Mutation erkennen lassen: Die<br />
Ansprechraten betrugen 71% (unter<br />
Chemotherapie 47%, p < 0,001) und das<br />
Risiko einer Tumorprogression konnte<br />
gegenüber Standard-Chemotherapeutika<br />
um 52% verringert werden (p < 0,001).<br />
Gleichzeitig kam es unter<br />
der neuen, oralen Therapieform<br />
zu einer signifikanten<br />
Verbesserung der Lebensqualität.<br />
In der INTEREST<br />
Studie (Lancet 2008) konnte<br />
im Vergleich zur etablierten<br />
Second-Line-Therapie mit Docetaxel<br />
dieselbe Wirksamkeit hinsichtlich der<br />
Ansprechraten, des progressionsfreien<br />
und des Gesamtüberlebens erreicht werden.<br />
In der Subgruppe mit positivem<br />
EGFR-Mutationsstatus wurde eine überlegene<br />
Anspruchsrate und ein signifikant<br />
höheres progressionsfreies Überleben<br />
erkannt.* Daher steht mit IRESSA ® erstmals<br />
eine tatsächlich zielgerichtete Therapie<br />
in allen Therapielinien zur Verfügung,<br />
die in der Erstlinientherapie von NSCLC-<br />
Patienten eine bessere Alternative zur bisherigen<br />
Chemotherapie-Kombination<br />
bietet. Voraussetzung ist ein EGFR-Mutationstest,<br />
der zum fixen Bestandteil der<br />
Lungenkrebsdiagnose werden soll und in<br />
etlichen Zentren Österreichs bereits angeboten<br />
wird.<br />
Der Hauptverband hat entschieden,<br />
dass IRESSA ® ab 01.01.2010 in die gelbe<br />
Box des Erstattungskodex aufgenommen<br />
wird. Der Regeltext lautet: Bei erwachsenen<br />
PatientInnen mit lokal fort-<br />
Good news für Losartan-Patienten<br />
MSD setzt wieder ein Zeichen und<br />
senkt die Preise von COSAAR ® 12,5 mg<br />
und 50 mg um 70% (Vergleichsbasis:<br />
KVP lt. Warenverzeichnis, Stand November<br />
2008). Die<br />
Preissenkung tritt mit<br />
1. November und somit<br />
zum schnellstmöglichen<br />
Zeitpunkt nach Eintritt<br />
des letzten Generikums<br />
in Kraft.<br />
COSAAR ® 50 mg wird ab 1. November<br />
2009 zu einem KVP von Euro 7,75<br />
angeboten – und damit zu einem Preis,<br />
der unter dem heutigen Preis derzeitiger<br />
Generikaanbieter von Losartan liegt<br />
(Informationsstand Warenverzeichnis<br />
Oktober 2009).<br />
Somit steht ab 1. November mit CO-<br />
SAAR ® das starke Original in der Blutdrucktherapie<br />
auf unter dem derzeitigen<br />
Preisniveau der Nachahmerprodukte<br />
zur Verfügung.<br />
Die starken Losartanfixkombinationen<br />
werden ausschließlich von MSD<br />
angeboten. Der Therapiepfad kann<br />
also weiterhin mit COSAAR ® , dem<br />
Original auf Generikapreisniveau,<br />
begonnen werden. Wo erforderlich<br />
FORUM MEDICUM<br />
geschrittenem oder metastasiertem,<br />
nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom<br />
(NSCLC) mit aktivierenden Mutationen<br />
der EGFR-TK (epidermal growth factor<br />
receptor-tyrosine kinase). Nachweis einer<br />
aktivierenden Mutation der EGFR-<br />
TK mit einer validiertenTestmethode.<br />
Diagnose, Erstverordnung und engmaschige<br />
Kontrolle durch entsprechende<br />
Fachabteilung bzw. Zentrum.<br />
* IRESSA ® -Fachinformation, Stand 06/2009<br />
Weitere Informationen:<br />
Dr. Elham Pedram<br />
Business Unit Manager Oncology<br />
AstraZeneca Österreich GmbH<br />
elham.pedram@astrazeneca.com<br />
Entgeldliche Einschaltung<br />
ID 1673; 12/2009<br />
Fachkurzinformation siehe Seite 39<br />
kann weiterhin einfach auf COSAAR ®<br />
Plus und FORTZAAR ® umgestellt<br />
werden ohne die Produktgruppe wechseln<br />
zu müssen.<br />
COSAAR ® , COSAAR ® Plus und<br />
FORTZAAR ® sind eingetragene Handelsmarken<br />
von E.I. DU Pont de Nemours<br />
and Company,Wilmington, Delaware,<br />
USA. FB<br />
Korrespondenzadresse:<br />
MSD – Merck Sharp & Dohme<br />
Ges.m.b.H.<br />
Mag. Dominik Lautsch<br />
Donau-City-Straße 6, A-1220 Wien<br />
Tel.: +43/1/26044-166<br />
Fax: +43/1/26044-83<br />
dominik_lautsch@merck.com<br />
Fachkurzinformation siehe Seite 39<br />
4/2009 37
FORUM MEDICUM<br />
A NFORDERUNGSFAX<br />
38<br />
ABONNEMENT<br />
� Ich bestelle den facharzt Innere<br />
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� Ich bestelle den facharzt Innere<br />
Medizin zusammen mit<br />
DER MEDIZINER zum 2-Jahres-Abonnement-Preis<br />
von € 76,– inkl. Porto.<br />
Falls ich mein Abonnement nicht verlängern<br />
will, werde ich dies bis spätestens<br />
sechs Wochen vor Auslaufen des<br />
Abos per Einschreiben oder E-Mail<br />
