treffpunkt campus - Hochschule Magdeburg-Stendal
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14 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
februar 2006<br />
21 angehende Industriedesigner verteidigten ihre Diplomarbeiten<br />
Anwälte der Benutzerfreundlichkeit<br />
„Bei Industriedesign geht es darum, sich mit dem technischen<br />
Fortschritt zu versöhnen", erklärt Professor Carola Zwick, die<br />
Direktorin des Instituts für Industriedesign. Überall in unserer<br />
Umwelt gibt es technische Neuerungen. Von Stühlen über<br />
Geldautomaten bis hin zu Mikrochips. „Das alles muss so<br />
gestaltet werden, dass es gut funktioniert. Dass wir sie ohne<br />
Gebrauchsanleitung benutzen können. Und dass wir Spaß daran<br />
haben, sie zu verwenden." Diese Aufgabe übernehmen<br />
Industriedesigner. „Wir sind der Anwalt der Benutzer in Sachen<br />
Benutzerfreundlichkeit." Die Gestalter befassen sich nicht mit<br />
teuren Einzelstücken, sondern designen industriell herstellbare<br />
Gegenstände. Sie sind für viele zugänglich und auch bezahlbar.<br />
Im Januar präsentierten 21 Studenten ihre Produkte, die sie für<br />
ihre Diplomarbeiten gestaltet hatten. Die Diplomanden von<br />
2006 entwickelten für ihre Prüfung Dinge weiter oder erfanden<br />
andere komplett neu. Ihre Ideen waren ganz unterschiedlich.<br />
Sie reichten von Computerprogrammen wie einer digitalen<br />
Bibliothek über Einkaufswagen für Rollstuhlfahrer bis hin zu<br />
einer Schokoladenfabrik.<br />
Der 25-jährige Tilmann Tenschert entwickelte eine neue Straßenbahn<br />
für <strong>Magdeburg</strong>. Er hat ausgerechnet, dass er während<br />
seines Studiums in <strong>Magdeburg</strong> circa 390 Stunden in der Straßenbahn<br />
verbrachte. Zeit genug, um Verbesserungspotenzial zu<br />
entdecken: Mit der französischen Firma Alstom entwickelte er<br />
unter anderem eine neue Wagenform, einen integrierten Tikketschalter<br />
und kleine Verbesserungen wie eine Rundumanzeige,<br />
in welche Richtung die Straßenbahn fährt. „Die Straßenbahn<br />
sieht aus, als hätte sie ein freundliches Gesicht“, kommentiert<br />
Carola Zwick. Aber übernommen werden Tenscherts<br />
Entwürfe in <strong>Magdeburg</strong> voraussichtlich nicht: „Ich habe mich<br />
bereits vorher auf Nahverkehrsmittel spezialisiert. Das Projekt<br />
stand von Anfang an fest und war allein für mich.“<br />
Claudia Pommer aus Darmstadt wollte etwas ganz Neues<br />
machen: Inspiriert von ihrer Liebe zum Wasser erfand die 26-<br />
Jährige einen Zeltplatz auf der Wasseroberfläche von Binnengewässern.<br />
„Hier kann man Spaß haben und Abenteuer erleben",<br />
sagt sie. An große schwimmende Plätze können Wassercamper<br />
mit ihrer Grundfläche samt zweietagigem Zelt andokken.<br />
Die innovative Idee wurde begeistert angenommen.<br />
„Wann gibt es das?“ Das war eine Stimme im Zuschauerraum.<br />
Tilmann Tenschert mit seiner Straßenbahn für <strong>Magdeburg</strong><br />
bianca großmann<br />
Claudia Pommer hat ihr „Ego-Projekt“, wie sie es nennt, alleine<br />
verwirklicht: „Ich will jetzt aber an Wettbewerben teilnehmen<br />
und auf Messen gehen, um Investoren zu finden.“ Ansonsten<br />
führen sie ihre Pläne gleich über das große Wasser: „Ich<br />
möchte gerne für ein Jahr nach Australien, dort arbeiten, leben<br />
und surfen.“<br />
Mit einem anderen Element befasste sich Anne Schmidt: Luft.<br />
Sie gestaltete einen Kindersitz für Flugzeuge. Denn jeder 30.<br />
Passagier ist ein Kind unter 12 Jahren, das oft nicht mal einen<br />
eigenen Sitzplatz zugesichert bekommt. „Im Moment nehmen<br />
Mütter oft ihre Kinder auf den Schoß. Das ist sehr gefährlich.“<br />
Schmidts cleveres Sitzsystem wird auf einem Flugzeugsitz<br />
installiert. Es kann je nach Bedarf für Säuglinge oder Kinder bis<br />
zu sechs Jahren umgebaut werden. „Mein Anspruch ist Sicherheit,<br />
leichte Bedienbarkeit und Komfort“, kommentiert die<br />
Absolventin. Das scheint ihr geglückt. Bleibt abzuwarten, welche<br />
Fluggesellschaft sie damit überzeugen wird.<br />
Nun haben die jungen Gestalter die Chance, in der Design-<br />
Abteilung großer Unternehmen zu arbeiten. „Wir haben zum<br />
Beispiel gute Kontakte zur Automobilbranche. Einige Absolventen<br />
arbeiten für BMW oder VW", so Institutsdirektorin Carola<br />
Zwick. Außerdem ist es möglich, direkt in Designbüros eine<br />
Beschäftigung zu finden oder sich selbstständig zu machen.<br />
„Wir regen die Studenten schon während der Ausbildung an,<br />
untereinander Netzwerke zu bilden und praxisnah Projekte zu<br />
entwickeln. Auch zusammen mit anderen Fachbereichen. Deshalb<br />
haben sie gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt."<br />
Bianca Großmann<br />
Anne Schmidt zeigt stolz ihren Kindersitz für Flugzeuge.<br />
bianca großmann