mitteilen. Erhalten Sie keine Nachricht<br />
von mir, verlängert sich mein Abonnement<br />
automatisch um ein Jahr.<br />
Um die DINERS CLUB GOLD CARD<br />
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(Beitritt und Mitgliedschaft sind kostenlos).<br />
Titel, Name, Vorname<br />
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Unterschrift und Stempel (falls vorhanden)<br />
CLUB-<br />
ANMELDUNG<br />
� Ja, ich möchte dem MEDIZINER-<br />
Club beitreten. Es entstehen für<br />
mich dabei keine Kosten.<br />
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� Ich möchte für die Dauer meines<br />
Abonnements kostenlos die Diners<br />
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Mir ist klar, dass mein Antrag den<br />
üblichen Kriterien für Privatkarten<br />
entsprechen muss und gegebenenfalls<br />
auch abgelehnt werden kann.<br />
Datum<br />
Unterschrift<br />
4/2009<br />
facharzt<br />
Innere Medizin/Pulmologie<br />
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4/2009<br />
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unterschiedlicher Genese, insbesondere auch Behandlung von durch Antibiotikatherapie oder durch Strahlenbehandlung bedingten Durchfällen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen einen der Bestandteile. Die Informationen<br />
bez. Warnhinweisen, Wechselwirkungen und Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. Abgabe: Rezeptfrei, apothekenpflichtig. ATC-Klasse: A07FA01 Zulassungsinhaber: Germania Pharmazeutika<br />
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wird in Kombination mit einer Chemotherapie auf Fluoropyrimidin-Basis zur Behandlung von Patienten mit metastasiertem Kolon- oder Rektumkarzinom angewendet. Avastin wird in Kombination mit Paclitaxel oder Docetaxel zur First-<br />
Line-Behandlung von Patienten mit metastasiertem Mammakarzinom angewendet. Zu weiteren Informationen wie auch zum HER2-Status siehe veröffentlichte Fachinformation Abschnitt 5.1 „Pharmakodynamische Eigenschaften“. Avastin<br />
wird zusätzlich zu einer Platin-haltigen Chemotherapie zur First-Line-Behandlung von Patienten mit inoperablem fortgeschrittenem, metastasiertem oder rezidivierendem nicht kleinzelligem Bronchialkarzinom, außer bei vorwiegender<br />
Plattenepithel-Histologie, angewendet. Avastin wird in Kombination mit Interferon alfa-2a zur First-Line-Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem und/oder metastasiertem Nierenzellkarzinom angewendet. Gegenanzeigen:<br />
• Überempfindlichkeit gegen den arzneilich wirksamen Bestandteil oder einen der sonstigen Bestandteile. • Überempfindlichkeit gegen CHO-Zellprodukte oder andere rekombinante humane oder humanisierte Antikörper. • Schwangerschaft<br />
(siehe veröffentlichte Fachinformation Abschnitt 4.6 „Schwangerschaft und Stillzeit“). Liste der sonstigen Bestandteile: α,α-Trehalose 2 H2O, Natriumphosphat, Polysorbat 20, Wasser für Injektionszwecke. Inhaber der<br />
Zulassung: Roche Registration Limited, 6 Falcon Way, Shire Park, Welwyn Garden City, AL7 1TW, Vereinigtes Königreich. Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten.<br />
Pharmakotherapeutische Gruppe: Antineoplastische Substanzen, monoklonale Antikörper; ATC-Code: L01X C07. Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen<br />
Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen sowie Informationen zu Schwangerschaft und Stillzeit und zu Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.<br />
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Tablette enthält 150,2 mg Lactose-Monohydrat. Eine Tablette Blopress Plus 32 mg/25 mg enthält 32 mg Candesartan Cilexetil und 25 mg Hydrochlorothiazid. Jede Tablette enthält 137,7 mg Lactose-Monohydrat. Hilfsstoffe: Carmellose-<br />
Calcium, Hydroxypropylcellulose, Lactose-Monohydrat, Magnesiumstearat, Maisstärke, Macrogol, Eisenoxid gelb (E172) (32 mg/12,5 mg - Tablette), Eisenoxid rot (E172) (32 mg/25 mg - Tablette). Anwendungsgebiete: Essentielle Hypertonie<br />
bei Patienten, deren Blutdruck durch eine Monotherapie mit Candesartan Cilexetil oder Hydrochlorothiazid nicht ausreichend kontrolliert werden kann. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe oder einen<br />
der sonstigen Bestandteile oder gegenüber Sulfonamidderivaten (Hydrochlorothiazid ist ein Sulfonamidderivat); Schwangerschaft und Stillzeit; schwere Nierenschädigung (Kreatininclearance